„Physikalische Modellierung (Klangerzeugung)“ – Versionsunterschied

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== Funktionsprinzip ==
 
Die Physikalische Modellierung wird zum einen zur Nachahmung analoger Instrumente wie [[Flöte]], [[Geige]]<ref>Henri Hagenow: [http://www.brothers-in-music.de/Klangsynthese/Klangsynthese&PhysicalModeling_HH.pdf ''Digitale Synthese komplexer Wellenformen zur Simulation akustischer, elektrischer und optischer Eigenzustände mehrdimensionaler Systeme'']. Diplomarbeit an der TU Berlin, 2001.</ref>, [[Sitar]]<ref>Sadjad Siddiq: [http://othes.univie.ac.at/10168/1/2010-05-05_0108288.pdf ''Die rechnerische Nachbildung der Sitar'']. Diplomarbeit an der Universität Wien, 2010</ref> oder [[Klavier]] eingesetzt,. Das ersteserste Digitalpiano mit dieser Technologie war das V-Piano der Firma [[Roland (Unternehmen)|Roland]].<ref>[http://www.tastenwelt.de/test_roland_v-piano.0.html Test Roland V-Piano]. In: [[Tastenwelt]], 4/09</ref> AndererseitsZum anderen können damit akustische und elektroakustische Geräte wie [[Gitarrenverzerrer]] oder [[Gitarrenverstärker|-verstärker]] simuliert werden. Außerdem können neue Klänge, [[virtuell]]e Instrumente und Geräte kreiert werden.
 
Bei der Nachbildung eines Instruments wird es in seinem Aufbau und in seiner Funktion analysiert und dementsprechend in Module aufgegliedert. Je mehr Aspekte und Einflussparameter modelliert werden, desto realitätsnäher ist das Verhalten des virtuellen Instruments.
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==Beispiele==
=== Schwingende Saite ===
Eine schwingende Saite wird gerne vereinfachend mit einer Sinuskurve beschrieben. Dabei wird jedoch unterschlagen, dass sie genau genommen eine zweidimensionale Bewegung vollzieht und je nach Instrument Rückwirkungen der Aufhängung auf die Saitenspannung bestehen und dadurch schon die Grundwelle grundsätzlich nicht exakt sinusförmig ist. Zudem ist es so, dassbeginnt eine angezupftegezupfte, angestrichene oder angeschlagene Saite mit jeweils unterschiedlichen Startbedingungen losschwingtzu undschwingen. sich währendWährend der Einschwingphase stellt sich ein sehr kompliziertes Oberwellenverhalten einstelltein, durch das sich diese Fälle voneinander unterscheiden. Konkret bildet sich durch das Anzupfen mit einem [[Plektrum]] oder dem Fingernagel ein dreiecksförmiger Verlauf der Saite, der nach dem Loslassen rasch ausklingt und zum Grundton der Saite nicht passende Obertöne erzeugt. Beim Anschlagen einer Saite wie beim Klavier hingegen, ist die intialeanfängliche [[Elongation] zwar grösser, jedoch "runder" und lokal begrenzt, wodurch völlig andere Oberwellen erzeugt werden. Beim Streichen einer Geigensaite kommen noch weitere Zerrtöne hinzu, die durch das permanente Verhaken und Abrutschen der Saite beim Bewegen des Bogens entstehen. Andererseits wirkenAuch die Schwingungen des Instrumentenkörpers und derdie aufgelegten Finger ebenfallswirken klangbildend und dämpfend.
 
Diese Effekte kann man entweder dadurch berücksichtigen, dass man sie getrennt von einander analysiert und modelliert, um sie später empirisch zu überlagern, oder aberman modelliert die Saite und den Klangkörper modelliert, indem man sie in kleine Abschnitte einteilt, diese mit physikalischen Grundformeln beschreibt und die InteraktionWechselwirkung mit ihren Nachbarabschnitten berücksichtigt, wobei sich das Schwingverhalten von selbst ergibt.
 
=== Saxophon ===
Ein [[Saxophon]] besteht vereinfacht dargestellt aus einem [[Instrumentenmundstück|Mundstück]], einem Resonanzrohr und einem Trichter. Im Mundstück werden die [[Schallwelle]]n durch Anblasen auf ein Holzblättchen erzeugt; die Länge der schwingungsfähigen Luftsäule im Rohr bestimmt die Tonhöhe und ist durch die [[Klappe (Blasinstrument)|Klappen]], veränderbar ; durch den Trichter, aus dem der Großteil des Schalls austritt, werden Abstrahlcharakteristik und [[Frequenzgang (System)|Frequenzgang]] beeinflusst. Alle drei Elemente beeinflussen das Signal unterschiedlich und in Abhängigkeit von den anderen Elementen. Auch beeinflussen sich die Elemente gegenseitig, so entstehen z.B. Körperschallwellen, die die Resonanzen des Instrumentes bedingen und Obertöne generierenerzeugen. Wird dieses Verhalten in ein mathematisches Formelsystem übertragen, so ist die Grundlage für ein virtuell erzeugtes Saxophon geschaffen.
 
=== Elektronische Geräte ===
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== Vorteile des virtuellen Modells ==
Der Vorteil des Verfahrens ist es, einen den Eigenheiten des jeweiligen Instruments entsprechenden, lebendigeren [[Klang]] zu erzeugen. Äussere Einflüsse wie das Spiel des MusikerMusikers können auf diese Weise sehr einfach und direkt angewendeteingebracht werden, ohne Kenntnisse über die Auswirkungen zu haben, da diese vomdas Modell diese berücksichtigt werden. Die Verlaufsforum des Klangs und der Übergang zwischen verschiedenen Spieltechniken ist dabei kontinuierlich. Ein Beispiel hierfür ist das [[Überblasen]] eines Instruments, bei dem sich das virtuelle Modell ganz dem Vorbild entsprechend verhält. Dies ist mit [[Sampling (Musik)|Sampling]] oder anderen Syntheseformen nicht oder nur sehr schwer möglich und erfordert Kenntnisse darüber, wie sich lauteres Spielen auf den Ton auswirkt. So muss z.B. der aggressivere Klang eines härter angeschlagenen Tons beim Flügel bei den herkömmlichen Verfahren durch vermehrtes Einblenden eines zusätzlichen, oberwellenreichen Tones erfolgen, was zwar ähnlich klingen kann, die Möglichkeiten jedoch extrem einschränkt.
 
Ein wesentlicher Vorteil ist, dass das Tonsignal eines Modells immer kontinuierlich verläuft und es kein Ende des Tones gibt, während bei Samples ein TonDauerton durch Bildung einer Schleife erzeugt werden muss, was zu Phasensprüngen in den Oberwellen führt - zudem wird der immer gleiche Verlauf der Oberwellen zu der Grundwelle stetig wiederholt. Dadurch entstehen Artefakte und unnatürliche Muster, an denen sample-basierte Musik leicht erkannt werden kann.
 
Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit, Elemente verschiedener Instrumente zu kombinieren, auch wenn diese Kombination mit echten Instrumenten nicht möglich wäre. Hierbei muss nur zwischen [[Resonator]]en und Erregern unterschieden werden. Im Beispiel des Saxophonmodells ist das [[Instrumentenmundstück|Mundstück]] der Erreger – an dem auch die [[Transienten]] entstehen – und das Rohr und der Schalltrichter sind Resonatoren. Man hat nun zum Beispiel die Möglichkeit, das Mundstück des Saxophons mit dem [[Resonanzraum]] einer [[Geige]] zu verbinden. So entsteht ein neues virtuelles Instrument mit eigener Klangcharakteristik. Es können aber auch nur einzelne Parameter eines Instruments verändert werden, wie zum Beispiel Materialbeschaffenheit, Größe oder Anschlagstärke.
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== Nachteile eines virtuellen Modells ==
Die Physikalische Modellierung erfordert im Vergleich zu anderen Verfahren die mit Abstand höchste [[Rechenleistung]] im [[Synthesizer]] oder im [[Computer]]. Je nach Art um Umfang des Modells müssen mitunter [[Differentialgleichungen]] gelöst und mit hohen zeitlichen Auflösungen gerechnet werden. Um z.B. das Schwingen einer Gitarrensaite in Echtzeit nachzubilden und dabei auch die sich bildenden Resonanzen mit dem Korpus und die Interaktion mit anderen Saiten zu berücksichtigen, sind für jedes zu berechnende Sample mehrere komplexe Gleichungen und deren Lösungen zu finden, die mit einem genügend hohen Faktor überabgetastet werden müssen, um der Akkumulation von Fehlern entgegen zu wirkenentgegenzuwirken. Selbst bei generischen Gleichungen, bei denen es keine Rückkopplungen in den Rechenpfaden gibt, sind oft Tausende an Rechenschritten nötig, um ein Sample zu berechnen. Dabei stößt man leicht an die Grenzen der Möglichkeiten der Technologie und noch viel früher an die der Wirtschaftlichkeit. Daher werden Modelle nach wie vor stark vereinfacht, um mit aktuellen DSP-Plattformen oder gar Computern eine genügend große Zahl von Stimmen rechnen zu können. Die vorgenommenen Vereinfachungen entfernen jedoch den Klang wieder vom theoretischen Ideal.
 
== Plattformen ==
Neben einigen Realisationen in C-Software, die als [[Plug-in]] für die einschlägigen Musikprogramme verwendet werden können oder in klassische Sampler-Programme integriert sind, kommen bei der PM-Synthese vor allem [[Digitaler Signalprozessor|DSP]]-Plattformen und [[Field Programmable Gate Array|FPGA]]-Plattformen zum Einsatz, wobei. DSPs sind wirtschaftlicher und einfacher handhabbar; sind,FPGAs während FPGAsbieten aufgrund echtparallelerecht paralleler Verarbeitung die höchsten Rechenkapazitäten und Bandbreiten für hohe Sampleraten bieten. Ein neuerer Ansatz stelltist die Nutzung von Grafikkarten dar, die besonders bei [[Finite-Elemente-Methode|FEM]]-basierten Rechenmodellen Vorteile haben.
 
==Literatur==