Omkarananda Swami - Das Kosmische Bewusstsein
Omkarananda Swami - Das Kosmische Bewusstsein
Omkarananda Swami - Das Kosmische Bewusstsein
INHALTSVERZEICHNIS
● Kosmisches Bewusstsein
● Alles ist Gott
● Erkenntniswerkzeuge
● Die in uns liegende Fähigkeit zur Gotterfahrung
● Wie steht es mit den Heiligen, die Gott mit ihren leiblichen Augen gesehen haben?
● Innere Reinheit und Umwandlung tragen zum Offenbarwerden der höheren Bewusstseinskräfte bei
● Es gibt viele Wege, um dieses Bewusstsein schneller zu erreichen
● Die Ausbildung der Fähigkeit, unsere Erfahrung immer mehr auszuweiten
● Das Durchlichten des Gemüts mit geistigen Wahrheiten
● Läuterung des inneren Wesens
● Wie wir die Gottgegenwart beständig zu spüren bekommen
● Das Zur-Ruhe-bringen der Sinne und des Gemüts
● Betrachtung unseres Selbst in Beziehung zum Unendlichen
● Erwecken wir ständig in uns das Gefühl, dass Gott immer bei uns ist
● Das Verharren im objektlosen Bewusstsein
● Sechzehn Schritte zum kosmischen Bewusstsein
KOSMISCHES BEWUSSTSEIN
In uns allen wohnt eine absolute Vollkommenheit und unendlicher Friede. Das ist
die Wahrheit meiner Erfahrung. Dies ist die tägliche Erfahrung meines Lebens.
Und morgen wird es die Erfahrung Ihres Lebens sein. Alles, was sich in diesem
leeren Raum auf uns bezieht, ist eine unsichtbare Gottheit. Diese Tische, Stühle,
alles, was wir mit den physischen Augen sehen, ist letztlich in seiner
Zusammensetzung, in all seinen Atomen die Offenbarung des ewigen Lichtes.
Überall erfahren wir die alles-sehende Intelligenz, und diese Intelligenz war da
seit Millionen von Jahren, diese Intelligenz ist der Hintergrund aller
Offenbarungen. Und zugleich ist sie die höchste Gottheit aller von Liebe erfüllten
Herzen. In ihr sind wir vollkommen. Sie ist die verborgene, geheimnisvolle
Wirklichkeit, die die Grundlage allen Lebens bildet. Sie ist Ursache und Quelle
aller Offenbarungen, welche wir mit den physischen Augen wahrnehmen. Wo
immer wir hinblicken, überall da, wo wir unsere Gefühle vergeistigen und wo
unser Bewusstsein sich ausweitet, überall dort erleben wir die unendliche
Schönheit und Freude des höchsten Wesens. Hier geht es nicht um eine blosse
Behauptung, sondern um lebendige Erfahrung; wir sind jeden Tag Zeuge der
unendlichen Gottheit, und morgen werden auch Sie Zeugen dieser Wirklichkeit
und Offenbarungen sein.
Tausende von grossen Menschen haben durch die Jahrhunderte hindurch
dieses göttliche Bewusstsein erlangt. Sie haben erfahren, dass die ganze Welt
nur eine Offenbarung dessen ist, was sie im eigenen Herzen tragen. Wir erleben
heute die Wunder dieser Offenbarung und deren unendliche Schönheit. So ist es
wahr, dass Sie gerade jetzt in Ihrem innersten Sein ganz von Gottbewusstsein
erfüllt und von diesem Licht, von Seinem Frieden, Seiner Freude durchdrungen
sind. Diese Erfahrung wird uns nicht zuteil, solange wir auf unsere Sinne
beschränkt bleiben, welche uns das Universum in ihrer Art darstellen. Überall
werden wir nur dem Angesicht des Unendlichen begegnen, aber nur dann, wenn
wir unser Bewusstsein von der Begrenzung der körperlichen Sinne freimachen.
Nur dann, wenn wir unsere Liebe von den körperlichen Begrenzungen lösen, um
das Göttliche erleben zu können. Die Begrenzungen, die wir noch heute im
Leben erfahren, sind nicht unvermeidlich, sie können durchbrochen werden;
dann wird die Erfahrung des Göttlichen uns sofort zuteil, und alle die Wunder,
welche die Ursache der Wunder des Weltalls und der Befreiung von Zeit und
Raum sind, werden sich uns erschliessen. Wir werden imstande sein, damit zu
arbeiten, es wird uns möglich sein, in unendlicher Kraft und Energie zu leben;
aber was dabei wesentlich ist: Wir müssen aufgeben, ein normales Leben in
normaler, das heisst mittelmässiger Art und Weise zu leben.
Wir müssen auf unsere kleinen, kleinlichen Erfahrungen verzichten. Wir müssen
bereit sein, uns eine grosse, ganzheitliche Sicht anzueignen. Wir müssen zu
einer grossen Liebe bereit sein, einer Liebe, welche alle Wesen als Ausdruck der
Gottheit umfasst. Je grösser, erhabener unser Denken, je göttlicher unsere
Gefühle sind, je weniger wir unser persönliches Ich an die Dinge dieser Erde
verlieren, um so mehr wird unser Bewusstsein der Wirklichkeit wachsen. Wir
werden dann ein unfehlbares Bewusstsein der unendlichen Dinge bekommen.
Unser Bewusstsein wird sich weiten, unsere Art zu leben wird sich verändern.
Das wird dazu führen, dass wir etwas von dem göttlichen Bewusstsein erleben,
das in uns allen ist. Und wenn wir erst anfangen, Erfahrungen zu machen, sie zu
fühlen und zu verwirklichen, wenn wir dieses unendliche Bewusstsein in der
ganzen Natur erfassen, in der ganzen Menschheit, in allen Wesen und zu allen
Zeiten, und diese Erkenntnis in allen Lebensumständen beibehalten, dann wird
die Möglichkeit der Erfahrung des kosmischen Bewusstseins uns immer näher
kommen. Das kosmische Bewusstsein ist unser normaler Zustand. Unsere
körperlichen Begrenzungen dauern nicht lange, aber während wir darin
eingesperrt sind, besteht die Erfahrung des Unglücklichseins, des Irrtums, des
Verlorenseins. Je mehr wir uns von den Begrenzungen dieses menschlichen
Bewusstseins entfernen, je mehr wir unsere Gefühle verfeinern, je mehr wir
unsere kleinlichen Wünsche ausweiten in eine grosse Liebe, je mehr wir fähig
sind, unser kleines Gesichtsfeld zu einer grossen Vision zu entfalten, um so eher
wird es uns möglich, das kosmische Bewusstsein zu erfahren, das ja bereits in
unserem inneren Wesen angelegt ist.
Das normale Individuum erfährt die Welt beständig mittels seiner Sinne durch
sein Gemüt, mit dem Resultat, dass diese Erfahrung mehr Schmerz einbringt als
Freude, dass Unwissenheit da ist statt Erkenntnis. Diese Sinnenverflechtung
ermöglicht die Erfahrung des Übels und des Bösen. Sie will uns auf die kleinen
Wirklichkeiten, wie Leid und Tod, festlegen. Deshalb ist dieses kleine
Bewusstsein nicht unser natürliches. Solange wir darin verstrickt sind, werden
wir hilflos und unglücklich sein; und je schneller wir uns von dieser
Umklammerung lösen, desto besser für uns. Es ist uns möglich, dass wir uns
von diesen Schwächen und diesem Versagen frei machen. Es ist sogar möglich,
in unserem täglichen Leben zum kosmischen Bewusstsein durchzudringen. Und
wenn das geschieht, dann werden wir dieses unendliche Bewusstsein als die
einzige Realität unseres Lebens empfinden. Alles, was wir dann sehen und
erleben, ist dieselbe Wirkung des unendlichen göttlichen Lichtes und seiner
Macht.
Je mehr wir nun in diesem Zustand der Verwirklichung des ewigen Seins leben,
desto mehr wird unser innerer Zustand ein glücklicher, friedlicher, vollkommener
sein: wenn wir uns in dieser Richtung weiterentwickeln, wenn wir unser Gemüt
und unser ganzes Leben durch dieses kosmische Sein bestimmen lassen, dann
werden wir imstande sein, mit den universalen Mächten umzugehen. Dann
werden wir die Geheimnisse des kosmischen Geistes jenseits dieses irdischen
Universums entschleiern. Wir werden imstande sein, die Weisheit einer
unendlichen Liebe zu erleben, die hier und dort und überall wirkt. In allen
Lebensbedingungen, in allen Zuständen des Lebens werden wir eine
unbegrenzte Freude und Liebe des inneren Wesens erfahren, und das ist unsere
Bestimmung.
Dies müssen wir erreichen. Es ist sogar unsere Pflicht, es zu erlangen. Es gibt
Hunderte von Methoden, dazu zu gelangen. Man kann es in einem Jahr
erreichen, man kann ein paar Monate dazu brauchen, aber sogar ein Tag kann
genügen. Es hat aussergewöhnliche Persönlichkeiten gegeben, die diesen
Zustand in drei Stunden oder sogar in drei Minuten erreicht haben. Alles hängt
davon ab, in welcher Weise wir uns dafür vorbereitet haben, wie gross die
Reinheit unseres Herzens ist, wie glänzend und rein und verfeinert unser
Denken und Fühlen ist, in welcher Weise unsere Wünsche und Pläne sublimiert
worden sind und wie gross unsere Sehnsucht gewesen ist nach der Erfahrung
der einen unendlichen Macht in uns, um uns und über uns.
Welche Schritte haben wir unternommen, um die Versklavung durch unsere
Sinne zu brechen? Wie bewegt sind wir, wenn wir die Sonne aufgehen sehen
oder den Flug der Vögel beobachten? Welches ist unsere Einstellung dazu?
Unter welchen Gesichtspunkten betrachten wir Menschen und Dinge? Worin
besteht unsere innere Schau? Was ist unsere innere Einstellung? Alle diese
Faktoren bestimmen die Möglichkeit einer Erfahrung des Göttlichen. Wenn alles,
was in uns ist, verfeinert, veredelt ist, wenn alles glänzend geworden ist und
empfänglich für die Gnade der allsehenden Gottheit, dann kommen die inneren
Gaben der Intuition, der Inspiration, der Erleuchtung zur Wirkung. Überall wo wir
hingehen, werden wir in Gottes Licht wandeln. Wir werden gehen mit der
Weisheit in unserem Herzen, die unendlich ist, und wir werden die Liebe zum
Ausdruck bringen, welche alles einschliessend, allumfassend, unbegrenzt ist.
Dann wird unser Leben ein Spiel des kosmischen Bewusstseins.
Wo immer unsere Augen hinblicken, werden sie überall das sanfte Angesicht des
unendlichen Wesens schauen. Unser wahres Wesen, unser essentielles Sein,
die ganze Wahrheit unseres inneren Lebens ist die unendliche Freude, der
Friede und die Vollkommenheit der Gottheit. Je mehr wir uns unseres
eigentlichen Wesens bewusst sind, je mehr unsere Gedanken und Gefühle in
Richtung dieser Erfahrung gehen, desto mehr werden wir alle äusseren Dinge
meistern, um so mehr werden wir auf die Quelle stossen, die unerschöpflich ist.
Je grösser also unsere Bemühungen in dieser Richtung sind, desto grösser
werden die Möglichkeiten, im Reiche Gottes zu leben, schon hier auf Erden.
Damit erschliessen sich uns auch die Möglichkeiten, unser kosmisches
Bewusstsein im täglichen Leben zum Ausdruck zu bringen. Das kosmische
Bewusstsein ist nichts anderes als das Bewusstsein, das sich überall in den
Gegenständen, in der Natur, in den Vögeln, in allem befindet. Es ist ein
intensives Erkennen und Bewusstwerden der göttlichen Gegenwart, die in allem
Sichtbaren zum Ausdruck kommt. Dieses Etwas ist in der Natur, in der
aufgehenden Sonne, im blauen Meer, in der ganzen Menschheit, in allen Dingen,
welche das physische Universum ausmachen. Mittels unserer irdischen Augen
werden wir mit dem kosmischen Bewusstsein schauen. Wir müssen dieses
göttliche kosmische Bewusstsein überall als gegenwärtig erkennen. Und wenn
wir einmal so weit sind, dann haben wir ein uneingeschränktes, ganzheitliches
Schauen und eine grosse Weisheit in uns. Und diese Fähigkeiten machen uns
vollkommen zum Herrn aller Umstände.
Wenn unsere Augen voll dieses kosmischen Bewusstseins sind, gibt es keine
Erfahrung, kein Ereignis, das uns im Leben schaden könnte. Schmerz und
Freude haben keinen Einfluss auf uns. Wir werden durch gar nichts
zurückgestossen, gar nichts stört uns, das Böse hört für uns auf zu existieren;
unglücklich sein können wir nicht mehr. Die Schwachheit überfällt uns nicht
mehr, und in Seinem Namen und um Seinetwillen werden wir befähigt sein,
Wunder zu wirken. Das kosmische Bewusstsein ist der Anruf an unser Leben.
Wir wollen unser Leben hier auf Erden in diesem Bewusstsein führen, in diese
Verwirklichung hineinkommen. Wir müssen als übermenschliche Wesen hier
leben, dann werden wir auch in unseren geschäftlichen Angelegenheiten Erfolg
haben, werden bessere Schriftsteller, bessere Philosophen sein; wir werden
wirkliche Künstler und auch wirkliche Väter und Mütter sein und richtige Bürger in
diesem Weltall.
Es ist das Wichtigste, dass wir die Kenntnis dieses essentiellen Wesens, dieses
Bewusstseins, das in allen Dingen und Wesen und in uns selber ist, erwerben.
Dies zu erreichen ist nicht schwer. Die gewöhnliche Art zu denken und zu fühlen
muss sich wandeln. Das Gemüt darf uns nicht länger regieren, sondern das
Gottbewusstsein, die innere Geduld, Langmut und alle inneren Fähigkeiten
müssen nun aktiv sein. Wir müssen ein Leben führen, in dem es den inneren
Kräften gestattet wird, uns zu durchströmen. Ein intensives Gewahrwerden des
Unendlichen, das sich überall in uns und um uns kundgibt, muss es ermöglichen,
dass die kosmische Schau unser ganzes Leben steuert. Wir müssen in den
weitesten Gefühlen leben und jeden Tag eine kosmische Anbetung durchführen.
Wie können wir eine kosmische Anbetung durchführen, um das Gottbewusstsein
zu erlangen? Sobald wir vorhaben, Gesundheit und Kraft für uns selbst zu
erbitten, müssen wir sofort unser Herz auftun und alle Wesen der Erde
miteinschliessen - auch unsere Feinde. Wir beten um Gesundheit und
Wohlergehen für alle Menschen in der ganzen Welt: in Australien, in Europa und
Asien, überall. Auch für alle Wesen in den jenseitigen Welten müssen wir
Wohlbefinden erbitten und ihnen wünschen, dass sie frei werden von Leid und
Übel und in den Frieden kommen. Es gibt so viele Wesen rings um uns, auf die
wir bewusst unsere Gebete um Frieden und Erlösung ausrichten müssen: es
sind die Geistwesen und Dämonen da, die Bäume und Vögel, für die wir um
Glück, Frieden und Befreiung bitten. Das ist eine einfache Tätigkeit. Sie kostet
uns keinen Pfennig. Sie setzt nicht voraus, dass wir das Haus verlassen und
irgendwo einen Gottesdienst abhalten, wir können auch im Bett sein, während
wir dieses universale Wirken im Dienst der kosmischen Liebe durchführen.
Sogar auf der Strasse oder im Garten können wir diese Anbetung vollziehen. Wo
immer wir sind, in welcher Situation wir uns auch befinden, es ist immer möglich,
von unserem Herzen aus dieses universale Segnen durchzuführen: Möge Friede
sein dem Osten, möge Friede sein dem Westen und Süden und Norden!
Wenden wir uns an das allsehende, allwissende, all-liebende kosmische
Bewusstsein in der beschriebenen Art und Weise! Diese Haltung wird
menschlichen Frieden sowie auch Kräfte in uns hervorrufen. Von unserem
Körper, den Fingern und den Händen aus soll diese Segnung zu allem
hinausgehen, für alle Wesen.
Wir sollen diese allsehende, allmächtige Energie in uns und um uns herum
empfinden. Fragen wir unsere Intelligenz, wer die wunderbaren Blumen
geschaffen hat: es ist die Natur, die sie hervorgebracht hat. Und was ist hinter
der Natur? Eine unendliche Energie und ein Bewusstsein, ein grosser
unsichtbarer Künstler, eine göttliche Kraft, die unendliche Dinge hervorbringt von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Wir sollen dieser Macht, die die Blumen geschaffen hat,
danken und sie anbeten. Alle Blumen in allen Kontinenten bringen wir innerlich
der Gottheit dar, sogar die Blumen, die die Erde noch nicht hervorgebracht hat.
Alles Schöne, Freudige, Wunderbare wollen wir so der Gottgegenwart
darbringen! Erweitern wir unsere Gefühle, erheben wir uns über die Enge
unserer Existenz.
Alle unsere Handlungen sollen kosmisch werden in ihrer Bedeutung, unser
ganzes Wesen soll durchflutet werden von Verständnis, von Liebe, von göttlicher
Vision. Auch alle unsere Mahlzeiten sollen wir zuerst der Gottheit darbieten. Wir
sollen unsere Hände ausweiten, Segnungen aus ihnen ausströmen lassen und
alle Menschen mit Augen anschauen, die segnen. Engherzigkeit, Hass oder
Antipathie müssen wir ganz ablegen. Wir müssen sogar die Schönheit der
Gottheit in den Augen des hässlichen Mädchens erkennen. Wenn eine Frau ins
Auto steigt, müssen wir die Liebe in ihrem Herzen bewundern, anstatt sie als ein
irdisches Wesen anzusehen; wir müssen die Gottheit sehen, welche die Quelle
ihrer Anmut ist. Wir müssen die Gottheit verehren, welche die Quelle ihrer
mütterlichen Liebe ist. Wir müssen kraft unserer Erkenntnis im Herzen eins mit
ihr werden, aus der Erfahrung heraus, dass das Licht des Unendlichen in ihrem
Herzen auch das Licht in unserem Herzen ist. Sie ist nicht nur Schwester, sie ist
auch eine Göttin, die unendliche Anmut, Kraft und Schönheit in sich birgt.
Vielleicht ist sie ganz unwissend in bezug auf sich selbst, vielleicht ist sie nicht
sehr klug, weil sie sich nur mit ihren persönlichen Angelegenheiten abgibt; aber
wir sollen nicht in Unwissenheit verfallen. Wir möchten das kosmische
Bewusstsein, wir möchten endlose Kräfte haben und möchten, dass Gott in uns
lebt und durch uns wirkt. Deshalb müssen wir unsere Augen erziehen, unsere
Gefühle veredeln; wir müssen die zentrale Wahrheit aller Existenz verwirklichen.
Diese zentrale innere Wahrheit ist, dass diese Frau gut ist, dass sie die endlose
Schönheit der unendlichen Gottheit ist. Darum müssen wir mit unserem ganzen
Wesen das kosmische Sein in dieser Frau anbeten. Das ist eine der Tätigkeiten,
welche uns dem kosmischen Bewusstsein entgegenführt.
Andere Methoden zur Erlangung dieses Bewusstseins sind bereits angeführt
worden. Wenn wir ein Kind anblicken, vergessen wir, dass es ein irdisches
Wesen ist. Wir sehen es an mit den Augen Gottes, als Gott; eher wird es uns
nicht möglich sein, Gott in uns zu erleben. Wir müssen Gottes Wesen durch uns
offenbaren, bevor wir Gott realisieren können. Wir müssen die alles umfassende
Schau der göttlichen Gegenwart so gründlich einüben, bis sie uns zur ständigen
lebendigen Erfahrung geworden ist. Erst dann können wir den Anspruch
erheben, das kosmische Bewusstsein erlangt zu haben. Wir müssen das innere
Wesen des Kindes entdecken, die Art, wie es sieht, nachvollziehen, die Reinheit
des Herzens wiedergewinnen und darin den Glanz und die Schönheit der
höchsten Gottheit sehen.
Entscheidend ist nicht, ob wir an einer katholischen oder protestantischen Kirche
vorbeigehen, und es ist auch gleichgültig, ob wir einen Hindutempel betreten. Wir
müssen sie alle ansehen als eine Stätte der Erfahrung Gottes, die uns dort nur
zuteil werden kann, wenn wir Gott in unserem ganzen Sein und Wesen erleben.
Unsere Erfahrungen dürfen nicht auf die Kirche beschränkt sein, denn auch im
Klub, im Haus, im Restaurant müssen wir dieselbe Erfahrung machen. Wenn wir
essen, müssen wir die Speisen jener Gegenwart weihen, welche sieht, dass wir
das Essen einnehmen. Das tun wir in Gedanken an das Wohlergehen, den
Frieden und die Freude der ganzen Menschheit. Jede unserer Erfahrungen
müssen wir in diesem Sinne vergöttlichen. Durch diese Einstellung wird eine
unbegrenzte Kraft in unsere ganze Umgebung einströmen. Und weil wir allen
Kindern und der ganzen Menschheit Gesundheit, Wohlergehen, Kraft und
Frieden gewünscht haben, werden diese Kräfte nun auch unseren eigenen
Kindern zuteil werden. Immer müssen wir uns an diese höchste Wahrheit
erinnern. In allem, was wir tun, werden wir ständig von dem unendlichen Geist
der höchsten Gottheit beobachtet. Somit segnen wir uns selbst, indem wir alle
segnen. Auch die Liebe zu uns selbst wird dadurch besser, dass wir alle lieben.
So dienen wir uns also am besten, wenn wir allen dienen, erleben Gottes Kraft
und Gegenwart am besten in uns selbst, indem wir die Gottgegenwart in allen
andern sehen. Schaut die Vögel, wie sie fliegen! Voll Verehrung sehen wir
diesem Schauspiel zu und sind uns bewusst, dass die Gottheit in diesen Vögeln
dahinfliegt. Gebt dem leeren Raum um euch herum die Hand. Sprecht zum
leeren Raum, denn er ist voll der Mächte der Schönheit, der Herrlichkeit des
allwirkenden Gottes. Dadurch werden unsere Gefühle weit, unser Leben wird
von innen her bereichert, unser Bewusstsein wird sich immer höher erheben und
ausweiten. Dann wird der unsichtbare Gott für uns sichtbar und die unsichtbare
Macht uns selbst bewusst. Die unerschöpfliche Herrlichkeit, der Friede der
unsichtbaren Gottheit wird ein Teil unserer Erfahrung werden. Deshalb lasst uns
immer mehr im Bewusstsein der allgegenwärtigen, allweisen und allmächtigen
Gottheit leben.
Alle unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen, unser ganzes Leben, sollte
aus diesem Bewusstsein der Gottheit um uns herum hervorgehen. Lasst unser
Gemüt verströmen im Bewusstsein dieser unsagbar herrlichen Macht! Lasst uns
aufgehen im Bewusstsein ihrer erhabenen Gegenwart und Segnung! Das ganze
göttliche Gemüt soll durch unser Gemüt hindurch denken, sehen und handeln.
Möge sein liebreiches, allsegnendes Herz ganz in unserem Herzen leben. Möge
sich die Vollkommenheit Gottes in unserem eigenen gesegneten Leben
offenbaren.
Setzen wir dieses Tun fort während eines Monats, eines Jahres oder während
zehn Jahren, so können wir sicher sein, dass wir als Gott auf Erden wandeln
werden, und Gott wird mit uns sein, und die wilden Tiere werden in unserer Nähe
ruhig werden. Alle Unglücksfälle, Sorgen, Belastungen, aller Kummer werden
aus unserem Leben weichen. Überall, wo wir uns aufhalten, werden die
Menschen Glück und Frieden in unserer Gegenwart finden. Wo wir hingehen,
kann es keine böse Gegenwart und keine schlechten Taten geben. Nichts
Disharmonisches, Störendes kann sich ereignen. Die ganze Vollkommenheit und
Schönheit des Göttlichen wird unsere unmittelbare Erfahrung bilden. Alle diese
Wunder des Reiches Gottes sind viel wirklicher als die Gegenstände dieses
Zimmers. Als Swami bin ich ständiger Zeuge dieser Gottgegenwart. Wenn uns
dies widerfährt, werden wir erleben, dass die Dinge zu uns sprechen. Wir werden
übermenschliche Mächte und Persönlichkeiten sehen und ihre Dienste in
Anspruch nehmen. Wenn unser Gottbewusstsein sich noch mehr entwickelt,
können wir überall in der Welt anwesend sein, obwohl unser Körper sich in
diesem Raum befindet. Während unser Körper hier ist, werden alle Kräfte
unseres Bewusstseins Zeuge sein können all dessen, was in andern Welten
geschieht.
Während wir in einer Welt leben, die von Raum und Zeit bedingt ist, werden wir
in dem zeitlosen, bedingungslosen Zustand sein, der keiner räumlichen Bindung
unterworfen ist. So wie wir eine Banane schälen, können wir unser Bewusstsein
vom Körper lösen und es irgendwo offenbar machen, und alle unsichtbaren
Welten werden für uns sichtbar werden. Erst dann werden wir wirkliche
Menschen sein. Dann sind wir wirklich göttlich, dann werden wir ein Bestandteil
der wunderbaren, herrlichen, friedlichen, glücklichen, vollkommenen Gottheit.
Alles, was im Universum ist, wird hier sein, und alles, was hier ist, wird zugleich
universell sein. Dann werden wir im ewigen Jetzt leben und im ewigen Hier.
Möge unsere Reinheit, unsere Erziehung, unser Streben, die Bemeisterung
unseres Gemüts und unser Bewusstsein, mögen unsere universalen Gefühle
und innere Erleuchtung uns helfen, das kosmische Bewusstsein zu erlangen. Wir
müssen hier auf Erden als Übermenschen leben und wirken, als Individuen voll
von Gottesbewusstsein, erfüllt von einer ungeheuren Kraft und Energie der
Unsterblichkeit unseres Wesens. Wenn dies geschieht, werden wir nirgends
mehr Unglück sehen, nirgends Not und was wir dunkel oder böse nennen. Das
ist unsere grosse Bestimmung. Und diese Bestimmung ist bereits in unserer
Handfläche eingeprägt. Wenn diese höheren Mächte unseres inneren Wesens
sich entfalten, werden wir gesegnet sein, voll Energie. Wir werden mehr Kräfte
haben, um auch schwierigen Aufgaben gewachsen zu sein. Wir werden den
Himmel in unseren Augen haben, wo immer wir hingehen.
Es gibt natürlich auch einige geheime Methoden, um das kosmische
Bewusstsein zu erlangen, aber sie sind nicht für die Öffentlichkeit. Die meisten
von uns sind bereits auf dem Pfad. Gott hat alles aufgezeichnet, was wir getan
und gefühlt haben. Er kennt unsere Bedürfnisse, er wird uns viele Hilfsmittel
zuteil werden lassen, so dass die Vollkommenheit unserer Herzen offenbar
werden kann. Wenn Er es für notwendig hält, dass wir in einen mystischen Weg
eingeweiht werden, der uns innerhalb von wenigen Monaten das kosmische
Bewusstsein vermitteln kann, wird Er es tun. Lasst uns geduldig sein, erfüllt von
hohem Streben und edler Gesinnung; lasst uns immer mehr die inneren
Bedürfnisse unseres Gemüts und Herzens erkennen, die Liebe, die unsere
Gefühle veredelt und unsere innere Schau hoch und erhaben macht, damit wir
empfänglich werden für die Gegenwart des Unendlichen. Dann wird Gott alle die
Möglichkeiten in unsere Nähe bringen, um rasch das kosmische Bewusstsein zu
erlangen.
ERKENNTNISWERKZEUGE
Die körperlichen Sinne sind so beschaffen, dass sie die Erfahrung der
physikalischen Welt vermitteln. Können wir die Gefühle eines Menschen mit der
Hand berühren? Können wir mit den physischen Augen die Gedanken im Geist
eines anderen sehen? Gewiss nicht. Die körperlichen Sinnesorgane bringen nur
eine physikalisch-materielle Welt in Erfahrung. Um die Gefühle im Herzen eines
anderen Menschen kennenzulernen, müssen wir die Fähigkeiten unseres
emotionalen Wesens und unseres Herzens einsetzen. Um zu erfahren, welcher
Art die Gedanken sind, die dem anderen durch den Kopf gehen, müssen wir die
psychologischen Fähigkeiten in uns gebrauchen.
Um Gott all-überall zu erleben oder - umgekehrt - um die Welt mit ihren vielen
Dingen so, wie sie an sich und in ihrem eigentlichen inneren Wesen sind, in
Erfahrung zu bringen, sind die körperlichen Sinne und Fähigkeiten unbrauchbar.
Auch unsere psychologischen und emotionalen Fähigkeiten und Kräfte können
uns bei dieser Erfahrung nicht weiterhelfen. Das Gemüt ist hilflos, wenn es
darum geht, das Angesicht Gottes zu schauen, und jede innerhalb des
Gemütsbereiches liegende Fähigkeit ist deshalb auch ausserstande, uns
irgendwelche Hilfe zu leisten, wenn es darum geht, Gott zu schauen oder -
umgekehrt - die Welt und das All zu erblicken, wie sie an sich sind.