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K →‎Begriff: Kleinkram
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Der kulturelle Antisemitismus steht in engem Zusammenhang mit dem sozialen und politischen Antisemitismus. Hier werden Juden auf kultureller Ebene für die angeblich verderblichen Entwicklungen verantwortlich gemacht. Irritierende Neuerungen in Architektur, Kunst, Literatur oder Musik sahen Antisemiten als Folge des jüdischen Einflusses, der als dekadent bewertet, mit der kulturellen Moderne identifiziert und mit ihr abgelehnt wurde. Als Beispiel für den kulturellen Antisemitismus gilt die von der NS-Propaganda so bezeichnete „[[entartete Kunst]]“.<ref name="APT1">Armin Pfahl-Traughber: ''Antisemitismus als Feindschaft gegen Juden als Juden.'' Bürger im Staat 63/4, 2013, S. 252–261.</ref>
 
In Umkehrung des behaupteten „Gottesmords“ haben im Rahmen der [[Aufklärung]] [[Atheismus|atheistische]] und [[Agnostizismus|agnostische]] Autoren, wie [[Voltaire]], der [[Paul Henri Thiry d’Holbach|Baron von Holbach]] oder [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]], und mit ihnen hauptsächlich das revolutionäre Bürgertum der Französischen Revolution, die Juden der „Erfindung“ Gottes und des [[Monotheismus]] und der aus ihrer Sicht verwerflichen Hervorbringung des Juden Jesus Christus beschuldigt.<ref>[[Pierre-André Taguieff]]: ''Criminaliser les juifs – Le mythe du «meurtre rituel» et ses avatars (antijudaïsme, antisémitisme, antisionisme); chapitre V: Voltaire accusateur des juifs, «Monstres de cruauté».'' In: Céline Masson, Isabelle de Mecquenem (Hrsg.): ''Questions sensibles.'' Hermann Éditeurs, Paris 2020, ISBN 979-10-370-0228-0, S. 141–178</ref> Von [[Antiklerikalismus|Antiklerikalen]] wird so den Juden das Christentum angelastet.<ref>[[Bernard-Henri Lévy]]: ''L'esprit du judaïsme.'' Éditions Grasset, Paris 2016, ISBN 978-2-253-18633-5, S. 21 und 24 f.</ref> So äußerte sich Voltaire gegenüber Juden: „Ihr übertrefft sämtliche Nationen mit euren unverschämten Märchen, eurem schlechten Benehmen und eurer Barbarei. Ihr habt es verdient, bestraft zu werden, denn das ist euer Schicksal.“ Und an anderer Stelle: „Mich würde nicht im mindesten wundern, wenn diese Leute eines Tages gefährlich würden für das Menschengeschlecht.“<ref>Hannes Stein: [https://www.welt.de/kultur/history/article108335884/Die-grossen-Aufklaerer-waren-oft-Judenhasser.html ''Die großen Aufklärer waren oft Judenhasser.''] Welt, 20. Juli 2012</ref> Voltaires Aussagen standen auch im Zusammenhang mit seinem Bestreben, den jüdisch-christlichen [[Herkunftssage|Ursprungsmythos]] der Bibel ([[1. Buch Mose|Genesis]]) durch eine von ihm in [[Indien]] verortete [[Arier|arische]] Urheimat der Menschheit zu ersetzen. So schrieb er an den Astronomen M. Bailly: „Seit langem betrachte ich die alte Dynastie der [[Brahmanen]] als diese Ursprungsnation.“<ref>Jean-Paul Demoule: ''Mais où sont passés les Indo-Européens? – Le mythe d'origine de l'Occident.'' In: Maurice Olender (Hrsg.): ''Points/La librairie du XXIe siècle 525.'' 2. Auflage, Éditions du Seuil, Paris 2014, ISBN 978-2-7578-6591-0, S. 37f. und 70f.</ref>
 
Der nationalistische Antisemitismus sieht in den Juden eine ethnisch, kulturell oder sozial nicht zur jeweiligen [[Nation]] gehörende Minderheit, die als Fremdkörper wahrgenommen und der Illoyalität gegenüber der Nation beschuldigt wird. Im Gegensatz zum rassistisch motivierten Antisemitismus im engeren Sinne könnte hier durch Assimilation und Religionsübertritt die Diskriminierung überwunden und die Integration in die Gesellschaft erreicht werden. Der nationalistische Antisemitismus hebt nicht allein auf die angeblichen ethnischen Unterschiede ab, sondern betont behauptete kulturelle Gegensätze oder mangelnde [[Loyalität]] gegenüber der jeweiligen Nation. Durch eine solche Ausgrenzung nimmt diese Form der Judenfeindschaft auch [[Fremdenfeindlichkeit|fremdenfeindliche]] Züge an. Teilweise wird auch der nationalistische Antisemitismus unter das engere Begriffsverständnis des Antisemitismus gefasst.