Das Licht der Freude

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Das brennende Meer

FREUDE: DIE GEGENWART

Joy betrachtete die Szene vor ihr stirnrunzelnd. Sie schlich sich in den Schatten, hielt einen Moment inne und schlich auf die reglose Gestalt von Don Vess zu. Ihr Handeln fühlte sich unhöflich an, aber sie stieß ihren ehemaligen Mentor mit dem Fuß an. Plötzlich kam ihr der Gedanke, in der Halsschlagader nach dem Puls zu suchen.

Joy sagte ein paar leise Worte und legte ihren Mantel über eine Frau, die sie verärgert und herausgefordert hatte. Die letzten vier Jahre seit Joys dreizehntem Geburtstag waren voll von Ausbildung, Aufgaben und Studium gewesen. Vor einem Jahr fühlte sie sich bereit, zu ihrem Volk zurückzukehren, aber Don Vess bestand darauf, dass sie ihre Studien fortsetzte.

Jetzt gab es keinen Don Vess mehr, der sie zurückhielt. In dem kargen Außenposten, in dem sie lebte, gab es tatsächlich niemanden. Joy erfüllte ihre Pflichten noch ein oder zwei Tage länger, um sich auf ihre Reise vorzubereiten. Der Ruf des Meeres hatte sie nie wirklich verlassen, und die Anziehungskraft wurde nur noch stärker, wenn Don Vess nicht ständig ihre Gedanken füllte und ihr Aufgaben zuwies.

Von ihrem Turm aus konnte sie das glitzernde Meer auf einer der wenigen Inseln sehen, die die unberührte blaue Sphäre zierten. Unberührt von der Oberfläche, aber darunter...

Über das Folgende möchte ich nicht nachdenken.

Der plötzliche Gedanke beleuchtete ihren Platz in der Welt. Würde sie ihrem Volk wirklich den Rücken kehren? Ohne dass Don Vess das Protektorat informierte, konnte sie sich vor ihrer Verantwortung drücken. Sie brauchte nur noch ein Jahr zu warten, und sie wäre zu alt für das Ritual.

Sie schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Leonard, einer ihrer Tutoren, hatte ihr gesagt, dass das Wohl der vielen wichtiger sei als die Bedürfnisse der wenigen. Oder des Einzelnen. Sie beendete das Sprichwort und schloss die Augen. Nein, sie würde zu ihrem Volk zurückkehren. Sie würde ihre Pflicht erfüllen. Die steinernen Treppen und Gewölbe ihres Hauses würden nach so langer Abwesenheit ein willkommener Anblick sein.

Joy zog sich vorsichtig ihre Reisekleidung an. Ihre Hose war so dunkel wie die Tiefen fernab der Sonne. Ihr Hemd war ein enges Tuch, das die Farbe der Krebse hatte, die am Strand hin und her schwammen. Sie runzelte die Stirn über den Makel der Überzüge, die sich um ihre Füße wickelten. Hier oben schützten sie sie, während sie ging.

Das Gehen war die zweitgrößte Herausforderung, die Don Vess ihr beibrachte. Zwei Jahre lang hatte sie gelernt, ihren Körper aufrechtzuerhalten. Einen Körper, der stark wurde für die kommenden Strapazen. Aufrecht zu stehen in einer Welt ohne lebensspendendes Wasser war... nun, es gab keine Worte, um es zu beschreiben. Und das Filtern von Sauerstoff ohne Wasser? Sie wusste, dass es möglich war, aber bis Don Vess sie festhielt - ihr Haar und ihre durchscheinende Haut waren mit Sand und Muschelstückchen bedeckt ... nun, sagen wir einfach, dass zwischen dem Wissen um eine Sache und der Erfahrung Welten liegen. Sie keuchte, als das Wasser unter der glühenden Sonne von ihrem Körper trocknete. Sie war in Panik geraten, als das Wasser aus ihren Halskiemen verdunstet war, und hatte versucht, zurück ins Meer zu kriechen, aber Don Vess hatte ihr Luft in den Mund gepresst. Die abrupte Aktion hatte Joys rudimentäre Lunge in Gang gesetzt. Das Atmen von Luft begleitete das Laufen als ihre erste Lektion.

Joy stand an dem großen Tropfen. Sie schöpfte eine Handvoll Wasser und goss es über eine Kieme, den Kopf schief gelegt, dann über die andere. Sie kannte das Ritual, um ins Meer zurückzukehren, aber es gab einen Moment des Bangens. Don Vess, Leonard und alle ihre Tutoren hatten mehr Erfahrung mit dem Übergang vom Wasser zum Land, aber sie tat es jetzt allein, ohne jemanden, der sie anleiten konnte.

Joy setzte den Prozess fort und wechselte die Kiemen ab, bis sie ein Ziehen in ihrer Brust spürte, als ihr Körper von der Lunge auf die Kiemen umschaltete. Ihr Brustkorb schwoll nicht mehr durch den Atem an. Das Meer verbrannte sogar ihre Lunge. Als Joy nicht mehr atmen konnte und ihre Sicht am Rande zu verschwimmen begann, brach sie im Meer zusammen. Das Wasser kitzelte ihre Kiemen, und sie unterdrückte die Panik, keinen Atem zu bekommen.

Joy schloss die Nickhaut über ihren Augen und starrte in die Sonne, während sie tiefer in den Abgrund sank. Der Druck hätte sich wie zu Hause anfühlen sollen, aber vier Jahre waren eine lange Zeit, um sich zu akklimatisieren. Ihre Gelenke spannten sich unter dem zunehmenden Druck an. Jeder Muskel brannte unter der Kraft der Sonne. Eine Sonne, an der sie kein Interesse hatte, bevor sie auserwählt wurde.

Das Meer brennt! Der Gedanke hätte ihr die Aren in die Augen getrieben, aber ihr Körper war ein Kunstwerk. Er war sowohl schön als auch ein technisches Wunderwerk. Die Alten hatten über dem Wasser gelebt und sich nur selten ins Meer gewagt. Aber das war vor...

Es war das Beste, sich nicht mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Joy lebte im Jetzt. Sie sehnte sich nach der Zukunft, nicht nach den Taten der Vergangenheit. Man würde sie als Retterin ihres Volkes willkommen heißen. Es würde ihnen egal sein, dass ihr braunes Haar auf dem Kopf gewachsen war. Es würde ihnen egal sein, dass sie sich jetzt, wo sie die Oberfläche verlassen hatte, nur noch langsam bewegte.

Sie würde willkommen geheißen werden, und auch die anderen würden bemerken, dass sie früh zurückgekehrt war. Die Freude vor ihr hatte noch ein Jahr Zeit, bevor ihre kristalline Form erodierte. Noch ein Jahr, bevor ihr Glanz erlosch. Ein Jahr, bevor ihr Opfer vollständig verwirklicht war, konnte ihr Volk noch fünf Jahre lang sein Leben weiterführen.

Noch fünf Jahre, um das nächste Licht der Freude auszubilden, dachte sie. Sie drehte ihre Beine, um den Abstieg zu erleichtern, und erlaubte ihren Füßen, den Aufprall zu absorbieren. Sie dachte immer noch an das Leben über den Wellen. In der kalten Tiefe war eine solche Bewegung sinnlos. Ihr Strampeln ließ eine Wolke unruhiger Blasen aufsteigen.

Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte sie, als sich ihr Zuhause vor ihr materialisierte. Es gab keine Hektik und keinen Trubel. Das Licht der Freude tauchte die Stadt immer noch in Wärme und Licht, aber ihre Stadt war verlassen.

Ein Grauen überkam sie wie ein Gewirr von Seetang. Sie war so sehr auf die Stille vor ihr konzentriert, dass sie eine über ihr kreisende Bedrohung nicht bemerkte.

SCHILD: DIE GEGENWART

Ein Luftblasenstoß schoss an die Oberfläche und störte einen frisch geschälten Körper. Der hohle Panzer wurde als Warnung für alle anderen Krustentiere dort platziert. Der Tod wartet auf diejenigen, die... Shield seufzte und stieß eine Luftblase aus. Er war so gelangweilt. Nichts passierte mehr seit...

Es ist ein Jahr her, dachte er. Keiner konnte es kommen sehen.

Er versuchte, die Gedanken zu verdrängen, aber er konnte genauso gut versuchen, die Flut aufzuhalten. Er hätte die Zeichen erkennen müssen. Zugegeben, er hatte nicht so lange trainiert wie ein Joy, ein Kleriker, ein Heiler oder sogar ein Don, aber mit fünfzehn Jahren schwamm er in seinem eigenen Strom. Er bezweifelte, dass einer seiner Jugendfreunde ihn jetzt noch erkennen würde. Sein Training unter dem Don der Schilde war streng. In diesen zwei Jahren hatte er an Muskelmasse zugelegt.

Er und die anderen Shields rangen mit dem Meer, um ihre Fähigkeiten zu demonstrieren. Er war stolz darauf, in der Rangliste aufgestiegen zu sein. Der Don hatte ihn für diese Aufgabe auserwählt. Es war keine Sonderbehandlung, sondern eine Anerkennung seiner Fähigkeiten. In drei weiteren Jahren würden ihn seine Leistungen in eine beneidenswerte Position bringen, um eine Gefährtin zu finden.

Der Kopf von Shield ragte aus dem Schlick, und sein durchsichtiger Arm streckte sich aus und ergriff ein herumkrabbelndes Krustentier. Ich bin der Herr über alles, was ich überblicke, dachte er, als er das Krustentier im schwachen Licht untersuchte. Die mehrfach gepanzerten Beine schlängelten sich und versuchten, an Shields Arm Halt zu finden.

Seine andere Hand löste sich aus dem Schlick, und die Trümmer fielen herab und bildeten etwas, das wie ein Schlammschleier aussah. Er wischte sich den Schlamm, der hartnäckig an seinem Arm klebte, von der Brust und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Beute. Der Stein fiel genau direkt auf sein Abendessen, und das Krustentier wurde zerteilt.

Shield verbrachte keine Zeit damit, den Inhalt