„David Bankier“ – Versionsunterschied

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'''David Bankier''' (* [[1947]] in [[Scheßlitz|Zeckendorf]]; † [[26. Februar]] [[2010]]) war ein [[Israel|israelischer]] [[Historiker]].
'''David Bankier''' (* [[19. Januar]] [[1947]] in [[Scheßlitz|Zeckendorf]]; † [[26. Februar]] [[2010]] in [[Jerusalem]], [[Israel]])<ref>[https://www.independent.co.uk/news/obituaries/professor-david-bankier-leading-scholar-on-nazi-germany-and-the-holocaust-1984988.html ''Professor David Bankier: Leading scholar on Nazi Germany and the Holocaust''] In [[The Independent]], abgerufen am 26. Februar 2020.</ref> war ein [[israel]]ischer [[Historiker]].


== Leben ==
== Leben ==
Bankier wurde in dem deutschen [[Kibbuz]] ''Licht des Lebens'' geboren, der in Zeckendorf, heute ein Ortsteil der Stadt [[Scheßlitz]] im [[Landkreis Bamberg]], lag. Seine Eltern waren osteuropäische [[Holocaust]]überlebende, die sich auf die [[Alija|Auswanderung]] nach [[Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]] vorbereiteten.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berliner-zeitung.de/von-goetz-aly-historiker-erinnerung-an-einen-freund-li.63914 |titel=Erinnerung an einen Freund |autor=Götz Aly |werk=[[Berliner Zeitung]] |datum=2010-03-02 |zugriff=2015-07-10}}</ref> Seine Familie wanderte 1952 nach [[Argentinien]] aus.


Nach dem [[Sechstagekrieg]] ließ Bankier sich in Israel nieder.<ref> {{Webarchiv|text=Haaretz.com vom 3. März 2010 |url=http://www.haaretz.com/hasen/spages/1153260.html |wayback=20100304075309 }}</ref> Er studierte an der [[Hebräische Universität Jerusalem|Hebräischen Universität Jerusalem]] und lehrte später dort als Professor für [[Holocaustforschung|Holocaust-Studien]]. Er war zudem ab 2000 Leiter des Forschungsinstituts der Gedenkstätte [[Yad Vashem]].
Bankier wurde in dem deutschen [[Kibbuz]] ''Licht des Lebens'' geboren, das in Zeckendorf, heute ein Ortsteil der Stadt [[Scheßlitz]] im [[Landkreis Bamberg]], lag. Seine Eltern waren osteuropäische Juden, die sich auf die Auswanderung nach [[Palästina (Region)|Palästina]] vorbereiteten.<ref>[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0302/meinung/0036/ Berliner Zeitung vom 2. März 2010]</ref> Seine Familie wanderte 1952 nach [[Argentinien]] aus.


Ein zentrales Thema Bankiers war die Fragestellung, inwieweit die deutsche Bevölkerung über die [[Massenmord]]e an den Juden informiert war und welche Einstellung sie zu den Juden hatte.<ref>Zu Bankiers Bedeutung innerhalb dieser Forschungsdisziplin siehe u. a. Peter Longerich: ''‚Davon haben wir nichts gewusst‘ Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945.'' München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 15f</ref> Pionierarbeit leistete Bankier dabei mit der Erschließung und Auswertung von teils unveröffentlichten Quellen aus [[Memoiren]], [[Tagebuch|Tagebüchern]] und Briefen von [[Zeitzeuge]]n. In seinem Buch ''Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat'' erklärt Bankier die Indifferenz der Bevölkerung gegenüber der Verfolgung nicht als Gleichgültigkeit oder schweigende Zustimmung, sondern im Unterschied zu [[Ian Kershaw]] und Otto Dov Kulka mit dem Unwillen der Menschen, ihre Beteiligung am Unrecht zuzugeben.<ref>David Bankier: ''Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die Endlösung und die Deutschen. Eine Berichtigung.'' Berlin 1995, ISBN 3-87061-478-1, S. 189</ref> Man habe sich selbst eingeredet, als angeblich Unwissende gegen Vergeltung und Rache gefeit zu sein.<ref>Peter Longerich: ''‚Davon haben wir nichts gewusst‘'', S. 16</ref>
Nach dem [[Sechstagekrieg]] ließ Bankier sich in Israel nieder.<ref>[http://www.haaretz.com/hasen/spages/1153260.html Haaretz.com vom 3. März 2010]</ref> Er studierte an der [[Hebräische Universität Jerusalem|Hebräischen Universität Jerusalem]] und lehrte später dort als Professor für [[Holocaustforschung|Holocaust-Studien]]. Er war zudem ab dem Jahre 2000 langjähriger Leiter des Forschungsinstituts der Gedenkstätte [[Yad Vashem]].


== Schriften (Auswahl) ==
Ein zentrale Thema Bankiers war die Fragestellung, wieweit die deutsche Bevölkerung von den [[Massenmord]]en informiert war und welche Einstellung sie zu den Juden hatte<ref>Zu Bankiers Bedeutung bei dieser Forschungsfrage siehe Peter Longerich: ''‚Davon haben wir nichts gewusst‘ - Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933-1945.'' München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 15f</ref>. Pionierarbeit leistete Bankier dabei mit der Erschließung und Auswertung von teils unveröffentlichten Quellen aus [[Memoiren]], [[Tagebuch|Tagebüchern]] und Briefen von [[Zeitzeuge]]n. In seinem Buch ''Die Öffentliche Meinung im Hitler Staat'' erklärt Bankier die Indifferenz der Bevölkerung gegenüber der Verfolgung nicht als Gleichgültigkeit oder schweigende Zustimmung, sondern - im Unterschied zu [[Ian Kershaw]] und [[Otto Dov Kulka]] - mit dem Unwillen der Menschen, ihre Beteiligung am Unrecht zuzugeben.<ref>David Bankier: ''Die Öffentliche Meinung im Hitler Staat. Die Endlösung und die Deutschen. Eine Berichtigung.'' Berlin 1995, ISBN 3-87061-478-1, S. 189</ref> Man habe sich selbst eingeredet, als angeblich Unwissende gegen Vergeltung und Rache gefeit zu sein.<ref>Peter Longerich: ''‚Davon haben wir nichts gewusst‘'', S. 16</ref>
* ''Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die „Endlösung“ und die Deutschen''. Berlin: Verl. Spitz 1995. ISBN 3-87061-478-1

* (Hrsg.) zusammen mit [[Herbert Obenaus]] und Daniel Fraenkel: ''[[Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen]]'', Band 1–2. Göttingen 2005, ISBN 3-89244-753-5
== Werke ==
* (Hrsg.) ''Secret Intelligence and the Holocaust. Collected Essays from the Colloquium at THE CITY UNIVERSITY OF NEW YORK GRADUATE CENTER'', New York (Enigma books)/Jerusalem (Yad Vashem) 2004. ISBN 1-929631-60-X
* ''Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die „Endlösung“ und die Deutschen''. Berlin-Verl. Spitz, 1995. ISBN 3-87061-478-1
* (Hrsg.): ''Fragen zum Holocaust: Interviews mit prominenten Forschern und Denkern''. Göttingen: Wallstein 2006<ref>Die von Studenten in Yad Vashem geführten Interviews mit Holocaustforschern und Schriftstellern wie [[Aharon Appelfeld]], [[Yehuda Bauer]], [[Jacques Derrida]], [[Saul Friedländer]], [[Hans Mommsen]] u.&nbsp;a. wurden Mitte der 1990er Jahre geführt.</ref>
* (Hrsg.) zusammen mit [[Herbert Obenaus]] und Daniel Fraenkel: ''[[Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen]]'', Band 1 – 2. Göttingen 2005, ISBN 3-89244-753-5
::''Einleitung'', aus dem Englischen von Irmgard Hölscher, S. 7–19
::''Warum die Deutschen?'' Interview, aus dem Englischen von Alma Lessing, S. 35–55


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{PND|113799705}}
* {{DNB-Portal|113799705}}
* [http://www.nytimes.com/2010/03/01/world/middleeast/01bankier.html Nachruf in der ''NY Times'']
* Ethan Bronner: [https://www.nytimes.com/2010/03/01/world/middleeast/01bankier.html ''David Bankier, Scholar of Holocaust, Dies at 63''], Nachruf, [[The New York Times]], 28. Februar 2010


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 26. Februar 2022, 16:05 Uhr

David Bankier (* 19. Januar 1947 in Zeckendorf; † 26. Februar 2010 in Jerusalem, Israel)[1] war ein israelischer Historiker.

Bankier wurde in dem deutschen Kibbuz Licht des Lebens geboren, der in Zeckendorf, heute ein Ortsteil der Stadt Scheßlitz im Landkreis Bamberg, lag. Seine Eltern waren osteuropäische Holocaustüberlebende, die sich auf die Auswanderung nach Palästina vorbereiteten.[2] Seine Familie wanderte 1952 nach Argentinien aus.

Nach dem Sechstagekrieg ließ Bankier sich in Israel nieder.[3] Er studierte an der Hebräischen Universität Jerusalem und lehrte später dort als Professor für Holocaust-Studien. Er war zudem ab 2000 Leiter des Forschungsinstituts der Gedenkstätte Yad Vashem.

Ein zentrales Thema Bankiers war die Fragestellung, inwieweit die deutsche Bevölkerung über die Massenmorde an den Juden informiert war und welche Einstellung sie zu den Juden hatte.[4] Pionierarbeit leistete Bankier dabei mit der Erschließung und Auswertung von teils unveröffentlichten Quellen aus Memoiren, Tagebüchern und Briefen von Zeitzeugen. In seinem Buch Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat erklärt Bankier die Indifferenz der Bevölkerung gegenüber der Verfolgung nicht als Gleichgültigkeit oder schweigende Zustimmung, sondern – im Unterschied zu Ian Kershaw und Otto Dov Kulka – mit dem Unwillen der Menschen, ihre Beteiligung am Unrecht zuzugeben.[5] Man habe sich selbst eingeredet, als angeblich Unwissende gegen Vergeltung und Rache gefeit zu sein.[6]

Schriften (Auswahl)

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Einleitung, aus dem Englischen von Irmgard Hölscher, S. 7–19
Warum die Deutschen? Interview, aus dem Englischen von Alma Lessing, S. 35–55

Einzelnachweise

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  1. Professor David Bankier: Leading scholar on Nazi Germany and the Holocaust In The Independent, abgerufen am 26. Februar 2020.
  2. Götz Aly: Erinnerung an einen Freund. In: Berliner Zeitung. 2. März 2010, abgerufen am 10. Juli 2015.
  3. Haaretz.com vom 3. März 2010 (Memento vom 4. März 2010 im Internet Archive)
  4. Zu Bankiers Bedeutung innerhalb dieser Forschungsdisziplin siehe u. a. Peter Longerich: ‚Davon haben wir nichts gewusst‘ – Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945. München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 15f
  5. David Bankier: Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die Endlösung und die Deutschen. Eine Berichtigung. Berlin 1995, ISBN 3-87061-478-1, S. 189
  6. Peter Longerich: ‚Davon haben wir nichts gewusst‘, S. 16
  7. Die von Studenten in Yad Vashem geführten Interviews mit Holocaustforschern und Schriftstellern wie Aharon Appelfeld, Yehuda Bauer, Jacques Derrida, Saul Friedländer, Hans Mommsen u. a. wurden Mitte der 1990er Jahre geführt.