„Spielbankenaffäre (Niedersachsen)“ – Versionsunterschied

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Regierungszeit des Kabinetts Seidel (CSU): Problematik der Quittungen genauer ausgeführt. http://geschichte.bayernpartei.de/?page_id=7
Das Gerichtsverfahren 1959: Flucht eines Juden aus Deutschland 1938 ist eigentlich keine "ungünstige Information"...
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In das Verfahren vor dem Münchner [[Landgericht]] wurden mit Joseph Baumgartner und August Geislhöringer beim Wahlvolk angesehene und führungsstarke [[Galionsfigur]]en der Bayernpartei verstrickt. Dabei kamen die 1955/56 vor dem Ermittlungsausschuss gemachten und beeideten Aussagen erneut zur Sprache.
In das Verfahren vor dem Münchner [[Landgericht]] wurden mit Joseph Baumgartner und August Geislhöringer beim Wahlvolk angesehene und führungsstarke [[Galionsfigur]]en der Bayernpartei verstrickt. Dabei kamen die 1955/56 vor dem Ermittlungsausschuss gemachten und beeideten Aussagen erneut zur Sprache.


Es stellte sich heraus, dass an Baumgartner zwischen dem 11. Juli 1953 und dem 2. November 1954 2.900 DM gezahlt wurden und dass Baumgartner bis 1955 mit Freisehner befreundet war. Geislhöringers Aussage, keine ungünstigen Informationen über Gembicki gekannt zu haben, erwies sich als falsch. Bei Gembickis Vorstrafe handelte es sich um eine Bestrafung des Juden Gembicki für seine Flucht aus Deutschland 1938. Max Klotz, ehemals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Bayernpartei im Landtag, konnte mit Hilfe von Freisehners Quittungen nachgewiesen werden, dass er insgesamt 24.000 DM von Freisehner erhalten hatte. Die Aussage des früheren CSU-Landtagsabgeordneten Max Michel, keine Briefe mit Konzessionsbewerber Gustavus gewechselt zu haben, konnte durch Vorlage der Briefe widerlegt werden.
Es stellte sich heraus, dass an Baumgartner zwischen dem 11. Juli 1953 und dem 2. November 1954 2.900 DM gezahlt wurden und dass Baumgartner bis 1955 mit Freisehner befreundet war. Geislhöringer hatte ausgesagt, keine ungünstigen Informationen über Gembicki gekannt zu haben; ihm war jedoch bekannt, dass Gembicki, ein Jude, wegen seiner Flucht aus Deutschland 1938 verurteilt wurde. Max Klotz, ehemals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Bayernpartei im Landtag, wurde auf Grund von Freisehners Quittungen vorgeworfen, dass er insgesamt 24.000 DM von Freisehner erhalten hatte. Die Aussage des früheren CSU-Landtagsabgeordneten Max Michel, keine Briefe mit Konzessionsbewerber Gustavus gewechselt zu haben, konnte durch Vorlage der Briefe widerlegt werden.


=== Die Urteile ===
=== Die Urteile ===

Version vom 30. Juni 2009, 23:22 Uhr

Als Spielbankenaffäre sind in Deutschland zwei verschiedene Vorgänge bezeichnet. Zum einen handelt es sich dabei um die politischen Ereignisse in Bayern zwischen 1955 und 1962 nach der Erteilung von Spielbankkonzessionen an Privatpersonen, zum anderen um niedersächsische Skandale in den 1980er und 1990er Jahren.

Die bayerische Spielbankenaffäre

Regierungszeit des Kabinetts Hoegner (SPD)

Von 1954 bis 1957 war Wilhelm Hoegner ein zweites Mal bayerischer Ministerpräsident und stützte sich auf eine parlamentarische Mehrheit im Rahmen einer Viererkoalition, der auch die Bayernpartei (BP) angehörte. Die fünfte im Landtag vertretene und abgeordnetenstärkste Partei, die Christlich-Soziale Union (CSU), war auf die Oppositionsbank verbannt.

Am 21. April 1955 hatte der bayerische Landtag auf Betreiben der BP die Konzessionsvergabe an Privatleute zum Betrieb von Spielbanken gebilligt. Daraufhin eröffneten Kasinos in Bad Kissingen, Bad Reichenhall und Garmisch-Partenkirchen ihren Spielbetrieb, 1957 kam die Spielbank in Bad Wiessee hinzu. Bald danach kamen Gerüchte auf, dass es bei den Lizenzvergaben nicht mit rechten Dingen zugegangen und Geld von Spielbank-Interessenten an Politiker geflossen sei.

Nach einem Artikel in der Münchner Abendzeitung sollte ein Ermittlungsausschuss Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit der Konzession an Simon Gembicki für die Bad Kissinger Spielbank klären.

Als Vorsitzender des 1955/56 tagenden Ermittlungsausschusses zur Aufklärung der Vorgänge, an denen hohe Regierungsmitglieder der Viererkoalition wie Innenminister August Geislhöringer (BP) und der stellvertretende Ministerpräsident Joseph Baumgartner (BP) beteiligt waren, fungierte Alois Hundhammer (CSU). Der Untersuchungsausschuss wurde nicht fündig. Die Staatsregierung betonte die Erkenntnis, der politisch verantwortliche Minister habe sich nichts zuschulden kommen lassen und stellte erfolgreich Strafanträge wegen Verleumdung.

Monate später zeigte sich, wie folgenschwer Baumgartners und Geislhöringers Aussagen in den Vernehmungen waren. Rudolf Hanauer (CSU) wusste, dass Baumgartner mit dem Konzessionär Karl Freisehner (1903–1967), gelernter Metzger aus Gmünd in Österreich, lange vor dem Spielbankenthema gesellschaftliche und familiäre Kontakte hatte. Der Ausschussvorsitzende Hundhammer war über Auskünfte des Verfassungsschutzes an Geislhöringer über die Person des Bewerbers Gembicki im Bilde. Spitzfindige Fragen im Untersuchungsausschuss verneinten jeweils beide BP-Politiker und beeideten ihre Aussagen.

Der CSU gelang es in der Folgezeit mit Intrigen, die Bayernpartei aus der Viererkoalition herauszulösen. Wegen der Lizenzvergabe lastete auf der Bayernpartei der Ruch der Bestechlichkeit, und der Skandal um die bayerischen Spielbanken brachte die Koalition in moralischen Verruf.

Am 8. Oktober 1957 trat Ministerpräsident Hoegner mit seinem Kabinett zurück, acht Tage später wurde Hanns Seidel (CSU) sein Nachfolger an der Spitze einer Koalitionsregierung von CSU, FDP und GB/BHE. SPD und Bayernpartei gingen in die Opposition.

Regierungszeit des Kabinetts Seidel (CSU)

Unter veränderten politischen Vorzeichen wurden die genehmigten Konzessionen nun wieder zum Thema. Die Landtagswahlen vom 23. November 1958 hatten der CSU einen klaren Stimmenzuwachs und den kleineren Parteien Verluste beschert.

1959 erstattete Karl Freisehner im heimlichen Einvernehmen mit der CSU eine Selbstanzeige wegen Bestechung. Im Nachhinein kamen hierbei ungewöhnliche Umstände ans Tageslicht. Der Kaufmann, Metzger, Taxichauffeur und Roulette-Teilhaber Freisehner bot dem damaligen CSU-Generalsekretär Friedrich Zimmermann Beweise für Schmiergeldzahlungen an die Bayernpartei-Minister an. Für sein Entgegenkommen hoffte er auf weitere Spielbankkonzessionen. Die schriftliche Selbstanzeige Freisehners verwahrte CSU-Mitbegründer Josef Müller über mehrere Monate hinweg. Nach Anordnung einer Fusion der Spielbankgesellschaften von Bad Wiessee und Garmisch-Partenkirchen wurde die Interessentengruppe um Freisehner für ihre Gesellschaftsanteile abgefunden. Als Freisehner seine letzte Rate erhalten hatte, tauchte die Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft auf. Die vorgelegten Quittungsbelege für die angebliche Bestechung wurden von Schriftsachverständigen als „mit höchster Wahrscheinlichkeit gefälscht“ bewertet, vom Gericht jedoch später für echt gehalten.

Das Gerichtsverfahren 1959

In das Verfahren vor dem Münchner Landgericht wurden mit Joseph Baumgartner und August Geislhöringer beim Wahlvolk angesehene und führungsstarke Galionsfiguren der Bayernpartei verstrickt. Dabei kamen die 1955/56 vor dem Ermittlungsausschuss gemachten und beeideten Aussagen erneut zur Sprache.

Es stellte sich heraus, dass an Baumgartner zwischen dem 11. Juli 1953 und dem 2. November 1954 2.900 DM gezahlt wurden und dass Baumgartner bis 1955 mit Freisehner befreundet war. Geislhöringer hatte ausgesagt, keine ungünstigen Informationen über Gembicki gekannt zu haben; ihm war jedoch bekannt, dass Gembicki, ein Jude, wegen seiner Flucht aus Deutschland 1938 verurteilt wurde. Max Klotz, ehemals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Bayernpartei im Landtag, wurde auf Grund von Freisehners Quittungen vorgeworfen, dass er insgesamt 24.000 DM von Freisehner erhalten hatte. Die Aussage des früheren CSU-Landtagsabgeordneten Max Michel, keine Briefe mit Konzessionsbewerber Gustavus gewechselt zu haben, konnte durch Vorlage der Briefe widerlegt werden.

Die Urteile

Am 8. August 1959 verurteilte das Gericht mehrere Angeklagte wegen Meineids. Die Strafe für den früheren Chef der Bayernpartei, Joseph Baumgartner, lautete auf zwei Jahre Zuchthaus, die Zuchthausstrafe für Max Klotz belief sich auf zwei Jahre und neun Monate.

Ex-Innenminister Geislhöringer wurde wegen Meineids vor dem Landtagsausschuss zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, vom Vorwurf der Bestechlichkeit wurde er freigesprochen. Max Michel bekam zwei Jahre Zuchthaus. Karl Freisehner erhielt wegen Meineids 22 Monate Gefängnis. Die Süddeutsche Zeitung titelte am 10. August 1959: „Drakonische Strafen im Spielbank-Prozeß“.

Der in der Spielbankenaffäre ebenfalls angeklagte CSU-Generalsekretär Friedrich Zimmermann wurde in einem anschließenden Verfahren 1960 wegen fahrlässigen Falscheides zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Zimmermann hatte bestritten, außer mit Freisehner auch mit einem anderen Konzessionär Kontakte gehabt zu haben, was widerlegt worden war. Ein weiteres Gericht hob aufgrund eines ärztlichen Attestes seine Strafe später auf. Laut dem Attest hatte er am Tage seiner unglaubwürdigen Aussage eine ihn beeinträchtigende Blutunterzuckerung und sei in Folge einer Überfunktion der Schilddrüse geistig vermindert leistungsfähig gewesen.

Am 11. August beschloss der bayerische Ministerrat, keine weiteren Spielbanken in Bayern zuzulassen und die bisher erteilten, 1965 auslaufenden Konzessionen nicht zu verlängern.

Der Bundesgerichtshof hob nach einem halben Jahr die Meineidsurteile gegen die Regierungsmitglieder im Strafmaß auf und verlangte eine neue Verhandlung. Rechtskräftig blieb das Urteil gegen Karl Freisehner.

Hintergründe

Die Hintergründe der Spielbankenaffäre gelten auch heute als nicht völlig geklärt und Zweifel blieben. Durch den Tod Geislhöringers konnte ein Wiederaufnahmeverfahren nicht abgeschlossen werden. Politische Beobachter sahen in dem arrangierten Skandal einen Machtkampf zwischen CSU und Bayernpartei.

Im Februar 1961 beschloss der bayerische Landtag mit CSU-Mehrheit, die Spielbanken wieder zu schließen. Dieser Beschluss wurde aber nie vollzogen, und vier Jahre später verstaatlichte der Freistaat die Spielkasinos. Die privaten Konzessionäre und Gesellschafter waren 1961 ausbezahlt worden.

Die niedersächsischen Spielbankenaffären

Hannover/ Bad Pyrmont

Der private Betreiber Marian Felsenstein, der die Spielbank Hannover/Bad Pyrmont heruntergewirtschaftet hatte, sorgte im Jahr 1988 mit der Spielbankenaffäre für einen veritablen Skandal der niedersächsischen CDU/FDP-Regierung. Das Kasino war pleite gegangen, weil Felsenstein sich aus den Kasinoeinnahmen bediente, um seiner eigenen Spielsucht zu frönen.

Wilfried Hasselmann musste am 31. Oktober als für die Aufsicht verantwortlicher Innenminister im Kabinett von Ernst Albrecht auf Druck der Opposition unter Gerhard Schröder (SPD) demissionieren, weil er die Annahme von Spenden verschwiegen hatte. Auch die Ehefrau des Ministerpräsidenten, Heidi Adele Albrecht, geriet zeitweise in die Kritik, weil sie Spielbankchef Marian Felsenstein um Geld für humanitäre Zwecke gebeten und für dessen Spenden gedankt hatte.

Als Folge dieser Vorgänge wurden die niedersächsischen Spielkasinos verstaatlicht.

Hittfeld

Über einen Betrugsskandal mit kriminellem Einschlag in den Jahren 1993 bis 2000 in der Spielbank Hittfeld gab es Presseberichte. Bestimmte Mitarbeiter sollen sich dort selbst bedient haben. Ein Roulette-Kessel soll manipuliert worden sein. Außerdem bestand der Verdacht, dass Croupiers verspätetes Setzen zugelassen und überhöhte Gewinne ausbezahlt hätten. Die Staatsanwaltschaft in Lüneburg hat jedoch ihr Verfahren wegen Betrugsverdachts und Untreue aus Mangel an Beweisen eingestellt. Im Jahr 2000 wurden von der Geschäftsleitung der Spielbanken Niedersachsen GmbH, Hannover, 13 Mitarbeiter vom Dienst suspendiert.

Literatur

Heinrich Senfft: Glück ist machbar; der bayerische Spielbankenprozeß, die CSU und der unaufhaltsame Aufstieg des Doktor Friedrich Zimmermann; ein politisches Lehrstück; Köln 1988; ISBN 3462019406

Treff im Café Annast in Der Spiegel 42/1955 vom 12. Oktober 1955.

Das Spenden-Roulette in Der Spiegel 22/1959 vom 27. Mai 1959.

Weiße Manschetten in Der Spiegel 6/1960 vom 3. Februar 1960.

Die Meineid-Falle in Der Spiegel 10/1960 vom 2. März 1960.

Sogenannte weiße Weste in Der Spiegel 37/1970 vom 7. September 1970.

Ungeheure Macht in Der Spiegel 30/1971 vom 19. Juli 1971.

Drei kleine Zettel in Der Spiegel 17/1974 vom 22. April 1974.