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[[Datei:Zille Der-spaete-Schlafbursche GDR-73-100-6.jpg|mini|''Der späte Schlafbursche'' von [[Heinrich Zille]]]]
[[Datei:Schlafgaenger.gif|thumb|Anteil der Berliner Wohnungen mit Schlafgängern<ref>Geist, Kürvers: ''Das Berliner Mietshaus.'' Band 2. Tabelle Seite 469</ref>]]
Als '''Schlafgänger''' (auch '''Bettgeher''', oder'''Schlafburschen''' bzw. '''Schlafmädchen'''; [[Plural]] auch '''SchlafburscheSchlafleute''')<ref wurdenname="1905_MEYERS">{{Literatur Personen|Titel=Meyers Großes Konversations-Lexikon |Auflage=6. |Verlag=Bibliographisches Institut |Ort=Leipzig/ Wien |Datum=1909 |Kommentar=Lexikoneintrag „Schlafstelle“ |Online=http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Schlafstelle |Abruf=2019-05-07}}</ref> waren bezeichnetMenschen, die gegen ein geringes Entgelt ein Bett nur für einige Stunden am Tag mieteten, während der Wohnungsinhaber die Schlafstelle nicht benötigte. DerDas GrundSchlafgängertum dafürkam warin derden zurGroßstädten Zeitwährend derdes [[Industrialisierung]]19. sehrJahrhunderts knappeauf und daherwar teurenoch Wohnraum,in derden nichtersten alleJahrzehnten [[Urbanisierung|Landflüchtlinge]]des 20. aufnehmenJahrhunderts konnteverbreitet.
 
== Beschreibung ==
Als Schlafgänger konnten beispielsweise [[Schichtarbeit]]er während des Tages gegen ein geringes [[Entgelt]] schlafen, während der reguläre Wohnungsinhaber seiner Arbeit nachging. Schlafgänger hatten normalerweise keinen Familienanschluss, durften die restlichen Räumlichkeiten, wie die Küche oder die "Gute [[Stube]]", nicht nutzen und erhielten im Gegensatz zu [[Untermiete]]rn kein Frühstück.
Der Grund für diese Form der Wohnungsüberlassung war der zur Zeit der [[Industrialisierung]] sehr knappe und daher teure Wohnraum, der nicht alle [[Urbanisierung|Landflüchtlinge]] aufnehmen konnte.
 
Als Schlafgänger konnten beispielsweise [[Schichtarbeit]]er während des Tages gegen ein geringes [[Entgelt]] schlafen, während der reguläre Wohnungsinhaber seiner Arbeit nachging. Schlafgänger hatten normalerweise keinen Familienanschluss, durften die restlichen Räumlichkeiten, wie die Küche oder die "Gute [[Gute Stube (Wohnraum)|Gute Stube]]", nicht nutzen und erhielten im Gegensatz zu [[Untermiete]]rn kein Frühstück.
Die Schlafgänger trugen zur weiteren Verschlechterung der Wohnsituation bei, da sie die familiäre und die intime Beziehung der Wohnungsinhaber störten. Allerdings waren sie zur Finanzierung der Wohnungen notwendig, weil das Familieneinkommen zur Eigenfinanzierung einer Wohnung vielfach zu gering war. Mancherorts wurde das eigene Bett sogar an zwei verschiedene Schlafgänger vermietet.
[[Datei:Schlafgaenger.gif|thumbmini|Anteil der Berliner Wohnungen mit Schlafgängern<ref>[[Johann Friedrich Geist]], [[Klaus Kürvers]]: ''Das Berliner Mietshaus.'' Band 2. Prestel Verlag, München 1980, ISBN 3-7913-0524-7: Tabelle Seite 469.</ref> ]]
Die Schlafgänger trugen zur weiteren Verschlechterung der [[Geschichte des Wohnens|Wohnsituation]] bei, da sie die familiäre und die intime Beziehung der Wohnungsinhaber störten. Außerdem entstanden [[Hygiene|hygienische]] Probleme, was die Verbreitung von [[Epidemie]]n, [[Syphilis]], [[Tuberkulose]] und [[Krätze]] beförderte.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-marburg.de/fb06/wsg/studium/VL7 |titel=Gesellschaft zwischen den 1830er und 1870er Jahren |abruf=2017-03-21}}</ref> Allerdings waren sie zur Finanzierung der Wohnungen notwendig, weil das Familieneinkommen zur Eigenfinanzierung einer Wohnung vielfach zu gering war. Mancherorts wurde das eigene Bett sogar an zwei verschiedene Schlafgänger vermietet.
 
Statistisch gesehen gab es bei kleineren Wohnungen viel mehr Schlafgänger als bei größeren, da man in kleineren Wohnungen eher einen Schlafplatz als einen ganzen Raum abgeben konnte.
 
Die weite Verbreitung des Schlafgängerwesens zeigen am Beispiel Berlin folgende Zahlen: Im Jahre 1880 boten 32.289 Haushalte (das waren 15,3 %) Unterkünfte für insgesamt 59.087 Schlafleute. Bis 1900 war (einschließlich der Vororte von Berlin) die Zahl der Haushalte auf 72.445 und die der Schlafgänger auf 114.158 (84.235 Schlafburschen und 29.923 Schlafmädchen) angestiegen.<ref name="1905_MEYERS" />
ALLES Scheiße
 
{{Zitat
|Text=Diese sozialen Wohnungsschäden sind durch das Schlafgängerwesen stark vermehrt. […] 1895 wurden in Berlin 79.435, in Dresden 19.836 und in Leipzig 19.101 Schlafstellenleute gezählt. In manchen Fällen war dasselbe Bett von zwei oder gar von drei Personen im Achtstundenwechsel innerhalb 24 Stunden benutzt, ohne somit einen Augenblick kalt werden zu können.
|Autor=Friedrich H. Lorentz
|ref=<ref>{{Literatur |Autor=Friedrich H. Lorentz |Hrsg=Kurt Krause |Titel=Die Hygiene der Neuzeit |Sammelwerk=Die neue Volkshochschule |WerkErg=Bibliothek für moderne Geistesbildung |Band=4 |Verlag=Verlagsbuchhandlung E.&nbsp;G. Weimann |Ort=Leipzig |Datum=1925 |Seiten=50}}</ref>}}
 
== Begriff ==
Noch Ende des 18. Jahrhunderts (also vor Beginn der Industrialisierung) war das Phänomen unbekannt, denn der Begriff ''Schlafgänger'' wurde nur [[synonym]] für [[Somnambulismus|''Schlafwandler'']] benutzt.<ref name="1793_ADELUNG">{{Literatur |Autor=[[Johann Christoph Adelung]] |Titel=Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart |Auflage=2. |Verlag=[[Johann Gottlob Immanuel Breitkopf|Johann Gottlob Immanuel Breitkopf und Compagnie]] |Ort=Leipzig |Datum=1793 |Kommentar=Lexikoneintrag „Schlafgänger“ |Online=http://www.zeno.org/Adelung-1793/A/Schlafg%C3%A4nger,+der |Abruf=2019-05-07}}</ref>
 
== Literatur ==
* Hannah Ahlheim: ''Der Traum vom Schlaf im 20. Jahrhundert. Wissen, Optimierungsphantasien und Widerständigkeit''. Wallstein, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-3247-8
* Johannes Altenrath: ''Das Schlafgängerwesen und seine Reform. Statistik, Schlafstellenaufsicht, Ledigenheime mit besonderer Berücksichtigung des weiblichen Schlafgängerwesens''. Berlin 1916 (zugl. Diss., Universität Halle, 1916)
* [[Franz-Josef Brüggemeier|F.J. Brüggemeier]], [[Lutz Niethammer|L. Niethammer]]: ''Schlafgänger, Schnapskasinos und schwerindustrielle Kolonie.'' In: [[Jürgen Reulecke]], [[Wolfhard Weber]] (Hrsg.): ''Fabrik – Familie – Feierabend. Beiträge zur Sozialgeschichte im Industriezeitalter.'' Wuppertal 1978, S. 135–175, ISBN 3-87294-122-4.
* J. Ehmer: ''Wohnen ohne eigene Wohnung.'' In: Lutz Niethammer (Hrsg.): ''Wohnen im Wandel.'' Wuppertal 1979, S. 132–150, ISBN 3-87294-142-9.
* [[Jonas Geist|Johann Friedrich Geist]], [[Klaus Kürvers]]: ''Das Berliner Mietshaus''. Drei Bände. München 1980–1989
* Ralf Zünder: ''Vom Ledigenheim zum Studentenwohnheim [[Danckelmannstraße]].'' Berlin (Studentenwerk Berlin) 1990.
 
== Weblinks ==
* [httphttps://web.archive.org/web/20110923132540/https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/lexikon/ledigenheim.html Informationen zum Ledigenheim in Berlin-Charlottenburg] (Webarchiv)
* Carola Zinner: [https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/die-zeit-der-schlafgaenger-die-grosse-wohnungsnot-um-1900/2093693 Die Zeit der Schlafgänger - Die große Wohnungsnot um 1900] [[Bayern 2]] [[Radiowissen]]. Ausstrahlung am 6. Juni 2024. (Podcast)
* [http://www.schlafburschen.de/ Die Schlafburschen. Berliner Kinderbuch, das sich eingehend mit dem Phänomen beschäftigt.]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{SORTIERUNG:Schlafganger}}
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[[Kategorie:Stadtgeschichte]]
[[Kategorie:Demografie]]
[[Kategorie:Schlaf in der Kultur]]
[[Kategorie:Personenbezeichnung (Gesellschaft)]]