„Andronowo-Kultur“ – Versionsunterschied

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Kennzeichnend für die [[Keramik]] der Andronowo-Kultur ist die Verzierung mit [[Mäander (Ornamentik)|Mäanderbändern]], schraffierten Dreiecken, Zickzackbändern und [[Fischgrätmuster]]n.
Kennzeichnend für die [[Keramik]] der Andronowo-Kultur ist die Verzierung mit [[Mäander (Ornamentik)|Mäanderbändern]], schraffierten Dreiecken, Zickzackbändern und [[Fischgrätmuster]]n.



Version vom 10. Mai 2018, 10:09 Uhr

Andronowo-Kultur
Zeitalter: Frühe Bronzezeit - Späte Bronzezeit
Absolut: 2300 v. Chr.-1000 v. Chr.

Ausdehnung
Südliches Sibirien und Zentralasien
Die Karte zeigt die ungefähre Verbreitung der Andronowo-Kultur; die prägende Sintashta-Petrovka-Kultur ist dunkelrot, das Gebiet der frühesten Funde von mit Speichenrädern besetzten Streitwagen ist violett, angrenzende und überlappende Kulturen sind grün (Afanassjewo-Kultur, Srubna-Kultur, BMAC - baktrisch-margianische Oasenkultur)
Kulturen, die allgemein mit der indo-iranischen Emigration in Verbindung gebracht werden (nach Encyclopedia of Indo-European Culture[1]): die Andronowo-Kultur, die baktrisch-margianische Oasenkultur und die Yaz-Kultur. Die Swat-Kultur, die Cemetery-H-Kultur, die Kupfer-Hort-Kultur und die PGW-Kultur sind Kandidaten für die indo-arischen Völkerwanderungen.
Prähistorische Kulturen Russlands[2]
Mittelsteinzeit
Kunda-Kultur 7400–6000 v. Chr.
Jungsteinzeit
Bug-Dnister-Kultur 6500–5000 v. Chr.
Dnjepr-Donez-Kultur 5500–4000 v. Chr.
Sredny-Stog-Kultur 4500–3500 v. Chr.
Jekaterininka-Kultur 4300–3700 v. Chr.
Kammkeramische Kultur 4200–2000 v. Chr.
Fatjanowo-Kultur um 2500 v. Chr.
Kupfersteinzeit
Nordkaspische Kultur
Kurgankultur 5000–3000 v. Chr.
Samara-Kultur um 5000 v. Chr.
Chwalynsk-Kultur 5000–4500 v. Chr.
Botai-Kultur 3700–3100 v. Chr.
Jamnaja-Kultur 3600–2300 v. Chr.
Afanassjewo-Kultur 3500–2500 v. Chr.
Ussatowe-Kultur 3300–3200 v. Chr.
Glaskowo-Kultur 3200–2400 v. Chr.
Bronzezeit
Poltavka-Kultur 2700–2100 v. Chr.
Potapovka-Kultur 2500–2000 v. Chr.
Katakombengrab-Kultur 2500–2000 v. Chr.
Abaschewo-Kultur 2500–1800 v. Chr.
Sintaschta-Kultur 2100–1800 v. Chr.
Okunew-Kultur um 2000 v. Chr.
Samus-Kultur um 2000 v. Chr.
Andronowo-Kultur 2000–1200 v. Chr.
Susgun-Kultur um 1700 v. Chr.
Srubna-Kultur 1600–1200 v. Chr.
Kolchis-Kultur 1700–600 v. Chr.
Begasy-Dandybai-Kultur um 1300 v. Chr.
Karassuk-Kultur um 1200 v. Chr.
Ust-Mil-Kultur um 1200–500 v. Chr.
Koban-Kultur 1200–400 v. Chr.
Irmen-Kultur 1200–400 v. Chr.
Spätirmen-Kultur um 1000 v. Chr.
Plattengrabkultur um 1300–300 v. Chr.
Aldy-Bel-Kultur 900–700 v. Chr.
Eisenzeit
Baitowo-Kultur
Tagar-Kultur 900–300 v. Chr.
Nosilowo-Gruppe 900–600 v. Chr.
Ananino-Kultur 800–300 v. Chr.
Tasmola-Kultur 700–300 v. Chr.
Gorochowo-Kultur 600–200 v. Chr.
Sagly-Baschi-Kultur 500–300 v. Chr.
Jessik-Beschsatyr-Kultur 500–300 v. Chr.
Pasyryk-Stufe 500–300 v. Chr.
Sargat-Kultur 500 v. Chr.–400 n. Chr.
Kulaika-Kultur 400 v. Chr.–400 n. Chr.
Tes-Stufe 300 v. Chr.–100 n. Chr.
Schurmak-Kultur 200 v. Chr.–200 n. Chr.
Taschtyk-Kultur 100–600 n. Chr.
Tschernjachow-Kultur 200–500 n. Chr.

Die Andronowo-Kultur (wissenschaftlich Andronovo-Kultur) ist eine archäologische Kultur der Bronzezeit Südwestsibiriens und Mittelasiens in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends. Ihr Gebiet erstreckte sich vom Uralfluss im Westen bis zum Jenissei im Osten und umfasste sowohl den südlichen Bereich der sibirischen Waldsteppen als auch die mittelasiatischen Steppen. Aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung lässt sie sich in mehrere regionale Gruppen gliedern, die dennoch wichtige kulturelle Eigenschaften gemeinsam haben. Sie wird deshalb auch als archäologischer Horizont aus mehreren nahestehenden Kulturgruppen bezeichnet. Namensgebend ist die Stadt Andronowo (oder Andronovo | 55° 53′ N, 55° 42′ O), in der 1914 mehrere mit reich verzierter Keramik ausgestattete Hockergräber gefunden wurden. Die Andronowo-Kultur wird von einigen Forschern der indo-iranischen Sprachgruppe oder der ur-indoiranischen Sprache zugeordnet.[3] Auf Grund von auf ca. 2000 v. Chr. datierten Funden von Streitwagen mit Speichenrädern gelten die Menschen dieser Kultur als deren Erfinder.[4]

Geographische Lage

Die enorme geographische Verbreitung dieser kulturellen Gruppe lässt sich nur grob feststellen. Im Westen überschneidet sie sich zwischen den Flüssen Wolga und Ural mit dem Gebiet der nahezu zeitgleich auftretenden Srubna-Kultur. Zum Osten hin reicht sie bis in die Tiefebene von Minussinsk und liegt damit zum Teil im Gebiet der früher auftretenden Afanassjewo-Kultur (Aralo-Kaspische Niederung). Weitere Siedlungen sind bis weit in den Süden verstreut, wie z. B. im Kopet-Dag (Turkmenistan), im Pamir (Tadschikistan) oder im Tian Shan (Kirgisistan). Die nördliche Grenze liegt in etwa am südlichen Beginn der Taiga.

Geschichte

In der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends setzte eine starke ostwärtige Wanderung der Andronowo-Kultur ein, während der man zwischen wenigstens vier Subkulturen unterscheiden kann, deren chronologisches Auftreten aber nur vage bekannt ist:

Kultur

Gefäß der Andronowo-Kultur
Frauenkleidung,
Andronowo-Kultur

Kennzeichnend für die Keramik der Andronowo-Kultur ist die Verzierung mit Mäanderbändern, schraffierten Dreiecken, Zickzackbändern und Fischgrätmustern.

Es wurden bisher nur meist kleine Siedlungen gefunden, die nur selten mit Wall und Graben befestigt waren. Die Häuser waren meist eingetiefte Pfostenbauten, wobei eine starke regionale Variation beobachtet werden kann. Wirtschaftlich spielte Viehzucht nachweislich eine wichtige Rolle, Jagd und Fischfang sind in geringerem Maße ebenfalls nachweisbar, während Ackerbau zwar durch entsprechende Gerätschaften nahegelegt wird, bislang aber nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte.

Regional wurde auch Erzabbau betrieben. Die Gräber weisen eine recht hohe Diversität auf. Im Regelfall wurden die Toten verbrannt oder in Hockerlage bestattet, in den meisten Gebieten wurde über einem oder mehreren Gräbern ein niedriger Kurgan aufgeschüttet.

Die Andronowo-Kultur und die indo-iranische Gruppe

Seit längerem halten es viele Forscher für sehr gut möglich, dass es aus dem Andronowo-Horizont zu Migrationen nach Süden ins Iranische Hochland, nach Nordindien und anfangs auch nach Mitanni gekommen sein könnte, durch die sich die indo-iranischen Sprachen unter sprachlicher Assimilation der Vorbewohner in dieser Region ausgebreitet haben könnten. Dazu werden auch archäologische Zusammenhänge zu südlicheren Kulturen untersucht.

Südlich des Oxus finden sich keine Bestattungen der Andronowo-Kultur mehr,[5] und auch südlich von Baktrien trifft man auf keine oder nur sehr spärliche Funde.[5][6] Sarianidi notiert dazu, dass „archäologische Funde aus Baktrien und Margiana trotz allem keinen Zweifel daran lassen, dass Andronowo-Stämme vereinzelt in das Gebiet der baktrisch-margianischen Oasenkultur (BMAC) eindrangen.“[7]

Andere Wissenschaftler lehnen die Verbindung der Andronowo-Kultur mit der indo-arischen Kultur oder der des Landes Mitanni ab, da sie sich erst zu spät herausgebildet hat und auch keine Spuren von kulturellem Austausch (z. B. Kriegerbegräbnisse oder charakteristische Holzrahmenkonstruktionen) mit Indien oder Mesopotamien nachgewiesen sind.[8][9] Der Archäologe J. P. Mallory (1998) tut sich „außerordentlich schwer, eine These für die Expansion aus den nördlichen Regionen in das nördliche Indien aufzustellen“ und bemerkt dazu, dass die vorgeschlagenen Auswanderungswege „die Indo-Iranier nur bis nach Zentralasien führte, aber nicht bis zu den Medern, den Persern oder den Indo-Ariern.“[10]

Während es zur Erforschung archäologischer Zusammenhänge Diskussionen gibt, ist das Hauptargument für die vielen Forschern als plausibel geltende Hypothese der Verbindung früher indoiranischer Gruppen mit Andronowo der Vergleich zwischen Beschreibungen des früheren Lebensgebietes (z. B. Airyanem Vaejah) und der Lebensumstände früher Figuren in den ältesten religiösen Schriften Indiens und des Iran, in den Veden und im Avesta mit der Andronowo-Kultur. Die dort vorgefundenen relativ ausführlichen Beschreibungen halbsesshafter vorwiegend rinderzüchtender Gesellschaften in einem sehr viel kälteren Klima passen sehr gut zum Andronowo-Horizont.[11]

Nachfolgekulturen

In Südsibirien und Kasachstan folgte der Andronowo-Kultur die Karassuk-Kultur, die einerseits als nicht-indo-europäisch, andererseits als proto-iranisch bezeichnet wird, aber definitiv fremd ist. An den westlichen Grenzen ging die Andronowo-Kultur in der Srubna-Kultur auf, die sich südlich der Abashevo-Kultur entwickelte. In assyrischen Archiven finden sich die ältesten Aufzeichnungen über Menschen aus der Andronowo-Region, namentlich die Kimmerer und die iranischsprachigen Saken und Skythen, die nach dem Zerfall der Alexejewka-Kultur ab etwa dem 9. Jahrhundert v. Chr. in die Ukraine, über den Kaukasus nach Anatolien, und im späten 8. Jahrhundert v. Chr. nach Assyrien und möglicherweise als Thraker und Sigynnen auch nach Südosteuropa auswanderten. Herodot verortet das Land der Sigynnen jenseits der Donau nördlich der thrakischen Länder, Strabo in der Nähe des Kaspischen Meeres. Beide bezeichnen sie als Iranier.

Siehe auch

Literatur

  • Marie-Henriette Alimen, Marie-Joseph Steve (Hrsg.): Weltgeschichte. Band 1: Vorgeschichte. Weltbild, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0400-9.
  • Edwin Bryant: The Quest for the Origins of Vedic Culture. The Indo-Aryan Migration Debate. Oxford University Press, Oxford u. a. 2001, ISBN 0-19-516947-6.
  • Nicolo Di Cosmo: The Northern Frontier in Pre-Imperial China. In: Cambridge History of Ancient China. From the Origins of Civilization to 221 B.C. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1999, ISBN 0-521-47030-7, S. 885–966.
  • Gérard Fussman, Jean Kellens, Henri-Paul Francfort, Xavier Tremblay: Āryas, Aryens et Iraniens en Asie Centrale (= Publications de l'Institut de Civilisation Indienne. Série in-8°. Band 72). De Boccard, Paris 2005, ISBN 2-86803-072-6.
  • Karlene Jones-Bley, Dmitrij G. Zdanovich (Hrsg.): Complex Societies of Central Eurasia from the 3rd to the 1st Millennium BC. Regional Specifics in Light of Global Models (= Journal of Indo-European Studies. Monograph Series Nr. 45–46). The Institute for the Study of Man, Washington DC 2002,
    • Band 1: Ethnos, Language, Culture, General Problems, Studying Sintashta, The Eneolithic and Bronze Ages. ISBN 0-941694-83-6;
    • Band 2: The Iron Age, Archaeoecology, Geoarchaeology and Palaeogeography, Beyond Central Eurasia. ISBN 0-941694-86-0.
  • J. P. Mallory: Andronovo Culture. In: J. P. Mallory, D. Q. Adams (Hrsg.): Encyclopedia of Indo-European Culture. Fitzroy Dearborn, London u. a. 1997, ISBN 1-884964-98-2.
  • Hermann Parzinger: Die frühen Völker Eurasiens. Vom Neolithikum bis zum Mittelalter (= Historische Bibliothek der Gerda-Henkel-Stiftung. Bd. 1). Beck, München 2006, ISBN 3-406-54961-6.
  • Hermann Parzinger, Nikolaus Boroffka: Woher stammt das Zinn der Bronzezeit in Mittelasien. In: Archäologie in Deutschland. 2001, ISSN 0176-8522, S. 12–17.

Einzelnachweise

  1. James P. Mallory, Douglas Q. Adams (Hrsg.): Encyclopedia of Indo-European culture. Fitzroy Dearborn Publishers, London / Chicago 1997.
  2. Die Datierungen in der Tabelle sind den einzelnen Artikeln entnommen und müssen nicht immer zuverlässig sein. Kulturen auf Gebieten anderer ehemaliger Sowjetrepubliken wurden einbezogen.
  3. z. B. Christian Carpelan, Asko Parpola, Petteri Koskikallio (Hrsg.): Early Contacts between Uralic and Indo-European. Linguistic and Archaeological considerations (= Suomalais-Ugrilaisen Seuran Toimituksia. Bd. 242). Papers presented at an international Symposium held at the Tvärminne Research Station of the University of Helsinki, 8–10 January, 1999. Suomalais-Ugrilainen Seura, Helsinki 2001, ISBN 952-5150-59-3.
  4. Di Cosmo: The Northern Frontier in Pre-Imperial China. In: Cambridge History of Ancient China. 1999, S. 885–966, hier S. 903, bezieht sich auf Funde der Andronowo-Kultur um etwa 2026 v. Chr.
  5. a b Gérard Fussman: Entre fantasmes, science et politique: l'entrée des Aryas en Inde. In: Gérard Fussman, Jean Kellens, Henri-Paul Francfort, Xavier Tremblay: Āryas, Aryens et Iraniens en Asie Centrale. 2005, S. 197–233, hier 220.
  6. Oder südlich in der Region zwischen Kopet Dagh und Pamir-Karakorum. Henri-Paul Francfort: La civilization de l'Oxus et les Indo-Iraniens et Indoaryens. In: Gérard Fussman, Jean Kellens, Henri-Paul Francfort, Xavier Tremblay: Āryas, Aryens et Iraniens en Asie Centrale. 2005, S. 253–328, hier S. 268.
  7. Viktor I. Sarianidi: Margiana in the Ancient Orient. In: International Association for the Study of the Cultures of Central Asia. Information Bulletin. Nr. 19, 1993, ISSN 1012-6570, S. 5–28; Edwin Bryant: The Quest for the Origins of Vedic Culture. 2001, S. 220.
  8. Wie Brentjes (1981), Klejn (1974), Francfort (1989), Lyonnet (1993), Hiebert (1998), Bosch-Gimpera (1973) und Sarianidi (1993); siehe Edwin Bryant: The Quest for the Origins of Vedic Culture. 2001, Kapitel 10.
  9. Siehe Edwin Bryant: The Quest for the Origins of Vedic Culture. 2001, Kapitel 10.
  10. Mallory 1998; zitiert aus Edwin Bryant: The Quest for the Origins of Vedic Culture. 2001, S. 216.
  11. Es gibt sehr viel Fachliteratur, die diesen Zusammenhang als nahezu erwiesen betrachtet. Siehe z. B. James Patrick Mallory: Encyclopedia of Indo-European Culture. London 1997, S. 20-21 und "Andronovo-Culture"-Artikel.