„Richard Jacob“ – Versionsunterschied
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Richard Jacob lebte und wirkte in [[Markneukirchen]] im [[Vogtland]] und gilt als einer der herausragenden Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts".<ref>Christof Hanusch: "Im Schatten eines Genies - Martin Jacob 'Weißgerber'". ''Gitarre aktuell'', 32. Jg., Nr. 113, S. 54ff.</ref> Er lernte von 1891 bis 1894 [[Zither]]bau (auf Anraten seines Vaters) bei Ernst Rudolf Glier (1862–1930) und erst - nach seinem Militärdienst - 1899 bis 1905 bei Wilhelm Voigt das Gitarrenbauhandwerk. 1905 machte er sich als Gitarrenbauer selbständig und arbeitete bis 1911 in der Werkstatt seines Vaters Karl August Jacob (1846–1918), der Gitarrenbau bei Johann Friedrich August Paulus (1806–1870) in Markneukirchen gelernt hatte.<ref name=":0">Bruno Henze: "Ein Leben für den Gitarrenbau". In: ''Der Gitarrefreund, Nr. 5/6/7 S. 11 (1960)'' </ref> 1921 ließ sich R.J. den Markennamen „Weißgerber“ schützen und begann einen eigenen Vertrieb aufzubauen. Vorher hatte er, wie im Vogtland üblich, seine Erzeugnisse ausschließlich anonym - d.h. ohne Signatur des Herstellers - an ortsansässige Großhändler (sogen. "Fortschicker") geliefert. Nach 1921 schränkte er die Zusammenarbeit mit den Händlern erst ein, um sie um 1930 absolut zu beenden. "Ich hatte aber doch den Mut u. habe diesen Herren gesagt: Ihr bekommt kein Instrument mehr von mir, nachdem sie drücken wollten." (Brief an Robert Treml vom 9. Februar 1930) |
Richard Jacob lebte und wirkte in [[Markneukirchen]] im [[Vogtland]] und gilt als einer der herausragenden Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts".<ref>Christof Hanusch: "Im Schatten eines Genies - Martin Jacob 'Weißgerber'". ''Gitarre aktuell'', 32. Jg., Nr. 113, S. 54ff.</ref> Er lernte von 1891 bis 1894 [[Zither]]bau (auf Anraten seines Vaters) bei Ernst Rudolf Glier (1862–1930) und erst - nach seinem Militärdienst - 1899 bis 1905 bei Wilhelm Voigt das Gitarrenbauhandwerk. 1905 machte er sich als Gitarrenbauer selbständig und arbeitete bis 1911 in der Werkstatt seines Vaters Karl August Jacob (1846–1918), der Gitarrenbau bei Johann Friedrich August Paulus (1806–1870) in Markneukirchen gelernt hatte.<ref name=":0">Bruno Henze: "Ein Leben für den Gitarrenbau". In: ''Der Gitarrefreund, Nr. 5/6/7 S. 11 (1960)'' </ref> 1921 ließ sich R.J. den Markennamen „Weißgerber“ schützen und begann einen eigenen Vertrieb aufzubauen. Vorher hatte er, wie im Vogtland üblich, seine Erzeugnisse ausschließlich anonym - d.h. ohne Signatur des Herstellers - an ortsansässige Großhändler (sogen. "Fortschicker") geliefert. Nach 1921 schränkte er die Zusammenarbeit mit den Händlern erst ein, um sie um 1930 absolut zu beenden. "Ich hatte aber doch den Mut u. habe diesen Herren gesagt: Ihr bekommt kein Instrument mehr von mir, nachdem sie drücken wollten." (Brief an Robert Treml vom 9. Februar 1930) |
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Richard Jacob zog mehrmals mit der Werstatt um: bis 1911 arbeitete er in der Werkstatt des Vaters, ab 1911 bis 1919 in der Breitenfelder Straße 77 in Markneukirchen, die nächsten zehn Jahre (1919-1929) in der Klingenthaler Straße 888 und ab 1929 bis zu seinem Tod in der Goethestraße 2. Das Haus in der Goethestraße war ein Neubau in einer Häuserzeile, die Familie Jacob wohnte in der Wohnung im Erdgeschoss. Anfangs befand sich die Werkstatt in der Küche, später wurde sie in einen größeren Raum mit Blick zu Straße verlegt. Werbepostkarten aus der Weissgerber-Werkstatt zeigen die beengten Verhältnisse und die Menge an gebauten und gelagerten Instrumenten. [http://www.studia-instrumentorum.de/MUSEUM/weissg_werkst.htm] |
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Richard Jacob war in den 55 Jahren als selbstständiger Gitarrenbauer äußerst produktiv und stellte mehr als 3.700 Instrumente her, hauptsächlich Konzertgitarren in unterschiedlichsten Formen, aber auch doppelchörige Instrumente, wie Vihuelas, Barockgitarren oder historische Lauten. Dabei gibt es kaum sich völlig gleichende Instrumente, unaufhörlich experimentierte er mit Modellen, Formen, Konstruktionen (etwa einer Doppelresonanz-Gitarre mit zwei Decken)<ref>''Ausstellung von Weißgerber-Gitarren in Leipzig.'' In: ''Gitarre & Laute'' 8, 1986, Heft 5, S. 39.</ref> und Dekors. |
Richard Jacob war in den 55 Jahren als selbstständiger Gitarrenbauer äußerst produktiv und stellte mehr als 3.700 Instrumente her, hauptsächlich Konzertgitarren in unterschiedlichsten Formen, aber auch doppelchörige Instrumente, wie Vihuelas, Barockgitarren oder historische Lauten. Dabei gibt es kaum sich völlig gleichende Instrumente, unaufhörlich experimentierte er mit Modellen, Formen, Konstruktionen (etwa einer Doppelresonanz-Gitarre mit zwei Decken)<ref>''Ausstellung von Weißgerber-Gitarren in Leipzig.'' In: ''Gitarre & Laute'' 8, 1986, Heft 5, S. 39.</ref> und Dekors. |
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Jacob Richards Sohn Arnold (1917–1944), den er ab 1932 im Gitarrenbau ausgebildet hatte, ist im Krieg gefallen.<ref name=":0" /> Sein ältester Sohn Martin (1911–1991), der zunächst den Lehrerberuf ergriffen hatte, ging nun ab 1945 beim Vater in die Lehre und bestand 1949 die Meisterprüfung als [[Zupfinstrumentenmacher]] mit Auszeichnung.<ref name=":0" /> Nach Richard Jacobs Tod übernahm er die "Kunstwerkstätte für Gitarren Weißgerber" und stellte viele der vom Vater unvollendet hinterlassenen Instrumente fertig. Die Tradition wird von Brunhilde Jacob (* 1965), die 1996 ihre Meisterprüfung bestand, weiter geführt. |
Jacob Richards Sohn Arnold (1917–1944), den er ab 1932 im Gitarrenbau ausgebildet hatte, ist im Krieg gefallen.<ref name=":0" /> Sein ältester Sohn Martin (1911–1991), der zunächst den Lehrerberuf ergriffen hatte, ging nun ab 1945 beim Vater in die Lehre und bestand 1949 die Meisterprüfung als [[Zupfinstrumentenmacher]] mit Auszeichnung.<ref name=":0" /> Nach Richard Jacobs Tod übernahm er die "Kunstwerkstätte für Gitarren Weißgerber" und stellte viele der vom Vater unvollendet hinterlassenen Instrumente fertig. Die Tradition wird von Brunhilde Jacob (* 1965), die 1996 ihre Meisterprüfung bestand, weiter geführt. |
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Die Werkstatteinrichtung der Weissgerber-Werkstatt wurde 1998 vom [[Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig]] erworben, sie besteht grossteils aus Werkzeugen Richard Jacobs, wenngleich die vorhandenen Maschinen von Martin Jacob stammen.[http://www.studia-instrumentorum.de/MUSEUM/weissg_werkst.htm] Sowohl das [[Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig]] als auch das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen haben Instrumente aus dem Weissgerber-Nachlass im Museumsbestand. |
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Im Jahre 2010 wurde anlässlich des 50. Todestages Richard Jacobs sowie der Veröffentlichung des Buches ''"Weissgerber - Gitarren von / Guitars by Richard Jacob"'' von Christof Hanusch eine Sonderausstellung [[Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen]] ausgerichtet. Vom 16. bis 18. Juli 2010 fand ein Kolloquium des Studienganges Musikinstrumentenbau Markneukirchen mit dem Titel ''"Richard Jacob Weißgerber - Leben, Werk und Wirkung"'' statt. [http://www.studia-instrumentorum.de/MERZ/projekte/2010_weissgerber.htm] |
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== Literatur == |
== Literatur == |
Version vom 11. Juli 2019, 10:09 Uhr
Herrmann Richard Jacob (* 11. Februar 1877 in Markneukirchen; † 17. Juli 1960 ebenda) war ein deutscher Gitarrenbauer. Er ist bekannt unter dem Namen seiner Werkstatt als Richard Jacob „Weißgerber“.
Leben
Richard Jacob lebte und wirkte in Markneukirchen im Vogtland und gilt als einer der herausragenden Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts".[1] Er lernte von 1891 bis 1894 Zitherbau (auf Anraten seines Vaters) bei Ernst Rudolf Glier (1862–1930) und erst - nach seinem Militärdienst - 1899 bis 1905 bei Wilhelm Voigt das Gitarrenbauhandwerk. 1905 machte er sich als Gitarrenbauer selbständig und arbeitete bis 1911 in der Werkstatt seines Vaters Karl August Jacob (1846–1918), der Gitarrenbau bei Johann Friedrich August Paulus (1806–1870) in Markneukirchen gelernt hatte.[2] 1921 ließ sich R.J. den Markennamen „Weißgerber“ schützen und begann einen eigenen Vertrieb aufzubauen. Vorher hatte er, wie im Vogtland üblich, seine Erzeugnisse ausschließlich anonym - d.h. ohne Signatur des Herstellers - an ortsansässige Großhändler (sogen. "Fortschicker") geliefert. Nach 1921 schränkte er die Zusammenarbeit mit den Händlern erst ein, um sie um 1930 absolut zu beenden. "Ich hatte aber doch den Mut u. habe diesen Herren gesagt: Ihr bekommt kein Instrument mehr von mir, nachdem sie drücken wollten." (Brief an Robert Treml vom 9. Februar 1930)
Richard Jacob zog mehrmals mit der Werstatt um: bis 1911 arbeitete er in der Werkstatt des Vaters, ab 1911 bis 1919 in der Breitenfelder Straße 77 in Markneukirchen, die nächsten zehn Jahre (1919-1929) in der Klingenthaler Straße 888 und ab 1929 bis zu seinem Tod in der Goethestraße 2. Das Haus in der Goethestraße war ein Neubau in einer Häuserzeile, die Familie Jacob wohnte in der Wohnung im Erdgeschoss. Anfangs befand sich die Werkstatt in der Küche, später wurde sie in einen größeren Raum mit Blick zu Straße verlegt. Werbepostkarten aus der Weissgerber-Werkstatt zeigen die beengten Verhältnisse und die Menge an gebauten und gelagerten Instrumenten. [1]
Richard Jacob war in den 55 Jahren als selbstständiger Gitarrenbauer äußerst produktiv und stellte mehr als 3.700 Instrumente her, hauptsächlich Konzertgitarren in unterschiedlichsten Formen, aber auch doppelchörige Instrumente, wie Vihuelas, Barockgitarren oder historische Lauten. Dabei gibt es kaum sich völlig gleichende Instrumente, unaufhörlich experimentierte er mit Modellen, Formen, Konstruktionen (etwa einer Doppelresonanz-Gitarre mit zwei Decken)[3] und Dekors.
Christof Hanusch beschreibt ihn als "eigensinnig und phantasievoll, diszipliniert, fleißig und nachdenklich, vor allem aber zielstrebig und besessen von seiner Arbeit."[4]
Jacob Richards Sohn Arnold (1917–1944), den er ab 1932 im Gitarrenbau ausgebildet hatte, ist im Krieg gefallen.[2] Sein ältester Sohn Martin (1911–1991), der zunächst den Lehrerberuf ergriffen hatte, ging nun ab 1945 beim Vater in die Lehre und bestand 1949 die Meisterprüfung als Zupfinstrumentenmacher mit Auszeichnung.[2] Nach Richard Jacobs Tod übernahm er die "Kunstwerkstätte für Gitarren Weißgerber" und stellte viele der vom Vater unvollendet hinterlassenen Instrumente fertig. Die Tradition wird von Brunhilde Jacob (* 1965), die 1996 ihre Meisterprüfung bestand, weiter geführt.
Die Werkstatteinrichtung der Weissgerber-Werkstatt wurde 1998 vom Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig erworben, sie besteht grossteils aus Werkzeugen Richard Jacobs, wenngleich die vorhandenen Maschinen von Martin Jacob stammen.[2] Sowohl das Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig als auch das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen haben Instrumente aus dem Weissgerber-Nachlass im Museumsbestand.
Im Jahre 2010 wurde anlässlich des 50. Todestages Richard Jacobs sowie der Veröffentlichung des Buches "Weissgerber - Gitarren von / Guitars by Richard Jacob" von Christof Hanusch eine Sonderausstellung Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen ausgerichtet. Vom 16. bis 18. Juli 2010 fand ein Kolloquium des Studienganges Musikinstrumentenbau Markneukirchen mit dem Titel "Richard Jacob Weißgerber - Leben, Werk und Wirkung" statt. [3]
Literatur
Dokumentation, gedruckt:
- Christof Hanusch: Weissgerber - Gitarren von / Guitars by Richard Jacob. Markneukirchen, 2011, ISBN 978-3-00-033924-0
- Instrumentarium Lipsiense - Gitarren Sammlung Weißgerber, Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig, Hrsg. Andreas Michel
Aufnahmen mit "Weißgerber"-Instrumenten:
- Christof Hanusch: Die Weißgerber-Gitarren des Musikinstrumenten-Museums Markneukirchen. Verein der Freunde und Förderer des Musikinstrumenten-Museums Markneukirchen e.V., 2008
- Thomas Müller-Pering: Gitarren von Richard Jacob "Weißgerber" (1877-1960) - Klangdokumentation. Raumklang, RK 2006 (Projekt des Studienganges Musikinstrumentenbau Markneukirchen, Westsächsische Hochschule Zwickau), 2000
- "Ohne meine Tulpe geh´ich irre" Dokumentarfilm von Christian Ziewer, unter Mitwirkung von Christof Hanusch, Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen, H.-Christian Koehn, Frank-Peter Dietrich, Ulrike Meinel u. a.
- Volker Höh und Cantomano Quartett: SoloDuoTrioQuartett. Deutsche Gitarrenmusik von Heinrich Albert, Bruno Henze und Simon Schneider. Naxos 8.551291, 2012
Einzelnachweise
- ↑ Christof Hanusch: "Im Schatten eines Genies - Martin Jacob 'Weißgerber'". Gitarre aktuell, 32. Jg., Nr. 113, S. 54ff.
- ↑ a b c Bruno Henze: "Ein Leben für den Gitarrenbau". In: Der Gitarrefreund, Nr. 5/6/7 S. 11 (1960)
- ↑ Ausstellung von Weißgerber-Gitarren in Leipzig. In: Gitarre & Laute 8, 1986, Heft 5, S. 39.
- ↑ Wolf Moser: "Mir ist die Gitarre am liebsten, auf der ich gerade spiele" - Ein Gespräch mit Christof Hanusch über "Weißgerber"-Gitarren und Richard Jacob. Gitarre aktuell, 32. Jg, Nr. 115, S. 24ff.
Weblinks
- Literatur von und über Richard Jacob im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Weißgerber-Projekt (private Website von Christof Hanusch)
- Weißgerber-Sammlung im Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig
Personendaten | |
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NAME | Jacob, Richard |
ALTERNATIVNAMEN | Weißgerber, Jacob Richard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Gitarrenbauer |
GEBURTSDATUM | 11. Februar 1877 |
GEBURTSORT | Markneukirchen |
STERBEDATUM | 17. Juli 1960 |
STERBEORT | Markneukirchen |