Ehebruch in der Literatur

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Ehebruch ist ein häufiges Thema der Literatur. Als Geschlechtsverkehr, den eine verheiratete Person mit einem anderen Person als dem Ehepartner hat, war Ehebruch in den Ländern der Westlichen Welt bis ins 20. Jahrhundert strafbar. Mit weiblichem Ehebruch ist traditionell das Risiko assoziiert, dass Kuckuckskinder in die Ehe gebracht werden. Generell bildet der Ehebruch einen Vertrags- und Vertrauensbruch gegenüber dem Ehepartner. Weil er im Leben ebenso ubiquitär ist, wie er zwischenmenschliche Konflikte hervorbringt und moralische Stellungnahmen herausfordert, ist er in der Weltliteratur zu allen Zeiten immer wieder beschrieben und problematisiert worden.

Antike bis Renaissance

Seit der Antike ist Ehebruch ein populäres Thema der Epik. In den aus dem Mittelalter stammenden Erzählungen über Lancelot und Guinevere sowie über Tristan und Isolde sind die beiden Ehebrecher die romantischen Helden, deren tragisches Schicksal bis in die Gegenwart immer wieder neu künstlerisch verarbeitet wird.

In der Renaissance wurde Ehebruch vorwiegend humorvoll und deftig dargestellt.[1] Vom 16. Jahrhundert an wurde Ehebruch besonders intensiv im Theater thematisiert.

Neuzeit

Jules Arsène Garnier: Die Qual der Ehebrecher, 1876

Sterbende Ehebrecherinnen

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich dann die spezielle Literaturgattung des Ehebruchromans und wurde zur bevorzugten Form des Gesellschaftsromans. Eine Konstante ist darin der Tod der untreu gewordenen Frau, die entweder von ihrem Mann umgebracht wird, Suizid begeht oder an der einen oder anderen Form von „gebrochenem Herzen“ stirbt. Als klassische Ehebruchromane gelten Madame Bovary (1848) von Gustave Flaubert, Anna Karenina (1873) von Leo Tolstoi und Effi Briest (1894–1895) von Theodor Fontane. In allen dreien steht eine Frau im Mittelpunkt, die in problematischer Ehe lebt und der Versuchung einer Liebschaft erliegt. Eine ähnliche Thematik findet sich in dem Roman Vetter Basilio (1878) des portugiesischen Schriftstellers José Maria Eça de Queiroz. In ihrem Roman Das Erwachen (1899) hat Kate Chopin das Schicksal einer Ehefrau geschildert, die mit einem Mann einen belanglosen Seitensprung unternimmt, aber einen anderen liebt und begehrt; um sie zu schützen, weicht dieser ihr aus; verzweifelt über ihre Unfreiheit begeht sie am Ende Suizid.

Eine Variation bietet Lew Nikolajewitsch Tolstois Novelle Die Kreutzersonate (1891), die aus der Perspektive eines Ehemannes erzählt wird, der über die Untreue seiner Frau gar keine Gewissheit hat. In Graham Greenes Roman Das Ende einer Affäre (1951) wird der Ehebruch einer Frau aus der Perspektive des Liebhabers erzählt.

In Thérèse Raquin (1867) von Émile Zola ermorden die Ehefrau und der Liebhaber, um freie Bahn zu haben, gemeinschaftlich den Ehemann, begehen am Ende jedoch Suizid. James M. Cains Kriminalroman Wenn der Postmann zweimal klingelt (1934) erzählt eine ganz ähnliche Geschichte, die untreue Ehefrau kommt hier aber mit dem Leben davon.

Das Motiv der Ehebrecherin, die an den Folgen ihrer Untreue stirbt, findet sich auch in der jüngeren Literatur noch, so etwa in Die Schöne des Herrn (1968) von Albert Cohen und in Der englische Patient (1992) von Michael Ondaatje.

Weitere Darstellungen des weiblichen Ehebruchs

Mit La Regenta publizierte der spanischer Schriftsteller Leopoldo Alas alias Clarín 1884–1885 einen Ehebruchroman, der oft mit Madame Bovary, Anna Karenina und Effi Briest verglichen worden ist; die untreue Frau endet darin zwar als gebrochene Frau, bleibt jedoch am Leben. Noch glimpflicher war das Schicksal der untreuen Irene Forsyte in Die Forsyte-Saga (1906–1921) von John Galsworthy, die nach langer Drangsal die Scheidung erreicht und den Geliebten heiraten kann. 1928 folgte Lady Chatterley von D. H. Lawrence mit einer ähnlichen Thematik. Theodor Fontane hatte mit L’Adultera bereits 1880 einen Ehebruchroman veröffentlicht, der in ein Happy End mündet.

In ihrer Short Story What Is Remembered hat Alice Munro 2001 die komplexen Gedanken und Gefühle beschrieben, die ihre weibliche Hauptfigur vor und nach dem Seitensprung bewegen.[2] Eine weitere weibliche Ehebruchsgeschichte aus der jüngsten Vergangenheit ist The Man in the Wooden Hat (2009) von Jane Gardam.[3] Mit Untreue hat Paulo Coelho 2013 einen Roman vorgelegt, dessen emanzipierte Heldin durch ihren Seitensprung zu tieferer Liebe zu ihrem Ehemann findet.[4]

Auch in der Neuzeit ist das Ehebruchsthema daneben auch komödiantisch verarbeitet worden, etwa in Eugène Labiches Ein Florentinerhut (1851), in dem eine junge Ehefrau beim Seitensprung ihren Strohhut verliert und vor der Rückkehr zum Ehemann, um sich nicht verdächtig zu machen, Ersatz heranschaffen muss.

Männlicher Ehebruch

Auch männlicher Ehebruch ist in der Literatur immer wieder thematisiert worden, etwa in Die Wahlverwandtschaften (1809) von Johann Wolfgang von Goethe, wo die Untreue in den Tod des Liebespaares mündet. In Das Herz aller Dinge (1948) von Graham Greene ist der Ehebruch nur eine Station der – am Ende ebenfalls tödlichen – moralischen Krise der männlichen Hauptfigur.

That Uncertain Feeling (1955) von Kingsley Amis behandelt auf humorvolle Weise den durchaus bitterernsten Zwiespalt eines Mannes, der einerseits zwar anständig und seiner Frau treu bleiben will, andererseits aber nicht weiß, wie er seiner Vorliebe für noch attraktivere Frauen verleugnen soll.[5] Ein neueres Beispiel ist American Adulterer (2009) von Jed Mercurio, das den Motiven des notorischen Ehebrechers John F. Kennedy nachspürt.[6]

Aus der Perspektive der betrogenen und letztlich verlassenen Ehefrau wird Ellen Glasgows 1913 erschienener Roman Virginia erzählt.[7] In Dept. of Speculation (2014) hat Jenny Offill die komplexen Gefühle beschrieben, die eine Frau durchmacht, deren Mann eine Affäre hat.[8] The First Day (2017) von Phil Harrison entfaltet über einen Zeitraum von 30 Jahren hin das Schicksal einer Familie, in der der Vater eine Affäre hat.[9]

Ehebrüche beider Geschlechter

Ehebrüche beider Geschlechter stehen im Mittelpunkt von Anton Pawlowitsch Tschechows berühmter Erzählung Die Dame mit dem Hündchen (1899) und in Ford Madox Fords Roman The Good Soldier (1915). Eine Rolle spielen sie auch in Der große Gatsby (1925) und Zärtlich ist die Nacht (1934) von F. Scott Fitzgerald. Im Romanwerk von John Updike, etwa in Ehepaare (1968), sind die ehebrecherischen Verhältnisse der Figuren der sichtbare Ausdruck eines zugrundeliegenden gesellschaftlichen Verfalls.[10] Die Trilogie We Don’t Live Here Anymore (1984) von André Dubus erzählt die Geschichte zweier junger Ehepaare, in denen die Partner sich wechselseitig betrügen.

Spezielle Situationen

Der 1678 anonym veröffentlichte Roman Die Prinzessin von Clèves erzählt die Geschichte eines Ehemannes, der daran zerbricht, dass seine Frau ihm zwar äußerlich die Treue hält, aber einen anderen Mann liebt.

Ein weiterer einschlägiger Roman ist Der scharlachrote Buchstabe (1850) von Nathaniel Hawthorne, in dem es um die Frage geht, wie die Liebesbeziehung einer Frau zu bewerten ist, deren Ehemann als verschollen gilt.

Verwandte Motive und Themen

Das Ehebruchthema überschneidet sich in der Literatur oft mit anderen, verwandten Themen und Motiven:

Literatur

Einzelnachweise

  1. Ehebruchroman. Universität Duisburg-Essen, abgerufen am 29. März 2013.
  2. Reading Alice Munro's "What is Remembered". Abgerufen am 1. April 2018.
  3. Louisa Thomas: Couple’s Retreat. In: The New York Times. 27. November 2009, abgerufen am 1. April 2018.
  4. Adultery Summary & Study Guide Description. Abgerufen am 10. April 2018.
  5. That Uncertain Feeling Summary. In: enotes.com. Abgerufen am 3. April 2018.
  6. Claire Potter: Adultery Carnival: John Updike’s Couples and the Sexual Revolution. In: The Chronicle. 22. Juli 2009, abgerufen am 31. März 2018.
  7. Ellen Glasgow: Virginia – Summary. Abgerufen am 10. April 2018.
  8. James Wood: Mother Courage. In: The New Yorker. 31. März 2014, abgerufen am 1. April 2018.
  9. The First Day. Abgerufen am 1. April 2018.
  10. Volker Hage: John Updikes 75. Geburtstag: Der unermüdliche Ehebrecher. Spiegel-Verlag, 18. März 2007, abgerufen am 29. März 2013.
  11. Andrew Miller: Book Of A Lifetime: Light Years, By James Salter. In: Independent. 20. Januar 2012, abgerufen am 1. April 2018.