Regenerative Architektur im Allgäu erleben
Mit dem Wangen-Turm und dem Hybrid-Flachs-Pavillon zeigen Forschende der Universität Stuttgart auf der Landesgartenschau in Wangen, welches Potenzial biobasierte Materialien für eine nachhaltige Architektur bieten.
Seit Ende April sind die Tore der 30. Baden-Württembergischen Landesgartenschau in Wangen geöffnet. Auf 45 Hektar entstand hier in den vergangenen Jahren am Fluss Obere Argen eine grüne Oase, die die historische Altstadt von Wangen mit dem ehemaligen Industriegelände ERBA verbindet. Dafür wurde das ehemalige Industriegebiet revitalisiert und damit nachhaltig aufgewertet.
Zu den Highlights des Allgäuer Sommerevents gehören neben der Blütenpracht zwei architektonische Weltneuheiten, die Forschende der Universität Stuttgart präsentieren. Mit dem Hybrid-Flachs-Pavillon und dem Wangen-Turm soll erlebbar werden, welche Potenziale biobasierte Materialien für eine nachhaltige Architektur bieten.
Ressourcenschonende Konstruktion aus Holz und Flachs
Der Hybrid-Flachs-Pavillon befindet sich inmitten der Schaugärten der Landesgartenschau und steht für eine ressourcenschonende Bauweise, die Holz und Naturfaser kombiniert und eine Alternative zur herkömmlichen Bauweise bietet. Durch den Einsatz von Holz und Flachs kann die Konstruktion vollständig zurückgebaut und das Material wiederverwendet werden.
Das Innovative daran ist die wellenförmige Dachkonstruktion, die nach dem Vorbild des geschwungenen Argen-Flusslaufs entworfen wurde. Sie beruht auf einem neuartigen und ressourcenschonenden Trägersystem. Diese Konstruktion verbindet Sperrholzplatten und Naturfaserkörper, die durch kernloses Wickeln von Flachsfasern hergestellt wurden. Dabei wechseln sich 20 Hybridbauteile mit herkömmlichen Holzelementen ab und bilden so die wellenförmige Struktur des Daches.
Weltweit einzigartiges Trägersystem
„Dieser Pavillon ist das erste Gebäude weltweit, das auf diese Weise Naturfasern verwendet. Die Schneelast, die der Pavillon in Wangen tragen muss, beträgt bis zu 360 kg/qm und ist damit außergewöhnlich hoch“, sagt Jan Knippers, Leiter des Instituts für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen an der Universität Stuttgart.
Sowohl der Pavillon als auch der Wangen-Turm wurden an der Universität Stuttgart nach den neuesten Erkenntnissen der Digitalisierungs- und Leichtbauforschung geplant und konstruiert. Alle hier eingesetzten Baustoffe stammen aus der Region.
Der 22 Meter hohe spiralförmige Wangen-Turm befindet sich in Sichtweite des Pavillons und dient als Aussichtsturm. Hier wurden gekrümmte Sperrholz-Bauteile verwendet, die sich durch das Zusammenziehen des Holzes selbsttätig formen. Das Besondere: Die Holzkonstruktion besteht aus Brettern, die gerade einmal 130 mm dick sind und dem Turm eine schlanke, aber leistungsfähige Struktur geben, ohne viel Material zu vergeuden.
Kooperation mit regionalen Unternehmen
„Der Wangen-Turm und der Hybrid-Flachs-Pavillon sind das Ergebnis langjähriger Forschung des Exzellenzclusters. Die Bauwerke wurden in Kooperation mit regional ansässigen Unternehmen umgesetzt. So soll der gegenseitige Wissenstransfer zwischen Forschung und ausführenden Unternehmen sichergestellt werden mit dem Ziel, die Bauprozesse ökologisch zu optimieren und damit wichtige Grundsteine für die Bauwende zu legen“, sagte Achim Menges, Sprecher des Exzellenzclusters Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur (IntCDC), im Rahmen der Eröffnungsfeier der Landesgartenschau in Wangen.
Landesgartenschau 2024 in Wangen im Allgäu
Die Landesgartenschau in Wangen ist täglich ab 9 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen zur Ausstellung und den Veranstaltungen gibt es auf der Internetseite der Landesgartenschau.
Die Landesgartenschau in Wangen ist noch bis zum 6. Oktober 2024 geöffnet. Sowohl der Pavillon als auch der Turm werden nach Ausstellungsende auf dem Gelände bleiben.
bb