Orgelweihe

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Kirchenraum von St. Benedikt in Regensburg-Oberisling am Tag der Orgelweihe, dem 20. November 2016

Orgelweihe ist in einigen christlichen Kirchen die Bezeichnung für die Segnung einer Kirchenorgel und deren anschließende Ingebrauchnahme für den Gottesdienst.

Geschichte

In Lateineuropa, nicht dagegen im Byzantinischen Reich, fand die Orgel Aufnahme in den Kirchenraum und galt seit dem späten 13. Jahrhundert (Konzil von Mailand) als das gottesdienstliche Instrument schlechthin. Ein früher Beleg für eine Orgelweihe (1456) ist die Inschrift der Orgel des Aegidienklosters (Braunschweig), in der es heißt: „Der ganze Konvent des Klosters weiht diese Orgel in Frömmigkeit Christus und seiner Mutter Maria … Diese Orgel möge an den Himmel heranreichen und ihr Lied erklingen lassen … In dieser Freude frohlocke zum Wohlgefallen Gottes.“[1]

Römisch-katholische Kirche

Der liturgische Ablauf in der römisch-katholischen Kirche ist im Benediktionale festgelegt. Obwohl es sich um eine Segnung (lateinisch Benedictio) handelt, wird sie im Volksmund als Orgelweihe bezeichnet. Sie kann als Wort-Gottes-Feier oder im Rahmen einer heiligen Messe nach der Homilie vorgenommen werden. Die Orgel schweigt während der Feier bis zur Segnung.

Im Benediktionale hat die Feier folgenden Ablauf:[2]

Die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Sacrosanctum Concilium stellte heraus, dass der Klang der Orgel „den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben“ vermag.[3] Das Segensgebet bei der Orgelweihe nimmt diese Formulierung auf; es hebt hervor, „dass der Mensch berufen ist, Gott zu loben“. Die ganze Feier der Orgelweihe soll doxologischen, Gott lobenden Charakter haben. Die Vielzahl der Orgelpfeifen, die einen harmonischen Zusammenklang ergeben, werden als Vorbild für „die Einheit der Kirche in Vielfalt“ betrachtet.[4]

„Großer Gott, du willst, dass wir Menschen dir in der Freude des Herzens dienen. Deshalb lassen wir Musik und Instrumente zu deinem Lob erklingen. Du hast deinem Diener Mose den Auftrag gegeben, Posaunen anzufertigen, damit sie bei der Feier des Opfers erschallen. Mit Flöten- und Harfenklang hat das auserwählte Volk dir seine Loblieder gesungen. Dein Sohn ist Mensch geworden und hat jenen Lobgesang auf diese Erde gebracht, der in den himmlischen Wohnungen durch alle Ewigkeit erklingt. Der Apostel mahnt uns, dir aus vollem Herzen zu singen und zu jubeln.

In dieser festlichen Stunde bitten wir dich: Segne + diese Orgel, damit sie zu deiner Ehre ertöne und unsere Herzen emporhebe zu dir. Wie die vielen Pfeifen sich in einem Klang vereinen, so lass uns als Glieder deiner Kirche in gegenseitiger Liebe und Brüderlichkeit verbunden sein, damit wir einst mit allen Engeln und Heiligen in den ewigen Lobgesang deiner Herrlichkeit einstimnmen dürfen. Das gewähre durch Christus, unseren Herrn. Amen.“

Segensgebet (Benediktionale)

Evangelisch-lutherische Kirche (VELKD)

Die neue Orgel wird im Eingangsteil eines Gottesdienstes am Sonn- oder Feiertag vom Gemeindepfarrer nach dem Kollektengebet geweiht.[5] Vorher singt die Gemeinde ohne Orgelbegleitung. Als Lesung wird Kol 3,16–17 LUT vorgetragen. Der Pfarrer spricht das Einweihungsgebet:

„Allmächtiger, ewiger Gott, du willst, daß wir dir mit freudigem Herzen dienen. Deshalb lassen wir Stimmen und Instrumente zu deinem Lob erklingen. Wir danken dir, daß wir heute eine neue Orgel in Gebrauch nehmen können. Laß uns das große Geschenk der Musik fröhlich annehmen. Gib, daß diese Orgel zu deiner Ehre gespielt wird und uns hilft, dich allezeit zu preisen. Durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.“

Agende IV, S. 151.

Für die folgende, vom Pfarrer gesprochene Widmung bestehen mehrere Optionen. Entweder heißt es, die Orgel sei soeben durch Schriftlesung und Gebet „dem Dienst Gottes geweiht / in den Dienst Gottes gestellt“ worden. Oder der Pfarrer erklärt, dass er nach Schriftlesung und Gebet „nun“ die Orgel im Namen des dreieinigen Gottes weihe.[6][7]

Die Orgel erklingt daraufhin zum ersten Mal. Die Gemeinde singt das Graduallied mit Orgelbegleitung; auch ein Orgelchoral im Wechsel mit dem Gemeindegesang wird vorgeschlagen. „Dabei besteht die Möglichkeit, den cantus firmus nacheinander in allen Stimmlagen zu spielen.“[6]

Quellen

  • Liturgische Institute Freiburg (Schweiz), Salzburg, Trier (Hrsg.): Benediktionale. Studienausgabe für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes (= Pastoralliturgische Reihe in Verbindung mit der Zeitschrift Gottesdienst). Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-3-451-17984-6, S. 166–171.
  • Kirchenleitung der VELKD (Hrsg.): Ordinations-, Einsegnungs-, Einführungs- und Einweihungshandlungen (= Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Band IV). Lutherisches Verlagshaus, Berlin 1952.
  • Kirchenleitung der VELKD (Hrsg.): Ordination und Einsegnung – Einführungshandlungen – Einweihungshandlungen (= Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Band IV). Neu bearbeitete Ausgabe, Lutherisches Verlagshaus, Hannover 1987, ISBN 3-7859-0538-6.

Literatur

  • Gabriele Zieroff: Cantantibus organis. Die Feier der Orgelweihe in der Gemeinde. In: Gottesdienst 41/10 (2007), S. 73–75 (Online)
  • Nikolaus Föhr, Wolfgang Oehms: Die Weihe der Orgel. In: Andreas Heinz, Heinrich Rennings (Hrsg.): Heute segnen. Werkbuch zum Benediktionale. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1987, S. 374–383. ISBN 3-451-21064-9.
  • Ernst Koch: Musik der Menschen und Musik der Engel. Theologische Aspekte von Orgel und Orgelmusik in Predigten des 17. und 18. Jahrhunderts aus Anlass der Weihe von Orgeln im obersächsisch-fränkischen Raum. In: Ders.: Musik der Menschen und Musik der Engel. Frömmigkeitsgeschichtliche Beiträge zur lutherischen Musikkultur, hrsg. von Stefan Michel und Johannes Schilling. EVA Leipzig 2021, S. 156–183. ISBN 978-3-374-06797-8.

Anmerkungen

  1. Nikolaus Föhr, Wolfgang Oehms: Die Weihe der Orgel, Freiburg/Basel/Wien 1987, S. 375.
  2. Benediktionale. Studienausgabe für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Freiburg 2014, S. 166–171.
  3. Sacrosanctum Concilium Nr. 120 [1]
  4. Benediktionale. Studienausgabe für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Freiburg 2014, S. 166.
    Gabriele Zieroff: Cantantibus organis. Die Feier der Orgelweihe in der Gemeinde. Gottesdienst 41/10 (2007), S. 73–75, hier S. 73 (Online)
  5. In der Agende IV von 1952 fand die „Weihehandlung“ entweder nach dem Introitus bzw. dem Eingangslied oder nach dem Kollektengebet statt.
  6. a b Kirchenleitung der VELKD (Hrsg.): Ordination und Einsegnung – Einführungshandlungen – Einweihungshandlungen (= Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Band IV). Neu bearbeitete Ausgabe, Lutherisches Verlagshaus, Hannover 1987, S. 151.
  7. Die Agende IV von 1952 kannte nur die letztere Möglichkeit. Darauf solle der Pfarrer die Gemeinde auffordern, „sich mit einem Liede an der Weihehandlung zu beteiligen.“ Vgl. Kirchenleitung der VELKD (Hrsg.): Ordinations-, Einsegnungs-, Einführungs- und Einweihungshandlungen (= Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Band IV). Lutherisches Verlagshaus, Berlin 1952, S. 163.