Fricke-Dosimeter
Das Fricke-Dosimeter (veraltet auch Fricke-Ferrosulfatdetektor) gilt als das bekannteste chemische Dosimeter.[1][2] Es wurde 1927 von Hugo Fricke und Sterne Morse entwickelt.[3] Sein Funktionsprinzip beruht auf der Oxidation von Eisen(II)- zu Eisen(III)-Ionen durch die Wirkung ionisierender Strahlung.
Zusammensetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fricke-Dosimeter bestehen aus Ampullen, die mit einer luftgesättigten Eisen(II)-sulfatlösung gefüllt sind. Eine typische Lösung hat die folgende Zusammensetzung:[2][4]
- 0,001 mol/l Ammoniumeisen(II)-sulfat (Fe(NH4)2(SO4)2)
- 0,001 mol/l Natriumchlorid (NaCl)
- 0,4 mol/l Schwefelsäure (H2SO4)
Wirkungsweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Radiolyse von Wasser
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei Einwirkung von ionisierender Strahlung erfolgt wegen der Verdünnung der Lösung zunächst hauptsächlich eine Radiolyse von Wassermolekülen; erst bei Konzentrationen von über 0,1 mol/l könnte ein gelöster Stoff merklich einer direkten Radiolyse unterliegen.[5] Die Radiolyse von Wasser läuft in mehreren Schritten ab, die im Folgenden aufgeführt werden.[6][7]
Durch die Anwesenheit von gelöstem Sauerstoff in der luftgesättigten Lösung wird außerdem das Hydroperoxyradikal (∙HO2) gebildet:[6][7]
Oxidation von Eisen(II)- zu Eisen(III)-Ionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die in der Lösung enthaltenen Eisen(II)-Ionen können von Hydroxyl-Radikalen (∙HO), Hydroperoxyradikalen (∙HO2) oder Wasserstoffperoxid (H2O2) zu Eisen(III)-Ionen oxidiert werden:[1][7][8]
Die strahlenchemische Ausbeute G von Eisen(III)-Ionen ergibt sich aus der Gleichung
- .[5]
Der Wert der strahlenchemische Ausbeute hängt vom LET-Wert der Strahlung ab. Für γ-Strahlung beträgt er etwa G(Fe3+) = 0,155(5)/eV;[9] das entspricht etwa G(Fe3+) = 1,6 µmol/J. Somit ist die in einer Lösung mit der Masse m erzeugte Stoffmenge n der Eisen(III)-Ionen proportional zur absorbierten Dosis D:
Für die im Fricke-Dosimeter erzeugte Stoffmengenkonzentration c der Eisen(III)-Ionen gilt entsprechend
- .
Dabei ist ρ die Dichte der Lösung. Bedingt durch die zugesetzte Schwefelsäure beträgt sie etwa ρ = 1,024 g/cm3.[2][10]
Das Fricke-Dosimeter für Dosisleistungen von bis zu 2 · 106 Gy/s und eine Dosis im Bereich von 1 Gy bis 500 Gy verwendbar.[2]
Auswertung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Auswertung des Fricke-Dosimeters erfolgt mithilfe eines Spektralphotometers. Die erzeugte Stoffmengenkonzentration c der Eisen(III)-Ionen wird durch die Messung der Extinktion Eλ bei einer Wellenlänge λ von 304 nm bestimmt.[2][10] Die Differenz zur Extinktion einer unbestrahlten Vergleichslösung ergibt ΔEλ, wobei gemäß dem lambert-beerschen Gesetz gilt:
Dabei ist d die Schichtdicke der verwendeten Küvette, z. B. d = 10 mm. Der molare Extinktionskoeffizient ε beträgt 217,4 m2/mol.[2]
Für die gesuchte Dosis D erhält man damit
- .[2]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Lieselott Herforth, Hartwig Koch: Praktikum der Radioaktivität und Radiochemie. 3. Auflage. Johann Ambrosius Barth, 1992, ISBN 3-335-00347-0, S. 98.
- ↑ a b c d e f g Gregory R. Choppin, Jan-Olov Liljenzin, Jan Rydberg: Radiochemistry and Nuclear Chemistry. 3. Auflage. Butterworth-Heinemann, 2001, ISBN 978-0-7506-7463-8, S. 184.
- ↑ Hugo Fricke, Sterne Morse: The Chemical Action of Roentgen Rays on Dilute Ferrosulphate Solutions as a Measure of Dose. In: American Journal of Roentgenology and Radium Therapy. Band 18, Nr. 5, 1927, S. 430–432.
- ↑ Lieselott Herforth, Hartwig Koch: Praktikum der Radioaktivität und Radiochemie. 3. Auflage. Johann Ambrosius Barth, 1992, ISBN 3-335-00347-0, S. 99–100.
- ↑ a b Gregory R. Choppin, Jan-Olov Liljenzin, Jan Rydberg: Radiochemistry and Nuclear Chemistry. 3. Auflage. Butterworth-Heinemann, 2001, ISBN 978-0-7506-7463-8, S. 180.
- ↑ a b Gregory R. Choppin, Jan-Olov Liljenzin, Jan Rydberg: Radiochemistry and Nuclear Chemistry. 3. Auflage. Butterworth-Heinemann, 2001, ISBN 978-0-7506-7463-8, S. 175–179.
- ↑ a b c Karl Heinrich Lieser: Einführung in die Kernchemie. 3. Auflage. VCH, Weinheim 1991, ISBN 3-527-28329-3, S. 366.
- ↑ Gregory R. Choppin, Jan-Olov Liljenzin, Jan Rydberg: Radiochemistry and Nuclear Chemistry. 3. Auflage. Butterworth-Heinemann, 2001, ISBN 978-0-7506-7463-8, S. 179–180.
- ↑ Karl Heinrich Lieser: Einführung in die Kernchemie. 3. Auflage. VCH, Weinheim 1991, ISBN 3-527-28329-3, S. 367.
- ↑ a b Lieselott Herforth, Hartwig Koch: Praktikum der Radioaktivität und Radiochemie. 3. Auflage. Johann Ambrosius Barth, 1992, ISBN 3-335-00347-0, S. 100.