Edith Donat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. September 2024 um 18:35 Uhr durch Maimaid (Diskussion | Beiträge) (Text anhand der genannten Quellen weiter ergänzt und chronologisch geordnet; Literatur und Kategorien ergänzt; K). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Edith Donat, auch Edith Krautter-Donat,[1] (* 21. August 1904 als Josefa Edith Szana in Temeswar, Österreich-Ungarn[2]; † 1990 in Berlin)[3] war eine deutsche Pädagogin. Als Kommunistin und Jüdin musste sie aus NS-Deutschland fliehen. In der frühen Nachkriegszeit leitete sie ein Kinderheim mit Kriegswaisen in Ost-Berlin. Sie plante ein zweites, wurde aber unter dem Stalinismus in der DDR abgesetzt und um ihr Lebenswerk gebracht.

Leben und Wirken

Edith Donat entstammte einer ungarischen jüdischen Familie. 1913 kam sie nach Berlin.[4] Am 17. April 1930 heiratete sie den Weber Johann (Hans) Donat (1903–1943); diese Ehe wurde im Frühjahr 1933 geschieden.[2] Ebenfalls 1930 trat sie in die KPD ein. Ab 1931 war sie in Berlin als Funktionärin der Partei tätig, unter anderem als Lehrerin an der Marxistischen Abendschule,[5] und war zu Beginn des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv. Sie wurde verraten und wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu neun Monaten Haft verurteilt. Anschließend wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Nach der Zeit im Gefängnis floh sie 1935 zunächst nach Dänemark. Sie war in zweiter Ehe mit dem KPD-Funktionär Kurt Krautter verheiratet, der 1937 emigrierte. Im dänischen Exil kam 1939 ihre Tochter Vibeke (später verh. Becker) zur Welt. Nachdem die Wehrmacht Dänemark 1940 besetzt hatte, musste sie vor der zunehmenden Judenverfolgung wieder fliehen und zog 1943 weiter nach Schweden.[5] 1946 kehrte sie zurück nach Berlin.[6]

Wirken nach dem Zweiten Weltkrieg

Vor dem Krieg hatte Edith Donat als Näherin gearbeitet. 1946 erhielt sie trotz der erst später nachgeholten Erzieherausbildung die Leitung des Hauptkinderheims von Ostberlin in der Greifswalder Straße, in dem Hunderte elternlose Kinder untergebracht waren.[7] Aus Skandinavien brachte Donat reformpädagogische Ansätze mit.[8] Sie beschrieb das Kinderheim später laut Wolfgang Hübner als „seelenloses Auffang- und Durchgangslager“; für die Schwierigkeiten der Kinder, die „schlimmste Kriegserlebnisse in sich trugen“, habe niemand Verständnis gehabt.[6] Erst durch Donats Anstrengungen sei aus der Auffangstation für Kriegswaisen ein Ort geworden, an dem diese erzogen und unterrichtet wurden.[7] Ihre Arbeit konzentrierte sich darauf, pädagogische Konzepte zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen der Kinder als auch den Anforderungen der Gesellschaft gerecht wurden. Edith Donat war maßgeblich daran beteiligt, neue Methoden und Ansätze in der Vorschulerziehung zu etablieren, die auf den Prinzipien von sozialistischer Erziehung und kollektiver Bildung basierten. Dabei legte sie großen Wert auf die ganzheitliche Förderung der Kinder, die sowohl ihre intellektuellen Fähigkeiten als auch ihre sozialen Kompetenzen umfasste.

Seit ihrer Rückkehr aus der Emigration war sie Mitglied der Sozialistischen EInheitspartei Deutschlands (SED).[5] Im Oktober 1950 zählte Donat zu den 66 Abgeordneten, die vom Magistrat von Ost-Berlin als „Vertreter Berlins mit beratender Stimme“ in die Volkskammer der 1. Wahlperiode (1950–1954) entsendet wurden.[9][10][11] Sie gehörte der Fraktion der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) an.[5]

1952 wurde Kritik an ihrer Arbeit laut. Die Miss- und Notstände, gegen die sie jahrelang angekämpft hatte, wurden nun ihr zur Last gelegt. Hinzu kamen Vorwürfe der „Korruption und Selbstherrlichkeit“. Beim „Parteibeitrag“ soll sie außerdem gegeizt haben. In dieser Zeit grassierte laut Wolfgang Hübner „stalinistisches Misstrauen“. Genossen, die aus dem Exil in einem westlichen Land wiedergekommen waren, galten plötzlich als unzuverlässig. Bis dahin hatte Donat als Vorzeigepädagogin gegolten, war sogar 1949 als Verdienter Lehrer des Volkes ausgezeichnet worden.

Donat war maßgeblich an der Planung für ein neues Kinderheim in der Königsheide beteiligt, dem späteren „Kinderheim A. S. Makarenko“. Zur Fertigstellung sollte sie dessen erste Direktorin werden. 1953 wurde sie jedoch, vor dem Umzug des Kinderheims in die Königsheide und während sie auf einem Lehrgang war, in Abwesenheit als Leiterin und spätere Direktorin des Kinderheims abgesetzt.[6][7][12]

In den folgenden Jahren lehrte sie bis 1956 an der Pädagogischen Schule für Kindergärtnerinnen. Von 1956 bis 1961 leitete sie die Volkshochschule in Berlin-Lichtenberg und war anschließend von 1962 bis 1973 als Lehrkraft an der Betriebsakademie des VEB Wasserwirtschaft Berlin tätig.[5]

Edith Donat starb im Frühjahr 1990[6] im Alter von 85 Jahren in Berlin.[5]

Auszeichnungen

Postume Würdigung

Ein Koffer von Edith Donat, der nach ihrem Tod gefunden wurde, enthielt persönliche Dokumente und Erinnerungsstücke. Er wurde zum Schlüssel für die Rekonstruktion ihrer Lebensgeschichte. Die Entdeckung des Koffers ermöglichte es ihrer Enkelin Anne Becker, wichtige Aspekte von Donats Biografie zu beleuchten und diese in der Publikationsreihe Die blauen Hefte zu dokumentieren.[4]

Anlässlich ihres 118. Geburtstags am 21. August 2022 würdigte das IBZ Königsheide (Informations- und Begegnungszentrum Königsheide) Edith Donat mit der Einweihung einer ihr gewidmeten Parkbank auf dem Gelände des früheren Kinderheims.

„Endlich können wir der eigentlichen Initiatorin und für die Errichtung des Kinderheimes in der Königsheide verantwortlichen Pädagogin ein bleibendes Denkmal setzen. Auf diesem Wege möchten wir einen Beitrag leisten, um in bescheidenem Rahmen wieder gut zu machen, was ihr durch die Wegnahme der Position als Direktorin in der frühen Nachkriegszeit widerfahren ist und was sie tragisch um ihr Lebenswerk gebracht hat.“

IBZ Königsheide[14]

Literatur

  • Donath o. Donat-Krautter, Edith, in: Klaus Keim et al.: Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945. Ein biographisches Lexikon, Teilband 2 (Buchstabe C bis G), Trafo-Verlag, Berlin 2003, ISBN 978-3-89626-352-0, S. 79.
  • Rita Pawlowski: Unsere Frauen stehen ihren Mann. Frauen in der Volkskammer der DDR 1950–1989. Ein biographisches Handbuch. Trafo-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89626-652-1, S. 53.
  • Michael F. Scholz: Skandinavischen Erfahrungen erwünscht? Nachexil und Remigration. Die ehemaligen KPD-Emigranten in Skandinavien und ihr weiteres Schicksal in der SBZ/DDR. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 978-3-515-07651-7, S. 360 (Kurzbiografie)

Einzelnachweise

  1. a b Vaterländischer Verdienstorden in Silber. In: Berliner Zeitung. 40. Jahrgang, Nr. 234 vom 3. Oktober 1984, ISSN 0323-5793, S. 4 (Digitalisat, Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek zu Berlin). Abgerufen am 4. September 2024.
  2. a b Landesarchiv Berlin. Heiratsregister der Berliner Standesämter 1874–1936. Standesamt Berlin IV B, Heiratsurkunde Nr. 187 vom 17. April 1930; eingesehen auf ancestry.de am 28. September 2024. (Digitalisat, Zugang kostenpflichtig).
  3. Donath o. Donat-Krautter, Edith, in: Klaus Keim: Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945. Ein biographisches Lexikon, Teilband 2 (Buchstabe C bis G), Trafo-Verlag, Berlin 2003, ISBN 978-3-89626-352-0, S. 79.
  4. a b Ralf Drescher: Das Geheimnis von Ediths Koffer. In: berliner-woche.de. 17. Juni 2015, abgerufen am 28. September 2024.
  5. a b c d e f Rita Pawlowski: „Unsere Frauen stehen ihren Mann“: Frauen in der Volkskammer der DDR 1950 bis 1989: ein biographisches Handbuch. Trafo, Berlin 2008, ISBN 978-3-89626-652-1, S. 53.
  6. a b c d Wolfgang Hübner: Ediths Koffer. (PDF; 7,3 MB) Neues Deutschland, 23. Dezember 2006, abgerufen am 3. September 2024.
  7. a b c Alice Maleiß: Direktorenwechsel im Kinderheim in der Königsheide. (PDF) In: Gamma-Berlin. 25. März 2018, abgerufen am 3. September 2024.
  8. Das Kinderheim in der Königheide – IBZ-Königsheide. Abgerufen am 3. September 2024.
  9. Berliner Vertreter zur Volkswahl. In: Neues Deutschland. Nr. 232, 4. Oktober 1950, S. 6 (Digitalisat – „Donath, Edith“ als Nr. 17).
  10. Berliner Vertreter zur Volkswahl. Beratende Stimmen für die Volks- und Länderkammer. In: Berliner Zeitung. Nr. 232, 5. Oktober 1950, S. 6 (Digitalisat).
  11. Hinweis auf Abgeordnetenmappe Donat, Edith. Signatur DA1/1764. In: invenio – Informationen über Bestände des Bundesarchivs. Abgerufen am 5. September 2024.
  12. Jorge Scholz: Edith’s Koffer. In: Vor Ort. Stadterneuerung in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow. 19. Jahrgang, Nr. 11, 2010, S. 11 (PDF abrufbar in der Digitalen Landesbibliothek Berlin; 1,1 MB). Abgerufen am 6. September 2024.
  13. Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde: Verleihungsliste (PDF; 0,2 MB).
  14. Historisches Sommerfest mit Bankeinweihung der Heiminitiatorin Edith Donat, IBZ Königsheide