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Theoriefindung. Hier wäre wichtiger: Darstellung der verschiedenen theaterwissenschaftlichen, lit-wissenschaftlichen, historischen Analysen, zugeordnet den wichtigsten Autoren und Arbeiten zum Thema. Der Absatz, so wie er da stand, war dagegen eher eine essayistische Abschweifung ohne Quelle oder Zuordnung, daher mutmaßlich Theoriefindung.
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Nur wenige Angeklagte bekennen sich zu ihrer Schuld. Auch die Zeugen 1 und 2 argumentieren überwiegend apologetisch. Damit verdeutlicht Peter Weiss den Komplex der „zweiten Schuld“ ([[Ralph Giordano]]), die Giordano in dem Verdrängen und Leugnen der „ersten Schuld“, das heißt der im Kontext des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen, sieht.<ref>Ralph Giordano: ''Die zweite Schuld oder Von der Last Deutscher zu sein''. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2000.</ref>
 
== Der Massenmord in seiner Gesellschaft ==
[[Hannah Arendt]] hat in ihrer These von der [[Banalität des Bösen]] versucht, den Zusammenhang von Ursprungsgesellschaft und industriellem Morden auf den Begriff zu bringen: Die Gesellschaft hatte am Massenmord eine mehr oder weniger direkte Mitwirkung, die durch die extreme Steigerung der in der Gesellschaft üblichen, akzeptierten Werte und Verhaltensweisen möglich wurde. Gewonnen an der Beobachtung des Prozesses gegen [[Adolf Eichmann]], hat sie diesen Einzelfall für eine Hypothese über die im kulturellen Allgemeinen angelegte, potenzielle Grausamkeit genutzt.
[[Datei:Interessengebiet KZ Auschwitz.svg|mini|KZ Auschwitz als Endverzweigung eines Systems]]
Weiss wird noch deutlicher: In den ''Ermittlungen'' erläutert der früher politisch tätige Zeuge 3 im ''Gesang von den Feueröfen III'', dass der Massenmord ohne die Unterstützung von „tausend Amtsstellen“ und „Millionen anderer“ nicht hätte funktionieren können, was die Verteidigung richtig als Vorwürfe „gegen eine ganze Nation“ versteht. Dieser Zeuge 3 spricht schon vorher im ''Gesang von der Möglichkeit des Überlebens II'' von den zugewiesenen „Rollen der Bewacher“ und der Häftlinge, die auch „einen Bewacher abgeben können“: „Wir kannten alle die Gesellschaft, aus der das Regime hervorgegangen war, das solche Lager erzeugen konnte. Die Ordnung, die hier galt, war uns in ihrer Anlage vertraut, deshalb konnten wir uns auch zurechtfinden in ihrer letzten Konsequenz, in der der Ausbeutende in bisher unbekanntem Grad seine Herrschaft entwickeln durfte und der Ausgebeutete noch sein Knochenmehl liefern musste.“ (Alle Satzzeichen hier ergänzt.) Es geht dem Zeugen 3 darum, von der moralisierenden „erhabenen Haltung“ zu einer systemischen Sicht<ref>''Ullrich'' schildert ein Vorspiel des rassistisch entgrenzten Kapitalismus aus dem Ersten Weltkrieg: "Mit der Besetzung Polens und weiterer Gebiete Osteuropas fiel ein nicht geringer Teil der osteuropäischen Juden unter deutsche Besatzung. Diese rekrutierte 1916/17 mehrere Tausend jüdische Zwangsarbeiter für die deutsche Rüstungsindustrie. (...) ´Man befahl die männliche jüdische Bevölkerung auf Marktplätze und Kirchhöfe, umstellte sie, um sie dann auf die Bahnhöfe zu führen und abzutransportieren. (...) Es wurden wahllos Männer zusammengetrieben und deportiert, ungeachtet ihres Alters und ihrer Arbeitsfähigkeit.´ (...) Mit der Einbeziehung der (Kriegs-)Gefangenen in das System der Kriegswirtschaft war eine [[Büchse der Pandora]] geöffnet; von hier führt eine Linie zur Praxis der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg." (''[[Volker Ullrich (Historiker)|Volker Ullrich]]:'' Die nervöse Großmacht 1871–1918. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs, 2. Aufl. Frankfurt a. M.: Fischer 2010, S. 488 u. 736.) </ref> des Grauens fortzuschreiten – Hannah Arendts eher psychologische Beobachtung am Einzelfall ''Eichmann'' wird von Peter Weiss zu einer Kritik am Kapitalismus erweitert.
 
== Wirkung ==