„Saccocoma“ – Versionsunterschied

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[[Bild:http://www.beepworld.de/memberdateien/members79/ihrlesestoff/saccocomasolnhofen.jpg]]Die freischwimmende und ungestielte Seelilie (Haarstern) der Art Saccocoma pectinata ist das am häufigsten gefundene Fossil aus den Solnhofener Plattenkalken, die aus Meeresablagerungen entstanden sind. In der oberen Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren haben die Saccocomen massenhaft das Meerwasser der Wannen bei Eichstätt in Bayern bevölkert.
{{Taxobox
Saccocoma pectinata besaß einen Durchmesser bis zu etwa 4 Zentimetern, hatte einen etwa erbsengroßen Körper und trug zehn dünne, jeweils paarweise angeordnete gefiederte Arme, die an den Enden eingerollt waren. Mit den ständig strudelnden Armen konnte das Tier nur eingeschränkt schwimmen. Denn schon eine geringfügige Strömung verdriftete die schwebende Seelilie. Außerdem dienten die Arme dazu, dem Mund im zentralen Körperteil Nahrung zuzufächeln.
| Modus = Paläobox
Die freischwimmenden Seelilien wurden oft von Tintenfischen gefressen. Das beweisen Reste von Haarsternen in Koprolithen (fossile Exkremente) von Tintenfischen.
|Rangunterdrückung = ja
Saccocoma pectinata wurde 1831 von dem deutschen Arzt und Paläontologen Georg August Goldfuss (1782-1848) wissenschaftlich untersucht. Der in Thurnau bei Bayreuth geborene Gelehrte, der etwa 200 Fossilien entdeckte und beschrieb, wirkte zu jener Zeit bereits als Professor in Bonn.
| Taxon_Name =
Noch im Mittelalter hat man die wahre Natur der freischwimmenden Seelilien nicht erkannt. Damals wurden die auf Solnhofener Platten sichtbaren Fossilien teilweise für "Teufelswerk" gehalten. Kein Wunder: Man deutete die Ablagerungen damals als Hinterlassenschaften der biblischen Sintflut.
| Taxon_WissName = Saccocoma
1616 verkannte der Nürnberger Apotheker, Botaniker und Verleger Basilius Besler (1561-1629) die Seelilie Saccocoma als Spinne. Ab dieser Zeit sprach man von "Eichstätter Spinnensteinen".
| Taxon_Rang = Gattung
Dass es sich bei den Plattenkalken im Raum Solnhofen und Eichstätt um Meeresablagerungen handelte, machte 1730 erstmals der Arzt Johann Jacob Baier (1677-1735) publik. Er wirkte seit 1704 als Professor der Medizin in Altdorf bei Nürnberg, sammelte von da ab Fossilien und deutete die "Eichstätter Spinnensteine" als Seesterne.
| Taxon_Autor = [[Louis Agassiz|Agassiz]], 1836
| Taxon2_WissName = Saccocomidae
| Taxon2_Rang = ohne
| Taxon3_Name =
| Taxon3_WissName = Roveacrinida
| Taxon3_Rang = ohne
| Taxon4_Name =
| Taxon4_WissName = Articulata
| Taxon4_LinkName = Articulata (Crinoidea)
| Taxon4_Rang = ohne
| Taxon5_Name = Seelilien und Haarsterne
| Taxon5_WissName = Crinoidea
| Taxon5_Rang = ohne
| Bild = Saccocoma.jpeg
| Bildbeschreibung = ''Saccocoma tenella'' im Jura-Plattenkalk, Fundort [[Eichstätt]]
| ErdzeitalterVon = [[Kimmeridgium]]
| ErdzeitalterBis = [[Tithonium]] ([[Jura (Geologie)|Jura]])
| MioVon = 155
| MioBis = 145
| Fundorte =
* Deutschland, ([[Solnhofener Plattenkalk]])
}}


''' ''Saccocoma'' ''' ist eine ausgestorbene [[Gattung (Biologie)|Gattung]] der [[Seelilien und Haarsterne|Seelilien]] ([[Haarsterne]]) aus dem Stamm der [[Stachelhäuter]] (Echinodermata). Derzeit werden vier Arten zu dieser Gattung gestellt, die ausschließlich in [[Jura (Geologie)|oberjurassischen]] Meeresablagerungen gefunden wurden.
[[Bild:Saccocoma4|Haarstern Saccocoma pecinata aus Solnhofen. Foto: Ernst Probst]]


==weblinks==
== Beschreibung ==
Die Gattung ''Saccocoma'' (lateinisch "Beutel mit Haaren") ist eine kleine, [[Pelagial|freischwimmende]] Seelilie mit einem Gesamtdurchmesser (einschließlich Armen) bis zu etwa 5 Zentimetern. Der Körper ist nur etwa erbsengroß und zeigt die typische, fünfstrahlige Radialsymmetrie ([[Pentamerie]]) der höheren Stachelhäuter. Von ihm gehen fünf dünne, jeweils paarweise angeordnete gefiederte Arme aus, die sich jedoch sehr bald teilen, so dass ''Saccocoma'' scheinbar zehn Arme hat. Der Mund befand sich an der Bauchseite (= Unterseite) des Körpers. Mit Ausnahme der [[Solnhofener Plattenkalk]]e, wo vollständig erhaltene Exemplare oft massenhaft gefunden werden, haben sich in der Regel nur isolierte Skelettelemente erhalten, die mit [[Mikropaläontologie|mikropaläontologischen]] Methoden gewonnen und untersucht werden.

== Lebensweise ==
Lediglich die [[Typusart]] der Gattung (''Saccocoma tenella'' (Goldfuss, 1831)) aus den Solnhofener Plattenkalken von Bayern ist aus vollständigen Exemplaren bekannt. Daher beziehen sich die folgenden Ergebnisse überwiegend auf diese Art.

Im oberen Jura (vor etwa 150 Millionen Jahren) hat ''Saccocoma tenella'' massenhaft das Meer der Wannen bei [[Eichstätt]] in Bayern bevölkert. Später wurde aus den feinkörnigen Kalkablagerungen dieser Wannen der [[Solnhofener Plattenkalk]].

Mit den ständig sich bewegenden Armen konnte das Tier nur eingeschränkt schwimmen. Die bewimperten Teile der Arme begannen schon sehr dicht am Körper und waren vermutlich zu steif um Schwimmbewegungen zu erlauben. Vermutlich waren nur die äußersten Enden der Arme flexibel genug, um das Tier in der Wassersäule zu bewegen. Schon eine geringfügige Strömung verdriftete die schwebende Seelilie. Die Arme dienten außerdem dazu, Nahrung aus dem Wasser zu [[Filtrierer|filtrieren]] und dem Mund zuzuführen.

Die freischwimmenden Seelilien wurden oft von [[Ammoniten]] gefressen. Das beweisen Reste von ''Saccocoma'' in [[Koprolith]]en (fossile Exkremente) von Ammoniten.

== Geschichte ==

''Saccocoma tenella'' wurde 1831 von dem deutschen Arzt und Paläontologen [[Georg August Goldfuss]] (1782–1848) wissenschaftlich untersucht und als ''Comatula tenella'' erstmals gültig beschrieben. 1836 schlug Agassiz für diese Art die Gattung ''Saccocoma'' vor.

Im Mittelalter hatte man die wahre Natur der freischwimmenden Seelilien noch nicht erkannt. Damals wurden die auf Solnhofener Platten sichtbaren [[Fossil]]ien teilweise für „Teufelswerk“ gehalten. Man deutete diese Ablagerungen damals als Hinterlassenschaften der biblischen [[Sintflut]].

1616 sah der Nürnberger Apotheker, Botaniker und Verleger [[Basilius Besler]] (1561–1629) in der Solnhofener Seelilie ''Saccocoma'' eine Spinne. Ab dieser Zeit sprach man von den „Eichstätter Spinnensteinen“. Dass es sich bei den Plattenkalken im Raum [[Solnhofen]] und Eichstätt um Meeresablagerungen handelte, machte 1730 erstmals der Arzt [[Johann Jakob Baier (Mediziner, 1677)|Johann Jakob Baier]] (1677–1735) publik. Er deutete die „Eichstätter Spinnensteine“ erstmals als [[Seesterne]].

== Systematik ==

Derzeit werden vier Arten zur Gattung ''Saccocoma'' gestellt, von denen aber nur eine Art in vollständigen Exemplaren gefunden wurde:

* ''Saccocoma tenella'' (Goldfuss, 1831)
* ''Saccocoma quenstedti'' Sieverts-Doreck & Hess, 2002
* ''Saccocoma longipinna'' Hess, 2002
* ''Saccocoma vernioryi'' Manni & Nicosia, 1984
Andere Arten, die früher zur Gattung ''Saccocoma'' gestellt wurden, sind inzwischen anderen Gattungen zugewiesen worden.

== Literatur ==

*Michal Brodacki: ''Functional anatomy and mode of life of the latest Jurassic crinoid ''Saccocoma. Acta palaeontologica polonica, 51: 261-270, Warschau 2006 {{ISSN|0567-7920}}
*Arno Hermann Müller: ''Lehrbuch der Paläozoologie Band II Invertebraten Teil 3 Arthropoda 2 - Hemichordata''. 2. Aufl., 748 S., VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1978.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Saccocoma}}
* [http://www.solnhofen.de.vu Solnhofen. Eine Fossilienfundstätte von Weltrang]
* [http://www.solnhofen.de.vu Solnhofen. Eine Fossilienfundstätte von Weltrang]

[[Kategorie:Seelilien und Haarsterne]]
[[Kategorie:Ausgestorbenes Tier]]
[[Kategorie:Crinoidea]]

Aktuelle Version vom 11. November 2024, 12:21 Uhr

Saccocoma

Saccocoma tenella im Jura-Plattenkalk, Fundort Eichstätt

Zeitliches Auftreten
Kimmeridgium bis Tithonium (Jura)
155 bis 145 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Seelilien und Haarsterne (Crinoidea)
Articulata
Roveacrinida
Saccocomidae
Saccocoma
Wissenschaftlicher Name
Saccocoma
Agassiz, 1836

Saccocoma ist eine ausgestorbene Gattung der Seelilien (Haarsterne) aus dem Stamm der Stachelhäuter (Echinodermata). Derzeit werden vier Arten zu dieser Gattung gestellt, die ausschließlich in oberjurassischen Meeresablagerungen gefunden wurden.

Die Gattung Saccocoma (lateinisch "Beutel mit Haaren") ist eine kleine, freischwimmende Seelilie mit einem Gesamtdurchmesser (einschließlich Armen) bis zu etwa 5 Zentimetern. Der Körper ist nur etwa erbsengroß und zeigt die typische, fünfstrahlige Radialsymmetrie (Pentamerie) der höheren Stachelhäuter. Von ihm gehen fünf dünne, jeweils paarweise angeordnete gefiederte Arme aus, die sich jedoch sehr bald teilen, so dass Saccocoma scheinbar zehn Arme hat. Der Mund befand sich an der Bauchseite (= Unterseite) des Körpers. Mit Ausnahme der Solnhofener Plattenkalke, wo vollständig erhaltene Exemplare oft massenhaft gefunden werden, haben sich in der Regel nur isolierte Skelettelemente erhalten, die mit mikropaläontologischen Methoden gewonnen und untersucht werden.

Lediglich die Typusart der Gattung (Saccocoma tenella (Goldfuss, 1831)) aus den Solnhofener Plattenkalken von Bayern ist aus vollständigen Exemplaren bekannt. Daher beziehen sich die folgenden Ergebnisse überwiegend auf diese Art.

Im oberen Jura (vor etwa 150 Millionen Jahren) hat Saccocoma tenella massenhaft das Meer der Wannen bei Eichstätt in Bayern bevölkert. Später wurde aus den feinkörnigen Kalkablagerungen dieser Wannen der Solnhofener Plattenkalk.

Mit den ständig sich bewegenden Armen konnte das Tier nur eingeschränkt schwimmen. Die bewimperten Teile der Arme begannen schon sehr dicht am Körper und waren vermutlich zu steif um Schwimmbewegungen zu erlauben. Vermutlich waren nur die äußersten Enden der Arme flexibel genug, um das Tier in der Wassersäule zu bewegen. Schon eine geringfügige Strömung verdriftete die schwebende Seelilie. Die Arme dienten außerdem dazu, Nahrung aus dem Wasser zu filtrieren und dem Mund zuzuführen.

Die freischwimmenden Seelilien wurden oft von Ammoniten gefressen. Das beweisen Reste von Saccocoma in Koprolithen (fossile Exkremente) von Ammoniten.

Saccocoma tenella wurde 1831 von dem deutschen Arzt und Paläontologen Georg August Goldfuss (1782–1848) wissenschaftlich untersucht und als Comatula tenella erstmals gültig beschrieben. 1836 schlug Agassiz für diese Art die Gattung Saccocoma vor.

Im Mittelalter hatte man die wahre Natur der freischwimmenden Seelilien noch nicht erkannt. Damals wurden die auf Solnhofener Platten sichtbaren Fossilien teilweise für „Teufelswerk“ gehalten. Man deutete diese Ablagerungen damals als Hinterlassenschaften der biblischen Sintflut.

1616 sah der Nürnberger Apotheker, Botaniker und Verleger Basilius Besler (1561–1629) in der Solnhofener Seelilie Saccocoma eine Spinne. Ab dieser Zeit sprach man von den „Eichstätter Spinnensteinen“. Dass es sich bei den Plattenkalken im Raum Solnhofen und Eichstätt um Meeresablagerungen handelte, machte 1730 erstmals der Arzt Johann Jakob Baier (1677–1735) publik. Er deutete die „Eichstätter Spinnensteine“ erstmals als Seesterne.

Derzeit werden vier Arten zur Gattung Saccocoma gestellt, von denen aber nur eine Art in vollständigen Exemplaren gefunden wurde:

  • Saccocoma tenella (Goldfuss, 1831)
  • Saccocoma quenstedti Sieverts-Doreck & Hess, 2002
  • Saccocoma longipinna Hess, 2002
  • Saccocoma vernioryi Manni & Nicosia, 1984

Andere Arten, die früher zur Gattung Saccocoma gestellt wurden, sind inzwischen anderen Gattungen zugewiesen worden.

  • Michal Brodacki: Functional anatomy and mode of life of the latest Jurassic crinoid Saccocoma. Acta palaeontologica polonica, 51: 261-270, Warschau 2006 ISSN 0567-7920
  • Arno Hermann Müller: Lehrbuch der Paläozoologie Band II Invertebraten Teil 3 Arthropoda 2 - Hemichordata. 2. Aufl., 748 S., VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1978.
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