„Common-Rail-Einspritzung“ – Versionsunterschied

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== Begriffsherkunft ==
Der Begriff ''Common Rail'' stammt aus dem Englischen und steht für ''gemeinsame Leiste''. Er beschreibt die Verwendung eines gemeinsamen Kraftstoff-Hochdruckspeichers , in der Regel in Form eines Rohres, an dem die [[Injektor]]en zur Versorgung der [[Zylinder (Technik)|Zylinder]] mit Diesel-Kraftstoff angeschlossen sind.
 
== Anwendungsbereich ==
=== Einspritzung beim Common-Rail-Verfahren ===
Die Grundidee ist die vollständige Trennung der Druckerzeugung vom eigentlichen Einspritzvorgang. Dadurch ist eine ausschließlich durch [[Kennlinie|Kennfelder]] gesteuerte Einspritzung möglich. Einspritzzeitpunkt und Einspritzmenge werden durch eine [[Elektronik|elektronische]] [[Motorsteuerung]] gesteuert. Diese betätigt elektrisch ein [[Ventil]] je Zylinder (zylinderindividuell), den sogenannten [[Einspritzdüse (Dieselmotor)|Injektor]], der die konventionellen Einspritzdüsen klassischer Dieselaggregate ersetzt hat. Die Einspritzung wird in drei Gruppen unterteilt: die Voreinspritzung (für einen ruhigen Motorlauf sind bis zu zwei Voreinspritzungen möglich), die Haupteinspritzung (unterteilt sich in erste und zweite Haupteinspritzung) und die Nacheinspritzung (zur Reduzierung der innermotorischen Rußbildung, für einen geringen [[Stickoxide|NOx-Wert]] bei [[Fahrzeugkatalysator|SCR-Katalysatoren]] oder zum Freibrennen bei [[Dieselrußpartikelfilter|Dieselpartikelfiltern]]).
 
=== Unterschiede zur klassischen Einspritzung ===
[[Motor]]en mit Reihen- oder Verteilereinspritzpumpe weisen für jeden Zylinder eine eigene Hochdruckleitung zwischen [[Einspritzpumpe]] und [[Einspritzventil|Einspritzdüse]] auf. Diese Hochdruckleitungen sind miteinander nicht miteinander verbunden. Die Einspritzung an der Düse in einen Zylinder wird direkt durch einen zugehörigen Pumpvorgang der Einspritzpumpe ausgelöst.
 
Bei der klassischen [[Einspritzpumpe]] (Reihenpumpe, Mehrstempelpumpe, also ein Pumpenelement je Zylinder) ist die Einspritzmenge und -dauer, das heißt die Höhe des wirksamen Kolbenhubes der Einspritzpumpe nicht vom Kurbelwinkel abhängig, weil mit der Fahrpedalstellung die Kolben gedreht werden und einen unterschiedlich wirksamen Hub erhalten, indem eine umlaufende KurvenkanteSchrägkante am(= RandSteuerkante) deram Kolben bei wenig betätigtem Fahrpedal die Hochdruckförderung später einsetzen bzw. früher enden lässt. Damit wird bei wenig Drehmomentbedarf weniger Kraftstoff gefördert und eingespritzt. Das Bauprinzip der Reihen- und Verteilerpumpen erlaubt nur eine Einspritzung pro Arbeitstakt; Beginn und Ende der Einspritzung ist durch die Steuerkantengeometrie bestimmt und kann bei Bedarf auch durch einen Spritzversteller im Ganzen verschoben werden.
 
Anders ist das bei der Common-Rail-Technik: Hier sind Einspritzmenge und -dauer unabhängig vom Kurbelwinkel elektronisch steuerbar und damit auch Vor-, Haupt- und Nacheinspritzen möglich; nach Stand 2011 sind bis zu acht getrennte Teileinspritzungen pro Arbeitstakt des Motors realisiert. Die Voreinspritzung dient vornehmlich der Reduzierung des Verbrennungsgeräusches, die Nach-Einspritzungen werden zur innermotorischen Partikelreduzierung oder zum Erhöhen der Abgastemperaturen in den Freibrennzyklen bei zu hohem Druckverlust der Feinstaubfilter (Rußpartikelfilter) in der Abgasanlage verwendet.
 
Kurz vor dem Siegeszug der Common-Rail-Einspritzsysteme wurden auch Verteilereinspritzpumpen (BOSCH-VP44-Radialkolbenpumpe sowie VP30- und VP37-Axialkolbenpumpe) noch mit Hochdruckmagnetventilen zur Mengenzumessung versehen. Diese Technik ermöglicht es, den direkt an den Kurbelwinkel gekoppelten Einspritzverlauf während der Verdichtungsphase des Kraftstoffes durch das Ventil zu beeinflussen und während eines Kolbenhubes eine Pulsation der Kraftstoffsäule zwischen Pumpenkolben und Einspritzventil zu bewirken. Damit gelang es, auch in der Verteilerpumpen-Technik bis zu drei Einspritzvorgänge pro Arbeitstakt zu realisieren. Die möglichen Freiheitsgrade eines Common-Rail-Systems werdenwurden damit jedoch nicht erreicht.
 
== Geschichte ==
 
Common-Rail-Systeme wurden für die [[Direkteinspritzung]]en bei [[Dieselmotor]]en entwickelt.
 
Das Prinzip ist unter anderem aus Forschungen an der [[ETH Zürich]] in den Jahren 1976 bis 1992 entstanden, wurde dort jedoch niemals an einem Fahrzeug eingesetzt. Durch kontinuierliches Pumpen von Dieseltreibstoff in ein zentrales Druckrohr wird ein hoher Einspritzdruck von über 1000 bar erzeugt. Dieses gemeinsame Verteilerrohr (Common Rail) dient als Reservoir für alle Einspritzventile.
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In den 1980er Jahren begann, basierend auf den Ergebnissen der ETH, die Vorbereitung des Unijet Common-Rail-Systems.
Die Anlage wurde von [[Magneti Marelli]], dem Centro Ricerche [[Fiat]] und ''Elasis'' bis 1993 entwickelt. Probleme mit den Toleranzen der Injektoren vereiteltenverhinderten zunächst jedoch eine geplante Serienfertigung.
[[Robert Bosch GmbH|Bosch]] kaufte Ende 1993 die Patente und entwickelte das Common-Rail-System zur Serienreife weiter. So kam zehn Jahre nach dem ersten Pkw mit Direkteinspritzung ([[Fiat Croma]] TD i.d.) im Oktober 1997 das erste Fahrzeug mit Common-Rail-Einspritzung auf den Markt: der ''[[Alfa Romeo 156]] JTD''.
 
1998 folgte [[Mercedes-Benz]] als erster deutscher Hersteller mit dem [[Mercedes-Benz Baureihe 202|C220 CDI]]. Auch BMW arbeitet seitdem ausschließlich mit der Common-Rail-Einspritzung. Im selben Jahr begann auch [[Citroën]] mit der Entwicklung und führte mit dem [[Citroën C6|C6]] ein eigenes System ein.
 
Der [[PSA Peugeot Citroën|PSA-Peugeot-Citroën-Konzern]] brachte in Zusammenarbeit mit Siemens die ersten Piezo-Einspritzdüsen auf den Markt. Mit den kurzen Reaktionszeiten der Piezotechnik können die Einspritzzeitpunkte genauer und schneller gesteuert werden. Pro Verbrennungsvorgang sind bis zu acht Einspritzungen möglich. Dadurch kannkönnen der Verbrennungsvorgang wie auch die akustischen Laufeigenschaften weiter begünstigt werden, der Motor erreicht geringere Emissionswerte und bei gleicher Leistung einen geringeren Verbrauch.
 
Heutige Anbieter von Common-Rail-Systemen sind Bosch, L’Orange, [[Delphi Corporation|Delphi]], [[Denso]], [[Magneti Marelli]] und [[VDO Automotive|Continental]].
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[[Datei:Common Rail Schema Aufbau.png|miniatur|Systemübersicht]]
[[Datei:VDO Siemens Common-Rail Hochdruckpumpe.jpg|miniatur|Common-Rail-Hochdruckpumpe]]
Das Diesel-Common-Rail-System wird als Speichereinspritzung bezeichnet. Eine Hochdruckpumpe sorgt dauernd für die Aufrechterhaltung des Kraftstoffdrucks im Rail. Sie ist in der Regel mechanisch mit dem Motor gekoppelt. Die Leistung der Hochdruckpumpe wird so ausgelegt, dass zu jeder Zeit und in jedem Betriebszustand mehr Kraftstoff gefördert werden kann, als der Motor benötigt. Damit ist die Pumpe für den normalen Betrieb deutlich überdimensioniert. Zur Druckregelung bei ungeregelten Pumpen wird ein Druckregelventil verwendet, das die nicht benötigte Kraftstoffmenge aus dem Rail auf Umgebungsdruck entspannt und in den Kraftstofftank zurückleitet. Dadurch kann sich der Kraftstoff am Druckregelventil auf 140 °C oder mehr erhitzen, was kraftstoffführende Teile schädigen oder zerstören und den Einsatz eines Kraftstoffkühlers erforderlich machen kann. Hauptnachteil dieses Systems mit ungeregelter Pumpe und Druckregelventil ist der hohe Leistungsbedarf der Pumpe, die stets mitdie maximalermaximale LeistungMenge Kraftstoff fördert.
 
Eine Verbesserung stellen Hochdruckpumpen mit Elementabschaltung dar. Hierbei werden einzelne Pumpenelemente der Hochdruckpumpe abgeschaltet, so lange die verbleibenden aktiven Pumpenelemente den Kraftstoffbedarf des Motors decken können. Bei diesem System wird der Leistungsüberschuss der Pumpe teilweise reduziert, der noch verbleibende Überschuss muss weiterhin über ein Druckregelventil abgesteuert werden.
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Der Rail[[Druck (Physik)|druck]] (also der Druck im Druckspeicher) von zur Zeit bis zu 250 [[Pascal (Einheit)|MPa]] (2500 [[Bar (Einheit)|bar]]) kann für sehr hohe Einspritzdrücke genutzt werden. An einer weiteren Erhöhung wird gearbeitet.
 
Von verschiedenen Herstellern wird auch an einem druckübersetzten Common-Rail-System gearbeitet. Dabei wird der Einspritzdruck mit Hilfe des anstehenden Druckes im Druckspeicher während der Einspritzphase auf Drücke von bis zu 250 MPa (2500 bar) an der Düse erhöht. Die Druckübersetzung wird durch einen im Injektor integrierten hydraulischen Druckübersetzer mit Steuerfunktionen ausgeführt. Das Prinzip wird auch als Amplified Pressure Common Rail System (APCRS) bezeichnet. Vorteilhaft ist dabei die geringere Druckbelastung der Hochdruckpumpe, die nur den geringeren Versorgungsdruck im Rail bereitstellen muss. Damit sind auch die druckabhängigen Leckageverluste in Pumpe und Injektor geringer. Nachteilig ist die erforderliche höhere Fördermenge der Hochdruckpumpe und zusätzliche hydraulische Verluste durch die Druckübersetzung, sowie der höhere Aufwand durch komplexere Injektoren. Ein derartiges System von der Firma Bosch ist für Daimler-Nutzfahrzeugmotoren bereits in Serienfertigung.
 
=== Zweck und Vorteile ===
* Eine Common-Rail-Einspritzung optimiert den Verbrennungsprozess und die Motorlaufeigenschaften und reduziert [[Partikelemission]]en. Durch den sehr hohen Druck wird der Kraftstoff sehr fein zerstäubt. Kleine Kraftstofftropfen weisen im Verhältnis zum Volumen eine große Oberfläche auf. Das begünstigt einerseits die Geschwindigkeit des Verbrennungsprozesses und andererseits eine geringe PartikelmengePartikelmasse in den Emissionen. Als Nachteil ist der prozentuale Anteil der kleinen Partikel größer, was zur [[Dieselruß|Feinstaubproblematik]] beiträgt.
* Die vom Verbrennungsmotor angetriebene Hochdruckpumpe bringt den vom Vorfördersystem (bei aktuellen Systemen im Pkw meistens eine elektrische Vorförderpumpe, bei Nkws in der Regel eine mechanische Pumpe) aus dem Tank bereitgestellten Kraftstoff auf den erforderlichen, vom Steuergerät vorgegebenen Einspritzdruck im Druckspeicher. Die Injektoren (Einspritzdüsen) sind an das gemeinsame Hochdruck-Rail (Kraftstoffsammelschiene) angeschlossen und spritzen den Kraftstoff direkt in den Brennraum.
* Eine Common-Rail-Einspritzung hat bauliche Vorteile. Zum einen die Entkoppelung zwischen Druckerzeugung und Einspritzsteuerung im Vergleich zur Einspritzung mittels Einspritzpumpe oder [[Pumpe-Düse-System]]: Der Einspritzzeitpunkt kann bei einem CR-System praktisch völligweitgehend frei gewählt werden. Zum anderen muss für die Druckerzeugereinheit weniger Rücksicht auf die Lage der vorhandenen Nebenantriebe ([[Zahnriemen]], [[Steuerkette]]) genommen werden.
 
=== Einspritzleistung ===
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=== Nachteile ===
* Zum permanenten Aufrechterhalten des hohen Rail-Druckes muss vom Motor eine gewisse Leistung aufgebracht werden. Je nach Common-Rail-System, Drehzahl und Leistungsbedarf des Motors muss der Druck im Speicher aufgebaut werden. Daraus resultiert eine Verringerung des gesamtmotorischen Wirkungsgrades sowie in manchen Fällen die Notwendigkeit einer [[Kraftstoffkühlung]]. Diese Verringerung des Wirkungsgrades wird bei neueren Common-Rail-Systemen durch eine bedarfsgerechte Hochdruckförderung mit Einsatz eines Saugdrosselmagnetventils kompensiert. Dadurch kann in der Regel wegen der geringeren Rücklaufmengen in den Tank auf eine Kraftstoffkühlung verzichtet werden.
* Bei einem Versagen des [[Einspritzventil]]s (Verklemmen oder Verschmutzen der Düse) ist es möglich, dass permanent Kraftstoff in den Brennraum fließt (bei klassischen Systemen dagegen nur im Kompressionstakt). Eine zusätzliche Absicherung des Systems ist nicht in allen Fällen möglich - diese sogenannten „Dauereinspritzer” können in kurzer Zeit den Motor zerstören. Bei Großmotoren erfolgt für diesen Störfall eine Absicherung durch Mengenbegrenzungsventile, die eine Dauereinspritzung und somit eine Zerstörung des Motors verhindern und mit den verbleibenden Zylindern einen Weiterbetrieb des Motors erlauben.
 
=== Einspritzsteuerung ===
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== Verbreitung ==
Inzwischen verwenden fast alle Pkw-Hersteller das Common-Rail-System. Auch der [[Volkswagen]]-Konzern, der lange Zeit auf das konkurrierende System [[Pumpe-Düse]] (PD) setzte, stellthat derzeit sukzessiveweitgehend auf Common-Rail umumgestellt. Man versprach sich von der Konkurrenzsituation der Pumpe-Düse (gegen Bosch trat dabei Siemens-VDO an) einen regeren Wettbewerb und versuchte vor allem durch das anfangs in Hinblick auf die erreichbaren Einspritzdrücke technisch überlegene PD-System die Abgasgrenzwerte ohne Partikelfilter zu erreichen. Pumpe-Düse-Motoren haben besonders gegenüber Common-Rail-Motoren mit ungeregelter Hochdruckpumpe einen leichten Verbrauchsvorteil, weil keinkeine überschüssigerüberschüssige HochdruckHochdruckmenge erzeugt wird.
Seit 2007 hat der Speicherdruck von Common-Rail-Systemen mit denen des PD-Systems gleichgezogen und die zunehmende Verbreitung ließ die Systemkosten des CR-Systems sinken. Zudem sind mit dem Pumpe-Düse-Element maximal drei nahe zusammen liegende Einspritzungen je Arbeitstakt möglich, während die Piezo-Injektoren des Common Rail-Systems in dieserpro ZeitMotorzyklus bis zu acht Einspritzungen realisieren können. Ein Erreichen der Euro 6-Abgasnorm (gültig ab 1. September 2014) ist dadurch mit dem Pumpe-Düse-System unmöglich, eine Weiterentwicklung mit diesem konstruktiven und finanziellen Mehraufwand für ein PD-Aggregat im PKW-Bereich wurde somit unwirtschaftlich.
 
Pumpe-Leitung-Düse-Systeme finden sich hingegen noch in Nutzfahrzeugmotoren von [[DAF (Automobile)|DAF]] und an den Vierzylindermotoren des [[Mercedes-Benz|Mercedes]] [[Mercedes-Benz Atego|Atego]].
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Darüber hinaus werden Motoren mit Common-Rail-Einspritzung auch als Flugzeugmotoren eingesetzt, zum Beispiel der [[Thielert Centurion 1.7]].
 
Common-Rail-EinspritzerMotoren werden von vielen Herstellern angeboten. Jeder hat dafür seine eigenen, meist geschützten Kürzel, deren Ausschreibungen dagegen oft nicht geschützt sind und nicht immer durchgängig verwendet werden:
 
* '''CDI''' ''(Common Rail Direct Injection)'': Mercedes-Benz, Daimler