„Ludwig Baumann (Wehrmachtsdeserteur)“ – Versionsunterschied

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Am Tag nach der Desertion wurde er von deutschen Grenzposten gestellt. Obgleich Baumann bei seiner Festnahme bewaffnet war, ließen er und Oldenburg sich - aufgrund ihrer gewaltfreien Gesinnung - widerstandslos festnehmen. Am 30. Juni 1942 wurde Ludwig Baumann wegen „Fahnenflucht im Felde“ zum Tode verurteilt. Davon, dass die [[Todesstrafe]] in eine 12-jährige Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, erfuhr er erst nach Monaten, die er in Todesangst in der Todeszelle eines Wehrmachtsgefängnisses verbracht hatte. Jeden Morgen rechnete er mit seiner [[Hinrichtung]]. Der junge Mann wurde danach Häftling im [[KZ Esterwegen]], einem der berüchtigten [[Emslandlager|Moorlager]] im [[Emsland]], und später im [[Wehrmachtgefängnis Torgau]]. In Torgau erlebte er, wie Tausende andere Deserteure hingerichtet wurden. Insgesamt wurden ca. 30.000 Deserteure hingerichtet.
Am Tag nach der Desertion wurde er von deutschen Grenzposten gestellt. Obgleich Baumann bei seiner Festnahme bewaffnet war, ließen er und Oldenburg sich - aufgrund ihrer gewaltfreien Gesinnung - widerstandslos festnehmen. Am 30. Juni 1942 wurde Ludwig Baumann wegen „Fahnenflucht im Felde“ zum Tode verurteilt. Davon, dass die [[Todesstrafe]] in eine 12-jährige Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, erfuhr er erst nach Monaten, die er in Todesangst in der Todeszelle eines Wehrmachtsgefängnisses verbracht hatte. Jeden Morgen rechnete er mit seiner [[Hinrichtung]]. Der junge Mann wurde danach Häftling im [[KZ Esterwegen]], einem der berüchtigten [[Emslandlager|Moorlager]] im [[Emsland]], und später im [[Wehrmachtgefängnis Torgau]]. In Torgau erlebte er, wie Tausende andere Deserteure hingerichtet wurden. Insgesamt wurden ca. 30.000 Deserteure hingerichtet.


Sein Schicksal teilte er im weiteren Verlauf des [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkriegs]] mit weiteren [[Opfer der NS-Militärjustiz|Opfern der NS-Militärjustiz]], die wie er in das so genannte [[Bewährungsbataillon|''Bewährungsbataillon'' 500]], an der Ostfront in besonders gefährdeten Abschnitten eingesetzt, gezwungen wurden. Trotzdem überlebte Baumann den Krieg. Nach der Rückkehr aus der [[Kriegsgefangenschaft]] in der [[Sowjetunion]] hatte er es schwer in einer Gesellschaft, in der Deserteure noch immer als „Feiglinge“ geächtet wurden. In kurzer Zeit vertrank er sein Erbe. Als seine Frau bei der Geburt des sechsten Kindes starb, gelang es ihm, vom Alkohol loszukommen. Schließlich begann Ludwig Baumann, sich in der [[Friedensbewegung|Friedens]]- und [[Dritte Welt]]-Bewegung zu engagieren.
Sein Schicksal teilte er im weiteren Verlauf des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] mit weiteren [[Opfer der NS-Militärjustiz|Opfern der NS-Militärjustiz]], die wie er in das so genannte [[Bewährungsbataillon|''Bewährungsbataillon'' 500]], an der Ostfront in besonders gefährdeten Abschnitten eingesetzt, gezwungen wurden. Trotzdem überlebte Baumann den Krieg. Nach der Rückkehr aus der [[Kriegsgefangenschaft]] in der [[Sowjetunion]] hatte er es schwer in einer Gesellschaft, in der Deserteure noch immer als „Feiglinge“ geächtet wurden. In kurzer Zeit vertrank er sein Erbe. Als seine Frau bei der Geburt des sechsten Kindes starb, gelang es ihm, vom Alkohol loszukommen. Schließlich begann Ludwig Baumann, sich in der [[Friedensbewegung|Friedens]]- und [[Dritte Welt]]-Bewegung zu engagieren.


1990 gründete er mit etwa 40 noch lebenden Wehrmachtsdeserteuren und einigen engagierten Wissenschaftlern und Historikern die [[Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz]], um eine Aufhebung der [[Unrechtsurteil]]e gegen Deserteure, „[[Wehrkraftzersetzung|Wehrkraftzersetzer]]", [[Selbstverstümmelung|Selbstverstümmeler]] und andere Opfer der NS-Militärjustiz durchzusetzen sowie deren vollständige [[Rehabilitation]] zu erreichen. 2002 wurde dieses Ziel mit dem [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]] erreicht<ref> Vgl. Hannes Metzer: "Ehrlos für immer ?" - Die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure in Deutschland und Österreich. Wien, 2007.</ref>. Im Laufe der Anerkennung war er bei mehreren parlamentarischen Debatten und Beratungen in Bundestagsausschüssen aktiv.
1990 gründete er mit etwa 40 noch lebenden Wehrmachtsdeserteuren und einigen engagierten Wissenschaftlern und Historikern die [[Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz]], um eine Aufhebung der [[Unrechtsurteil]]e gegen Deserteure, „[[Wehrkraftzersetzung|Wehrkraftzersetzer]]", [[Selbstverstümmelung|Selbstverstümmeler]] und andere Opfer der NS-Militärjustiz durchzusetzen sowie deren vollständige [[Rehabilitation]] zu erreichen. 2002 wurde dieses Ziel mit dem [[Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege]] erreicht<ref> Vgl. Hannes Metzer: "Ehrlos für immer ?" - Die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure in Deutschland und Österreich. Wien, 2007.</ref>. Im Laufe der Anerkennung war er bei mehreren parlamentarischen Debatten und Beratungen in Bundestagsausschüssen aktiv.

Version vom 9. Oktober 2012, 23:29 Uhr

Ludwig Baumann beim Gelöbnix 2008.

Ludwig Baumann (* 13. Dezember 1921 in Hamburg), Rentner, war ein deutscher Wehrmachts-Deserteur und ist ein Friedensaktivist.

Leben

Baumann wurde als Sohn eines Tabakgroßhändlers geboren. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland trat er weder der Hitler-Jugend noch einer anderen Organisation der NSDAP bei. Als 19-Jähriger wurde Ludwig Baumann in die Wehrmacht eingezogen. Bereits am 3. Juni 1942 desertierte er zusammen mit Kurt Oldenburg bei Bordeaux in Frankreich aus der deutschen Armee. Nach dem Krieg erklärte er zu seinen damaligen Motiven: „Ich hatte erkannt, dass es ein verbrecherischer, völkermörderischer Krieg war.“

Am Tag nach der Desertion wurde er von deutschen Grenzposten gestellt. Obgleich Baumann bei seiner Festnahme bewaffnet war, ließen er und Oldenburg sich - aufgrund ihrer gewaltfreien Gesinnung - widerstandslos festnehmen. Am 30. Juni 1942 wurde Ludwig Baumann wegen „Fahnenflucht im Felde“ zum Tode verurteilt. Davon, dass die Todesstrafe in eine 12-jährige Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, erfuhr er erst nach Monaten, die er in Todesangst in der Todeszelle eines Wehrmachtsgefängnisses verbracht hatte. Jeden Morgen rechnete er mit seiner Hinrichtung. Der junge Mann wurde danach Häftling im KZ Esterwegen, einem der berüchtigten Moorlager im Emsland, und später im Wehrmachtgefängnis Torgau. In Torgau erlebte er, wie Tausende andere Deserteure hingerichtet wurden. Insgesamt wurden ca. 30.000 Deserteure hingerichtet.

Sein Schicksal teilte er im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges mit weiteren Opfern der NS-Militärjustiz, die wie er in das so genannte Bewährungsbataillon 500, an der Ostfront in besonders gefährdeten Abschnitten eingesetzt, gezwungen wurden. Trotzdem überlebte Baumann den Krieg. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion hatte er es schwer in einer Gesellschaft, in der Deserteure noch immer als „Feiglinge“ geächtet wurden. In kurzer Zeit vertrank er sein Erbe. Als seine Frau bei der Geburt des sechsten Kindes starb, gelang es ihm, vom Alkohol loszukommen. Schließlich begann Ludwig Baumann, sich in der Friedens- und Dritte Welt-Bewegung zu engagieren.

1990 gründete er mit etwa 40 noch lebenden Wehrmachtsdeserteuren und einigen engagierten Wissenschaftlern und Historikern die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, um eine Aufhebung der Unrechtsurteile gegen Deserteure, „Wehrkraftzersetzer", Selbstverstümmeler und andere Opfer der NS-Militärjustiz durchzusetzen sowie deren vollständige Rehabilitation zu erreichen. 2002 wurde dieses Ziel mit dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege erreicht[1]. Im Laufe der Anerkennung war er bei mehreren parlamentarischen Debatten und Beratungen in Bundestagsausschüssen aktiv.

Neben diesem Einsatz für Deserteure und andere von der NS-Gerichtsbarkeit Verfolgte setzt sich Ludwig Baumann in der Friedensbewegung ein. An jedem Einberufungstermin versuchte er[2], mit Einberufenen auf dem Weg in die Kaserne ins Gespräch zu kommen. Seine Botschaft: „Leistet Widerstand, wenn ihr Befehle bekommt, denen ihr im zivilen Leben nicht folgen würdet.“ Quelle für das Zitat und Infos zu genannter Friedensinitiative.

Zur Einweihung der Installation Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg am 8. Mai 2002 in Berlin leitete Baumann seine Rede mit dem Zitat Hitlers ein: „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben.[3]

Ehrungen

1994 erhielt Baumann den „Sievershäuser Friedenspreis“ und 1995 den „Aachener Friedenspreis“.

Die eigens dafür gegründete Potsdamer Initiative schlug ihn zur Nominierung für den Friedensnobelpreis im Jahre 1996 vor. [4] Die Annahme des Bundesverdienstkreuzes hat Baumann unter anderem deshalb abgelehnt, „weil ich keinen Orden haben will, den auch ehemalige Nazis tragen.“

2007 erhielt er den Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon, Bremen.

Anlässlich des 90. Geburtstages von Baumann würdigte der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen am 13. Dezember 2011 Baumanns Einsatz im Rahmen eines feierlichen Senatsempfangs im Bremer Rathaus.[5] Böhrnsen überreichte Baumann im Rahmen dieser Veranstaltung den „Bremer Schlüssel“ als Zeichen der Anerkennung seines unermüdlichen Einsatzes für die Opfer der NS-Militärjustiz.

Literatur

  • Jan Korte, Dominic Heilig (Hrsg.): Kriegsverrat : Vergangenheitspolitik in Deutschland ; Analysen, Kommentare und Dokumente einer Debatte. Berlin : Dietz. ISBN 978-3-320-02261-7.
  • Ulrich Herrmann : Zwei junge Soldaten als Opfer der Wehrmachtsjustiz in: Ulrich Herrmann (Hrsg.): Junge Soldaten im Zweiten Weltkrieg: Kriegserfahrungen als Lebenserfahrungen. Juventa-Verlag, 2010, ISBN 978-3779911388.
  • Hannes Metzler: Ehrlos für immer ? - Die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure in Deutschland und Österreich. Wien, 2007. Vgl. insb. S.55, „Ludwig Baumann“ und Interviewauszüge in diesem Buch.
  • Hans-Peter Klausch: Die Bewährungstruppe 500. Stellung und Funktion der BW 500 im System von NS-Wehrrecht, NS-Militärjustiz und Wehrmachtstrafvollzug (Abb., Dok., Lit.) edition Temmen: Bremen 1995 ISBN 3-86108-260-8 (darin verarb.: Interview des Verf. mit L.B.)

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hannes Metzer: "Ehrlos für immer ?" - Die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure in Deutschland und Österreich. Wien, 2007.
  2. die Wehrpflicht in Deutschland ist seit Juli 2011 ausgesetzt
  3. Murellenschlucht (auf der linken Seite den Cursor auf den 7. Kreis von oben stellen); zum Hitlerzitat und einer ähnlichen Rede Baumanns siehe auch: AG Friedensforschung an der Uni Kassel: Endlich: Gedenkstein für die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure der Wehrmacht in Buchenwald enthüllt, „In Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz ...“
  4. Einer, der sich wehrte in Die Zeit vom 13. Dezember 1996
  5. bremen.de: Pressemitteilung