Marzhausen (Neu-Eichenberg)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Marzhausen
Koordinaten: 51° 25′ N, 9° 54′ OKoordinaten: 51° 24′ 36″ N, 9° 54′ 3″ O
Höhe: 204 m ü. NHN
Fläche: 2,97 km²[1]
Einwohner: 174 (31. Dez. 2020)[2]
Bevölkerungsdichte: 59 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Februar 1971
Postleitzahl: 37249
Vorwahl: 05504

Marzhausen ist gleichzeitig der nördlichste Ortsteil der Gemeinde Neu-Eichenberg und nördlichster Ort im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Geographische Lage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marzhausen liegt acht Kilometer nordöstlich von Witzenhausen im Dreiländereck von Hessen, Thüringen und Niedersachsen. Knapp einen Kilometer östlich befindet sich das Grenzdurchgangslager Friedland mit einem Mahnmal auf dem Hagenberg. Durch den Ort verlaufen die Landesstraße 3238 und die Bundesstraße 27.

Die älteste bekannte Erwähnung von Marzhausen erfolgte unter dem Namen Martharahuson im Jahr 973.[1] Anlässlich eines Gütertausches durch das Kloster Helmarshausen wurde der Ort in der Schreibweise Maretegenhus dann im Jahre 1120 erwähnt. Aus Martakeshusen bezogen 1222 die Grafen von Everstein den Zehnten und überließen diese Einkünfte dem Erzbistum Mainz. Ab 1268 erschien das bei Göttingen gelegene Kloster Mariengarten als Grundbesitzer im Ort;[3] zeitgleich waren auch die Wilhelmiten in Witzenhausen sowie die Herren von Ziegenberg und Herren von Plesse im Ort begütert. Ab 1428 wurde Marzhausen von den Herzögen von Braunschweig, zunächst an die von Stockhausen, später an das Geschlecht derer von Weihe mit Gericht, Vogtei und allem Recht verliehen. Die Braunschweiger bezogen aus Marzhausen stets Steuern und Schatzungen, die jedoch ab Mitte des 16. Jahrhunderts immer spärlicher gezahlt wurden. So tritt der Ort 1550 im Braunschweiger Schatzregister nicht auf, auch drei Jahre später verweigerte Marzhausen eine Schatzung, die anschließend per Pfändung einzogen werden musste.[4] Spätere Schatzungen konnte Braunschweig nicht mehr erlangen.

Ab 1585 wurde Braunschweig zum ersten Mal aus Marzhausen der Huldigungseid unterlassen und vier Jahre später auch die Kirchenvisitation. Die von Stockhausen verpfändeten den Ort bereits in früheren Zeiten, an die von Berlepsch weiter, die 1461 ihr gesamtes Gefälle dem Landgrafen Ludwig II. von Hessen auftrugen und als Lehen zurückempfingen, worunter auch Marzhausen genannt wird. Als hessischer Lehensinhaber tritt um 1500 die Familie der Grafen von Plesse in Erscheinung. Mit der Säkularisation ihrer Klöster in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entbrannte ein endloser Streit zwischen den Landgrafen von Hessen und den Herzögen von Braunschweig über die Lehenshoheit im Ort, der erst 1805 endgültig beigelegt wurde. Im 17. Jahrhundert übernahm die Familie von Berlepsch das Lehen, sie stellte ab 1778 auch den Gerichtsherren in Marzhausen, das Dorf gehörte damit formell zum hessischen Amt Witzenhausen.

Mit Einführung der Reformation erhielt Marzhausen vorübergehend (1569 und 1578–1622) eine Pfarrei, wurde danach wieder der Pfarrei Hermannrode unterstellt.

Zur Gemarkung des Ortes gehören heute die Flurbezirke der Wüstungen Eilersgewende, Bremerode und Gerwardshausen (anteilig). Diese Kleinsiedlungen waren Streubesitz von hessischen Adelsfamilien und fielen bereits im 15. Jahrhundert wüst.

Bereits im September 1945 entstand auf einem landwirtschaftlichen Versuchsgelände etwa 1 km östlich vom Ort das Grenzdurchgangslager Friedland.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 1. Februar 1971 fusionierten die bis dahin selbständige Gemeinde Marzhausen im Zuge der Gebietsreform in Hessen mit vier weiteren Gemeinden freiwillig zur neuen Gemeinde Neu-Eichenberg.[5][6] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Hebenshausen. Ortsbezirke nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden nicht errichtet.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Marzhausen angehört(e):[1][7]

Einwohnerstruktur 2011

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Marzhausen 177 Einwohner. Darunter waren keine Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 24 Einwohner unter 18 Jahren, 72 zwischen 18 und 49, 39 zwischen 50 und 64 und 72 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 78 Haushalten. Davon waren 24 Singlehaushalte, 24 Paare ohne Kinder und 24 Paare mit Kindern, sowie 6 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 18 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 51 Haushaltungen lebten keine Senioren.[10]

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1569: 33 Hausgesesse
• 1681: 24 Mannschaften
• 1744: 182 Einwohner
• 1747: 27 Mannschaften mit 28 Feuerstellen
• 1961: 199 evangelische (= 82,23 %), 43 katholische (= 17,77 %) Einwohner
Marzhausen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
279
1840
  
291
1846
  
308
1852
  
280
1858
  
269
1864
  
279
1871
  
292
1875
  
276
1885
  
249
1895
  
218
1905
  
200
1910
  
199
1925
  
220
1939
  
171
1946
  
308
1950
  
325
1956
  
270
1961
  
242
1967
  
259
1970
  
249
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
177
2015
  
159
2020
  
174
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[10]; Gemeinde Neu-Eichenberg[11]

Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Evangelische Kirche Ziegelstraße

Zu den Sehenswürdigkeiten des Ortes gehört die ehemalige Gutsanlage.

Die 1847 erbaute evangelische Kirche ist ein von Johann Friedrich Matthei entworfener Saalbau aus rötlichen Sandstein-Quadern in romanisierenden Formen von 5 auf 3 Achsen, die teils als Blendnische am Außenbau ausgeführt sind. Das Satteldach trägt einen 8-seitigen verschieferten Dachreiter mit einer welscher Haube. Das innen mit einer Flachdecke gedeckte Gebäude zeigt mit Emporen, Gestühl und Kanzel die bauzeitliche Ausstattung; die bauzeitlichen Stände links und rechts der Kanzel sowie deren Schalldeckel sind entfernt; der Fußboden, der Altar und der Taufstein sind neuere Ergänzungen. Die Orgel wurde 1969 von der Kassler Firma Werner Bosch errichtet. Im Altarraum steht eine Glocke von 1655.

  • Waldemar Küther: Marzhausen. In: Hessischer Heimatbund (Hrsg.): Kreis Witzenhausen. Handbuch des Hessischen Heimatbundes. Band IV. J.A. Koch Buchdruckerei, Marburg a.d. Lahn 1971, S. 158.
  • Dehio. Hessen I, München/ Berlin, 2008, S. 643.
Commons: Marzhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung von Justiz (Justizamt Witzenhausen) und Verwaltung.
  3. Am 1. Februar 1971 als Ortsteil zur Gemeinde Neu-Eichenberg.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Marzhausen, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 1. März 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Aktuelle Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Neu-Eichenberg, abgerufen im Januar 2022.
  3. Manfred von Boetticher: Urkundenbuch des Klosters Mariengarten. (Göttingen-Grubenhagener Urkundenbuch, 2. Abteilung). Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXVII. Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens im Mittelalter, Band 8. August Lax Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 1987. ISBN 3-7848-3017-X.
  4. Gertrud Wolters: Das Amt Friedland und das Gericht Leineberg. Beiträge zur Geschichte der Lokalverwaltung und des welfischen Territorialstaates in Südhannover. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1927, S. 33.
  5. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328, Abs. 35 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 409 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 64 f. (online bei Google Books).
  9. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821, S. 72.)
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 56 und 112, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  11. Aktuelle Einwohnerzahlen. (aus Webarchiv). In: Webauftritt. Gemeinde Neu-Eichenberg, archiviert vom Original; abgerufen im Oktober 2020.