Fritz Hartung (Historiker)

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Fritz Hartung (* 12. Januar 1883 in Saargemünd/Lothringen (heute: Sarreguemines) ; † 24. November 1967 in Berlin-West) war ein deutscher Historiker.

Leben und Wirken

Nach dem Abschluss des Gymnasiums in Berlin im Jahr 1901 studierte Fritz Hartung Geschichte, Philosophie und Nationalökonomie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Studium der Verfassungs- und Rechtsgeschichte. Er wurde 1906 mit einer Arbeit über Karl August von Hardenberg und die Verwaltung in Ansbach-Bayreuth promoviert. Anschließend war Hartung als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gesellschaft für fränkische Geschichte in Würzburg beschäftigt. Im Jahr 1910 habilitierte er sich an der Universität Halle bei Richard Fester mit einer Arbeit über Karl V. und die deutschen Reichsstände im Fach Verfassungsgeschichte. Im Jahr 1915 nahm Hartung als Soldat am Ersten Weltkrieg teil, wurde aber bereits 1916 krankheitsbedingt wieder entlassen. Er war von 1917 bis 1918 Mitglied der Freikonservativen Partei.

1922 wurde Hartung an die Universität Kiel berufen, ging aber schon ein Jahr später als Professor für allgemeine Verfassungsgeschichte der Neuzeit und Nachfolger von Otto Hintze und Willy Andreas nach Berlin. Außerdem lehrte er Verwaltungsgeschichte sowie Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftspolitik. Diese Stellung behielt er – selbst über den Regimewechsel von der Weimarer Republik, die NS- und die Besatzungszeit bis zur entstehenden DDR – bis zu seiner Emeritierung 1949. Während der NS-Zeit geriet er mehrmals in Konflikte mit dem Wissenschaftsminister Bernhard Rust, auch trat er 1935 als scharfer Kritiker des einflussreichen Juristen Carl Schmitt hervor.

Von nachhaltiger Bedeutung war Hartungs bereits 1914 erstmals veröffentlichte „Deutsche Verfassungsgeschichte“, die bis 1969 neun Auflagen erlebte. Seine 1920 erstmals erschienene „Deutsche Geschichte von 1871–1919“ erschien bis 1952 in mehreren, ebenfalls neu bearbeiteten Auflagen. Beide Bücher waren über längere Zeit Standardwerke in ihren Gebieten. Hinzu kamen zahlreiche weitere Arbeiten, die zeitlich von der Frühen Neuzeit bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg reichten. Auch seine Quellensammlung „Die Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte von 1776 bis zur Gegenwart“ erlebte mehrere Auflagen. Hartung war Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, später der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und dort von 1925 bis 1958 für die Herausgabe der „Jahresberichte für deutsche Geschichte“ verantwortlich.

Hartung war Schüler von Max Lenz, von Erich Marcks und vor allem von Otto Hintze, der sein Doktorvater wurde und von dem seine ausgeprägte Neigung zu verfassungsgeschichtlichen Themen stammte. Zwischen 1941 und 1943 gab er, allerdings von der nationalsozialistischen Zensur massiv behindert, eine dreibändige Auswahl der Aufsätze Hintzes aus dessen Nachlass heraus.

Hartung lebte auch nach 1945 in West-Berlin (Schlachtensee), lehrte aber noch bis 1948 an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin; einen Ruf an die Freie Universität in Berlin-Dahlem lehnte er ab. Anschließend war er noch bis 1958 an der (in Ost-Berlin beheimateten) Deutschen Akademie der Wissenschaften tätig, u. a. als Betreuer verschiedener Akademieprojekte. Nach Konflikten mit den marxistischen Historikern in der Akademie, vor allem Alfred Meusel, gab er diese Tätigkeit resigniert auf.

Hartungs Nachlass wird in der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Haus 2 (Potsdamer Straße) aufbewahrt.

Literatur

  • Ewald Grothe: Zwischen Geschichte und Recht. Deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung 1900–1970 (= Ordnungssysteme, Bd. 16). Oldenbourg, München 2005, ISBN 3-486-57784-0.
  • Hans-Christof Kraus: Soldatenstaat oder Verfassungsstaat? – Zur Kontroverse zwischen Carl Schmitt und Fritz Hartung über den preußisch-deutschen Konstitutionalismus (1934/35). In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Jg. 45 (1999), S. 275–310.
  • Hans-Christof Kraus: Verfassungslehre und Verfassungsgeschichte – Otto Hintze und Fritz Hartung als Kritiker Carl Schmitts. In: Dietrich Murswiek, Ulrich Storost, Heinrich A. Wolff (Hrsg.): Staat – Souveränität – Verfassung. Festschrift für Helmut Quaritsch zum 70. Geburtstag. Berlin 2000, S. 637–661.
  • Hans-Christof Kraus: Fritz Hartung. In: ders. (Hrsg.), Geisteswissenschaftler (= Berlinische Lebensbilder, Bd. 10), Bd. II. Duncker & Humblot, Berlin 2012, ISBN 978-3-428-13821-0, S. 307–328.
  • Munzinger-Archiv: Internationales Biographisches Archiv, 05/1968 vom 22. Januar 1968.
  • Gerhard Oestreich: Fritz Hartung als Verfassungshistoriker (1883–1967). In: Der Staat, Jg. 7 (1968), S. 447–469.
  • Werner Schochow: Ein Historiker in der Zeit. Versuch über Fritz Hartung (1883–1967). In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Jg. 32 (1983), S. 219–250.
  • Kurzbiografie zu: Hartung, Fritz. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.