Latein

Latein
Latein (Lingua latina)
Sprecher Nur als Zweitsprache
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache von VatikanstadtVatikanstadt Vatikanstadt
Sprachcodes
ISO 639-1:

la

ISO 639-2:

lat

ISO 639-3:

lat

Latein (lat. lingua latina „lateinische Sprache“) ist eine indogermanische Sprache, die ursprünglich von den Latinern, den Bewohnern von Latium mit Rom als Zentrum, gesprochen wurde.

Sie war Amtssprache des Römischen Reichs und wurde so zur dominierenden Verkehrssprache im westlichen Mittelmeerraum. Während sich aus der gesprochenen Umgangssprache, dem sogenannten Vulgärlatein, die romanischen Sprachen entwickelten, blieb das Latein der römischen Schriftsteller auch als tote Sprache bis in die Neuzeit die führende Sprache der Literatur, Wissenschaft, Politik und Kirche. Gelehrte wie Thomas von Aquin, Petrarca, Erasmus, Luther, Kopernikus, Descartes oder Newton haben Werke in Latein verfasst. Bis ins 19. Jahrhundert wurden die Vorlesungen an den Universitäten in ganz Europa auf Latein gehalten, in Polen und Ungarn war Latein bis dahin Amtssprache. In Tausenden von Lehn- und Fremdwörtern sowie Redewendungen ist Latein heute auch in nichtromanischen Sprachen wie Deutsch oder Englisch präsent. Bei der Bildung neuer Fachbegriffe wird immer wieder auf Latein zurückgegriffen.

Wegen seiner enormen Bedeutung für die sprachliche und kulturelle Entwicklung Europas wird Latein vor allem in Deutschland[1] an vielen Schulen und Universitäten gelehrt. Für manche Studiengänge sind Lateinkenntnisse oder das Latinum nötig. Ähnlich stellt sich die Situation in Österreich und der Schweiz dar.

Inhaltsverzeichnis

Sprachwissenschaftliche Einordnung

Latein gehört zu den indogermanischen Sprachen. Die Verwandtschaft mit den anderen Mitgliedern dieser Sprachfamilie zeigt sich in Wörtern wie pater (Sanskrit pitár, altgriechisch πατήρ (patér), englisch father, deutsch Vater). Innerhalb des Indogermanischen gehört es zu den Centum-Sprachen (nach dem lateinischen Wort „centum“ für „hundert“) und zur Gruppe der italischen Sprachen, von denen sich außerhalb des Lateinischen nennenswerte Spuren nur noch im Oskischen und im Umbrischen erhalten haben. Latein wies ursprünglich den für die indogermanische Sprachfamilie typischen stark flektierenden Sprachbau auf, der sich aber im Vulgärlatein immer mehr zu einem stärker analytischen Sprachbau weiter entwickelte. Der Sprachcode ist la.

Sprachgeschichte

Antike

Inschrift auf dem Lapis Niger, einem der ältesten überlieferten lateinischen Texte (6. bis 5. Jahrhundert v. Chr.)

Latein hat seinen Namen von den Latinern, einem Volk in Latium, dem heutigen Lazio, zu dessen Zentrum sich seit dem 8. Jh. v. Chr. Rom entwickelte. Die früheste Form des Lateinischen, das Frühlatein, ist nur in einigen Inschriften wie dem Lapis Niger oder der Duenos-Inschrift aus dem 6. oder 5. Jahrhundert greifbar. Aus ihm entwickelte sich durch Rhotazismus, Vokalschwächungen und andere Veränderungen in Phonologie und Morphologie bis zum 3. Jahrhundert das Altlatein, für das mit den Komödien des Plautus und Terenz (3. und 2. Jahrhundert) ein großes Textcorpus vorliegt. Für das 1. Jahrhundert und die Zeitenwende spricht man vom so genannten klassischen Latein, das sich vom Altlatein hauptsächlich durch Assimilationen und einige orthografische Änderungen unterscheidet.

Büste Ciceros, des Vollenders des klassischen Lateins; (Kapitolinische Museen, Rom)

Mit dem Aufblühen der römischen Literatur in dieser Zeit konnte es sich zunehmend auch in Literatur und Wissenschaft gegenüber dem Griechischen behaupten. Die Autoren der so genannten Goldenen Latinität, insbesondere Cicero und Vergil, wurden für die weitere Entwicklung der Sprache maßgeblich. Weil die Literatur dieser Zeit als mustergültig und nicht weiter verbesserungsfähig betrachtet wurde, veränderte sich die lateinische Literatursprache seitdem nur noch im Vokabular, nicht aber im Formenbestand oder Syntax. Das Latein späterer Autoren wie Seneca oder Augustinus unterscheidet sich deshalb nicht grundsätzlich von dem Latein der klassischen Zeit, wohl aber zunehmend von der gesprochenen Sprache des einfachen Volkes, dem sogenannten Vulgärlatein, das sich kontinuierlich weiterentwickelte, bis daraus im frühen Mittelalter die romanischen Sprachen entstanden. Der Altphilologe Wilfried Stroh vertritt daher die These, Latein sei bereits seit der Zeitenwende zu einer toten Sprache geworden, die sich danach nicht mehr entscheidend verändert habe und gerade deshalb zum internationalen Kommunikationsmittel im Mittelalter und der Neuzeit werden konnte.[2]

Im Zuge der römischen Expansion setzte sich das Lateinische als dominierende Verkehrssprache des Imperium Romanum durch. Durch die Romanisierung vor allem der westlichen Gebiete des Reiches wurde es über Latium hinaus, namentlich in Italien, Gallien, Hispanien, Dakien und Nordafrika, zur Muttersprache der ansässigen Bevölkerung.

Mittelalter

Hauptartikel: Mittellatein

Während Spätantike und Völkerwanderung verfiel schrittweise der lateinische Grammatikunterricht und damit der Gebrauch der lateinischen Sprache. Ein Großteil der lateinischen Literatur der Antike ging zwischen 550 und 750 verloren, neue literarische Texte in dieser Sprache entstanden seit dem späten 6. Jahrhundert kaum mehr. Als letzter bedeutender lateinischer Poet des Altertums gilt Corippus (um 550), und auch Gregor der Große predigte um 600 noch in klassischem Latein. In der Folgezeit aber vergrößerte sich im Bereich des einstigen weströmischen Reiches die Kluft zwischen der Umgangssprache und Hochlatein so erheblich, dass sich schließlich aus den lokalen Dialekten eigene Volkssprachen entwickelten. Als „Geburtsurkunde“ dieser romanischen Sprachen gilt dabei das Konzil von Tours im Jahr 813, auf dem beschlossen wurde, fortan Predigten in volkstümlicher Sprache zuzulassen, da die Gläubigen kein Latein mehr verstünden. In Ostrom, wo man in Verwaltung und Armee noch im 6. Jahrhundert Latein gesprochen hatte, war Latein im frühen 7. Jahrhundert gänzlich außer Gebrauch geraten und durch das Griechische ersetzt worden.

Frontispiz des Codex Buranus mit einer Darstellung des Rads der Fortuna (ca. 1230)

Unter Karl dem Großen und seinem Berater Alkuin erlebte Latein jedoch zugleich eine Renaissance. In einer Anweisung aus dem Jahr 789 wurden alle Klöster und Bischofssitze des Reiches angewiesen, Schulen zu unterhalten, in denen Latein unterrichtet werden sollte. Bald entstanden auch wieder neue literarische Werke in Latein, wie etwa Einhards Biografie Vita Karoli Magni, die sich sprachlich und inhaltlich an antiken Vorbildern orientiert. Weitere lateinische Autoren aus dem Mittelalter sind zum Beispiel Baudri de Bourgueil oder Hrotsvitha von Gandersheim. Als tote Sprache veränderte sich Latein auch im Mittelalter nicht wesentlich. Lediglich vergrößerte sich weiterhin das Vokabular und es bürgerten sich Vereinfachungen im Bereich der Grammatik ein, wie zum Beispiel der durch quod eingeleitete Objektsatz anstelle des klassischen Accusativus cum infinitivo. Die Quantitäten der lateinischen Silben wurden oft nicht mehr beachtet, sodass Dichtungen in der heute üblichen Akzentuierung entstanden, wie zum Beispiel viele Lieder aus der Sammlung der Carmina Burana. Auch die Phonetik änderte sich: So wurde seit dem späten 6. Jahrhundert das c vor e- und i-Vokalen als Zischlaut gesprochen (den es vorher im Lateinischen gar nicht gab), ebenso bürgerte sich die Aussprache von ti als zj ein, wie sie heute noch in deutschen Fremdwörtern üblich ist. Die Diphthonge ae und oe sprach und schrieb man zunehmend als e.

Latein als Sprache der Gebildeten erreichte im Mittelalter auch in vielen Gebieten Europas Bedeutung, die außerhalb des einstigen Römischen Reiches lagen, also nie lateinischsprachig gewesen waren. Hier hielt es mit der Christianisierung Einzug, denn es war die Sprache der Kirche, der Heiligen Messe und des theologischen Diskurses. An den seit dem 13. Jahrhundert aufkommenden Universitäten West-, Nord- und Mitteleuropas war Latein die Verkehrs- und Wissenschaftssprache schlechthin. So schrieb der bedeutendste Autor des Spätmittelalters, Thomas von Aquin, Latein, das allerdings, da es für die Scholastik typisch war, von den späteren Humanisten als steif und trocken empfunden wurde.

Neuzeit

Frühdrucke nach Sprachen: Latein dominierte das gedruckte Wort im 15. Jahrhundert.

Eine Erneuerung der lateinischen Sprache war denn auch das erste Ziel des Renaissance-Humanismus, der in Italien mit Petrarca und Boccaccio begann. Auch nördlich der Alpen wurde bald wieder Cicero als Vorbild im Gebrauch des Lateinischen nachgeahmt. Vor allem Erasmus von Rotterdam reichte mit seinem eleganten Latein an das antike Vorbild heran. Die Entdeckung der Neuen Welt machte Christoph Columbus durch den lateinischen Brief De insulis nuper inventis in ganz Europa bekannt. Reformation und Gegenreformation förderten das Lateinische. Luthers Freund Philipp Melanchton verfasste Lehrbücher und Lehrpläne für die neu errichteten protestantischen Gymnasien, deren wichtigstes Ziel eine aktive Beherrschung des Lateinischen war. Gleiches galt für die Schulen der Jesuiten, die mit ihren lateinischen Schultheatern auch das einfache Volk begeisterten. Ein Jesuit gilt auch als größter unter den deutschen Barockdichtern, Jakob Balde (1604–1668). Hugo Grotius legte mit seinem 1625 erschienenen Hauptwerk De jure belli ac pacis die Grundlagen des Völkerrechts. Generationen von Kindern lernten seit 1658 Latein mit dem Orbis sensualium pictus, dem berühmten deutsch-lateinischen Bilderbuch des großen Pädagogen Comenius.

Grundlegend für die Nomenklatur in der Zoologie: Systema naturæ, Ausgabe von 1758

Mit dem Erstarken der Nationalsprachen seit dem 17. Jahrhundert verlor Latein mehr und mehr an Boden. In Deutschland erschienen im Jahre 1681 zum ersten Mal mehr Bücher auf Deutsch als in Latein. Lateinische Belletristik wie der 1741 erschienene Roman Nikolai Klimii iter subterraneum des Dänen Ludvig Holberg war nunmehr die Ausnahme. Weiterhin wichtig blieb Latein aber als internationales Verständigungsmittel in den Wissenschaften: Nicolaus Copernicus, Johannes Kepler und Galileo Galilei veröffentlichten ihre bahnbrechenden astronomischen Erkenntnisse in lateinischer Sprache, auch die Philosophiae Naturalis Principia Mathematica von Isaac Newton erschien noch 1687 auf Latein.

Carl Friedrich Gauß schrieb im Jahr 1798 mit nur 21 Jahren seine Disquisitiones Arithmeticae (lateinisch für zahlentheoretische Untersuchungen), die am 29. September 1801 in Leipzig veröffentlicht wurden. Sie sind als Lehrbuch der Zahlentheorie bis heute gültig und von Bedeutung.

Der Philosoph René Descartes ist mit seinem Satz Cogito ergo sum aus seinen principia philosophiae berühmt geworden, und Arthur Schopenhauer verfasste noch 1830 seine Theoria colorum physiologica auf Latein. Die von dem Schweden Carl von Linné in seinem Systema naturae 1735 entwickelte Methode, Lebewesen lateinisch zu klassifizieren, ist bis heute in Gebrauch.

Seit der preußischen Bildungsreform durch Wilhelm von Humboldt spielt Latein an den humanistischen Gymnasien eine zentrale Rolle. Die alten Sprachen sollen nach Humboldt dem Ziel einer allgemeinen Menschenbildung dienen. Erst unter Wilhelm II. wurden an den deutschen Gymnasien der lateinische Abituraufsatz und die mündliche Prüfung in Latein abgeschafft. Carl Orffs Carmina Burana wurden in den 1930er Jahren zum Welterfolg. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Lateinunterricht an deutschen Schulen ebenso ein gewisses Aufblühen wie in den neuen Bundesländern nach dem Zusammenbruch der DDR.

Latein in der Gegenwart

Latein in Schule und Universität

Hauptartikel: Lateinunterricht

Latein wird im deutschsprachigen Raum fast ausschließlich an Gymnasien gelehrt. Etwa ein Drittel aller Gymnasiasten in Österreich und Deutschland lernt heute Latein als erste, zweite oder dritte Fremdsprache. Vor allem am humanistischen Gymnasium wird Latein als erste Fremdsprache angeboten. In der Schweiz kann Latein bereits in der obligatorischen Sekundarstufe I als Freifach gelernt werden.

Trotz kritischer Diskussion der Vorzüge und Nachteile des Lateinunterrichts an Schulen steigt seit etwa 10 Jahren die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich für Latein als Fremdsprache entscheiden, in Deutschland merklich an.[3] Die Gründe dafür sind unklar. Das gute Abschneiden humanistischer Gymnasien bei nationalen und internationalen Bildungstests, eine deutliche Modernisierung des Lateinunterrichts und der entsprechenden Lehrwerke oder das allgemein große Interesse für die Antike werden als Gründe genannt.

An allen größeren Universitäten kann Latein studiert werden. Die Latinistik gehört neben der Gräzistik zum Fachbereich Klassische Philologie. In zunehmendem Maße werden an den Universitäten Lehrstühle mit dem Schwerpunkt Latein im Mittelalter und Latein in der Neuzeit eingerichtet. Mancherorts werden auch Vorlesungen oder andere Veranstaltungen in lateinischer Sprache abgehalten. Für einige andere Studiengänge werden das Latinum oder Lateinkenntnisse gefordert, insbesondere in zahlreichen geisteswissenschaftlichen Fächern. Die Regelungen sind hier jedoch von Universität zu Universität verschieden.

Latein in Rundfunk, Fernsehen und Internet

Der finnische Rundfunksender YLE (Yleisradio) verbreitet Wochennachrichten in lateinischer Sprache. Radio Bremen veröffentlicht regelmäßig die Nuntii Latini in schriftlicher und gesprochener Version oder als Podcast. Seit April 2004 sendet auch die deutschsprachige Redaktion bei Radio Vatikan Nachrichten auf Latein (News auf Latein www.radiovaticana.de). Am 23. August 2008 brachte der Fernsehsender 3sat eine Folge der Kulturzeit in lateinischer Sprache. Im Internet sind nicht nur zahlreiche lateinische Texte und entsprechende Sekundärliteratur verfügbar. In Internetforen wie Grex Latine Loquentium oder e-latein chat kommunizieren Teilnehmer aus verschiedenen Ländern lateinisch, und im Oktober 2009 wurde sogar eine lateinische Version der populären Social-Networking-Site Facebook veröffentlicht.

Latein in der Musik

Abgesehen von lateinischen Fassungen bekannter Popsongs entstehen auch neue Songs unmittelbar in Latein, etwa O Caritas von Cat Stevens oder Cursum Perficio von Roma Ryan, gesungen von Enya.

Die lateinisch singende Mittelalter-Band Corvus Corax

Die Gruppe „Ista“ bietet lateinischen Hip-Hop und von Rosenstolz gibt es den Titel Amo vitam. Sehr erfolgreich ist derzeit die Gruppe Corvus Corax. In der klassischen beziehungsweise neoklassizistischen Musik der Gegenwart findet Latein ebenfalls Verwendung. So hat etwa der belgische Komponist Nicholas Lens auf seinem Werk Flamma Flamma ein lateinisches Libretto vertont, für sein Werk Terra Terra hat Lens selbst ein Libretto in lateinischer Sprache verfasst. Nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen Vertonungen lateinischer Gedichte wie beispielsweise von Jan Novák. Carl Orff unterlegte mehreren seiner Vokal-Kompositionen Texte in Latein, u. a. von Catull. Igor Strawinski ließ das nach Sophokles von Jean Cocteau in französischen Versen verfasste Libretto zu Oedipus Rex von Jean Daniélou ins Lateinische übersetzen. Zur Europahymne, offiziell nur die Melodie der Ode an die Freude, gibt es einen lateinischen Text von Peter Roland (Est Europa nunc unita).[4]

Besonders häufig taucht Latein in der klassischen geistlichen Musik auf, vor allem im katholischen Kontext, da die hier vertonten Texte (etwa liturgischer und biblischer Art) bis Mitte des 20. Jahrhunderts ganz überwiegend in lateinischer Sprache vorlagen.

Lateinische Übersetzungen

Immer wieder werden Bücher ins Lateinische übersetzt. Nikolaus Groß etwa hat 2004 eine komplett latinisierte Übertragung von Patrick Süskinds Das Parfum im Brüsseler Verlag der „Fundatio Melissa“, einem überregionalen Verein zur Pflege des gesprochenen Lateins, veröffentlicht. Dem Buch ist mit dem „Glossarium Fragrantiae“ eine größere Liste aktualisierter Neuschöpfungen beigegeben. Vom selben Wortartisten existiert des Weiteren ein Buch über den Baron Mynchusanus (Münchhausen). 2003 erschien bereits der erste Teil der Harry-Potter-Bücher von Joanne K. Rowling auf Latein (Harrius Potter et Philosophi Lapis). Daneben gibt es noch viele weitere Übersetzungen „klassischer“ Werke ins Latein, so zum Beispiel Karl Mays Winnetou III oder Der kleine Prinz (Regulus) von Antoine de Saint-Exupéry. Sehr beliebt ist auch die lateinische Fassung der Asterix-Comics, die der deutsche Altphilologe Graf von Rothenburg (Rubricastellanus) verfasst hat. Die österreichische Tageszeitung Kurier bringt seit 1994 jeden Mittwoch von Wolfram Kautzky verfasste kuriose Meldungen aus aller Welt (Nuntii Latini) in lateinischer Sprache. Im Auftrag der finnischen Regierung übersetzte Tuomo Pekkanen 1986 das Nationalepos Kalevala ins Lateinische.

Latein in der katholischen Kirche

Hauptartikel: Kirchenlatein

Latein ist die Amtssprache des Vatikanstaats. Die katholische Kirche veröffentlicht alle amtlichen Texte von weltkirchlicher Bedeutung in Latein. Das gilt für die liturgischen Bücher, den Katechismus, den Kodex des kanonischen Rechts sowie die päpstlichen Rechtsvorschriften (canones und decretales) und Enzykliken. In der Öffentlichkeit wird das Kirchenlatein insbesondere beim österlichen Segen des Papstes Urbi et Orbi (Für die Stadt und den Erdkreis) und in der nach dem Konklave durch den Kardinalprotodiakon verkündeten Formel Habemus papam (Wir haben einen Papst) wahrgenommen. Bis zur Liturgiereform 1970 unter Paul VI. war Latein die offizielle Sprache der Heiligen Messe und ist dies (laut Sacrosanctum Concilium) offiziell noch heute, wobei andere Sprachen jedoch gleichfalls erlaubt sind. Tatsächlich werden nur noch sehr wenige Gottesdienste in Latein gehalten. Der gegenwärtig amtierende Papst Benedikt XVI. bevorzugt bei seinen Messen aber das Lateinische vor dem Italienischen. Im März 2007 empfahl er in dem Schreiben Sacramentum caritatis ausdrücklich die Anwendung des Lateinischen in Gottesdiensten.

Für die Pflege und Weiterentwicklung der lateinischen Sprache rief Papst Paul VI. 1976 die Stiftung Latinitas ins Leben, welche sich darum bemüht ein dem neuzeitlichen Sprachgebrauch angemessenes Latein zu erstellen. Hierzu veröffentlicht sie neben einer Zeitschrift das Lexicon recentis latinitatis, das Lexikon des Neulateins, welches in seiner letzten Überarbeitung 2004 mit 15.000 neuen Begriffen erschien, darunter etwa das lateinische Wort für „Computer“ instrumentum computatorium.

Latein in den Wissenschaften

In der Biologie erfolgt die Namensbildung der wissenschaftlichen Namen lateinisch und griechisch. In der Medizin sind die anatomischen Fachbegriffe überwiegend lateinisch, für die einzelnen Organe wird zusätzlich auch latinisiertes Griechisch verwendet. Die Krankheitsbezeichnungen leiten sich aus dem Griechischen ab. In den Rechtswissenschaften existieren verschiedene lateinische Lehrsätze und Fachbegriffe (Latein im Recht). Auch in der Geschichtswissenschaft spielt vor allem Latein weiterhin eine große Rolle. In der Meteorologie werden lateinische Begriffe in der Wolkenklassifikation eingesetzt. Auch in der Pharmazie ist Latein üblich, deutsche Apotheker und Ärzte verwenden als Rezeptsprache Latein, vor allem in Abkürzungen. So existiert für jeden Arzneistoff neben dem internationalen IUPAC-Namen auch ein lateinischer Name, ebenso wird für jede Arzneipflanze neben dem deutschen auch ein lateinischer Name geführt, oftmals auch vermischt mit Bezeichnungen griechischen Ursprungs. In der Astronomie hat die Internationale Astronomische Union (IAU) die gesamte Himmelssphäre in 88 Sternbilder unterteilt, die alle einen offiziellen lateinischen Namen zusammen mit einem dreibuchstabigen Kürzel tragen. Einzelne Sterne innerhalb eines Sternbilds werden mit griechischen oder lateinischen Buchstaben oder Zahlen bezeichnet, gefolgt vom lateinischen Genitiv des Sternbildnamens.

Siehe auch

 Portal:Latein – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Latein

Referenzlisten

Mehrbändiges lateinisches Wörterbuch im Lesesaal der Universitätsbibliothek Graz

Literatur

  • J.N. Adams: The Regional Diversification of Latin, 200 BC – AD 600. Cambridge University Press, Cambridge 2007.
  • Jürgen Leonhardt: Latein, Geschichte einer Weltsprache. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-56898-5
  • Jules Marouzeau: Das Latein. dtv, München 1969.
  • Udo Kindermann, Latein In: Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage, Band 6, Freiburg 1997, Sp. 660-661.
  • Wilfried Stroh: Latein als Weltsprache. In: Karl-Joachim Hölkeskamp, Elke Stein-Hölkeskamp (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt. C. H. Beck, München 2006, S. 185–201.
  • Wilfried Stroh: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache.. List, Berlin 2007, ISBN 978-3-471-78829-5.
  • Tore Janson: Latein. Die Erfolgsgeschichte einer Sprache. Buske, Hamburg, 2006, ISBN 3-87548-400-2.
  • Karl-Wilhelm Weeber: Mit dem Latein am Ende? Tradition mit Perspektiven. V&R, Göttingen 1998, ISBN 3-525-34003-6.
  • Friedrich Maier: Warum Latein? Zehn gute Gründe. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018565-0
  • Johannes Müller-Lancé: Latein für Romanisten: ein Lehr- und Arbeitsbuch. Tübingen: Narr, 2006

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Latein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks Wikibooks: Latein – Lern- und Lehrmaterialien
Wikiversity Wikiversity: Fachbereich Latinistik – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch
Wörterbücher

Einzelnachweise

  1. Hans-Joachim Glücklich, Lateinunterricht. Didaktik und Methodik, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1978, 2. Aufl. 1993, S. 221
  2. Wilfried Stroh: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache, List Verlag, Berlin 2007, S. 103f
  3. Rainer Schöneich: Bericht zur Lage des altsprachlichen Unterrichts. In: Forum Classicum 2/2008, S. 87
  4. Est Europa nunc unita auf YouTube

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