Śmiełów
Śmiełów (deutsch Smielow) ist ein Dorf mit 260 Einwohnern im Westen Polens und Teil der Gemeinde Żerków. Es liegt etwa 60 km südöstlich von Posen und 10 km nördlich von Jarocin in der Woiwodschaft Großpolen und gehört dem Powiat Jarociński an.
Geschichte
Im Mittelalter ist Śmiełów im Besitz des bedeutenden polnischen Adelsgeschlechts der Górka, später gehört es den Radomicki. Die Adelsfamilie der Gorzeński aus Dobrzyca erwirbt das Dorf 1784 und Andrzej Gorzeński, Richter am Woiwodschaftsgericht zu Posen, errichtet während des letzten Jahrzehnts des 18. Jahrhunderts das Ensemble aus Adelsschloss und Landschaftspark.
Nachdem Śmiełów zunächst im Zuge der Zweiten Teilung Polens 1793 und dann erneut nach dem Wiener Kongress 1815 unter preußische Herrschaft gerät, werden Ortschaft und Schloss zu einer wichtigen Adresse im Zusammenhang mit den polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen. 1831 hält sich Polens Nationaldichter Adam Mickiewicz mehrere Wochen lang auf dem Anwesen der Gorzeński auf, da er eine Teilnahme am polnischen Novemberaufstand erwägt. In den Folgejahrzehnten tragen die Besitzer von Śmiełów eine beträchtliche Sammlung wertvoller Erinnerungsstücke an den Dichter zusammen. Während des gesamten 19. Jahrhundert dient Śmiełów als Umschlagplatz für Personen, Informationen und Güter zwischen preußischem und russischem Teilungsgebiet Polens.
1887 erlischt das Geschlecht der Gorzeński, und der Landadelige Franciszek Chełkowski erwirbt das verschuldete Gut. Die Chełkowski widmen sich der Pferdezucht, verwandeln Śmiełów in ein "offenes Haus" und zählen unter anderem den Pianisten und ersten Ministerpräsidenten des wiedererstandenen Polen Ignacy Jan Paderewski, den Schriftsteller Henryk Sienkiewicz, den Philosophen Władysław Tatarkiewicz und General Józef Haller zu ihren Gästen.
An Polen kehrt Śmiełów zusammen mit dem übrigen Großpolen 1918 zurück. Der Zweite Weltkrieg und die unmittelbare Nachriegszeit gehen mit erheblichen Beschädigungen des Anwesens einher. 1970 wird das Nationalmuseum Posen Besitzer der Anlage, beginnt mit der gründlichen Restaurierung und eröffnet sie 1975 als Museum neu.
Sehenswürdigkeiten
Hauptsehenswürdigkeit am Ort ist das Schloss mit dazugehörigem Landschaftspark. Ebenso wie die Schlösser von Rogalin (45 km in norwestlicher Richtung) und Gołuchów (45 km nach Südosten) gehört die Anlage von Śmiełów zum Nationalmuseum Posen. Überdies wurde sie von derselben Adelsfamilie und demselben Architekten wie das 25 km südlich gelegene Palais in Dobrzyca erbaut.
Schloss
Das Schloss entstand um 1797 und wurde von dem bedeutenden polnischen Baumeister Stanisław Zawadzki im Auftrag von Andrzej Gorzeński entworfen. Es besteht aus einem zweistöckigen, viereckigen Hauptgebäude, welches durch Galerien mit zwei Seitenflügeln verbunden ist. Ähnlich wie in Rogalin bilden Seitenflügel und Galerien die hufeisenförmige Einfassung eines Ehrenhofes, dessen optischen Hauptakzent der Portikus des Hauptgebäudes darstelllt – Erkennungsmerkmal der allermeisten polnischen Adelssitze. Im Innern besteht das Schloss aus teils asymmetrisch angeordneten Salons und anderen Räumlichkeiten; dies ruft eine ans Geheimnisvolle grenzende und auf die Romantik verweisende Atmosphäre hervor. Im Souterrain des Schlosses ist ein achtwandiger Gewölbesaal von Bedeutung, der im 18. und im 19. Jahrhundert einer Loge der Freimaurer als Versammlungsort diente.
Adam-Mickiewicz-Museum
Als Teil des Nationalmuseums Posen können die Räume des Schlosses besichtigt werden. Die Ausstellung widmet sich dem hiesigen Aufenthalt des großen romantischen Dichters Adam Mickiewicz von 1831. Gezeigt werden originale Manuskripte, Briefe und andere Handschriften, Porträts des Poeten sowie Bilder und Texte (unter anderem von Wojciech Kossak), die den Mickiewicz-Kult des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts anschaulich machen. Die Sammlungen stammen zum Großteil aus dem Besitz der Gorzeński und Chełkowski, ebenso manche der Biedermeiermöbel. Aus Beständen des Nationalmuseums sind ferner Gemälde der französischen, der niederländischen, der italienischen und der deutschen Schule vom 16. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert zu sehen, sodass ein lebhafter Eindruck vom Leben auf einem polnischen Landsitz der Mickiewicz-Zeit gewonnen werden kann.
Landschaftspark
Der Schlosspark wurde zeitgleich mit der Erbauung des Schlosses angelegt. Es handelt sich um einen 5,5 Hektar großen Landschaftspark im englischen Stil, der von einem Seitenarm der Lutynia durchflossen wird. Besonders schön sind eine natürliche Flussinsel, die Alleen, eine Orangerie, ein Lapidarium und der als Ogródek Zosi ("Gärtchen der Zosia (Sophie)") bekannte Teil des Parks mit Skulpturen. Außerhalb des Parks befinden sich Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Landguts.
Naturreservat
Schloss und Park liegen inmitten des 1994 eingerichteten Żerkowsko-Czeszewski Park Krajobrazowy (Naturpark Żerków-Czeszew), der eine Fläche von 156,4 km2 umfasst und die Talauen an Warthe und Lutynia sowie eiszeitliche Landschaftsformen schützt. In drei besonderen Reservaten nisten bedrohte Vogelarten.
Weblinks
- Webseite mit Informationen zu Schloss Śmiełów – polnisch (Pläne, Grundrisse, Bilder)
- Nationalmuseum Posen, Abteilung Śmiełów – polnisch (Informationen und Bilder)