Walter Schmidetzki

deutscher SS-Obersturmführer und NS-Kriegsverbrecher
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Walter Schmidetzki (* 5. Januar 1913 in Sohrau; † 20. oder 21. Jahrhundert) war ein deutscher Kriegsverbrecher und SS-Führer, zuletzt im Rang eines SS-Obersturmführers der Waffen-SS. Aufnahmen aus dem von Lili Jacob überlieferten Album und dem Höcker-Album belegen Schmidetzkis Beteiligung am Holocaust im KZ Auschwitz-Birkenau.

Walter Schmidetzki vor 1943

Berufseinstieg, SS-Beitritt und Beginn des KZ-Lagerdienstes

Schmidetzki wechselte nach der 9. Klasse an einem humanistischen Gymnasium an die Handelsschule. Nach dem Ende seiner Schullaufbahn war er zunächst beim Arbeitsamt und danach bei der Kämmereikasse in Neisse angestellt. Nach seinem SS-Beitritt gehörte er ab 1934 der SS-Verfügungstruppe an (SS-Nr. 224.469). Als Angehöriger der Waffen-SS nahm er ab 1940 mit der SS-Division Wiking am Zweiten Weltkrieg teil. Aufgrund eines Unfalls folgte ein Lazarettaufenthalt und längere Genesungszeit. Anschließend wurde er dem Wirtschafts- und Verwaltungs-Hauptamt zugeteilt und 1943 im SS-Sonderlager Hinzert eingesetzt.[1] In Hinzert war er für die weltanschauliche Schulung der Lagermannschaft zuständig.[2] Aufgrund eines Verhältnisses mit einer verheirateten Frau wurde Schmidetzki im Frühjahr 1944 zum KZ Flossenbürg strafversetzt.[3] In Flossenbürg gehörte er dem Lagerstab nominell bis August 1944 an.

Teilnahme an der Ungarn-Aktion im KZ Auschwitz-Birkenau

 
Schmidetzki (Mitte, mit Schirmmütze) in Auschwitz-Birkenau an der Kreuzung der Rampe vor der Selektion deportierter jüdischer Menschen aus Ungarn. Aufnahme aus dem Lilly-Jacob-Album, die Ende Mai 1944 entstand.
 
Schmidetzki, Höcker, Baer, Mengele, Kramer (von rechts nach links) im Rahmen der Verabschiedung von dem Leiter der „Ungarn-Aktion“ Rudolf Höß auf der Solahütte. Aufnahme aus dem Höcker-Album, die um den 29. Juli 1944 entstand.

Seit dem 23. Mai 1944 leitete Schmidetzki die Gefangenen-Eigentums-Verwaltung (G.E.V.) in dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, die der Abteilung Standortverwaltung angegliedert war. Die Birkenauer G.E.V. verwaltete das geraubte Eigentum der nach Auschwitz deportierten Menschen; im Lagerjargon wurde dieses Effektenlager Kanada II genannt.[4]

Als Leiter der Gefangeneneigentumsverwaltung nahm Schmidetzki an der sogenannten „Ungarn-Aktion“ teil, dem Massenmord an den ungarischen Juden. Aufnahmen aus dem Lilly-Jacob-Album belegen seine Anwesenheit nach der Ankunft, Aufreihung und Selektion deportierter jüdischer Menschen Ende Mai 1944 auf der Rampe in Auschwitz-Birkenau.[5] Am 21. Juni 1944 wurde er zum SS-Obersturmführer befördert, seinem höchsten erreichten SS-Rang. Am selben Tag wurden auch der Lagerkommandant Richard Baer, dessen Adjutant Karl-Friedrich Höcker und der Fahrbereitschaftsleiter Konrad Wiegand befördert. Diese zeitgleichen Beförderungen stehen laut Hördler in einem Zusammenhang, da alle vier SS-Führer „zum Kern der logistischen Abwicklung der ‚Ungarn-Aktion‘ gehörten“.[6] Fotos des sogenannten Höcker-Albums zeigen neben anderem SS-Personal auch Schmidetzki während einer Feier anlässlich des Endes der Ungarn-Aktion auf der Solahütte, die Aufnahmen stammen aus der Zeit um den 29. Juli 1944. Laut dem Historiker Stefan Hördler belegen die Aufnahmen Schmidetzkis aus den beiden Auschwitz-Alben „auch die Beteiligung der Standortverwaltung an der Mordaktion“.[5]

Verwaltungsführer im KZ Auschwitz-Monowitz und KZ Natzweiler-Struthof

Von August 1944 bis zur Räumung des Lagerkomplexes Auschwitz im Januar 1945 fungierte er als Leiter des Effektenlagers Kanada II im KZ Auschwitz-Monowitz.[5]

Ab Februar 1945 war Schmidetzki Leiter der Verwaltungsabteilung des evakuierten KZ Natzweiler-Struthof und zugleich Adjutant des neuen Lagerkommandanten Heinrich Schwarz unter dem er bereits in Auschwitz-Monowitz tätig gewesen war.[7]

Gefangenschaft, Verurteilung und Nachkriegszeit

Nach Kriegsende wurde Schmidetzki interniert, nach Polen überstellt und in Krakau 1948 zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Entlassung aus der Haft soll er in Baden-Württemberg gelebt haben.[8] Vom 4. Mai 1960 ist noch eine Aussage von ihm vor dem Landgericht Hechingen aktenkundig.[9]

Literatur

Commons: Walter Schmidetzki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans-Christian Harten: Himmlers Lehrer. Die weltanschauliche Schulung in der SS 1933–1945, Paderborn 2014, S. 286.
  2. Hans-Christian Harten: Himmlers Lehrer. Die weltanschauliche Schulung in der SS 1933–1945, Paderborn 2014, S. 279.
  3. Hans-Christian Harten: Himmlers Lehrer. Die weltanschauliche Schulung in der SS 1933–1945, Paderborn 2014, S. 632, FN 307.
  4. Stefan Hördler: Ordnung und Inferno. Das KZ-System im letzten Kriegsjahr. Wallstein Verlag, Göttingen 2015, S. 303.
  5. a b c Stefan Hördler: Ordnung und Inferno. Das KZ-System im letzten Kriegsjahr, Göttingen 2015, S. 310.
  6. Stefan Hördler: Ordnung und Inferno. Das KZ-System im letzten Kriegsjahr, Göttingen 2015, S. 307f.
  7. Andrea Rudorff: Katzbach – das KZ in der Stadt. Zwangsarbeit in den Adlerwerken Frankfurt am Main 1944/45, Wallstein, Göttingen 2021, ISBN 978-3-8353-3953-8, S. 153f.
  8. Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-596-19785-9, S. 227.
  9. Christine Glauning: Entgrenzung und KZ-System das Unternehmen „Wüste“ und das Konzentrationslager in Bisingen 1944/45. Metropol, Berlin 2006, ISBN 978-3-938690-30-7, S. 227.