Norderoog

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Norderoog

Norderoog von Hooge aus
Gewässer Deutsche Bucht, Nordsee
Inselgruppe Nordfriesische Inseln
Geographische Lage 54° 31′ 41″ N, 8° 30′ 45″ OKoordinaten: 54° 31′ 41″ N, 8° 30′ 45″ O
Norderoog (Schleswig-Holstein)
Norderoog (Schleswig-Holstein)
Länge 640 m
Breite 210 m
Fläche 9 ha
Höchste Erhebung m
Einwohner unbewohnt
Hauptort (Jens-Wand-Hütte)
Die Inseln und Halligen im Nordfriesischen Wattenmeer
Die Inseln und Halligen im Nordfriesischen Wattenmeer

Norderoog (dänisch Nørreog, nordfriesisch Noorderuug) ist eine Hallig im Wattenmeer vor der Westküste von Schleswig-Holstein mit einer Größe von 0,09 km². Abgesehen vom zeitweiligen Aufenthalt von Vogelwarten ist sie unbewohnt. Sie liegt seit 1985 in der mit höchstem Schutzstatus versehenen Zone I des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Norderoog darf nur im Rahmen offiziell beim Verein Jordsand angemeldeter Wattwanderungen ab dem 15. Juli, von Hooge ausgehend, betreten werden.[1]

Über Jahrhunderte war Norderoog der Wirkung der Naturgewalten ungeschützt ausgesetzt, es gab keinerlei Steinkantenbefestigung, so dass Eisgang und Sturmfluten zu einem gewaltigen Landverlust führen konnten: Anfang des 19. Jahrhunderts war die Hallig noch 46 Hektar groß, sie schrumpfte 1909 auf 20 Hektar. 1970 waren es nur noch 8 ha. 1985 konnte der Flächenverlust durch den Bau eines Lahnungsringsystems gestoppt werden. Heute beträgt die Fläche wieder 10 ha.[2]

Die Hallig gehört seit 1909 dem Verein Jordsand und wird von ihm auch naturschutzfachlich betreut. Verwaltungsmäßig ist sie Teil der zum Kreis Nordfriesland gehörenden Gemeinde Hallig Hooge. Sie bildet eine der beiden Gemarkungen der Gemeinde Hallig Hooge[3] und trägt als (meist unbewohnter) Wohnplatz der Gemeinde die offizielle Wohnplatznummer 6.

Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Norderoog 1597 als „Norder Ough“. Im Jahre 1630 befand sich auf der Hallig ein Festgut, das von einem Strandvogt bewohnt und 1634 durch die Burchardiflut zerstört wurde. Später siedelte sich eine Familie wieder an, deren Haus in der Februarflut 1825 ein Raub des Meeres wurde. Von diesem Zeitpunkt an war Norderoog unbewohnt, obwohl gegen Mitte des 19. Jahrhunderts noch einmal ein Versuch der Neuansiedlung gewagt wurde, der aber letztlich aus Geldmangel scheiterte. So wurde die Hallig ausschließlich im Sommer als Weide genutzt, was zum Bau eines ersten Pfahlbaus führte.[4] Als einzige Hallig weist heute Norderoog keine Warft mehr auf, da die einstige Warft im Laufe des 19. Jahrhunderts gänzlich weggespült worden war. 1891 wurde die Hallig dem Staat zum Verkauf angeboten. 1909 wurde die Hallig Eigentum des Vereins Jordsand, dessen Ziel die Begründung von Vogelfreistätten an der deutschen Nordseeküste ist.[5]

Flora und Fauna

Norderoog ist eine der wenigen Halligen, deren Vegetation weitgehend vom Menschen unbeeinflusst ist. Dementsprechend findet man eine natürliche Salzwiesenvegetation vor mit spezialisierten Pflanzen: Queller im Schlickbereich vor der Hallig, Strandaster und Strandflieder landeinwärts und Schilf sowie Quecke im nur selten überfluteten Inselinnern. Im Bereich der ehemals bestehenden Warft im Osten trifft man auf sandigem Untergrund typische Strandroggen-Bestände an.

Norderoog dient vielen teils seltenen Seevögeln als Brut- und Rastplatz. Von größter Bedeutung ist die Kolonie der Brandseeschwalbe (Thalasseus sandvicensis). Im Frühjahr und Frühsommer gibt es hier jährlich bis zu 4000 Brutpaare, 2007 wurden 2800 Brutpaare registriert. Besonders Landunter im Frühsommer wirken sich jedoch negativ auf das Brutgeschäft aus und können starke statistische Schwankungen bewirken.

Daneben brüten auf Norderoog auch Fluss- und Küstenseeschwalben. Lange Zeit kam der Austernfischer auf Norderoog in der höchsten Brutpaardichte der ganzen Deutschen Bucht vor, sein Bestand hat jedoch nach 2000 abgenommen. Die Bedeutung Norderoogs für die Vogelwelt ergibt sich jedoch nicht nur als Brut-, sondern auch als Rastgebiet für den Vogelzug. Zeitweise halten sich auf der Hallig und dem vorgelagerten Norderoogsand über 50.000 Seevögel auf.

Brutpaaraufstellung

Brandseeschwalbenkolonie auf Norderoog
Küstenseeschwalbe auf Norderoog
Deutsche Bezeichnung Wissenschaftlicher Name 2015[6] 2017[7]
Graugans Anser anser 18 48
Brandgans Tadorna tadorna 4 2
Schnatterente Anas strepera 1
Stockente Anas platyrhynchos 5 7
Eiderente Somateria mollissima 17 20
Mittelsäger Mergus serrator 1
Haubentaucher Podiceps cristatus 1
Austernfischer Haematous ostralegus 50 95
Rotschenkel Tringa totanus 8 9
Lachmöwe Larus ridibundus 2398 1984
Sturmmöwe Larus canus 2 2
Heringsmöwe Larus fuscus 38 27
Silbermöwe Larus argentatus 72 43
Mantelmöwe Larus marinus 2 2
Brandseeschwalbe Thalasseus sandvicensis 2850 2832
Flussseeschwalbe Sterna hirundo 28 14
Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea 93 47
Wiesenpieper Anthus pratensis 7
Jens-Wand-Hütte, Containerbau und Arbeitscamp (1989)

Schutz

Norderoog gehört seit 1985 zur Schutzzone 1 des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Offiziell steht die Hallig seit 1939 unter Naturschutz. Jedoch ist die Hallig bereits seit 1909 Vogelfreistätte, als der Verein Jordsand sie für 12.000 Mark vom Landmann J. Feddersen für den Vogelschutz erwarb. Davor hatte Feddersen durch Sammeln von Vogeleiern und Heugewinnung einen Ertrag erzielt. Norderoog ist die einzige deutsche Nordseeinsel in Privatbesitz. Von Mai 1909 bis zu seinem Tod 1950 lebte Jens Wand als Vogelwart auf Norderoog. Nach ihm ist die Vogelschutzstation am Nordostufer der Hallig benannt.

Die 1909 als Pfahlbau konstruierte Station bietet Schutz vor Sturmfluten. Zusätzlich hierzu wurde 1964 eine zweite Hütte erbaut, die jedoch im Januar 1976 durch eine Sturmflut zerstört und im Folgejahr durch eine Containerkonstruktion ersetzt wurde. Die alte Hütte wurde 1995/96 durch die Neue Jens-Wand-Hütte ersetzt. Der Container wurde Ende 2004 abgerissen. An seiner Stelle wurde die im Jahr 2005 fertiggestellte Vogelwärterhütte in Blockhaustechnik aufgebaut, in der sich auch der für Besucher zugängliche Inforaum befindet.

Der Schutz erfolgt durch Freiwillige des Vereins Jordsand. Die Station ist regelmäßig von Anfang März bis Ende Oktober besetzt. Seit den 1950er Jahren wird auf Norderoog Uferschutz durchgeführt. Im Sommer 1977 wurde an der Westspitze eine Steinkante angelegt, um die stetigen Landverluste aufzuhalten. Sie wurde 2000 durch eine Steinbuhne ergänzt. Einen natürlichen Erosionsschutz bietet außerdem der westlich der Hallig gelegene Norderoogsand.

Workcamps auf Norderoog

Norderoog ist auch bekannt für die internationalen Workcamps, die seit den 1970er Jahren durch den Verein Jordsand durchgeführt werden. Die bis zu 20 meist jungen Erwachsenen führen je zwei Wochen lang verschiedene Arbeiten zum Erhalt der Hallig durch, im Wesentlichen durch Instandhaltung der Lahnungen zum Landerhalt. Daneben müssen auch Grüppen ausgehoben werden, um die Sedimentierung in den Lahnungsfeldern zu gewährleisten. Durch diese Einsätze ist es mittlerweile gelungen, die Halligfläche auf einer Größe von etwa zehn Hektar zu stabilisieren. Bis auf Weiteres sind diese Workchamps ausgesetzt, weil sich die Hallig durch natürliche Verlandung stabilisiert hat (Stand 2023).

Film

Am 7. Dezember 2008 strahlte der NDR den Dokumentarfilm Die Vogelmutter. Videotagebuch 2008 – aufgezeichnet von Anna B. aus, der von einer jungen Frau gedreht wurde. Sie verbrachte im Rahmen eines freiwilligen ökologischen Jahrs beim Verein Jordsand drei Wochen als Vogelwart auf Norderoog.

Commons: Hallig Norderoog – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schutzgebiete: Hallig Norderoog. In: Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V. Abgerufen am 16. September 2023.
  2. Corinna Gülzow: Norderoog. in: Seevögel. Zeitschrift des Vereins Jordsand. Band 27, Heft 2, S. 20 ff.
  3. Katasteramt Nordfriesland (Memento vom 8. Mai 2008 im Internet Archive), abgerufen am 30. September 2012
  4. Georg Quedens: Die Halligen. Breklumer Verlag, Breklum 1998, ISBN 3-7793-1114-3, S. 100.
  5. Vogelfreistätten an der Nordseeküste. In: Dresdner neueste Nachrichten. 4. Juni 1909, abgerufen am 1. November 2021.
  6. Christel Grave: Brutbericht aus unseren Schutz- und Zählgebieten im Jahr 2015. In: SEEVÖGEL. Band 37, Heft 1, März 2016, ISSN 0722-2947, S. 14–17.
  7. Christel Grave: Brutbericht aus unseren Schutz- und Zählgebieten im Jahr 2017. In: SEEVÖGEL. Band 39, Heft 1, März 2018, ISSN 0722-2947, S. 4–7.