Sabor

Bezeichnung für das Parlament der Republik Kroatien mit Sitz in Zagreb
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. Januar 2012 um 18:09 Uhr durch Capriccio (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Sabor ist das Parlament der Republik Kroatien mit Sitz in Zagreb. Er ist das zentrale Verfassungsorgan im Politischen System Kroatiens. Sabor bedeutet in wörtlicher Übersetzung "Versammlung", sinngemäß Parlament (bzw. Landtag zu Monarchiezeiten). Die Legislativperiode des Sabor dauert vier Jahre. In Kroatien gilt das Einkammersystem. Mit den Parlamentswahlen im Dezember 2011 tagt der Sabor in seiner siebten Zusammensetzung seit Gründung der Republik Kroatien.

Das kroatische Parlamentsgebäude
Datei:Sabornica.jpg
Der Sitzungssaal des Kroatischen Parlaments

Wahlrecht

Der Sabor hat nach der kroatischen Verfassung zwischen 100 und 160 auf vier Jahre gewählte Abgeordnete. Die Zahl seiner Parlamentsmitglieder richtet sich nach der Bevölkerungsgröße und dem Proporz zur möglichst genauen Abbildung des Wählerwillens. Derzeit hat das kroatische Parlament 152 Abgeordnete.

Kroatien war 2003 in 10 Wahlbezirke eingeteilt, in denen nach Proporzsystem je 14 Abgeordnete gewählt wurden. Es gibt eine Fünf-Prozent-Hürde innerhalb der Wahlbezirke.

8 Sitze sind für Vertreter der nationalen Minderheiten reserviert. Angehörige der Minderheiten können entweder normal für eine der Mehrheitsparteien wählen oder alternativ dazu auf der jeweiligen Liste für Vertreter ihrer Minderheit. Die in Personenwahl ermittelten Sitze sind folgendermaßen verteilt: 3 für Serben, 1 für Italiener, 1 für Ungarn, 1 für Tschechen und Slowaken, 1 für Slowenen, Bosniaken, Montenegriner, Mazedonier und Albaner und 1 für sonstige Minderheiten (Deutsche, Ukrainer und Ruthenen, Rumänen, Russen, Türken, Juden, Roma, Polen...).

Auch für kroatische Staatsbürger ohne dauerhaften Wohnsitz in Kroatien sind Parlamentssitze vorgesehen, deren genaue Anzahl von der Wahlbeteiligung in der kroatischen Diaspora abhängt (maximal 14, meist 4–6). Dieser Wahlbezirk umfasst nicht nur Emigranten, sondern vor allem auch viele Kroaten in Bosnien und Herzegowina.

Befugnisse des Sabors

Das kroatische Parlament beschließt über die Verfassung und ist alleiniger Gesetzgeber, es hat das Budgetrecht, schreibt im Einklang mit den Gesetzen Wahlen aus, kann die Abhaltung von Volksabstimmungen veranlassen und Amnestien erlassen.

Geschichte

Ständischer Sabor vom Mittelalter bis 1848

 
Wappen des Königreichs Kroatien, Slawonien und Dalmatien an der Außenfassade des kroatischen Parlaments

Die Anfänge der kroatischen Ständeversammlung, aus der der heutige Sabor hervorgegangen ist, liegen im Mittelalter. Obwohl Kroatien 1102 in Personalunion Teil der ungarischen Stephanskrone geworden war, fanden häufig separate Versammlungen des kroatischen Adels statt. Außer dem Adel war noch die Kirche im Sabor vertreten. Jeder ungarische König ließ kurz nach seinem Regierungsantritt auch einen Sabor einberufen, auf dem ihm die kroatischen Stände huldigten. 1527 wählte der kroatische Landtag von Cetin den Habsburger Ferdinand I. unabhängig von den Ungarn zum König von Kroatien.

Durch die kroatischen Gebietsverluste im 15. und 16. Jahrhundert (Dalmatien an Venedig, andere Gebiete an die Türken) schränkte sich das Gebiet, aus dem der Adel zum Landtag kam, immer mehr ein. Hinzu kam, dass der Adel Slawoniens sich nach 1526 von Kroatien trennte und an den ungarischen Gegenkönig Johann Zápolya anschloss. Deshalb wurden dort bis zur türkischen Eroberung eigene Landtage abgehalten. Nach der Rückeroberung Slawoniens durch die österreichischen Armeen 1699 wurde Slawonien in Gespanschaften organisiert, die zunächst nur im ungarischen, nicht aber im kroatischen Landtag vertreten waren. Später erhielten sie auch eine Vertretung im kroatischen Landtag, ohne jedoch die direkte Vertretung im ungarischen zu verlieren, so dass ihr Status zwischen Ungarn und Kroatien umstritten blieb. Auch die österreichische Militärgrenze war dem Zugriff der adligen kroatischen Landesversammlung entzogen. Der kroatische Landtag entsandte nach alter Tradition einige stimmberechtigte Gesandte zum ungarischen Reichstag.

Der Sabor 1848 bis 1918

 
Sitzung des kroatischen Parlaments, 1848 (Dragutin Weingärtner)

1848 hat der kroatische Sabor eine wichtige Rolle in der Revolution gespielt. Vorübergehend konnten sich Land und Parlament von der ungarischen Hegemonie lösen. Die Zwangsmagyarisierung Kroatiens wurde vom Sabor abgelehnt und Ban Josip Jelačić wurde die Vollmacht erteilt, entsprechend zu handeln. Die Ständeversammlung wurde schrittweise in ein modernes Wahlparlament umgewandelt, wobei bis zum Ende der Österreichisch-Ungarischen Monarchie kein wirklich demokratisches Wahlgesetz galt. Seit 1849 war der Sabor wieder für Slawonien, seit 1881 auch für die Gebiete der aufgelösten Militärgrenze zuständig.

Durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich (1867) und den ergänzenden ungarisch-kroatischen Ausgleich (1868) waren die Kompetenzen des kroatischen Parlaments allerdings sehr begrenzt. Die Wahlen von 1868 bis zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie wurden nach einem äußerst restriktiven Zensuswahlrecht abgehalten, das die Mehrheit der Bevölkerung von der Wahl ausschloss. Zudem fanden die Wahlen offen statt, und die Wähler waren massiven Wahlbeeinflussungen durch die staatlichen Verwaltungsbehörden ausgesetzt. Der Banus als Oberhaupt der Exekutive in Kroatien-Slawonien war in erster Linie der Krone und der ungarischen Regierung, nicht dem Sabor verantwortlich.

Dalmatien, das zur österreichischen Reichshälfte gehörte, hatte von 1861 bis 1918 seinen eigenen, den Dalmatinischen Landtag.

Der Sabor 1918 bis 1945

Von 1919 bis 1945 existierte kein kroatisches Parlament.

Im Herbst 1918 beschloss der letzte nach altem Recht gewählte Sabor, seine Befugnisse dem Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben der Habsburgermonarchie zu übertragen, der wiederum den Zusammenschluss mit Serbien zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen beschloss, dem späteren Jugoslawien.

In der Folge wurde die Wiedereinberufung eines vom gesamtjugoslawischen Parlament getrennten kroatischen Sabor eine zentrale Forderung der kroatischen Oppositionsparteien. So forderte die Kroatische Bauernpartei unter Stjepan Radić im Frühjahr 1919 vergeblich, dass – analog zur Ratifizierung der staatlichen Vereinigung durch das serbische Parlament – auch der Sabor noch einmal einberufen werden müsse, um über die Ratifizierung der Vereinigung zu beraten. Die in den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen gewählten Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei konstituierten sich aus Protest gegen die eingeschränkten Kompetenzen der Verfassunggebenden Versammlung und die Nichtanerkennung eines separaten Selbstbestimmungsrechtes für Kroatien als separates kroatisches Parlament und erarbeiteten eine Verfassung einer Bauernrepublik Kroatien, die freilich angesichts der realen Machtverhältnisse bloßes Papier blieb.

Im Abkommen zwischen dem jugoslawischen Ministerpräsidenten Dragiša Cvetković und dem Vorsitzenden der Kroatischen Bauernpartei, Vladko Maček, von 1939, durch das eine autonome Banschaft Kroatien (kroat. Banovina Hrvatska) innerhalb Jugoslawiens geschaffen wurde, war parallel zur Neuwahl des jugoslawischen Parlamentes auch die Wahl eines kroatischen Sabor vorgesehen. Aufgrund des deutschen Überfalles auf Jugoslawien 1941 kam es dazu jedoch nicht mehr.

Die Ustascha, die 1941 unter deutsch-italienischer Besatzung den Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) errichteten, versuchten im Jahre 1942 ihre Herrschaft durch die Einberufung eines Sabor aus ehemaligen Mitgliedern des Sabor von 1918, kroatischen Mitgliedern des jugoslawischen Parlamentes und anderen, von ihnen eigenmächtig ausgewählten Personen zu legitimieren (diesen Sabor gehörten mit Branimir Altgayer und Ferdinand Gasteiger auch zwei Vertreter der deutschen Minderheit an). Dieser Sabor wurde jedoch bald suspendiert und nicht wieder einberufen, da es im nach dem Führerprinzip organisierten Unabhängigen Staat Kroatien für ein Parlament keine Funktion gab.

Während des Zweiten Weltkrieges hatte der ZAVNOH (Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung Kroatiens) die faktische Funktion des Sabor inne.

In der Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien

In der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien von 1945 bis 1990 war der Sabor das Parlament der Teilrepublik Volksrepublik Kroatien bzw. Sozialistischen Republik Kroatien, in dem formal die Vertretung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen institutionell verankert war, zu dem jedoch keine Wahlen nach einem Mehrparteiensystem stattfanden.

De facto wurden jedoch die Beschlüsse im sozialistischen Einparteienstaat Jugoslawien in Belgrad getroffen.

Der Sabor seit 1990

Die Reformbewegung, die zu dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens und den Jugoslawienkriegen führen sollte, wertete die Bedeutung der regionalen Parlamente auf. Das kroatische Parlament wurde institutionell neu aufgestellt. Es bestand aus drei Kammern:

  • Die erste Kammer, der Gesellschaftlich-Politische Rat wurde in freien und gleichen Wahlen bestimmt
  • der Rat der Gemeinden und
  • der Rat der vereinigten Arbeit

Im April/März 1990 wurden erste demokratische Wahlen in der Teilrepublik Kroatien abgehalten. Die HDZ erhielt eine absolute Mehrheit der Mandate. Der damals neugewählte Sabor verabschiedete Ende 1990 eine neue Verfassung und erklärte 1991 die Unabhängigkeit Kroatiens von Jugoslawien.

In der Verfassung von 1990 war ein Zweikammersystem verankert. Das Abgeordnetenhaus (Zastupniči dom) war die allgemein gesetzgebende Kammer. Das Haus der Gespannschaften (Županijski dom) sollte die Gebietskörperschaften vertreten und hatte überwiegend beratende Funktion. Seine schärfste Waffe, ein Vetorecht gegen die erste Kammer, wurde lediglich ein einziges Mal eingesetzt.[1]

Es kam 1997, 2000 und 2001 zu Verfassungsänderungen, wobei die letzte ein Einkammernsystem im Sabor eingeführt hat.

Literatur

  • [The] Croatian Parliament, hrsg. v. Željko Sabol, Zagreb 1995
  • Mads Ole Balling: Von Reval bis Bukarest - Statistisch-Biographisches Handbuch der Parlamentarier der deutschen Minderheiten in Ostmittel und Südosteuropa 1919-1945, Band 2, 2. Auflage. Kopenhagen 1991, ISBN 87-983829-5-0, S. 681–688.

Einzelnachweise

  1. Solveig Richter, Markus Soldner: Die politischen Systeme Osteuropas, 3. Auflage, 2010, ISBN 3531162012, Seite 786 ff. Online

Koordinaten: 45° 48′ 59,1″ N, 15° 58′ 28,2″ O