Annette Beck-Sickinger

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Annette Gabriele Beck-Sickinger (* 28. Oktober 1960 in Aalen) ist eine deutsche Chemikerin und Biologin. Seit 1999 hält sie als ordentliche Professorin einen Lehrstuhl für Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig.

Leben und Karriere

Beck-Sickinger studierte Chemie und Biologie an der Universität Tübingen, wo sie 1989 bei Günther Jung promovierte.[1] Nach der Promotion folgten mehrere Forschungsaufenthalte, unter anderem in den USA und Dänemark. Nach einem Post-Doktorat in Zürich wurde sie 1995 habilitiert, ebenfalls in Tübingen. 1996–1999 war sie als Assistenzprofessorin für Pharmazeutische Biochemie an die ETH Zürich berufen. Sie folgte 1999 einem Ruf an die Universität Leipzig, wo sie 2010 in den Hochschulrat gewählt wurde. 2009 war sie als Gastprofessorin an der Vanderbilt University in Nashville/TN.

Sie ist seit 2009 Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und seit 2012 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Sektion Chemie).[2] Sie ist Präsidentin der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie.[3]

Beck-Sickinger war von 2004 bis 2012 Vorstandsmitglied der Gesellschaft Deutscher Chemiker. 2008 bis 2010 war sie auch deren Vizepräsidentin. 2012 bis 2018 war sie Mitglied des Wissenschaftsrates.[4]

Ihre Forschungstätigkeit umfasst unter anderem die Ligand-Rezeptor-Wechselwirkungen von Neuropeptiden, Signaltransduktion und die Chemische Modifizierung von Proteinen. Sie ist Autorin mehrerer Lehrbücher der Biochemie und hat zahlreichen Publikationen veröffentlicht.

Beck-Sickinger erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, beispielsweise den Leonidas Zervas Award der European Peptide Society,[5] die Goldmedaille der Max-Bergmann-Gesellschaft, den Leipziger Wissenschaftspreis und den Sächsischen Verdienstorden. Für 2018 wurde ihr der Albrecht-Kossel-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker zugesprochen.

Medialer Vorfall

Im März 2015 wurde eine Absage an einen männlichen indischen Bewerber im Zusammenhang mit einem angeblichen Hinweis auf das Vergewaltigungsproblem in der indischen Gesellschaft kontrovers diskutiert.[6][7] Nachdem im Internet Screenshots des Ablehnungsschreibens kursierten, schrieb der deutsche Botschafter in Indien, Michael Steiner, einen Brief an Beck-Sickinger, in dem er die Art und Weise der Absage kritisierte und darauf hinwies, dass Indien kein Land von Vergewaltigern sei. Beck-Sickinger hatte bereits im Jahr zuvor einen anderen indischen Bewerber mit derselben Begründung abgewiesen, ohne damit jedoch Aufsehen zu erregen.[8] In ihrer Entschuldigung auf der Seite der Universität Leipzig gab Beck-Sickinger an, dass die zitierten E-Mails Teil einer längeren Konversation über gesellschaftliche Verhältnisse in Deutschland und Indien waren. Aus dieser E-Mail-Konversation seien dann die veröffentlichten E-Mails zusammengeschnitten worden. Tatsächlich habe sie den Studenten abgewiesen, weil ihre Labore voll besetzt seien. Aktuell wären auch zwei indische Studenten im Rahmen eines Laborpraktikums bei ihr zu Gast.[9]

Nachdem die Universität aus Datenschutzgründen den E-Mail-Verkehr nicht veröffentlicht hatte, erhielten zumindest die Rektorin der Universität, Beate Schücking, und der Studentenrat Einsicht in die E-Mails. Beide kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass die von dem indischen Studenten publizierte E-Mail eine Fälschung darstellt und die Ablehnung des Studenten nicht in Zusammenhang mit Problemen der indischen Gesellschaft steht. Die anschließende E-Mail-Diskussion entstand erst nach einer Provokation durch den indischen Studenten.[10][11]

Werke und Publikationen (Auswahl)

Bücher

  • mit Peter J. A. Weber: Kombinatorische Methoden in Chemie und Biologie. Spektrum Verlag. 1999, ISBN 3-8274-0157-7.
  • mit Peter Weber: Combinatorial strategies in biology and chemistry. Wiley, Chichester, England New York 2002, ISBN 0-471-49727-4.
  • mit Ulrich Hahn (Hrsg.): Lehrbuch der Biochemie. Wiley, 2002, ISBN 3-527-30519-X. (deutsche Übersetzung von: Donald Voet, Judith G. Voet, Charlotte W. Pratt: Principles in Biochemistry.)
  • mit Stefan Bräse: Combinatorial chemistry on solid supports. Springer, Berlin/ New York 2007, ISBN 978-3-540-72509-1.
  • mit Matthias Petzold: Paradigma Evolution. Peter Lang Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-631-56082-2.

Publikationen in Zeitschriften

  • Z. Yang, S. Han, M. Keller, A. Kaiser, B. J. Bender, M. Bosse, K. Burkert, L. M. Kögler, D. Wifling, G. Bernhardt, N. Plank, T. Littmann, P. Schmidt, C. Yi, B. Li, S. Ye, R. Zhang, B. Xu, D. Larhammar, R. C. Stevens, D. Huster, J. Meiler, Q. Zhao, Beck-Sickinger AG, A. Buschauer, B. Wu: Structural basis of ligand binding modes at the neuropeptide Y Y(1) receptor. In: Nature. 556(7702), Apr 2018, S. 520–524.
  • L. Wanka, S. Babilon, A. Kaiser, K. Mörl, Beck-Sickinger AG: Different mode of arrestin-3 binding at the human Y(1) and Y(2) receptor. Cell Signal. 50, Okt 2018, S. 58–71.
  • A. Kaiser, C. Hempel, L. Wanka, M. Schubert, H. E. Hamm, Beck-Sickinger AG: G Protein Preassembly Rescues Efficacy of W(6.48) Toggle Mutations in Neuropeptide Y(2) Receptor. In: Mol Pharmacol. 93(4), Apr 2018, S. 387–401.
  • J. Lotze, P. Wolf, U. Reinhardt, O. Seitz, K. Mörl, Beck-Sickinger AG: Time-Resolved Tracking of Separately Internalized Neuropeptide Y(2) Receptors by Two-Color Pulse-Chase. In: ACS Chem Biol. 13(3), 16. Mar 2018, S. 618–627.
  • M. Schubert, J. Stichel, Y. Du, I. R. Tough, G. Sliwoski, J. Meiler, H. M. Cox, C. D. Weaver, Beck-Sickinger AG: Identification and Characterization of the First Selective Y(4) Receptor Positive Allosteric Modulator. In: J Med Chem. 60(17), 14. Sep 2017, S. 7605–7612.
  • D. Böhme, J. Krieghoff, Beck-Sickinger AG: Double Methotrexate-Modified Neuropeptide Y Analogues Express Increased Toxicity and Overcome Drug Resistance in Breast Cancer Cells. In: J Med Chem. 59(7), 14. Apr 2016, S. 3409–3417.
  • S. Zernia, F. Ott, K. Bellmann-Sickert, R. Frank, M. Klenner, H. G. Jahnke, A. Prager, B. Abel, A. Robitzki, Beck-Sickinger AG: Peptide-Mediated Specific Immobilization of Catalytically Active Cytochrome P450 BM3 Variant. In: Bioconjug Chem. 27(4), 20. Apr 2016, S. 1090–1097.
  • M. Pagel, R. Hassert, T. John, K. Braun, M. Wießler, B. Abel, Beck-Sickinger AG: Multifunctional Coating Improves Cell Adhesion on Titanium by using Cooperatively Acting Peptides. In: Angew Chem Int Ed Engl. 55(15), 4. Apr 2016, S. 4826–4830.
  • V. M. Ahrens, K. B. Kostelnik, R. Rennert, D. Böhme, S. Kalkhof, D. Kosel, L. Weber, M. von Bergen, Beck-Sickinger AG: A cleavable cytolysin-neuropeptide Y bioconjugate enables specific drug delivery and demonstrates intracellular mode of action. In: J Control Release. 209, 10. Jul 2015, S. 170–178.
  • A. Kaiser, P. Müller, T. Zellmann, H. A. Scheidt, L. Thomas, M. Bosse, R. Meier, J. Meiler, D. Huster, Beck-Sickinger AG, P. Schmidt: Unwinding of the C-Terminal Residues of Neuropeptide Y is critical for Y₂ Receptor Binding and Activation. In: Angew Chem Int Ed Engl. 54(25), 15. Jun 2015, S. 7446–7449.

Einzelnachweise

  1. Homepage von Annette Beck-Sickinger Arbeitskreis Biochemie und Bioorganische Chemie Uni Leipzig abgerufen am 13. Juni 2020
  2. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Annette Beck-Sickinger (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 29. Juni 2016.
  3. Vorstand und Beirat der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie auf der Homepage der Gesellschaft abgerufen am 26. April 2019
  4. GDCh: Zwei Chemikerinnen im Wissenschaftsrat (online), abgerufen am 22. Januar 2013.
  5. The European Peptide Society (EPS): Liste der Preisträger, abgerufen am 22. Januar 2013.
  6. Vergebe an indischen Studenten kein Praktikum. auf: www.welt.de, 9. März 2015, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  7. German Professor Apologises For 'Rape Problem' Email To Indian Student. In: Huffingtonpost. 15. Juli 2015, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  8. Not the first time German prof rejected Indian student. mumbaimirror.com, 10. März 2015.
  9. Professorin Beck-Sickinger entschuldigt sich für Äußerungen. (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive) Pressemitteilung der Universität Leipzig vom 9. März 2015, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  10. Es ist eine offensichtlich gefälschte E-Mail publiziert worden. (Memento vom 12. Juni 2015 im Internet Archive) Pressemitteilung der Universität Leipzig vom 12. März 2015, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  11. Statement in der Causa Beck-Sickinger des Student_innenRats der Uni Leipzig vom 2. April 2015 abgerufen am 29. Dezember 2017.