„Londoner Vertrag (1915)“ – Versionsunterschied

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→‎Vorgeschichte: Illusion der italienischen Regierung
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Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges war das Mächtegleichgewicht in Europa nicht mehr vorhanden und es begannen nach der damaligen politischen Logik zwischenstaatliche Verhandlungen, um über potentielle Gebietsabtretungen und Entschädigungen die Unterstützung anderer Staaten zu erhalten. Das Vorgehen Österreich-Ungarns auf dem Balkan drohte das Gleichgewicht in einer für Italien zentralen Region zugunsten Österreich-Ungarns zu verschieben und der [[Italienischer Irredentismus|italienische Irredentismus]], der die „Befreiung“ überwiegend italienischsprachiger Regionen („unerlöste Gebiete“) wie des [[Trentino]]s und [[Istrien]]s von Österreich anstrebte, führte zum politischen Konflikt mit Österreich-Ungarn. Der neue italienische Außenminister [[Sidney Sonnino]] setzte sich entschlossen für die geopolitischen Interessen Italiens auf dem Balkan und im Adriaraum ein und er wollte Italien den Status einer Großmacht verschaffen. Von Dezember 1914 bis Mai 1915 führte die Regierung von [[Antonio Salandra]] Verhandlungen mit Österreich-Ungarn.<ref>Gian Enrico Rusconi: ''Das Hasardspiel des Jahres 1915.'' In: ''Der Kriegseintritt Italiens im Mai 1915'' Hrsg.: [[Johannes Hürter]] und Gian Enrico Rusconi, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Oldenbourg 2007, ISBN 978-3-486-58278-9, S. 31 f.</ref>
 
Die trilateralen Verhandlungen (Berlin wollte wegen der kriegswichtigen Bedeutung Italiens vermitteln) um die italienische Neutralität waren anfangs bis Herbst 1914 in Erwartung eines schnellen Sieges der beiden Mittelmächte nicht dringlich. Ab der Jahreswende verschleppte der österreichische Außenminister [[Stephan Burián]] die Verhandlungen, obwohl Italien immer offener mit Krieg drohte. Berlin drängte Wien in der angespannten militärischen Lage des Februar/März 1915 zu Konzessionen und bot seinerseits Österreich-Ungarn ein Stück [[Schlesien]]s als Kompensation an, um die Italienische Neutralität doch noch zu sichern. Ein zentraler Hinderungspunkt in den Verhandlungen war die geforderte sofortige Abtretung der verhandelten Gebiete, auf die Italien bestand, die aber administrativ nicht durchführbar gewesen wäre. Die italienische Regierung verlor die Geduld und wandte sich daraufhin an die Westmächte, die zu Lasten Österreich-Ungarns immer mehr bieten konnten als die beiden Mittelmächte.<ref>[[Holger Afflerbach|Holger Aflerbach]]: ''Vom Bündnispartner zum Kriegsgegner.'' In: ''Der Kriegseintritt Italiens im Mai 1915'' S. 61.</ref> Dabei hatte die italienische Regierung keine Kenntnis der beschränkten militärischen Kapazitäten und kultivierte die Illusion eines kurzen Krieges.<ref>Gian Enrico Ruscon: ''Das Hasardspiel des Jahres 1915.'' In: ''Der Kriegseintritt Italiens im Mai 1915'' S. 32.</ref> Generalstabschef [[Luigi Cadorna]], der von kompetenter Stelle vor dem Krieg in den Schützengräben gewarnt worden war und den Krieg bereits neun Monate beobachten konnte, verkündete im April 1915 sorglos, einen Monat nach Kriegseintritt werde die italienische Armee in Triest sein.<ref>Holger Aflerbach: ''Vom Bündnispartner zum Kriegsgegner.'' S. 62.</ref>
 
== Zustandekommen und Inhalt der Vereinbarungen ==