Socialistisk Folkeparti

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Socialistisk Folkeparti
Pia Olsen Dyhr
Partei­vorsitzende Pia Olsen Dyhr
Parteisekretär Turid Leirvoll
Politischer Sprecher Pia Olsen Dyhr
Fraktionsvorsitzender
Name
Jonas Dahl
Gründung 15. Februar 1959
Hauptsitz Kopenhagen
Wahlliste F
Ausrichtung Sozialdemokratie
Demokratischer Sozialismus
Grüne Politik
Jugendorganisation SFs Ungdom
Sitze Folketing
15 / 179 (8,4 %)
Mitglieder­zahl 8.131 (2016)[1]
Internationale Verbindungen NGLA
Global Greens
Website www.sf.dk

Die Socialistisk Folkeparti (SF, dänisch für Sozialistische Volkspartei; auf Deutsch oftmals Volkssozialisten genannt) ist eine politische Partei im Königreich Dänemark. Sie vertritt eine moderate ökosozialistische und demokratisch-sozialistische sowie linksgrüne Ausrichtung und steht im dänischen Parteienspektrum unter den Mitte-links-Parteien zwischen den Sozialdemokraten und der linkssozialistischen Enhedslisten.

Die SF tritt bewusst als rot-grüne Partei auf, sitzt im Europäischen Parlament in der grünen Fraktion und hat sich am 2. März 2014 entschlossen, der Europäischen Grünen Partei als Vollmitglied beizutreten.[2]

Geschichte

Entstanden ist die Socialistisk Folkeparti 1959 aus einer Abspaltung von der Kommunistischen Partei Dänemarks. Die Mehrheit der dänischen Kommunisten unter ihrem langjährigen Parteivorsitzenden Aksel Larsen verurteilte damals die Politik der Sowjetunion, unter anderem auch den Einmarsch 1956 in das de jure unabhängige Ungarn. Die SF verfolgte einen eurokommunistischen Dritten Weg zum Sozialismus. Entstehungsgeschichtlich ist sie damit eng verwandt mit der zwei Jahre später gegründeten, fast gleichnamigen Sosialistisk Folkeparti Norwegens, der zwei Jahre älteren Pacifistisch Socialistische Partij (PSP) in den Niederlanden und der 1960 entstandenen französischen Parti socialiste unifié. Alle vier positionierten sich zwischen pro-westlichen Sozialdemokraten auf der einen und Moskau-treuen Kommunisten auf der anderen Seite. Sie sahen sich deshalb als Schwesterparteien an.[3][4]

Von 1966 bis 1967 unterstützte die SF im Parlament die sozialdemokratische Minderheitsregierung von Jens Otto Krag. Der radikale und pazifistische Flügel wandte sich daraufhin von der SF ab und bildete die Venstresocialisterne (VS; „Linkssozialisten“).[5] Beim Referendum über den EWG-Beitritt Dänemarks empfahl die SF 1972 mit „nein“ zu stimmen.

Mit der SF war in Dänemark bereits eine links-libertäre Partei vorhanden, die den nach 1968 entstandenen neuen sozialen Bewegungen, insbesondere der Umweltbewegung, offenstand und „grüne“ Themen aufnahm. Deshalb bildete sich in Dänemark, anders als z. B. in der Bundesrepublik Deutschland, keine separate grüne Partei heraus, sondern die SF ergänzte ihre sozialistische Programmatik um ökologische Ziele.[4] In den 1980er-Jahren nahm der Stimmenanteil der SF stark zu und erreichte bei der Folketingswahl 1987 mit 14,6 % einen Höhepunkt. Ab 1994 hatte sie im Parlament Konkurrenz von der noch weiter linksaußen positionierten Enhedslisten – de rød-grønne, in der u. a. die radikale SF-Abspaltung Venstresocialisterne aufgegangen war.[6]

Die SF bekennt sich zur parlamentarischen Demokratie und ist in Fragen der Zustimmung zur Europäischen Union gespalten. Unter ihren Parteivorsitzenden Holger K. Nielsen (1991–2005) und Villy Søvndal (2005–2012) nahm sie jedoch eine positivere Einstellung gegenüber der EU an. So stimmte sie dem EU-Vertrag von Nizza (2001) und dem Vertrag von Lissabon (2007) zu. Bei der Parlamentswahl 2007 wurde die SF mit 13,0 Prozent und 23 Sitzen viertstärkste Kraft. In den folgenden Jahren konnte die Partei ihre Mitgliederzahl auf rund 18.000 (2011) verdreifachen.

Die SF suchte die feste Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und erarbeitete mit ihnen ein gemeinsames Wahlprogramm, das als Grundlage für eine Regierungsbildung dienen sollte. Die Parlamentswahl 2011 endete mit 9,2 Prozent Stimmenanteil (minus 3,8 Prozentpunkte) eher enttäuschend, brachte der Partei aber erstmals eine Regierungsbeteiligung ein. Zum Jahresbeginn 2014 spitzten sich die innerparteilichen Konflikte zwischen programmtreuem Flügel und realpolitisch orientierten Fürsprechern der Koalitionsregierung zu. Anlass war der geplante Verkauf des Energieunternehmens Dong Energy an die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs. Die kommissarische Fraktionschefin Karina Lorentzen, die politische Sprecherin Lisbeth Bech Poulsen und der stellvertretende Parteivorsitzende Peter Westermann traten aus Protest gegen die Regierungspläne zurück.[7] Am 30. Januar 2014 zerbrach die Koalition, Annette Vilhelmsen legte den Parteivorsitz nieder, und die Minister der SF schieden aus dem Kabinett von Helle Thorning-Schmidt (S) aus.[8][9]

Bei der nächsten Folketingswahl 2015 brach der Stimmenanteil der SF auf 4,3 Prozent ein, sie verlor mehr als die Hälfte ihrer Parlamentssitze. Die radikalerer Enhedsliste legte dagegen zu. Nach vier Jahren in der Opposition erholte sich die SF bei der Parlamentswahl 2019 auf 7,7 Prozent und 14 Sitze im Folketing und unterstützte fortan die Minderheitsregierung der Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen, ohne jedoch am Kabinettstisch vertreten zu sein. Bei der Folketingswahl 2022 konnte die SF ein weiteres Mandat dazugewinnen und gehört aktuell der Opposition an.

Parteivorsitzende

In der SF bekleidete der Parteichef stets die beiden zentralen Posten des Vorsitzenden und des Politischen Sprechers.[10] Diese Regelung endete erst 2011, als Villy Søvndal – als erster Sozialisten-Chef überhaupt – Minister wurde und daher den Sprecherposten niederlegte. Der Fraktionsvorsitz wurde seit Aksel Larsens Rücktritt 1968 stets vom Parteivorsitz getrennt. Seit diesem Zeitpunkt musste jeder neue Vorsitzende eine Kampfkandidatur bestehen. Gewählt wird er vom Parteitag, ausgenommen 2005 und 2012, als ein Mitgliederentscheid durchgeführt wurde. Pia Olsen Dyhr kam ohne Wahl ins Amt, weil keine Gegenkandidaten antraten.

Fraktionsvorsitzende

Fraktion im Folketing

Wähleranteil von Socialistisk Folkeparti seit 1960
15%
10%
5%
0%

Bei der Folketingswahl 2019 errang die SF 14 Sitze im Folketing.[11] Derzeit (Stichtag 4. Februar 2014) umfasst die Fraktion 12 Mitglieder:

Europaabgeordnete

Die SF konnte in allen Wahlen zum Europäischen Parlament einen Sitz erringen. Während der zweiten Legislaturperiode wurde ihr zum 1. Januar 1985 ein weiterer Sitz zugeteilt, als Grönland die Europäische Gemeinschaft verließ. Die Europaabgeordneten der SF saßen bis 2004 in der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken bzw. der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL). Nach der Europawahl 2004 wechselten sie in die Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz.

Seit der Europawahl 2009 verfügte die SF über zwei Sitze im Europaparlament.[12] Nachdem die Abgeordnete Emilie Turunen im März 2013 zu den Sozialdemokraten übergetreten war, vertrat nur noch Margrete Auken die Partei in Brüssel und Straßburg. Bei der Europawahl 2019 war die SF mit 13,2 Prozent erfolgreich und entsendet zwei Abgeordnete ins Europaparlament: Margrete Auken und Kira Marie Peter-Hansen.

Kategorisierung

Im Handbuch Extremismus in den EU-Staaten von 2011, das nach dem Konzept von Herausgeber Eckhard Jesse sowohl links- wie rechtsextremistische Parteien untersucht und kategorisiert, bezeichnete der Politikwissenschaftler Thomas Schubert die SF als „(wenn überhaupt) […] weiche linksextremistische Akteurin“.[13] Er beschrieb den „ideologische[n] Habitus“ der Partei als „demokratisch-sozialistisch“, ihr „Anspruch auf Systemveränderung“ sei „reformerisch“. Unter der Führung Villy Søvndals ab 2005 habe die SF einen „pragmatischen Reformkurs“ verfolgt, sie gelte als regierungsfähig und strebe in eine Mitte-Links-Regierung. Von kommunistischen Akteuren grenze sie sich ab.[14]

Eine Studie des Climate Action Network (CAN) aus dem Jahr 2019, die das Abstimmungsverhalten von Parteien zu klimapolitischen Fragen im EU-Parlament betrachtete, bewertet SF als „Verteidiger“ einer klimafreundlichen Politik.[15]

Literatur

Ursula Schmiederers Dissertation bei Wolfgang Abendroth 1967
  • Peter Birke: Geschichte, Programmatik und aktuelle Politik der linkssozialistischen Parteien in Dänemark. Socialistisk Folkeparti und Enhedsliste. In: Michael Brie, Cornelia Hildebrandt: Für ein anderes Europa: Linke Parteien im Aufbruch. Dietz, Berlin 2005, S. 203–244.
  • Arly Eskildsen, Aage Frandsen, Holger K. Nielsen (Hrsg.): Rødt er sundt. Introduktion til Socialistisk Folkeparti. Partiets organisation, historie og politik. SP Forlag, Århus 1996, ISBN 87-88291-75-8.
  • Maria Eysell: Geschichte, Programmatik und Politik der Dänischen Linken. In: Hans Rühle, Hans-Joachim Veen (Hrsg.): Sozialistische und kommunistische Parteien in Westeuropa. Veröffentlichung des Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts der Konrad-Adenauer-Stiftung. Band 2: Nordländer (= Uni-Taschenbücher. Bd. 762). Leske + Budrich (UTB), Opladen 1979, ISBN 3-8100-0241-0. S. 201–292.
  • Hans Mortensen: Den røde tråd. SF og vejen til magten. Lindhardt & Ringhof, Kopenhagen 2011, ISBN 978-87-11-40525-3.
  • Ursula Schmiederer: Die Sozialistische Volkspartei Dänemarks. Eine parteiensoziologische Untersuchung, Marburg 1967.
    • SF og den "tredie vej" til socialisme, Übersetzung ins Dänische Lena und Lilian Fluger. Grenå : GMT, 1974.
Commons: Socialistisk Folkeparti – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Mitgliedszahlen 2016 Folketingets Oplysning, abgerufen am 28. Oktober 2018.
  2. Socialistisk Folkeparti, the Danish Greens, to apply for full EGP membership auf der Homepage der Europäischen Grünen Partei, 2. März 2014, abgerufen am 4. März 2014 (englisch)
  3. Mike Feinstein: Sixteen Weeks with European Greens. Interviews, Impressions, Platforms, and Personalities. 1992, S. 316.
  4. a b Neil Carter: The Politics of the Environment. Ideas, Activism, Policy. 3. Auflage, Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2018, S. 107.
  5. Peter Birke: Geschichte, Programmatik und aktuelle Politik der linkssozialistischen Parteien in Dänemark. Socialistisk Folkeparti und Enhedsliste. In: Michael Brie, Cornelia Hildebrandt: Für ein anderes Europa: Linke Parteien im Aufbruch. Dietz, Berlin 2005, S. 203–244, auf S. 208.
  6. Peter Birke: Geschichte, Programmatik und aktuelle Politik der linkssozialistischen Parteien in Dänemark. Socialistisk Folkeparti und Enhedsliste. In: Michael Brie, Cornelia Hildebrandt: Für ein anderes Europa: Linke Parteien im Aufbruch. Dietz, Berlin 2005, S. 203–244, auf S. 209.
  7. SF's gruppeformand takker nu af Danmarks Radio, 30. Januar 2014
  8. SF forlader regeringen Danmarks Radio, 30. Januar 2014
  9. Koalition zerbrochen – Regierung will weitermachen Frankfurter Allgemeine online, 30. Januar 2014
  10. Lars Bille: Partier i forandring. En analyse af danske partiorganisationers udvikling 1960–1995. Odense Universitetsforlag, Odense 1997. ISBN 87-7838-314-5. S. 104 f.
  11. Parlamentsabgeordnete (dänisch) (Memento des Originals vom 27. Dezember 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sf.dk Website der SF, abgerufen am 13. Oktober 2012
  12. Europaparlamentariker (dänisch) (Memento des Originals vom 28. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sf.dk Website der SF, abgerufen am 6. Januar 2012
  13. Thomas Schubert: Extremismus in Dänemark. In: Eckhard Jesse, Tom Thieme (Hrsg.): Extremismus in den EU-Staaten. VS Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-531-17065-7, S. 74.
  14. Thomas Schubert: Extremismus in Dänemark. 2011, S. 75.
  15. http://www.caneurope.org/docman/climate-energy-targets/3476-defenders-delayers-dinosaurs-ranking-of-eu-political-groups-and-national-parties-on-climate-change/file