Karl Heinz Neukamm
Karl Heinz Neukamm (* 19. April 1929 in Pegnitz; † 7. August 2018 in Nürnberg) war ein deutscher Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Von 1967 bis 1984 Rektor der Rummelsberger Diakonie und von 1984 bis 1994 Präsident des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Neukamm gilt als einer der einer der bekanntesten evangelischen Sozialpolitiker der Gegenwart.[1] Er setzte sich unter anderem für die Einführung der Pflegeversicherung ein, die 1993 Wirklichkeit wurde.
Leben und Beruf
Jugend und erste Berufsjahre
Karl Heinz Neukamm wurde am 19. April 1929 im oberfränkischen Pegnitz geboren. Nach der Schulzeit und dem Abitur in Bayreuth studierte er von 1947 bis 1951 Theologie in Erlangen und Göttingen. In Erlangen gehörte er der Burschenschaft der Bubenreuther an, der er als Sprecher im Wintersemester 1950/51 vorstand.[2]
Während seines Vikariats in Traunstein (1951-56) lernte er Irmgard Kelber kennen, die er 1956 heiratete. Im selben Jahr trat er seine erste Pfarrstelle im mittelfränkischen Beerbach an. Aus der Ehe gingen vier Söhne und drei Töchter hervor.
Rektor der Rummelsberger Diakonie
Von 1967 (gewählt 1966) bis 1984 war Neukamm Rektor der Rummelsberger Diakonie und Vorstandsvorsitzender der Rummelsberger Anstalten. In dieser Zeit entstanden unter anderem das Rummelsberger Krankenhaus, das Berufsbildungswerk, das Jugendhilfezentrum und die Gemeindeakademie bzw. das Tagungszentrum sowie das große Zentrum für Menschen mit Behinderung am Auhof. Insgesamt tätigte die Rummelsberger Diakonie unter der Leitung Neukamms Investitionen von umgerechnet rund 150 Millionen Euro.[3] Neukamm setzte sich auch für den Aufbau der Partnereinrichtungen in Tansania, das Rehabilitationszentrum Usa River am Fuße des Mount Meru und die Brüderschaft Faraja in der Region Kilimandscharo ein.
Im Dezember 1970 gehörte er zu der Delegation, die den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt nach Polen begleitete. Über den berühmten Kniefall Brandts berichtete er: „Wir haben den Kniefall selbst nicht gesehen, wir waren zu weit hinten – aber wir haben schnell gemerkt, dass etwas Außerordentliches geschieht“. Die Reise wurde nach Aussage Neukamms zu einem seiner prägendsten Erlebnisse.[4]
1973 wurde der verurteilte Kriegsverbrecher Martin Sommer in einer Pflegeeinrichtung der Rummelsberger Anstalten, das Stephanusheim, untergebracht. Dies führte zu massiver öffentlicher Kritik. Gegenüber Neukamm gab es Anfeindungen bis hin zu Gewaltandrohungen.
Neukamm gehörte der Generalsynode der EKD an und war in der bayerischen Landessynode und der Synode der EKD. 1975 übernahm Neukamm die ehrenamtliche Präsidentschaft des Diakonischen Werks Bayern.
Präsident der Deutschen Diakonie
1984 wurde Neukamm zum Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD nach Stuttgart berufen, dem er bis 1994 vorstand. Als Diakonie-Präsident engagierte er sich für kirchliche Hilfsmaßnahmen in der DDR und für humanitäre Maßnahmen. Er knüpfte enge Kontakte zwischen West und Ost und führte nach der Wende die Diakonischen Werke Ost- und Westdeutschlands zusammen. Dem ehemaligen DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski verschaffte er eine Zuflucht in Bayern.
Neukamm setzte sich stark für die Pflegeversicherung ein, die 1993 eingeführt wurde.[5]
1993 verstarb Neukamms Ehefrau Irmgard in Stuttgart.
Engagement im Alter
Neukamms Lebensmotto „Ein Christ ist immer im Dienst“ bewahrte seine Gültigkeit über die Berufszeit hinaus. Nach seinem aktiven Dienst war er bis 2000 Beauftragter des Rates der EKD für Spätaussiedler und Heimatvertriebene. Dem Altherrenverein der Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen stand der von 1995-2009 als Vorsitzender vor.[2] Am Leben der Rummelsberger Diakonie nahm er regen Anteil, ohne sich je einzumischen, wie die Diakonie in ihrem Nachruf berichtet. Durch den Brüderschaftsrat der Rummelsberger Diakonie wurde Neukamm 2013 zum Rummelsberger Bruder berufen, eine Auszeichnung, die ihm bis zuletzt wichtig war.[3]
Im Ruhestand lebte Neukamm in Nürnberg, zuletzt in einer Wohnung beim Stift St. Lorenz, wo er am 7. August verstarb.
Auszeichnungen
- 1977 Bayerischer Verdienstorden
- 1979 Staatsmedaille des Freistaats Bayern für soziale Dienste
- 1991 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
- 1991 Ehrendoktorwürde der Ev.-Luth. Theologischen Akademie Budapest
- 1993 Verdienstorden der Republik Ungarn
- 1994 Großes Bundesverdienstkreuz[2]
Einzelnachweise
- ↑ Diakonie-Präsident Ulrich Lilie, zit. https://www.diakonie.de/pressemitteilungen/ehemaliger-diakonie-praesident-neukamm-verstarb-im-alter-von-89-jahren/, abgerufen am 10. August 2018
- ↑ a b c Die Burschenschaft der Bubenreuther 1817-2017, herausgegeben von Arnulf Baumann, Dieter Janson und Helmut Christ, erschienen im Selbstverlag des Vereins der Bubenreuther Philister e.V., Erlangen 2017, S. 481.
- ↑ a b https://www.rummelsberger-diakonie.de/presse/detailansicht-presse/article/nachruf-auf-pfarrer-dr-hc-karl-heinz-neukamm-bewaehrtes-behalten-und-neues-gestalten/, abgerufen 10. August 2018
- ↑ Evangelischer Pressedienst, zit. http://www.nordbayern.de/region/neukamm-gab-der-diakonie-eine-evangelische-profilierung-1.7934641, abgerufen am 10. August 2018
- ↑ http://www.nordbayern.de/region/neukamm-gab-der-diakonie-eine-evangelische-profilierung-1.7934641, abgerufen am 10. August 2018