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Immanuel Kant über Wikipedia als soziales Experiment:
„Der Mensch hat eine Neigung, sich zu vergesellschaften; weil er in einem solchen Zustande sich mehr als Mensch [...] fühlt. Er hat aber auch einen großen Hang, sich zu vereinzelnen (isolieren); weil er in sich zugleich die ungesellige Eigenschaft antrifft, alles bloß nach seinem Sinne richten zu wollen, und daher allerwärts Widerstand erwartet, so wie er von sich selbst weiß, dass er seinerseits zum Widerstande gegen andere geneigt ist. Dieser Widerstand ist es nun, welcher alle Kräfte des Menschen erweckt, ihn dahin bringt, seinen Hang zur Faulheit zu überwinden, und, getrieben durch Ehrsucht, Herrschsucht oder Habsucht, sich einen Rang unter seinen Mitgenossen zu verschaffen, die er nicht wohl leiden, von denen er aber auch nicht lassen kann.“
„Das Streben nach Anerkennung und Ansehen liegt fest verankert in der menschlichen Natur. Bei Abwesenheit von Gefühlsmotiven dieser Art wäre menschliches Zusammenwirken völlig unmöglich; das Streben nach Zustimmung des Nebenmenschen ist gewiss eine der wichtigsten bindenden Kräfte der Gesellschaft. In diesem Gefühlskomplex liegen aufbauende und zerstörende Kräfte eng beisammen. Streben nach Zustimmung und Anerkennung ist ein gesundes Motiv. Das Streben aber, als besser, stärker oder klüger anerkannt zu werden als der Mitmensch […] führt leicht zu einer übertrieben egoistischen seelischen Einstellung, die für das Individuum und für die Gemeinschaft verderblich werden kann.“
– Albert Einstein: Aus meinen späten Jahren, S. 23 ff. (Über Erziehung, 1936)
Das Dilemma des Wikipedianers:
„Ersetzbar muß jeder sein, unersetzlich will jeder sein.“
– Hans Blumenberg: Begriffe in Geschichten. Frankfurt: Suhrkamp 1998 (=Bibliothek Suhrkamp 1303), S. 32
„The opinions that are held with passion are always those for which no good ground exists; indeed the passion is the measure of the holder’s lack of rational conviction.“
– Bertrand Russell: Sceptical Essays – wird auf WP-Diskussionsseiten immer wieder bestätigt.
„The problem with Wikipedia is that it only works in practice. In theory, it's a total disaster.“
„Meiner Meinung nach sind wir alle hier in der WP eine Horde von Bekloppten, von denen jeder einer oder mehreren Leidenschaften frönt. Da sollte niemand mit dem Finger auf andere zeigen.“
„Es ist normal, dass Menschen mit Erreichen der Pubertät nicht im gleichen Maße wie zuvor immer weiter und immer weiter wachsen, und mit einer Enzyklopädie ist das nicht anders. Gleichwohl kann man reifen, sich bessern, qualitativ der Vollkommenheit zustreben. Was für zunehmende Wartung und Aufarbeitung von Defiziten der Aufbruchsjahre spräche, also Formatierung, Syntax, Belege; das heißt aber, den Käse der ollen Generation polieren, was weit weniger sexy ist als selber zu stinken.“
Sieben subjektive Thesen zu den Grundlagen des Projekts
Wikipedia ist ein kollaboratives Projekt. Sie kann nur durch das konstruktive Zusammenwirken vieler Mitarbeiter erfolgreich sein.
Deshalb ist die Sozialkompetenz der Mitarbeiter für den Erfolg des Projekts mindestens ebenso wichtig wie ihre Fachkompetenz.1
Es ist immer möglich, eine Diskussion sachlich und ohne persönliche Spitzen zu führen und sich im Konfliktfall deeskalierend statt eskalierend zu verhalten.
Es ist nicht akzeptabel, wenn Mitarbeiter sich aufgrund der herausragenden Quantität und/oder Qualität ihrer Beiträge berechtigt fühlen, die Regeln des Miteinanders im Projekt zu ignorieren.
Im wirklichen Leben werden Wiederholungstäter immer schärfer sanktioniert als Ersttäter, und das zu Recht. Daher geht mir jedes Verständnis dafür ab, wenn in WP-Diskussionen gewohnheitsmäßige Verstöße gegen die Wikiquette durch altgediente Benutzer als Entschuldigungsgrund angeführt werden, à la: „Wir kennen ihn doch“, „der Kollege ist bekanntlich etwas aufbrausend“ oder „so ist er nun mal“. Um so schlimmer, kann ich da nur sagen.
Es ist unterm Strich besser für das Projekt, sich von (auch sachlich hervorragenden) Mitarbeitern zu trennen, die durch Unfreundlichkeit, Sturheit und Aggressivität die Atmosphäre vergiften, Unzufriedenheit und Wikistress erzeugen, wertvolle Arbeitszeit und -kraft anderer Mitarbeiter in Dauerkonflikten, unvorstellbar öden Diskussionen und auf Metaseiten binden und damit für die Artikelarbeit vergeuden und letztlich andere, gutwillige Mitarbeiter aus dem Projekt vertreiben. Fachkompetenz ist leichter zu ersetzen als endgültig vergraulte Mitarbeiter.
1 Auch deshalb brauchen wir viel mehr Frauen im Projekt (obwohl es auch da Gegenbeispiele gibt).
Hat wer anders übrigens anderswo auch noch ausführlicher gesagt: hier.
Über mich
Ich bin seit Oktober 2004 bescheiden, aber beständig in der Wikipedia aktiv, zunächst unter dem Benutzernamen Jossi, den ich im Zuge der SUL-Finalisierung im Mai 2013 zu Jossi2 ändern musste, weil Jossi in der englischen Wikipedia bereits durch einen (seit längerem infinit gesperrten) Benutzer belegt war. Ich höre aber weiterhin auf den Namen „Jossi“ (und signiere auch so).
Meine hauptsächlichen Interessengebiete in der Artikelarbeit sind Biographien, Geschichte, Literatur, Kunst, Musik und Philosophie sowie allerlei Abwegiges.
Ich schreibe nicht nur für die Wikipedia, sondern lese auch viel darin. Daher besteht ein Großteil meiner Arbeit, im Sinne des obigen schönen Zitats von PerfektesChaos, aus Käsepolieren: Artikelwartung und kleineren sprachlichen und sachlichen Korrekturen und Verbesserungen. Außerdem bin ich regelmäßig bei der Auskunft anzutreffen. Da ich auch noch ein Leben außerhalb der Wikipedia habe, komme ich nur sporadisch dazu, größere Arbeiten in Angriff zu nehmen. Ich bin aber immer gern bereit, Artikel auf Rechtschreibung, Grammatik, Typographie und Stil durchzusehen.
Artikel, die ich ganz oder zum größten Teil geschrieben habe: