Salmlerartige

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Salmlerartige

Sternflecksalmler (Pristella maxillaris)

Systematik
Teilklasse: Echte Knochenfische (Teleostei)
Überkohorte: Clupeocephala
Kohorte: Ostarioclupeomorpha
Unterkohorte: Ostariophysi
ohne Rang: Otophysi
Ordnung: Salmlerartige
Wissenschaftlicher Name
Characiformes
Regan, 1911

Die Salmlerartigen (Characiformes), auch Salmler oder Salmlerfische genannt, sind eine Ordnung der Knochenfische. Sie umfasst mehr als 2200 Arten[1], u. a. die Piranhas und Neonsalmler. Einige Arten werden als Speisefische genutzt, viele Arten sind aufgrund ihrer Farbenpracht beliebte Süßwasserzierfische.

Die Salmlerartigen kommen überwiegend in tropischen Seen und Flüssen in Südamerika, Zentralamerika und in Afrika südlich der Sahara sowie im Nil vor. Dabei lebt in Afrika mit etwas mehr als 230 Arten nur ein kleiner Teil der Gesamtartenzahl. In Amerika reicht das Areal im Norden bis Texas, im Süden westlich der Anden bis zur Isla del Chiloé (Chile)[2] und östlich der Anden bis zum Arroyo Valcheta in der Provinz Río Negro. In den Anden werden einzelne Arten bis in über 3000 m Höhe angetroffen.

Alle Salmler sind strikte Süßwasserbewohner und meiden bereits Brackwasser. Dies in Verbindung mit ihrem Vorkommen in Amerika und Afrika legt nahe, dass sie sich bereits während der Kreidezeit in ihre wesentlichen Abstammungslinien diversifiziert haben.

Die Ordnung der Salmlerartigen ist vielgestaltig, die meisten Arten sind aber von barbenartiger Gestalt, aalähnlich langgestreckte Formen oder abgeflachte Bodenbewohner fehlen jedoch. Die Salmler Amerikas haben vielfältigere Körperformen hervorgebracht als die afrikanischen Salmler. Wie alle Ostariophysi sind die Salmlerartigen insbesondere durch den Weberschen Apparat, der hier einfach gebaut ist, und eine Reihe knöchriger Strukturen zwischen Schwimmblase und dem inneren Ohr gekennzeichnet. Kennzeichen der meisten Characiformes sind eine kleine Fettflosse zwischen Rückenflosse und Schwanzflosse sowie der Besitz von kräftigen Zähnen. Die Bezahnung im Oberkiefer liegt normalerweise auf dem Prämaxillare. Das Maxillare ist meist nicht oder nur schwach bezahnt. Weiterhin können das Pterygoid und Palatinum bezahnt sein. Die Kieferzähne sind mehrspitzig. Bei den Breitlingssalmlern (Curimatidae) fehlen die Zähne im Alter. Der Oberkiefer ist nicht vollständig vorstülpbar, Ausnahmen sind die Keulensalmler (Hemiodontidae) und die Barbensalmler (Prochilodontidae). Schlundzähne sind normalerweise vorhanden, aber nur bei den Engmaulsalmler (Anostomidae) ähnlich spezialisiert wie bei den Karpfenartigen (Cypriniformes). Barteln fehlen, die Anzahl der Branchiostegalstrahlen liegt bei drei bis fünf.

Der Körper ist normalerweise mit Rundschuppen bedeckt, Kammschuppen oder kammschuppenähnliche Schuppen treten nur bei den Geradsalmlern sowie einigen wenigen Arten der Characoidei auf. Der Kopf ist unbeschuppt. Auch am Körper ganz ohne Schuppen sind nur ausgewachsene Vertreter der in Patagonien lebenden Art Gymnocharacinus bergii, die zudem keine Fettflosse hat. Die Bauchflossen werden von fünf bis zwölf Flossenstrahlen gestützt, die Schwanzflosse hat normalerweise 19 Hauptflossenstrahlen. Die Afterflosse ist kurz oder gemäßigt lang, mit weniger als 45 Flossenstrahlen. Alle Flossenstrahlen sind Weichstrahlen. Bei den Männchen können die Flossenstrahlen der After- und Bauchflossen kleine Häkchen aufweisen. Die erste Hypuralia ist durch eine Lücke vom Wirbelkörper getrennt. Eine solche Lücke fehlt bei den meisten anderen niederen Teleostei. Die Seitenlinie ist manchmal unvollständig. Salmlerartige sind Physostomen, die zweigeteilte Schwimmblase steht mit dem Darm in Verbindung. Sie dient einigen Raubsalmlern (Erythrinus & Hoplerythrinus) sowie einigen Schlanksalmler der Gattung Lebiasina als zusätzliches Atmungsorgan.

Viele Salmlerartige sind sehr farbenfroh, viele auch silbrig. Die größte Art ist der 1,40 Meter lange Riesen-Tigersalmler aus dem Kongo. Einige Arten bleiben auch unter einer Länge von drei Zentimetern, die kleinste wird 13 Millimeter lang.

Viele Salmlerarten werden in der Literatur als Schwarmfische bezeichnet. Die meisten als Schwarmfische bezeichneten Salmlerarten zeigen aber nur beim Auftreten einer vermeintlichen Gefahr echtes Schwarmverhalten. Ohne diesen äußeren Einfluss wird die Schwarmformation zugunsten eines lockeren Gruppenverbands mit einem bestimmten Individualabstand aufgegeben. Dabei können vorübergehend Kleinstreviere gebildet werden, die durch ein ritualisiertes Kampfverhalten ähnlich dem von Buntbarschen abgegrenzt und verteidigt werden. Dies und auch die gelegentlich zu beobachtende Rangordnung setzen voraus, dass sich Mitglieder untereinander individuell kennen, was nicht der verhaltensbiologischen Definition echter Schwarmfische entspricht. Einer der wenigen echten Schwarmfische unter den Salmlern ist der Rotkopfsalmler (Hemigrammus bleheri).[3]

Salmler ernähren sich als Fleisch-, Alles- oder Pflanzenfresser. Zu den Fleischfressern gehören die in größeren Gruppen lebenden Piranhas, sowie langgestreckte Raubfische, wie die Spindel- und Raubsalmler, die Amerikanischen und die Afrikanischen Hechtsalmler. Der Wimpelpiranha (Catoprion mento), Gnathodolus bidens und Probolodus heterostomus sind Schuppenfresser. Die Distichodontidae-Gattungen Belonophago, Eugnathichthys, Ichthyborus & Phago ernähren sich hauptsächlich von den Flossen anderer Fische. Zu den Pflanzenfressern zählen der Schwarze Pacu, die Metynnis- und die Myleus-Arten. Nur wenige Salmler betreiben Brutpflege, der Laich wird meist in Pflanzen abgesetzt. Einige Salmlerartige können akustisch, mit Tönen, die durch die mit Hilfe von Trommelmuskeln in Vibrationen versetzte Schwimmblase erzeugt werden, miteinander kommunizieren. Die chorartigen Laute der Prochilodus können auch außerhalb des Wassers wahrgenommen werden und dienen einheimischen Fischern zum Auffinden der Schwärme.

Welse wie Hypancistrus zebra gehören zu den nächsten Verwandten der Salmlerartigen.

Äußere Systematik

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Die Salmlerartigen gehören zu den Ostariophysi, zu denen auch die Karpfenartigen (Cypriniformes) und die Welsartigen (Siluriformes) gehören. Sie stehen allein in der Überordnung Characiphysae und sind die Schwestergruppe der Siluriphysae (Welsartige und Neuwelt-Messerfische). Ihre phylogenetischen Beziehungen sind in folgendem Kladogramm dargestellt:[4]

 Otomorpha 
 Clupei 

Heringsartige (Clupeiformes)


   
 Alepocephali 

Alepocephaliformes


 Ostariophysi 
 Anotophysa 

Sandfischartige (Gonorynchiformes)


 Otophysa 
 Cypriniphysae 

Karpfenartige (Cypriniformes)


   
 Characiphysae 

Salmlerartige (Characiformes)


 Siluriphysae 

Neuwelt-Messerfische (Gymnotiformes)


   

Welsartige (Siluriformes)








Innere Systematik

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Es gibt etwa 2340 Arten in ca. 290 Gattungen, 28 Familien und zwei Unterordnungen:[5][6]

Zebra-Geradsalmler
(Distichodus sexfasciatus)
Blauer Kongosalmler
(Phenacogrammus interruptus)
Prachtkopfsteher (Anostomus anostomus)
Schlußlicht-Drachenflosser (Gnathocharax steindachneri)
Iguanodectes sp.

Die wahrscheinlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zeigt folgendes Kladogramm:[9][6]

 Characiformes 
 Geradsalmler (Citharinoidei) 

Eigentliche Geradsalmler (Citharinidae)


   

Distichodontidae



 Characoidei 

Pracht- und Bodensalmler (Crenuchidae)


   


Schlanksalmler (Lebiasinidae)


   

Amerikanische Hechtsalmler (Ctenoluciidae)



   



Afrikanischer Großschuppensalmler (Arnoldichthys spilopterus)


   

Afrikanische Hechtsalmler (Hepsetidae)


   

Afrikanische Salmler (Alestidae)




   


Wolfssalmler (Cynodontidae)


 Erythrinoidea 

Raubsalmler (Erythrinidae)


   

Tarumaniidae[8]




   

Sägesalmler (Serrasalmidae)


   

Parodontidae


   

Keulensalmler (Hemiodontidae)


 Anostomoidea 

Engmaulsalmler (Anostomidae)


   

Barbensalmler (Prochilodontidae)


   

Breitlingssalmler (Curimatidae)


   

Kopfsteher (Chilodontidae)










   

Chalceidae


   

Bryconidae


   


Triportheidae


   

Beilbauchsalmler (Gasteropelecidae)



   


Iguanodectidae


   

Acestrorhynchidae



 „Echte Salmler“ 

Spintherobolidae


   


Stevardiidae


   

Characidae



   

Acestrorhamphidae












Vorlage:Klade/Wartung/Style

Ob es sich bei den Salmlerartigen tatsächlich um ein Monophylum handelt, also um eine systematische Einheit, die den letzten gemeinsamen Vorfahren und alle seine Nachfahren enthält, wurde Anfang 2017 in Frage gestellt. Einer im Februar 2017 veröffentlichten Studie zufolge ist die Unterordnung Characoidei die Schwestergruppe der Welsartigen (Siluriformes), also näher mit diesen verwandt als mit der Unterordnung Citharinoidei. Letztere ist die Schwestergruppe der von Characoidei und Siluriformes gebildeten Klade.[10] Den Ergebnissen dieser Studie wurde jedoch kurz darauf von anderer Seite widersprochen.[11]

Fossilüberlieferung

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Das älteste Fossil eines salmlerähnlichen Fisches stammt aus dem Albium, die chronostratigraphisch höchste Stufe in der Unterkreide. Santanichthys aus Brasilien war wahrscheinlich marin oder lebte in Brackwasser und ist wahrscheinlich der älteste Salmlerartige oder der älteste Otophysier. Weiter fossile Salmlerartige sind Sorbincharax aus der ausgestorbenen Familie Sorbincharacidae, Paleohoplias und Tiupampichthys aus Südamerika, Eocitharinus, möglicherweise ein Vertreter der afrikanischen Unterordnung Citharinoidei und Mahengecharax, möglicherweise die Schwesterart der Alestidae. Die rezente Gattung Brycon ist schon aus dem Oligozän bekannt, Tetragonopterus und Triportheus seit dem Miozän.[12]

Einzelnachweise

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  1. Fricke, Eschmeyer & Fong: Eschmeyer's Catalog of Fishes. Abgerufen am 24. Juli 2020.
  2. Campos et al.: Presencia de Cheirodon australe (Pisces: Characidae) en Lago Tarahuín (Isla Grande de Chiloé, 42º40’S, Chile) y su Significado Zoogeográfico. Medio Ambiente 1996 13(1): 69–79.
  3. Wolfgang Staeck: Salmler aus Südamerika. Verlag Dähne 2008, ISBN 3-935175-41-8, S. 53–56
  4. Betancur-R, R., Wiley, E.O., Arratia, G. et al. Phylogenetic classification of bony fishes. BMC Evol Biol 17, 162 (2017). DOI: 10.1186/s12862-017-0958-3
  5. Claudio Oliveira et al.: Phylogenetic relationships within the speciose family Characidae (Teleostei: Ostariophysi: Characiformes) based on multilocus analysis and extensive ingroup sampling. BMC Evolutionary Biology 2011, 11:275 doi:10.1186/1471-2148-11-275
  6. a b Bruno F Melo, Rafaela P Ota, Ricardo C Benine, Fernando R Carvalho, Flavio C T Lima, George M T Mattox, Camila S Souza, Tiago C Faria, Lais Reia, Fabio F Roxo, Martha Valdez-Moreno, Thomas J Near, Claudio Oliveira (2024): Phylogenomics of Characidae, a hyper-diverse Neotropical freshwater fish lineage, with a phylogenetic classification including four families (Teleostei: Characiformes) Zoological Journal of the Linnean Society, Volume 202, Issue 1, September 2024, doi: 10.1093/zoolinnean/zlae101
  7. Bruno F. Melo, Melanie L. J. Stiassny (2024): Phylogenomic and anatomical evidence for the Late Cretaceous diversification of African characiform fishes, including a new family, under the influence of the Trans-Saharan Seaway. Evolutionary Journal, Oktober 2024, Doi: 10.1093/evolinnean/kzae030
  8. a b Mário de Pinna, Jansen Zuanon, Lucia Rapp Py-Daniel, Paulo Petry (2017): A new family of neotropical freshwater fishes from deep fossorial Amazonian habitat, with a reappraisal of morphological characiform phylogeny (Teleostei: Ostariophysi). Zoological Journal of the Linnean Society, XX: 1–31. doi: 10.1093/zoolinnean/zlx028
  9. Mirande, J.M. (2018): Morphology, molecules and the phylogeny of Characidae (Teleostei, Characiformes). Cladistics, Juni 2018. doi: 10.1111/cla.12345
  10. Prosanta Chakrabarty, Brant C. Faircloth, Fernando Alda, William B. Ludt, Caleb D. McMahan, Thomas J. Near, Alex Dornburg, James S. Albert, Jairo Arroyave, Melanie L.J. Stiassny, Laurie Sorenson, Michael E. Alfaro: Phylogenomic Systematics of Ostariophysan fishes: Ultraconserved Elements Support the Surprising Non-monophyly of Characiformes. Systematic Biology, Volume 66, Issue 6, 1 November 2017, Pages 881–895, DOI: 10.1093/sysbio/syx038
  11. Betancur‐R., R., D. Arcila, R.P. Vari, L.C. Hughes, C. Oliveira, M.H. Sabaj and G. Ortí 2019: Phylogenomic incongruence, hypothesis testing, and taxonomic sampling: The monophyly of characiform fishes. Evolution, 73: 329–345. doi:10.1111/evo.13649
  12. K. A. Frickhinger: Fossilien Atlas Fische, Mergus-Verlag, Melle, 1999, ISBN 3-88244-018-X
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