Goldenes Rad von Berlin
Das Goldene Rad von Berlin war ein Wettbewerb im Bahnradsport, der auf verschiedenen Radrennbahnen von Berlin als Steherrennen veranstaltet wurde. Dabei fanden die Rennen in verschiedenen Jahren unter den Namen Goldenes Rad von Berlin, Großes Goldenes Rad von Berlin und Kleines Goldenes Rad von Berlin über unterschiedliche Distanzen und teilweise an verschiedenen Veranstaltungsorten statt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Goldene Rad von Berlin war ein renommiertes Bahnrennen, das 1898 zum ersten Mal stattfand. Es gehörte zu den ersten regelmäßig veranstalteten Steherrennen in Europa, die eine lange Tradition entwickelten.
Im Lauf der Jahre starteten berühmte Steher und Schrittmacher aus Europa und den Vereinigten Staaten in dem Rennen. Zu den Siegern gehörten die Weltmeister Thaddäus Robl,[1] Piet Dickentman, Louis Darragon, Paul Guignard, Walter Sawall, Victor Linart, Erich Möller, Charles Lacquehay und Walter Lohmann.
In einigen Jahren des Bestehens des Goldenen Rades wurde es vom Unternehmen Diamant Fahrradwerke gesponsert. Mehrfach wurde das Rennen als „Großes Goldenes Rad“ oder als „Kleines Goldenes Rad“ in einer Saison veranstaltet.[2] Im Lauf der Jahre wurde das Goldene Rad auf verschiedenen Bahnen in Berlin ausgefahren und trug häufig den Namen der jeweiligen Radrennbahn als Zusatz im Namen (Goldenes Rad von Friedenau, Goldenes Rad von Steglitz, Goldenes Rad von Treptow, Goldenes Rad von Zehlendorf).[3][4] Bis 1919 trugen die Veranstalter der Radrennbahnen von Friedenau, Steglitz, Treptow und Zehlendorf[2] teilweise parallel Steherrennen unter dem Namen „Goldenes Rad“ aus.[5][6] Bis 1952 war es ein Rennen für Berufsfahrer.
Meistens wurden mehrere Vorläufe über 30 bis 50 Kilometer und ein Endlauf über 100 Kilometer oder häufiger über eine Stunde gefahren. Das Kleine Goldene Rad ging in der Regel über 50 Kilometer.[7] Die Rennen während des Zweiten Weltkriegs in der Deutschlandhalle wurden über kürzere Distanzen ausgetragen.
Um die Jahrhundertwende erhielt der Sieger des Goldenen Rades 2.000 Mark und eine goldene Medaille.[8] Anfang der 1920er Jahre betrug das Preisgeld für den Sieger 2.500 Mark.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fand das Rennen in West-Berlin in unregelmäßigen Abständen auf der Neuköllner Bahn statt.[9]
Der Radsport-Verband der DDR nahm die Tradition des Rennens 1956 kurzzeitig wieder auf und veranstaltete das Goldene Rad für Amateure auf der Bahn in Weißensee. Nach dem faktischen Verbot des Berufsradsports in der DDR[10] wollte man die Popularität des Rennens und des Stehersports allgemein für die Entwicklung der Amateurrennen nutzen. So starteten auch ehemalige, beim Publikum beliebte Profis wie Rudi Keil 1956 auf der ausverkauften Radrennbahn.[11] Diese Tradition endete nach 1957, da durch starke Förderung des Stehersports der Amateure die historische Verbindung mit dem Berufsradsport abgebrochen werden sollte. DDR-Steher wie Lothar Meister I und Georg Stoltze wurden wenige Jahre später Weltmeister der Amateure. 1910 gab es unter diesem Namen ein Sprinterturnier, das Walter Rütt gewann.
Radrennbahnen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Austragungsstätten waren unter Berücksichtigung mehrfacher Austragungen in einigen Jahren:
Bahn | Jahre bis 1909 |
Jahre bis 1919 |
Jahre bis 1929 |
Jahre bis 1939 |
Jahre bis 1945 |
Jahre 1950er |
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Radrennbahn Friedenau | 1898–1904 | |||||
Radrennbahn Zehlendorf | 1905–1906 | 1911 | ||||
Radrennbahn Steglitz | 1909 | 1913–1914, 1916–1919 | 1922–1923, 1926 | |||
Radrennbahn Treptow, auch bekannt als „Nudeltopp“ |
1909 | 1913–1914, 1916–1919 | 1922–1923, 1926 | |||
Olympiabahn Plötzensee | 1911–1914 | 1920–1922, 1924, 1926–1928 | 1930, 1937–1938 | |||
Deutschlandhalle | 1941–1942 | |||||
Werner-Seelenbinder-Sportpark, Neukölln | 1950 | |||||
Radrennbahn Weißensee | 1956 |
Palmarès (Siegerliste)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1898 Émile Bouhours (1)
- 1899 Albert Edward Walters (1)[12]
- 1900 Edouard Taylor (1)
- 1901 Émile Bouhours (1)
- 1902 Thaddäus Robl (1)
- 1903 Thaddäus Robl (2)
- 1903 Henri Cornet (3)
- 1904 Thaddäus Robl (2)
- 1904 Bruno Demke (3)
- 1905 Louis Darragon (1)
- 1905 Thaddäus Robl (1)
- 1906 Thaddäus Robl (1)
- 1906 Louis Darragon (3)
- 1906 Piet Dickentman (2)
- 1907 Paul Guignard (2)
- 1907 Hermann Przyrembel (3)
- 1908 Paul Guignard(2)
- 1908 Fritz Theile (1)
- 1908 Fritz Theile (3)
- 1909 Paul Guignard (1)
- 1909 Hermann Przyrembel (1)
- 1911 Karel Verbist (1)
- 1911 Gustav Janke (1)
- 1911 Gustav Janke(2)
- 1912 Tommy Hall (3)
- 1912 Gustav Janke(2)
- 1913 Gustav Janke (1)
- 1913 Paul Guignard (1)
- 1914 Karl Saldow (2)
- 1914 Jules Miquel (1)
- 1914 Zimmermann (3)
- 1915 nicht ausgetragen
- 1916 Fritz Bauer (1)
- 1917 Fritz Bauer (1)
- 1918 Fritz Bauer (1)
- 1919 Fritz Bauer (1)
- 1919 Karl Saldow (1)
- 1920 Emil Lewanow (1)
- 1921 Walter Sawall (1)
- 1922 Jean Weiss (1)
- 1922 Jean Weiss (2)
- 1922 Hoffmann (3)
- 1923 Jean Weiss (2)
- 1924 Walter Sawall (1)
- 1925 Teun Vermeer (3)
- 1925 Jules Miquel (2)
- 1926 Walter Sawall (1)
- 1926 Walter Sawall(1)
- 1927 Victor Linart (1)
- 1927 Teun Vermeer (1)
- 1928 Walter Sawall (1)
- 1929 Walter Sawall (1)
- 1930 Paul Krewer (1)
- 1931 Paul Krewer (1)
- 1932 Erich Möller (1)
- 1933 Walter Sawall (1)
- 1933 Charles Lacquehay (1)
- 1934 nicht ausgetragen
- 1935 Charles Lacquehay (1)
- 1936 Henri Lemoine (1)
- 1937 Walter Lohmann (1)
- 1938 Walter Lohmann (1)
- 1938 Walter Lohmann (1)
- 1939 Erich Metze (1)
- 1940 Walter Lohmann (1)
- 1941 Walter Lohmann (2)
- 1941 Heinz Wengler (3)
- 1942 Walter Lohmann (3)
- 1942 Aad van Amsterdam (3)
- 1943–1947 nicht ausgetragen
- 1948 Emil Kirmse
- 1949 Emil Kirmse
- 1950 Erich Hoffman (1)
- 1951 Jean Schorn (1)
- 1952 Walter Lohmann (1)
- 1953–1955 nicht ausgetragen
- 1956 Bruno Zieger(1)
- 1957 Bruno Zieger(1)
Erläuterung: (1) Goldenes Rad, (2) Großes Goldenes Rad, (3) Kleines Goldenes Rad
Der Sieger von 1908 Paul Guignard wurde nach dem Rennen wegen Behinderung anderer Fahrer disqualifiziert.
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter der gleichen Bezeichnung (Goldenes Rad) gibt es auch einen Steherwettbewerb in Chemnitz und in Erfurt.[13]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Arno Arndt: Hinter den Motoren. In: Berliner Sport (= Großstadt-Dokumente. Nr. 10). Hermann Seemann Nachf., Berlin [u. a.] 1905, S. 73 ff. (zlb.de [abgerufen am 27. Juli 2024] Sieg beim Goldenen Rad von Friedenau).
- ↑ a b Fredy Budzinski: Taschen Rad-Welt 1920. Ein radsportliches Lexikon. Taschen Rad-Welt. Ein radsportliches Lexikon, Berlin 1920, S. 88–89.
- ↑ Adolf Klimanschewsky: Der entfesselte Weltmeister. Sportverlag Berlin, Berlin 1955, S. 100.
- ↑ Sport Informations Service (Hrsg.): 100 Jahre Machnow – 100 Jahre Radsport in Berlin. Berlin 1999, S. 9.
- ↑ Fredy Budzinski: Taschen Rad-Welt 1909. Ein radsportliches Lexikon. Verlag der Rad-Welt, Berlin 1909, S. 29.
- ↑ Fredy Budzinski: Sport-Album der Rad-Welt 1909. Verlag der Rad-Welt, Berlin 1909, S. 124.
- ↑ Fredy Budzinski: Sport-Album der Rad-Welt. Verlag der Rad-Welt, Berlin 1921, S. 132.
- ↑ Fredy Budzinski: Sport-Album der Rad-Welt 1903. Verlag der Rad-Welt, Berlin 1903, S. 127.
- ↑ Generalsekretariat der Sektion Radfahren der DDR (Hrsg.): Illustrierter Radrennsport. Nr. 29/1951. Sportverlag, Berlin 1951, S. 2.
- ↑ Präsidium der Sektion Radsport der DDR (Hrsg.): Radsport-Woche. Nr. 7/1955. Sportverlag, Berlin 1955, S. 8.
- ↑ Präsidium der Sektion Radsport der DDR (Hrsg.): Radsport-Woche. Nr. 27/1956. Sportverlag, Berlin 1956, S. 4.
- ↑ Geschichten um das Radfahren in Berlin, auf adfc-berlin.de; abgerufen am 12. Juli 2023.
- ↑ Goldenes Rad von Erfurt, abgerufen am 16. Juli 2023.