Lexikologie
Lexikologie
Lexikologie
1. Terminologie
aktuelle Bedeutung: (nach W. Schmidt) Bedeutung einer lexikalischen Einheit auf der
Parole-Ebene, durch Sprach-, Text- und Weltwissen erschließbar; auch: Textbedeutung/
Sinn
potentielle Bedeutung: (komplementär zur aktuellen Bedeutung) Bedeutung einer
lexikalischen Einheit auf der Langue-Ebene, „Potenz der aktuellen Bedeutungen“ (W.
Schmidt), d. h. die Gesamtheit der Sememe (Th. Schippan); auch: lexikalische/ virtuelle
Bedeutung
Benennung: usuelles oder okkasionelles Wort (Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb) bzw.
usueller oder okkasioneller Phraseologismus, mit denen Sprecher Gegenstände,
Vorstellungen, Eigenschaften und Prozesse bezeichnen können
Entlehnung: 1. Übernahme von Sprachelementen aus anderen Sprachen (äußere E.) oder aus
nichtstandardsprachlichen Varietäten (innere E.); 2. sprachliche Einheit als Ergebnis
dieses Prozesses
Frame: Modell komplexer Lexikonstrukturen, und zwar ein Modell der Organisationsform
des konventionellen Wissens über alltagsweltliche Situationen und Sachverhalte
Heckenausdruck (engl. hedges): Ausdruck, der anzeigt, in welchem Sinn ein bestimmtes
Objekt einer bestimmten Kategorie zugeordnet wird (nach H. Bußmann) (genau
genommen, buchstäblich, eine Art...).
Historismus: Lexem, das einen Gegenstand/ Sachverhalt aus vergangener Zeit bezeichnet;
Schuldturm, guillotinieren
Homonymie: Art der Mehrdeutigkeit, bei der die Bedeutungen eines Formativs so
verschieden sind, dass man (anders als bei Polysemie) verschiedene Lexeme
annehmen muss; sie sind meist durch grammatische Unterschiede gekennzeichnet
(der/das Tor, die Bänke/die Banken); partielle Homonymie: Homographie (Tenor –
Tenor), Homophonie (lehren – leeren)
Jargonismus: Lexem einer Gruppen- oder Fachsprache, dessen Verwendung in der Gruppe
an eine inoffizielle Situation sowie an die soziale Vertrautheit der
Kommunikationspartner gebunden ist und als Zugehörigkeitsindiz gilt; meist eine
Zweitbenennung für Gegenstände, die im Leben/ in der Tätigkeit der sozialen Gruppe
wichtig sind (Saft ‚elektrischer Strom’, abstürzen [EDV])
Lehnwort: voll integrierte Entlehnung (in diachroner Sicht vom Fremdwort unterschieden)
Lexikographie: linguistische Disziplin, die sich mit der Herstellung, Nutzung und Bewertung
von Wörterbüchern sowie mit der Theorie über diese Tätigkeiten befasst
Lexikologie: linguistische Disziplin, die sich mit der Beschaffenheit, den Funktionen und der
Entwicklung des Wortschatzes und mit dessen Einheiten Lexem/Wort und
Phraseologismus befasst
Neologismus: lexikalische Einheit, die in einer Sprachgemeinschaft neu aufkommt und von
der Mehrheit der Sprachteilnehmer über eine bestimmte Zeit hinweg als neu empfunden
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Nomination: Sprachhandlung des Benennens; ein Sprecher macht einen von ihm gemeinten
Gegenstand/ Sachverhalt durch eine Benennung für die Kommunikation verfügbar
Polysemie: die Eigenschaft eines Lexems, mehrdeutig zu sein, wobei die einzelnen
Sememe/Lesarten/ Bedeutungsvarianten über Assoziationen miteinander in Beziehung
gebracht werden können
Referent: Gegenstand/ Sachverhalt der Realität, auf den der Sprecher mit einer lexikalischen
Einheit oder mit einem komplexeren sprachlichen Ausdruck Bezug nimmt
Referenz: Bezugnahme des Sprechers auf Gegenstände/ Sachverhalte der Realität mittels
sprachlicher Zeichen
Referenzidentität: Beziehung zwischen lexikalischen Einheiten, mit denen in einem Text auf
denselben Referenten Bezug genommen wird
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Sem: Grundeinheit der Bedeutungsanalyse; die Seme eines Semems stellen dessen
(angenommene) semantische Mikrostruktur dar (E. Agricola); auch: semantisches
Merkmal
Wortbildung: Bildung von Wörtern aus vorhandenen sprachlichen Einheiten (meist Wörtern,
Affixen, Konfixen) durch Komposition, Derivation, Konversion und Reduktion (selten
durch Kontamination, Reduplikation und Rückbildung)
Wortfeld: lexikalisches Paradigma aus Wörtern ein und derselben Wortart, konstituiert durch
die Beziehungen Hyperonymie/ Hyponymie (Allgemeines - Besonderes) sowie
Kohyponymie zwischen seinen Gliedern
Wortschatz (auch: Lexik): Gesamtmenge aller Wörter einer Sprache zu einem bestimmten
Zeitpunkt (H. Bußmann), von der der einzelne Sprecher jeweils nur einen Teil aktiv und
passiv beherrscht
fachsprachlicher/ sondersprachlicher/ standardsprachlicher/ regionaler
Wortschatz: varietätenspezifische Teilmengen des Gesamtwortschatzes
2. Literatur
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Barz, Irmhild: Wörterbücher. In: Deutsch als Fremdsprache. Ein internationales Handbuch.
Hg. v. Gerhard Helbig, Lutz Götze, Gert Henrici, Hans-Jürgen Krumm. Erster
Halbband. Berlin, New York 2001, 204-214.
Burger, Harald: Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. Berlin 1998,
2
2003.
Henne, Helmut: Wort und Wortschatz. In: Duden Bd. 4. Grammatik der deutschen
Gegenwartssprache. 6. Aufl. Mannheim u.a. 1998, 557-608.
Koß, Gerhard: Namenforschung. Eine Einführung in die Onomastik. Tübingen 1996, 32002.
Lexikologie. Ein internationales Handbuch zur Natur und Struktur von Wörtern und
Wortschätzen. Hg. v. D. Alan Cruse, Franz Hundsnurscher, Michael Job, Peter Rolf
Lutzeier. Erster Halbband. Berlin, New York 2002.
Linke, Angelika/ Nussbaumer, Markus/ Portmann, Paul R.: Studienbuch Linguistik. Tübingen
1994, 52004.
Meibauer, Jörg u. a.: Einführung in die germanistische Linguistik. Stuttgart, Weimar 2002,
Kap. 2, 5, 8.
Munske, Horst Haider: Über den Wandel des deutschen Wortschatzes. In: Deutsche
Sprachgeschichte. Grundlagen, Methoden, Perspektiven. Festschrift für Johannes Erben
zum 65. Geburtstag. Hg. v. Werner Besch. Frankfurt/M. u. a. 1990, 387-402.
Munske, Horst Haider/ von Polenz, Peter/ Reichmann, Oskar/ Hildebrandt, Reiner (Hg.):
Deutscher Wortschatz. Lexikologische Studien. Ludwig Erich Schmitt zum 80.
Geburtstag von seinen Marburger Schülern. Berlin, New York 1988.
Polenz, Peter von: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Bd. I.
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Schwarz, Monika/ Chur, Jeannette: Semantik. Ein Arbeitsbuch. Tübingen 1996, 42004.
Seibicke, Wilfried: Die Lexik des Neuhochdeutschen seit dem 17. Jahrhundert. In:
Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer
Erforschung. Hg. v. Werner Besch, Oskar Reichmann, Stefan Sonderegger. Berlin, New
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