„Schwedischer Wohlfahrtsstaat“ – Versionsunterschied

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'''Der schwedische Wohlfahrtsstaat''' wurde als politisches Projekt ab den 1930er Jahren aufgebaut. Seinen Höhepunkt erreichte er in den 1970er Jahren, als er schließlich alle vom Kleinkind (über die kommunale Kinderfürsorge) bis zum Rentner (über die kommunale Altenfürsorge) erfasste. Erst im letzten Jahrzehnt kam es zu einschneidenden Veränderungen aufgrund einer schweren Wirtschaftskrise, die am Beginn der 1990er Jahre zu einer Kürzung von [[Sozialleistung]]en führte. Die erwartete demographische Entwicklung führte zu einem radikalen Umbau des Rentensystems, das nun an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt ist. Die letzten Wahlen zeigten aber, dass gerade die Kernbereiche des Wohlfahrtsstaates auch heute dem Staatsbürger am Herzen liegen.
Der '''schwedische [[Wohlfahrtsstaat]]''' (in seinen Ursprüngen auch als „[[folkhemmet]]“ (Volksheim) bezeichnet) wurde als politisches Projekt ab den 1930er Jahren aufgebaut. In dieser Zeit ist der Begriff eng mit Ministerpräsident [[Per Albin Hansson]] verbunden, der den Begriff ''folkhemmet'' in einer Reichstagsdebatte im Jahre 1928 aufgriff und zu einem konkreten politischen Programm machte<ref>Niklas Ekdal: ''Per Albin Hansson'', Albert Bonniers förlag, 2010, ISBN 978-91-0-011988-1</ref>. Seinen Höhepunkt erreichte er in den 1970er Jahren, als er alle Bürger vom Kleinkind (über die kommunale [[Kinderfürsorge]]) bis zum Rentner (über die kommunale Altenfürsorge) erfasste<ref name="Schön">Lennart Schön, En modern svensk ekonomisk historia, tillväxt och omvandling under två sekel, sns förlag, Stockholm, 2007, ISBN 978-91-85355-87-7</ref><ref name="Norstedts">Kjell Östberg, Jenny Andersson: ''Sveriges historia, 1965-2012'', Norstedts, 2013, ISBN 978-91-1-302391-5</ref>. Die Schattenseite dieses Systems war, dass es zu [[Grenzsteuersatz|Grenzsteuersätzen]] über 100 % führte. [[Astrid Lindgren]], die auf ihre Einkommen 100,1 % Einkommensteuern bezahlen sollte, beschrieb dies in dem Zeitungsartikel „[[Pomperipossa in Monismanien]]“<ref>[http://www.expressen.se/noje/pomperipossa-i-monismanien/ Pomperipossa in Monismanien (schwedisch)]</ref><ref>[https://www.welt.de/welt_print/article1349358/Pomperipossa-in-Monismanien.html Pomperipossa in Monismanien (deutsch)]</ref>. Die auf den Artikel folgende politische Diskussion soll zum Wahlverlust der Sozialdemokraten in den [[Wahl zum Schwedischen Reichstag 1976|Reichstagswahlen 1976]] nach 44 Jahren sozialdemokratischer Herrschaft beigetragen haben.<ref>[http://www.expressen.se/nyheter/dokument/sa-sankte-astrid-regeringen-1976-1/ So versenkte Astrid die Regierung (schwedisch)]</ref>
Die hinter dem schwedischen Wohlfahrtsstaat stehenden gesellschaftspolitischen Grundannahmen werden auch als [[Das schwedische Modell|„schwedisches Modell“]], „[[Dritter Weg]]“, oder [[Rehn-Meidner-Modell]] bezeichnet.
 
Durch die Bankenrettungen infolge der [[Schwedische Bankenkrise von 1990 bis 1992|schwedischen Bankenkrise von 1990 bis 1992]] kam es zu einschneidenden Veränderungen, insbesondere zu einer Kürzung vieler [[Sozialleistung]]en. Die erwartete demografische Entwicklung führte zu einem radikalen Umbau des Rentensystems, das an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt war.
==Elternversicherung und Kinderversorgung==
Ein Teil der [[Familienpolitik]] ist die Elternversicherung, die Verdienstausfälle der Eltern während der Pflege von Kleinkindern abdeckt. Sie umfasst etwas mehr als ein Jahr, wovon zwei Monate an den Vater und zwei Monate an die Mutter gebunden sind.
 
Die Finanzierung des Wohlfahrtsstaates erfolgt teils durch die Einkommensteuern, die von den [[Gemeinde (Schweden)|Gemeinden]] und [[Landsting (Schweden)|Provinziallandtagen]] erhoben werden, teils durch Arbeitgeberabgaben von derzeit (2018) 31,42 % des Bruttolohns.<ref>[http://www.skatteverket.se/foretagorganisationer/arbetsgivare/socialavgifter/arbetsgivaravgifter.4.233f91f71260075abe8800020817.html?q=arbetsgivaravgifter Arbeitgeberabgaben (schwedisch)]</ref>
Ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes haben die Familien Anspruch auf öffentliche Kinderbetreuung, die auf die Bedürfnisse (Arbeitszeiten) der Eltern abgestimmt ist. Der frühere Kindergarten wurde 1998 durch die Vorschule für 1-5jährige abgelöst (mit eigenem Lehrplan und unter Aufsicht des Zentralamtes für Schulwesen), die neben der Kinderbetreuung auch einen pädagogischen Auftrag hat. Daneben gibt es auch Kindertagesstätten, in die 13% der betreuten Kinder gehen. 42% der einjährigen Kinder und 78% der zweijährigen Kinder besuchten im Jahr 2000 Kinderbetreuungsstätten. Für Kinder in der Vorschulklasse und in der Grundschule gibt es Freizeitheime, die im Jahr 2000 von 66% der Kinder zwischen 6 und 9 Jahren besucht wurden. Die Betreuungseinrichtungen sind gebührenpflichtig, wobei sich die Gebühren nach dem Einkommen der Eltern richten.
 
== Historischer Überblick ==
Eine weitere familienpolitische Leistung ist das allgemeine Kindergeld für jedes Kind bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. Kinderreiche Familien (mit mehr als drei Kindern) erhalten eine zusätzliche Unterstützung.
 
In [[Schweden]] lassen sich erste Ansätze der sozialen Absicherung bereits im 16. Jahrhundert finden. Damals war das System der [[Brukssamhällen]] weit verbreitet. Nachdem ganz [[Skandinavien]] im frühen 20. Jahrhundert noch als ärmste Region Europas und auch für seine daraus resultierende hohe Anzahl an Auswanderern bekannt war, setzte auch in Schweden, bedingt durch die [[Industrialisierung]], bis 1910 ein rascher Aufschwung und eine Hebung des Lebensstandards ein (er war schon damals einer der höchsten im weltweiten Vergleich). So wurde 1913 ein universelles Rentensystem eingeführt, das in der politischen Landschaft Schwedens große Unterstützung aller politischen Lager genoss. Auch der Ausbruch des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] hatte durch den dadurch erhöhten Bedarf an Rohmaterialien einen stimulierenden Effekt auf die schwedische Wirtschaft. Gedämpft wurde diese Entwicklung durch eine Finanz- und Strukturkrise und einen wirtschaftlichen Rückgang in den 1920er-Jahren. In diesen Jahren findet die erste Bezeichnung des Wohlfahrtsstaates ihren Ursprung: [[folkhemmet]] – das Volksheim. Die Metapher wurde durch die Sozialdemokraten der „[[Sveriges socialdemokratiska arbetareparti]]“, kurz [[Sveriges socialdemokratiska arbetareparti|SAP]], allen voran [[Per Albin Hansson]], der 1932 Premierminister werden sollte, in den politischen Diskurs eingebracht.<ref>{{Internetquelle |autor=Felix Rath |url=https://www.scribd.com/document/407847986/Das-Sozialsystem-Schwedens-und-Osterreichs-im-Vergleich |titel=Das Sozialsystem Schwedens und Österreichs im Vergleich |datum=2019-04-27 |abruf=2019-04-28 |sprache=de}}</ref>
==Ausbildung==
''Hauptartikel: [[Schwedisches Bildungssystem]]''
 
== Elternversicherung und Kinderversorgung ==
Die Grenze zwischen Kinderbetreuung und Schule ist fließend, da schon die Vorschule (Kindergarten) zum Bildungssystem gehört. Die Schulpflicht beginnt aber mit 7 Jahren und umfasst die neunjährige Grundschule. Danach setzen die meisten Schüler ihre Ausbildung in der Gymnasialschule fort, und mehr als ein Drittel eines Jahrganges beginnt ein Hochschulstudium. Der Besuch aller dieser Bildungsinstitutionen ist gebührenfrei.
 
Ein Teil der [[Familienpolitik]] ist die [[Elterngeld#Andere europäische Staaten|Elternversicherung]], die Verdienstausfälle der Eltern während der Pflege von Kleinkindern abdeckt. Sie umfasst 16 Monate.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.forsakringskassan.se/privatpers/foralder/barnet_fott/foraldrapenning/om_foraldrapenning?Om%20f%C3%B6r%C3%A4ldrapenning |wayback=20150627070618 |text=Regelung des Verdienstausgleichs bei Elternschaft (schwedisch). |archiv-bot=2018-12-02 14:21:14 InternetArchiveBot }}</ref>, wovon zwei Monate an den Vater und zwei Monate an die Mutter gebunden sind. Die Elternversicherung zahlt 80 % des bisherigen Einkommens, jedoch höchstens 2980 Euro brutto.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.forsakringskassan.se/privatpers/foralder/barnet_fott/foraldrapenning/om_foraldrapenning |wayback=20150611165348 |text=''Elternversicherung'' (schwedisch). |archiv-bot=2018-12-02 14:21:14 InternetArchiveBot }}</ref> Von 2008 bis 2016 hatten die Gemeinden auch die Möglichkeit, nach dem Ablauf der Elternversicherung einen Beitrag von 320 Euro pro Monat an die Eltern zu zahlen, die weiterhin mit ihren Kindern zu Hause bleiben wollen, anstatt die öffentliche Kinderversorgung in Anspruch zu nehmen.<ref>{{Webarchiv|url=https://skl.se/skolakulturfritid/skolaforskola/vagledningsvarpavanligafragor/vardnadsbidrag.856.html |wayback=20170112182148 |text=Information von Sveriges kommuner och landsting zum Pflegebeitrag |archiv-bot=2023-01-07 19:54:05 InternetArchiveBot }} (schwedisch).</ref> Dies war bis zum vollendeten dritten Lebensjahr möglich.
==Arbeit und Arbeitslosigkeit==
Schweden hat eine vergleichsweise hohe [[Erwerbsquote]]. Beinahe 50 % der Gesamtbevölkerung und 78&nbsp;% der Einwohner zwischen 16 und 64 Jahren sind erwerbstätig. 48&nbsp;% aller Erwerbstätigen sind Frauen. Das Arbeitsverhältnis für Arbeitnehmer ist durch Gesetze und Tarifverträge geregelt. Gesetzlich geregelt sind beispielsweise die normale Wochenarbeitszeit (40 Stunden), Mindesturlaub (5 Wochen), Kündigungsschutz, Mitbestimmung am Arbeitsplatz (im Gegensatz zu Deutschland gebunden an Gewerkschaften) und Gleichberechtigung, während Einkommen (kein gesetzlicher Mindestlohn!) und andere Arbeitsbedigungen durch Tarifverträge geregelt werden.
 
Ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes haben die Familien Anspruch auf öffentliche Kinderbetreuung, die auf die Bedürfnisse (Arbeitszeiten) der Eltern abgestimmt ist. Der frühere Kindergarten wurde 1998 durch die Vorschule für 1-5jährige bis 5-Jährige abgelöst (mit eigenem Lehrplan und unter Aufsicht des Zentralamtes für Schulwesen), die neben der Kinderbetreuung auch einen pädagogischen Auftrag hat. Daneben gibt es auch Kindertagesstätten, in die 13 % der betreuten Kinder gehen. 42 % der einjährigen Kinder und 78 % der zweijährigen Kinder besuchten im Jahr 2000 Kinderbetreuungsstätten. Für Kinder in der Vorschulklasse und in der Grundschule gibt es Freizeitheime, die im Jahr 2000 von 66 % der Kinder zwischen 6 und 9 &nbsp;Jahren besucht wurden. Die Betreuungseinrichtungen sind gebührenpflichtig, wobei sich die Gebühren nach dem Einkommen der Eltern richten. Der Besuch der Vorschule ist jedoch gemäß {{§§|URL|2=http://www.riksdagen.se/sv/Dokument-Lagar/Lagar/Svenskforfattningssamling/Skollag-2010800_sfs-2010-800/#K8|3=Schulgesetz}} bis zu 525 Stunden im Jahr kostenfrei; dies gilt ab dem Herbst des Jahres, in dem das Kind das dritte Lebensjahr vollendet.
[[Sozialpartner]] sind auf der [[Arbeitgeber]]seite der Verband schwedischer Unternehmen (Förbundet Svenskt Näringsliv) mit 48.000 Mitgliedsunternehmern, das Zentralamt für Arbeitgeberfragen (Arbetsgivarverket) für den staatlichen Bereich, der schwedische Gemeindeverband (Svenska kommunförbundet) und der Provinziallandtagsverbund (Landstingsförbundet) för Gemeinden und Provinzen als Arbeitgeber. Auf der [[Arbeitnehmer]]seite stehen ihnen die [[Gewerkschaft]]en gegenüber, wovon der schwedische Gewerkschaftsbund LO (Landsorganisationen) mit etwas mehr als 2 Millionen Mitgliedern die größte ist. Weitere Dachverbände sind die Zentralorganisation der Angestellten TCO mit 1,25 Millionen Mitgliedern und die Zentralorganisation Schwedischer Akademiker SACO mit etwa einer halben Million Mitgliedern. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt bei ungefähr 80&nbsp;% der Arbeitnehmer. Sowohl der Verband schwedischer Unternehmen wie auch die gewerkschaftlichen Dachverbände sind in branchenmässige Einzelorganisationen gegliedert.
 
Eine weitere familienpolitische Leistung ist das allgemeine Kindergeld (zurzeit (2017) 110 Euro pro Monat<ref name="Kindergeld">{{Webarchiv|url=http://www.forsakringskassan.se/privatpers/foralder/barnet_fott/barnbidrag |wayback=20111129100929 |text=Kindergeld (schwedisch) |archiv-bot=2018-12-02 14:21:14 InternetArchiveBot }}</ref>) für jedes Kind bis zum vollendeten 16.&nbsp;Lebensjahr. [[Mehrkindfamilie]]n erhalten eine zusätzliche Unterstützung, die mit der Anzahl der Kinder progressiv ansteigt (16 Euro bei zwei Kindern, 440 Euro bei sechs Kindern).<ref name="Kindergeld" /> Das Kindergeld ist steuerfrei.
Als ein wichtiger Anreiz zur Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft ist die Arbeitslosenversicherung gedacht, die nicht zum staatlichen Pflichtversicherungssystem gehört, sondern freiwillig ist, und von Mitgliedskassen, in der Regel geleitet von den Gewerkschaften, verwaltet wird. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft führt zur Mitgliedschaft in einer Arbeitslosenkasse. 90&nbsp;% der Arbeitnehmer sind in einer freiwilligen Arbeitslosenkasse versichert. Wer nicht Mitglied ist, hat bei [[Arbeitslosigkeit]] Anspruch auf einen Arbeitslosenbeitrag, der in der Höhe ungefähr der Sozialhilfe entspricht.
 
== Ausbildung ==
Die [[Arbeitslosigkeit]] liegt in Schweden bei 5,6&nbsp;% (Juni 2005), weitere 3-4&nbsp;% sind in staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt.
''{{Hauptartikel: [[|Schwedisches Bildungssystem]]''}}
 
Die Grenze zwischen Kinderbetreuung und Schule ist fließend, da schon die Vorschule (Kindergarten) zum Bildungssystem gehört. Die Schulpflicht beginnt mit 7&nbsp;Jahren und umfasst die neunjährige Grundschule. Danach setzen die meisten Schüler ihre Ausbildung in der Gymnasialschule fort, in der sowohl die praktischen Berufe als auch die studienvorbereitenden Ausbildungen integriert sind (die Hilfsschulen sind Gymnasien, särskolgymnasium). Es gibt also keine Lehre im deutschen Sinne. Mehr als ein Drittel eines Jahrganges beginnt ein Hochschulstudium. Hierbei ist zu beachten, dass alle nachschulischen Ausbildungen nachgymnasial sind und daher nicht immer mit den deutschen Hochschulausbildungen zu vergleichen sind. Was in Deutschland also Berufsfachschule, Meisterausbildung oder Fach(hoch)schule ist, zählt in Schweden immer als Studium. Der Besuch aller dieser Bildungsinstitutionen ist für EU- und EFTA-Bürger gebührenfrei. Für alle anderen werden auf den nachgymnasialen Einrichtungen seit 2010 Studiengebühren fällig.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.schweden-heute.de/index.php/schule-und-ausbildung.html |wayback=20111223233227 |text=''Grundschule und weiterführende Ausbildungen.'' |archiv-bot=2023-01-07 19:54:05 InternetArchiveBot }} auf ''schweden-heute.de''</ref> In Ausnahmefällen kann auch das Gymnasium kostenpflichtig sein (wenn der Schüler in einer fremden Kommune zur Schule gehen will und die eigene Kommune die Kosten dafür nicht übernimmt).
==Gleichberechtigung==
In Schweden wird seit den 1970er Jahren eine aktive [[Gleichberechtigung|Gleichstellungspolitik]] betrieben, die ihren Ausdruck in einer Reihe von staatlichen Institutionen und Gesetzen fand. Kernstück der schwedischen Gleichstellungspolitik ist die Fähigkeit jedes Einzelnen, durch [[Erwerbstätigkeit]] finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Ebenso wichtig sind Maßnahmen, die es Frauen und Männern ermöglichen, Familie und Beruf zu vereinbaren.
 
== Arbeit und Arbeitslosigkeit ==
Am stärksten durchgesetzt hat sich die Gleichstellungspolitik im [[öffentlicher Dienst|öffentlichen Sektor]] und in der Politik. 45&nbsp;% der Abgeordneten im Reichstag sind Frauen, dasselbe gilt für die Regierung. Ähnlich ist die Situation in den Gemeinden (41&nbsp;% Frauen) und Provinziallandtagen (49&nbsp;% Frauen). Auch in den Verwaltungsräten öffentlicher Behörden liegt der Frauenanteil bei 47&nbsp;%. Doch sind die Spitzenpositionen mehrheitlich von Männern besetzt. Dies gilt in noch höherem Grade für den privaten Sektor, wo der Anteil von Frauen in leitenden Positionen und Vorständen unter 10&nbsp;% liegt.
 
Schweden hat eine vergleichsweise hohe [[Erwerbsquote]]. Beinahe 50 % der Gesamtbevölkerung und 78&nbsp; % der Einwohner zwischen 16 und 64 &nbsp;Jahren sind erwerbstätig. 48&nbsp; % aller Erwerbstätigen sind Frauen. Das Arbeitsverhältnis für Arbeitnehmer ist durch Gesetze und Tarifverträge geregelt. Gesetzlich geregelt sind beispielsweise die normale Wochenarbeitszeit (40 &nbsp;Stunden), Mindesturlaub (5 &nbsp;Wochen), Kündigungsschutz, Mitbestimmung am Arbeitsplatz (im Gegensatz zu Deutschland gebunden an Gewerkschaften) und Gleichberechtigung, während Einkommen (kein gesetzlicher Mindestlohn!) und andere ArbeitsbedigungenArbeitsbedingungen durch Tarifverträge geregelt werden.
Der Anteil erwerbstätiger Frauen zwischen 20 und 64 Jahren liegt mit 76&nbsp;% deutlich über dem europäischen Schnitt und ist beinahe gleich hoch wie der der Männer (81&nbsp;%). Dennoch gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Zum einen sind Frauen meist in einem begrenzten Sektor des [[Arbeitsmarkt]]es und in weniger gut bezahlten Berufen zu finden, zum anderen sind ein Viertel der erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt (aber nur 7&nbsp;% der Männer). Gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, dennoch ist das [[Einkommen]] von Frauen in Schweden geringer als das von Männern, wenn auch die Einkommensunterschiede wesentlich geringer ausfallen, als in den meisten anderen europäischen Ländern. Einer von der Regierung in Auftrag gegebenen Untersuchung nach beträgt die geschlechtsspezifische Lohndifferenz zwischen 1&nbsp;% und 8&nbsp;%.
 
[[Sozialpartner]] sind auf der [[Arbeitgeber]]seite der Verband schwedischer Unternehmen ''(Förbundet [[Svenskt Näringslivnäringsliv]])'' mit 48.000 &nbsp;Mitgliedsunternehmern, das Zentralamt für Arbeitgeberfragen (''Arbetsgivarverket'') für den staatlichen Bereich, dersowie schwedische''Sveriges Gemeindeverbandkommuner (Svenskaoch kommunförbundet)regioner'' und der Provinziallandtagsverbund (Landstingsförbundet) förfür Gemeinden und Provinzen als Arbeitgeber. Auf der [[Arbeitnehmer]]seite stehen ihnen die [[GewerkschaftSchwedische Gewerkschaften|Gewerkschaften]]en gegenüber, wovon der schwedische Gewerkschaftsbund LO[[Landsorganisationen i Sverige]] (LandsorganisationenLO) mit etwasetwa mehr als 21,5 Millionen Mitgliedern die größte ist. Weitere Dachverbände sind die Zentralorganisation der Angestellten [[Tjänstemännens Centralorganisation|TCO]] mit 1,25 &nbsp;Millionen Mitgliedern und die Zentralorganisation Schwedischer Akademiker [[Sveriges Akademikers Centralorganisation|SACO]] mit etwa einer halben Million Mitgliedern. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt bei ungefähr68 80&nbsp;% der Arbeitnehmer und gehört damit zu den höchsten der Welt (Jahr 2019).<ref>Anders Kjellberg (2020) [https://portal.research.lu.se/portal/en/publications/kollektivavtalens-tackningsgrad-samt-organisationsgraden-hos-arbetsgivarfoerbund-och-fackfoerbund(384bb031-c144-442b-a02b-44099819d605).html ''Kollektivavtalens täckningsgrad samt organisationsgraden hos arbetsgivarförbund och fackförbund''], Department of Sociology, Lund University. Studies in Social Policy, Industrial Relations, Working Life and Mobility. Research Reports 2020:1, Appendix 3 (in English) Table A</ref> Sowohl der Verband schwedischer Unternehmen wieals auch die gewerkschaftlichen Dachverbände sind in branchenmässigebranchenmäßige Einzelorganisationen gegliedert.
Ein wichtiger Aspekt der Gleichstellungspolitik ist die [[Familienpolitik]]. Gesetzgebung (Eherecht, Scheidungsrecht usw.) und das Sozialversicherungssystem sind die wichtigsten politischen Instrumente zur Gleichstellung im Familienleben. Dennoch wird auch in Schweden ein Großteil der [[Hausarbeit]] von den Frauen erledigt und auch die Hauptverantwortung für die [[Kinderbetreuung]] liegt bei den Frauen. Ein gut ausgebautes Kinderbetreuungssystem erleichtert es aber Frauen, Beruf und Familie zu vereinbaren.
 
Die Arbeitslosenversicherung ist freiwillig und gehört nicht zum staatlichen Pflichtversicherungssystem. Die Arbeitslosenversicherung wird von Mitgliedskassen verwaltet und in der Regel von den Gewerkschaften geleitet ([[das Genter System]]). 75 % der Arbeitnehmer sind in einer freiwilligen Arbeitslosenkasse versichert.<ref>Anders Kjellberg und Christian Lyhne Ibsen [https://lup.lub.lu.se/search/ws/files/21682547/Kjellberg_og_Ibsen_2016_ur_Due_og_Madsen.pdf "Attacks on union organizing: Reversible and irreversible changes to the Ghent-systems in Sweden and Denmark"], in Trine Pernille Larsen und Anna Ilsøe (eds.)(2016) ''Den Danske Model set udefra - komparative perspektiver på dansk arbejdsmarkedsregulering'', Copenhagen: Jurist- og Økonomforbundets Forlag, s. 287</ref> Wer nicht Mitglied ist, aber zeitlich die Anwartschaft erfüllt, hat bei [[Arbeitslosigkeit]] Anspruch auf einen Grundbetrag aus der sogenannten Alphakasse,<ref>[http://www.alfakassan.se/Startsida/Press Webseite der Alphakasse]{{Toter Link|url=http://www.alfakassan.se/Startsida/Press |date=2018-12 |archivebot=2018-12-02 14:21:14 InternetArchiveBot }}</ref>; der versteuert wird. Es gibt kein bedarfsabhängiges ALG (wie z.&nbsp;B. Hartz IV). Wer die Anwartschaft nicht erfüllt hat oder mit dem Geld der Alphakasse nicht auskommt, außerdem kein Erspartes hat (Freibeträge gibt es nicht), sowie Auto und Haus verkauft hat, kann zusätzlich Sozialhilfe (bedarfsabhängig) beantragen.
==Gesundheitswesen und Krankenversicherung==
Alle Einwohner in Schweden haben Anspruch auf medizinische Versorgung und [[Krankenpflege]]. Für [[Gesundheitssystem|Gesundheitswesen]] und Krankenversorgung sind die Provinziallandtage zuständig, und sie wird mit direkten [[Einkommensteuer]]n finanziert. Bei einem Arztbesuch muss eine Gebühr von gut 10 [[Euro]] bezahlt werden und die [[Medikament]]e müssen bis zu einem Höchstbetrag von ca. 100 [[Euro]] pro Jahr selbst bezahlt werden. Ein großes Problem sind die Kosten bei Zahnarztbesuchen, da diese zu einem großen Teil von den Patienten ab dem 20. Lebensjahr selbst bezahlt werden müssen. Eine einfache Untersuchung kostet ca. 60 [[Euro]], die Beseitigung eines kleinen Loches kostet etwa 150 [[Euro]]. Im Extremfall (z.B. bei Prothesen) können sogar Kosten von bis zu 7000 [[Euro]] entstehen. Darüberhinaus gibt es in Schweden keine Krankenversicherung, die Zahnarztkosten abdeckt. Daher ziehen es vor allem viele Studenten und Arbeitslose vor, nicht zum Zahnarzt zu gehen, da sie es sich nicht leisten können. Die Sozialdemokratische Regierung hat jedoch eine Lösung des Problems in Aussicht gestellt.
 
Pro Arbeitslosigkeitsperiode gibt es fünf Karenztage ohne jeglichen Anspruch auf Geldleistungen. Der Beitrag zur A-Kasse richtet sich nach dem Risiko der Arbeitslosigkeit, nicht nach dem Einkommen. So zahlt eine Putzfrau viermal so viel Beitrag wie ein Facharzt zur jeweiligen A-Kasse. Da Niedrigverdiener das höchste Risiko haben, aber am wenigsten in der Lage sind, Beiträge zur A-Kasse zu bezahlen, beziehen nur die Hälfte aller Arbeitslosen A-kassan. Das Geld ist zudem sehr oft nicht existenzsichernd.<ref>{{Webarchiv|url=http://schweden-heute.de/index.php/arbeitslosengeld.html |wayback=20120125055925 |text=''Arbeitslosengeld.'' |archiv-bot=2023-01-07 19:54:05 InternetArchiveBot }} auf: ''schweden-heute.de''</ref> Das Niveau des Arbeitslosengeldes lag 2017 bei 80 % des letzten Einkommens, jedoch höchstens 910 Kronen (etwa 95 Euro) pro Arbeitstag, d.&nbsp;h. ca. 1900 Euro im Monat, und wird höchstens 300 Tage lang ausgezahlt (450 Tage, wenn Kinder unter 18 Jahren im Haushalt mitleben).<ref>{{Webarchiv|url=http://www.aea.se/arbetslos/sok-ersattning-forsta-gangen/om-ersattningen |wayback=20150623215316 |text=Höhe und Auszahlungsdauer des ALG (schwedisch) |archiv-bot=2023-01-07 19:54:05 InternetArchiveBot }}</ref> Durch die Deckelung bezieht nur etwa jeder Zehnte die angestrebten 80 %.<ref>{{Internetquelle|url=http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=83&artikel=4803614|titel=De flesta får mindre än 80 procents a-kassa - Nyheter (Ekot)|autor=Sveriges Radio|zugriff=2017-05-07}}</ref> Das Arbeitslosengeld ist einkommensteuerpflichtig.
Alle Erwerbstätigen haben im Rahmen der Krankenversicherung Anspruch auf Krankengeld als Ersatz für den Verdienstausfall, das 80% des Gehalts bis zu einer jährlich festgelegten Obergrenze beträgt.
 
Die offizielle [[Arbeitslosigkeit]] lag in Schweden in den letzten Jahren oft höher als in anderen europäischen Ländern (so etwa im Mai 2015 bei 8,0 %<ref>{{Webarchiv|url=http://www.scb.se/en_/Finding-statistics/Statistics-by-subject-area/Labour-market/Labour-force-surveys/Labour-Force-Survey-LFS/ |wayback=20160421162855 |text=''Labour force surveys'' |archiv-bot=2018-12-02 14:21:14 InternetArchiveBot }} auf: ''scb.se'' (englisch)</ref> – weitere 2,6 % waren zu diesem Zeitpunkt in staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt). Im Mai 2018 war die Arbeitslosenquote auf 6,2 % gesunken.
==Rentenversicherung und Altersfürsorge==
Schweden hatte früh aufgrund niedriger Geburtsraten einen höheren Anteil älterer Bevölkerung. Der Anteil der Alters[[rentner]] liegt heute bei 20%.
 
== Gleichstellung ==
Aufgrund der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung wurde in Schweden 1999 ein neues Rentensystem eingeführt, das auf dem Lebenseinkommen basiert und an die volkswirtschaftliche und demographische Entwicklung geknüpft ist. Das System wird durch eine Garantierente für Personen ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit ergänzt. Eine zukünftige staatliche Pension liegt bei etwa 50% des Gehaltes/Lohnes, bei höheren Einkommen deutlich darunter und wird durch Betriebspensionen und Zusatzpensionen ergänzt.
 
In Schweden wird seit den 1970er Jahren eine aktive [[Gleichstellung]]spolitik betrieben, die ihren Ausdruck in einer Reihe von staatlichen Institutionen und Gesetzen fand (Gleichberechtigungsgesetz von 1991,<ref>{{Webarchiv|url=http://www.notisum.se/Rnp/sls/lag/19910433.htm |wayback=20140929114824 |text=Gleichberechtigungsgesetz (''jämställdhetslag'') (schwedisch), nur von historischem Interesse, da nicht mehr in Kraft. |archiv-bot=2024-05-06 21:36:57 InternetArchiveBot }}</ref> das 2008 durch das allgemeinere Diskriminierungsgesetz<ref name="2008:567">[http://www.riksdagen.se/sv/Dokument-Lagar/Lagar/Svenskforfattningssamling/Diskrimineringslag-2008567_sfs-2008-567/ Diskriminierungsgesetz (''diskrimineringslag'') (schwedisch)]</ref> ersetzt wurde). Kernstück der schwedischen Gleichstellungspolitik ist das staatliche Planziel, das jeder Einzelne durch [[Erwerbstätigkeit]] finanzielle Unabhängigkeit erlangen soll. Zur Erreichung dieses Ziels ist die [[Vereinbarkeit von Familie und Beruf]] über Fremdbetreuung durch staatliche Einrichtungen sicherzustellen. Nach Ansicht des dänischen Wohlfahrtstheoretikers [[Gøsta Esping-Andersen]] ist Schweden das Land, in dem die Gleichstellung am weitesten fortgeschritten ist.
 
Am stärksten durchgesetzt hat sich die Gleichstellungspolitik im [[öffentlicherÖffentlicher Dienst|öffentlichen Sektor]] und in der Politik. 45&nbsp;44 % der Abgeordneten im Reichstag sind Frauen, dasselbein giltder fürRegierung diesind Regierunges 50 %. Ähnlich ist die Situation in den Gemeinden (41&nbsp;43,7 % Frauen)<ref>[http://www.dn.se/nyheter/sverige/fler-kvinnor-i-kommunpolitiken/ ''Frauenanteil in den Gemeindeparlamenten'' (schwedisch)]</ref> und Provinziallandtagen (49&nbsp; % Frauen). Auch in den Verwaltungsräten öffentlicher Behörden liegt der Frauenanteil bei 47&nbsp; %. Doch sind die Spitzenpositionen mehrheitlich von Männern besetzt. Dies gilt in noch höherem Grade für den privaten Sektor, wo der Anteil von Frauen in leitenden Positionen und Vorständen unter 10 % liegt, u.&nbsp;%a. liegtaufgrund des höheren Teilzeitarbeitswunsches der Frauen.
 
Der Anteil erwerbstätiger Frauen zwischen 20 und 64 &nbsp;Jahren liegt mit 76&nbsp; % deutlich über dem europäischen Schnitt und ist beinahe gleich hoch wie der der Männer (81&nbsp; %). Dennoch gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Zum einen sind Frauen meist in einem begrenzten Sektor des [[Arbeitsmarkt]]es und in weniger gut bezahlten Berufen zu finden, zum anderen sind ein Viertel der erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt (aber nur 7&nbsp; % der Männer). GleicheDas BezahlungGesetz beischreibt gleicherArbeitgebern Arbeitzwar istvor, zwarHandlungspläne gesetzlichfür vorgeschrieben''gleichen Lohn für gleiche Arbeit'' aufzustellen,<ref name="2008:567" /> dennoch ist das [[Einkommen]] von Frauen in Schweden aufgrund der genannten Einflüsse (u.&nbsp;a. Teilzeit) geringer als das von Männern, wenn auch die Einkommensunterschiede wesentlich geringer ausfallen, als in den meisten anderen europäischen Ländern. EinerNach voneiner derUntersuchung Regierung inim Auftrag gegebenender Untersuchung nachRegierung beträgt die [[Gender-Pay-Gap|geschlechtsspezifische Lohndifferenz]] zwischen 1&nbsp;%einem und 8&nbsp;%.acht Prozent und liegt damit in dem statistisch nicht signifikanten Bereich.
 
Ein wichtiger Aspekt der Gleichstellungspolitik ist die [[Familienpolitik]]. Gesetzgebung (Eherecht, Scheidungsrecht usw.) und das Sozialversicherungssystem sind die wichtigsten politischen Instrumente zur Gleichstellung im Familienleben. Dennoch wird auch in Schweden ein Großteil der [[Hausarbeit]] von den Frauen erledigt und auch die Hauptverantwortung für die [[Kinderbetreuung]] liegt bei den Frauen. Ein gut ausgebautes Kinderbetreuungssystem erleichtert es aber Frauen, Beruf und Familie zu vereinbaren.
 
== Gesundheitswesen und Krankenversicherung ==
 
Alle Einwohner (auch Ausländer, einschl. Asylbewerber) in Schweden haben Anspruch auf medizinische Versorgung und [[Krankenpflege]]. Für Asylbewerber gilt dies jedoch nur für medizinische Maßnahmen, die umgehend nötig sind und keinen Aufschub vertragen.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.1177.se/Stockholm/Regler-och-rattigheter/Vard-for-asylsokande-i-Stockholms-lan/ |wayback=20150713211134 |text="Ärztliche Versorgung von Asylbewerbern" (schwedisch) |archiv-bot=2024-05-06 21:36:57 InternetArchiveBot }}</ref> Für [[Gesundheitssystem|Gesundheitswesen]] und Krankenversorgung sind die Provinziallandtage zuständig und sie wird mit direkten [[Einkommensteuer]]n und Arbeitgeberabgaben finanziert. Bei Arztbesuchen, Behandlungen und Aufenthalten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie ambulanter Pflege wird ab dem 18. Lebensjahr in Schweden grundsätzlich eine Gebühr fällig. Diese Gebühren werden von den jeweiligen [[Landsting (Schweden)|Provinziallandtagen]] festgelegt und können sich zwischen den verschiedenen Provinzen unterscheiden. Für die Gebühren gibt es jeweils einen Höchstkostenschutz ''(Högkostnadsskydd)''. Auch [[Medikament]]e müssen grundsätzlich bis zu einem Höchstbetrag von 2850 Kronen pro Jahr selbst bezahlt werden (Stand 1. Januar 2024).<ref>[https://www.tlv.se/apotek/hogkostnadsskyddet/ ''Högkostnadsskyddet.''] Tandvårds- och läkemedelsförmånsverket, 3. Januar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024 (schwedisch).</ref>
 
{{Überarbeiten|grund=Aufgrund der Wechselkursschwankungen sind pauschale Preisangaben in Euro wenig sinnvoll, es sind Angaben in SEK vorzunehmen und ggf. ist die [[Vorlage:Wechselkurs]] zu nutzen. Die Regelungen sind deutlich komplexer als hier dargestellt, die Darstellung entweder nicht differenziert genug oder aber nicht ausreichend vereinfacht, um valide Pauschalaussagen anzugeben.}}
 
Zahnarztkosten werden teilweise von der Krankenversicherung abgedeckt. Die Zahnarztkosten müssen bis zu 320 Euro von den Patienten ab dem 20.&nbsp;Lebensjahr selbst bezahlt werden. Bei Beträgen zwischen 320 Euro und 1600 Euro zahlt die Krankenkasse die Hälfte zu, oberhalb von 1600 Euro beträgt die Zuzahlung 80 %. Bei der Berechnung der Zuzahlung wird allerdings eine ''Referenzpreisliste'' herangezogen, die für jede zahnärztliche Maßnahme einen Preis vorgibt. Der Zahnarzt ist jedoch nicht an diese Liste gebunden und kann einen höheren Preis verlangen. Für die Differenz zwischen Referenzpreisliste und wirklichem Preis werden keine Zuzahlungen gewährt, was bedeutet, dass der Patient diese in vollem Umfang selbst bezahlen muss.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.forsakringskassan.se/privatpers/tandvard/vad_kostar_tandvarden/hogkostnadsskydd_for_tandvard |wayback=20150221002832 |text=Zuzahlung bei zahnärztlichen Behandlungen (schwedisch) |archiv-bot=2018-12-02 14:21:15 InternetArchiveBot }}</ref>
 
Alle Erwerbstätigen haben im Rahmen der Krankenversicherung Anspruch auf Krankengeld als Ersatz für den Verdienstausfall (hierbei gibt es bis zu 10&nbsp;Karenztage im Jahr), das 80 % des Gehalts bis zu einer jährlich festgelegten Obergrenze (zurzeit (2015) etwa 2.300&nbsp;€) beträgt. Für Arbeitslose beträgt das Krankengeld maximal 1550 Euro. Das Krankengeld ist einkommensteuerpflichtig, die angegebenen Beträge sind Bruttobeträge. Das Krankengeld wird mit einem höheren Steuersatz als Einkommen aus Erwerbstätigkeit besteuert.<ref name="jobbskatteavdrag">[http://www.skatteverket.se/privat/skatter/arbeteinkomst/vadblirskattenskattetabellermm/skattetabeller/jobbskatteavdrag.4.6fdde64a12cc4eee2308000107.html Steuersenkung für Arbeitseinkommen (schwedisch)]</ref>
 
Bei dauerhafter Erwerbsminderung kann Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente (''sjukersättning'') bestehen. Dazu muss man mit großer Wahrscheinlichkeit eine dauerhafte Erwerbsminderung von mindestens 25 % haben. Die Erwerbsminderungsrente beträgt 64,7 % des durchschnittlichen Gehalts der letzten Jahre. Dabei werden die drei Jahre mit dem höchsten Einkommen der letzten 5–8 Jahre (gestaffelt nach Lebensalter) herangezogen. Die Obergrenze der Erwerbsminderungsrente liegt jedoch zurzeit (2017) bei ca. 1900 Euro.<ref>{{Webarchiv|url=https://www.forsakringskassan.se/wps/wcm/connect/96871520-eba4-4bda-96d8-c21395a247ea/4083-sjukersattning-1701.pdf?MOD=AJPERES&CVID= |wayback=20170115152756 |text=Information der Sozialversicherung zur Erwerbsminderungsrente |archiv-bot=2018-12-02 14:21:15 InternetArchiveBot }} (schwedisch).</ref> Die Erwerbsminderungsrente ist einkommensteuerpflichtig und wird höher besteuert als Einkommen aus Erwerbstätigkeit.<ref name="jobbskatteavdrag" />
 
Das schwedische Gesundheitssystem wird oft für seine langen Wartezeiten kritisiert. So müssen zurzeit (2015) 14 % der Patienten mehr als 90 Tage warten, bis sie nach einer Überweisung einen Facharzt konsultieren können.<ref>[http://www.vantetider.se/ Wartezeiten im Gesundheitswesen.]</ref> Die Qualität des schwedischen Gesundheitswesens ist jedoch in internationalen Vergleichen sehr hoch.<ref>[http://webbutik.skl.se/bilder/artiklar/pdf/7585-075-7.pdf?issuusl=ignore Vergleich der Qualität der Gesundheitssysteme in verschiedenen Ländern (schwedisch)]</ref>
 
== Rentenversicherung und Altersfürsorge ==
 
Schweden hatte früh aufgrund niedriger Geburtsraten und hoher Lebenserwartung einen höheren Anteil älterer Bevölkerung. Der Anteil der Alters[[rentner]] liegt heute bei 20 %.
 
Aufgrund der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung wurde in Schweden 1999 ein neues Rentensystem eingeführt, das auf dem Lebenseinkommen basiert und an die volkswirtschaftliche und demographische Entwicklung geknüpft ist. Das System wird durch eine [[Garantierente]] für Personen ohnemit Einkommengeringen [[Anwartschaft]]en aus Erwerbstätigkeit ergänzt. Eine zukünftige staatliche Pension liegt bei etwa 50 % des Gehaltes/Lohnes, bei höheren Einkommen deutlich darunter und wird durch Betriebspensionen und Zusatzpensionen ergänzt.
 
Das staatliche Rentensystem wird durch eine Abgabe von 18,5 % des Bruttolohnes finanziert. 16 % gehen in ein umlagefinanziertes System, 2,5 % in ein kapitalgedecktes<ref>[http://www.pensionsmyndigheten.se/AllmanPension.html Das staatliche Rentensystem (schwedisch)]</ref>. Die Abgabe ist dabei nicht variabel; nimmt beispielsweise die Arbeitslosigkeit oder die Zahl der Frührentner zu, können die Renten aus dem Umlagesystem langsamer steigen als die Einkommen oder sogar sinken.
 
Die Altersfürsorge fällt in Schweden in die Zuständigkeit des öffentlichen Bereichs. Es gibt schon seit den 1950er Jahren keine [[Unterhaltspflicht]] der Kinder gegenüber den Eltern. Provinziallandtage und Gemeinden sind verantwortlich für die Altenfürsorge. Häusliche [[Altenpflege]] und verschiedene Arten von institutioneller Pflege ([[Seniorenwohnung]]en, Seniorenresidenzen, [[Altenheim]]e und [[Pflegeheim]]e) werden von ihnen betrieben. Diese Leistungen werden zum größten Teil durch die [[Einkommensteuer]]n, die von den Gemeinden und Provinziallandtagen erhoben werden, und durch staatliche Zuschüsse finanziert.
 
Renten sind einkommensteuerpflichtig. Zudem werden sie mit einem höheren Steuersatz besteuert als Arbeitseinkommen<ref name="jobbskatteavdrag" />.
==Literatur==
 
* Josef Schmid: ''Wohlfahrtsstaaten im Vergleich.'' UTB, Stuttgart, 2002, ISBN 3825222209
== Staatliche Wohnungsbaupolitik ==
 
In den 1940er Jahren hatte Schweden einen der niedrigsten Wohnungsstandards in Europa.<ref name="Norstedts" /> Bis weit in die 60er Jahre waren viele Wohnungen ohne fließendes Wasser, Abfluss und Zentralheizung. 1965 wurde deshalb das so genannte [[Millionenprogramm]] (''miljonprogrammet'') beschlossen. Gemäß diesem Wohnungsbauprojekt sollten eine Million Mietwohnungen mit hohem Standard geschaffen werden; die Miete sollte dabei höchstens 20 % des Nettoeinkommens des jeweiligen Haushalts betragen, was den Baukosten eine Grenze setzte. Das Ziel wurde durch die Errichtung von [[Plattenbau]]ten mit standardisierten Fertigelementen erreicht. Dabei konnten private Bauherren bis zu 85 %, kommunale Unternehmen bis zu 100 % der Baukosten vom Staat leihen. Obwohl private Bauunternehmer aufgrund der Mietbegrenzungen wenig interessiert an dem Projekt waren, wurde das Ziel, eine Million Wohnungen zu errichten, 1975 erreicht. Schnell kam auch Kritik an den Wohnungen auf. Aufgrund der Plattenbauweise entstanden sehr monotone Wohnsiedlungen. Außerdem wurden die Millionenprogrammsgebiete rasch von Geringverdienern und Sozialhilfeempfängern besiedelt und nicht vom „Durchschnittsschweden“, für den sie ursprünglich gedacht waren. Außerdem nahm in den 80er Jahren der Bau von Einfamilienhäusern schnell zu. Die Gründe dafür waren zum einen die hohe Inflation, die dafür sorgte, dass sich Kredite „von selbst“ tilgten, zum anderen die Tatsache, dass Kreditzinsen steuerlich absetzbar waren, was bei einem Grenzsteuersatz von 80 % für geringe Zinskosten sorgte. Die Vernachlässigung des Baus von weiteren Mietwohnungen hatte in der folgenden Zeit negative Folgen für den Wohnungsmarkt. So beträgt die durchschnittliche Wartezeit für eine Mietwohnung in Stockholm derzeit (2015) 8 Jahre und es befanden sich 2016 fast 560.000 Personen in der Warteschlange.<ref>[http://www.svd.se/bostadskon-rekordlang--pa-vag-mot-sammanbrott/om/naringsliv Wohnungswarteschlange auf dem Weg zum Zusammenbruch] In: ''Svenska Dagbladet'' (schwedisch).</ref> Dem stehen 7000 vermittelte Wohnungen pro Jahr (2016) gegenüber. Dabei gilt es zu bedenken, dass Schweden, die in anderen Orten leben, sich „prophylaktisch“ in die Warteschlange einreihen, damit sie bei einem eventuellen Umzug in die Hauptstadt eine größere Chance auf eine Wohnung haben. Die Gemeinde Stockholm versuchte, diesem Trend mit einer jährlichen Gebühr von 25 Euro entgegenzuwirken.<ref>{{Webarchiv|url=https://bostad.stockholm.se/nyhetsarkiv/2014/ny-koavgift-fran-och-med-1-juli/ |wayback=20150711182418 |text=Gebühr für Wohnungswarteschlange (schwedisch) |archiv-bot=2023-01-07 19:54:05 InternetArchiveBot }}</ref>
 
== Literatur ==
 
* Josef Schmid: ''Wohlfahrtsstaaten im Vergleich.'' UTB, Stuttgart, 2002, ISBN 38252222093-8252-2220-9.
* ''[https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2007/zu-viel/zurueck-in-die-zukunft Zurück in die Zukunft. Schwedens Wohlfahrtsstaat war ein Vorbild, bis die Staatsausgaben außer Kontrolle gerieten.]'' In: ''brand eins.'' 7/2007, S. 130–137. (Der Artikel beschäftigt sich ausführlich mit der Geschichte, der Krise und der Modellfunktion des „schwedischen Modells“ seit den 1930er Jahren)
* Tobias Tag: ''Der schwedische Wohlfahrtsstaat.'' GRIN Verlag, 2007 (Studienarbeit)
* Sandra Eichinger: ''Alptraum Schweden?: Hinter den Kulissen des Traumlandes.'' 2010, ISBN 978-3-8391-4521-0.
 
== Quellen ==
<references />
 
== Weblinks ==
* [http://schweden-heute.de/index.php/arbeitslosengeld.html Schweden Heute]
* [http://www.demogr.mpg.de/Papers/Working/wp-2005-009.pdf Gründe für die hohe schwedische Fertilitätsrate] (auf Englisch; PDF-Datei; 172 kB)
 
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