Heißzeit: Mit Vollgas in die Klimakatastrophe - und wie wir auf die Bremse treten
Von Mojib Latif
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Über dieses E-Book
Weder Verharmlosung noch Panikmache, sondern Aufklärung: Mojib Latifs Ziel ist es, die Klimadebatte auf eine wissensbasierte Ebene zurückführen. Und die Fakten sprechen für sich. Längst ist das Klima zum Spielball wirtschaftlicher und politischer Interessen geworden. Warum etwa gibt es nach vielen Jahren mühsamer Klimakommunikation und zäher politischer Verhandlungen noch immer keine Fortschritte? Warum existiert aus naturwissenschaftlicher Sicht so gut wie kein Klimaschutz? Solange der Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre mit einer unfassbaren Geschwindigkeit immer neue Höhen erklimmt, scheint es, dass die an den Schalthebeln der Macht sitzende Generation entweder unfähig ist oder schlicht versucht, das Problem auszusitzen.
Lösungswege zur Bewältigung der drohenden Klimakatastrophe existieren schon lange. Es sind in erster Linie die erneuerbaren Energien, die aus der Klimakrise führen können. Sonne, Wind oder Erdwärme und andere saubere, nichtfossile Energiequellen sind im Überfluss vorhanden und könnten den Energiehunger der Welt spielend stillen, ohne die Umwelt über Gebühr zu belasten. Die technischen Voraussetzungen dafür sind da, und sie sind innerhalb weniger Jahrzehnte umsetzbar. Die notwendigen Investitionen könnte die Finanzwirtschaft zur Verfügung stellen. An Geld mangelt es der Welt nicht, wie Corona gezeigt hat.
"Die Menschheit muss es nur wirklich wollen, einen entsprechenden Plan entwickeln und ihn konsequent und zügig umsetzen. Denn es gibt eine unumstößliche Wahrheit: Wir haben nur diese eine Erde; es gibt keinen Planeten B." Diese warnenden Worte des Klima- und Meeresforscher Mojib Latif dürfen nicht länger ignoriert werden.
Mojib Latif
Mojib Latif, geb. 1954, ist Professor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und wurde im Jahre 2000 mit dem »Max-Planck-Preis für öffentliche Wissenschaft« ausgezeichnet. Er ist Meteorologe und Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zum Klimawandel. Seit Januar 2022 ist Mojib Latif Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg.
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Buchvorschau
Heißzeit - Mojib Latif
Mojib Latif
Heißzeit
Mit Vollgas in die Klimakatastrophe –
und wie wir auf die Bremse treten
HV-Signet_sw_PC.eps© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2020
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Gestaltungssaal
Umschlagmotiv: © JONGHO SHIN / iStock / GettyImages
E-Book-Konvertierung: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark
Printed in Germany
ISBN E-Book 978-3-451-81961-2
ISBN Print 978-3-451-38684-8
Inhalt
Es gibt keinen Planeten B Vorwort
Die Welt am Rande des Abgrunds
Die Grenzen des Wachstums
Extremwetter
Wird Australien zum „Fukushima" des Klimawandels?
Die Ursachen des Klimawandels
Kohlendioxid
Der natürliche Treibhauseffekt
Der anthropogene Treibhauseffekt
Belege für die anthropogene Klimabeeinflussung
Temperatur
Meeresspiegel
Der Beweis
Stillstand im Kampf ums Klima – warum sich nichts bewegt
Die Komplexität des Problems
Entkopplung von Ursache und Wirkung
Die Methoden der Klimaskeptiker
Störfeuer aus Politik und Wirtschaft
Gesellschaftliche Veränderungen
Schöne neue Medienwelt
Gefahr für Demokratie und Freiheit
Die Coronaviruskrise
Was wir tun müssen
Ein schneller Umbruch ist vonnöten
Klimapolitik oder Wortakrobatik
Klimakommunikation neu gestalten
Vom Wissen zum Handeln
Zehn-Punkte-Plan zum Klimaschutz
Anmerkungen
Es gibt keinen Planeten B Vorwort
„Wir sind jetzt mit der Tatsache konfrontiert, dass morgen heute ist. Wir sind mit der heftigen Dringlichkeit des Heute konfrontiert. In diesem sich entfaltenden Rätsel des Lebens und der Geschichte gibt es so etwas wie zu spät zu sein. Zögern ist immer noch der Dieb der Zeit … Wir mögen verzweifelt nach der Zeit schreien, um in ihrem Lauf innezuhalten, aber die Zeit ist taub für jede Bitte und eilt weiter. Über den gebleichten Knochen und den durcheinandergewürfelten Überresten zahlreicher Zivilisationen stehen die pathetischen Worte geschrieben: ‚Zu spät‘."
Martin Luther King Jr., 1967
Diese Worte von Martin Luther King Jr. waren auf den Vietnamkrieg gemünzt. Sie können jedoch problemlos auch auf den Umgang der Menschheit mit der Klimakrise angewendet werden. Die Temperatur der Erde steigt seit Jahrzehnten, und der Grund dafür ist in der Wissenschaft unumstritten. Die Menschheit emittiert gewaltige Mengen Treibhausgase in die Atmosphäre, allen voran Kohlendioxid (CO2), weswegen sich die Erde erwärmen muss. Und Jahr für Jahr werden es mehr Treibhausgase, die sich in der Luft ansammeln. Die Jahre 2010 bis 2019 waren, für Klimawissenschaftler wenig überraschend, das bisher wärmste Jahrzehnt seit Beginn der flächendeckenden Messungen 1880 und setzten damit einen Trend fort.¹ Sollte der Erwärmungstrend in den kommenden Jahrzehnten unvermindert anhalten, würden sich die Lebensbedingungen auf der Erde extrem verschlechtern. Einige Weltregionen drohen unbewohnbar zu werden. Die Wissenschaft warnt die Öffentlichkeit schon seit vielen Jahren vor dem drohenden Klimakollaps. Ein prominentes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist der 2019 in einer Fachzeitschrift erschienene Beitrag mit dem Titel „Warnung der Wissenschaftler der Welt vor einem Klimanotstand.² In dem Aufsatz heißt es zu Beginn: „Wissenschaftler haben die moralische Verpflichtung, die Menschheit deutlich vor einer katastrophalen Bedrohung zu warnen und die Dinge so darzustellen, wie sie sind … Auf der Grundlage dieser Verpflichtung … erklären wir zusammen mit mehr als 11 000 Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, klar und eindeutig, dass der Planet Erde vor einem Klimanotstand steht.
Die Dinge so darzustellen, wie sie sind, war die Triebfeder, die mich dazu veranlasst hat, dieses Buch zu schreiben. Der Umgang der Menschheit mit der Klimaproblematik ist völlig unakzeptabel. Es wird viel über das Thema geredet und diskutiert, sowohl auf den zahllosen Gipfeltreffen auf höchster politischer Ebene als auch in den Medien wie zum Beispiel in Talkshows. Verantwortung für die Begrenzung der Erderwärmung möchte aber kaum jemand übernehmen. Die Staatengemeinschaft handelt trotz großspuriger Versprechungen so gut wie überhaupt nicht, um eine Klimakatastrophe zu verhindern, obwohl es die vornehmste Aufgabe der Weltpolitik wäre, genau darauf hinzuarbeiten. Große Teile der Wirtschaft sind nur auf schnelle Gewinne aus. Ihre kurzfristigen Interessen gefährden das Wohlergehen der Menschheit. Und für viele Bürgerinnen und Bürger, gerade in den Industrieländern und somit auch in Deutschland, scheint das Thema doch irgendwie weit weg zu sein, zumindest, wenn man es an deren Verhalten misst. Ich wünschte mir, es wäre anders und die Welt hätte schon längst begriffen, dass es bei der Klimaproblematik um nichts weniger als die Zukunft der Menschheit geht. Ich wünschte mir, dass man nicht wieder und wieder auf die Faktenlage hinweisen müsste. Die Zahlen sprechen schon lange eine unmissverständliche Sprache. So ist die Menge von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Niveau angelangt, wie es seit Jahrmillionen nicht der Fall gewesen ist. Allein dieser Sachverhalt müsste die Menschheit in Alarmstimmung versetzen und zu kraftvollem Handeln bewegen. Stattdessen schiebt sie das Problem auf die lange Bank, Jahr für Jahr und Jahrzehnt für Jahrzehnt. Morgen ist heute, um mit den Worten von Martin Luther King Jr. zu sprechen. Und in der Tat sind wir mit der heftigen Dringlichkeit von heute konfrontiert, wie er gesagt hatte. Viele Menschen leiden bereits unter der Erderwärmung und ihren Folgen. Das Zeitfenster schließt sich, um eine dramatische Klimaveränderung zu vermeiden, eine Veränderung, die die Menschheit mit dieser Wucht noch nicht getroffen hat.
Der amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen fragt in seinem gleichnamigen Buch: „Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?" Franzen ist davon überzeugt, dass der Kampf gegen die Klimakatastrophe verloren ist.³ Entsprechend lautet der Untertitel des Buches: „Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht verhindern können." Jahrzehnte seien verstrichen, ohne dass die Menschheit bei der Begrenzung der Erderwärmung erfolgreich gewesen wäre. Für eine Klimarettung sei es jetzt schlicht zu spät, weil Politik und Wirtschaft von Haus aus viel zu träge agieren. Und auch die Klimaaktivisten sollten sich eingestehen, so Franzen, dass das Klima nicht mehr zu retten ist. Wenn man sich alle relevanten Parameter ansieht, dann sieht es tatsächlich danach aus, als sollte Jonathan Franzen recht behalten.
Es sträubt sich aber alles in mir, mich Franzens Hauptthese anzuschließen. Die Klimamodelle berechnen, dass es – zumindest theoretisch – immer noch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit möglich wäre, eine Klimakatastrophe zu verhindern. Wie aber eine Klimarettung konkret aussehen würde, ist nur schwer zu definieren; auf jeden Fall würde sie drakonische Maßnahmen erfordern. Diese würden auch neue Chancen eröffnen und den Wohlstand auf der Welt keineswegs gefährden. Ganz im Gegenteil. Viele Menschen könnten aus der Armutsfalle befreit werden. Es gibt aber auch Unwägbarkeiten, vielleicht ist es tatsächlich schon zu spät, um eine Klimakatastrophe zu verhindern. Möglicherweise hat die Menschheit schon Prozesse in Gang gesetzt, die man nicht mehr stoppen kann und die uns in eine Superwarmzeit, in eine Heißzeit, befördern werden. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist zum Glück gering. Und solange es nicht erwiesen ist, dass wir für die Klimarettung keine Option mehr haben, möchte ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Menschheit doch noch die Kurve bekommt. Es gibt unzählige Menschen, die sich für den Klimaschutz engagieren und ihn Tag für Tag praktisch umsetzen. Ich hoffe, dass sich daraus eine Bewegung entwickelt, die so viel Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben wird, dass den Worten endlich Taten folgen. Die Zivilgesellschaft kann der Schüssel dafür sein, dass die Menschheit doch noch den Weg in eine nachhaltige Zukunft findet. Es wäre verrückt, wenn erst Katastrophe auf Katastrophe die Menschheit heimsuchen müsste.
Der extrem heiße und nicht enden wollende Sommer 2018 mit seinen zahlreichen Wetterrekorden hat in Deutschland die Debatte über den Klimawandel neu belebt. So hatte die Gesellschaft für deutsche Sprache „Heißzeit" als das Wort des Jahres 2018 gewählt.⁴ In der Begründung heißt es: „Sie⁵ thematisiert nicht nur einen extremen Sommer, der gefühlt von April bis November dauerte. Ebenfalls angedeutet werden soll eines der gravierendsten globalen Phänomene des frühen 21. Jahrhunderts, der Klimawandel ... Mit der lautlichen Analogie zu Eiszeit erhält der Ausdruck über die bloße Bedeutung ‚Zeitraum, in dem es heiß ist‘ hinaus eine epochale Dimension und verweist möglicherweise auf eine sich ändernde Klimaperiode. Diese Worte treffen den Nagel auf den Kopf. Und genau deswegen habe ich das Wort „Heißzeit
als Titel für dieses Buch gewählt, weil eine ungebremste Erderwärmung in der Tat eine Klimaveränderung epochaler Dimension wäre, einzigartig in der Geschichte der Menschheit, die sie vor kaum zu bewältigende Herausforderungen stellen würde.
Heerscharen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weisen seit Jahrzehnten in unzähligen wissenschaftlichen Publikationen auf die Möglichkeit einer gefährlichen Überhitzung der Erde hin. Die Anzeichen für den nahenden Klimakollaps sind unübersehbar, sei es in Form steigender atmosphärischer Treibhausgaskonzentrationen, steigender Temperaturen oder steigender Meeresspiegel. Die Menschheit verschließt die Augen vor den Alarmzeichen. Seit der Weltklimarat IPCC⁶ 1990 seinen ersten Bericht vorgelegt und vor einer massiven globalen Erwärmung gewarnt hatte, sind die weltweiten Kohlendioxidemissionen um über 60 Prozent angewachsen. In dem Bericht des IPCC von damals heißt es: „Wir sind uns folgender Dinge sicher: Es gibt einen natürlichen Treibhauseffekt, durch den die Erde bereits wärmer ist, als es sonst der Fall wäre. Durch menschliche Aktivitäten verursachte Emissionen erhöhen die atmosphärischen Konzentrationen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan, Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Lachgas erheblich. Diese Anstiege verstärken den Treibhauseffekt und führen im Durchschnitt zu einer zusätzlichen Erwärmung der Erdoberfläche. Das Haupttreibhausgas Wasserdampf wird als Reaktion auf die globale Erwärmung zunehmen und diese weiter verstärken."⁷
Genauso ist es gekommen. Während der letzten 30 Jahre hat sich der Planet ungewöhnlich stark erwärmt (Abb. 1). Die Erde würde sich, so heißt es in dem IPCC-Bericht von damals weiter, unter der Annahme eines Worst-Case-Szenarios für den Ausstoß von Treibhausgasen noch vor Ende des 21. Jahrhunderts um etwa vier Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit⁸ erwärmen, eine Projektion, die im Rahmen der Unsicherheiten immer noch Gültigkeit besitzt. Im Allgemeinen wird der Zeitraum 1850 bis 1900 für die vorindustrielle Zeit verwendet. Etwas über ein Grad sind es bereits. Ein Erkenntnisproblem gibt es in der Wissenschaft schon lange nicht mehr; die Forschung hat schon vor Jahrzehnten ihre Bringschuld an die Gesellschaft erbracht.
38684_Mojib_Latif_Abb1.epsAbb. 1: Die global gemittelten jährlichen Werte der Temperatur an der Erdoberfläche als Abweichungen gegenüber dem Referenzzeitraum 1961–1990 und die Dekaden-Mittelwerte (schwarze Balken) zwischen 1900 und einschließlich 2019 sowie die jährlichen Werte der Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Luft (grau; ppm: parts per million, Teile pro eine Million).
Die globale Erwärmung steht seit vielen Jahren nicht nur im Fokus der Wissenschaft, sondern auch im Fokus der Medien. Es handelt sich also ganz und gar nicht um ein Problem, das quasi über Nacht über die Menschheit gekommen ist, obwohl Politik und Wirtschaft hin und wieder diesen Anschein zu erwecken versuchen. Das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel machte schon im August 1986 mit einem Titelbild auf, das in einer Fotomontage den Kölner Dom halb unter Wasser zeigte. Darunter stand in großen Lettern „Die Klima-Katastrophe" geschrieben.⁹ Das Titelbild sollte den Anstieg der Meeresspiegel als Folge einer ungebremsten globalen Erwärmung und der daraus resultierenden Polschmelze symbolisieren. Der Anlass für das apokalyptische Titelbild des Magazins war eine Erklärung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vom Dezember 1985 gewesen, in der eindringlich vor einer drohenden Klimakatastrophe gewarnt wurde, sollte die Menschheit weiterhin riesige Mengen Treibhausgase in die Luft blasen.¹⁰ Schon damals, vor über 30 Jahren, war die Beeinflussung des Klimas durch die Menschen in groben Zügen in der Wissenschaft erforscht und weit über die Klimaforschung hinaus bekannt. Danach erfuhr das öffentliche Interesse an der menschlichen Klimabeeinflussung viele Aufs und Abs. Insbesondere nach Wetterkatastrophen wie der Oderflut 1997 oder dem Hitzesommer 2003 nahmen sich die Medien des Klimathemas an, und viele Politikerinnen und Politiker bekräftigten dann auch pflichtgemäß die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen. Es gab aber auch Phasen, in denen das Thema fast komplett aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit geriet. So spielte die Klimathematik im Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2017 so gut wie keine Rolle. Der Hitzesommer 2018 und die „Fridays for Future"-Bewegung haben das Klimaproblem wieder in den Fokus der Öffentlichkeit katapultiert. Im Moment aber steht völlig zu Recht die Bewältigung der Coronaviruskrise im Mittelpunkt des Interesses. Dabei gibt es durchaus Parallelen zwischen der gegenwärtigen Infektionswelle und der Klimakrise, die ich in diesem Buch diskutieren werde. Außerdem dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, dass andere Krisen wegen der Dramatik der gegenwärtigen Pandemie von allein verschwinden werden und dass sich die Menschheit Nachhaltigkeit für lange Zeit nicht mehr wird leisten können. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Je mehr eine Gesellschaft auf Nachhaltigkeit setzt, umso höher ist ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber plötzlich über sie hereinbrechende Krisen.
Die Klimakrise hat mit dem Ausstoß von Treibhausgasen durch die Menschheit zu tun, Gase die die Erdoberfläche aufheizen, wenn sie in die Atmosphäre gelangen. Dabei geht es vorrangig um das CO2, das hauptsächlich bei der Verbrennung der fossilen Brennstoffe – Kohle, Öl, Erdgas und deren Derivate wie Benzin und Heizöl – in die Luft entweicht. Die weltweite Strom- und Wärmeproduktion wie auch der Verkehr basieren zum überwiegenden Teil auf den fossilen Energieträgern. Andere wichtige von der Menschheit ausgestoßene Treibhausgase sind Methan (CH4) und Lachgas (N2O), bei deren Freisetzung u. a. die Landwirtschaft eine gewichtige Rolle spielt. Es ist völlig unerheblich, wo die Treibhausgase in die Atmosphäre emittiert werden. Sie können über Jahrzehnte und noch viel länger in der Luft verbleiben, verteilen sich mit den Winden um den Erdball und kennen somit keine Ländergrenzen. Damit ist die Begrenzung der Erderwärmung der Lackmustest für die Weltpolitik. Weder China noch die USA, Europa oder Deutschland für sich allein können das Klimaproblem lösen. Alle Länder sitzen im selben Boot. Handelt die Menschheit nicht schnell und konsequent, könnte der Planet tatsächlich sein lebensfreundliches Antlitz verlieren. Der frühere amerikanische Präsident Barack Obama zitierte anlässlich der Eröffnung der 21. Weltklimakonferenz 2015 in Paris den Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. mit den Worten, dass es so etwas gäbe wie zu spät zu kommen.¹¹ Präsident Obama fügte hinzu: „Und wenn es um den Klimawandel geht, ist diese Zeit schon fast gekommen."¹²
Die Staatengemeinschaft hat sich 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen¹³ darauf verständigt, die Erderwärmung auf „deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Außerdem möchten die Länder Anstrengungen unternehmen, um den globalen Temperaturanstieg sogar auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dies kommt einer wahren Herkulesaufgabe gleich, beträgt die Erderwärmung schon jetzt etwas mehr als ein Grad. Die Einhaltung der Pariser Klimaziele könnte sogar noch schwieriger sein, als man noch vor ein paar Jahren gedacht hatte, weil sich bestimmte Entwicklungen beschleunigt zu haben scheinen.¹⁴ Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, wäre auf jeden Fall, das versteht sich von selbst, ein schnelles und couragiertes Handeln der Länder nötig. Die 25. Weltklimakonferenz in Madrid 2019, auf der es um die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ging, ist krachend gescheitert. „Mal wieder
ist man geneigt zu sagen. Von der Konferenz ging