Insolvenzgrund
Das deutsche Insolvenzrecht kennt drei Insolvenzgründe, die Anlass zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sein können. Dies sind Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und Überschuldung (§ 19 InsO).
Zahlungsunfähigkeit
Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Insolvenzordnung liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
Der Bundesgerichtshof hat 2005 entschieden, dass Zahlungsunfähigkeit zu vermuten ist, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine am Stichtag fälligen Zahlungspflichten binnen spätestens 3 Wochen zu mindestens 90 % zu erfüllen.[1]
Zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit werden alle fälligen Zahlungsverpflichtungen herangezogen. Darunter fallen auch jene Geldschulden, die vom Gläubiger bislang nicht angemahnt, eingeklagt oder vollstreckt wurden. Zur Fälligkeit eingerechnet werden außerdem die Zahlungsverpflichtungen, die freiwillig oder unfreiwillig gestundet wurden, sowie die Kontokorrentkredit-Überziehung bei der Bank. Ausdrücklich gestundete Zahlungspflichten können vor Gericht bestritten werden. Dies gilt jedoch nicht für Justizkredite.
Unter die Summe der liquiden Mittel, fallen all jene, die am Stichtag zur Verfügung stehen. Dazu zählen auch die Zahlungen, die in den folgenden drei Wochen eingehen werden als auch unausgeschöpfte Teile bestehender Kreditlinien.
Im Falle der Zahlungsunfähigkeit ist die Insolvenzanmeldung zwingend vorgeschrieben.
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Auf Antrag des Schuldners kann ein Insolvenzverfahren auch eingeleitet werden, wenn Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten ist, der Schuldner jedoch voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, (§ 18 Abs. 2 InsO).
Zur Beurteilung dieser Frage ist in der Regel der Finanzplan heranzuziehen.[2]
Überschuldung
Eine juristische Person ist gemäß § 19 Abs. 1 der Insolvenzordnung auch verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn sie überschuldet ist. Überschuldung liegt vor wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt; dasselbe gilt sinngemäß für eine Personengesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Um die Überschuldung zweifelsfrei zu erkennen, muss das betroffene Unternehmen einen Überschuldungsstatus als Sonderbilanz aufstellen. Hierbei kann nach zwei unterschiedlichen Prinzipien das Vermögen eines Unternehmens ermittelt werden.
Prinzip Nr. 1: Die Fortführungsbilanz
Wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren zahlungsfähig bleibt (positive Fortführungsprognose), sind bei der Bewertung der Aktiva und Passiva die so genannten „Fortführungswerte“ zugrunde zu legen. Voraussetzung für eine Fortführungsprognose ist ein dokumentiertes Unternehmenskonzept, das auf einer sorgfältigen Analyse der Ausgangssituation und der Perspektiven beruht und einen Finanz- und Ergebnisplan sowie Planbilanzen umfasst.
Ergibt die Fortführungsbilanz, dass die Aktiva die Passiva decken, besteht keine Überschuldung. Eine positive Fortführungsprognose hilft allerdings nicht weiter, wenn das Unternehmen selbst zu Fortführungswerten überschuldet ist. Dann liegt in jedem Fall eine insolvenzantragspflichtige Überschuldung vor.
Prinzip Nr. 2: Die Liquidationsbilanz
Ergibt der Finanzplan, dass das Unternehmen nicht mindestens bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres zahlungsfähig bleibt, ist die Fortführungsprognose negativ. Der Überschuldungstatus muss dann zu Liquidationswerten aufgestellt werden.
Einzelnachweise
- ↑ Grundsatzentscheidung vom 24. Mai 2005 - BGHZ 163, 134 = NZI 2005, 547 ff.
- ↑ https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata/komm/MuekoInsO_3_Band1/InsO/cont/MuekoInsO.InsO.p18.glD.glIV.htm
Weblinks
Bundesministerium der Justiz – Insolvenzordnung auf gesetze-im-internet.de