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Pharos (Diskussion | Beiträge)
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Im sogenannten ''Wolfdietrich A'', einer heldenepischen Dichtung die wohl im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts entstanden ist, reitet der Ritter Wolfdietrich fünf Tage durch die Wildnis, bis er an einem Meeresstrand angelangt. Auf diesem Strand findet er eine Linde und einen Anger, der von Blumen und Gras so hoch bewachsen ist, dass diese Wolfdietrich bis an den Gürtel reichen. Rosen und Klee - so ergänzt der Dichter - dufteten süß. Dieser Ort wird jedoch von Wolfdietrich nur unter pragmatischen Aspekten betrachtet (Vers 467,3 ff.<ref name="Heldenbuch III">nach der Ausgabe: ''Ortnit und die Wolfdietriche nach Müllenhoffs Vorarbeiten herausgegeben von Arthur Amelung und Oskar Jänicke, Deutsches Heldenbuch III, Berlin 1871''</ref>: ''got hât mînem rosse weide alhie beschert/mir ist vil deste sanfter, daz ez sich ernert'' - Gott hat hier meinem Ross eine Weide bereitet, mir ist es sehr angenehm, dass es sich hier ernähren kann). Hier ist der ''locus amoenus'' umschlossen von zwei der Wildnis zugehörigen Attributen: Der als bedrohlich geschilderten Meeresbrandung (Wolfdietrich hört sogar die Stimme [[Luzifer|Lucifer]]s darin schreien) und einer Steinwand.
 
In den Erzählungen aus dem Sagenkreis um [[Dietrich von Bern]] erreicht der Ritter Ortnit nach einem Ritt durch die Wildnis in der Nähe des Gardasees eine Aue, auf der Blumen und Klee wachsen und die vom schönen Gesang der Vögel erfüllt ist. Der Boden ist zudem mit Gras bewachsen und unter einer Steinwand findet er einen kühlen Brunnen und eine angenehm duftende Linde, die von singenden Vögeln bevölkert ist (Vers 88-9288–92<ref>nach der Ausgabe: ''Ortnit und die Wolfdietriche nach Müllenhoffs Vorarbeiten herausgegeben von Arthur Amelung und Oskar Jänicke, Deutsches Heldenbuch III, Berlin 1871''</ref>). Die Schilderung des Ortes erfolgt hier sozusagen durch die Augen Ortnits; der Ort wird nicht durch eine Aufzählung der Attribute beschrieben, sondern dem Leser/Hörer wird die Schönheit des Ortes über Ortnits Sinneseindrücke vermittelt.
 
Nur noch über vereinzelt im Text verstreute Hinweise lässt sich der Ort der Ermordung Sigfrids durch Hagen im [[Nibelungenlied]] als ''locus amoenus'' erahnen (Nibelungenlied B, Strophe 979-988979–988,1). Hier befindet sich unter einer Linde eine Quelle die kühles, reines und gutes Wasser führt. Am Ende der Szene erzählt der Dichter noch, dass Sigfrid ''in die bluomen'' fiel. Im Nibelungenlied wird so der liebliche, zum Verweilen einladende Ort zum Schreckensort, zum Ort des Todes.
 
== Der ''locus amoenus'' in der Dichtung des 17. und 18. Jahrhunderts ==