Omkarananda Swami - Das Kosmische Bewusstsein

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Swami Omkarananda

Das kosmische Bewusstsein

INHALTSVERZEICHNIS
● Kosmisches Bewusstsein
● Alles ist Gott
● Erkenntniswerkzeuge
● Die in uns liegende Fähigkeit zur Gotterfahrung
● Wie steht es mit den Heiligen, die Gott mit ihren leiblichen Augen gesehen haben?
● Innere Reinheit und Umwandlung tragen zum Offenbarwerden der höheren Bewusstseinskräfte bei
● Es gibt viele Wege, um dieses Bewusstsein schneller zu erreichen
● Die Ausbildung der Fähigkeit, unsere Erfahrung immer mehr auszuweiten
● Das Durchlichten des Gemüts mit geistigen Wahrheiten
● Läuterung des inneren Wesens
● Wie wir die Gottgegenwart beständig zu spüren bekommen
● Das Zur-Ruhe-bringen der Sinne und des Gemüts
● Betrachtung unseres Selbst in Beziehung zum Unendlichen
● Erwecken wir ständig in uns das Gefühl, dass Gott immer bei uns ist
● Das Verharren im objektlosen Bewusstsein
● Sechzehn Schritte zum kosmischen Bewusstsein

KOSMISCHES BEWUSSTSEIN
In uns allen wohnt eine absolute Vollkommenheit und unendlicher Friede. Das ist
die Wahrheit meiner Erfahrung. Dies ist die tägliche Erfahrung meines Lebens.
Und morgen wird es die Erfahrung Ihres Lebens sein. Alles, was sich in diesem
leeren Raum auf uns bezieht, ist eine unsichtbare Gottheit. Diese Tische, Stühle,
alles, was wir mit den physischen Augen sehen, ist letztlich in seiner
Zusammensetzung, in all seinen Atomen die Offenbarung des ewigen Lichtes.
Überall erfahren wir die alles-sehende Intelligenz, und diese Intelligenz war da
seit Millionen von Jahren, diese Intelligenz ist der Hintergrund aller
Offenbarungen. Und zugleich ist sie die höchste Gottheit aller von Liebe erfüllten
Herzen. In ihr sind wir vollkommen. Sie ist die verborgene, geheimnisvolle
Wirklichkeit, die die Grundlage allen Lebens bildet. Sie ist Ursache und Quelle
aller Offenbarungen, welche wir mit den physischen Augen wahrnehmen. Wo
immer wir hinblicken, überall da, wo wir unsere Gefühle vergeistigen und wo
unser Bewusstsein sich ausweitet, überall dort erleben wir die unendliche
Schönheit und Freude des höchsten Wesens. Hier geht es nicht um eine blosse
Behauptung, sondern um lebendige Erfahrung; wir sind jeden Tag Zeuge der
unendlichen Gottheit, und morgen werden auch Sie Zeugen dieser Wirklichkeit
und Offenbarungen sein.
Tausende von grossen Menschen haben durch die Jahrhunderte hindurch
dieses göttliche Bewusstsein erlangt. Sie haben erfahren, dass die ganze Welt
nur eine Offenbarung dessen ist, was sie im eigenen Herzen tragen. Wir erleben
heute die Wunder dieser Offenbarung und deren unendliche Schönheit. So ist es
wahr, dass Sie gerade jetzt in Ihrem innersten Sein ganz von Gottbewusstsein
erfüllt und von diesem Licht, von Seinem Frieden, Seiner Freude durchdrungen
sind. Diese Erfahrung wird uns nicht zuteil, solange wir auf unsere Sinne
beschränkt bleiben, welche uns das Universum in ihrer Art darstellen. Überall
werden wir nur dem Angesicht des Unendlichen begegnen, aber nur dann, wenn
wir unser Bewusstsein von der Begrenzung der körperlichen Sinne freimachen.
Nur dann, wenn wir unsere Liebe von den körperlichen Begrenzungen lösen, um
das Göttliche erleben zu können. Die Begrenzungen, die wir noch heute im
Leben erfahren, sind nicht unvermeidlich, sie können durchbrochen werden;
dann wird die Erfahrung des Göttlichen uns sofort zuteil, und alle die Wunder,
welche die Ursache der Wunder des Weltalls und der Befreiung von Zeit und
Raum sind, werden sich uns erschliessen. Wir werden imstande sein, damit zu
arbeiten, es wird uns möglich sein, in unendlicher Kraft und Energie zu leben;
aber was dabei wesentlich ist: Wir müssen aufgeben, ein normales Leben in
normaler, das heisst mittelmässiger Art und Weise zu leben.
Wir müssen auf unsere kleinen, kleinlichen Erfahrungen verzichten. Wir müssen
bereit sein, uns eine grosse, ganzheitliche Sicht anzueignen. Wir müssen zu
einer grossen Liebe bereit sein, einer Liebe, welche alle Wesen als Ausdruck der
Gottheit umfasst. Je grösser, erhabener unser Denken, je göttlicher unsere
Gefühle sind, je weniger wir unser persönliches Ich an die Dinge dieser Erde
verlieren, um so mehr wird unser Bewusstsein der Wirklichkeit wachsen. Wir
werden dann ein unfehlbares Bewusstsein der unendlichen Dinge bekommen.
Unser Bewusstsein wird sich weiten, unsere Art zu leben wird sich verändern.
Das wird dazu führen, dass wir etwas von dem göttlichen Bewusstsein erleben,
das in uns allen ist. Und wenn wir erst anfangen, Erfahrungen zu machen, sie zu
fühlen und zu verwirklichen, wenn wir dieses unendliche Bewusstsein in der
ganzen Natur erfassen, in der ganzen Menschheit, in allen Wesen und zu allen
Zeiten, und diese Erkenntnis in allen Lebensumständen beibehalten, dann wird
die Möglichkeit der Erfahrung des kosmischen Bewusstseins uns immer näher
kommen. Das kosmische Bewusstsein ist unser normaler Zustand. Unsere
körperlichen Begrenzungen dauern nicht lange, aber während wir darin
eingesperrt sind, besteht die Erfahrung des Unglücklichseins, des Irrtums, des
Verlorenseins. Je mehr wir uns von den Begrenzungen dieses menschlichen
Bewusstseins entfernen, je mehr wir unsere Gefühle verfeinern, je mehr wir
unsere kleinlichen Wünsche ausweiten in eine grosse Liebe, je mehr wir fähig
sind, unser kleines Gesichtsfeld zu einer grossen Vision zu entfalten, um so eher
wird es uns möglich, das kosmische Bewusstsein zu erfahren, das ja bereits in
unserem inneren Wesen angelegt ist.
Das normale Individuum erfährt die Welt beständig mittels seiner Sinne durch
sein Gemüt, mit dem Resultat, dass diese Erfahrung mehr Schmerz einbringt als
Freude, dass Unwissenheit da ist statt Erkenntnis. Diese Sinnenverflechtung
ermöglicht die Erfahrung des Übels und des Bösen. Sie will uns auf die kleinen
Wirklichkeiten, wie Leid und Tod, festlegen. Deshalb ist dieses kleine
Bewusstsein nicht unser natürliches. Solange wir darin verstrickt sind, werden
wir hilflos und unglücklich sein; und je schneller wir uns von dieser
Umklammerung lösen, desto besser für uns. Es ist uns möglich, dass wir uns
von diesen Schwächen und diesem Versagen frei machen. Es ist sogar möglich,
in unserem täglichen Leben zum kosmischen Bewusstsein durchzudringen. Und
wenn das geschieht, dann werden wir dieses unendliche Bewusstsein als die
einzige Realität unseres Lebens empfinden. Alles, was wir dann sehen und
erleben, ist dieselbe Wirkung des unendlichen göttlichen Lichtes und seiner
Macht.
Je mehr wir nun in diesem Zustand der Verwirklichung des ewigen Seins leben,
desto mehr wird unser innerer Zustand ein glücklicher, friedlicher, vollkommener
sein: wenn wir uns in dieser Richtung weiterentwickeln, wenn wir unser Gemüt
und unser ganzes Leben durch dieses kosmische Sein bestimmen lassen, dann
werden wir imstande sein, mit den universalen Mächten umzugehen. Dann
werden wir die Geheimnisse des kosmischen Geistes jenseits dieses irdischen
Universums entschleiern. Wir werden imstande sein, die Weisheit einer
unendlichen Liebe zu erleben, die hier und dort und überall wirkt. In allen
Lebensbedingungen, in allen Zuständen des Lebens werden wir eine
unbegrenzte Freude und Liebe des inneren Wesens erfahren, und das ist unsere
Bestimmung.
Dies müssen wir erreichen. Es ist sogar unsere Pflicht, es zu erlangen. Es gibt
Hunderte von Methoden, dazu zu gelangen. Man kann es in einem Jahr
erreichen, man kann ein paar Monate dazu brauchen, aber sogar ein Tag kann
genügen. Es hat aussergewöhnliche Persönlichkeiten gegeben, die diesen
Zustand in drei Stunden oder sogar in drei Minuten erreicht haben. Alles hängt
davon ab, in welcher Weise wir uns dafür vorbereitet haben, wie gross die
Reinheit unseres Herzens ist, wie glänzend und rein und verfeinert unser
Denken und Fühlen ist, in welcher Weise unsere Wünsche und Pläne sublimiert
worden sind und wie gross unsere Sehnsucht gewesen ist nach der Erfahrung
der einen unendlichen Macht in uns, um uns und über uns.
Welche Schritte haben wir unternommen, um die Versklavung durch unsere
Sinne zu brechen? Wie bewegt sind wir, wenn wir die Sonne aufgehen sehen
oder den Flug der Vögel beobachten? Welches ist unsere Einstellung dazu?
Unter welchen Gesichtspunkten betrachten wir Menschen und Dinge? Worin
besteht unsere innere Schau? Was ist unsere innere Einstellung? Alle diese
Faktoren bestimmen die Möglichkeit einer Erfahrung des Göttlichen. Wenn alles,
was in uns ist, verfeinert, veredelt ist, wenn alles glänzend geworden ist und
empfänglich für die Gnade der allsehenden Gottheit, dann kommen die inneren
Gaben der Intuition, der Inspiration, der Erleuchtung zur Wirkung. Überall wo wir
hingehen, werden wir in Gottes Licht wandeln. Wir werden gehen mit der
Weisheit in unserem Herzen, die unendlich ist, und wir werden die Liebe zum
Ausdruck bringen, welche alles einschliessend, allumfassend, unbegrenzt ist.
Dann wird unser Leben ein Spiel des kosmischen Bewusstseins.
Wo immer unsere Augen hinblicken, werden sie überall das sanfte Angesicht des
unendlichen Wesens schauen. Unser wahres Wesen, unser essentielles Sein,
die ganze Wahrheit unseres inneren Lebens ist die unendliche Freude, der
Friede und die Vollkommenheit der Gottheit. Je mehr wir uns unseres
eigentlichen Wesens bewusst sind, je mehr unsere Gedanken und Gefühle in
Richtung dieser Erfahrung gehen, desto mehr werden wir alle äusseren Dinge
meistern, um so mehr werden wir auf die Quelle stossen, die unerschöpflich ist.
Je grösser also unsere Bemühungen in dieser Richtung sind, desto grösser
werden die Möglichkeiten, im Reiche Gottes zu leben, schon hier auf Erden.
Damit erschliessen sich uns auch die Möglichkeiten, unser kosmisches
Bewusstsein im täglichen Leben zum Ausdruck zu bringen. Das kosmische
Bewusstsein ist nichts anderes als das Bewusstsein, das sich überall in den
Gegenständen, in der Natur, in den Vögeln, in allem befindet. Es ist ein
intensives Erkennen und Bewusstwerden der göttlichen Gegenwart, die in allem
Sichtbaren zum Ausdruck kommt. Dieses Etwas ist in der Natur, in der
aufgehenden Sonne, im blauen Meer, in der ganzen Menschheit, in allen Dingen,
welche das physische Universum ausmachen. Mittels unserer irdischen Augen
werden wir mit dem kosmischen Bewusstsein schauen. Wir müssen dieses
göttliche kosmische Bewusstsein überall als gegenwärtig erkennen. Und wenn
wir einmal so weit sind, dann haben wir ein uneingeschränktes, ganzheitliches
Schauen und eine grosse Weisheit in uns. Und diese Fähigkeiten machen uns
vollkommen zum Herrn aller Umstände.
Wenn unsere Augen voll dieses kosmischen Bewusstseins sind, gibt es keine
Erfahrung, kein Ereignis, das uns im Leben schaden könnte. Schmerz und
Freude haben keinen Einfluss auf uns. Wir werden durch gar nichts
zurückgestossen, gar nichts stört uns, das Böse hört für uns auf zu existieren;
unglücklich sein können wir nicht mehr. Die Schwachheit überfällt uns nicht
mehr, und in Seinem Namen und um Seinetwillen werden wir befähigt sein,
Wunder zu wirken. Das kosmische Bewusstsein ist der Anruf an unser Leben.
Wir wollen unser Leben hier auf Erden in diesem Bewusstsein führen, in diese
Verwirklichung hineinkommen. Wir müssen als übermenschliche Wesen hier
leben, dann werden wir auch in unseren geschäftlichen Angelegenheiten Erfolg
haben, werden bessere Schriftsteller, bessere Philosophen sein; wir werden
wirkliche Künstler und auch wirkliche Väter und Mütter sein und richtige Bürger in
diesem Weltall.
Es ist das Wichtigste, dass wir die Kenntnis dieses essentiellen Wesens, dieses
Bewusstseins, das in allen Dingen und Wesen und in uns selber ist, erwerben.
Dies zu erreichen ist nicht schwer. Die gewöhnliche Art zu denken und zu fühlen
muss sich wandeln. Das Gemüt darf uns nicht länger regieren, sondern das
Gottbewusstsein, die innere Geduld, Langmut und alle inneren Fähigkeiten
müssen nun aktiv sein. Wir müssen ein Leben führen, in dem es den inneren
Kräften gestattet wird, uns zu durchströmen. Ein intensives Gewahrwerden des
Unendlichen, das sich überall in uns und um uns kundgibt, muss es ermöglichen,
dass die kosmische Schau unser ganzes Leben steuert. Wir müssen in den
weitesten Gefühlen leben und jeden Tag eine kosmische Anbetung durchführen.
Wie können wir eine kosmische Anbetung durchführen, um das Gottbewusstsein
zu erlangen? Sobald wir vorhaben, Gesundheit und Kraft für uns selbst zu
erbitten, müssen wir sofort unser Herz auftun und alle Wesen der Erde
miteinschliessen - auch unsere Feinde. Wir beten um Gesundheit und
Wohlergehen für alle Menschen in der ganzen Welt: in Australien, in Europa und
Asien, überall. Auch für alle Wesen in den jenseitigen Welten müssen wir
Wohlbefinden erbitten und ihnen wünschen, dass sie frei werden von Leid und
Übel und in den Frieden kommen. Es gibt so viele Wesen rings um uns, auf die
wir bewusst unsere Gebete um Frieden und Erlösung ausrichten müssen: es
sind die Geistwesen und Dämonen da, die Bäume und Vögel, für die wir um
Glück, Frieden und Befreiung bitten. Das ist eine einfache Tätigkeit. Sie kostet
uns keinen Pfennig. Sie setzt nicht voraus, dass wir das Haus verlassen und
irgendwo einen Gottesdienst abhalten, wir können auch im Bett sein, während
wir dieses universale Wirken im Dienst der kosmischen Liebe durchführen.
Sogar auf der Strasse oder im Garten können wir diese Anbetung vollziehen. Wo
immer wir sind, in welcher Situation wir uns auch befinden, es ist immer möglich,
von unserem Herzen aus dieses universale Segnen durchzuführen: Möge Friede
sein dem Osten, möge Friede sein dem Westen und Süden und Norden!
Wenden wir uns an das allsehende, allwissende, all-liebende kosmische
Bewusstsein in der beschriebenen Art und Weise! Diese Haltung wird
menschlichen Frieden sowie auch Kräfte in uns hervorrufen. Von unserem
Körper, den Fingern und den Händen aus soll diese Segnung zu allem
hinausgehen, für alle Wesen.
Wir sollen diese allsehende, allmächtige Energie in uns und um uns herum
empfinden. Fragen wir unsere Intelligenz, wer die wunderbaren Blumen
geschaffen hat: es ist die Natur, die sie hervorgebracht hat. Und was ist hinter
der Natur? Eine unendliche Energie und ein Bewusstsein, ein grosser
unsichtbarer Künstler, eine göttliche Kraft, die unendliche Dinge hervorbringt von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Wir sollen dieser Macht, die die Blumen geschaffen hat,
danken und sie anbeten. Alle Blumen in allen Kontinenten bringen wir innerlich
der Gottheit dar, sogar die Blumen, die die Erde noch nicht hervorgebracht hat.
Alles Schöne, Freudige, Wunderbare wollen wir so der Gottgegenwart
darbringen! Erweitern wir unsere Gefühle, erheben wir uns über die Enge
unserer Existenz.
Alle unsere Handlungen sollen kosmisch werden in ihrer Bedeutung, unser
ganzes Wesen soll durchflutet werden von Verständnis, von Liebe, von göttlicher
Vision. Auch alle unsere Mahlzeiten sollen wir zuerst der Gottheit darbieten. Wir
sollen unsere Hände ausweiten, Segnungen aus ihnen ausströmen lassen und
alle Menschen mit Augen anschauen, die segnen. Engherzigkeit, Hass oder
Antipathie müssen wir ganz ablegen. Wir müssen sogar die Schönheit der
Gottheit in den Augen des hässlichen Mädchens erkennen. Wenn eine Frau ins
Auto steigt, müssen wir die Liebe in ihrem Herzen bewundern, anstatt sie als ein
irdisches Wesen anzusehen; wir müssen die Gottheit sehen, welche die Quelle
ihrer Anmut ist. Wir müssen die Gottheit verehren, welche die Quelle ihrer
mütterlichen Liebe ist. Wir müssen kraft unserer Erkenntnis im Herzen eins mit
ihr werden, aus der Erfahrung heraus, dass das Licht des Unendlichen in ihrem
Herzen auch das Licht in unserem Herzen ist. Sie ist nicht nur Schwester, sie ist
auch eine Göttin, die unendliche Anmut, Kraft und Schönheit in sich birgt.
Vielleicht ist sie ganz unwissend in bezug auf sich selbst, vielleicht ist sie nicht
sehr klug, weil sie sich nur mit ihren persönlichen Angelegenheiten abgibt; aber
wir sollen nicht in Unwissenheit verfallen. Wir möchten das kosmische
Bewusstsein, wir möchten endlose Kräfte haben und möchten, dass Gott in uns
lebt und durch uns wirkt. Deshalb müssen wir unsere Augen erziehen, unsere
Gefühle veredeln; wir müssen die zentrale Wahrheit aller Existenz verwirklichen.
Diese zentrale innere Wahrheit ist, dass diese Frau gut ist, dass sie die endlose
Schönheit der unendlichen Gottheit ist. Darum müssen wir mit unserem ganzen
Wesen das kosmische Sein in dieser Frau anbeten. Das ist eine der Tätigkeiten,
welche uns dem kosmischen Bewusstsein entgegenführt.
Andere Methoden zur Erlangung dieses Bewusstseins sind bereits angeführt
worden. Wenn wir ein Kind anblicken, vergessen wir, dass es ein irdisches
Wesen ist. Wir sehen es an mit den Augen Gottes, als Gott; eher wird es uns
nicht möglich sein, Gott in uns zu erleben. Wir müssen Gottes Wesen durch uns
offenbaren, bevor wir Gott realisieren können. Wir müssen die alles umfassende
Schau der göttlichen Gegenwart so gründlich einüben, bis sie uns zur ständigen
lebendigen Erfahrung geworden ist. Erst dann können wir den Anspruch
erheben, das kosmische Bewusstsein erlangt zu haben. Wir müssen das innere
Wesen des Kindes entdecken, die Art, wie es sieht, nachvollziehen, die Reinheit
des Herzens wiedergewinnen und darin den Glanz und die Schönheit der
höchsten Gottheit sehen.
Entscheidend ist nicht, ob wir an einer katholischen oder protestantischen Kirche
vorbeigehen, und es ist auch gleichgültig, ob wir einen Hindutempel betreten. Wir
müssen sie alle ansehen als eine Stätte der Erfahrung Gottes, die uns dort nur
zuteil werden kann, wenn wir Gott in unserem ganzen Sein und Wesen erleben.
Unsere Erfahrungen dürfen nicht auf die Kirche beschränkt sein, denn auch im
Klub, im Haus, im Restaurant müssen wir dieselbe Erfahrung machen. Wenn wir
essen, müssen wir die Speisen jener Gegenwart weihen, welche sieht, dass wir
das Essen einnehmen. Das tun wir in Gedanken an das Wohlergehen, den
Frieden und die Freude der ganzen Menschheit. Jede unserer Erfahrungen
müssen wir in diesem Sinne vergöttlichen. Durch diese Einstellung wird eine
unbegrenzte Kraft in unsere ganze Umgebung einströmen. Und weil wir allen
Kindern und der ganzen Menschheit Gesundheit, Wohlergehen, Kraft und
Frieden gewünscht haben, werden diese Kräfte nun auch unseren eigenen
Kindern zuteil werden. Immer müssen wir uns an diese höchste Wahrheit
erinnern. In allem, was wir tun, werden wir ständig von dem unendlichen Geist
der höchsten Gottheit beobachtet. Somit segnen wir uns selbst, indem wir alle
segnen. Auch die Liebe zu uns selbst wird dadurch besser, dass wir alle lieben.
So dienen wir uns also am besten, wenn wir allen dienen, erleben Gottes Kraft
und Gegenwart am besten in uns selbst, indem wir die Gottgegenwart in allen
andern sehen. Schaut die Vögel, wie sie fliegen! Voll Verehrung sehen wir
diesem Schauspiel zu und sind uns bewusst, dass die Gottheit in diesen Vögeln
dahinfliegt. Gebt dem leeren Raum um euch herum die Hand. Sprecht zum
leeren Raum, denn er ist voll der Mächte der Schönheit, der Herrlichkeit des
allwirkenden Gottes. Dadurch werden unsere Gefühle weit, unser Leben wird
von innen her bereichert, unser Bewusstsein wird sich immer höher erheben und
ausweiten. Dann wird der unsichtbare Gott für uns sichtbar und die unsichtbare
Macht uns selbst bewusst. Die unerschöpfliche Herrlichkeit, der Friede der
unsichtbaren Gottheit wird ein Teil unserer Erfahrung werden. Deshalb lasst uns
immer mehr im Bewusstsein der allgegenwärtigen, allweisen und allmächtigen
Gottheit leben.
Alle unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen, unser ganzes Leben, sollte
aus diesem Bewusstsein der Gottheit um uns herum hervorgehen. Lasst unser
Gemüt verströmen im Bewusstsein dieser unsagbar herrlichen Macht! Lasst uns
aufgehen im Bewusstsein ihrer erhabenen Gegenwart und Segnung! Das ganze
göttliche Gemüt soll durch unser Gemüt hindurch denken, sehen und handeln.
Möge sein liebreiches, allsegnendes Herz ganz in unserem Herzen leben. Möge
sich die Vollkommenheit Gottes in unserem eigenen gesegneten Leben
offenbaren.
Setzen wir dieses Tun fort während eines Monats, eines Jahres oder während
zehn Jahren, so können wir sicher sein, dass wir als Gott auf Erden wandeln
werden, und Gott wird mit uns sein, und die wilden Tiere werden in unserer Nähe
ruhig werden. Alle Unglücksfälle, Sorgen, Belastungen, aller Kummer werden
aus unserem Leben weichen. Überall, wo wir uns aufhalten, werden die
Menschen Glück und Frieden in unserer Gegenwart finden. Wo wir hingehen,
kann es keine böse Gegenwart und keine schlechten Taten geben. Nichts
Disharmonisches, Störendes kann sich ereignen. Die ganze Vollkommenheit und
Schönheit des Göttlichen wird unsere unmittelbare Erfahrung bilden. Alle diese
Wunder des Reiches Gottes sind viel wirklicher als die Gegenstände dieses
Zimmers. Als Swami bin ich ständiger Zeuge dieser Gottgegenwart. Wenn uns
dies widerfährt, werden wir erleben, dass die Dinge zu uns sprechen. Wir werden
übermenschliche Mächte und Persönlichkeiten sehen und ihre Dienste in
Anspruch nehmen. Wenn unser Gottbewusstsein sich noch mehr entwickelt,
können wir überall in der Welt anwesend sein, obwohl unser Körper sich in
diesem Raum befindet. Während unser Körper hier ist, werden alle Kräfte
unseres Bewusstseins Zeuge sein können all dessen, was in andern Welten
geschieht.
Während wir in einer Welt leben, die von Raum und Zeit bedingt ist, werden wir
in dem zeitlosen, bedingungslosen Zustand sein, der keiner räumlichen Bindung
unterworfen ist. So wie wir eine Banane schälen, können wir unser Bewusstsein
vom Körper lösen und es irgendwo offenbar machen, und alle unsichtbaren
Welten werden für uns sichtbar werden. Erst dann werden wir wirkliche
Menschen sein. Dann sind wir wirklich göttlich, dann werden wir ein Bestandteil
der wunderbaren, herrlichen, friedlichen, glücklichen, vollkommenen Gottheit.
Alles, was im Universum ist, wird hier sein, und alles, was hier ist, wird zugleich
universell sein. Dann werden wir im ewigen Jetzt leben und im ewigen Hier.
Möge unsere Reinheit, unsere Erziehung, unser Streben, die Bemeisterung
unseres Gemüts und unser Bewusstsein, mögen unsere universalen Gefühle
und innere Erleuchtung uns helfen, das kosmische Bewusstsein zu erlangen. Wir
müssen hier auf Erden als Übermenschen leben und wirken, als Individuen voll
von Gottesbewusstsein, erfüllt von einer ungeheuren Kraft und Energie der
Unsterblichkeit unseres Wesens. Wenn dies geschieht, werden wir nirgends
mehr Unglück sehen, nirgends Not und was wir dunkel oder böse nennen. Das
ist unsere grosse Bestimmung. Und diese Bestimmung ist bereits in unserer
Handfläche eingeprägt. Wenn diese höheren Mächte unseres inneren Wesens
sich entfalten, werden wir gesegnet sein, voll Energie. Wir werden mehr Kräfte
haben, um auch schwierigen Aufgaben gewachsen zu sein. Wir werden den
Himmel in unseren Augen haben, wo immer wir hingehen.
Es gibt natürlich auch einige geheime Methoden, um das kosmische
Bewusstsein zu erlangen, aber sie sind nicht für die Öffentlichkeit. Die meisten
von uns sind bereits auf dem Pfad. Gott hat alles aufgezeichnet, was wir getan
und gefühlt haben. Er kennt unsere Bedürfnisse, er wird uns viele Hilfsmittel
zuteil werden lassen, so dass die Vollkommenheit unserer Herzen offenbar
werden kann. Wenn Er es für notwendig hält, dass wir in einen mystischen Weg
eingeweiht werden, der uns innerhalb von wenigen Monaten das kosmische
Bewusstsein vermitteln kann, wird Er es tun. Lasst uns geduldig sein, erfüllt von
hohem Streben und edler Gesinnung; lasst uns immer mehr die inneren
Bedürfnisse unseres Gemüts und Herzens erkennen, die Liebe, die unsere
Gefühle veredelt und unsere innere Schau hoch und erhaben macht, damit wir
empfänglich werden für die Gegenwart des Unendlichen. Dann wird Gott alle die
Möglichkeiten in unsere Nähe bringen, um rasch das kosmische Bewusstsein zu
erlangen.

ALLES IST GOTT


Die Wahrheit aller Wahrheiten liegt in der Tatsache, dass alles, was wir sehen,
alles was wir erfahren, alles, was wir empfinden, nichts anderes als Gott selbst
ist. Vom Standpunkt der geistigen Erfahrung aus gesehen, sind selbst
Verhältnisse und Dinge, die dem Wesen Gottes diametral entgegengesetzt zu
sein scheinen, - Gott selber. Vom Standpunkt der Erfahrung Gottes als des
Unendlichen besteht die Welt nicht aus einer Vielheit von Dingen, sondern es
gibt nur ein Einziges, nämlich das herrliche, unbeschreibliche, all-schöpferische
und all-schöne Bewusstsein Gottes. Gott, das unendliche, absolute Bewusstsein,
das Eine ohne ein Zweites, kann - wenn auch nicht durch die Sinne des Körpers
- erfahren werden.

ERKENNTNISWERKZEUGE
Die körperlichen Sinne sind so beschaffen, dass sie die Erfahrung der
physikalischen Welt vermitteln. Können wir die Gefühle eines Menschen mit der
Hand berühren? Können wir mit den physischen Augen die Gedanken im Geist
eines anderen sehen? Gewiss nicht. Die körperlichen Sinnesorgane bringen nur
eine physikalisch-materielle Welt in Erfahrung. Um die Gefühle im Herzen eines
anderen Menschen kennenzulernen, müssen wir die Fähigkeiten unseres
emotionalen Wesens und unseres Herzens einsetzen. Um zu erfahren, welcher
Art die Gedanken sind, die dem anderen durch den Kopf gehen, müssen wir die
psychologischen Fähigkeiten in uns gebrauchen.
Um Gott all-überall zu erleben oder - umgekehrt - um die Welt mit ihren vielen
Dingen so, wie sie an sich und in ihrem eigentlichen inneren Wesen sind, in
Erfahrung zu bringen, sind die körperlichen Sinne und Fähigkeiten unbrauchbar.
Auch unsere psychologischen und emotionalen Fähigkeiten und Kräfte können
uns bei dieser Erfahrung nicht weiterhelfen. Das Gemüt ist hilflos, wenn es
darum geht, das Angesicht Gottes zu schauen, und jede innerhalb des
Gemütsbereiches liegende Fähigkeit ist deshalb auch ausserstande, uns
irgendwelche Hilfe zu leisten, wenn es darum geht, Gott zu schauen oder -
umgekehrt - die Welt und das All zu erblicken, wie sie an sich sind.

DIE IN UNS LIEGENDE FÄHIGKEIT ZUR GOTTERFAHRUNG


Die einzige Kraft, die uns hilft, Gott überall zu erfahren, ist das höhere
Bewusstsein in uns. Wir müssen Gott durch das Gottbewusstsein sehen, nämlich
mit der Hilfe eines Bewusstseins, das frei von den Begrenzungen der
Körpersinne und des Gemütes ist. Durch das Selbst in uns, durch das
Bewusstsein in uns, durch Gott in uns erschauen wir überall Gott, das Selbst,
das Bewusstsein. Gott, der durch nichts bedingt ist, kann in seiner Absolutheit
nur durch Gott selbst in uns gesehen und erkannt werden. Gott wird durch die
Erfahrung Gottes in uns erlebt. Wir können Gott nicht physisch erfassen.
Er ist unbegrenzt, absolut, zeitlos alldurchdringend. Er ist nicht-materiell und
unkörperlich. Daher muss Sein Wesen immateriell, supramental und geistig
erkannt werden, weshalb die Bibel uns Gott, der Geist ist, auch im Geist und in
der Wahrheit anbeten heisst. In Gedanken, im Geist will Gott angebetet und
verehrt werden. Im höheren Bewusstsein gelangen wir zum Kontakt mit Gott.
Ein eingeschränktes Sinnesorgan, ein Instrument der Erkenntnis, das in seiner
Fähigkeit begrenzt ist, kann das Unbegrenzte nicht in Erfahrung bringen. Unsere
fünf Sinne sind begrenzt. Deshalb können Sinne und Menschengeist uns nur
eine Welt eröffnen, die selbst ihre Grenzen hat. Alle Realitäten jenseits des
Erfahrungsbereiches unserer physischen und mentalen Sinne entgehen unserer
Wahrnehmung und Beobachtung.
WIE STEHT ES MIT DEN HEILIGEN, DIE GOTT
MIT IHREN LEIBLICHEN AUGEN GESEHEN HABEN?
Ehe sie Gott auf diese Art sehen konnten, haben sie durch Disziplin und Übung
Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr und Leben um Leben die
Begrenzungen der Sinneserfahrung durchbrochen und ihr ganzes
psychologisch-emotionales Wesen so rein und strahlend werden lassen, dass
schliesslich das göttliche Bewusstsein in ihrem Inneren zum Selbstausdruck
freiwerden konnte. Ehe die Heiligen Gott ausserhalb ihrer selbst sehen konnten,
hatten sie Ihn bereits in sich selbst erschaut und Ihn in sich getragen. Sie haben
ihr Inneres nach dem Bildnis Gottes geprägt. Ihre Herzen sind Jahre zuvor schon
zur Wirkungsstätte der Kräfte Gottes geworden. Ihr Geist hat sich seit Jahren
beständig in die Erscheinung und Wirklichkeit Gottes hineingearbeitet. Sie haben
ihr inneres Wesen völlig und von Grund auf umgewandelt, indem sie das Gemüt
in sich abtöteten. Das will besagen, dass sie ihre Grenzen überschritten, indem
sie das Gemüt nicht mehr Gemüt und das Herz nicht mehr länger ein
menschliches Herz sein liessen, nämlich nicht mehr Spielplatz irdischer
Emotionen - des Zornes, der Leidenschaft, der Eifersucht und begrenzter Liebe.
So schufen sie in sich die Bedingungen für die Tätigkeit des höheren
Bewusstseins, dass die grenzenlose Liebe und das grenzen- und
bedingungslose Licht ihres höheren göttlich-geistigen Bewusstseins aus ihren
Augen blickte und sie Gott auch ausserhalb erlebten. Es waren daher nicht die
menschlichen Augen an sich, die Gott schauen konnten. Vielmehr ist es die
unbegrenzte Gottesliebe und das bedingungslose Licht im inneren göttlichen
Bewusstsein, das zum tauglichen Werkzeug der Erkenntnis und Erfahrung wurde
und das ihren physischen Augen ermöglichte, Gott überall wahrzunehmen.
Tatsächlich war es so, dass Gott in ihnen Gott ausserhalb von ihnen erblickte.
Die begrenzte Liebe unseres Herzens kann Gott nicht erkennen. Unsere
beschränkte Erkenntnis, unsere begrenzte Reinheit und unser schwacher
Glaube können Gott nicht berühren. Sie müssen erst grenzenlos werden.
Begrenzte Liebe, schwacher Glaube, unvollkommene Erkenntnis bilden
immerhin einen ersten Schritt. Sie helfen uns, einen Anfang zu setzen. Dem
Gott, der all-überall ist, der sich uns als der zu allen Zeiten und an allen Orten
Anwesende kundtut, können wir uns also nur mit den Kräften des
Gottbewusstseins in uns nähern.

INNERE REINHEIT UND UMWANDLUNG


TRAGEN ZUM OFFENBARWERDEN DER
HÖHEREN BEWUSSTSEINSKRÄFTE BEI
Die höheren Kräfte des Bewusstseins gelangen zum Selbstausdruck, indem die
innere Natur immer reiner und gänzlich umgewandelt wird. Die Reinheit und der
innere Umwandlungsprozess können unser Inneres so vorbereiten, dass die
Gottheit, die Realität, die Wahrheit, das unendliche Bewusstsein, das in all den
Formen des Universums, in der Natur, in der Welt, in allen Wesen verborgen
liegt, uns plötzlich offenbar wird.

ES GIBT VIELE WEGE, UM DIESES


BEWUSSTSEIN SCHNELLER ZU ERREICHEN
Das kosmische Bewusstsein stellt eine der Stufen göttlicher Erfahrung dar.
Jenseits von ihm, über ihm liegt das transzendentale Bewusstsein. Auf der Stufe
des transzendentalen Bewusstseins werden wir in das Herz und Sein der
höchsten Gottheit zurückgenommen. Wir erlangen die Einheit mit der Gottheit.
Auf der Ebene des kosmischen Bewusstseins sind wir uns des göttlichen Seins
in aller Schöpfung, im ganzen Kosmos bewusst. Wir gehen auf in der Erfahrung
der Gottheit in Natur und Universum, in allen Dingen.

DIE AUSBILDUNG DER FÄHIGKEIT, UNSERE


ERFAHRUNG IMMER MEHR AUSZUWEITEN
Um die Begrenztheit der Körpersinne, der mentalen Sinne und der emotionalen
Kräfte zu durchbrechen, müssen wir allmählich jede dieser Fähigkeiten dahin
bringen, dass sie weitere, höhere und umfangreichere Erfahrungen ermöglichen.
So muss ein Herz, dem es natürlich und leicht ist, die Familienmitglieder zu
lieben, nach und nach dazu gebracht werden, seine Liebe auf Vögel und
sonstige Tiere und schliesslich auf alle Wesen auszuweiten. Von dort aus muss
es langsam dazu erzogen werden, die Sonne, den Mond, die Sterne, das Meer
und die Natur zu lieben. Anschliessend kann es dazu gebracht werden, die
Gottheit im ganzen materiellen Weltall, im Tierreich wie im Bereich des
Menschen zu entdecken.
Ein Gemüt, das gewohnt ist, nur das zu sehen, was ihm durch Erziehung, Kultur
und Gesellschaft als Tatsache oder Wahrheit vorgesetzt wurde, muss langsam
einsehen lernen, dass es Hunderte, ja Tausende von Wahrheiten gibt, von
denen die körperlichen Sinne keine Kenntnis vermitteln können. Dann muss das
Herz allmählich zur Einsicht kommen, dass ein gemeinsames Leben in allen
Dingen, ein gemeinsames Bewusstsein in allem Erschaffenen wohnt, dass ein
universales göttliches Licht und Leben in allen existierenden Formen vorhanden
ist, handle es sich um Materielles oder Nichtmaterielles. Daraufhin muss es
lernen, sich in seiner Beziehung zum Unendlichen, Absoluten, zum Unbedingten,
zur höchsten Gottheit zu sehen. Damit wären einige der Schritte zur Ausweitung
des inneren Wesens und zur Vergöttlichung der inneren Natur aufgezeigt. Diese
Erziehung von Herz und Geist ist sehr wesentlich, da beide nur durch Disziplin
umgewandelt werden können, weil nur so die Begrenzungen, in denen sie
gefangen sind, überwunden und überschritten werden können.
Werden Kinder nicht darüber belehrt, dass die Erde rund ist, werden sie diese
ganz selbstverständlich für eine flache Ebene halten. Ebenso muss unser
Gemüt, wenn es die Welt nicht für eine rein materielle Manifestation halten soll,
über die Tatsache belehrt werden, dass die ganze Welt von Gottbewusstsein
durchglüht und eine Manifestation Gottes in Gott ist. So wie die Kinder, die
darüber belehrt wurden, dass die Erde rund und nicht flach ist, dies später aus
eigener Erfahrung bestätigt finden können, so wird auch das Gemüt, das
aufgrund der Schulung weiss, dass die ganze Welt eine Manifestation Gottes in
Gott ist, durch eigene Erfahrung diese Tatsache entdecken.

DAS DURCHLICHTEN DES GEMÜTS


MIT GEISTIGEN WAHRHEITEN
Ein anderer Schritt besteht somit darin, das Herz immer wieder und wieder
anzuleiten, es unablässig zu erziehen, es für geistige Wahrheiten zu öffnen, die
von den grössten Philosophen, Heiligen, Weisen und begnadeten Menschen
erkannt und erfahren wurden. Das Herz muss durch Übung dahin erzogen
werden, in seine Liebe immer mehr Menschen und Dinge einzuschliessen,
während das Gemüt lernen muss, sich auf die Wahrnehmung der höheren
Realität einzustellen, sie anzuerkennen und zu erfahren. Unser waches
Bewusstsein, unser bewusstes Gemüt muss in seinem alltäglichen Dasein mit
Tatsachen und Wahrheiten erfüllt werden, die von den Grössten im
Gottbewusstsein und im kosmischen Bewusstsein gefunden wurden.
Das wären einige der vielen Schritte, die uns allmählich zum kosmischen
Bewusstsein und darüber hinaus zum transzendentalen Bewusstsein führen
sollen.

LÄUTERUNG DES INNEREN WESENS


Ein weiterer wichtiger Schritt in diesem inneren Wachstums- und
Entwicklungsprozess besteht in dem Bestreben, das innerste Wesen zu reinigen,
damit die höheren Kräfte in uns ungehindert zur Wirkung gelangen können.
Als Beispiel zur Erläuterung soll ein Rechtsanwalt dienen, der in einer wichtigen
Sache bei Gericht plädieren soll. Er ist in einen heftigen Streit mit seinem
Nachbarn verwickelt. Sein Herz ist voller Unruhe und Groll, und der Hass gegen
jenen Menschen brennt in seinem Herzen. Mit derart verwirrtem Herzen und
Gemüt wird er ausserstande sein, seine Sache so zu vertreten, dass er sie zum
Siege führt. Um den Erfolg sicherzustellen, müsste er jede Gefühlsregung und
jeden Gedanken ausschalten, die nicht zu diesem Rechtsfall gehören. Dieser
Vorgang des Ausscheidens und Vergessens aller Dinge und der
ausschliesslichen Konzentration auf die zur Sache gehörigen Punkte kann als
Reinigungsprozess angesehen werden.
Um uns rasch höherzuentwickeln, müssen wir alles Unwesentliche, Nutzlose,
Hinderliche und Störende aus unserem Leben ausräumen. Die Hemmungen
oder Hindernisse unserer geistigen Entwicklung sind nicht immer äusserer Natur.
Sie liegen tief in uns selber. Sie tauchen aus dem niederen, menschlichen
Wesen auf; daher muss hier der Umwandlungsprozess einsetzen. Die
Umwandlung ist also eine der betreffenden Stufen. Je reiner unser inneres
Wesen, desto glänzender ist unsere Intelligenz, umso präziser, durchdringender
sind die Fähigkeiten und Kräfte des inneren Bewusstseins, umso tiefer ist die
Empfindsamkeit gegenüber der göttlichen Gegenwart.

WIE WIR DIE GOTTGEGENWART


BESTÄNDIG ZU SPÜREN BEKOMMEN
Wir gehen zur nächsten Disziplin über, in der wir die unausgesetzte
Wahrnehmung der Gottgegenwart in uns entfalten. Um uns für eine direkte
Erfahrung Gottes, wie Er in sich selbst ist, zu qualifizieren, um alles, was einer
solchen Gotterfahrung entgegensteht, zu zerbrechen, zu überwinden und zu
überschreiten, müssen wir das Gefühl, den Sinn in uns erzeugen und pflegen,
dass Gott mit uns, um uns, in uns und überall zugegen ist.
Der nächste Schritt besteht darin, unser Leben auf jenen Übungsmethoden
aufzubauen, die den Grossen, den bedeutenden Philosophen, den Trägern des
kosmischen Bewusstseins geholfen haben, ihren höheren Entwicklungszustand
zu erreichen.

DAS ZUR-RUHE-BRINGEN DER SINNE UND DES GEMÜTS


Neben den genannten Schritten und Übungen gibt es eine Methode, um Geist
und Gefühl zur Ruhe zu bringen. Ein bewegter See spiegelt den Mond nicht klar
wider, und ebenso leuchtet die Wahrheit der Gotterfahrung nicht klar in uns auf,
wenn Geist und Herz verwirrt, erschreckt und ruhelos sind. Eine grosse Stille
muss in unser Inneres einkehren und von unserem ganzen Wesen Besitz
ergreifen. Erst dann sehen wir die Dinge klar. Erst dann kann die höhere
Bewusstseinstätigkeit einsetzen. In dieser Gemütsgelassenheit müssen wir
leben, wenn wir auf dem Pfad geistiger Entfaltung vorwärtsschreiten wollen, in
einer grossen Stille, die uns selbst unter den aufreizendsten Verhältnissen
unberührt sein lässt. Nur in einer solchen Ruhe finden wir die Möglichkeit, von
unseren Gedanken, Gefühlsregungen und äusseren Erlebnissen Abstand zu
nehmen. Diese Stille in uns selbst schafft bessere Bedingungen für die
Meditation.
BETRACHTUNG UNSERES SELBST
IN BEZIEHUNG ZUM UNENDLICHEN
Der nächste Schritt besteht im fortwährenden Nachsinnen über das eigentliche
Wesen Gottes, wie es jene schildern, die unmittelbare Gotterfahrung haben. Es
bedeutet ständiges Nachdenken über die Natur Gottes als unendliche Stille, über
Gott als unendliche Liebe, über Gott als unendliches Licht, über Gott als den
Einen ohne einen Zweiten, über Gott als den Allumschliessenden und Absoluten,
über Gott, der allein vollkommen genügt, der all-schöpferisches,
all-vollkommenes, zeitloses und ewiges Bewusstsein ist.
Ein weltlicher Mensch ohne Gotteserkenntnis und Gottesliebe, ohne Glauben an
Gott, sieht sich stets in der Begrenzung seines Körpers und in seiner Beziehung
zu Besitz, zu Geld, zu Freunden, zum äusseren Leben, zum Wetter und zu den
Vergnügungen der Sinne. Davon wird sein ganzes Leben beherrscht. Es
unterliegt dem Wechsel dieser äusseren Dinge. Darum muss der Betreffende,
will er Fortschritte in Richtung auf die Vollendung in Gott hin machen, nach und
nach alle diese Stufen durchlaufen. Er muss sein Geld als ihm anvertrautes
Eigentum Gottes betrachten und wissen, dass er nur dessen Treuhänder ist,
dass er es auf beste Art und Weise einzusetzen hat, nicht nur, um sich und seine
Familie zu ernähren, sondern auch, um seinen Geist wachsen zu lassen und
sein Herz zu erweitern. Dies erreicht er am besten damit, dass er seinen
Wohlstand im Namen Gottes wohltätigen Zielen zuführt. Beginnt er nun, seine
Angehörigen als Träger des Gottbewusstseins und die Menschheit als
Schöpfung Gottes und deshalb auch als Träger des Gottbewusstseins zu
betrachten, sein Leben als Gelegenheit zu innerem Wachstum und geistiger
Entfaltung zu sehen und jede Arbeit im Namen Gottes und zu Seiner Ehre
auszuführen, dann wird er mehr und mehr ein geistiger Mensch werden.
Unterzieht er sich all den angegebenen Übungen, reift er mehr und mehr zu
einer wahrhaft edlen, einer höher kultivierten und erleuchteten Persönlichkeit
heran. Gemüt und Herz werden weit, und er fängt an, sich selbst in seiner
Beziehung zu Gott, zur göttlichen Vollkommenheit, zum göttlichen Frieden und
zur göttlichen Freude zu sehen.

ERWECKEN WIR STÄNDIG IN UNS DAS


GEFÜHL, DASS GOTT IMMER BEI UNS IST
Unter den Disziplinen, die zum kosmischen Bewusstsein führen, ist - von der
Meditation abgesehen - etwas vom Wichtigsten, ständig das Bewusstsein zu
bewahren, dass Gott mit uns und um uns ist, dass Er uns stets mit Seinen
tausend Augen beobachtet, und dass Er uns mit Seinen Millionen Händen
jederzeit beschützt. Eine lebendige, überaus starke, alles beherrschende
Empfindung dieser Gottgegenwart muss ständig wachgehalten werden. Diese
Übung lässt unsere Liebe für die ganze Schöpfung wachsen. Wir werden uns
tiefer der Gottgegenwart in allen Lebensformen bewusst. Nach und nach werden
so die Begrenzungen der körperlichen Sinne und des Gemütes überwunden und
überschritten, und durch das Bewusstsein erlangen wir direkte Erkenntnis des
Gottbewusstseins in allen Dingen. Wir gewinnen ein direktes Bewusstsein von
Gott in allen Dingen durch das Gottbewusstsein. Entdeckt man Gott in der
ganzen Schöpfung, in der ganzen Menschheit, in allen dem physischen Auge
sichtbaren Universen, erfährt Ihn das Herz in jedem Punkt des Raumes und in
jedem Bruchteil der Zeit, dann ist man im kosmischen Bewusstsein.
Das transzendentale Bewusstsein reicht noch darüber hinaus. Nehmen wir an,
Sie meditieren. In tiefer Meditation verlieren Sie das Bewusstsein des Körpers.
Tatsache ist, dass die meisten Künstler, Wissenschaftler, Denker und
Schriftsteller über letzteres hinausgehen, sobald sie von der Arbeit völlig
absorbiert sind. Doch ist dieses Überschreiten der körperlichen Wahrnehmung
und Bewusstheit an sich noch kein geistiger Bewusstseinszustand, auch wenn
es uns helfen kann, Bewusstseinslagen zu verstehen, in denen wir die
Körperwahrnehmung und das Körperbewusstsein überschreiten, wie das auch in
tiefer Meditation der Fall ist, wenn unser inneres Bewusstsein gänzlich von Gott
absorbiert wird. Wir wissen dann nicht, dass wir einen Körper haben. Wir
nehmen die Umgebung nicht mehr wahr. Töne von aussen hören wir nicht mehr,
und wir sehen auch keine Objekte mehr, das heisst, wir sind über das
Umweltbewusstsein hinausgelangt.
Dieser Bewusstseinszustand ist von allen Gedanken, Gefühlen und
Gegenständen und von allen Sinneseindrücken frei. Es besteht kein Zeitgefühl.
Selbst nach zweistündiger Meditation hat man den Eindruck, es sei kaum eine
halbe Sekunde verstrichen. Es handelt sich demnach um ein zeitloses
Bewusstsein, das zugleich ein objektloses Bewusstsein ist. Dennoch könnte man
sagen, dass ein Objekt da sei, nämlich Gott. Der Zustand, in dem man Gott in
sich selbst erlebt, ist noch nicht der höchste. Von hier aus führt uns die göttliche
Gnade zum transzendentalen Bewusstseinszustand, in dem der Meditierende,
der Meditationsgegenstand und der Meditationsvorgang ein und dasselbe sind.
Tritt dies ein, dann befinden wir uns im höchsten transzendentalen Bewusstsein.
Worin besteht dieses? - Darüber kann nichts ausgesagt werden. Im Zustand des
kosmischen Bewusstseins sind wir uns Gottes, des göttlichen Bewusstseins in
uns bewusst. Wir sehen das gleiche Bewusstsein und die Gottheit in der ganzen
Natur. In allem, was wir erblicken und empfinden, erfahren wir Gott.

DAS VERHARREN IM OBJEKTLOSEN BEWUSSTSEIN


Der letzte Schritt besteht im ständigen Bemühen, uns im objektlosen
Bewusstsein zu erhalten. Dies ist nicht schwer, wenn das ganze Herz zu einer
grossen Flamme der Gottesliebe, zur all-absorbierenden Gottesliebe geworden
ist, wenn unsere ganze Intelligenz durch beständiges Nachdenken über das
Wesen Gottes - Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr - mit den
Eigenschaften des göttlichen Bewusstseins verschmolzen ist.
Ehe wir Gott in einer lebendigen Erfahrung erfassen und festhalten können, ist
es nötig, dass wir selbst im täglichen Leben und Verhalten etwas vom Wesen
Gottes zum Ausdruck bringen. Bevor wir Gottes unbegrenzte Liebe direkt
kennen und erfahren dürfen, muss die Liebe in unserem Herzen universal,
kosmisch sein. Die kleinlichen Gedanken an den Körper, dessen Sorgen und
Probleme, müssen durch Gedanken an das zeitlose, unsterbliche Wesen in uns
ersetzt werden.
Wenn Gemüt, Natur und Leben an das kleine Selbst, an die unbedeutende
Individualität, an deren Besitz und winzige Kümmnernisse und Anliegen
gebunden sind, können wir nicht gross im Herzen und Gemüt, nicht stark im
Willen und in der Kraft sein, so dass uns dadurch der Weg zum kosmischen
Bewusstsein oder zur Gotterfahrung versperrt ist.
Es geht also darum, durch entsprechende Gedanken und Gefühle und mit Hilfe
einer vielseitigen Schulung des Bewusstseins innerlich zu wachsen, weit und
allumfassend zu werden und sich zu entfalten.
Bevor wir für uns selber beten, müssen wir die ganze Menschheit ins Gebet
einschliessen; bevor wir daran denken, für uns persönlich etwas zu erbitten,
sollten wir uns für das Wohlergehen der ganzen Natur, für alle Geschöpfe, alle
Tiere und Wesenheiten einsetzen. Bevor wir etwas essen, sollten wir die Speise
zuerst in Gedanken Gott darbieten, Gott im eigenen Herzen und Gott in allen
Herzen.
Wir müssen unser inneres Bewusstein, sein Licht, seine Erkenntnis und sein
Wesen durch unsere äusseren Handlungen zum Ausdruck bringen und die
moralischen Unreinheiten unserer Natur gleich giftigen Dingen ausscheiden.
Universale, weite Gefühle, göttliche Gedanken, edle Empfindungen,
Freigebigkeit, Güte, Glaube, Geduld, Ausdauer, Opferwilligkeit, die Freude an
der Selbstdisziplin und die Bereitschaft zum Dienen und Helfen müssen geweckt
und betätigt werden. Dann wird das Herz uns mehr von der göttlichen Wahrheit
lehren. Das Gemüt wird uns dann die spontane, unwillkürliche Kenntnis des
göttlichen Bewusstseins in uns vermitteln. Dann fangen wir an, die in allem
schwingende Gegenwart Gottes in jedem Vogel, in jedem anderen Tier und in
jedem Menschen zu fühlen. So sollen wir Freundschaft mit der Erde, auf der wir
gehen, mit der Luft, die wir atmen und mit dem umgebenden Raum schliessen!
Lasst uns das Gefühl der Verwandtschaft mit den Sternen und der ganzen
Schöpfung entwickeln, uns mit ihnen befreunden und uns eins mit ihnen fühlen!
Wir sollen alle Gedanken an den Tod des physischen Körpers fallen lassen, alle
Befürchtungen und Ängste von uns weisen und uns - nach Sein und Wesen - in
unserer Beziehung zu Gott betrachten als das unzerstörbare, unvergängliche
Licht Gottes, das wir eigentlich sind - geschaffen und erhalten durch Ihn und auf
dem Heimweg zu Seinem grenzenlosen, allvollkommenen Bewusstsein.
Wir haben hier ein grosses Thema vor uns. Dennoch ist es Ihrem Herzen nichts
Neues, denn das göttliche Bewusstsein in Ihnen weiss schon alles. Doch wird
dieses Wissen durch die ruhelose Tätigkeit des äusseren Gemütes, des
äusseren Herzens unterdrückt. Folgen Sie jedoch den genannten Schritten, dann
werden Sie erfahren, wie das innere Wissen zum unwillkürlichen Selbstausdruck
gelangt. Ihr menschliches Bewusstsein ist dazu bestimmt, zum kosmischen
Bewusstsein zu werden, um sich schliesslich ins transzendentale
Gottbewusstsein, ins Bewusstsein des Absoluten, zu erheben.

SECHSZEHN SCHRITTE ZUM KOSMISCHEN BEWUSSTSEIN


(Wie sie Swami Omkarananda 1967 vor der Unity in Berlin erklärte)
Gnadenvolle Gottheiten, höchst verehrenswerte und dreifach gesegnete Kinder
des all-liebenden Gottes - meine Anbetung Ihnen allen, meine tiefe Ehrerbietung
für jeden von Ihnen, meine Liebe zu Füssen von Ihnen allen! Ich bringe meine
von Herzen kommenden Gebete der allmächtigen Gottheit dar, Ihnen allen
grosse innere Stärke und Frieden und Freude und ein sehr langes Leben zu
gewähren, im Verlaufe dessen Sie grossen Fortschritt auf dem Pfad der
göttlichen Vollkommenheit machen werden! Ich bin eine demütige Antwort auf
das hohe göttliche Streben in Ihrem inneren Herzen, und es ist ein grosses
Privileg und eine Freude, gesegneten Kindern Gottes wie Ihnen zu dienen.
Unser heutiges Thema ist Kosmisches Bewusstsein. Gott ist das unendliche
Bewusstsein, das in jedem Punkt des Raumes mit Seiner ganzen unendlichen
Vollkommenheit zugegen ist. Alles ist wundervoll in Ihm. Er ist allschöpferisch,
ganz wunderbar in Seinem Bewusstsein. Die Millionen Universen, von denen
unsere Naturwissenschaften sprechen, sind nur eine kleine Manifestation der
wunderbaren, allschöpferischen Gottheit.
Die Universen, die Gott ins Dasein rief, haben ihren Bestand in Ihm. Sie werden
erhalten durch Gott in Seinem eigenen Bewusstsein und Seiner eigenen
Existenz. Gott ist unendlich viel mehr als dieser Kosmos und diese Universen.
Es gibt einen Aspekt der Gottheit, der transzendent, absolut, nicht-manifest bzw.
ungeoffenbart ist. Wie die Bibel es ausspricht und wie unsere Erfahrung beweist,
ist dieses göttliche Bewusstsein zu allen Zeiten dasselbe: Es war, ist und wird
immer sein. Es ist ewig dasselbe, gestern, heute, morgen. Es ist eine zeitlose
Ewigkeit im Unterschied zur Zeit-Ewigkeit, in welcher unser physikalisches
Universum Bestand hat.
Gott ist unendlich mehr als das kosmische Erscheinungsbild. Kosmos - das ist
nur eine einfache, einzige Manifestation und Möglichkeit in der
unbeschreiblichen Unendlichkeit Seines Bewusstseins.
Wenn wir vom Erlangen des kosmischen Bewusstseins sprechen, meinen wir
das Erlangen einer dynamischen Erfahrung Gottes im Kosmos. Wenn wir Gottes
Bewusstsein in der ganzen Natur und im Kosmos erfahren, wenn unser
denkendes Gemüt eins wird mit diesem kosmischen Sein, dann kann man von
uns sagen, wir hätten Kosmisches Bewusstsein erlangt.
Wenn das Bewusstsein in uns seine Einheit mit dem Bewusstsein in Vögeln und
Tieren, in Sternen und Planeten und in der ganzen Schöpfung wiederentdeckt
und eins damit wird, dann lässt sich sagen, wir hätten das Kosmische
Bewusstsein erlangt.
1. Der erste Schritt, um das Kosmische Bewusstsein zu erlangen, besteht im
Erwerb von Wissen über die Natur des göttlichen Bewusstseins in uns. Unser
göttliches Bewusstsein ist endlos in seinen Potentialitäten, Möglichkeiten und
Kräften. Wir alle wissen nur zu gut um unser bewusstes Wesen, wie auch um
unser Unter- und Unbewusstes. Dieses Bewusste, Unterbewusste und
Unbewusste erschöpft aber keineswegs das Bewusstsein in uns. Es gibt noch
höhere Ebenen des Bewusstseins. Es gibt das Überbewusstsein in uns, aus dem
wir unsere Intuitionen und Erleuchtungen beziehen. Es geschieht aus dem
überbewussten Wesen in uns, dass sich unsere höchsten
wissenschaftlich-philosophischen und ästhetischen Wahrnehmungen erheben.
Es ist das Überbewusstsein, das der wahre Träger des "Königreichs Gottes" in
uns ist. Dieses Reich oder dieser Bereich befindet sich nicht etwa in jenem
bewussten denkenden Gemüt, das voller Unvollkommenheiten, Zweifel und
Begrenzungen ist. Es befindet sich nicht in unserem begrenzten Herzen, das
überwältigt wird von Hass, Abneigung, Zorn und niederen Emotionen. Das
König- oder Himmelreich ist auch nicht im Unbewussten oder Unterbewussten.
Wir wissen - und die Psychologie sagt es uns - dass das Unterbewusstsein voll
aller Arten nutzloser und dunkler Erinnerungen, Kräfte und Energien ist. Also
kann da nicht dieser wunderbare Seinsbereich liegen, den man als Königreich
Gottes bezeichnet. Wo ist es dann, dieses Königreich oder Gottesreich, von dem
die Bibel spricht? Wo ist das Königreich Gottes, das Jesus Christus uns als
erstes zu suchen bittet? Dieses Königreich Gottes ist das Überbewusstsein in
uns. Das Überbewusstsein ist unsere wesentliche Persönlichkeit. Es ist unser
wahres Sein. Es ist das Leben unseres Lebens. Es ist der Atem Gottes in uns.
Es ist Gottes Königreich in uns, Gottes eigenes Bild in uns, das vollkommen ist.
Unser denkendes Gemüt ist unvollkommen, unser Herz ist unvollkommen, unser
Unbewusstes und Unterbewusstes ist voll dunkler Kräfte, Energien und
Eindrücke. Doch ist da dieses Königreich des Himmels, dieses
Super-Bewusstsein, diese göttliche Seele in uns, und die sind allvollkommen.
Dreifach gesegnet sind wir, weil sich diese Gottheit, das Bild Gottes, Gottes
Odem in uns befindet. Solange dieser Gottesodem, dieses Bild Gottes, dieses
Königreich des Himmels in uns ist, ist es jedem von uns möglich, mit Gottes
Gnade zu einer Vollkommenheit zu gelangen, die Gott Selbst zugehörig ist.
Tatsächlich ist es das menschliche Leben selbst und seine Bedingungen, die uns
ständig dazu zwingen, nach dieser Vollkommenheit zu streben. Es ist das
Verlangen in uns, gut zu sein, edel zu sein, vollkommen zu sein, göttlich zu sein.
Tief in unserem Inneren wohnt ein Verlangen, Gott zu erkennen und Gott zu
erfahren. Etwas tief drinnen in unserer Seele akzeptiert Jesus Christus ohne jede
Bedingung. Etwas tief drinnen in uns begreift die hohe Wahrheit, die sich in der
Bibel kundtut. All dies sind Funktionen, die für das göttliche Wesen in uns
kennzeichnend sind. Nur Gotteskinder können nach Gott verlangen. Wären wir
nur Kinder der Erde, gäbe es keine höhere Sichtweise in unserer Seele, gäbe es
kein Verlangen nach göttlicher Erfahrung, gäbe es keine Möglichkeiten einer
solchen Erfahrung.
Doch die Bibel fordert uns nicht nur auf, so vollkommen wie der Vater im Himmel
zu sein, sondern gibt uns auch die wesentliche Führung, um diese
Vollkommenheit zu erreichen. Die Bibel gibt alle erforderlichen Anweisungen
zum Erlangen dieser Vollkommenheit. Sie weist auch auf das Beispiel von
Grossen hin, die die Gottesschau, die Gotterfahrung und göttliche
Vollkommenheit erreichten. Es ist nicht der eine Moses allein, der in einer Vision
Gotterfahrung erlangte, Gott schauen konnte. Tausende von Menschen durch all
die Jahrhunderte menschlicher Geschichte hindurch haben Gott berühren,
erkennen und erfahren dürfen. Die Möglichkeit dazu liegt in jedem von uns. Die
Unity-Bewegung selbst ist ein wundervoller Ausdruck dieses Verlangens nach
Vollkommenheit und ein Ausdruck göttlichen Strebens im Menschenherzen. Es
ist also unser wahres und wirkliches Selbst, unsere eigentliche Seele, unser
wahres Sein in diesem Königreich des Himmels in jedem von uns, von dem man
auch als dem Überbewusstsein spricht. Obwohl unser bewusstes Gemüt voller
Unvollkommenheiten ist, gibt es dieses göttliche Prinzip in uns, das ganz
vollkommen und allwissend ist. Wir haben in uns, in diesem Überbewusstsein
alle Potentialitäten, Kräfte und Möglichkeiten, weil es das göttliche Prinzip ist. Es
ist das Bewusstsein Gottes Selbst in uns. Kosmisches Bewusstsein wird erlangt,
wenn wir uns des himmlischen Königreichs nicht nur in uns, sondern in aller
Schöpfung bewusst sind. Wenn jemand tief in der eigenen Seele Gott schaut
und erfährt und derselben Gottheit im Herzen eines jeden Wesens begegnet,
wenn er diese seine Erfahrung Gottes in allem, was manifest ist, immer mehr
vertieft, dann hat er Kosmisches Bewusstsein. Ein Mensch, der im Kosmischen
Bewusstsein lebt, hat eine innere Gewissheit seiner göttlichen Identität mit allem,
was geworden ist. Sein inneres Bewusstsein ist eins mit dem inneren
Bewusstsein in allen Wesen.
Der erste Schritt also besteht darin, dass sich etwas in uns befindet, das
verschieden ist von dem physischen Körper, in dem wir leben, verschieden auch
von dem menschlichen Verstand, den wir gebrauchen, verschieden von den
Gefühlen, die wir erfahren, etwas Verschiedenes und anderes als das
Unterbewusstsein und das Unbewusste in uns.
Um das Erlangen dieser Erkenntnis geht es beim ersten Schritt. Bei diesem
ersten Schritt sollten wir auch unsere wissenschaftlich-rationale Erkenntnis
hinsichtlich der Natur des höheren Bewusstseins in uns vertiefen. Wir fassen
also dieses Überbewusstsein genauer ins Auge.
2. Der zweite Schritt besteht darin, tiefere Erkenntnis hinsichtlich der Natur der
Gottheit oder Gottes als das kosmische Sein zu erlangen. Gott ist nicht nur das
Absolute und Unendliche und das Unbeschreibliche, sondern Jemand, der
überall im Kosmos zugegen ist. Gegenwärtig auch in jedem Ding, das Er
erschuf.
Zu entdecken, dass dieser Gott in aller Schöpfung und in allen Geschöpfen ist,
diesen Gott als das Kosmische Wesen zu verehren, bewusste Einheit mit diesem
Kosmischen Sein zu erlangen, dazu ist zunächst tiefere Erkenntnis des
Kosmischen Seins und Wesens nötig. Die Bibel sagt es uns: Gott ist Geist.
Wenn Gott Geist ist, ist Er also etwas anderes als Materie, obwohl Materie von
Ihm erschaffen ist und Er in der Materie anwesend ist. - Also müssen wir diese
Dimension des Transzendenten entdecken und zugleich Gottes Gegenwart in
aller Schöpfung verehren!
3. Der dritte Schritt besteht darin, ein ständiges Verlangen nach göttlicher
Vollkommenheit zu hegen, ein Verlangen, unser Überbewusstsein vom Zugriff all
der Unvollkommenheiten in unserem bewussten Leben zu befreien. Über all die
Unvollkommenheiten, das Unglück, die Schwierigkeiten und Prüfungen und
Begrenzungen des Alltags hinauszugelangen, das muss das Anliegen unseres
Herzens sein.
Also besteht der dritte Schritt in dem Begehren nach göttlicher Vollkommenheit,
göttlichem Frieden, göttlicher Freude und Unsterblichkeit. Es ist das ein
glühendes Verlangen, an der einen Wahrheit festzuhalten und die
zugrundeliegende Einheit Gottes in allen Millionen erschaffener Dinge und
Wesen zu entdecken.
4. Der vierte Schritt besteht in einer Umwandlung unserer Natur, in der
Läuterung unseres unvollkommenen Charakters, also einer Umformung von
Gedanken und Gefühlen.
5. Der fünfte Schritt besteht in der Befreiung unseres bewussten denkenden
Gemüts von der Triebnatur. Das Triebwesen gehört der allgemeinen Natur an,
während das mit Intuition begabte Erkenntniswesen in uns, unsere göttliche
Natur, dem überbewussten Sein in uns zugehört. Die niedere Natur nun gilt es
völlig zu transformieren, umzuwandeln. Das menschliche Wesen soll göttlich
werden. Anstatt der Leidenschaft, dem Ärger oder Hass zu erliegen, muss der
Mensch sich von Vernunft, Liebe, Wahrheitsstreben, Hingabe an Gott, Verlangen
nach Schönheit, Wahrheit, Harmonie, Ordnung und Vollkommenheit leiten
lassen. Die Natur in uns muss von ihrer naturhaft-rohen Art befreit und
emporgehoben werden durch Gotteserkenntnis, durch das Licht der Erleuchtung
aus dem himmlischen Königreich, das in jedem Menschenherzen gegenwärtig
ist.
Da wir nun nach dem Kosmischen Bewusstsein streben, ist es nicht genug, dass
wir unser Wesen allein von allen Unvollkommenheiten frei machen, sondern wir
sollen auch vom Bewusstsein des Körpers und der Umwelt frei werden.
6. Ein weiterer Schritt besteht also in der Loslösung unseres inneren
Bewusstseins aus dem Griff von Zeit und Raum. - Der Alltagsmensch ist völlig
beherrscht vom Zeit- und Raumempfinden. Als Kandidaten für die Gotterfahrung
und das Erwerben des Kosmischen Bewusstseins aber müssen wir über die
Versklavung durch Zeit und Raum hinausgelangen.
Das Königreich Gottes ist zeit- und raumlos. Im kontemplativen Bewusstsein, in
Augenblicken der Meditation transzendieren wir das Empfinden für Zeit und
Raum.
Um das Kosmische Bewusstsein zu besitzen, müssen wir also unser
Bewusstwerden von der unteren menschlichen Natur, von den
Unvollkommenheiten des Unbewussten und Unterbewussten in uns befreien und
ausserdem einen weiteren Schritt tun, nämlich unser Bewusstsein aus dem
Empfinden von Zeit und Raum herausheben. Das göttliche Bewusstsein, das in
den Sternen blinkt und in den Vögeln atmet, ist dasselbe Bewusstsein, das in
Ihnen ist. Es gibt nur ein göttliches Bewusstsein. Gott ist Einer, es ist das eine
Königreich des Himmels, doch eben dieses eine Königreich des Himmels ist in
jedem Herzen, ist in Millionen Herzen zugegen. Das Königreich des Himmels in
Ihrem Herzen ist nicht verschieden vom Königreich des Himmels in einem
Amerikaner oder Chinesen. Das Königreich des Himmels, das in Ihrem Herzen
ist, ist auch nicht verschieden von dem Königreich des Himmels, das im Vogel
ist. Das Königreich des Himmels, das in Ihrem Herzen ist, ist nicht verschieden
von der subtilsten Essenz, die den Baum erhält. Auch in ihr ist das Königreich
des Himmels zugegen. Es ist ein und dasselbe, stets nur das eine Gottesreich.
Es ist ein allvollkommenes, selbstleuchtendes Bewusstsein. Es ist ganz
Erfüllung, Freude und Vollkommenheit. Es kann nicht erkannt und erfahren
werden, solange wir Sklaven sind von Zeit und Raum. Das Königreich des
Himmels ist unendlich, also auch zeit- und raumlos. Es ist also nötig, wollen wir
dieses Königreich des Himmels, das zeit- und raumlos ist, erfahren, dass wir uns
aus dem Bewusstsein von Zeit und Raum befreien. Wenn wir einem
interessanten Gespräch lauschen, ist unser Gemüt gewissermassen aus dem
Empfinden von Zeit und Raum befreit. Das hilft uns verstehen, wie wir unser
inneres Bewusstsein aus jeglichem Empfinden von Zeit herausholen können.
Auch das Raumempfinden sollte überwunden und transzendiert werden. Das ist
möglich im Zustand tiefer Meditation. Wenn wir innig Anteil nehmen an einem
inspirierenden Gespräch oder uns in ein sehr interessantes Buch vertiefen,
verlieren wir ebenfalls das Zeitempfinden, werden also frei vom Gefühl für die
Zeit. Wenn wir aber Gott intensiv lieben, wird diese Liebe Gottes uns noch viel
vollkommener über das Zeitempfinden hinausheben. - Und nicht bloss
Meditation, sondern unsere ganz innige Hingabe an Gott kann uns freiwerden
lassen vom Gefühl für die Zeit. Es spielt keine Rolle, auf welche Weise die
Befreiung zustande kommt, hauptsächlich es geschieht!
7. Ein weiterer Schritt besteht im Erfassen Gottes nicht nur als eine kosmische,
sondern auch als eine transzendente Wirklichkeit, die zugleich im ganzen
Kosmos, aber dennoch mehr als der ganze Kosmos ist. Die Natur Gottes als
transzendentale Wirklichkeit muss weiterhin in unserem inneren Bewusstsein
erforscht werden. Grosse Mystiker und grosse Heilige der ganzen Welt haben
uns eine Erkenntnis der Natur Gottes im transzendentalen Aspekt vermittelt. Wir
sollten über ihre Aussagen nachsinnen und die Natur Gottes besser begreifen
lernen.
8. Der nächste Schritt besteht darin, im eigenen Herzen eine tiefinnige
Hochachtung vor aller Schöpfung zu hegen, einen Respekt, der zur wirklichen
Liebe heranwächst. Wir haben auch einander zu achten, weil der allsehende
Gott im Herzen eines jeden Seinen Sitz hat. Wir mögen äusserlich mit jemandem
rauh umgehen und ärgerlich tun, doch dabei sollten wir uns erinnern, dass Gott
im inneren Herzen jenes Anderen wohnt und uns beobachtet hat. Und derselbe
beobachtende Gott ist auch im eigenen Herzen!
Wir sollten die Tatsache niemals vergessen, dass Gott im Herzen aller wohnt
und uns beobachtet, und dass Er all-erbarmend, all-liebend, all-segnend ist und
wir daher alles, was wir an wahrem Glück oder Frieden oder Erfüllung verlangen
oder brauchen, von Ihm erlangen können.
Ob Bruder oder Schwester, Partner oder Freund vor uns steht, - etwas in
unserem inneren Herzen muss die göttliche Gegenwart im Gegenüber spüren.
Unsere Sache ist es nicht, uns mit den psychologischen Unvollkommenheiten
und unseren Unterscheidungsmerkmalen abzugeben. Jedes menschliche
Wesen ist unvollkommen. Es ist auch nicht unsere Angelegenheit und Aufgabe,
unsere kostbare Zeit damit zu verschwenden, die Unvollkommenheiten
aufzudecken und darzulegen. Als Kinder Gottes ist es in Harmonie mit unserer
Würde zu sehen, was an Güte in jeder anderen Seele steckt, und als strebende
Sucher nach göttlicher Vollkommenheit haben wir unsere eigene innere Natur zu
läutern, und zwar in solchem Ausmass, dass unser inneres Bewusstsein anfängt,
besondere Formen der Wahrnehmung zur Wirkung zu bringen, die Gott im
inneren Herzen eines jeden erschaut.
Dieser Schritt ist der Schritt der universalen Liebe. Es ist der Schritt der
kosmischen Liebe. Wir sollen diese universale und kosmische Liebe entfalten.
Wenn Gott unser Ziel ist, wenn Güte und Wahrheit, Einheit und Liebe unsere
Ziele sind, werden wir ganz selbstverständlich gerne unsere Natur diesem
Umwandlungsprozess unterwerfen, werden uns schneller entwickeln und uns
bemühen, Gott in jedem Herzen zu entdecken, zu schauen, zu lieben!
Unsere Liebe zu jedem anderen ist auf unsere Wahrnehmung der Gottgegenwart
in jedem anderen gegründet. Diese Liebe zu Gott in jedem anderen muss so
gewaltig wachsen, bis sie schliesslich alles umfasst, was geschaffen ist. Wie ein
heiliger Franziskus werden wir dann auch Vögeln und Tieren voll Liebe
begegnen und die Heiligkeit und die allsehende Gegenwart der Gottheit in jedem
erkennen. Diese kosmisch weite Liebe muss sich auch in einem inneren Mühen
um das Wohlergehen des Ganzen auswirken. Wenn man jemanden liebt, bringt
man ihm ein Geschenk oder drückt diese Liebe in irgendeiner Form des Dienens
aus. Unsere Liebe zu allen Wesen muss sich in unserem ständigen Wohlwollen
allen Wesen gegenüber äussern. Deshalb soll unser inneres Herz jedem
erschaffenen Wesen unentwegt Frieden, Glück, Wachstum, Gottes Segen
wünschen. Es kostet uns gar nichts, unsere Augen eine halbe Minute zu
schliessen und der ganzen Schöpfung Wohlergehen zu wünschen, Segen
zuströmen zu lassen. Ein solches Tun läutert auch uns. Es erleuchtet unser
inneres Wesen, macht uns der ganzen Schöpfung lieb, bringt uns dem Herzen
Gottes näher und lässt uns mehr teilhaben an Gottes Gnade. Wir sollen also
allen Wesen Wohlbefinden, Frieden, Freude und Gedeihen wünschen.
9. Der nächste Schritt der kosmischen Verehrung oder Anbetung besteht darin:
Wenn man irgendwo eine schöne Blume sieht, bringt man seine Liebe zu Gott
damit zum Ausdruck, dass man sie Gott im Geiste darbietet. Man kann dabei
seine Augen schliessen und alles, was schön ist auf der Welt, zu den Füssen
Gottes niederlegen. Wir können unsere Augen schliessen und im Geist Millionen
Kerzen zur Verherrlichung Gottes anzünden. Wir können unsere Augen
schliessen und Gott im Amerikaner, im Engländer, im Schwarzen, im Stern, im
Vogel, im Tier, im Baum verehren. So weitet sich unser Herz und wir sind auf
dem Weg, eine kosmisch weite Persönlichkeit zu entwickeln, einen kosmischen
Sinn und eine kosmische Schau zu entfalten.
10. Dieser Schritt führt uns weiter zum nächsten: Wir disziplinieren unser inneres
Bewusstsein durch Meditation und Betrachtung. In Zuständen der Kontemplation
ist unser Bewusstsein oder inneres Wesen befreit vom Zugriff von Körper, Zeit,
Raum, Umwelt, so dass wir in der Lage sind, Gott von Angesicht zu Angesicht zu
schauen. In diesem Zustand sind wir dann auch in der Lage, Gott zu verstehen,
und zwar nicht durch das irrende menschlich begrenzte Gemüt, sondern durch
die im Überbewusstsein wohnenden latenten Kräfte in uns. Um die höheren
Fähigkeiten der Wahrnehmung aus dem Überbewusstsein zu entfalten, ist keine
Disziplin so wertvoll wie Meditation, obwohl intensive, alles absorbierende
Gottesliebe es ist, die unser ganzes Wesen läutert. Die Betrachtung, die
Kontemplation ist es, durch die wir die höheren Kräfte des inneren Bewusstseins
entfalten.
11. Der letzte Schritt besteht im Erlangen einer festen Verankerung im
Kosmischen Bewusstsein als eine fest gegründete kosmische Persönlichkeit.
Kosmisches Bewusstsein, kosmisch weite Liebe müssen das normale
Bewusstsein und die normale Liebe unseres inneren Wesens werden. Wie es
manche Menschen natürlich finden, den anderen geringzuschätzen oder zu
hassen, muss es unserem Wesen und unserem täglichen Erleben dagegen ganz
natürlich werden, alle zu lieben und das Königreich des Himmels in allen zu
erfahren.
Ich entbiete Ihnen allen meine verehrungsvollen Grüsse und bringe meine
Bewunderung für Ihr hohes geistiges Streben zum Ausdruck. Grosse Freude
bereitet mir die Gegenwart der inneren Reinheit Ihrer Natur, und ich verbeuge
mich vor der Gottheit, die in Ihren Herzen und hier unter uns höchst spürbar
gegenwärtig ist! Dafür danke ich Ihnen!
Swami Omkarananda

World Wide Web (WWW) Auflage: 1999


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D-88260 Argenbühl

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