Alice Weidel bringt Messerangriff in Siegen fälschlich mit IS in Verbindung
In einer Debatte bei Welt TV brachte AfD-Chefin Alice Weidel den Messerangriff Ende August in Siegen fälschlich mit dem IS in Zusammenhang. Auch online wird spekuliert, ob sich der IS dazu bekannt hat. Laut Polizei gibt es keinen Hinweis auf einen terroristischen Hintergrund.
Nach dem Messerangriff in Solingen Ende August kursierten mehrere Falschmeldungen zur Tat. Doch auch über den nur kurze Zeit später erfolgten Angriff in einem Bus in Siegen verbreiteten sich falsche Informationen zum Hintergrund der Täterin.
Bei einer Talkrunde des Senders Welt TV Anfang September kritisierte die AfD-Chefin Alice Weidel den bisherigen Kurs der Bundesregierungen in der Migrationspolitik. Es gäbe eine Problem mit der inneren Sicherheit, man wisse gar nicht mehr, wer eigentlich zu uns komme, sagte sie etwa (ab Minute 38 im Video): „Sind das Straftäter, sind das Terroristen, sind das Terroristen vom IS? Offensichtlich ja, die haben wir jetzt ja hier auf den Straßen: der Bus in Siegen, dann Mannheim möglicherweise auch, dann Solingen.“
Welt-Moderator Jan Philipp Burgard unterbrach Weidel und sagte, eine deutsche Frau sei verantwortlich für den Angriff in Siegen gewesen. Weidel antwortete, der IS habe die Tat aber für sich reklamiert. Auch der Grünen-Politiker Michael Kellner sagte zu Weidel, sie verwechsle Solingen und Siegen. Die AfD-Chefin dementiert und wechselt anschließend das Thema.
Der Ausschnitt mit der Aussage Weidels kursiert auch online und unabhängig von Weidels Aussage wird spekuliert, ob sich der IS zur Tat bekannt hat.
Doch der IS hat zwar den Messerangriff in Solingen am 23. August 2024, bei dem drei Menschen getötet wurden, für sich reklamiert. Bei dem Angriff in einem Bus in Siegen haben die Ermittlungen laut Polizei jedoch „keine Hinweise auf ein politisches oder religiöses Tatmotiv ergeben“.
Keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund bei dem Messerangriff in Siegen
Bereits am Tag des Angriffs am 30. August schrieb die Polizei Siegen-Wittgenstein in einer Pressemitteilung: „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger darum, in sozialen Netzwerken oder auf anderen Kanälen keine Falschmeldungen zu verbreiten, insbesondere keinen Bezug zu einem Terroranschlag herzustellen. Der Polizei liegen dazu keine Erkenntnisse vor.“
Tatverdächtig sei eine deutsche Frau ohne Migrationshintergrund, stellte die Polizei NRW einen Tag später auf X klar, um „Spekulationen und Anfeindungen“ einzudämmen. In einer weiteren gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Siegen und Polizei Hagen vom 4. September heißt es: „Die Ermittlungen zur Motivlage sowie einer möglichen psychischen Erkrankung der Frau dauern an.“ Es gibt keinerlei Hinweise, dass der IS den Angriff in Siegen für sich reklamiert hätte.
Angriff in Mannheim laut Generalbundesanwalt „religiös motiviert“
Bei dem Angriff in Mannheim am 31. Mai 2024 – den Weidel ebenfalls erwähnt – ermittelt der Generalbundesanwalt Jens Rommel gegen einen afghanischen Tatverdächtigen wegen einer „religiös motivierten“ Straftat. Bei dem Angriff wurde ein Polizist schwer verletzt, er verstarb später. Der Beschuldigte habe zu massiver Gewalt gegriffen, vermutlich, um Kritik am Islam zu unterbinden, sagte Rommel beim Jahrespressegespräch am 18. Juni 2024.. Anhaltspunkte für eine „dschihadistische Einbindung des Täters“ gebe es nicht. Es handele sich um einen „individuellen Fall“, der sich von anderen islamistisch-geprägten Fällen unterscheide, so Rommel – also um einen Einzeltäter.
Auf unsere Nachfrage reagierten Alice Weidel und die Pressestelle der Bundestagsfraktion der AfD nicht.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Sophie Timmermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen:
- Welt-TV-Talkrunde, 2. September 2024: Link (archiviert)
- Pressemeldung der Polizei Siegen-Wittgenstein, 30. August 2024: Link (archiviert)
- X-Beitrag der Polizei Nordrhein-Westfalen, 31. August 2024: Link (archiviert)
- Gemeinsame Pressemeldung der Staatsanwaltschaft Siegen und der Polizei Dortmund, 31. August 2024: Link (archiviert)
- Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Siegen und Polizei Hagen, 4. September 2024: Link (archiviert)