Köpke, Matthias - Teufelswerk, 1. Auflage

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Teufelswerk?

Gibt es „göttliche“ als auch „satanische“


Rassen und Völker?

Eine Betrachtung des Heidentums aus biblisch-


jüdischer und christlicher Sicht.

Zusammengestellt von Matthias Köpke.


Eigenverlag, 2020.

1
„Nie werden wir den Gang der Weltgeschichte und in Sonderheit
unseres eigenen Geschickes verstehen, wenn wir die Wirkung der
Glaubenslehren als geschichtliche Kraft außer Acht lassen und in
diesem Fall nicht den zerstörenden Charakter der christlichen Lehren
und der christlichen Suggestionen auf den einzelnen Menschen und
auf die Völker und die Absichten erkennt, die hiermit verbunden
sind.“
Erich Ludendorff

2
Diese Schrift dient der geschichtlichen Forschung
und wissenschaftlichen Dokumentation.

Zusammengestellt und herausgegeben von:


Matthias Köpke, Eigenverlag 2020,
17291 Zollchow/Nordwestuckermark, Germany.
E-mail: [email protected]
1. Auflage.

Diese vorliegende Schrift und deren Verfasser beanspruchen für


sich den Esausegen gemäß 1. Mose (Genesis) 27, 40 und stehen
somit unter dem Schutz des Esausegens als oberste gesetzliche
Regelung für alle Jahwehgläubigen!
Nähere Informationen zum Esausegen sind in den Werken:
„Das wahre Gesicht von Jakob dem Betrüger“, „Das Buch der Kriege
Jahwehs“ , „Der jüdische Sinn von Beschneidung und Taufe“, „Der Papst
oberster Gerichtsherr in der BR Deutschland“ „Meine Klage vor den
Kirchen- und Rabbinergerichten“ und „Das offene Tor“ von Matthias
Köpke, als E-Book und Freeware unter www.archive.org oder
www.scribd.com oder gedruckt direkt beim Herausgeber! Siehe unten.

Die Darstellungen der Verfasser der einzelnen Abhandlungen entsprechen keineswegs


durchgängig der Überzeugung des Verlegers, sie finden daher auch nicht dessen ungeteilte
Zustimmung,
Ausdrücklich distanziert sich der Verleger von allen Äußerungen, welche die Menschen-
würde anderer angreifen könnten oder einzelnen Völkern, Gruppen oder Minderheiten be-
stimmte Verhaltensweisen pauschal zuordnen, vor allem, wenn dies geeignet ist, zu diffa-
mieren, den Frieden zu stören oder die freiheitlich-rechtsstaatliche Ordnung zu verletzen. Er
verzichtet aber darauf, solche Äußerungen durch Schwärzung unkenntlich zu machen, um
seiner wissenschaftlichen Verpflichtung zu dokumentarisch korrekter Werkwiedergabe zu
genügen.

Printed in Germany.

Vorliegendes Buch ist direkt beim Herausgeber [email protected], bei


www.booklooker.de oder anderer Buchplattformen (z.B. www.eurobuch.de)
im Internet, erhältlich.

3
Hinweis des Verlages
Auch in der israelischen Gesellschaft gibt es laut Prof. Israel Shahak*, der einige
Jahre Vorsitzender der Israelischen Liga für Menschenrechte war, und dem amerika-
nischen jüdischen Wissenschaftler Norton Mezvinsky** – dem mohammedanischen
und christlichen Fundamentalismus vergleichbar – extremistische Bestrebungen, die
allen nichtjüdischen Personen und Völkern die Menschenwürde aus religiöser Über-
zeugung absprechen; sie verletzen die von der Menschenrechtskommission sowie
die im Grundgesetz garantierten Grundrechte und die freiheitlich-rechtsstaatliche
Ordnung. Über extremistische Verhaltensweisen – ganz gleich welchen Ursprungs
diese sind – aufzuklären und ihre geistigen Grundlagen sowie ihre politischen
Zielsetzungen offenzulegen, ist ein Gebot der rechtsstaatlichen Selbstbehauptung
und stellt berechtigte Notwehr dar.
Den imperialistischen Bestrebungen des im Mosaismus (Judentum, Christentum,
Islam) wurzelnden Extremismus der sogenannten Jakob-Fraktion, (vgl. 1. Mose
27, Vers 28-29): „So gebe dir Gott (Jahweh) vom Tau des Himmels und vom Fett
der Erde und Korn und Most in Fülle! Völker sollen dir dienen und Völkerschaften
sich vor dir niederbeugen! Sei Herr über deine Brüder, und vor dir sollen sich
niederbeugen die Söhne deiner Mutter! Die dir fluchen, seien verflucht, und die dich
segnen, seien gesegnet!“ kann spätestens seit 1948 der im Auftrag des mosaischen
Gottes Jahweh den Nichtjuden in der Verkörperung Esaus erteilte Segen entgegen-
gehalten werden
(1. Mose 27, Vers 40, Satz 2 der Luther-Bibel, Stuttgart 1902, 19. Auflage):
„Und es wird geschehen, daß du auch ein Herr und sein (Jakobs) Joch von
deinem Halse reißen wirst.“
Nach mosaistischer Sicht wäre eine Behinderung oder gar Verhinderung dieses
Hervortretens mit dem Esausegen gleichbedeutend mit einem grundsätzlichen
Bruch des Bundes mit Jahweh und die Verhinderung der Ankunft des Messias,
welche die Verfluchung und Vernichtung durch Jahweh nach sich zöge. Nach
dieser Lehre würde jeder Jude oder von Juden abhängige Nichtjude (künstlicher
Jude wie z.B. Christen, Freimaurer, Mohammedaner usw.), der diesem Segen zu-
wider handelt, den Zorn Jahwehs auf sich und die jüdische Gesellschaft herauf-
beschwören und dadurch die Vernichtung Groß-Israels (Jakobs) durch Jahweh
fördern.*** Siehe dazu: Der Fluch des Ungehorsams, 5. Mose 28, 15-68; davon
bes. Vers 58! Der Bann setzt sich automatisch in Kraft, sobald der Esausegen
verletzt wird (z.B. in der röm.-katholischen Kirche u.a. die „excommunicatio latae
sententiae“ [Strafe für Ungehorsam]). Letztendlich wird, wie es in der Weissagung
des Mosaismus heißt, die allseitige Einhaltung des Esausegens – ohne den Juden
zu fluchen – zum weltweiten Frieden zwischen Juden (auch künstlichen Juden) und
Nichtjuden führen.
*Israel Shahak † (Jerusalem): „Jüdische Geschichte, jüdische Religion – Der Einfluß von 3000 Jahren“, 5.
Kapitel: Die Gesetze gegen Nichtjuden, Seite 139-180, Süderbrarup 1998, Lühe Verlag, Postfach 1249, D-
24390 Süderbrarup.
**Israel Shahak u. Norton Mezvinsky: „Jewish Fundamentalism in Israel“, 176 Seiten, London 1999, Pluto
Press, 345 Archway Road, London N6 5AA.
*** Roland Bohlinger: „Denkschrift auf der Grundlage des geltenden Völkerrechts und des im Alten
Testament verkündeten Jakob- und Esausegens“, veröffentlicht in „Freiheit und Recht“, Viöl im Nov. 2002.

4
Inhaltsverzeichnis

1. Evangelische Dogmatik und Judentum


(Dr. Ernst Seeger) …..................................................................... 7

2. Eine verhängnisvolle Mythologie


(Walter Löhde) …....................................................................... 108

3. Geheiligte Sklaverei?
(Walter Löhde) …....................................................................... 122

4. Der Papst und der Hohepriester


(Erich Ludendorff) ….................................................................. 130

5. Der Gnadenstuhl Jahwehs


(Erich Ludendorff) ….................................................................. 138

5. Priester-Vergötzung und Volksgemeinschaft


(Andreas Thiel) …....................................................................... 140

Literaturhinweise ................................................................... 214

5
6
Evangelische Dogmatik
und Judentum
Eine rassen- und religionssoziologische
Untersuchung

Von

Dr. Ernst Seeger

Neue Herausgabe der in Frakturschrift gedruckten und im Teuto-


burg-Verlag erschienenen Ausgabe von 1936. Hier in Antiqua ge-
druckt und der Text ist vom Herausgeber etwas gekürzt.

7
Inhaltsverzeichnis:

Vorwort. ….................................................................................. 9
Offener Brief an die deutschblütigen Mitglieder
der christlichen Kirchen und Sekten. ….................................... 10
1. Die christliche Zertrümmerung von Rasse,
Volk und Persönlichkeit. …............................................... 12
A. Einleitendes Vorspiel. …...................................................... 12
B. Die biblische und die lehrmäßige Ansicht von der
Rasse. …............................................................................... 26
C. Der Begriff des Volkstums im biblischen und
lehrmäßigen Denken. …....................................................... 44
D. Der Einzelmensch im christlichen Weltbild. ….................... 55
2. Die Beziehungen zwischen Christentum und
Judentum. …....................................................................... 63
A. Die Problemstellung. …....................................................... 63
B. Die mephistophelische Verwirrung des deutschen
Gefühlslebens. …................................................................. 63
C. Der Führungsanspruch des Judentums. …........................... 68
3. Christentum und Heidentum. …....................................... 88
A. Judentum und Heidentum. …............................................... 88
B. Die Beurteilung des Heidentums im christlichen
Weltbild. …........................................................................... 90
C. Die Lehre vom christlichen Glaubenskampf. ….................. 96
Schluß …................................................................................. 104

8
Vorwort.
Mit dieser Schrift lege ich der Öffentlichkeit eine rassen- und religions-
soziologische Arbeit vor, deren Fragenkreis sich mir bei Gelegenheit zweier
anderer Arbeiten erschloß.
Einer der Kritiker meines Kriegsrechts der Juden hatte es bemängelt,
daß ich die Frage des Christentums dort nicht eingehender behandelt habe,
als es der Stoff vielleicht verlangte. Ich hatte das selber als einen Mangel
empfunden, konnte ihn aber nur beheben, wenn ich das Buch um eben die
vorliegende Arbeit vergrößerte. Das hätte aber den Rahmen des Kriegs-
rechts gesprengt und so unterließ ich die Einfügung. Von den gleichen Er-
wägungen ließ ich mich bei meiner Wirtschaftsarbeit leiten. So kommt es,
daß das Buch zwischen zwei größeren Arbeiten steht. Wie ich hoffe nicht zu
seinem Nachteil und nicht zum Nachteil der beiden anderen Werke.
Daß die Arbeit, rassen- und religionssoziologisch gesehen, Neuland be-
tritt, mag überraschen, ist aber ein deutlicher Beweis dafür, daß die Theo-
logie so sehr von der göttlichen Stiftung ihrer Religion überzeugt war, daß
sie den Fragenkreis der Schrift gar nicht sah. Sie ist durch die theologischen
Angriffe auf die völkische Ideenwelt herausgefordert und soll den Theo-
logen zeigen, daß sie allen Grund haben, vor allen Dingen vor der eigenen
Türe zu kehren. Wer so die Führung im Volk verloren hat wie die Theologie,
tut gut daran, ganz bescheiden aufzutreten. Und wenn ein Theologe in neue-
rer Zeit behauptet hat, daß „das Heidentum gegen das Kreuz anstürme“, —
ein indirektes Eingeständnis der verlorenen Führerschaft so ist das eine sehr
optimistische Verkennung der heutigen Weltlage und der Geschichte des
Christentums.
Das Heidentum stürmt nicht gegen das Kreuz an. Nein, das Heidentum
räumt lediglich den Trümmerhaufen auf, den das Kreuz und sein jüdischer
Verbündeter in den letzten zwei Jahrtausenden aus der Welt gemacht haben.
Zweitausend Jahre hindurch hatten Christentum und Judentum die große
Chance in der Welt. Sie konnten der Welt das versprochene und verheißene
Heil bringen. Sie erwiesen sich aber ebenso unfähig zum Aufbau wie groß
im Zerstören. Wenn daher das Kreuz unter den Trümmern einer einstürzen-
den Welt begraben wird, so ist das nicht die Schuld des Heidentums,
sondern ganz und gar eigene Schuld. Das gilt es festzustellen.

Marbach a. N., am l0. Erntings 1926 nach Teutoburg.


Dr. Ernst Seeger.

9
Offener Brief an die deutschblütigen Mitglieder der
christlichen Kirchen und Sekten.
Deutsche Volksgefährten!
Wenn ich Euch mit dieser Schrift eine Überprüfung biblischer Glaubens-
lehren vorlege, dann verlange ich Eines nicht von Euch: — daß Ihr mir
glaubt! Aber ich verlange von Euch, daß Ihr mich fachgemäß widerlegt, d.h.
den schlüssigen Beweis führt, daß ich unrecht habe.
Die Auseinandersetzung, die ich mit Euch anstrebe, ist von einer be-
stimmten Idee getragen und gefordert, von der Idee der Volksgemeinschaft.
Ich will erreichen, daß die zwischen uns Volksgefährten gegen die Natur
errichteten Mauern — die Mauern zwischen Heiden und Christen desselben
Blutes — niedergerissen werden und jeder von uns im Andern zuerst und
zuletzt den Deutschen sehe, den Deutschen, der es wert ist, daß man mit
ihm den Weg des gesamtdeutschen Lebens gemeinsam geht. Das hindert
nicht, daß jeder noch seinen Weg geht. Daß sich aber Volksgenossen unter-
einander wegen der Verschiedenheit des Glaubens als Todfeinde gegenüber-
stehen, daß man seinem eigenen Volks- und Blutsgenossen, mit dem man
durch die gleiche Geschichte verbunden ist, so fremd gegenüberstehen
kann, daß einem — nach dem Ausspruch eines katholischen Priesters — der
katholische Spanier näher steht als der protestantische Preuße; das ist läster-
licher Unfug und grobunsittliche Haltung gegenüber der Volksgemeinschaft
und ist eines Deutschen unwürdig. Wir deutschen Nichtchristen haben ein
Recht das zu sagen und die Abstellung dieser grobunsittlichen Haltung zu
verlangen, weil wir nicht länger mehr mit dem Stigma der unterwertigen
Heiden versehen sein wollen. Denn hier wirkt die Quintessenz des Juden,
der Judaismus, noch tief auf unser Volksleben ein, denn mit dem Judaismus
kam der Glaubenskampf, mit ihm kam der kapitalistische Klassenkampf
von oben und der marxistische Klassenkampf von unten, mit ihm kam die
Unduldsamkeit in jeder Form, mit ihm kamen die trennenden Mauern aller
Art in unser Volk und in unser Land.
Ihr haltet mir entgegen, daß ich Euren Glauben angreife. Das bestreite
ich. Euer, d. h. unser aller Glaube lebte schon Jahrtausende, ehe Jesus über
die Erde ging, und hatte unser Volk Jahrtausende hindurch rein und stark
erhalten. Wie dieser Glaube aussah, das können wir nur noch fühlen: — daß
aber der Gott, der am Quell Mime um Weisheit sein eines Auge gab, in
seiner schlicht einfachen und doch unvergleichlichen Größe den Judengott
Jahwe turmhoch überragt, das ist mir gewiß. — Nun tönt mir das „Schmäh-
wort“ — Wotansanbeter — entgegen. Ich fühle mich dadurch geehrt und
nicht geschmäht, denn ich bin tausendmal lieber „Wotansanbeter“ — wenn
es etwas Derartiges je gegeben hat als ein einziges Mal: Jahweanbeter.

10
Unseren Vorfahren wurde ihr und unser Glaube mit Feuer und Schwert
geraubt. Was aber unseren Vorfahren geschah, das ist uns geschehen. Der
Raub, die Schändung, das Unrecht, das an unseren Vorfahren begangen
wurde, wirkt sich an uns ans. Denn Ihr dürft nicht vergessen, daß es
richtiger ist, wenn man sagt, daß vor der Weltgeschichte „tausend Jahre
sind wie ein Tag“. — Ihr dürft nicht vergessen, daß ein Schlag, der gestern
unsere Vorfahren traf, heute noch uns schmerzen und verletzen kann, denn
für ein Volk ist der Begriff „Gegenwart“ etwas anderes als für den
Einzelnen. Im Leben eines Volkes gibt es kein Vergessen und Vergehen in
dem Sinne wie im Leben des Einzelnen. Darum ist der Schlag, der
Widukind traf, heute noch nicht vergangen und noch weniger vergessen.
Und der Katholizismus, der wehleidig über die Kirchenspaltung jammert,
sollte die Volksspaltung nicht vergessen, die das Werk der gewaltsamen
Christianisierung Deutschlands durch Karl den Pippiniden war und durch
welche im deutschen Volk der Typus des Empörers gegen den christlichen
Glaubenszwang und gegen das Christentum geschaffen wurde.
Wir stehen in Empörung gegen das Christentum, weil wir die Rasse
wollen, weil wir das Volk wollen, weil wir die Persönlichkeit wollen. Und
deshalb wollen wir die Mauern niederreißen, die zwischen uns stehen: —
sie sind das Bollwerk des Judaismus und das Bollwerk Roms. Jerusalem
soll in Palästina bleiben und Rom in Italien: — wir Deutsche sind Manns
genug, unser eigenes Leben ohne die jüdischen und christlichen Heils-
bringer zu leben.
Wir Empörer gegen das Christentum lassen uns nicht mehr als heid-
nisch-unterwertige Menschen abstempeln. Seitdem das heilige Wissen um
das Rassenerbe, um den „Mythus des Blutes“, in uns lebendig geworden ist,
seitdem stehen wir unter einer heiligen Berufung, unter der Berufung der
Heroischen Treue. Diese ist heilig, denn sie ist „das, was viele Seelen
zusammenbindet, wie die Binse den Kranz“.1) Und wenn es außer ihr noch
etwas Heiligeres gibt, dann ist es die Volksgemeinschaft, der rassische
Wertordnungskosmos, denn von ihm gilt die andere Frage und die andere
Antwort Goethes:
„Was ist das Heiligste? Das, was die größten Geister tiefer und tiefer
gefühlt, immer nur einiger macht.“¹⁾
Dr. Ernst Seeger.

1) Goethe in den Vier Jahreszeiten.

11
Erstes Hauptstück.
Die christliche Zertrümmerung von Rasse,
Volk und Persönlichkeit.
A.
Einleitendes Vorspiel.
1.
Wer es unternimmt, die Stellung des Rassen- und Volksgedankens inner-
halb des christlichen Weltbildes fest zu umreißen, der wird bald zu seiner
großen Überraschung feststellen müssen, daß dieses Weltbild scheinbar
verzweifelt viele unfehlbare und allein wahre Offenbarungen zum Rasse-
gedanken enthält, die sich zwar alle widersprechen, aber in Einem Punkt
einig sind, nämlich in dem Anspruch, daß sie als biblische Offenbarungen
unantastbar, unerschütterlich und darum ewig gültig sind. Stellen wir einmal
einige dieser unantastbaren, unerschütterlichen und ewig gültigen Offenba-
rungen zusammen.
In dem typischen Verlegenheitserzeugnis des deutschen Protestantismus:
„Die Nation vor Gott“ lesen wir auf Seite 41 in teilweise gesperrtem Druck:
„Der Glaube an Gott, den Schöpfer, schließt die Bejahung von Rasse,
Volk, Staat als Gottes Gaben zur Erhaltung der Welt ein. So ist auch die
Differenzierung der Völker und Rassen nicht als ein Abbiegen von der
gottgewollten Schöpfungslinie zu beurteilen, sondern auch als ein Ausdruck
des Schöpfungsreichtums Gottes zu werten. Es liegt kein Grund vor, das
Schöpfungsprinzip, daß Gott ,ein jegliches nach seiner Art‘ geschaffen hat
(1. Mose 1, 11) auf die rassischen und volkhaften Verschiedenheiten nicht
anzuwenden.“
Demgegenüber macht uns Friedrich Heiler in seinem Buch: „Evan-
gelische Katholizität“ auf Seite 98 mit einer anderen durch die Bibel
vermittelten christlichen Offenbarung bekannt, indem er berichtet:
„Professor Julius Richter, der bekannte Berliner Missionshistoriker,
schloß sich den Ausführungen des indischen Missionsbischofs an. … Er
erachtete es ferner als notwendig, daß die Kirchen die Frage der Rassen-
wanderung und der Rassenmischehe ernstlich prüfen. So wenig eine Rasse
das Recht hat, einer anderen die Einwanderung zu verbieten, kann die
Kirche gegen die Rassenmischung auftreten. Sie muß sich vor allem gegen
die Mißachtung der Kinder aus Mischehen wenden.“

12
Auf gleicher Ebene liegt die selbstverständlich ebenfalls auf biblischer
Grundlage gewonnene Offenbarungsmitteilung Erwin Reisners, der in
seinem Buch: „Kirche des Kreuzes und das deutsche Schicksal“ auf Seite
182/183 schreibt:
„Die Offenbarung des Neuen Testamentes kennt keine Völker, weil
durch sie im Geist für den Glauben der Zustand vor dem babylonischen
Turmbau wiederhergestellt erscheint. Diese Wiederherstellung geschah im
Pfingstwunder. Wenn es trotzdem auch weiterhin Völker gibt, so nur als
deutliche Symptome unserer Sünde, als etwas, das, vom Evangelium her
gesehen, nicht sein sollte. Natürlich können wir die nationalen Schranken
nicht einfach beseitigen, aber wir sind aufgerufen, sie im Blick auf das
Kreuz Christi, durch das die Sünde von uns genommen wurde, und im
Glauben an die Auferstehung zu transzendieren, wir haben restlos alles,
was unserer geschichtlich-politischen Wirklichkeit angehört, also auch
unser Volkstum und unser nationales Götzentum, mit Christus in den Tod
zu geben und so geistlich arm zu werden.“
Auf Seite 194/195 des gleichen Buches offenbart uns der gleiche
Schriftsteller zum gleichen Thema noch das Folgende:
„Daß es heute noch Völker gibt, ist Israels Schuld … Sofern wir
gleichfalls Völker sind, haben wir teil an Israels Schuld, ja sind wir selbst
das schuldige Israel, und als das auserwählte Volk des neuen Bundes steht
gerade unser, also das deutsche Volk vor der Aufgabe, die Schuld Israels zu
sühnen, nicht etwa, indem es Israel austilgt, sondern indem es in sich das
israelitische Wesen aufdeckt und überwindet. Daß sich mir die eigene
Sünde objektiv in einem Anderen, die Sünde des eigenen Volkstums und
Volk-Seins in einem anderen Volk, eben im jüdischen verkörpert, ist ja bloß
die Folge meiner Verborgenheit, in der auch mir meine Sünde verborgen
bleibt …“
Leider bleibt nun auch diese Offenbarungsmitteilung Reisners nicht
unwidersprochen. Herr Dr. theol. Walter Grundmann stellt in seiner Schrift:
„Gott und Nation“ „der Spenglerschen und Rosenbergschen Geschichts-
theorie die prophetisch-biblische gegenüber“ und schreibt auf Seite 108:
„Wir hatten schon auf den Wirklichkeitskern des Rosenbergschen
Mythus hingewiesen: Rasse und rassische Gesundheit sind wichtige Dinge
für die Geschichte eines Volkes. Im Lichte einer prophetisch-biblischen
Geschichtswelt erscheint die Zerstörung rassischer Kräfte und ihre Nicht-
achtung zugleich als eine Sünde gegen Gott als den Schöpfer der Rasse.
Die Hochachtung der Rasse steht unter dem Gesichtspunkt des Gehorsams
gegen Gott.“

13
Ganz entgegengesetzter Meinung ist jedoch der katholische Priester
Mönius, der in seiner Schrift: „Paris, Frankreichs Herz“ sein Wissen um
die biblische Offenbarung folgendermaßen niedergelegt hat:
„Was hier in Paris an Rassen unangefeindet nebeneinander wohnt, lebt,
spaziert, sich amüsiert, studiert, bezeugt in allen Farben, daß Paris Kosmo-
polis ist. Bilder über Bilder: ein Neger als Autobusschaffner, eine Mulattin
als Straßenbahnschaffnerin, Hottentottinnen knien vor einem Beichtstuhl,
ein Senegalknabe ministriert, Mongolen sitzen in Scharen im Luxembourg-
garten, an der Sorbonne wimmelt es von Menschen beiderlei Geschlechts in
allen Hautfarben, alle Rassen und Spielarten auf den Boulevards und in den
Cafés. Ein Weißer geht Arm in Arm mit einer Farbigen, ein Farbiger mit
einer Weißen, die stolz einherschreitet und nicht errötet. Und im Tanzsaal:
Weiße, Kreolen, Mulatten, Mestizen, Neger und Mongolen. Und selbst:
welche Verführungen des Lasters! Schwarze Schmach? Keinem Menschen
kommt so etwas in den Sinn. In der Moulin Rouge konnte ich einmal an die
Hälfte Schwarzer und Gelber mit Europäerinnen tanzen sehen. Die Kosmo-
polis, (die Allerweltsstadt), ist kein Sumpfboden für eine rassenmäßige
völkische Frage. Die Grande Nation umfängt, wie die katholische Kirche,
vorurteilslos die fremden Rassen. Pius XI. hat in einer Allokution für die
Missionare den Rassenhochmut der Abendländer gestürzt und die anderen
Rassen vor dem Stigma der Minderwertigkeit in Schutz genommen. Frank-
reich ist bei allem Stolz auf seine Latinität weit entfernt von einem Rassen-
dünkel und beansprucht deshalb das moralische Recht, fremdrassige
Bundesgenossen für sich kämpfen zu lassen. Zudem hat Frankreich farbige
Soldaten benützt, weil es sie hatte, während manch anderer Staat sie
vielleicht nur deshalb nicht benützte, weil er sie eben nicht hatte. Nicht das
Blut bildet den Staat, sondern der politische Staatswille. Es ist ein roman-
tischer Aberglaube um das Blut, der — aller Wissenschaft zum Trotz —
seine Ideologien züchtet. Der Tunesier, Senegal- oder Kongoneger, der
Inder, der Tonkinger und Anamit kann ein ebenso begeisterter Franzose
sein, als der Vollblut-Pariser.“
Auf Seite 90 seiner Schrift äußert sich derselbe Verfasser weiter:
„Durch alle Jahrhunderte ist es in allen Ländern des Orbis Christianus
der Ruhm von Episkopat und Klerus, auf seiten des Papstes zu stehen, auch
gegen das eigene Land. Gallikanismus ist Nationalismus; Katholizismus
jedoch bricht jedem Nationalismus das Rückgrat.“
In dieselbe Kerbe schlägt nun wieder Reisner, der auf Seite 202 seines
schon erwähnten Buches mit erfreulicher Offenheit, wenn auch ohne jede
Sachkunde, schreibt:

14
„Im übrigen sind die heute so beliebten Rassentheorien selbst durchaus
das Ergebnis eines von jüdischem Geist durchseuchten Denkens. Rasse als
Schöpfungswert ist kein mögliches Programm, kein möglicher Gegenstand
einer Planung, sondern vorgefundene und hinzunehmende Gegebenheit,
und, wie alle Schöpfungsgüter, so unterliegt auch sie dem Gesetz des
Verschwindens in der Zeit. Was man Rassenzüchtung, Rassenhygiene usw.
nennt, wächst gerade nicht aus dem Boden des echten Rasseninstinktes.
Hier denkt und spekuliert der typische Proletarier oder der Jude, aber nicht
der wahre Rassenmensch, nicht der gegenwartsmächtige Aristokrat. Dem
Proletarier wie dem Juden fehlt der Sinn für das wahrhaft Persönliche, das
allein gemeint sein kann, wenn im Hinblick auf den Menschen von Rasse
geredet wird. Die Rassentheorie deutet alles Leben biologisch, d. h. trieb-
haft, genau so wie die Psychoanalyse oder der Marxismus, und ebenso wie
diese sucht auch sie die Erfüllung in der Zeit, auf dem Weg irgendeines
Naturgesetzes, das sich wissenschaftlich erfassen und dann anwenden läßt.
Sie macht zum Objekt ihres Vor-Nehmens, was sich als Subjekt schlechthin
allem Vor-Nehmen entzieht, und so wird uns der ganze Rassefanatismus nur
zum Symptom einer erschreckenden Rasselosigkeit. Die ,Rassereinheit‘ als
Züchtungsergebnis, als Endprodukt einer zeitlichen Veranstaltung, ist das
genaue Gegenteil von echter Rasse, wie sie aus den Händen des Schöpfers
hervorgegangen sein mag. Hier läßt der Mensch nicht Gott schaffen, hier
schafft er selbst, und immer wenn er schafft, zerstört er die Schöpfung und
hilft ihren Untergang herbeiführen. Hier wird jede Berufung auf den ersten
Artikel des Glaubensbekenntnisses zur Ironie, die ihrer selbst spottet. Im
Biologischen das Wesen des Menschen sehen, heißt die schamlose Nacktheit
für die Wahrheit halten, und so kommen die konsequentesten Rassen-
schützler und Ariomanen schließlich zu Resultaten, die jedem jüdischen
Analytiker Ehre machen würden.“
Damit ist nun offensichtlich Herr Dr. theol. Grundmann wieder nicht
einig. Er äußert sich zum gleichen Thema auf Grund der biblischen Offen-
barung in seiner schon erwähnten Schrift auf Seite 93 folgendermaßen:
„Wie steht es nun mit dem Versuch, von den rassisch-blutmäßigen Ge-
gebenheiten her Kultur, Religion, Gesittung, Staat, Wirtschaft zu verstehen?
Hier muß zunächst einmal mit aller Deutlichkeit festgestellt werden: den
Gedanken der Rasse als eine die Wirklichkeit entscheidend bestimmende
Komponente in die Wissenschaft eingeführt zu haben, ist ein großes Ver-
dienst der Rasseforschung. In der Tat bestimmt die rassische Zugehörigkeit
Form und Gestalt einer Kultur, einer Religion, einer Gesittung, eines
Staates und einer Wirtschaft. In der Tat ist Wert und Höhe dieser Größen
entscheidend mitbestimmt durch die Rasse. Von der Gesundheit und Er-

15
haltung der Rasse hängt tatsächlich die Geschichte und die Frage von
Aufstieg und Untergang eines Volkes mit ab. Das alles vernichtende
Rassechaos ist eine Sünde gegen die schöpfungsmäßigen und gottgewollten
Naturordnungen völkischen Lebens. Die den Menschen aus allen urtüm-
lichen Bindungen und Lebenszusammenhängen herausreißende Gedanken-
welt der französischen Revolution hat mit ihrem Gleichheitsbegriff, der eine
Gleichheit alles, was Menschenantlitz trägt, feststellte, eine ungeheure
Vergewaltigung der Wirklichkeit begangen, die sich bitter rächte in Wissen-
schaft und Leben, denn nicht nur Geistes- und Naturwissenschaften,
sondern auch Lebens- und Sozialgestaltung in Staat und Gesellschaft waren
heimlich von diesen Voraussetzungen aus getragen. Hier in eine die
Wirklichkeit vergewaltigende und schädigende Gedankenwelt tiefe Bresche
geschlagen zu haben, ist das große Verdienst der Rasseforschung …“
2.
Dies eine kleine Blütenlese theologischer Meinungen zum Rasse-
gedanken, die nach Überzeugung ihrer Vertreter völlig im Einklang mit der
biblischen Offenbarung stehen, sodaß uns die paradoxe Tatsache geoffen-
bart wird, daß man in der Theologie auf Grund der biblischen Offenbarung
nicht nur die entgegengesetztesten, sondern auch die verrücktesten Meinun-
gen über den Rassegedanken haben kann. Denn erstens sind es Theologen,
die hier gesprochen haben; zweitens wird keiner von ihnen behaupten
wollen, daß er seine Meinung im Gegensatz zur biblischen Offenbarung
ausgesprochen habe; drittens billigen wir jedem von ihnen zu, daß er die
biblische Offenbarung im — wie man theologisch sagt — „richtigen Geist“
gelesen und verstanden hat; viertens glauben wir von jedem der theo-
logischen Schriftsteller, daß er mit seiner Äußerung „die Klarheit des Bibel-
wortes über die Rassenfrage ausgießen“ wollte. Denn nach theologischer
Ansicht ist die biblische Offenbarung „keine Gegebenheit dieser Welt, über
die der Mensch von sich aus verfügen könnte, kein Produkt der Erfahrung,
der Ratio oder menschlicher Phantasie, ist nicht zu verwechseln mit
Weltanschauung und Religiosität, sondern ist die ganz andere, für den
natürlichen Standpunkt des Menschen paradoxe Wirklichkeit, die in der
Heimlichkeit und Verborgenheit irdischer Ereignisse und menschlicher
Worte in diese Welt hereingebrochen ist, die aber als Tat und Wort Gottes
den entscheidenden Schlüssel darstellt zur sachgemäßen Erkenntnis des
Weltganzen“2) — also wohl auch zur sachgemäßen Erkenntnis der
Rassenfrage. Merkwürdig ist dann nur, daß trotz dieses „entscheidenden
Schlüssels zur sachgemäßen Erkenntnis des Weltganzen“ so völlig verschie-
dene, ja entgegengesetzte und sich widersprechende Stellungnahmen von
2) Künneth-Schreiner: Die Nation vor Gott S. 21/22.

16
Theologen zur Rassenfrage erfolgen können, sodaß der arme gläubige
Christ in diesem dornenvollen Labyrinth christlicher Lehrmeinungen sich
nicht mehr zurechtfindet, sondern geradezu vor einem niederschmetternden
Inflations-Trümmerhaufen von Offenbarungen steht. Oder sind es nicht
etwa sich ausschließende theologische Mitteilungen biblischer Offenbarung,
wenn der Eine sagt: „Rasse ist göttliche Schöpfungsordnung“, während
der Andere meint: „Rasse und Volk sind das Ergebnis menschlicher
Sünde“; — wenn der Eine behauptet: „Das Rassenchaos ist Sünde gegen
Gottes Schöpferordnung“, während der Andere gerade das Rassenchaos als
erstrebenswerten Idealzustand preist und vom „Sumpfboden völkischer
Kultur“ spricht?
Man sieht, daß die theologische Welt mindestens bezüglich der Rassen-
frage trotz aller biblischen Offenbarung hoffnungslos aufgespalten ist und
nicht jene Einigkeit und Einheit aufweist, die man von Leuten erwarten
sollte, die von sich behaupten, im Besitze des „entscheidenden Schlüssels
zur Erkenntnis des Weltganzen“ zu sein. Dieser objektive Tatbestand der
Spaltung des theologischen Lagers aber ist es, welcher der Verkündung der
biblischen Offenbarung und dieser selbst jeden Kredit unter den Gläubigen
nimmt, da folgerechterweise von der biblischen Offenbarung erwartet wird,
daß sie nicht tausend sich widersprechende Meinungen verschiedener Theo-
logen zuläßt, sondern nur eindeutige, klare, bündige und lebensschöpfe-
rische Entscheidungen kennen sollte. Der objektive Tatbestand der Spaltung
des theologischen Lagers beweist eindeutig die innere Unsicherheit der
Theologie, die als Kennzeichen der inneren Selbstzersetzung der biblischen
Offenbarung zu werten ist. Und diese innere Selbstzersetzung der biblischen
Offenbarung, deren Folge die Zersetzung des christlichen Lehr- und des
christlichen Gemeindekörpers ist, kann als die letzte Ursache dafür an-
gesehen werden, daß die Kirchen die Führung innerhalb des deutschen
Volkes verloren haben. Daß die politische Führung des deutschen Volkes an
den Staat übergegangen ist, dürften die Ereignisse seit dem 30. Hartungs
1933 Jedem klargemacht haben: — daß die weltanschauliche Führung des
Volkes den Händen der Kirchen mehr und mehr entgleitet, ist ein Vorgang,
der täglich beobachtet werden kann und ohne Weiteres verständlich ist.
Schlagender kann man nämlich seine eigene Predigt von der Wahrheit der
biblischen Offenbarung nicht widerlegen, als wenn man nach Art unserer
Theologen dem Volk die entgegengesetztesten Meinungen über die Rassen-
frage vorsetzt und von allen diesen Meinungen behauptet, daß sie sich im
Einklang mit der biblischen Offenbarung befänden. Schlimmer kann man
den Spott mit seiner eigenen Predigt von der biblischen Offenbarung nicht
treiben, als es der Theologe Heinz-Dietrich Wendland in dem Buch: „Die
Nation vor Gott“ getan hat, wo er nach dem Aufbruch der Völkischen Be-

17
wegung zum Völkischen Reich noch glaubt, dem Staat den Vorhalt machen
zu können, daß er die Gemeinschaft nicht vollenden könne. Ausgerechnet
diesen Vorhalt macht der Vertreter einer Kirche, die sich heute noch in der
größten gemeinschaftslosen Verwirrung befindet, einem Staat, der nicht nur
den großen Gedanken der Volksgemeinschaft schöpferisch erfaßt hat,
sondern ihn auch zielbewußt in die Tat umzusetzen am Werk ist. In der
eigenen Kirche Ordnung zu halten und Gemeinschaft zu schaffen, sehen
sich die Theologen trotz biblischer Offenbarung außerstande: — dazu rufen
sie sogar noch den Staat zu Hilfe; aber diese am Tage liegende Ohnmacht
hindert sie nicht, sich aufs höchste Roß zu setzen und vom höchsten Gipfel
theologischer Anmaßung herab dem Staat gegenüber biblisch zu offenbaren:
„Der Staat führt also nicht ins Reich Gottes hinüber. Er ist nur eine
Ordnung für die Welt der Sünde. Aber in dieser Welt ist er die höchste
Ordnung, die es gibt.“3)
Daß ein so hilfs- und ratsbedürftiges Institut wie die protestantische
Kirche in ihren geradezu bemitleidenswerten Zuständen eine unheimlich
schlagende Widerlegung der Kraft und Wahrheit der biblischen Offenbarung
ist, das scheint dem theologischen Lager, das doch sonst immer gleich mit
dem „Beweis der Kraft“ zur Hand ist, noch nicht zum Bewußtsein ge-
kommen zu sein. Die kommenden Zeiten werden es offenbaren.
3.
Das christliche Lager ist also bezüglich der Rassenfrage gespalten. Die
biblische Offenbarung scheint nicht so klar, eindeutig und vor allen Dingen
vernehmlich gesprochen zu haben, daß die Theologen und ihre christlichen
Mitbrüder zu einer einhelligen und klaren Stellungnahme zur Rassenfrage
hätten kommen können. Woran das liegt, wird sich im Laufe unserer Unter-
suchung vollständig zwanglos ergeben.
In diesem vorbereitenden Abschnitt handelt es sich lediglich um die
Abgrenzung des Untersuchungsgebietes. Haben wir in den vorhergehenden
Abschnitten einige Theologen um ihre Meinung über die Rassenfrage
befragt, so gilt es jetzt, wenigstens in großen Zügen die praktische Stellung
des Christentums zur Rassenfrage kennenzulernen.
Darüber schreibt Helmuth Schreiner in: „Die Nation vor Gott“ auf Seite
66/67:
„Die Hoffnung auf Erneuerung des deutschen Volkstums ist hier von
jener Geisteshaltung getragen, wie sie in dem aufrüttelnden Ruf Friedrich
Nietzsches zum Ausdruck kommt: ,Ich habe eine Frage für Dich allein, mein
Bruder: wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in Deine Seele, daß ich
3) Die Nation vor Gott S. 185.

18
wisse, wie tief sie sei. Du bist jung und wünschest Dir Kind und Ehe. Aber
ich frage Dich, bist Du ein Mensch, der ein Kind sich wünschen darf?‘
,Nicht nur fort sollst Du Dich pflanzen, sondern hinauf! Dazu helfe Dir der
Garten der Ehe!‘ (Zarathustra, ,Von Kind und Ehe‘). Wo immer die Rassen-
bewegung sich dieses Ethos zu eigen macht, bricht in ihr, einerlei, ob
bewußt oder unbewußt, die Verantwortung vor einer Wirklichkeit auf, die
wir als Schöpfergabe ansprechen müssen. Die Kirche hat diese Verant-
wortung vom ersten Tage ihrer Existenz an in dem Glauben an Gott den
Schöpfer zusammengefaßt. In der Erbanlage ist etwas gegeben ohne unser
Zutun, das unser Leben von Grund auf vorbestimmt. Es weist uns auf den
Herrn des Lebens hin, dem wir nicht nur für unser individuelles Dasein
verantwortlich sind, sondern auch im Blick auf die kommenden Geschlech-
ter.“
Danach hätte also die Kirche „vom ersten Tag ihrer Existenz an“
Rassenpflege getrieben, weil sie ja „diese Verantwortung in dem Glauben
an Gott den Schöpfer zusammengefaßt“ hat. Das ist objektiv unrichtig, wie
ein einziger Blick aus die Haltung der Kirchen in der Frage der Rassen-
mischehen beweist. Noch nie während ihrer ganzen Existenz haben die
Kirchen gegen die Rassenmischehen Stellung genommen: — im Gegenteil,
als Mischehe galt ihnen lediglich die eheliche Verbindung zwischen
Ehegatten verschiedenen Glaubens und verschiedener Konfession.
Wenn man die Auslassung Schreiners liest, dann könnte man fast zu der
Überzeugung kommen, als ob nur das Christentum richtige Rassenpflege
gewährleiste, während gerade diese Religion in den hinter uns liegenden
tausend Jahren weder der Rassenmischung noch der Rassenverseuchung
entgegengetreten ist, ganz zu schweigen von der Rassenausmordung, die
durch Ketzer- und Hexenbrände und durch die Glaubenskriege geschah, und
der seelischen Rassenvergiftung, die im Gefolge der Ketzer- und Hexen-
prozesse und der Glaubenskriege das Mark des deutschen Rassentums zer-
fraß. War das etwa die Verantwortung, welche „die Kirche vom ersten Tag
ihrer Existenz an in dem Glauben an Gott den Schöpfer zusammengefaßt
hat“?
Will man diese unbewiesene und nie zu beweisende und darum grob
irreführende Behauptung Schreiners zu Ende denken, so muß man zu dem
Schluß kommen, daß die christlichsten Staaten zugleich die rassisch reins-
ten sein müßten. Davon kann aber weder im katholischen Italien und
Spanien, noch im katholischen Österreich und Frankreich, noch auch
endlich in den katholischen Mestizen-, Mulatten- und Kreolenstaaten
Südamerikas die Rede sein.
In welcher Weise ein ganzes Volk unter wirksamster Mithilfe und wohl-

19
wollendster Duldung der christlichen Kirchen in die schauerlichste Rassen-
mischung hineingetrieben wird, kann mit Leichtigkeit an Frankreich nach-
gewiesen werden. Darüber berichtet Dr. Klopp vom Hofe in seinem Auf-
satz: „Die Vernegerung Frankreichs“ Heft 2/1935 von Deutschlands Er-
neuerung unter anderem Folgendes:
„Die Zahl der Asiaten in Frankreich ist von 1921 bis 1926 von 1400 auf
43.000, die der Neger von 3000 auf 72.000 gestiegen, d. h. sie ist auf das
24fache angewachsen, und das schon vor acht Jahren! Heute geht die Zahl
der Neger und Negerblütigen in die Hunderttausende. Ein Deutscher
berichtet bereits 1927 über seine Eisenbahnfahrt von Paris nach Marseille
(Deutschlands Erneuerung, Heft 9): ,Ein Neger setzte sich mir gegenüber.
Da mir der ganze Kerl und die Art seines Essens widerwärtig war, so
beschloß ich, mir einen anderen Platz zu suchen, wo mir der Anblick eines
Farbigen erspart bliebe. Dies war mir jedoch mit dem besten Willen nicht
möglich. In jedem Abteil saß nämlich mindestens ein Angehöriger einer
fremden Rasse, oft auch mehrere, oft auch farbige Ehepaare. Neger und
Mongolen, die Rassen Afrikas und Asiens, waren in ihren verschiedenen
Spielarten in stattlicher Zahl im Zug vertreten.‘
Die Vermischung nimmt von Tag zu Tag zu. Bis tief nach Frankreich
hinein sind Neger und Asiaten bereits vorgedrungen. In Paris gibt es
mindestens 70.000 ,Sidis‘. Dies ist der volkstümliche Ausdruck für die
Neger-Afrikaner, von dem arabischen Wort für ,Herr‘ abgeleitet, mit dem
diese die Franzosen anreden. In Marseille leben etwa 100.000 Farbige, d.
h. jeder 6. Einwohner ist ein Blutsfremder. Südfrankreich wirkt fast wie ein
afrikanisches Kolonialgebiet. Schwarze Geistliche, Richter und Offiziere
spielen eine große Rolle. In einigen Orten gibt es jetzt schon mehr Fremd-
rassige als Einheimische. Im ganzen Lande, vornehmlich in Paris, Mittel-
und Südfrankreich besteht eine große Anzahl von Negerorganisationen mit
regem Vereinsleben und eigenen Zeitungen, eine Tatsache, die zum Tempo
der rassischen Entartung Frankreichs wesentlich beiträgt. Dort beachtet
man diese Vorgänge nicht, und so berücksichtigt z. B. die amtliche
Fremdenstatistik die gewaltigen Mengen der Franzosen nichteuropäischer
Rasse, d. h. gerade die Eingeborenen der französischen Kolonien, die der
Staat als Soldat oder als Arbeiter für die Kohlengruben, vor allem des
Nordens, angeworben hat, überhaupt nicht. Sie gelten als französische
Staatsbürger mit voller Gleichberechtigung.“
Wo bleibt hier die art- und rasseerhaltende Kraft der christlichen
Religion, der christlichen Kirchen, ihrer Lehrer und ihrer Gläubigen?
Künneth behauptet in dem Buch „Die Nation vor Gott“, daß „ohne die
Gotteswirklichkeit der Offenbarung der Ermöglichungsgrund der Erkennt-

20
nis und Sinndeutung“ gestrichen werde, daß man ohne „die Gotteswirk-
lichkeit der Offenbarung“ „auf das tiefste Verstehen von Volk, Rasse,
Staat“ verzichte. Nun: — in Frankreich steht die katholische Kirche in
voller Herrschaft und ist im vollen und uneingeschränkten Besitz der
„Gotteswirklichkeit der Offenbarung“. Sie müßte also das Wesen von Volk,
Rasse, Staat am „tiefsten verstehen“. Sie wäre also nach der Theorie
Künneths, der doch wohl der katholischen Kirche den Besitz der „Gottes-
wirklichkeit der Offenbarung“ nicht abstreiten will, die berufenste Hüterin
des Rassenerbgutes des französischen Volkes. Diese Kirche läßt aber das
französische Volk seelenruhig im Rassenchaos verkommen und kümmert
sich einen Deut um das ihr anvertraute Rassenerbgut, sodaß die von uns
schon gebrachten Ausführungen des katholischen Priesters Mönius zu Recht
bestehen. Das will besagen, daß die „Gotteswirklichkeit der Offenbarung“
offenbar von Volk, Rasse, Staat wegführt und zum Rassenchaos hinführt. Im
übrigen widerspricht sich Künneth andauernd selber, wie allein schon sein
Eiertanz um die Judenfrage beweist.
4.
In welcher Weise das „tiefste Verstehen von Volk, Rasse, Staat“ mit
Hilfe der „Gotteswirklichkeit der Offenbarung“ von christlicher Seite be-
trieben wird, dafür will ich zwei Beispiele bringen.
In einem christlichen Kalenderblättchen mit Datum vom 3. 12. 1934
(Abbildung am Schluß) lesen wir folgende erbauliche Betrachtung:
„,Haben wir nicht alle einen Vater? Hat uns nicht ein Gott geschaffen?
Warum verachten wir denn einer den andern? Mal. 2, 10.
,Er hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf
dem ganzen Erdboden wohnen.‘ Apg. 17, 26.
Adventszeit ist Wartezeit und darum auch Missionszeit. Es ist doch nur
ein Unterschied von tausend Jahren — also in Gottes Augen überhaupt
keiner — daß auch in unserem Vaterland Finsternis herrschte. Und es ist
auch nicht unser Verdienst, daß wir eher an die Reihe gekommen sind,
sondern göttliche Weisheit und göttliches Vorrecht, daß die andern erst
durch unsere Vermittlung das Heil empfingen. Wie kommen wir denn dazu,
daß wir, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, schon von aller-
frühester Jugend an christliche Lehre und Erkenntnis in uns aufgenommen
haben? Wie kommen wir denn dazu, daß wir nicht mit schwarzer oder
brauner oder gelber Hautfarbe auf die Welt gekommen sind? Zum rechten
Missionsverständnis und Missionssinn gehört als eine der ersten Vorbe-
dingungen, daß wir uns freigemacht haben von allem Rassedünkel. Ein
Blut, eine Menschheit, eine Familie! Darin liegt der Schlüssel zur Lösung
der Rassenfrage. Wie tief auch gesunken, wie weit auch abgeirrt, sie haben

21
alle dasselbe Recht ans Vaterhaus und -herz. — Und wie einen Ursprung,
so auch ein Ziel. Des Menschen Seele ist eine geborene Christin, sagt ein
alter Kirchenvater. Darum ist auch der Wurzelboden aller gesegneten
Missionsarbeit die Überzeugung, daß auch in der Heidenwelt ein Tasten
nach dem unbekannten Gott sich findet. Darum wollen wir auch nicht mit
Axt und Brandfackel die Götzenbilder und Altäre zerstören, sondern den
Heiden unter den Trümmern ihres Aberglaubens suchen helfen nach Edel-
steinen aus dem verlorenen Paradies, nach dem goldenen Faden, an dem
sie wieder zurückfinden können in die Gemeinschaft mit Gott.
,O Jesu Christe, wahres Licht, erleuchte, die dich kennen nicht, und
bringe sie zu deiner Herd, daß ihre Seel auch selig werd‘.“
Ganz abgesehen davon, daß der Schreiber dieser Zeilen der uneinge-
schränkten Rassenmischung das Wort redet: — „Ein Blut, eine Menschheit,
eine Familie!“ wird das „tiefste Verständnis von Volk, Rasse, Staat“ an
Hand der „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ noch erfolgreich betrieben
durch die Mittel der Ahnenverleumdung, der Geschichtsklitterung, der
Diffamierung des Rassenstolzes und endlich der Fälschung der biblischen
Offenbarung. Diese ist zwar nach Künneth „keine Gegebenheit dieser Welt,
über die der Mensch von sich aus verfügen könnte“, scheint aber doch
willkürlichen Fälschungen zu bestimmten Zwecken unterworfen zu sein.
Wenn wir nämlich die im Kalenderblatt angeführte Maleachi-Stelle in der
Bibel nachlesen, dann lautet sie wesentlich anders und hat einen wesentlich
anderen Sinn als den, welchen ihr der Kalenderschreiber untergeschoben
hat. Es gibt nicht nur christliche Devisenschiebungen, sondern auch
christliche Schiebungen mit der „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ —
und eine solche will ich nunmehr entlarven, weil sie auf das „tiefste Ver-
ständnis von Volk, Rasse, Staat“ ein sehr merkwürdiges Licht wirft und uns
zu äußerster Vorsicht mahnt, wenn uns ein Christ dieses „tiefste Ver-
ständnis“ an Hand der „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ erschließen
will. Ich bringe nunmehr die ganze Maleachi-Stelle so, wie sie zusammen-
gehört, also nicht nur den schauderhaft verstümmelten Vers 10 in seinem
ungekürzten Wortlaut, sondern auch den dazu gehörenden Vers 11. Wir
lesen also in Maleachi 2 V. 10/11:
„Haben wir nicht alle Einen Vater? Hat uns nicht Ein Gott geschaffen?
Warum verachten wir denn einer den andern, und entheiligen den Bund, mit
unsern Vätern gemacht?
Denn Juda ist ein Verächter geworden, und in Israel und zu Jerusalem
geschehen Greuel. Denn Juda entheiligt, was dem Herrn heilig ist, und das
er lieb hat, und buhlt mit eines fremden Gottes Tochter.“
Zu dieser Stelle schreibt nun Otto v. Gerlach in seinem Bibelkommentar

22
das Folgende:
„Das ganze Israel ist Gottes erstgeborener Sohn (2. Mos. 4, 22). Eine
Gottes-Familie durch Gottes Gnadenwahl; deswegen soll Jeder seinen
Nächsten als Mitglied dieser Sohnschaft ehren und lieben; und wer das
nicht tut, der verachtet den gemeinschaftlichen Vater, der diese Gemein-
schaft des Kindesrechts gestiftet hat.
Hier ist nicht an die allgemeine Schöpfung der Menschen, durch die
allerdings alle Menschen zum Ebenbild Gottes geschaffen und zur gemein-
schaftlichen Gotteskindschaft voraus verordnet sind, zu denken, sondern an
die besondere Schöpfung des Volkes Israel zum auserwählten Volk Gottes,
wodurch dieses Volk auf die vorausbestimmte Zeit von den andern Völkern,
die den Götzen dienten, ausgesondert wurde. Dies beweist die Erwähnung
des Bundes mit den Vätern, die sogleich folgt: dies beweist auch der ganze
Zweck dieser Anrede, da hier nicht die allgemeine Menschenliebe, die
freilich auch ihr Recht hat, anbefohlen, sondern der Mangel an der engeren
Geschwisterliebe zu den Volksgenossen, die ebenso berechtigt ist, gerügt
wird. Wenn dieser Spruch zur Einschärfung der allgemeinen Menschenliebe
gebraucht wird, so ist diese Anwendung erlaubt: aber sie ist nicht dem
ursprünglichen Sinn und Zweck des Spruches gemäß. Vielmehr würde
durch diese Deutung hier die Strafrede des Propheten entkräftet.
(… zu Jerusalem geschehen Greuel) — Durch naturwidrige Vermi-
schung des heidnischen und jüdischen Blutes in gemischten Ehen. Denn
solange der geistige Gegensatz zwischen Juden und Heiden, als Gottesvolk
und Götzendienern, bestand, war eine fleischliche Vermischung nicht nur
dem Gesetz Gottes (2. Mose 34,16; 5. Mose 7,3), sondern auch dem sitt-
lichen Naturgefühl zuwider. Man schaudert vor der ehelichen Verbindung
mit dem zurück, mit dem man sich im bewußten inneren geistlichen Wider-
spruch befindet.
,Das Heiligtum des Herrn, das Er (der Herr) lieb hat.‘ Dieses Heiligtum
des Herrn ist nicht bloß der Tempel, sondern das Bundesvolk selbst: denn
dieses ist das heilige Volk, das Volk des Eigentums, das der Herr erwählt
und je und je geliebt hat. (Vgl. Jeremia 2, 3. Anm.) Wenn nun Juda die
einheimischen Ehen verachtete, und sich nach Ehebündnissen mit den
Töchtern der Götzendiener gelüsten ließ, so entehrte es damit nicht nur sich
selbst, sondern verachtete auch die Wahl und das Heiligtum seines Gottes
und stellte in sich selbst Gottes geheiligtes Eigentum unter die Götzen-
diener.
Das Gelüsten nach der fleischlichen Gemeinschaft mit den Töchtern der
Götzendiener war zugleich ein Buhlen mit den Töchtern der fremden Götter.
Denn welchem Gott ein Volk sich zum Eigentum ergeben, desselbigen
Gottes sind auch die Töchter dieses Volkes. Die Juden aber, selbst Priester

23
und Leviten, buhlten damals um die Töchter der Götzendiener, und es
kostete die größten Anstrengungen und gewaltsames Einschreiten, um sie
davon zurück zu bringen. Vgl. Esra Kap. 9 und 10. Nehem. 13, 23-29.“
Der Leser stellt zu seinem Erstaunen fest, daß in der Maleachi-Stelle das
genaue Gegenteil dessen steht, was uns der Kalenderschreiber als „Offen-
barung der Gotteswirklichkeit“ vortischte, denn Gerlach schreibt ausdrück-
lich, daß die allgemeine Menschenliebe nicht „dem ursprünglichen Sinn
und Zweck des Spruches gemäß“ ist. Wenn er trotzdem die Anwendung
dieses Spruches zur Einschärfung der allgemeinen Menschenliebe erlaubt,
so beweist er eben mit dieser selbstherrlichen Verfügung über die „Gottes-
wirklichkeit der Offenbarung“ schlagend den Unsinn der Behauptung
Künneths, daß die „biblische Offenbarung keine Gegebenheit dieser Welt
ist, über die der Mensch von sich aus verfügen könnte“.
Die Kalenderblättchen scheinen überhaupt von christlicher Seite als
dankbare Wurfgeschosse gegen den Rassegedanken verwendet zu werden,
denn unter dem 10. Juli 1935 lesen wir als Auslegung der „Offenbarung der
Gotteswirklichkeit“ folgenden erbaulichen Erguß eines typischen Rassen-
und Blutsdeserteurs:
„,Lasset uns dem Herrn die Ehre geben und seinen Ruhm in den Inseln
verkündigen.‘ Jes. 42, 12.
,Ich bin Schuldner der Griechen und der Ungriechen, der Weisen und
der Unweisen.‘ Röm. 1, 14.
Wenn wir andern Liebe erweisen, dann sehen wir sie unwillkürlich als
unsere Schuldner an, die uns zu Liebe und Dankbarkeit verpflichtet sind.
Daß Paulus in seinem Leben mit andern Menschen ein Jünger Jesu war,
machen uns wenig Worte so deutlich wie unser heutiger Lehrtext. Alle seine
ermüdenden, gefahrvollen Reisen, sein Leben in Opfer, Entbehrung, Arbeit
und Sorge, Verfolgung und Leiden (2. Kor. 11) für andere betrachtet er nicht
als eine Leistung, die alle diese Menschen ihm verpflichtet und zu seinen
Schuldnern macht. Als ein Diener dessen, der kam, nicht um sich dienen zu
lassen, sondern um zu dienen, sagt er hier: ,Ich bin ein Schuldner der
Griechen und der Ungriechen, der Weisen und der Unweisen.‘ Alles, was er
so an Opfern für andere bringt, ist nur Schuld, die er abzutragen hat. Er ist
ihnen verpflichtet wie ein Schuldner seinen Gläubigern. Hatte ihn doch
sein Herr, den er verfolgt hatte, begnadigt und zu seinem Boten an die Welt
gemacht. Das Bewußtsein seiner großen Schuld gegen seinen Herrn macht
ihn nun zum Schuldner aller derer, denen nach Gottes Willen Christus zum
Erlöser und Heiland werden möchte. Da aber traten für Paulus alle
Unterschiede zurück, die sonst die Menschen trennen, die Unterschiede der
Rasse, der Volkszugehörigkeit, des Standes und der Bildung. Welche Kluft,

24
ja, welche Feindschaft reißen diese Verschiedenheiten immer wieder auf!
Wieviel Haß ist ihr Werk! Aber wer sich dem Heiland der Welt als seinem
Erlöser schuldig weiß, weil er ihn von den schwersten Fesseln befreit hat,
weil er ihn trägt, ohne nach solchen Unterschieden zu fragen, die Men-
schen in der Welt ausgerichtet haben, weil er sucht, was verloren ist und
sich aller erbarmt, der weiß sich nun auch als Schuldner aller derer, die der
Heiland in seiner Liebe sucht.“
Auch dieser christliche Kalenderschreiber hat wieder Pech, denn er hat
die „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ in Jesajas 42, 12 von sich aus
geändert. Es heißt nämlich in der genannten Bibelstelle nicht: „Lasst uns
dem Herrn die Ehre geben …“ es heißt vielmehr: „Lasst sie dem Herrn die
Ehre geben …“: darin liegt für den, der auch auf philologische Redlichkeit
Wert legt, immerhin ein ganz großer Unterschied. Immerhin haben wir auch
hier wieder ein sprechendes Beispiel für die objektive Unrichtigkeit des
Künnethschen Satzes, daß die biblische Offenbarung keine Gegebenheit
dieser Welt sei, über die der Mensch von sich aus verfügen könnte. Wer so
willkürlich mit dem Text der „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ um-
springt, der kann schlechterdings alles aus der Bibel herauslesen, alles
beweisen und alles, was ihm beliebt, als „Offenbarung der Gottes-
wirklichkeit“ ausgeben. So wird auf christliche Weise der Mensch zum
göttlichen Orakel, ja zum Gott.
5
Die bisherigen Ausführungen haben ergeben, daß der christliche Laie,
der sich bei den Theologen Rat und Klarheit über die Rassenfrage und sein
Volkstum holen will, in ein unentwirrbares Labyrinth sich widersprechender
Meinungen gerät und am Ende nicht mehr weiß, welches nun eigentlich die
richtige und die wahre Meinung der „Offenbarung der Gotteswirklichkeit“
ist.
Wer deshalb diesen fast unentwirrbaren Knäuel theologischer
Meinungen entwirren will, um festzustellen, wo nun eigentlich Rasse, Volk
und Persönlichkeit ihre Stellung innerhalb des christlichen Weltbildes
haben, der tut gut daran, nicht die Theologen zu fragen, sondern nach Bibel
und Bekenntnisschriften zu greifen, an welche die christliche Gemeinde
nach christlicher Lehre gebunden ist. Hier findet er wenigstens von den
Ereignissen des Jahres 1933 und der ihm folgenden Jahre unbeeinflußte
Offenbarungen und Bekenntnisse, welche ihm den gewünschten Aufschluß
geben können.
Der Gang der Untersuchung, der in dieser Arbeit eingeschlagen wird,
versucht zunächst eine Antwort darauf zu finden, ob sich die Begriffe Rasse
und Volk in der Bibel und in den Bekenntnisschriften finden, in welcher

25
Bedeutung sie gebraucht werden und welchen Einfluß sie auf die
Anschauung von der Persönlichkeit ausüben. Ferner werden wir die
Beziehungen zwischen Christentum und Judentum einer Untersuchung
unterziehen und endlich werden wir die Stellung des Heidentums im
christlichen Weltbild bestimmen und feststellen müssen, in welcher Be-
ziehung der Begriff des Heidentums zu unserem Thema steht. Der
zusammenfassende Abschnitt wird dann die Schlußfolgerungen aus den
Untersuchungsergebnissen ziehen.

B
Die biblische und die lehrmäßige Ansicht von der
Rasse.
1.
„Das Blut der Helden ist näher bei Gott als die Tinte der Weisen und die
Gebete der Frommen“ so lautet ein alter arischer Spruch: die Geschichte
des Christentums aber ist die Geschichte des Abfalls von dieser Weisheit,
denn das Christentum ist die Religion des magischen Menschen. Dieser
geht von dem Grundgedanken aus, daß die Welt auf magische Weise von
göttlichen oder dämonischen Kräften zusammengehalten und beherrscht
wird, die sich ihrerseits wiederum die Herrschaft gegenseitig streitig
machen. Diesen Grundgedanken finden wir aufs beste ausgeführt in den
folgenden Sätzen Künneths in dem Buch „Die Nation vor Gott“, in denen
es heißt:
„Das Verhältnis Gottes des Schöpfers und zugleich des Versöhners und
des Heiligen Geistes zu dieser gefallenen Welt ist durch den Erhaltungs-
willen Gottes bestimmt. Gott erhält trotz Fall und Sünde die Welt, die immer
noch seine Kreatur bleibt, durch bestimmte Ordnungen, um seine Schöp-
fung auch in ihrer entarteten Gestalt vor der völligen Zerstörung und
Selbstauflösung zu bewahren und seinem erst durch Christus offenbar
gewordenen ursprünglichen Schöpfungsziel zuzuführen. Dieser Wille Gottes
zur Erhaltung der Welt besagt also nicht Aufhören der Schöpfung, nicht
Ruhe, sondern ist schöpferisches Wort Gottes. Beruht die Erhaltung der im
Sturz befindlichen Welt auf dem lebendigen Schaffen Gottes, dann wird da-
durch zwar nicht die Schöpfung wiederhergestellt, aber der Erhaltungswille
Gottes ist das der gefallenen Welt zugewendete Schöpfertum Gottes.

26
Der Begriff ,Erhaltungsordnung‘ Gottes bedeutet im Unterschied zu
,Schöpfungsordnung‘ ein Ausrufungszeichen, das davor warnt, unüberlegt
und ungesichert über die Schöpfung zu reden, und das eindeutig die durch
nichts zu beschönigende Weltsituation kennzeichnet. Die Erhaltungsordnun-
gen Gottes in dieser Welt sind zweckbestimmt. Sie bringen zum Ausdruck,
daß die Welt eingespannt ist zwischen Fall und telos (Weltende), daß sie
deshalb in diesem Zwischenzustand vollständig auf das erhaltende und
rettende Handeln Gottes angewiesen ist. Diese Ordnungen sind von Gott
der Welt gegeben wegen der Schöpfung, um diese vor dem völligen
Untergang zu sichern, wegen der Sünde, um die Welt gegen die Über-
wältigung durch die Mächte des Bösen zu schützen, und wegen des Heils
der Welt, um sie bis zur Neuschöpfung aufzubewahren. Die Erhaltungsord-
nungen tragen den Charakter des Gesetzes. Die gott-gegebenen Gesetz-
mäßigkeiten dienen der Welterhaltung und begründen demnach die einzige
Daseinsmöglichkeit in dem alten Äon des Falles. Der dreifache Gehalt der
Offenbarung kommt notwendigerweise auch bei dem Verständnis der
Erhaltungsordnungen zum Durchbruch. ,Erhaltung‘ ist immer zugleich
bezogen auf den Schöpfer, auf die Sünde und auf Erlösung.“
In diesen Ausführungen ist der magische Kern des Christentums deut-
lich sichtbar. Der magische Mensch weiß bis ins Kleinste hinein Bescheid
über Ursprung, Werden und Ziel der Welt; er kennt bis ins Letzte die
Gedanken seines Gottes, denn er hat ja die „Offenbarung der Gottes-
wirklichkeit“, und fordert darum auch unbedingten und blinden Glauben.
Ganz anders der heroische Mensch. Er weiß um das Unerforschliche und
verehrt es als ein heiliges Rätsel alles Lebens. Er bescheidet sich dabei, das
Wissbare und der Erkenntnis Zugängliche zu erforschen und zu wissen —
selbst um den Preis seines Lebens — das Unerforschliche aber ruhig zu
verehren. Fremd ist ihm das aufdringliche und marktschreierische, aber
auch unduldsame Wissen um „Ratschlüsse“, „Heilspläne“, „Absichten“
eines ganz genau gekannten Gottes, fremd ist ihm die düstere Weltver-
leumdung des christokratisch-magischen Menschen, wie sie aus den Zeilen
Künneths spricht, fremd ist ihm darum auch der widernatürliche christo-
kratisch-magische Heils- und Erlösungsmechanismus, mit dessen Hilfe der
magische Mensch seinen Gott zu „versöhnen“, d. h. Macht über ihn zu
gewinnen sucht. Denn Glaube im Heroischen Sinne ist Leben und Gestalt-
werdung aus einem unbegreiflich Höchsten Werte, mit dem sich der
Heroische Mensch mythisch verbunden fühlt. Glaube im christokratisch-
magischen Sinne ist dagegen Festhalten an einem für geoffenbart erklärten
Logos und Buch. Glaube im Heroischen Sinne ist Schicksal; im christo-
kratisch-magischen Sinne ist er jenes Gnaden- und Machtgeschenk, auf
Grund dessen sich der Gott des magischen Menschen versöhnen lassen

27
muß. Glaube im Heroischen Sinne ist Bahnbrecher aller Erkenntnisse und
Gestaltungen: — Glaube im christokratisch-magischen Sinne ist Abschluß,
Begrenzung und Umgrenzung bestimmter Offenbarungen gegen Vernunft
und Wissenschaft. Glaube im Heroischen Sinne ist Berufung aus der Mitte
des Wesenhaften Reiches heraus, in dem wir alle ruhen: — Glaube im
christokratisch-magischen Sinne ist das Fürwahrhalten eines bestimmten
Offenbarungsinhaltes aus dem Erlösungsgedanken heraus.4)
2.
Erst von diesem Standpunkt aus, daß das Christentum eine durch und
durch magische Religion ist, kann seine Stellung zu Rasse und Volkstum
umrissen und begriffen werden. Und hier ist die Lehre des Apostels Paulus,
der das Weltverständnis, „das die Welt als Einheit begreift, die als ganze
unentrinnbar durch Schöpfung, Fall und Erlösung bestimmt ist“ 5), am
folgerichtigsten ausgebaut hat, von ungeheurer Wichtigkeit.
Wenn nun auch Delekat und Künneth den Begriff der „Schöpfungs-
ordnung“ ablehnen — Ersterer bezeichnet ihn als unchristlich, Letzterer
hält ihn für theologisch nicht gesichert — so muß demgegenüber doch mit
allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß Paulus eine Lehre von
der Schöpfungsordnung entwickelt hat, die eine ungeheure Wirkung auf die
christliche Glaubenslehre ausgeübt hat. In 1. Kor. 11, 3 schreibt Paulus:
„Ich lasse euch aber wissen, daß Christus ist eines jeglichen Mannes
Haupt; der Mann aber ist des Weibes Haupt; Gott aber ist Christi Haupt.“
Zu dieser Stelle schreibt Gerlach in seinem Bibelkommentar:
„Der Apostel gründet seine ganze folgende Zurechtweisung auf die
christliche Lehre von dem Verhältnis der Geschlechter gegeneinander. Die
Verbindung von Mann und Weib ist das Abbild einer höheren Verbindung,
nämlich Gottes und seiner nach seinem Ebenbild geschaffenen, ihn ver-
nehmenden, daher vernünftigen Geschöpfe. Gott hat sich so tief herabge-
lassen, daß er Wesen erschuf, die in gewissem Sinne, ungeachtet ihrer
Abhängigkeit als Geschöpfe, doch ihm gleich wären durch die Liebe; bei
denen die Gemeinschaft der Liebe den Gegensatz von Herrschen und
Dienen, ja von Schöpfer und Geschöpf vermittelte. Der Sohn Gottes, als der
geoffenbarte und wiederum den Vater der Welt offenbarende Gott, ist in
diesem ehelichen Verhältnis Gottes und seiner Schöpfung des Mannes
Haupt, er ist der Ehemann, indem er den Menschen sich zum Bilde schuf,
und zugleich ihn in ein weiblich-abhängiges Verhältnis zu sich stellte.

4) Vgl. dazu des Verfassers Werk: Von der lebensschöpferischen und von der lebensentarten-
den Wirtschaft.
5) Die Nation vor Gott.

28
Vermöge seiner zwiefachen Natur aber, durch die er Mittler geworden ist
zwischen Gott und den Menschen, ist Gott zugleich sein Haupt. Christus ist
es, durch den alle Dinge gemacht sind und er ist zugleich der erstgeborene
unter vielen Brüdern, er setzt, mit ihnen, sein Vertrauen auf Gott, stellt mit
den Kindern, die Gott ihm gegeben hat, gemeinschaftlich sich Gott dar
(Hebr. 2, 13), er ist also, als der, welcher Gott gegenüber die ganze
Menschheit darstellt, in einem ähnlichen Verhältnis der Unterordnung zu
ihm, wie das Weib gegen den Mann. Ein Abbild nun dieses Verhältnisses
besteht in der Ehe. Der Mann wurde zuerst, als Gottes Ebenbild, von ihm
geschaffen, danach das Weib dem Manne zur Gehilfin gegeben; ähnlich wie
Gott zuerst war, danach sich eine Welt erschuf von Wesen, die ihn erkannten
und liebten. So steht nun der Mann in einem Verhältnis der Abhängigkeit
nur zu Gott in Christo, das Weib aber nicht nur zu Gott, sondern auch zu
dem Mann; in Bezug auf die Abhängigkeit ist ihr Verhältnis zu Gott
vermittelt durch den Mann. In dieser Strenge besteht aber die Abhängigkeit
nur für das irdische Leben (Matth. 22, 30. Luk. 20, 34-36); daher, insofern
das ewige Leben schon hier mitten in dem irdischen Leben erschienen ist,
offenbart sich, innerhalb dieses Unterschieds von Mann und Weib, zugleich
auch die dereinst vollkommen hervortretende Gleichheit; in Christo ist
nicht Mann noch Weib. Gal. 3, 28. So hält der Apostel eben so sehr den
Unterschied fest für das irdische Verhältnis, worin sich ein höheres, himm-
lisches abbildet, als er auch zugleich die des Unterschiedes ungeachtet
stattfindende Einheit beider Geschlechter lehrt. Die selbe Rücksicht auf das
Haupt soll den Mann bewegen, unbedeckten Hauptes zu gehen, und das
Weib, ihr Haupt zu bedecken: denn des Mannes Haupt ist unsichtbar, und so
auch das Zeichen seiner Abhängigkeit; des Weibes Haupt dagegen ist
sichtbar, also auch die ,Macht‘ (V. 10) auf ihrem Haupt.“
In eine Formel gepreßt heißt das: — Christus ist der magische Mittler
zwischen Jahwe und dem Menschengeschlecht; er ist das magische Haupt
der Schöpfungsordnung und durch ihn sind alle Dinge gemacht.
Diese Lehre fordert notwendig ihren Ausbau in der Lehre von der
Präexistenz Christi und in der anderen Lehre von der Kirche als dem
mystischen Leib Christi. Das wird ganz deutlich an den im Folgenden
gebrachten Äußerungen Otto Pfleiderers, der in seinem Werk: „Das
Urchristentum“ zu der in Frage stehenden Paulus-Stelle das Folgende
schreibt (S. 215/217):
„Kann die Mittlertätigkeit Christi bei der Weltschöpfung zweifelhaft
bleiben, so ist dagegen eine in der Schöpfungsordnung begründete Mittler-
stellung Christi zwischen Gott und der menschlichen Gattung unzweifelhaft
gelehrt in 1. Kor. 11, 3: ,Ihr sollt wissen, daß jedes Mannes Haupt Christus

29
ist, Haupt aber des Weibes der Mann, Haupt aber von Christi ist Gott.‘ Wir
haben also hier ein dreifach abgestuftes Verhältnis der Über- und Unter-
ordnung: zwischen Gott und Christus, Christus und Mann, Mann und Weib,
wobei je das erste Glied das Haupt des zweiten heißt. Was Paulus darunter
versteht, deutet er nachher (V. 7 ff.) an, wo es zunächst vom Mann heißt,
daß er Bild und Abglanz Gottes sei, und sodann vom Weib, daß es Abglanz
des Mannes, aus dem Mann und um des Mannes willen sei; sowie auch
Christus 2. Kor. 4, 4-6 Bild und Abglanz Gottes, seines Hauptes heißt.
Daraus erhellt, daß Paulus mit dem Begriff ,Haupt‘ ein solches Verhältnis
bezeichnet, in welchem das Untergeordnete in dem Höheren sein Urbild,
seinen Ursprung und seinen Zweck hat. In einem solchen Verhältnis steht
also Christus zu Gott und steht der Mann zu Christus, sofern dieser sein
Haupt heißt, aber auch zu Gott, sofern er Bild und Abglanz Gottes heißt (V.
7), was sich beides darin vereinigt, daß der Mann unmittelbar in Christus,
mittelbar in Gott Ursprung, Urbild und Zweck seines Daseins hat, wie das
Weib hinwiederum ebendasselbe im Mann hat. Christus nimmt also die
Mittlerstellung ein zwischen Gott und dem Mann, oder da dieser wieder
ebenso sein Mittler mit dem Weib ist, zwischen Gott und dem Menschen
überhaupt; er vermittelt der Menschheit Abhängigkeit von Gott und
Ähnlichkeit mit Gott, indem er als das Ebenbild Gottes zugleich Urbild des
Menschen, als der vom Vater abhängige Sohn zugleich Haupt der von ihm
abhängigen Menschheit ist. Und zwar ist diese Mittlerstellung Christi nicht
etwa auf das heilsgeschichtliche Verhältnis Christi zur Gemeinde der Gläu-
bigen zu beschränken, sondern ist ein allgemeines, auf der ursprünglichen
Schöpfungsordnung beruhendes Verhältnis zur menschlichen Gattung über-
haupt, denn sonst könnte es nicht heißen: Christus ist das Haupt jedes
Mannes; im heilsgeschichtlichen Sinne wäre er nur Haupt der Christenge-
meinde (ein zwar nicht urpaulinischer, doch allerdings deuteropaulinischer
Gedanke), aber nicht Haupt der Nichtchristen und nicht Haupt der Männer
in unmittelbarerer Weise als der Frauen, da ja im religiösen Verhältnis
dieser Unterschied aufgehoben ist. (Gal. 3, 28.) Auch handelt es sich im
ganzen Zusammenhang der Stelle nicht um das Heilsverhältnis Christi zur
Gemeinde, sondern um das Naturverhältnis des Weibes zum Mann, welches
seine Analogie hat in dem geschöpflichen Naturverhältnis des Mannes zu
Christus. So ergibt sich zweifellos aus dieser Stelle, daß Christus als der
Sohn Gottes, welcher in Gott sein schöpferisches Haupt und Urbild hat,
zugleich der Urmensch ist, das schöpferische Haupt und Urbild der
menschlichen Gattung, und darum ebenso der Vertreter der Menschheit bei
Gott wie Gottes Vertreter und Offenbarungsmittler für die Menschheit.“
An diese Erörterung ließe sich die sehr interessante Frage knüpfen, wie
es dann mit dem Sündenfall und der Schuld an ihm steht, wenn Christus der

30
Urmensch ist? Denn, wenn Christus „schöpferisches Haupt und Urbild der
Menschlichen Gattung“ ist, dann ist die Sünde nicht ohne seine Schuld in
die Welt gekommen; er muß dann — um mit Paulus zu reden — der Adam
sein, durch welchen die Sünde in die Welt gekommen ist. Wir werfen diese
Frage lediglich auf, ohne ihre Beantwortung zu versuchen, weil uns dies
von unserem Thema zu weit abführen würde. Außerdem sind wir auch keine
Theologen, um uns in so subtilen Gedankengängen zu bewegen.
3.
Diese Paulinische Lehre erfährt nun einen folgerichtigen Ausbau in der
Stelle 1. Kor. 12, 13:
„Denn wir sind durch Einen Geist alle zu Einem Leib getauft, wir seien
Juden oder Griechen, Knechte oder Freie, und sind alle mit Einem Geist
getränkt.“
Damit ist gesagt, daß Juden und Griechen sich in der christlichen
Gemeinde zu Einem Leib zusammenfinden, in welchem alle Unterschiede
beseitigt, folgerichtig auch alle rassischen Besonderheiten aufgehoben sind.
Gerade auf die Aufhebung der rassischen Besonderheiten ist deshalb be-
sonderer Nachdruck zu legen, weil die Umwandlung des in ein bestimmtes
Rassen- und Volkstum hineingeborenen Christen in das Urbild des Ur-
menschen Christus die Aufhebung der rassischen Besonderheiten zur
Bedingung hat. Nun ist zwar von christlicher Seite immer wieder mit
Heftigkeit bestritten worden, daß Paulus der Prediger eines rassischen
Gleichheitsideales gewesen sei. Noch Grundmann weist in seiner Schrift
„Gott und Nation“ diesen Vorwurf folgendermaßen zurück:
„Die Menschheit wird in ihren rassischen, sozialen und geschlecht-
lichen Unterschieden durchaus bejaht und klar gesehen — wie Paulus und
die anderen Apostel nie Sozialreformer und Ehe- und Geschlechtsreformer
sein wollten, so auch nicht Prediger eines rassischen Gleichheitsgedankens,
dazu hatten sie viel zu viel Ehrfurcht vor der Natur als göttlicher Schöpfung
— aber sie wird außer diesem ihrem gesellschaftlichen Sinn nach Rasse,
sozialer Stellung und Geschlechtszugehörigkeit noch in einer tieferen
Schicht gesehen, in der sie allerdings über alle Unterschiede hinweg gleich
und eins ist: in ihrem Sein vor Gott.“
Wir werden Gelegenheit haben, diese Ansicht an Hand des Paulus-
Jüngers Lukas ganz schlüssig zu widerlegen. Vorerst bringen wir zur
Stützung unserer Ansicht das, was Pfleiderer zu der eben in Rede stehenden
Paulus-Stelle zu sagen hat:
„Paulus sieht ,im christlichen Geist‘ nicht mehr bloß die sporadisch in

31
einzelnen Impulsen und Wunderwirkungen sich äußernde Wundermacht,
sondern das dem Christen stetig innewohnende ,Gesetz des Lebens in
Christo‘, also das wirkende und normierende Prinzip der Erneuerung des
ganzen Menschen zu einer ,neuen Kreatur‘, ein Prinzip, welches bei aller
Übernatürlichkeit seines Ursprungs doch im Menschen zur neuen Natur,
zum stetigen Charakter seines persönlichen Christenlebens, seines Fühlens,
Denkens, Wollens und Handelns wird, wodurch er schon gegenwärtig in
Christi Bild umgewandelt wird (2. Kor. 3, 18; Röm. 8, 12 ff).“6)
Die Kritiker des Christentums haben sich alle an den in der Bibel
erzählten Wundergeschichten aufgehalten und sich darüber entrüstet. Nun
sind diese Dinge im Grunde genommen sehr harmlos: es lohnt sich nicht,
sie zum Gegenstand religiöser oder wissenschaftlicher Auseinander-
setzungen zu machen. Das Christentum, das als magische Religion den
magischen Zusammenhang der Welt behauptet, ist schlechterdings außer
Stande, an die Stelle der von ihm behaupteten und geglaubten magischen
Kräfte nun plötzlich Naturgesetze zu stellen und damit sein eigenes Weltbild
zu stürzen. Das mußte von christlicher Seite gesagt, von nichtchristlicher
Seite anerkannt werden.
Wenn nun das Christentum eine durch und durch magische Religion ist
— vom grünenden Zauberstab Aarons vor dem Pharao bis zu den Petrus-
und Pauluswundern und den Wundern der Heiligen reicht eine ununter-
brochene Kette magischer Wunderwirkungen — dann sind die Ausfüh-
rungen Pfleiderers von der Wundermacht des Gesetzes des Lebens in
Christo nicht anders zu verstehen, als daß es sich bei diesem Gesetz um ein
magisches Gesetz handelt. Wie es von der christlichen Lehre aufgefaßt
wird, darüber belehren uns am besten die folgenden Ausführungen in der
Dogmatik Martensens (S. 221):
„Die Offenbarung des Sohnes in der Fülle der Zeit weist auf seine
Präexistenz zurück, eine Vorstellung, welche nicht nur sein ursprüngliches
Sein im Vater, sondern auch sein ursprüngliches Sein in der Welt ausdrückt.
Als der Mittler zwischen dem Vater und der Welt gehört es zum Wesen des
Sohnes, sein Leben nicht nur im Vater, sondern auch in der Welt zu leben.
Als ,das Herz Gottes des Vaters‘ ist er zugleich das ewige ,Weltherz‘, durch
welches das göttliche Leben in die Schöpfung hineinströmt. Als der Logos
des Vaters ist er zugleich der ewige Weltlogos, durch welchen das göttliche
Licht in die Schöpfung hineinstrahlt (Joh. 1, 4)7) Er ist Grund und Quell
aller Vernunft in der Schöpfung, sei es im Menschen oder Engel, im
Griechen oder Juden. Er ist das Prinzip des Gesetzes und der Verheißung

6) Otto Pfleiderer: Das Urchristentum S. 257.


7) Göttlicher Plato, was hast du angerichtet!

32
unter dem Alten Testament, das ewige Licht, das da scheint in der
Finsternis des Heidentums; und alle heiligen Wahrheitskörner, welche in
dem Heidentum gefunden werden, sind von dem Sohn Gottes in die Seele
der Menschen eingesät. Er ist das ewige Prinzip der Vorsehung in der
Verwirrung des Weltlebens; denn alle Mächte des Daseins, alle Ideen und
Engel sind dienende Werkzeuge für den alles ordnenden, alles lenkenden
Logoswillen. Aber in seiner Präexistenz ist er nur der wesentliche, nicht der
wirkliche Mittler zwischen Gott und der Kreatur; denn der Gegensatz
zwischen dem Erschaffenen und dem Unerschaffenen ist nur noch im Wesen
nicht aber in der Existenz aufgehoben; die Spannung zwischen Gott und der
sündigen Welt ist nur noch in der Idee nicht im Leben und Dasein
aufgehoben. In seiner Präexistenz bestimmt sich der Sohn Gottes daher als
der durch die Geschichte Kommende, der sich selbst die Bedingungen für
seine Liebesoffenbarung bereitet, für seine Menschwerdung in der Fülle der
Zeit, für die Offenbarung, in welcher er seinen Begriff als der mittlerische
Gott erst vollständig verwirklicht. Die Ankündigung und Abbildung des
Alten Testamentes von Christus ist die fortschreitende Entfaltung seiner
Selbstankündigung und seiner Selbstabbildung, sein fortgesetztes Kommen.
Es ist der göttliche Logos selbst, welcher in der Gestalt seiner künftigen
Menschwerdung von den Propheten sich schauen läßt; es ist die eigene
Natur des Mittlers die menschliche Natur als seine eigene anzunehmen, und
darum sich dem prophetischen Gesicht als ein Menschensohn zu zeigen; es
ist der göttliche Logos selbst, welcher in auserwählten Menschensöhnen
unter dem Alten Bund im Voraus sich abbildet, indem er in beschränktem
Maße sein heiliges Wesen menschlichen Persönlichkeiten einformt und auf
diese Weise einzelne Züge des Bildes verwirklicht, dessen ganze gott-
menschliche Fülle er in seiner Christusoffenbarung zusammenfassen will.
Ja selbst in den Göttersöhnen des Heidentums und in denjenigen Men-
schensöhnen, welche im Heidentum als Zeugen einer edlen, gottverwandten
Menschheit dastehen, hat er einzelne Züge seines Bildes abgeprägt,
obgleich das Heidentum diese mißdeutete und die Verheißung nicht faßte.“
Die platonische Logoslehre muß also dazu herhalten, um die Er-
scheinung Christi zum göttlichen Logos emporzuheben und den Menschen
die christliche Schöpfungsordnung dahingehend klarzumachen, daß nicht
die Rassen das Bestimmende sind, sondern daß Christus als göttlicher
Logos in beschränktem Maße jedem Menschen eingeboren und eingeformt
ist, daß also „die Seele des Menschen eine geborene Christin“ ist.
Darin liegt die Begründung des christlichen Herrschaftsanspruches über
die gesamte Welt, Himmel, Erde und Hölle. Denn wenn Christus als gött-
licher Logos, als Quell alles Lebens dem ganzen Dasein eingeformt ist, —
nebenbei die christliche Spielart des Pantheismus! — dann ist ja nur seine

33
Herrschaft wahre Herrschaft und sein Führertum wahres Führertum. Dann
hat der Mensch keine wichtigere Aufgabe als seine völlige Eingliederung in
das Christusreich, in die Christokratie, anzustreben. Dieses Christusreich
oder, wie man auch sagen kann, die Gemeinde Christi ist aber nach dem
Epheserbrief nichts anderes als das durch die Aufnahme in den Christus-
glauben auf alle Völker der Erde ausgedehnte Bundesverhältnis der alttesta-
mentlichen Gottesgemeinde mit Jahwe. Damit haben wir nun jenen Schnitt-
punkt erreicht, wo die von Plato übernommene und christlich verdeutete
und verzerrte Logoslehre vom allgemeinen Menschentum des Christus-
reiches mit der Geschichte des Judentums und damit mit der Judenfrage
zusammentrifft und wo aus dem liberalen Kosmopoliten Paulus der jüdisch-
völkische Rabbi Saulus wird. Wir werden diese Frage noch behandeln.
Zunächst haben wir unseren Beweis, daß die Rassenfrage vom Christentum
bis zur letzten nihilistischen Konsequenz verneint wird, zu Ende zu führen.
4.
Über die paulinisch-christliche Gleichheitslehre ist, wie schon erwähnt,
ein heftiger Streit geführt worden. Derselbe hätte ohne Weiteres entschieden
werden können, wenn sich die streitenden Teile mit Lukas, dem Verfasser
der Apostelgeschichte, näher abgegeben hätten. Es ist der gleiche Lukas, der
auch das Evangelium nach Lukas verfaßt hat. Dieser ist nun ein Schüler des
Paulus und als solcher ein treuer Vertreter der Paulinischen Theologie, was
mühelos durch einen Vergleich seiner Schriften mit den Briefen des Paulus
festgestellt werden kann.
Dieser Lukas nun hat in der Apostelgeschichte zur vielumstrittenen
Rassenfrage in einer Weise Stellung genommen, die ganz in den Rahmen
der Paulinischen Theologie paßt. Daß er zudem seine Meinung den Paulus
aussprechen läßt, muß als überzeugender Hinweis dafür angesehen werden,
daß Lukas hier Paulinische Gedankengänge wiedergibt. Es handelt sich um
die große Rede Apostelgeschichte Kap. 17, die Paulus vor dem athenischen
Areopag gehalten haben soll. Wir lesen dort:
„Paulus aber stand mitten auf dem Richtplatz und sprach: Ihr Männer
von Athen, ich sehe euch, daß ihr in allen Stücken allzu abergläubisch seid.
Ich bin hier durchgegangen und habe gesehen eure Gottesdienste, und fand
einen Altar, darauf war geschrieben: ,Dem unbekannten Gott.‘ Nun ver-
kündige ich euch denselbigen, dem ihr unwissend Gottesdienst tut. Gott, der
die Welt gemacht hat, und alles, was darin ist, denn er ist ein Herr des
Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln die mit Händen gemacht
sind; auch wird er nicht von Menschenhänden bedient, als wenn er noch
etwas nötig hätte, da er selbst allen Leben und Odem und alles gibt. Und er
hat aus einem Blute jede Nation der Menschen gemacht, daß sie auf dem

34
ganzen Erdboden wohnen, wobei er festgesetzte Zeiten und die Grenzen
ihrer Wohnung bestimmt hat, daß sie Gott suchen, ob sie ihn vielleicht
tastend fühlen und finden möchten, obwohl er ja nicht fern ist von jedem
von uns.“
Zu dieser Stelle schreibt Gerlach in seinem Bibelkommentar u. a.
Folgendes:
„Kein Heide lehrte die Schöpfung der Welt durch Gott; sondern Götter
und Menschen, Gott und Welt flößen ihnen in Eins zusammen, ihre Religion
war eine Vergötterung der Natur und ihrer Kräfte. Solche von Menschen
erdachte Götter bedurften des menschlichen Dienstes, der allein sie erschuf
und erhielt; der eine, wahre, gute Gott aber steht über der Schöpfung, die
er gemacht hat, und offenbart sich liebevoll und väterlich durch dieselbe.
Wie Paulus hier Gott und Welt scharf scheidet, so zeigt er nun im Folgen-
den, daß darum doch die Schöpfung und der Schöpfer eins sind, durch
dessen Weltregierung und durch die Erschaffung von Wesen, die ihm ver-
wandt sind. Der schärfste Gegensatz gegen Epikureer sowohl als Stoiker. —
Während auch im Alten Testament ein äußerer Gottesdienst angeordnet war,
und gleichfalls Gott diese Pflege zu bedürfen schien: wurde zu allen Zeiten
von den Gottesmännern dieser Wahn bekämpft, der bloß äußerliche Dienst
verworfen, und die rechte Bedeutung aller Opfer und Gaben an Gott
nachgewiesen. Vgl. 1. Mos. 4. 3 ff. 1. Kön. 8. 27 ff. Ps. 40, 7 ff. Ps. 50, 8 ff.
Ps. 51, 18. Jes. 1, 11.
Die Lehre von der Abstammung aller Menschen von Einem Paar, ihrer
gemeinsamen Schuld und ihren gemeinsamen Bedürfnissen war den Heiden
völlig unbekannt; jedes heidnische Volk hatte vermöge seiner besonderen
Eigenschaften und Bedürfnisse seine Volksgötter, und stand für sich da in
der Welt; die Athener namentlich rühmten sich, Autochthonen, d. h. aus
ihrem eigenen Lande hervorgewachsen zu sein. Paulus lehrt, daß Gott
selbst die von Einem Paar stammenden Völker abgeteilt, ihre Eigenschaften
und Schicksale geordnet habe, und das alles, damit sie Ihn durch diese
seine Weltregierung erkennen möchten; der große erhabene Gedanke von
Einem Reich Gottes, das dazu bestimmt ist, alle Menschen zu umfassen.
Damit wollte er zugleich sich, als den fremden, verachteten Juden, ihnen
innig nahe bringen.“
Soweit Gerlach, dessen Ausführungen wir eine kurze Kritik anschließen
müssen. Die Rede des Paulus kann nämlich mit größerem Recht als auf die
Abstammungslehre vom Menschen auf die Gleichheitslehre bezogen
werden, weil es nämlich heißt, „daß von Einem Blut aller Menschen
Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen“. Dies ist sicher auch die
einleuchtendere Auslegung, weil ja Paulus „sich, als den fremden, verachte-

35
ten Juden, ihnen innig nahe bringen“ wollte. Wenn die ganze Rede des
Paulus als eine innerhalb seines Missionierungszweckes liegende Kampf-
maßnahme zu werten ist, welche die zwischen ihm und den Athenern
bestehenden Rassegrenzen und Rassenunterschiede verwischen sollte, so
haben wir hier die klassische Menschengleichheitslehre des Christentums
vor uns.
Wer, wie Grundmann behauptet, daß Paulus und die Apostel viel zu viel
Ehrfurcht vor der Natur als göttlicher Schöpfung gehabt hätten und sie
deshalb nicht Prediger eines rassischen Gleichheitsgedankens hätten sein
können, der weiß nichts von der Zeit des Urchristentums und unterschiebt
den Aposteln eigene Gedanken, Gefühle und Gemütsstimmungen, ein
Vorgehen, das bei der unterschiedlichen Seelenhaltung der Rassen doppelt
unzulässig ist. Das Anliegen des Paulus war weder der Staat, noch die
Rasse, sondern die Gemeinde Christi; diese war ihm — um mit Delekat zu
reden — „das größte Geschenk Gottes hier auf Erden“; sie wollte er durch-
setzen, um sie kämpfte er, ihretwegen befand er sich im Ausstand gegen
den Staat und alle imperialen Ordnungen. Das Urchristentum als Revolution
gegen den Geist der Antike nicht erkennen, heißt an einem wesentlichen
Charakterzug dieser Religion vorbeisehen.
Das Nietzsche und Rosenberg auf den revolutionären und anarchis-
tischen Charakter nicht nur des Urchristentums und des Paulus, sondern des
Christentums überhaupt hingewiesen haben, ist ihnen von christlicher Seite
besonders übelgenommen worden. Und doch ist das Christentum ein
Anarchismus des Glaubens, der Hoffnung und der Apokalyptik, dessen
imperialer Machtwille Himmel, Erde, Hölle umfaßt und darum vor Staats-,
Rassen- und Volksgrenzen bestimmt nicht Halt macht, wenn es sich um
Durchsetzung seiner Ziele handelt. Ein Blick in die christliche Missions-
geschichte aller Zeiten und unter allen Völkern bestätigt diese Behauptung
hundert- und tausendfach. Nichtsdestoweniger will ich meine Aussage über
das Christentum als rassenverneinende und anarchistische Religion noch
belegen durch das Zeugnis eines gewiß unverdächtigen Mannes, des
Professors der Theologie Heinrich Weinel, der in seinem Buch „Paulus“
auf den Seiten 204/205 Folgendes schreibt:
„Die urchristliche Religion ist in ihrem Kern Mystik und Apokalyptik:
Leben in Gott, in Christus, im Geist, im Jenseits, in der zukünftigen, nicht in
dieser Welt. Daraus erwächst, wenn auch nicht immer eine revolutionäre,
so doch eine anarchistische Stimmung, eine Feindschaft oder wenigstens
eine volle Verachtung gegen die ,Welt‘, ihre Güter und Werte, ihre
Gemeinschaften und Organisationen. An nichts hat der Apokalyptiker aus
dieser Welt ein positives Interesse; nur im Missionseifer ist er groß, als
Missionar des Kommenden will er die Welt bezwingen: ,Die Zeit ist nur

36
noch kurz; hinfort gilt es, daß die da Frauen haben, seien, als hätten sie
keine; die da weinen, als weinten sie nicht, die sich freuen, als freuten sie
sich nicht. Wer Einkäufe macht, tue es im Gefühl, daß sein Besitz nicht
dauern wird; wer die Welt benutzt, im Gefühl, daß er sie nicht ausnutzen
wird. Denn die Gestalt dieser Welt ist im Vergehen.“ (1. Kor. 7, 29 ff.).
Mit dem sicheren Instinkt der Selbsterhaltung hat der römische Staat
sich gegen den Anarchismus der neuen Religion gewandt, der in der Ver-
weigerung der Kaiseranbetung seinen deutlichsten symbolischen Ausdruck
fand. Wer die ganze Glut der anarchistischen Hoffnungen des ersten Chris-
tentums nachfühlen will, der lese einmal das erste heilige Buch, das diese
Religion hervorgebracht hat, die Offenbarung des Johannes, das Buch, das
einst den Herzschlag christlicher Frömmigkeit offenbarte, heute in der
Kirche vergessen und verschollen, der Sektierer Traumbuch und ein eifrig
behandeltes Objekt gelehrter Forschung geworden ist. Man versenke sich
einmal in die wunderbaren Bilder, in denen dies Buch den Staat und die
junge Religion einander gegenüberstellt: dort das Tier, das Gewalt hat über
Stämme, Völker, Sprachen und Nationen, angebetet von der ganzen Welt
und sein Zeichen der ganzen Welt auf Stirn und Hand schreibend, und hier
das Lamm auf dem Berge Zion mit den hundertvierundvierzigtausend
Versiegelten, dem lügenlosen Friedensmenschen, den Jungfräulichen, die
sich mit Weibern nicht befleckt haben; dort die Erde von Asien bis Rom
übersät mit den blutigen Leichen der Feinde Gottes, hier das himmlische
Jerusalem mit seinen goldenen Straßen und diamantenen Toren, durch
welche die Heiligen wandeln in seliger Ruhe. Und ihr Gott wird ihr Licht
sein.
Das Christentum war eine einzige große Empörung wider den Staat, den
klassischen Staat, den römischen, es war Anarchismus der Gesinnung. Die
zertretene Menschheit schrie in ihm nach Erlösung von diesem Staat, seinen
Kriegen und seinem ,Recht‘. Man darf sich durch die gelehrte Meinung von
der Übernahme der apokalyptischen Vorstellungen aus dem Judentum, die
ja ganz richtig ist, über die wahre innerliche Grundlage dieser Übernahme
und dieser Hoffnung nicht täuschen lassen. Weil das Leben im Staate die
Menschen zur Verzweiflung trieb, wurden sie Anarchisten, und weil sie
sittliche Menschen waren, weil ihre Kritik der ,Welt‘, des Staates, gerade
von der Liebe zu den Leidenden ausging, wurden sie nicht Anarchisten der
Tat, des Terrorismus, sondern Anarchisten des Glaubens und der Hoffnung,
der Apokalyptik. Der Staat sollte sterben.
Und er mußte sterben, wenn man schon allein die Grundsätze des
Paulus vertrat: nicht mehr heiraten, und das Recht nicht mehr suchen, weil
man über ihm steht. Es ist dieselbe passive Gesinnung, die im zweiten Jahr-
hundert Tatian in seiner ,Rede an die Griechen‘ klassisch also ausge-

37
sprochen hat: „Herrschen will ich nicht, reich werden mag ich nicht,
Offizier oder Beamter zu sein verachte ich, Unzucht habe ich hassen lernen,
Seefahrten aus Habgier unternehme ich nicht, Kränze zu erringen strenge
ich mich nicht an, Ruhmsucht habe ich abgetan, den Tod verachte ich,
jeglicher Krankheit fühle ich mich überlegen, Kummer reibt meine Seele
nicht auf.‘ An solcher Gesinnung, wenn sie bis zum Martyrium entschlossen
und wahrhaftig ist, scheitert der Staat in dem Augenblick, wo es ihr gelingt,
die Mehrzahl seiner Bürger zu ergreifen. Das hat Tolstoi ganz richtig
erkannt, so gut wie es die römischen Kaiser und Beamten gefühlt haben.“
Eine solche Gesinnung schließt aber auch jede Beschäftigung mit dem
Rassengedanken und jedes Eingehen auf das in ihm enthaltene Ordnungs-
prinzip aus. Nicht Staat, nicht Rasse, nicht Volkstum galten den ersten
Christen als gottgewollte „Schöpfungs- oder Erhaltungsordnung“, sondern
allein die Gemeinde Christi. Der Totalitätsanspruch des Urchristentums
spricht jedem Staat, jeder Rasse, jedem Volkstum jede Existenz-
berechtigung neben der Gemeinde Christi radikal ab, denn du (Jesus) „hast
uns Gott erkauft mit deinem Blut aus allerlei Geschlecht und Zunge und
Volk und Heiden, und hast uns unserem Gott zu Königen und Priestern
gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden.“ (Offbg. 5, 9 ff.)
Diese Gesinnung ist aber auch noch grundlegend und richtungweisend
für das Christentum unserer Tage. Wer an die fortwirkende Kraft des
Geistes in der Geschichte glaubt, der muß auch die Fortwirkung dieses
christlichen Anarchismus des Glaubens, der Hoffnung, der Apokalyptik
annehmen und zwar umsomehr, wenn er den christlichen Kirchen den von
ihnen ständig erhobenen Anspruch zubilligt, daß sie das Glaubensgut der
Gemeinde Christi bis zum heutigen Tage treu und rein bewahrt haben.
Aus einen letzten Punkt habe ich in diesem Zusammenhang noch
hinzuweisen. Wenn der Rassengedanke im Denken der urchristlichen
Gemeinde und ihrer Gründer, besonders des Paulus, jene Beachtung gefun-
den hätte, die ihm eine Reihe von Theologen zuschreiben wollen, dann hätte
er im Ideal der christlichen Ehe einen klaren und bestimmten Niederschlag
finden müssen. Aber gerade Paulus hat, um mit Weinel (a.a.O. S. 140) zu
reden, „die Ehe mit den dekadenten Stimmungen seiner Zeit als minder-
wertig beurteilt, da er sie nur von der sinnlichen Seite zu würdigen wußte“
(1. Kor. 7, 11 ff). Wenn Paulus oder die Apostel jemals die Ehe unter
rassischen Gesichtspunkten gesehen hätten, dann hätten sie sich dazu
geäußert und dann hätte sich — soviel steht fest — dieser apostolische
Standpunkt zu einer bestimmten Tradition in der Kirche entwickelt. Das
Schweigen der Apostel zur Frage der rassenreinen oder rassengemischten
Ehe hat nichtsdestoweniger auch eine kirchliche Tradition zur Folge gehabt,
die zweifellos dem Geist des apostolischen Christentums entsprach. Man

38
lese sämtliche Dogmatiken und alle christlichen Rituale zur Eheschließung
nach und man wird nirgends finden, daß die Kirchen die Rassenmischehe
verwerfen und eine Pflicht der Ehegatten zur Rassen-, Art- und Volks-
erhaltung aufstellen oder anerkennen. Diese durch Jahrhunderte von allen
christlichen Kirchen gepflegte Tradition muß als Niederschlag echtesten
christlichen Geistes angesehen werden: — aus ihr spricht eindeutig und klar
die Paulinische Auffassung der über alle Unterschiede der Rasse erhabenen
christlichen Gemeinschaft und die Petrinische Auffassung vom christlichen
Volk Gottes:
„Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum,
das heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die
Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunder-
baren Licht; die ihr einst nicht ein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid,
und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid.“ 1. Petrus 2, 9-
10)
„Einen Geist haben alle Getauften empfangen, sie dürfen alle den einen
Leib des Christus essen und werden alle seine Genossen, aufgenommen in
die geheimnisvolle Gemeinschaft mit einem Wesen aus dem Jenseits und
darum stärker an einander gebunden, als Bande des Blutes und der
eigenen Wahl zu binden vermögen.8) Indem sie so ,Auserwählte‘ Gottes
und ,Heilige‘ geworden sind, aufgenommen in das Leben der Gottheit,
herausgehoben aus der profanen Welt⁸⁾ — denn das und nicht sittlich gut
sein heißt ,heilig‘ sein — sind sie untereinander ,Brüder‘ geworden, die
sich gehören im Leben und im Tod.⁸⁾ Zwar sollen sie in der Welt und in
dem Beruf bleiben, ja in dem Stand und Los, in dem sie berufen sind; aber
sie gehören doch einer neuen Gemeinschaft an, die sie nach ihren Regeln
leben heißt, die sie auch äußerlich in ganz anderer Weise mit einander und
für einander leben läßt als sie je vorher zusammenlebten.
Das alles enthielt die eine große Forderung der Umkehr und der
Taufe.“9)
Nirgends ist hier Reinhaltung der Rasse, Pflege des Volkstums und
Treue zur völkischen Gemeinschaft gefordert: — im Gegenteil — das
Christentum ist in seinen innersten Instinkten die radikale Abkehr von allen
diesen Lebenseinheiten und die vorbehaltlose Bejahung der rassenlosen,
solipsistischen und untervölkischen Gesellschaft. Es ist die jüdisch-religiös
gefaßte imperiale Ausprägung des römischen Imperiumgedankens.
In welcher Weise das Christentum heute noch alles Rassentum zer-
trümmert, dafür liefert uns Herr Künneth in dem Buch: „Die Nation vor

8) Hervorhebung von mir.


9) Weinel a.a.O. S. 148/149.

39
Gott“ einige klassische Beispiele. Wer kennenlernen will, wie ein hundert-
prozentiger Christ sich um die Durchlöcherung der Rassengesetzgebung des
Deutschen Reiches bemüht, der muß sich die Bluts- und Rassendeserteur-
lehren dieses Christen ganz genau ansehen. Sie sind zugleich ein lehrreiches
Beispiel für das „tiefste Verstehen“ von Rasse, Volk und Staat von der
„Offenbarung der Gotteswirklichkeit“ her. Ein lehrreicher Beitrag zur
Rasseforschung ist z. B. der folgende Satz:
„Notwendig ist auch, auf die Verschiedenheit zwischen den Juden hinzu-
weisen, die durch Mischehen und Annahme der christlichen Konfession dem
deutschen Volkswesen sich angepaßt haben, und den Juden, die ihre
Eigenart infolge ihres Verwurzeltseins in der exklusiven Welt der Synagoge
bewußt zu erhalten versuchen.“
Das hätte Herr Künneth einfacher und klarer sagen können mit den
Worten:
„Man muß unterscheiden zwischen Reform- und Assimilationsjuden
einerseits und Völkischen Juden andererseits.“
Dann hätte er selber bemerkt, was für einen Blödsinn er fordert. Immer-
hin läßt diese seine „rassenpolitische“ „Forderung“ vermuten, daß Herr
Künneth einmal an einem Schaufenster vorübergeeilt ist, in welchem
Schrifttum zur Rassenfrage ausgestellt war. Vielleicht eine Tafel mit den
berühmten fünf Rassen Blumenbachs. Darum kommt er auch an einer
anderen Stelle seines Aufsatzes: „Das Judenproblem und die Kirche“ zu
dem großmütigen Zugeständnis an den Staat:
„Dem nationalen Staat ist grundsätzlich nicht bloß das Recht, die
Judenfrage zu einem Problem staatspolitischer Neuordnung zu machen,
zuzugestehen, sondern diese Selbstbesinnung auf die Eigenart des
deutschen Volkstums ist von der Kirche aus entsprechend ihrem Ja zu den
Ordnungen Gottes, als die Rasse und Volkstum begriffen werden müssen,
zu begrüßen.“
Das ist doch ein klares Bekenntnis zu Rasse und Volkstum! — so tönt es
mir von allen christlichen Seiten entgegen. Ich Will nun nicht untersuchen,
ob nicht in der Redewendung „entsprechend ihrem Ja zu den Ordnungen
Gottes“ eine Fußangel versteckt ist. Ich habe lediglich auf diesen Einwurf
zu antworten: — Ja, das wäre ein klares Bekenntnis zu Rasse und Volkstum,
wenn Herr Künneth nicht auf einem doppelten Boden stünde. Aber er
scheint eine Staatsmoral und eine Kirchenmoral zu kennen, wobei dann
freilich die Kirchenmoral das „Höhere“ ist und der brave, gläubige Christ
plötzlich und kunstvoll in einen Staatsbürger und einen Kirchenbürger oder
einen Bürger der Gemeinde Christi, der Christokratie zerlegt wird, — ganz

40
entsprechend dem Satz: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott,
was Gottes ist.“ Schade nur, daß bei dieser Teilungsaktion der Christ nicht
weiß, ob er nun sein Rassentum dem Staat „geben“ oder der Kirche opfern
soll. Daß ein und derselbe Mann, eine und dieselbe Frau die Rassen- und
Volkstreue als sittliches Gebot völkischer Staatlichkeit anerkennen und zu
gleicher Zeit die daraus sich ergebenden Grundsätze von ihrer kirchen-
bürgerlichen Sittlichkeit aus als „Schwachheit“ werten sollen, das zeigt den
ganzen fürchterlichen Bruch an, der durch das Christentum in das deutsche
Volkstum hineingetragen wurde. Wie falsch, unehrlich und unwürdig für das
deutsche Volk Künneth die Judenfrage behandelt, das ergibt sich aus den
greulichen Widersprüchen, in die er sich in seinem schon genannten Aufsatz
verwickelt. Er sagt dort:
1. Der Staat hat das Recht, eine Neuordnung der Judenfrage zu
treffen, die von der Kirche begrüßt wird, „entsprechend ihrem Ja zu den
Ordnungen Gottes“.
2. „Darum kann die Übertragung staatlicher oder rein volkhafter
Gesichtspunkte auf die Gestaltung volkskirchlichen Lebens ohne staatliche
Nötigung nur als ein verhängnisvoller Einbruch eines kirchenfremden
Denkens charakterisiert werden. Der Versuch einer Ariergesetzgebung in
der Kirche, sei es, daß nur ein Volksgenosse gleichberechtigtes Glied der
Volkskirche sein darf, die Volksfremden aber nur als Hospitanten zu gelten
haben, sei es, daß Nichtariern der Zugang zum Pfarramt oder anderen
kirchlichen Ämtern versagt wird, stellt im Blick auf ferne Hintergründe wie
auf seine praktische Durchführung eine Entwertung des Sakramentes der
Taufe und eine Verletzung der im 3. Artikel bekannten Glaubensgemein-
schaft dar.“
Da nun aber das Rassenbewußtsein des deutschen Volkes ziemlich wach
geworden zu sein scheint und für die Kirche die Gefahr besteht, daß ihre
Gläubigen ausbrechen, wenn ihnen Juden als Seelenhirten vor die Nase
gesetzt werden, so empfiehlt Künneth folgendes Vorgehen:
„Das im Tiefsten aufgewühlte deutsche Volk empfindet die führende
Stellung von Juden, als die ja politisch gesehen auch die Judenchristen zu
gelten haben, als eine unerträgliche Belastung. Dieser Lage hat die Kirche
aus missionarischen Gründen, d. h. um den Zugang für die Wortverkündung
nicht von vornherein zu erschweren oder unmöglich zu machen, unter
Umständen Rechnung zu tragen. Es könnte möglich sein, daß in der Gegen-
wart durch zu starkes Hervortreten des judenchristlichen Elementes in der
Kirche, vor allem an exponierten Stellen und soweit das Beamtengesetz in
Parallele Anwendung finden könnte, die Erfüllung der kirchlichen Aufgabe
an der deutschen Nation bedroht würde. So ist es eine Selbstverständlich-
keit, daß sich in der neuen deutsch-evangelischen Kirche die Judenchristen

41
eine freiwillige Zurückhaltung auferlegen müssen. Das Bischofsamt und
andere besonders in der Öffentlichkeit hervortretende Führerstellen werden
den Deutschrassigen vorbehalten bleiben. Zwar kommt den Judenchristen
prinzipiell auch in der deutschen evangelischen Kirche das gleiche Recht
zu, aber zur Vermeidung von Ärgernissen erscheint um der Liebe, um der
,Schwachheit‘ der anderen und um des volksmissionarischen Auftrages im
dritten Reich willen ein derartiger Verzicht geboten. Eine solche Regelung
ergibt sich mit Notwendigkeit aus der Einsicht in die besondere Lage der
Kirche …“
So schämt man sich im christlichen Lager nicht, die plumpsten
Täuschungsmanöver seinem eigenen Volk gegenüber um der Liebe und um
des volksmissionarischen Auftrags willen zu empfehlen! Nur damit das
jüdische Gesicht der Kirche nicht erkannt wird. Auch hier hätte sich Herr
Künneth ohne viel Künstelei ganz einfach und deutlich so ausdrücken
können:
„Wir müssen uns in der Kirche eine deutsche Maske vorbinden, damit
uns die Gläubigen nicht ausreißen.“
Der Leser sieht, wie recht ich damit hatte, wenn ich in der Redewendung
„entsprechend ihrem Ja zu den Ordnungen Gottes“ eine Fußangel ver-
mutete. In den eben angeprangerten Täuschungsmanövern liegt sie am Tag.
Im übrigen hat der Mann keine Ahnung von der Rassengeschichte der
katholischen Kirche, besonders der Inquisition und des Jesuitenordens; er
hat keine Ahnung von der Judenfrage; er weiß nichts von der Freimaurerei;
er weiß infolgedessen nichts von den sehr dunklen Hintergründen der
blutigen Ereignisse in Deutschland bis zum Weltkrieg hin; er kennt nicht
einmal die einfachsten Regeln der Vererbungslehre: das alles kennt er nicht
und ist leichtfertig und leichtsinnig genug, die Aufnahme der Juden in die
kirchliche Gemeinschaft der Deutschen zu empfehlen!
5.
Auch in der rassischen Erblehre spielt die christliche Magie eine ge-
wisse Rolle. Noch bis in unsere Tage herein kann man die Weisheit hören:
„Der Jude Isidor ist getauft, also kein Jude mehr, denn er ist Christ.“ —
Wenn dann noch Christentum und Deutschtum einander gleichgesetzt
werden, dann kommen wir mühelos zu der Gleichung: — „Der Jude Isidor
ist getauft, also Christ, also Deutscher.“ Auf dieser Linie findet sich dann
der durch den Jüdischen Zentralverein in Deutschland eingeführte
„Deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens“.
Alle diese im deutschen Alltag immer wieder vorzufindenden Weis-
heiten haben letzten Endes ihre gemeinsame Wurzel in dem Glauben an die

42
magischen Wunderwirkungen des „Gesetzes des Lebens in Christo“. Eine
dieser magischen Wunderwirkungen muß, wenn anders der Glaube von der
Aufhebung der Rassen- und Volkstumsunterschiede in der Gemeinde Christi
nicht leere Redensart sein soll, auch in der Austilgung des unterschiedlichen
Rasseerbgutes bei den einzelnen Gliedern der Gemeinde Christi bestehen.
Wer an die Schöpfung des christlichen Gottesvolkes durch den präexisten-
ten Christus als göttlichen Logos glaubt, muß auch diese letzte Schluß-
folgerung ziehen und sagen, daß die Berufung zum Christen eine so völlige
Umwandlung und Wiedergeburt des einzelnen Menschen bedingt, daß
auch sein Rasseerbgut nicht unverschont bleibt. Diese Schlußfolgerung
zieht denn auch Karl Thieme in seiner Schrift: „Deutsche evangelische
Christen auf dem Wege zur katholischen Kirche“ bezüglich des Judentums
ziemlich deutlich, wenn er schreibt (S. 13/14):
„Der Zwang, ihrer tatendurstigen Anhängerschaft ,Erfolge‘ zu demons-
trieren, nötigte aber nun die ,deutschen Christen‘, durch förmliche
Ausschließung der Judenchristen vom kirchlichen Amt allen denen Ärgernis
zu geben, für die der dritte Artikel des unverändert in Kraft befindlichen
Glaubensbekenntnisses Unterscheidungen unter Getauften auf Grund ihrer
rassenmäßigen Herkunft in der Kirche vollkommen ausschließt, vor allem
Ausscheidung von Juden, weil diese (als dem auserwählten, aber nun bis
zum jüngsten Tag verworfenen Volke entstammend) durch die Taufe ihre
Volkszugehörigkeit vollkommen verlieren — weil Jude sein heute Christus
leugnen heißt, wer also Christus bekennt, nicht mehr Jude ist, jedenfalls
nicht für die Kirche Jesu Christi.“
Zum gleichen Ergebnis von einem anderen Ausgangspunkt her kommt
auch Künneth, der in seinem mehrfach angeführten Aufsatz schreibt:
„Will man das allgemeine Priestertum nicht preisgeben, dann kann es
prinzipiell in der Kirche keinen Grund geben, den Judenchristen den
Zugang zum Amt und anderen kirchlichen Arbeitsstellen zu verbieten. Die
Norm der Rasse und der Mangel an Volksverbundenheit kann schlechter-
dings für die kirchliche Gemeinschaft, die mit dem Glauben an Christus
steht und fällt, aber von geschichtlichen und biologischen Bindungen unab-
hängig ist, nicht maßgebend sein. Das Wort vom ,allgemeinen Priestertum‘
muß zur Phrase werden, wenn man sich scheut, die selbstverständlichen
Folgerungen daraus zu ziehen. Der Weg des Staates ist ein anderer als der
der Christusgemeinde. Gerade weil sie das allgemeine Priestertum lehrt,
darf sie den ,Priester‘, der der Jude durch die Taufe geworden ist, nicht
vom Amt ausschließen. Man wende nicht ein, daß Mangel an Sprachbe-
gabung oder körperliche Gebrechen oder sogar der Schmuck mit Mensur-
narben in manchen Landeskirchen von der Ordination ausschließe. Die

43
,Herkunft aus Israel‘ steht eben — wenn ich nicht mit allen Vätern der alten
und reformatorischen Kirche irre — an einem anderen Ort als diese
,Voraussetzungen‘“.10)
Mit dem Stichwort der „Herkunft aus Israel“ haben wir eine neue
Fläche in unserem Fragenkreis angeschnitten, die im engsten Zusammen-
hang mit der soeben abgehandelten Rassenfrage steht, — das Volkstum. In
unseren bisherigen Erörterungen sind wir schon mehrfach auf diesen
Begriff gestoßen und haben nunmehr seine Stellung im christlichen Welt-
bild zu bestimmen.

C.
Der Begriff des Volkstums
im biblischen und lehrmäßigen Denken.
1.
Ein wesentliches Ergebnis unserer bisherigen Untersuchung besteht
darin, daß wir mit immer größerer Deutlichkeit und Sicherheit feststellen
konnten, wie der Rasse und dem Staat die Kirche, die Gemeinde Christi
gegenübertritt. Dieses Gegenübertreten zeigt sich am besten in den
„kirchenpolitischen“ Forderungen, die von der Gemeinde Christi an das
Rassentum gestellt werden. Sie gipfeln letzten Endes in dem Befehl an die
Rassen, sich selbst aufzugeben. Sie richten sich auch an den Staat. Oder
zielen die folgenden Ausführungen Delekats in seiner Polemik gegen Go-
garten, dessen sonderbar verschlungene Verschnörkelungen nachzeichnen
mag, wer will, nicht auf völlige Verdrängung des Staates durch die
Gemeinde Christi, durch die Christokratie? — Delekat schreibt nämlich:
„Denn die Erkenntnis von der Notwendigkeit des Staates ist für den
Christen gar nicht zu lösen von der Erkenntnis der Gründe, weshalb das
Reich Gottes in der Kirche erst im Verborgenen da ist. Diese Notwendigkeit
ist eine eschatologische begrenzte, sie ist keine unbedingte. Sie ist auch
nicht Gottes ewiger Wille.11) Vielmehr: seitdem Christus in diese Welt
gekommen ist und seitdem die Botschaft von ihm verkündigt wird, macht die
Kirche dem Staat den Anspruch streitig, daß sich in ihm das Streben des
Menschen nach vollkommener Gemeinschaft jemals erfüllen könne und daß

10) Georg Merz: Zur theologischen Erörterung des Ariergesetzes, in „Zwischen den Zeiten“
Heft 6, 1933.
11) Wie der Mann über Gottes ewigen Willen genau Bescheid weiß!

44
die ihm zu Gebote stehenden Mittel ausreichen, um die Existenz der
Menschen gegen die Mächte des Bösen auch innerlich zu sichern … Für
einen Christen dagegen sollte es ebenso selbstverständlich sein, daß nicht
der Staat, sondern die Kirche und die Gemeinschaft, die die Menschen in
der Kirche miteinander haben, das größte Geschenk Gottes hier auf Erden
sind, weswegen er aber um die Notwendigkeit des Staates nicht schlechter,
sondern besser Bescheid weiß als der Heide. 12) Wenn man also überhaupt
das Problem Staat vom Problem Sünde her aufrollt und aus der Erkenntnis
der Sünde die Notwendigkeit des Staates begründen will, dann steht auch
die Rangordnung fest, in der in diesem Fall Staat und Kirche stehen. In der
Kirche und nicht im Staat findet der Mensch vor der Sünde Schutz und
Heil …“
Was besonders durch die blutige Kirchengeschichte der vergangenen
tausend Jahre schlagend bewiesen wird, wo es keine Gemeinheit und kein
Verbrechen gab, die nicht im Schoße der Kirche begangen wurden. Vermut-
lich waren das alles sündlose Verbrechen und Gemeinheiten. Im übrigen
erinnern die Ausführungen Delekats, die den alten Herrschaftsanspruch der
Kirche über den Staat anmelden, nicht nur an mittelalterliche Gedanken-
gänge, sondern auch an die Verkehrtheit der Politik des mittelalterlichen
Kaisertums, deren Folgen wir heute noch auszubaden haben. Die mittel-
alterlichen deutschen Kaiser waren es, welche das zusammenbrechende
Papsttum immer und immer wieder gerettet haben: — den päpstlichen Dank
für diese Kaiserpolitik konnte das deutsche Volk im dreißigjährigen Krieg
und zuletzt noch im Weltkrieg in vollen Garben einernten. Wer das
Ursachenbündel entwirren will, das zum Weltkrieg geführt hat, darf auch
die Politik des mittelalterlichen deutschen Kaisertums nicht vergessen,
welche das Papsttum vor dem Zusammenbruch gerettet hat. Und wenn
heute die Kirchen immer wieder und immer noch — trotz hundertfacher
Widerlegung durch die Geschichte — ihren Herrschaftsanspruch über den
Staat geltend machen, dann ist es selbstmörderischer Wahnsinn des Staates,
wenn er die mittelalterliche Kaiserpolitik fortsetzt und die Kirchen in irgend
einer Form stützt. Mit dieser konstantinischen Politik — letzten Endes geht
hier noch der Schatten Konstantins um — sollte endgültig gebrochen
werden.
2.
Die Gemeinde Christi erhebt den Anspruch, den Menschen in das Reich
Gottes zu führen. Das ist nur möglich, wenn der Mensch im Christus-
glauben wiedergeboren wird und sich als solcher Wiedergeborener dem

12) Der Christ weiß natürlich über alles am besten Bescheid!

45
„Volk Gottes“, dem „Neuen Israel“ anschließt. Dieses „Neue Israel“ ist
das aus den im Christusglauben und in der „Christuswirklichkeit“ wieder-
geborenen Angehörigen aller Völker bestehende Kirchenvolk, mit welchem
Jahwe den Neuen Bund geschlossen hat. Das ist der Begriff des Volkes im
christlichen Sinne. Er liegt auch den folgenden Ausführungen Künneths zu
Grunde, in welchen wiederum der magische Glaube durchschimmert, daß
durch die „Wiedergeburt im Christusglauben“ der rassische Kern eines
Volkes verändert und seine blutsmäßige Einheit zertrümmert wird und ver-
lorengeht. Künneth schreibt:
„Das jüdische Volk steht in einer einzigartigen Beziehung zu der Offen-
barung Gottes und ihrer Erfüllung in der Christuswirklichkeit. Das jüdische
Volk ist Volk nur solange, als es auf diese Offenbarung bezogen und
ausgerichtet bleibt.13) Das Kreuz des Christus bedeutet den Zusammen-
bruch des Judentums als Volk,¹³⁾ aber zugleich die Entstehung des neuen,
echten ,Israel‘ in der beginnenden christlichen Gemeinde. Die christliche
Kirche wird damit zu der Fortsetzung und Aufhebung (im tiefen Wortsinn)
des jüdischen Gottesvolkes in der neuen Gestalt der Christusgemeinde. Der
Jude findet deshalb die Erfüllung seines Anliegens als Glied seines Volkes
nicht außerhalb der Kirche — dieser Zustand besagt Auflösung des alten
Israel — sondern nur als Christ in der Kirche als dem ,neuen‘ Israel.
Neuerdings hat Georg Merz verdienstvoll auf diese Zusammenhänge auf-
merksam gemacht. ,Die christliche Kirche weiß sich auf Grund des Wortes
der Heiligen Schrift als die Erbin des Segens Abrahams und der
Verheißung Davids.‘14) „Die Apostelgeschichte zeigt dann in ihren ersten
Kapiteln, wie sich die Christengemeinde in Jerusalem mit dem Anspruch
das ,legitime‘ Israel zu sein, nochmals an die Juden wendet, sie zur Buße,
zur Erkenntnis und Anerkennung ihres Königs rufend. Die weiteren Kapitel
und die apostolischen Briefe zeigen, wie die Völker, die ,Gojim‘ zum Volk
Gottes eingehen, wie aus dem Israel nach dem Fleisch und aus den Heiden
durch den Glauben ein Bundesvolk, eine ,ecclesia‘ wird. Das Volk Gottes ist
seit der Verwerfung Christi durch Israel die Kirche, die Gemeinde Gottes in
den Völkern.“
Diesem biblischen Denken gemäß gibt es nur die Offenbarungsbe-
zogenheit des Volkes Israel vor Christus, nach Christus aber nur die eine
Unmittelbarkeit des neuen Gottesvolkes, das einheitlich und zugleich
Judenchristen und Heidenchristen umfaßt, nachdem sich in ihm die
Verheißung Israels erfüllte. Eine judenchristliche Kirche wäre demnach
eine Verleugnung und Bestreitung des neuen in Christus beschlossenen
13) Das ist durch die geschichtliche Wirklichkeit widerlegt!
14) Georg Merz: Zur theologischen Erörterung des Ariergesetzes in „Zwischen den Zeiten“
Heft 6/1933.

46
Bundes Gottes mit dem neuen Gottesvolk, dem ,wirklichen Israel‘ nach dem
,Geist‘. Dieser Versuch wäre das vergebliche völkische Bemühen, das
Geschichtshandeln Gottes, das das jüdische Volk in der Christusgemeinde
aufgehen läßt, zu durchkreuzen. (Vgl. Gal. 3, 28; Röm. 9-11).“
Der Volksbegriff im christlichen Sinne dürfte damit klar sein. Danach ist
„Volk“ im eigentlichen Sinne nur das „Neue Israel“, das Gottesvolk, das im
Geiste der Christusgemeinde und in ihrem Glauben in der Kirche wieder-
geboren wurde. Im Gegensatz dazu steht, — um einen verteufelten
Ausdruck zu gebrauchen — das Volk im natürlichen Sinne, das natürlich
dem im Christusglauben wiedergeborenen Gottesvolk gegenüber voll-
kommen unterwertig ist und nach 1. Petrus 2, 11; Hosea 2, 25 als „Noch-
nicht-Volk“ angesehen werden muß. Wie es außerhalb der Kirche kein Heil
gibt, so gibt es auch außerhalb ihrer kein Volk, sondern nur verlorene
Menschen. Weil aber Gott das Heil aller Menschen will, deshalb besteht
sein „Geschichtshandeln“ in der „Zubereitung“ und Auserwählung seines
Gottesvolkes in der Christusgemeinde.
Auf diese Weise wird der Begriff „Volk“ radikal verfälscht und seines
Sinnes beraubt. Aber nicht genug damit. — Auch die Geschichte erfährt
eine Verdeutung und Verzerrung, wie sie wohl bisher in keiner Epoche der
Weltgeschichte und der Geistesgeschichte erlebt wurde. Diese Falsch-
münzerei des Christentums ist der Grund für die heute am Tage liegende
schaudererregende rassische und geistige Entartung und Verwahrlosung der
nichtjüdischen Völker.
3.
Hier müssen wir an die soeben gebrachte Bemerkung anknüpfen, daß
die christliche Kirche die Erbin des Segens Abrahams und der Verheißung
Davids ist. Das ist nämlich der Grund, weshalb sie ihre Geschichte an
die Geschichte des Jüdischen Volkes anknüpfen und ihre missiona-
rische Berufung aus den Verheißungen Jahwes an dieses Volk herleiten
muß. Das ist aber auch der Grund, weshalb die heidnische Vorgeschichte z.
B. des deutschen Volkes so zerstört werden mußte, daß auch nicht ein
Schein einer Erinnerung an sie übrigblieb. Und das ist letzten Endes der
Grund, weshalb auf die Abstammung des Menschengeschlechtes von Adam
und Eva so großer Wert gelegt und die Autochthonenlehre so schroff abge-
lehnt wird. Denn von Adam und Eva wird eine gerade Linie zu Noah—
Abraham—David—Jesus—Paulus und neues Gottesvolk hingeführt, sodaß
die Gottesvolktradition von Abraham bis heute gerettet ist.
Wer das nicht glaubt, der lese Paulus, der diese Lehre am konsequentes-
ten ausgebaut hat und damit zum größten Verfälscher des geschichtlichen
Lebens der Völker geworden ist.

47
Im dritten Kapitel des Galaterbriefes hat Paulus den Beweis unter-
nommen, daß die Christen als die wahren Söhne Abrahams anzusehen sind,
daß also Abraham als Erzvater auch des Neuen Gottesvolkes anzusprechen
ist. Darüber schreibt Gerlach in seinem Kommentar zu Galater 3:
„Von hier bis zu Ende des Kapitels geht eine fortlaufende Beweis-
führung, durch welche der Apostel auf eine noch tiefere und umfassendere
Weise dartut, daß die Heiden, welche an Christus glauben, bereits durch
diesen Glauben Abrahams Same und Gottes Kinder geworden sind, der
Rechtfertigung durch das Gesetz also nicht bedürfen. Diesen Beweis führt
er nun auf folgende Art: Die Verheißung ist durch einen göttlichen Gnaden-
bund Abraham und seinem Samen gegeben worden. Das Wort ,Same‘
bedeutet im Hebräischen und Griechischen immer die Gesamtzahl der
Nachkommen jemandes, nie aber einen einzelnen Nachkommen; so redet
nicht nur die heilige Schrift überall, sondern auch der Apostel braucht hier
an dieser Stelle selbst (V. 29), wie an vielen andern, das Wort so, daher es
ganz falsch ist und obendrein den Sinn der ganzen Beweisführung ver-
dunkelt, wenn man meint, er habe aus der einfachen Zahl ,deinem Samen‘
ableiten wollen, die Verheißung gehe nicht auf die Nachkommenschaft
Abrahams überhaupt, sondern nur auf einen seiner Nachkommen. Christus
für sich allein bedurfte ja überhaupt keiner Verheißung, sondern die
Verheißung, daß er der Welt Erbe sein sollte …, ruhte auf ihm zum Besten
seiner an ihn glaubenden Gemeinde. Diese, aus gläubigen Juden und
Heiden zusammengesetzt, ist Einer in ihm (V. 28 vgl. 1. Kor. 12, 12), sie
bildet in ihrer gegliederten Vielheit den Einen Leib Christi, und deshalb ist
sie der Same Abrahams, die Eine Nachkommenschaft Abrahams, welcher
die Verheißung den Segen des himmlischen Erbes verleiht. Will man nun
von ,mehreren Samen‘, d. h. Nachkommenschaften, sprechen, so kann dies
keinen anderen Sinn haben, als den Unterschied zweier Abteilungen oder
Arten derselben auszudrücken. Und wirklich gab es von Anfang an nicht
einerlei, sondern zweierlei Nachkommenschaften des Abrahams; aber
weder seine Nachkommen von Hagar und Ketura, noch auch später Esaus
Nachkommen waren ,der Same, dem die Verheißung geschehen ist‘, dies
war nur Einer. Ebenso auch in der neuesten Zeit waren ,nicht Alle, die
Abrahams Samen waren, darum auch Kinder‘ (vgl. hier genau Röm. 9, 6 ff),
sondern Christus und seine Gemeinde waren es, auf die alle frühere
Verheißungen hinzielten, die Anderen blieben verstockt. Durch den Glauben
an ihn, ohne des Gesetzes Werke, traten nun auch die Heiden ein in seine
Gemeinde, und wurden Abrahams Same und nach der Verheißung Kinder.
Der einige Gott, der gerecht machte die Beschneidung aus dem Glauben
und die Vorhaut durch den Glauben (Röm. 3, 30), hatte sich auch Eine
Gemeinde aus Juden und Heiden auf diesem alleinigen Weg der Recht-

48
fertigung vor ihm gesammelt. Gäbe es nun außer diesem Weg noch einen
andern Weg der Rechtfertigung, durch des Gesetzes Werke: so würde zu
dem ,Testament‘ oder dem ,Bund‘ Gottes mit Abraham etwas ,hinzugetan‘,
oder er würde gar ,aufgehoben‘, es gäbe zweierlei Samen, die Verheißung
hätte über 430 Jahre bestanden, wäre aber aufgehoben worden durch das
Gesetz (V. 17), und zwischen Juden und Heiden bestände eine niemals
auszugleichende Trennung. Nun ist aber das Gesetz nicht gegeben, um statt
der Gnade der Verheißung, selbst das Leben zu verleihen, sondern nur der
Übertretungen wegen, um die Sünde überaus sündig zu machen durchs
Gebot (Röm. 5, 20. Kap. 7, 12). Darum ist nun auch das Gesetz nicht wider
Gottes Verheißungen, sondern war vielmehr der Zuchtmeister auf Christus
hin; es gibt nicht zwei Rechtfertigungswege, zweierlei Samen Abrahams,
zwei Gemeinden Gottes; sondern durch den Glauben an Christus sind
auch die Heiden Abrahams Same, es hört der Zwiespalt unter den Juden
und Heiden, ja, was noch mehr sagen will, selbst unter Knechten und
Freien, Männern und Weibern auf; Alle sind von Gott berufen, sind seine
Kinder, also Abrahams Same und der Verheißung Erben; Alle zusammen
bilden Ein Volk Gottes auf Erden.“
Nun wird klar, warum die christlichen Kirchen auf das Alte Testament
und auf den Zusammenhang mit dem jüdischen Volk nicht verzichten
können. Weil auf Abraham und auf David die Verheißung ruht und deshalb
die Jüdische Geschichte von zentraler Bedeutung für sie ist. Aber nicht nur
das. Die Frage, warum das Christentum an die Menschen die Forderung
stellt, unter Zertrümmerung aller rassischen und völkischen Unterschiede
ein „Neues Israel“, ein „Volk Gottes“ zu bilden, ist mit dem einfachen Hin-
weis auf die Verheißung Jahwes an Abraham und David nur ungenügend
beantwortet. Die letzte befriedigende Auskunft auf diese Frage gibt uns erst
die christliche Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Weltgeschichte.
Und in dieser Antwort tritt uns, wie gleich bemerkt sei, parsisches Reli-
gionsgut entgegen. Wenn Augustin und ihm folgend Luther die Geschichte
als Kampf zwischen Gott und dem Teufel begriffen haben, so sprechen
sie damit einen parsischen Gedanken aus. Im Parsismus schon findet sich —
und zwar schon zur Achämenidenzeit! — die Begrenzung der Welt-
geschichte auf einen Zeitraum von 12.000 Jahren, die Einteilung derselben
in vier gleiche Perioden, die Auferstehung der Toten, die Besiegung des
Teufels, die Herstellung einer neuen Weltordnung. Auch die Mazdaverehrer
erwarten am „Tage der großen Entscheidungen“ den Soshyos, den Messias
des Parsismus, der den letzten entscheidenden Kampf mit Angra Mainyu
durchkämpft, die Toten auferweckt und die Unsterblichkeit in die Welt
bringt.
In dem Gegensatz: Gottesreich — Reich des Satans ist auch für das

49
Christentum die Dialektik der Weltgeschichte enthalten. Während nun
aber nach katholischer Auffassung „Gottes Menschwerdung in Christus
gleichsam nur den Anfang der magischen Weltverwandlung bedeutet, die
hernach durch die hierarchische Gewalt in die Hand des römischen
Priesters gelegt wurde“,15) tritt uns in der lutherischen Auffassung der
Gegensatz der beiden Mächte in ungemilderter und unversöhnlicher Härte
entgegen. Wohl ist die Weltgeschichte nach Luther „Gottes Mummerei …,
darunter er selbst alleine wirke und ausrichte, was wir gerne hätten. Denn
er solche Rüstungen auch darum befiehlt, auf daß er sein Werk darunter
verberge und lasse die anlaufen, die sich vermessen, und stärke die, so sich
besorgen, auf daß man ihn nicht versuche. Also hat er alle Kriege Davids
des Königs geführt im Alten Testament und des ganzen Volks Israel, und
führt sie auch noch, wo solche gläubige Oberkeit ist. Also hat er Abraham,
Isaak und Jakob durch ihre Arbeit reich gemacht usw. Daß man wohl mag
sagen, der Welt Lauf und sonderlich seiner Heiligen Wesen sei Gottes
Mummerei, darunter er sich verbirgt und in der Welt so wunderlich regiert
und rumort.“ (W. A. 15, 373). Aber der Teufel, als der nicht weniger
mächtige Gegenspieler Gottes hat die Macht, den göttlichen Willen zu
verdunkeln, sodaß Gottes Wesen im Geschichtsverlauf wie gebrochen er-
scheint.
Gott hat seinen Willen in seinem Wort geoffenbart, wie es in der Bibel
niedergelegt ist und in Christus Gestalt gewonnen hat. Um das in der Bibel
geoffenbarte Wort Gottes und um den in Christus Gestalt gewordenen gött-
lichen Logos geht im letzten Grunde das ganze Ringen der Weltgeschichte.
Darum sind das Reich Gottes und die Kirchengeschichte das eigentliche
Anliegen der Weltgeschichte, deren letzter Sinn in der Geschichte Christi
enthüllt wird. Die Selbstverhüllung Gottes im gekreuzigten Christus ist für
Luther der Mittelpunkt des geschichtlichen Geschehens; — sie ist aber auch
Offenbarung des göttlichen Heilswillens. Durch das Leben und den Tod
Christi soll klar werden, daß „in, mit und unter“ der allgemeinen Welt-
geschichte noch die Offenbarungs- oder Heilsgeschichte sich vollzieht, eine
Entwicklungsgeschichte göttlicher Heilsgedanken, die Gott in Noah,
Abraham und den übrigen jüdischen Erzvätern und Propheten angelegt und
bis Christus durchgeführt haben soll, um sie in der Geschichte des ,Neuen
Gottesvolkes‘, der christlichen Kirche ausmünden zu lassen. So stehen sich
im christlichen Denken Offenbarungs- oder Heilsgeschichte einerseits
und Profan- oder Weltgeschichte andererseits gegenüber. Und der
Dualismus Gott — Teufel findet seine Widerspiegelung in dem
Dualismus „Neues Gottesvolk Israel“ oder „Gemeinde Christi“ einerseits
und „Welt“ oder „Heidentum“ andererseits.
15) Dr. theol. Hanns Lilje: Luthers Geschichtsanschauung S. 95.

50
Diese Ausführungen mögen noch dogmatisch belegt werden. Martensen
schreibt in seiner Dogmatik (S. 12) zu unserem Thema:
„Da Offenbarung Mitteilung des Geistes an den Geist ist, so kann nicht
die Natur, sondern nur der Geist selber das vollkommene Offenbarungs-
mittel sein. Denn obgleich es allerdings der Schöpfergeist ist, der durch die
Natur zu dem geschaffenen Geist redet, so redet die Natur mit ihrer
stummen Sprache doch nur auf eine indirekte und verblümte Weise von der
ewigen Macht und Gottheit des Schöpfers; die direkte, unzweideutige
Offenbarung kann nur gefunden werden in der Welt des Geistes, des Wortes,
des Gewissens und der Freiheit, oder in der Geschichte. Offenbarung und
Geschichte sind daher nicht zu trennen, aber wenn es keine andere
Geschichte gäbe als die Weltgeschichte, so würde die Offenbarung Gottes
doch noch ihr adäquates Medium vermissen. Die Weltgeschichte zeigt uns
allerdings eine Entwicklung von Ideen, von göttlichen Potenzen und Kräf-
ten; aber daß diese weltgeschichtliche Entwicklung, die ihrem objektiven
Charakter zufolge nur nach dem Ganzen, dem Geschlecht fragt, während
sie sich zu den Individuen gleichgültig zu verhalten scheint, daß dieser
Weltlauf dazu dient einen heiligen Willenszweck zu fördern und ein Reich
Gottes zu bauen, wo Gott durch die Gesamtheit sich zu jeder einzelnen
Seele in ein persönliches Verhältnis setzt — dies wird zwar im Gewissen
vernommen, vergebens aber suchen wir in dem allgemeinen Weltlauf eine
solche Offenbarung dieses Geheimnisses, daß wir in derselben Ruhe finden
können. Wohl hören wir die heilige Stimme Gottes durch die welthistori-
schen Stimmen, und in den Taten der Menschen und in den welthistorischen
Begebenheiten erkennen wir auch die Taten Gottes; aber in dem
welthistorischen Getümmel vermischen sich die Stimme Gottes und der
Menschen Stimmen vor unserem Ohr, und der heilige Wille der Vorsehung,
den wir in den menschlichen Schicksalen erblicken, verbirgt sich wieder vor
unserem Blick unter dem rastlosen Strom des Weltlaufs. Soll in Wahrheit die
Rede sein von einer heiligen Gottesoffenbarung, so muß es eine Geschichte
in der Geschichte geben, so muß es innerhalb der Weltgeschichte eine
heilige Geschichte geben, in welcher Gott sich als Gott offenbart, eine
Geschichte, in welcher der heilige Weltzweck sich als solcher offenbart, wo
das Wort Gottes sich auf eine solche Weise in das menschliche Wort einfaßt,
daß letzteres das reine Organ für das erstere wird, und wo die Tat Gottes
sich also in des Menschen Tat einfaßt, daß letztere für die erstere
vollkommen durchsichtig wird. Die heilige Geschichte muß daher als
Geschichte eines Bundes auftreten, in welchem Gott durch heilige Tat-
sachen sich in ein besonderes, persönliches Verhältnis zu dem Menschen
setzte, sie muß auftreten als eine Geschichte der Erwählung, eine
Aussonderung von der Profangeschichte; und so erscheint sie in der

51
Geschichte Israels, wo Alles sich nur bewegt um den heiligen Weltzweck als
solchen, um Gottes Wort und Gottes Taten, und welche ihr Ende und ihre
Fülle in der heiligen Geschichte Christi findet, von welchem Punkt aus die
Geschichte der christlichen Kirche die Weltgeschichte als eine neue
Geschichte in der Geschichte durchströmt. Die hier bezeichnete, in die
heilige Geschichte eingefaßte, durch die Kirche sich fortpflanzende Offen-
barung, nennen wir die besondere, die positive Offenbarung in ihrem
Unterschied von jener allgemeinen Offenbarung in der Natur und der sitt-
lichen Weltordnung, die mit der bloß natürlichen Entwicklungsgeschichte
der Menschen gegeben ist.“
4.
Nun ist unschwer zu erkennen, daß z. B. das deutsche Volk als ein nicht
in die Offenbarungsgeschichte aufgenommenes Volk von allem Heil ausge-
schlossen bleibt, wenn es sich nicht auflöst und als christliches Volk dem
Corpus Christianum anschließt. Denn das Kreuz des Christus bedeutet, —
um einen Ausdruck Künneths sinngemäß anzuwenden — „den Zusammen-
bruch des deutschen Volkes als Volk, aber zugleich die Entstehung des
neuen, echten Israel“. Mit diesem Umwandlungsprozeß ist für das Chris-
tentum der Zustand des „Noch-nicht-Volk“ durch das Kreuz des Christus
magisch verwandelt in den Zustand des wahren Volkes, des Gottesvolkes
der Offenbarungsgeschichte. Diese magische Rassen- und Volkstumsver-
wandlung, der gegenüber der magische Materialismus der Transsubstantia-
tionslehre nichts bedeuten will, geschieht um den Preis der völligen
Zertrümmerung aller Rassen- und Volkstümer. In dieser magischen Welt-
verwandlung liegt der Sinn der ganzen als heilig angesprochenen Tradition
des Christentums: — sie ist der typisch christliche Entwicklungsgedanke,
klar erfaßt in der Hierarchie der katholischen Weltkirche, gebrochen
durchscheinend im Weltbild des Protestantismus. Um die Lehre dieser
magischen Weltverwandlung tobt im letzten Grunde der Kampf zwischen
dem Heroischen Rassentum einerseits und dem magischen Rassenchaos
andererseits. Ich will nicht mißverstanden werden. Darum muß ich sagen,
daß auf völkischer Seite die ganze Tiefe des Kampfes verhängnisvoll
verkannt würde, wenn man glaubte, ihn durch Aufstellung von Rassen-
lehren allein entscheiden zu können. Die ganze schwere Frage nach dem
Sinn der Weltgeschichte ist damit noch nicht beantwortet. Der Parsismus
wagte den kühnen Wurf und setzte der ewigen Frage des Menschen die
Hoffnung auf den Soshyos, den Retter, entgegen, die er mit einem
unvergleichlich tiefen und schönen Weltbild umspannte; — von ihm zehrt
das Christentum heute noch —: — Plato schenkte der Welt seine ewigjunge
Ideen- und Logoslehre — von ihr zehrt das Christentum heute noch; —

52
Nietzsche wagte den gewaltigen Wurf des Übermenschen:
„Wohlan! Wohlauf! Ihr höheren Menschen! Nun erst kreist der Berg der
Menschen-Zukunft. Gott starb: nun wollen wir, — daß der Übermensch lebe
… Der Übermensch liegt mir am Herzen, der ist mein Erstes und Einziges,
— und nicht der Mensch: nicht der Nächste, nicht der Ärmste, nicht der
Leidendste, nicht der Beste. — … Habt ihr Mut, o meine Brüder? Seid ihr
herzhaft? Nicht Mut vor Zeugen sondern Einsiedler- und Adler-Mut, dem
auch kein Gott mehr zusieht?
Kalte Seelen, Maultiere, Blinde, Trunkene heißen mir nicht herzhaft.
Herz hat, wer Furcht kennt, aber Furcht zwingt; wer den Abgrund sieht,
aber mit Stolz.
Wer den Abgrund sieht, aber mit Adlers-Augen, — wer mit Adlers-
Krallen den Abgrund faßt: der hat Mut.“ (Zarathustra).
Nietzsche war seit dem Verstummen der Antike der erste Versuch, die
Weltgeschichte Heroisch zu erfassen. Er mußte scheitern und scheiterte,
weil er vom christlichen Solipsismus angekränkelt war und darum den
Rassegedanken und das Rassentum materialistisch erfaßte. Er sah den Ab-
grund, denn er hatte in viele Tiefen geschaut; — aber er sah nicht die
haltende Kraft, die erst den Abgrund zum Abgrund macht. Das schmälert
nicht die titanische Leistung seiner Philosophie. Denn er hat die Frage nach
dem Sinn der Weltgeschichte nicht nur neu beantwortet: — er hat sie auch
neu gestellt. Nicht zuletzt auch für das Christentum, dem er mit seiner
Antwort bewies, daß die christliche Lehre von der magischen Weltver-
wandlung vielleicht dem magischen Menschen genügen kann, nicht aber
dem heroischen Menschen. Der Aufstand Nietzsches gegen das Christentum
ist nicht nur ein Aufstand gegen den christlichen Gott, sondern mehr noch
ein Aufstand gegen den christlichen Menschen. Diese für die Philosophie
Nietzsches ganz grundlegende Tatsache wurde von seinen christlichen
Kritikern in ihrer Entrüstung über Nietzsches Ablehnung ihres Gottes und
über seine beißende Ironie vollkommen übersehen. Und doch hat Nietzsche
über das Ideal des „christlichen Menschen“ eine so vernichtende und
zugleich vernehmbare Kritik abgegeben, daß man sich eigentlich wundern
müßte, wie sie überhört werden konnte. In seinem „Jenseits von Gut und
Böse“ Aph. 62 stellt er die Frage, was die „geistlichen Menschen“ tun
mußten, „um mit gutem Gewissen dergestalt grundsätzlich an der Erhal-
tung alles Kranken und Leidenden, das heißt in Tat und Wahrheit an der
Verschlechterung der europäischen Rasse zu arbeiten?“ — und gibt daraus
die unvergleichlich-leidenschaftliche und tief-wahre Antwort:
„Alle Wertschätzungen auf den Kopf stellen — das mußten sie! Und die
Starken zerbrechen, die großen Hoffnungen ankränkeln, das Glück in der

53
Schönheit verdächtigen, alles Selbstherrliche, Männliche, Erobernde,
Herrschsüchtige, alle Instinkte, welche dem höchsten und wohlgeratensten
Typus ,Mensch‘ zu eigen sind, in Unsicherheit, Gewissensnot, Selbstzer-
störung umknicken, ja die ganze Liebe zum Irdischen und zur Herrschaft
über die Erde in Haß gegen die Erde und das Irdische verkehren — das
stellte sich die Kirche zur Aufgabe und mußte es sich stellen, bis für ihre
Schätzung endlich ,Entweltlichung‘, ,Entsinnlichung‘ und ,höherer Mensch‘
in ein Gefühl zusammenschmolzen. Gesetzt, daß man mit dem spöttischen
und unbeteiligten Auge eines epikurischen Gottes die wunderlich schmer-
zende und ebenso grobe wie feine Komödie des europäischen Christentums
zu überschauen vermöchte, ich glaube, man fände kein Ende mehr, zu
staunen und zu lachen: scheint es denn nicht, daß ein Wille über Europa
durch achtzehn Jahrhunderte geherrscht hat, aus dem Menschen eine
sublime Mißgeburt zu machen? Wer aber mit umgekehrten Bedürfnissen,
nicht epikurisch mehr, sondern mit irgend einem göttlichen Hammer in der
Hand auf diese fast willkürliche Entartung und Verkümmerung des
Menschen zuträte, wie sie der christliche Europäer ist (Pascal zum
Beispiel), müßte er da nicht mit Grimm, mit Mitleid, mit Entsetzen schreien:
,O ihr Tölpel, ihr anmaßenden mitleidigen Tölpel, was habt ihr da gemacht!
War das eine Arbeit für eure Hände! Wie habt ihr meinen schönsten Stein
verhauen und verhunzt! Was nahmt ihr euch heraus!‘ — Ich wollte sagen:
Das Christentum war bisher die verhängnisvollste Art von Selbstüber-
hebung. Menschen, nicht hoch und hart genug, um am Menschen als
Künstler gestalten zu dürfen; Menschen, nicht stark und fernsichtig genug,
um mit einer erhabenen Selbstbezwingung das Vordergrund-Gesetz des
tausendfältigen Mißratens und Zugrundegehens walten zu lassen;
Menschen nicht vornehm genug, um die abgründlich verschiedene
Rangordnung und Rangkluft zwischen Mensch und Mensch zu sehn: —
solche Menschen haben, mit ihrem ,Gleich vor Gott‘, bisher über dem
Schicksal Europas gewaltet, bis endlich eine verkleinerte, fast lächerliche
Art, ein Herdentier, etwas Gutwilliges, Kränkliches und Mittelmäßiges
herangezüchtet ist, der heutige Europäer …“
Das ist der Aufstand Nietzsches gegen den christlichen Menschen, der,
wenn er früher übersehen und überhört wurde, heute mit elementarer
Gewalt von der völkischen Bewegung angemeldet wird und darum nicht
mehr übersehen und überhört werden kann. Denn der Aufbruch der
völkischen Bewegung zum Heiligen Deutschen Reich ist zugleich Aufbruch
zum uralt-heiligen Deutschtum, das nach jahrtausendelanger magischer
Verschüttung durch das Christentum sein unveräußerliches Lebensrecht
wiederfordert. In tausend Schlachten des Weltkrieges, im stillen Heldentum
des Frauen- und Muttertums und nicht zuletzt in den schweren Kämpfen der

54
Nachkriegszeit wurde ein neues und doch uraltes Bild vom deutschen
Menschen ausgeprägt, dessen herbe und strenge Züge sich dem Deutschtum
unvergeßlich eingeformt haben. Der Weltkrieg zerschmetterte nicht nur
einen alten Glauben; — er schuf vielmehr in Deutschland einen neuen
deutschen Menschen. Und wenn dieser neue deutsche Mensch sein
„Glaubensbekenntnis“ nicht in Artikeln und Dogmen, in Offenbarungen
und anderen Formeln zusammenfassen und aus Spruchbüchern und
Katechismen heruntersagen kann, so will das nichts bedeuten gegenüber
dem gewaltigen Leben aus Heroischer Treue, das heute als mythische Kraft
aus Schützengräben und Lazaretten und nicht zuletzt aus vereinsamten
Witwen- und Waisenherzen den ganzen Volkskörper durchströmt. Diese
heute noch fortwirkende mythische Kraft des Lebens aus Heroischer Treue
ist es, an welcher die magische Religion des Christentums zerschellen wird.
In welcher Weise das geschieht, wird der nächste Abschnitt deutlich zu
machen suchen.

D
Der Einzelmensch im christlichen Weltbild.
1.
Das Christentum erhob und erhebt den Anspruch, das einzig wahre
Wissen um Gott, die einzig wahre Gotterkenntnis zu besitzen, da ihm die-
selbe ja bekanntlich offenbart wurde. Die menschliche Natur schien ihm
dagegen bekannt genug zu sein, um der Offenbarung über sie entraten zu
können. Es genügte ihm vollauf zu „wissen“, daß „das Dichten und Trach-
ten des ,Menschen‘ böse ist von Jugend auf“, daß „wir allzumal Sünder
sind und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollen“, daß wir
deshalb auch „erlöst, erworben und gewonnen“ werden müssen, über den
„Menschen“ weiß man also im Christentum so genau Bescheid wie über
Gott. Es kann darum nicht fehlen.
Vielleicht liegt darin einer der grundlegenden Unterschiede zwischen
dem arischen und dem semitisch-jüdischen Menschen, daß beim arischen
Menschen die Problematik aller Philosophie „schon“ beim Menschen
beginnt, während der semitisch-jüdische Mensch hier gar keinen Problem-
kreis sieht, sondern „Gott“ in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt.
Man hat diesen Unterschied schon als Beweis für die höhere religiöse
Begabung des semitisch-jüdischen Menschen betrachten wollen, ohne zu
bedenken, daß das Wesentliche einer Religion mit der Wahl des Ausgangs-

55
punktes noch nicht gegeben ist. Dem wird von christlicher Seite entgegen-
gehalten, daß das Christentum eine „Religion von Gott her“ sei, während
im Gegensatz dazu das Heidentum seine Religion „vom Menschen her“
gebildet habe und noch bilde. Wenn man nun aber dieser Anmaßung die
bescheidene Frage entgegenhält: — Was ist das — „der Mensch?“ — dann
wird einem die Antwort: — „Der Mensch, ja das ist doch klar, das ist doch
der Sünder!“ — Nun schön. Was ist aber dann der Sünder? — „Das ist der
gottfeindliche Mensch.“ — Schön und gut. Was ist aber dann Gott und
gottfeindlich? — „Gott ist Geist und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist
und in der Wahrheit anbeten“. — So lernen es die Christen schon in der
Schule, ohne jedoch jemals sagen zu können, was „Geist“ ist, es sei denn,
daß sie behaupten, die biblische Offenbarung sei Geist und sei Wahrheit.
Das sind Redensarten. Und alle diese Redensarten täuschen uns nicht
über die Tatsache hinweg, daß das Christentum die Kardinalfrage nach dem
Wesen des Menschen so falsch beantwortet hat, wie die Frage nach Gott.
Diese Erkenntnis ist von grundlegender Wichtigkeit, weil sie den Versuch
des Christentums, das Heidentum als „Religion vom Menschen her“ zu
entwerten, dadurch ad absurdum führt, daß sie dem Christentum seine
Unfähigkeit nachweist, eine richtige und klare Ansicht vom Wesen des
Menschen zu geben. Was ist also das: — „Der Mensch“?
Punkte 2 bis 6 sind hier ausgelassen16)

7.
Dieses solipsistische, weil rasselose, christliche Individuum ist ein Erb-
stück des ausgehenden Römischen Imperiums, in welchem nicht mehr der
Typus der rasse- und volkverwurzelten Persönlichkeit, sondern durchgängig
bis zum Kaiserthron hinauf das Ideal des Triebsandmenschen herrschte. Wie
sehr die solipsistischen und anarchistischen Seelen- und Gemütsstimmun-
gen dem Christentum wesenseigen sind, möge durch eine bunte Fülle von
Zitaten belegt werden.
„Den Christen muß nicht nur der Glaube, sondern auch das Leben
unterscheiden … zieht nicht, sagt der Apostel, am fremden Joch mit den
Ungläubigen … Es bestehe also zwischen uns und ihnen die größte
Trennung“. (Hieronymus Epist. Coelantia matronae.)
„Wie kann das eine Ehe genannt werden, wo die Übereinstimmung des
Glaubens fehlt? Wie viele sind aus Liebe zu ihren Weibern Verräter ihres
Glaubens geworden!“ (Ambrosius Epist. 70 Lib. IX).
16) Bitte im Original nachlesen. Zu den hier folgenden Ausführungen vgl. auch die grund-
sätzlichen und ausführlichen Auseinandersetzungen in des Verfassers Werk: Von der
lebensschöpferischen und von der lebensentartenden Wirtschaft.

56
„Denn Christen dürfen nicht Heiden oder Juden ehelichen.“ (Petrus
Lombard. Lib. IV. dist. 39. c. 1).
Auch diese Scheidung ist keineswegs unbiblisch. Wir sehen ja viel-
mehr, daß die Kirchenväter sich gerade auf die Bibel berufen. Die bekannte
Stelle des Apostels in Betreff der Ehen zwischen Heiden und Christen
bezieht sich nur auf Ehen, die schon vor dem Glauben bestanden, nicht auf
solche, welche erst geschlossen werden sollen. Man sehe, was hierüber
schon Petrus Lombardus sagt in dem eben zitierten Buch:
„Die ersten Christen haben alle ihre Verwandte, die sie von der
Hoffnung der himmlischen Belohnung abwenden wollten, nicht erkannt,
auch nicht einmal gehört. — Dies hielten sie vor die eigene Kraft des
Evangelii, daß um dessen willen alle Blutsfreundschaft verachtet werde;
indem … die Bruderschaft Christi der natürlichen weit vorginge. — Uns ist
das Vaterland und der gemeine Name nicht lieb, als die wir selbst vor
unseren Eltern einen Abscheu haben, wenn sie etwas wider den Herrn raten
wollen.“ (G. Arnold. Wahre Abbilder der ersten Christen Band IV, c. 2).
„,Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist meiner nicht
wert.‘ Matth. 10, 37 … Hierin erkenne ich euch nicht als Eltern sondern als
Feinde an … Was habe ich mit euch zu schaffen? Was habe ich von euch
außer Sünde und Elend?“ (Bernardus Epist. 111, Ex. pers. Heliae mon. ad.
Parentes).
„Höre Isidors Ausspruch: viele Geistliche, Mönche … verlieren über
dem zeitlichen Wohl ihrer Eltern ihre Seelen … Die Diener Gottes, welche
für das Wohl ihrer Eltern sorgen, fallen von der Liebe Gottes ab.“ (De
modo bene viv. Serm. V.)
„Jeden gläubigen Menschen halte für Deinen Bruder.“ (Ibid. Serm.
XIII)
„Ambrosius sagt, daß wir weit mehr lieben sollten die Kinder, die wir
aus der Taufe heben, als die Kinder, die wir fleischlich zeugten.“ (Petrus
Lomb. Lib. IV. 6. c. 5. addit. Henr. ed. Vurim)
„Die Kinder werden mit der Sünde geboren, und erben nicht das
ewige Leben ohne Erlassung der Sünde … Da es nicht zweifelhaft ist, daß
in den Kindern die Sünde ist, so muß einiger Unterschied sein zwischen
den Kindern der Heiden, welche schuldig bleiben, und den Kindern in der
Kirche, welche von Gott angenommen werden.“ (Melanchthon Loci de
bapt. inf. Argum. II).
„Mit den Ketzern darf man weder beten, noch singen.“ (Concil,
Carthag. IV. Can. 72, Carranza Summ.)
„Die Bischöfe oder Geistlichen sollen an die, welche keine katholischen
Christen sind, auch wenn sie ihre Blutsverwandte sind, nichts von ihren

57
Sachen verschenken.“ (Concil. Carthag. III. Can. 13 ibid.)20)
8.
Der solipsistische Mensch ist der grenzenlos einsame Mensch, der,
herausgelöst aus allen Beziehungen „dieser Welt“, von der quälenden Angst
und Sorge um sein Seelenheil durchs Leben gejagt wird. Merkwürdig aber
gerade diese Angst, diese Sorge, diese Not macht den solipsistischen
Menschen plötzlich und paradoxer Weise zum Mittelpunkt des ganzen
Weltgetriebes: — dieses soll nun keinen anderen Sinn haben als das
egozentrische Ziel des Heils und der Erlösung der solipsistischen von
grenzenloser Angst vor dem Jenseits durchs Leben gepeitschten Menschen-
seele! Mit entwaffnender Offenheit wird dieser egozentrische Grund der
göttlichen Verheißung in der christlichen Lehre enthüllt:
„Der durch das erste Gebot geforderte christliche Glaube ist der die
göttliche Verheißung bestätigende Glaube. Im Glauben beginne ich damit
zu rechnen, daß die Verheißung für mich gilt, daß Gott in Christus für
mich da ist, daß Jesus für mich gestorben und auferweckt ist. Deshalb
,stehts allein auf dem vocabulo (Wort): — … Für euch. Aureis literis haec
verba scribenda NOSTRUM, NOS, NOBIS.‘ Mit goldenen Buchstaben
müssen diese Worte geschrieben werden: Unser, wir, uns. (Luther)“.21)
Dieser solipsistische christliche Mensch ist aber nicht nur der einsame,
jeder Gemeinschaft abholde Mensch, sondern auch der ohnmächtige und
zerknirschte Mensch, der, wenn er alle diese Eigenschaften rein und unver-
fälscht in sich vereinigt, einen typischen Zerfallskern für jeden irgendwie
noch rassisch-bedingten Wertordnungskosmos bildet. Man lese einmal im
Buch Reisners: „Die Kirche des Kreuzes und das deutsche Schicksal“ nach,
was er unter christlicher Gesinnung, christlicher Gemeinschaft und dgl.
versteht, und man wird deutlich das anarchische und solipsistische Zerfalls-
moment heraushören. So hat für ihn die Geschichte jeden Sinn verloren,
was vom anarchisch-solipsistischen Standpunkt aus vollkommen folge-
richtig ist. Er schreibt:
„Als Jesus vom Kreuz herab sein ,Es ist vollbracht!‘ rief, da hatte er als
Stellvertreter seines Volkes im klaren Wissen um den Willen des Vaters eben
das mit sich selbst vollbracht, was von Israel gefordert war. Er starb als
Priester und als Opfer, als Abraham, als Isaak und als das dem Menschen
von Gott geschenkte Lamm zugleich. Aber nicht nur die Geschichte Israels
allein, sondern die Geschichte überhaupt, auch die Geschichte der Heiden,

20) Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums S. 486/478. Dr. Ernst Seeger: Der Krieg
der unsichtbaren Fronten S. 282/283.
21) Theodor Ellwein: Evangelische Lehre. Eine Laiendogmatik. S. 140.

58
nämlich die Geschichte, in der Gott handelnd auftritt, war damit zu Ende.
Die Zeit geht zwar weiter, aber ohne heilsgeschichtlichen Sinn. Es gibt noch
Völker, aber nur Völker ohne Götter, Völker, die dem Jüngsten Tag und
ihrem Untergang entgegengehen. Auch das Gesetz besteht weiter, aber nicht
mehr als geoffenbartes, an dem eine Verheißung hängt, sondern als bloße
Ordnung der außergöttlichen Existenz. Mit dem Tod Christi hat das
diesseitige Leben seinen religiösen Sinn verloren. Als Christen sind wir
gestorben, obgleich wir leben und sind mit Christus verborgen in Gott bis
zum Tage der Auferstehung.“ (S. 41) …
An einer anderen Stelle seines Buches kommt Reisner auf die ver-
schiedenen Lösungsversuche zu sprechen, die das Christentum bezüglich
der Stellung des Christen in der Welt angestrebt hat. In seiner Besprechung
des Verhältnisses der protestantischen Heiligung des Berufslebens zur
katholischen Werkheiligkeit fällt er über den protestantischen Lösungs-
versuch das folgende Urteil:
„Der Mensch soll, so predigte man (im Protestantismus) nun, seine
täglichen Verrichtungen mit ,christlicher Gesinnung‘ durchdringen, statt
einzusehen, daß christliche Gesinnung immer nur Resignation an allen
weltlichen Zielen und Zwecken bedeuten kann, daß durch die wahre
christliche Gesinnung eine radikale Umwertung aller Kulturwerte, ja eine
Umkehrung der Wertungsrichtung überhaupt, vollzogen wird. Durch die
Pforte einer angeblich reineren Christlichkeit hielt so der Fürst dieser Welt,
zwar nicht in der glänzenden Rüstung des römischen Triumphators, aber
dafür im schlichten Gewand des Bürgers, seinen Einzug. Die Sündhaftigkeit
des Weltlebens war hier in einer Weise verkannt wie niemals in der alten
Kirche, die ja nur insoweit irrte, als sie dem unheiligen irdischen Leben auf
Erden in Mönchtum, Askese usw. ein heiliges Edelreis aufpfropfen zu
können meinte. Der Katholizismus hat das Kreuz wohl zu leicht genommen,
der Vulgärprotestantismus aber hat es allen rein theologischen Gegen-
behauptungen zum Trotz vollkommen ausgeschaltet.“ (S. 87/88) …
Aus dieser solipsistisch-resignierten Gemütslage heraus entwirft denn
auch Reisner ein unheimlich scharfes Bild des Ideals der anarchistisch-
solipsistischen Christlichen Gemeinschaft. Er sagt darüber — wir ziehen die
maßgebenden Stellen zusammen — Folgendes:
„Christus ist Gott im Verschwinden aus dieser Welt, wie eben auch die
sichtbare Kirche nur im Verschwinden aus der Geschichte Kirche Christi
und Leib Christi ist. Die zum Abendmahl versammelte Gemeinde bekennt
sich mit Christus zu ihrem eigenen Verschwinden. Als die verschwindende
wird sie in Christus und wird Christus in ihr gegenwärtig … Der wissen-

59
schaftliche Mensch redet nicht an und läßt sich nicht anreden, er redet nicht
mit jemandem, sondern nur mit sich selbst über jemanden. Seine Rede ist
die Rede des Einsamen. Aber sind wir nicht alle einsam, auch wir, die wir
der Wissenschaft ihren Anspruch streitig machen? Sind wir nicht ebenso
wie irgendein Gelehrter an unser verschlossenes Ich gebannt und sind wir
nicht ebenso wie er gezwungen, über Christus und nicht mit ihm zu reden,
also ihn zu kreuzigen, indem wir uns denkend oder sprechend mit ihm
befassen? Ganz gewiß, aber das wußte auch Christus selbst, und trotzdem
hat er gesagt: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, das
heißt, wo sie über mich sprechen und mich nennen, bin ich mitten unter
ihnen. Indem er so über sich sprechen läßt, gibt er uns wie beim letzten
Abendmahl sein Fleisch und sein Blut zur Speise. Als der Zerbrochene und
Gekreuzigte wird er das Band der Wahrheit, das uns Einsame zusammen-
bindet. … Aber allerdings hat die Entscheidung für Gott und für die
Seligkeit den Verzicht auf das widergöttliche Leben in der Welt und in der
Geschichte zur unerläßlichen Vorbedingung. Das heißt natürlich nicht, daß
ich mich töten oder dem Quietismus verschreiben müßte, sondern daß ich
als Armer im Geist so zu leben habe, als ob ich bereits gestorben wäre, also
wie die ersten Christen im Blick auf das Weltende tatsächlich gelebt haben.
… Die johanneische Kirche ist die, die sich in ihrer Sichtbarkeit als der
sterbliche und gekreuzigte, in ihrer Unsichtbarkeit als der verklärte Leib
Christi versteht. Sie ist das Samenkorn, das in die Erde versenkt wird und
dort ersterben muß, damit es Früchte tragen kann. In der römischen Kirche
deckt sich die christliche Gemeinschaft grundsätzlich mit der empirischen.
Im Protestantismus fehlt zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche jeder
wahre Zusammenhang, und so wird die sichtbare zur Verlegenheit. Die
johanneische Kirche endlich umfaßt alle Glieder der empirischen Gemein-
schaft, aber in verkehrter Gestalt, das heißt in ihr sind die Christen als
Kirchenvolk vereinigt, gerade indem sie jeder anderen Gemeinschaft von
dieser Welt als Einzelne und Einsame entzogen sind. Mit den Augen des
irdischen Menschen gesehen, ist demnach diese Kirche eine Gemeinschaft
mit negativem Vorzeichen, sozusagen eine Gemeinschaft unter dem
Nullpunkt, die Gemeinde der ,Fremdlinge und Pilgrime‘, die aus allen
diesseitigen Ordnungen herausgefallen sind und überhaupt nur in ihrem
grundsätzlichen Verzicht auf die geschichtliche Ordnung, also auf die
Gemeinschaft über dem Nullpunkt, der Kirche angehören. Die johanneische
Kirche hat dort Realität, wo die Weltordnungen scheitern und zerbrechen
und wo infolgedessen die Menschen zu Mühseligen und Beladenen werden.
… Die Urgemeinde hat sich über das Verhältnis der sichtbaren zur unsicht-
baren Kirche niemals den Kopf zerbrochen. Ihr galt als selbstverständlich,
daß alle, die in der eschatologischen Erwartung des kommenden Reiches

60
stehen und demgemäß auch ihr äußeres Handeln einrichten, vor allem das
Martyrium willig auf sich nehmen, zur Kirche Christi gehören, ihrer Sicht-
barkeit nach dem Gekreuzigten, ihrer Unsichtbarkeit nach dem Verklärten
zueigen. Hier verstand sich jeder Einzelne als so ein Weizenkorn, das in die
Erde fallen und sterben muß, um Früchte zu tragen. Diese Gemeinde war
die Gemeinde der Weizenkörner, und darum gab es in ihr nicht Juden noch
Griechen. Wer Jude oder Grieche bleiben, wer also nicht sterben, nicht
einsam werden will im weltlichen Sinn, der bleibt, vom Evangelium her
gesehen, erst recht einsam und allein, der sondert sich, indem er dem
Gericht, das über alle Gemeinschaften des verkehrten Schauens gesprochen
ist, von Adam ab und verwirft die Verheißung. Er bekennt sich nicht zur
Gemeinschaft der Sünde, die alle Menschen verbindet und alle Unter-
schiede auslöscht, er verbirgt weiter seine kreuzigungswürdige Nacktheit
und hat so auch keinen Teil an der Auferstehung des Fleisches.
Nur in der johanneischen Kirche ist der Sinn des Abendmahls erkannt,
das um den Tisch des Herrn die Gemeinde der Abend-Welt vereinigt, die
Gemeinde der Weizenkörner, die indem sie gemeinsam den Leib und das
Blut des auf Golgatha gestorbenen einen Weizenkorns genießen, sich zu
seinem Tod als Mitsterbende bekennen und mit ihm begraben lassen
wollen. Nicht als das in der Monstranz aufbewahrte schaubare Heiligtum
und auch nicht als bloßes Symbol, sondern als das verschwindende und zum
Verschwinden bereit machende ist dieses Brot das Brot des Lebens und der
wahre Leib Christi. Nur wer auf geschichtliche Ansprüche, auf alle
Gemeinschaften von dieser Welt verzichtet, darf sich an den Tisch setzen,
der die Kirche selbst ist. … Die christliche Kirche ist die Gemeinschaft der
Verschwindenden; nur als Verschwindende, als gebrochene Strahlen ge-
hören wir ihr an …“
9.
Damit hat sich der Ring unserer Untersuchung geschlossen. Wir ver-
suchten, die Stellung des Einzelmenschen im christlichen Weltbild zu
bestimmen und fanden bei dieser Gelegenheit die Bestätigung des in den
beiden vorhergehenden Abschnitten herausgearbeiteten christlichen Ge-
meinschaftsideals. Darin liegt aber die stärkste Überzeugungskraft unserer
Beweisführung. Die innere Übereinstimmung zwischen dem christlichen
Begriff des Einzelmenschen und dem christlichen Gemeinschaftsideal ist
eine so vollkommene, daß das Eine ohne das Andere gar nicht denkbar ist.
Dem solipsistischen Einzelmenschen entspricht die „Gemeinschaft“ der
Einsamen. Dem Menschen, der auf „alle geschichtlichen Ansprüche, auf
alle Gemeinschaften von dieser Welt verzichtet“, entspricht die christliche
Kirche, das christliche Kirchenvolk als „die Gemeinschaft der Verschwin-

61
denden“. Das ist die klare und unausweichliche Folge der Verneinung des
Rassenzusammenhanges und des Zusammenhanges der Geschlechterfolge.
Wer diese Zusammenhänge verneint, wer nichts davon wissen will, daß der
Zusammenhang zwischen Geschlecht und Geschlecht, zwischen Erbmasse
und Erbmasse, zwischen „Ich“ und „Wir“ im letzten Grund ein mythischer
Zusammenhang mit dem Reich des Göttlich-Überbewußten, der Göttlichen
Ideenwelt, mit dem Kosmischen Wertbewußtsein und im letzten Grunde mit
dem unbegreiflich Höchsten Wert des Wesenhaften Reiches ist, der muß in
der Verzweiflung, Resignation und Erlösungsbedürftigkeit des solipsis-
tischen Christlichen Einzelmenschen enden.
Man sage nicht, daß Reisner „übertreibe“. Nein: — er hat nur den Mut,
die christliche Verneinung aller Rassenzusammenhänge und aller sonstigen
Gemeinschaften bis zur Herausarbeitung des solipsistischen Einzel-
menschen zu treiben und das Kirchenvolk folgerichtig als die Gemeinschaft
der Verschwindenden zu erfassen. Man lese seine durchaus klaren und
überzeugenden Auseinandersetzungen mit dem Katholizismus, Protestan-
tismus und Kalvinismus nach und man wird finden, daß es nicht falsche
Einsicht in das Wesen des Christentums ist, worin er sich von den anderen
Schattierungen des Christentums unterscheidet, sondern daß er ein höheres
Maß von Mut und tieferer Leidenschaftlichkeit im Erfassen und Aneignen
des Christentums aufbringt als seine in den anderen Spielarten des Christen-
tums lebenden Brüder in Christo. Wenn sie nur alle den Mut und die
Leidenschaftlichkeit Reisners hätten, dann wäre die Auseinandersetzung mit
dem Christentum bedeutend erleichtert. So ist es aber leider die schillernde
Vieldeutigkeit des im vergangenen Jahrtausend angewachsenen Trümmer-
haufens sogenannter christlicher Lehren und Grundsätze, welche dem
Christentum seine Lebensfähigkeit erhält. Wer also Reisner dadurch ad
absurdum führen will, daß er seine Meinung als unbiblisch und unchristlich
bezeichnet — der beliebteste Vorwurf, der immer gleich zur Hand ist, wenn
Unbequemes abgeschüttelt werden soll — der möge auf die bald nicht mehr
anders als nur noch ironisch zu stellende Frage Antwort geben: — „Was ist
denn eigentlich christlich?“

62
Zweites Hauptstück
Die Beziehungen zwischen Christentum und
Judentum.
A.
Die Problemstellung.
Nietzsche hat dem Problem, an dessen Lösung wir in diesem Hauptstück
herantreten, in seinem „Antichrist“ Aph. 24 die folgende Fassung gegeben:
„Die Juden sind, eben damit, das verhängnisvollste Volk der Welt-
geschichte: in ihrer Nachwirkung haben sie die Menschheit dermaßen
falsch gemacht, daß heute noch der Christ antijüdisch fühlen kann, ohne
sich als die letzte jüdische Konsequenz zu verstehen.“
Nietzsche hat den Dualismus, der sich durch das christliche Weltbild
bezüglich der Judenfrage hindurchzieht, zwar verkannt, aber doch gesehen.
Wir können auf Grund unserer Auseinandersetzungen im ersten Hauptstück
die Stellung des Christentums zum Judentum dahin umreißen, daß dieses
Letztere vom Christentum abgelehnt werden müßte, weil sich der christliche
Kampf gegen das Volks- und Rassenprinzip schlechthin richtet. Tatsächlich
aber finden wir in der religiösen, kirchenpolitischen, politischen und morali-
schen Wirklichkeit des Christentums dieses als den engsten Verbündeten
und besten Wegbereiter und Schrittmacher des Judentums und seines
Weltmachtstrebens. Dieser religions- und rassensoziologische Dualismus
innerhalb des christlichen Weltbildes ist der tragsame Grund der jüdischen
Weltmacht, weil er die Ursache der geistigen und rassischen Zerreißung der
nichtjüdischen Völker ist. Diese mephistophelische Verwirrung aller
völkischen Gefühle war bisher das größte Verhängnis, welches durch das
Christentum über die nichtjüdischen Völker gebracht wurde. Ihre Wurzeln
gilt es nunmehr freizulegen.

B.
Die mephistophelische Verwirrung des deutschen
Gefühlslebens.
1.
Die gründliche Zerstörung des arteigenen religiösen Erlebens beginnt,
wie billig, bei der Zerstörung der Heiligtümer und endet bei der Ausrottung

63
der Gefühle für das Heilige durch Bastardierung und Verfälschung des
Gefühlslebens und endlich bei der Ausrottung der wegweisenden Träger
des Gefühlslebens. Das Christentum muß ja nicht nur den Blutsbastard,
sondern auch den Gefühls- und Geistesbastard wollen und — so schrecklich
es klingt! — züchten. Denn auch das Christentum hat ein Züchtungs-
ideal, — nämlich den rasselosen Triebsandmenschen.
Wird die Blutbastardierung durch die liebevolle Predigt und Pflege des
Rassenchaos erreicht, so strebt man die Gefühls- und Geistesbastardierung
durch Entwertung und Verfälschung der Geschichte an.
Im ersten Abschnitt lernten wir die christliche Unterscheidung der
Offenbarungs- und Heilsgeschichte einerseits und der Profangeschichte an-
dererseits kennen. An dieser Unterscheidung haben wir jetzt anzuknüpfen,
weil sie uns erstens zeigt, was im Christentum unter „heilig“ verstanden
wird, und weil sie zweitens die Nahtstelle bildet, an welcher das Christen-
tum in das Judentum übergeht.
Nach christlicher Lehre ist die Offenbarungs- und Heilsgeschichte zu-
gleich die Heilige Geschichte, welcher die Völker- und Weltgeschichte als
unheilige Geschichte gegenübersteht. Heilig ist sie deshalb, weil „Gott
handelnd in ihr auftritt“ und seinen Willen in ihr offenbart. Da diese Offen-
barung einmalig und ausschließlich ist, so ist Gottes Wille nur aus ihr
erkennbar und nur im Gehorsam gegen sie ausführbar. Nur im Rahmen
dieser heiligen Geschichte ist ein heiliges, gottwohlgefälliges Leben
möglich, weil nur in den Vorbildern dieser Geschichte, in den „Gottes-
männern“, das Ideal des heiligen Lebens verwirklicht erscheint. Nur an
diesen „Gottesmännern“ kann der Christ das Ideal der heiligen Persönlich-
keit erkennen, so etwa, wie der Jude David von Kittel in seinen „Gestalten
und Gedanken in Israel“ als „eines der wirklichen Genies der Welt-
geschichte als Feldherr und Staatsmann“ in den höchsten Tönen gerühmt
wird. Nur an dieser heiligen Geschichte kann der Christ aber auch das Ideal
des Volks- und Staatslebens ablesen, wie es dem Willen Gottes entspricht,
weshalb schon mancher christliche König oder Kaiser das Ideal des —
jüdischen Königs David zu kopieren suchte. Die Geschichte der durch die
heilige Geschichte verursachten mephistophelischen Verwirrung der
Gefühle unter den nichtjüdischen Völkern ist leider noch nicht geschrieben.
Sie enthält neben dem durchgängig Tragischen auch manche köstliche
Groteske.
2.
Heilig ist nur die Jüdische Geschichte und die Geschichte des Chris-
tentums, weil nur sie die Offenbarung des Willens Gottes und der wahren
Religion enthält. Darum schreibt Martensen in seiner Dogmatik § 13:

64
„Wenn man die drei großen Religionsformen Heidentum, Judentum und
Christentum als drei verschiedene Entwicklungsstufen in dem religiösen
Bewußtsein bezeichnet hat, so muß hervorgehoben werden, daß nur das
Judentum und das Christentum mit ihrer heiligen Geschichte ein gemein-
schaftliches Entwicklungsprinzip haben, während das Heidentum mit seinen
Mythen auf ein wesentlich verschiedenes Prinzip hinweist. Freilich haben
sowohl ältere als neuere gnostische Systeme die drei Religionen als wie aus
einem Stück begreifen wollen, indem sie das Heidentum als den natürlichen
Ausgangspunkt für die Religionsentwicklung zu Grunde gelegt und die
heilige Geschichte des Judentums und Christentums als eine andere Gestalt
des Mythischen Bewußtseins zu begreifen gesucht haben. Aber dieses
Streben beruht auf einer Verleugnung des Begriffs der Offenbarung, auf
einer Verkennung des prinzipiellen Gegensatzes zwischen Offenbarung und
Mythus. Der Mythus hat allerdings dies mit der Offenbarung gemein, daß
er nicht ein Produkt willkürlicher Dichtung ist, sondern einen objektiven,
einen geheimnisvollen Ursprung hat, wie die Offenbarung. Aber der Mythus
hat seinen geheimnisvollen Ursprung in dem Weltgeist, in dem kosmischen
Geist, während die Offenbarung ihren Ursprung hat in dem heiligen Geist.
Der Mythus hat daher allerdings einen reichen Ideengehalt, aber keinen
heiligen Willensinhalt. Gerade weil er nur Ideen zu seinem Inhalt hat,
haben die mythischen Gestalten nur ein Scheindasein für die Vorstellung
und die Phantasie, sind nur Personifikationen der Idee. Und gerade weil
die Offenbarung die Offenbarung des heiligen Willens ist, erfordert sie
Geschichte als ihr Medium, historische Tatsachen, historische Persönlich-
keiten, denn nur die Geschichte ist das rechte Element des Willens, und die
heilige Geschichte das Element des heiligen Willens. Die mythische Traum-
welt muß mit ihren Personifikationen vor dem Licht der Kultur verschwin-
den, weil sie nur in der Form der Gärung ist, was Philosophie und Kunst in
der Form des taghellen Bewußtseins sind; denn das eigentlich religiöse
Element hat im Mythus teils nur ein unbestimmtes, teils ein sporadisches
und mythisches Dasein. Die Offenbarung dagegen kann nicht aufgehoben
werden durch irgend ein Wissen, grade weil sie nicht eine niedrigere Form
des Wissens ist, sondern heilige Tatsache und heiliges Leben. Hiermit ist
keineswegs geleugnet, daß innerhalb des Gebiets der Offenbarung sich eine
Symbolik ausbilden kann, ja muß, die auf eine dem Mythus analoge Weise
die heiligen Ideen symbolisiert, und daß wiederum, unter Voraussetzung der
heiligen Geschichte, sich eine Mythologie ausbilden kann, wie wir es in
dem Katholizismus sehen, wo der Legendenkreis wie eine Schlingpflanze
den Stamm der heiligen Geschichte umschlingt; aber wir behaupten nur,
daß die Offenbarung ihrem Persönlichkeitsprinzip zufolge nicht zu trennen
ist von einer heiligen Geschichte und in prinzipiellem Gegensatz steht zu

65
der mythischen Schein- und Traumwelt.“
Das Erstaunliche an dieser Entgegensetzung von Mythus und
Offenbarung ist die Erklärung, daß der Mythus seinen Ursprung dem
kosmischen Geist, die Offenbarung aber dem heiligen Geist verdanke,
ohne daß der Dogmatiker den Versuch gemacht hätte zu sagen, was er nun
unter „Kosmischem Geist“ und was er unter „Heiligem Geist“ versteht.
Unwillkürlich denkt man dabei an das Goethewort: „Denn wo die Begriffe
fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.“ Dem Mythus, für den
also kein Begriff gegeben wird, spricht der Dogmatiker reichen Ideengehalt
zu, vermißt aber in ihm den heiligen Willensinhalt. Das stimmt nun
allerdings auffallend, wenn man unter „heilig“ das versteht, was von der
Offenbarungsgeschichte als „heilig“ ausgeprägt wurde, so z. B. das Leben
Abrahams, Jakobs, Josephs, der Richter, die ebenso blutige wie jämmerliche
und erbärmliche Geschichte des jüdischen Königtums oder etwa die
Geschichte Jehus, von welch Letzterem sogar ein so Bibelgläubiger wie
Martin Thilo in seiner Alttestamentlichen Bibelkunde feststellt, daß er mehr
„als ein blindes Werkzeug der Vorsehung“22), „das für einen bestimmten
Fall seinen Dienst tun konnte, aber nicht als ein Gottesmann im biblischen
Sinne“23) — zu gelten habe.
So spielt schon um den Begriff des „Heiligen“ innerhalb des Christen-
tums eine vielfältige Verwirrung der Gefühle, welche nur in Einer Hinsicht
vollkommen klar und eindeutig ist, daß das Heilige im christlichen Sinne
in keinerlei Zusammenhang mit dem deutschen Volkstum steht, also
arteigen-blutsgebunden ist, sondern im Rahmen der Offenbarungsgeschich-
te im ausgesprochenen Gegensatz zu allem Volks- und Rassentum steht, das
nichtjüdisch ist, weil es vollkommen fremdvölkisch-jüdisch gebunden
ist. Man wird keinen einzigen christlichen Heiligen feststellen können, der
um völkischer Verdienste und um seines Lebens für sein Volkstum willen
heiliggesprochen worden wäre. Dagegen ist der Titel des „Großen“ und des
„Heiligen“ an Kaiser und sonderbare Männer verliehen worden, deren
Verdienste um ihr Volkstum mehr als zweifelhaft sind. Wir nennen als
Beispiele den Franken Karl, den „Großen“, und Heinrich II., den Heiligen,
ferner Loyola und Canisius. Wer die Reihe fortsetzen will, kann sie
fortsetzen und wird immer bestätigt finden, daß die Begriffe Heilig im
christlichen Sinne und Völkisch sich ausschließen. Man denke nur an jene
heiliggesprochenen Missionare des christlichen Glaubens, welche gerade
um ihrer völkerzerstörenden Missionstätigkeit willen heiliggesprochen
wurden, von Bonifacius angefangen bis auf die verschiedenen Jesuiten-

22) Warum so verschämt von „Vorsehung“ sprechen, wo doch Jehova genannt werden müßte!
23) S. 222.

66
missionare. Diese Feststellung ist von eminent praktischer Bedeutung, wenn
man bedenkt, daß der Geschichtsschreiber es ist, welcher die Begriffe
„Groß“, „Heilig“, „Erhaben“ usw. für das Volk ausprägt, und daß die
Welt, auf welche diese Begriffe angewendet werden, im Kopf eines
jesuitischen oder sonst christlichen Geschichtsschreibers anders aussieht als
im Kopf eines völkischen Geschichtsschreibers. So wird ein Jesuit nie
darauf kommen, den Preußenkonig Friedrich II. als den Großen zu be-
zeichnen und umgekehrt kann der Franke Karl vom Völkischen Standpunkt
aus nie als der „Große“ gewertet werden. — Wie vielfältig gespalten ist
schon innerhalb des christlichen Lagers das Urteil über Luther! Der Eine
sieht in ihm den abtrünnigen und verabscheuungswürdigen Ketzer, der
Andere erblickt in ihm den Reformator, welcher die „Reinheit des
Evangeliums und seine Wahrheit wiederhergestellt“ hat: — vom Völkischen
Standpunkt aus werden wir ihn in die Reihe der deutschen Empörer gegen
den Franken Karl den Pippiniden einzureihen haben, die mit Widukind
begann und seitdem in keinem Jahrhundert mehr abgerissen ist. Luthers
Charakter als Gegenspieler gegen den Franken Karl ist zu deutlich, als daß
er übersehen werden könnte. Und wer an die Fortwirkung des Geistes und
der Tat in der Geschichte glaubt, kann nicht umhin, die Christianisierung
Deutschlands durch den Franken Karl als den Sieg des rassenchaotischen
Mittelmeerraumes über den germanischen Wertordnungskosmos im euro-
päischen Nordraum zu betrachten.24)
Diese kurzen Hinweise, die längst nicht vollständig sind, dürften zur
Genüge klargemacht haben, daß es keine völkische Marotte ist, die nichts
auf sich hat, wenn wir sagen, daß durch die christokratisch magische Aus-
prägung der Begriffe „Heilig“, „Groß“, „Rein“, „Erhaben“ unser ganzes
Geistes-, Gefühls- und Gemütsleben vollständig verhunzt worden ist und
daß uns darüber jeder Begriff von Heilig, Groß, Rein, Erhaben verloren
ging. Denn wenn einmal in einem Volk und seiner Sprache diese Schlüssel-
begriffe und Schlüsselworte verwirrt, verhunzt und bastardiert sind, dann
ist sein ganzes Innenleben gebrochen und zerbrochen. Darüber kann gar
kein Zweifel bestehen.
Ähnlich wie mit dem Begriff des Heiligen liegt es mit dem Begriff des
Wahren. Diese Auseinandersetzung führt uns jedoch in zu enge Verbindung
mit der Judenfrage, als daß wir ihre Untersuchung nicht in den nächsten
Abschnitt herübernehmen müßten.

24) Vgl. dazu: Deutsche Geschichte als Kampf der heroischen und der magischen Wert-
ordnung. Von Dr. Ernst Seeger. Adolf Klein-Verlag.

67
C.
Der Führungsanspruch des Judentums.
1.
Die Bibel hat nicht nur den Begriff des Heiligen maßgebend für unser
Volk bestimmt, sondern auch den Begriff des Wahren, denn die Bibel ist
nach christlicher Lehre der Inbegriff des Wahren. „Dein Wort ist die
Wahrheit.“
Es ist eine der beschämendsten Arbeiten, der wir uns unterziehen
müssen, wenn wir die schamlose Selbstentmannung schildern, welche von
christlicher Seite am deutschen Geist geübt wurde. Und doch muß sie
geleistet werden.
Zunächst haben wir negativ festzustellen, daß wir Deutschen nach
christlicher Lehre nicht aus eigener Kraft, sondern erst durch das Christen-
tum in den Besitz der Wahrheit kamen und bis zur Christianisierung „in der
Finsternis wandelten“. So schreibt Reisner in seinem Selbstentmannungs-
masochismus:
„Die nordischen Völker sind aber, wie wir schon anfangs gesagt haben,
die bekleideten, die sich verbergenden25), denen darum auch das Göttliche
verborgen ist, und dieser ihrer Verborgenheit entspricht so eine verborgene,
eine nicht sinnlich-offenbare Religiosität.“
Dann haben wir positiv festzustellen, daß allein die Juden in den Besitz
der Weisheit und Wahrheit gesetzt wurden. Denn, wahrlich, wahrlich, also
schreibt Martensen in seiner Dogmatik auf den Seiten 89/90:
„Denn die Weisheit (die Idee, die göttliche Sophia, die himmlische
Jungfrau, wie die Theosophen sie genannt haben) ist aller Dinge Werk-
meisterin (Weish. 7). Diese Künstlerin war bei dem Höchsten, als er die
Himmel bereitete, da er die Tiefen mit ihrem Ziel verfasste, da er die
Wolken droben vestete, da er den Grund der Erde legte. Aber nur im
Menschen kann sie ihr Werk vollenden. Sie suchte Ruhe in allen Dingen, sie
erhielt Eigentum unter allen Völkern und Heiden; aber eine bleibende
Stätte (Sirach 24) bekam sie erst in Israel, der Gemeinde Gottes, wo sie von
Geschlecht zu Geschlecht in heilige Seelen sich hingibt und Gott Freunde
und Propheten bereitet. Unter dem Alten Bund erkennt die Gemeinde die
Weisheit Gottes aus dem Gesetz und der Weissagung und aus ihren Werken
in der sichtbaren Schöpfung. Aber das Rätsel der Weisheit wird erst im
Neuen Bund gelöst, wo die Weissagung ihre Erfüllung gefunden hat und die
ganze Schöpfungsweisheit abgeschlossen und in die Christusweisheit aufge-
25) Ob Reisner wohl splitternackt umherwandelt?

68
gangen ist. Die prachtvollen Naturbeschreibungen 26), welche das Alte Testa-
ment hindurch die Ehre des Schöpfers verkünden, treten in dem Neuen
Testament vor der in dem Erlösungswerk geoffenbarten Weisheit zurück
(Eph. 3, 10. Röm. 11, 33), und wenn die salomonische Weisheit von den
Bäumen zu reden weiß, von den Cedern an auf dem Libanon bis an den
Ysop, der aus der Wand heraus wächst (1. Kön. 4, 33), so tritt diese
Weisheit vor der Rede von ihm zurück, in dem Alles, wie unter das Haupt
verfasst werden soll (Eph. 1, 10), und die Paulinische Weisheit will nichts
wissen ohne Christentum alleine (1. Kor. 2, 2).“
Die Weisheit, die eine bleibende Stätte in Israel bekam, ist das Wort
Gottes, das erstmalig und ausschließlich einer Reihe von Juden geoffenbart
wurde. Diese Juden gelten also als Lehrer der Menschheit, denen gegen-
über jede andere Autorität untergeordnet ist; sie gelten, weil der besonderen
Liebe Jahwes gewürdigt, als heilige Männer.
Ganz anders ist die Stellung der Heiden, wie wir noch in einem be-
sonderen Abschnitt sehen werden. Während Jahwe sich den Juden höchst-
persönlich offenbarte, ließ er sich bei den Heiden durch seine Engel
vertreten. Aus diesem Unterschied der Offenbarung folgt dann die
„Unreinheit“ der heidnischen Religionen und die Überlegenheit der
jüdischen Religion. Das Gesagte mag nun noch kurz belegt werden.
Martin Thilo schreibt in seiner Alttestamentlichen Bibelkunde auf Seite
3/4:
„Nun geht die christliche Gemeinde, der die Bibel als unveräußerlicher
Besitz gilt, von der Erfahrung27) aus, daß sie in ihr das Wort Gottes findet.
Sie weiß, daß der schweigende Gott mit dem redet, der sich in die Bibel
vertieft, und daß der, welcher Gott in der Bibel zu suchen beginnt, sich dem
Herrn gegenübergestellt sieht, der ihm warnend und verheißend den Weg
weist, den er gehen soll, und ihn auffordert, zu hören und zu folgen, das
heißt seinem Wort zu glauben. In der Gewißheit, daß der hier redende Gott
der Schöpfer aller Dinge ist, nimmt die Christenheit in der Bibel das Wort
wahr, das die Grundlage und Ursache ihres Glaubens ist.
Indem sie aber auf die Art und Weise achtet, in der die Bibel das Wort
Gottes darbietet, erkennt sie, daß sie es dort mit Zeugnissen von Männern
zu tun hat, die Gott erstmalig reden hörten. Das vornehmste dieser
Zeugnisse ist das von Christus, der nach Johannes das Wort schlechthin ist
(Joh. 1, 1 ff.), durch den Gott am letzten zu uns geredet hat, wie der
Hebräerbrief sagt (1, 1 und 2). Die Evangelisten und Apostel zeugen von
diesem Christus, indem sie sein Reden und Handeln darstellen, seine

26) Nicht zu vergleichen mit denen unserer Dichter!


27) Erfahrung? Diese besteht doch wohl nur in christlich umnebelten Gehirnen!

69
Lebensgeschichte beschreiben, das in ihm beschlossene Heil predigen und
diese Predigt mit Lehren und Ermahnungen verbinden, die sich auf dieses
Heil gründen.
Die Bibel besteht somit aus Zeugnissen von Männern, die als Menschen
ihrer Zeit sich zunächst auch an ihre Zeit wenden. Die Christenheit der
Gegenwart aber weiß, daß die biblischen Zeugnisse durch den göttlichen
Geist, von dem die biblischen Zeugen ergriffen sind, auch auf sie wirken
und so zum Wort Gottes werden, das sich auch an sie richtet. Sie hütet sich
vor der Meinung, als wirke die Bibel ohne weiteres durch den Buchstaben.
Sie hält vielmehr daran fest, daß sie nur für den ein Mittel zum Hören des
göttlichen Wortes wird, der sich dem göttlichen Geist öffnet, der in ihr
waltet, und entgeht damit der Gefahr, das Heilsmittel des biblischen
Gotteswortes mit dem Heil selbst zu verwechseln. Sie nennt die Bibel zwar
die Heilige Schrift, aber nur deswegen, weil deren Zeugnisse ihr dieses Heil
vermitteln.
Die Bibel ist also die Sammlung derjenigen Schriften, die das Wort
vermitteln, das Gott zu unserem Heil geredet hat und noch redet.“
In welches Verhältnis Heidentum und Judentum zueinander von Jahwe
gesetzt wurden, darüber gibt uns Martensen in einer Anmerkung seiner
Dogmatik auf Seite 120 den folgenden Aufschluß:
„Im 5. Buch Mos. 32, 8. 9 heißt es nach der LXX: ,Als der Höchste
Erbe unter die Völker verteilte, als er die Menschenkinder verteilte, da
verordnete er die Grenze den Heiden nach der Zahl der Engel Gottes, er
selbst aber nahm seine Wohnung in Israel.‘ Diese Stelle enthält einen
Fingerzeig in der oben angedeuteten Richtung. In Israel also nahm der
Herr selbst Wohnung, aber über die Heiden setzte er Engel. Nicht in
unmittelbar persönlicher Gegenwart, sondern nur durch endliche Mittler,
durch untergeordnete Gottheiten28), offenbarte sich der Höchste im Heiden-
tum; und es war seine Güte gegen das Heidentum, daß dasselbe, obgleich
im höchsten Sinne gottverlassen, doch nicht ideenverlassen sein sollte.
Durch die Ideen offenbarte er sich dem Heidentum, obzwar die Heiden Ihn,
dem das Ideenreich gehört, nicht erkannten. Insofern also als die mythi-
schen Gottheiten als dienende Geister der Vorsehung betrachtet werden
können, welche das Menschengeschlecht vor dem Versinken in Geist-
losigkeit bewahrt, eine beschirmende, eine erhaltende Tätigkeit in dem
gefallenen Geschlecht ausgeübt haben, bis die Zeit erfüllt war, da Gott sich
auch als Gott der Heiden offenbaren wollte, insofern müssen sie vom
Standpunkt der Offenbarung aus als Engel betrachtet werden. Aber inso-
fern als diese Gottheiten Götzen sind, als sie die Menschen von dem

28) Das ist eine der christlichen Formen der Vielgötterei!

70
wahren Gott wegziehen, die Menschen zum Kampf gegen das Reich Gottes
reizen, sind sie Dämonen.29) So werden sie von den Aposteln (1. Kor. 10,
21) und den ersten Kirchenlehrern betrachtet. Denn gerade beim ersten
Erscheinen des Christentums mußte ein Götterkampf notwendig eintreten,
ein Kampf zwischen den Gottheiten des Heidentums und dem wahren
Gott. Auch aus diesen Andeutungen wird es einleuchtend sein, daß der
Wurzelbegriff, von dem ausgegangen werden muß, der Begriff der Mächte
und Geister ist. Ob diese als Engel oder Dämonen angesehen werden
müssen, das beruht auf ihrem Verhältnis zum Reich Gottes. Und da das
Heidentum sowohl eine dem Reich Gottes zugewandte, als auch eine von
demselben abgewandte Richtung hat, so muß man in der Sprache der
Offenbarung sagen, daß sowohl Engel als Dämonen im Heidentum tätig
sind.“
Bei aller heillosen Verwirrung der Begriffe, bei aller wahllosen Durch-
einanderwürfelung von Gott, Göttern, Dämonen, Engeln usw. muß man
doch das Eine als eine klare und unzweideutige Feststellung herausstellen,
daß dies eine klare und eindeutige Begründung des jüdischen Führungs-
anspruches über alle Völker der Erde ist. Hier sind Religion und Politik
unlösbar ineinander verschlungen. Stärker kann die Führungsautorität eines
Volkes nicht begründet werden, als durch die freiwillige Anerkennung des
von diesem Volk geglaubten Gottes als des „allein wahren Gottes“ und
durch die Verteufelung des eigenen Glaubens und die Verhöhnung und
Preisgabe des eigenen Wissens. Wenn ein Volk durch selbstmörderische
Selbstentäußerung und durch eine geradezu als Wahnsinn zu beurteilende
rassische und geistige Selbstentmannung das Judentum zum Himmel
emporgehoben hat und dafür der schamlosesten Ausbeutung, der gewöhn-
lichsten Ausräuberung und allen anderen Methoden des hinterlistigsten aller
Rassenkriege zum Opfer fiel30), so ist es das deutsche Volk gewesen. Und
wenn man nach den Schrittmachern und Helfershelfern dieses schauer-
lichsten aller Rassenkriege fragt, dann muß man ingrimmig auf das
Christentum und sein Priestertum deuten. Von ihnen wurden die Begriffe:
„Heilig“, „Groß“, „Rein“, „Erhaben“, „Vollkommen“ usw. ihres artei-
genen Sinnes vollständig beraubt und die verfälschten Begriffe wie falsche
Münze in Umlauf gesetzt, sie haben die Geschichte ihres Volkes als
„Profangeschichte“ entwertet, sie haben das religiöse Leben ihres Volkes
verteufelt, sie haben Wissenschaft und Kunst, Lebensernst und Lebens-
freude verleumdet, verdächtigt und vergiftet: — sie haben das alles
angeblich getan, um das Reich Gottes auf Erden zu verbreiten; — in

29) Der allwissende Gott scheint immer sehr merkwürdige „Stellvertreter“ zu haben.
30) Dr. Ernst Seeger: Der Krieg der unsichtbaren Fronten.

71
Wirklichkeit aber waren sie die besten Schrittmacher des Jüdisch-kultischen
Weltherrschaftsstrebens und die jedes Stolzes auf die eigene Art ent-
behrenden Diener und Sklaven der jüdischen Händler- und Kapitalisten-
Chawrusse.
In einem früheren Werk31) habe ich bis zum heutigen Tag unwider-
sprochen und unwiderlegt den Satz vertreten, daß Bibel und Talmud das
Kriegsrecht der Juden enthalten, nach dessen Regeln dieses Volk die
Lebensordnungen aller nichtjüdischen Völker zertrümmert: — diese Arbeit
gilt dem Nachweis, daß die christlichen Lehren jenen Sprengstoff enthalten,
der seit den Tagen des ausgehenden Römischen Imperiums noch jeden Staat
in Trümmer gelegt hat, der das Christentum in sein Staatsgefüge aufnahm.
Man hat das Christentum die Religion der Liebe genannt. Aber weniger
Liebe war noch nie in der Welt als unter der Herrschaft dieser Religion. —
Man hat es die Religion der Demut und Selbstentäußerung genannt. Aber
mehr Hochmut, Anmaßung und Herrschsucht kannte keine Religion als die
Christliche. Allerdings: — die nicht-jüdischen Völker haben sich unter der
Herrschaft dieser Religion „selbst entäußert“, d. h. kastriert und zwar zu
Gunsten des Judentums. — Man hat das Christentum die Religion der
Armen und Leidenden und Verlassenen genannt. Und hat recht damit, wenn
man an die zahllosen Geräderten, Verbrannten, Erdrosselten, Gevierteilten,
Gehängten, von Haus und Hof Vertriebenen, ihres Eigentums Beraubten
usw. denkt, die dem Fanatismus der christlichen Priester zum Opfer gefallen
sind.
Wir nennen das Christentum die Religion der Bluts- und Rassen-
desertion und stellen dies, soweit es bisher noch nicht geschehen ist, in den
folgenden Blättern vollends unter Beweis.
2.
Noch im Jahre 1868 bestritt ein Berliner Pastor Knak das Koperni-
kanische System, weil es dem Buch Josua widerspreche. Im Jahre 1935 läßt
der Pfarrer Lic. Dr. Martin Thilo die Weltgeschichte noch mit Adam
beginnen und bringt es fertig zu behaupten, daß die „Menschheits-
geschichte“ vor Abraham nur als Einleitung zur Berufung dieses Erzjuden
aufgefaßt werden dürfe.
Wenn man sich vorstellt, daß nach christlicher Lehre der Sinn der
Weltgeschichte der Kampf des Reiches Gottes gegen das Reich der
Finsternis ist, und dann sich die Auswahl der Jüdischen Gladiatoren
betrachtet, die Jahwe zum Zwecke dieses Kampfes und der Ausbreitung
seines Reiches aufmarschieren läßt, um mit Hilfe seiner „Verheißungen“ in
die Schranken zu treten, dann kann man als Heide nur spöttisch lachen: —
31) Dr. Ernst Seeger: Der Krieg der unsichtbaren Fronten.

72
als Christ aber wird man singen:
„Abrams Schoos war für die Alten,
Die sich auch an Gott gehalten,
Doch von der Vollendung fern.
Herzen, die aus Gott geboren,
Sind zu jeder Reih‘ erkoren,
Bis zum Thron des höchsten Herrn.
Will mein Geist noch mehr durchbrechen
Und mit seiner Mutter sprechen
Kommen in Jerusalem.
So muß er die Abgrundtiefen
Sich vorhero lassen prüfen,
Drunten, doch nicht angenehm.
Will er den Berg Sion finden,
So wird er die Höll entzünden,
Und im größten Feuerdurst
Wird er jene Bäche schmecken,
Durch des Belials Erwecken,
In dem finstern Abgrundswust.“
Das sind die Ergebnisse der mephistophelischen Verwirrung der Gefühle
durch das Christentum in unserem deutschen Leben.
Also Abraham steht im Mittelpunkt der Weltgeschichte; er ist der
Anfänger des Heils der „Menschheitsgeschichte“ und gewissermaßen der
Gründer des Reiches Gottes. Da die „Menschheitsgeschichte“ mit Adam
beginnt, ist die Geschichte der Völker, die vor Adam liegt, in das Reich
satanischer Vorspiegelung falscher Tatsachen zu verweisen, erfunden zu
dem Zweck, den Glauben an die biblische Geschichte zu erschüttern und
den menschlichen Geist zu verwirren. Denn Abraham steht im Mittelpunkt
der Weltgeschichte. Martin Thilo schreibt darüber in seiner Alttestament-
lichen Bibelkunde auf den Seiten 10/11 und 37/38:
„Daß aber beides, das Werden alles Sichtbaren und die Menschheits-
geschichte bis auf Abraham, nur als Einleitung zu dessen Berufung auf-
gefaßt werden will, wird schon durch die Kürze und Gedrängtheit der
Darstellung angedeutet. Denn obwohl die Bibel für den Zeitraum vor
Abraham über 2000 Jahre verrechnet, erledigt sie ihn doch, die Schöpfung
eingerechnet, in nur elf Kapiteln, während man die ganzen fünf Bücher
Mose bis zu Ende durchwandern muß, ehe man zu Moses Tod gelangt, den
doch nach der Bibel nur etwa 600 Jahre von Abraham trennen.
Diese Einleitung in die Geschichte Abrahams ist aber keineswegs nur

73
ein schriftstellerisches Mittel, sein Auftreten zu veranschaulichen. Es ist
vielmehr deutlich erkennbar, daß die Abrahamsgeschichte die vorher-
gehende einfach fortsetzen soll. Denn auch die Vorgeschichte der Berufung
Abrahams ist eine durch Gottes Wort gewirkte wie alle Geschichte, die die
Bibel erzählt. Bei tieferer Betrachtung stellt sich heraus, daß die Bibel nur
eine einzige Linie zieht von Anfang an. Diese Linie ist Geschichte, und
zwar, vom ersten Satz der Bibel an, durch Gottes Wort gewirkte Geschichte.
Mit dieser Erkenntnis sind wir in der Lage, auch das erste Kapitel der Bibel
in der rechten Weise mit in das Inhaltsverzeichnis der Geschichtsbücher
aufzunehmen. …
… Am Schluß dieses einleitenden Bibelabschnittes können wir
zusammenfassend sagen, daß Abraham in eine große Völkerwelt hinein-
geboren wurde, die nach der Flut in die Schranken des Noahbundes ge-
stellt war und in der Sprachenverwirrung eine weitere heilsame Schranke
fand. Die Geschichte, die Gott nun mit Abraham anfängt, um das Heil der
Menschheit heraufzuführen, beginnt nicht gleich mit der Gesamtheit der
Menschen, wie es die Turmbauer bei der Heilsgeschichte in ihrem Sinne
wollten, sondern mit einem einzigen Mann; auch nicht mit Bauwerken oder
sinnfälligen Dingen, sondern mit der Erweckung des Glaubens, also
innerlich. Es wird zwar nicht gesagt, daß Gott mit Abraham sein Reich zu
bauen beginnt, weil der Begriff und die Vorstellung ,Reich Gottes‘ erst
später hervortritt. Weil aber Gott mit Abraham ein Werk anfängt, das zu
dem Bau des Reiches, das die Turmbauer wollten, im Gegensatz steht, so
kann man sagen, daß das, was später ,Reich Gottes‘ genannt wird, der
Sache nach mit Abraham begonnen wurde.
Wir müssen zuletzt noch auf die Verbindung achten, die nach der Bibel
zwischen Abraham und dem Anfang aller Dinge besteht. Der Stammbaum
Abrahams geht aus Adam über Sem und Noah zurück. Noah war der Letzte
einer Linie, in der sich ein besonderer Segen fortgeerbt hatte. (1. Mose 5.)
Dieser Segen setzte sich innerhalb der nachflutlichen Menschheit in der
Linie Sems fort, der Abraham nach Kap. 11 (10 ff.) angehörte. Von diesem
Segen reden die Sprüche Noahs über seine Söhne (1. Mos. 9, 20 ff.), deren
Erwähnung hier nachgeholt werden muß. Noah sagt: ,Gelobt sei der Herr,
der Gott Sems‘ (1. Mos. 9, 26), während Japhet nur gewünscht wird, daß er
sich weit ausbreiten möge, mit der Voraussage, daß er in den Hütten Sems
wohnen werde (1. Mos. 9, 27). Vom Standpunkt der Erfüllung sieht man
hier, daß vorausgeahnt ist, wie Japhet den Segen Sems auf dem Wege eines
friedlichen Austausches mit diesem erlangen wird. Damit steht Sem als
Inhaber, Japhet, also unser Stamm, als der erste Empfänger des Heiles da,
während Hams verwerfliches Verhalten den Fluch nach sich zieht, der sich
besonders an seinem Sohne Kanaan vollziehen wird.

74
Wenn aber die Bibel den Stammbaum Abrahams auf diese Art bis zur
Schöpfung zurückführt, zeigt sie, daß sich die Heilsgedanken Gottes nicht
ohne ein besonderes Walten über den Geburten vollziehen. Das Heil kommt
schon nach dem göttlichen Paradieseswort aus dem Weibessamen. Der
erlösende Gott hört also auch hier nicht auf, der Schöpfer zu sein, wie er es
auch im Flutgericht war. Das Heil ist mit den Geburten verknüpft, die sich
im Gebiet der Schöpfung vollziehen.
Die Heilsgedanken Gottes aber stehen über und hinter seinen Schöpfer-
gedanken. Deswegen muß die Schöpfung den Heils- und Gerichtsgedan-
ken Gottes dienstbar sein. Freilich ist es nötig, daß die, welche unter einer
besonderen Bestimmung für den Heilsplan Gottes geboren werden, auch
den göttlichen Weisungen glaubend folgen. Denn das Heil kann nicht
zwangsläufig auf dem Wege des Schaffens hervorgebracht werden. Daß
dieser Glaube auf seiten der erwählten Heilsträger oft fehlte, zeigt ein Blick
auf den Ungehorsam Israels. Daß aber Gott trotz allen Widerstrebens das
Volk Israel zum Vermittler des Heils für alle Völker macht, das ist das
Werk der göttlichen Weisheit, die die Geschichte Israels, der die Bibel sich
nun mit Abraham zuwendet, zu einer Wundergeschichte macht, angesichts
derer der Apostel ausruft: ,O welch eine Tiefe des Reichtums, beide der
Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte
und unerforschlich seine Wege!32) Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? 33)
oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat ihm etwas zuvor
gegeben, daß ihm werde wieder vergolten? Denn von ihm und durch ihn
und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“
Tatsächlich kann man sich nicht genug darüber Wundern, daß Israel in
den Rang des Auserwählten Volkes erhoben wurde, wenn man die
Geschichte dieses Volkes überblickt, die sich als ein wüstes und sinnloses
Sammelsurium von kollektiv betriebenem Diebstahl, Raub, Plünderung,
Betrug, Mord darstellt.
Noch mehr allerdings muß man sich darüber wundern, daß der Schwin-
del der Auserwähltheit dieses Volkes viele, viele Jahrhunderte geglaubt
wurde — und heute noch gepredigt wird!
Am meisten aber muß man sich darüber wundern, daß das deutsche Volk
an diesem Schwindel noch nicht zugrundegegangen ist.
Wie man an den Ausführungen Thilos sieht, gibt es keine deutsche
Vorgeschichte, kein deutsches Volk, das einer religiösen Betrachtung wert
wäre: — nein, die ganze „Menschheitsgeschichte“ beginnt 2000 Jahre vor
dem Erzjuden Abraham, „entwickelt“ sich auf diesen hin, nimmt von ihm

32) Eben sind diese Wege doch von Thilo erforscht worden!
33) Überflüssige Frage: — Die Christen und die Juden natürlich!

75
seinen Fortgang zu Isaak, Jakob und Joseph; die „Verheißung“ „vererbt“
sich weiter auf Moses, Josua, die Richter, die Propheten, einzelne Könige
und wird „erfüllt“ in Jesus von Nazareth. Warum Jahwe nicht gleich von
Anfang an die Erde mit Juden und sonstigen Gottesmännern angefüllt hat,
um sich diesen ganzen Heilsmechanismus zu ersparen, und warum er später
durch den Heilsmechanismus der Christianisierung ganze Völker und
Rassen sinnlos austilgen und ausmorden ließ,34) das begreife, wer will.
Diese Betrachtungen sind nicht überflüssig. Denn wenn nach Thilo die
Zeit Salomos „ein kurzes Aufleuchten der Schönheit des Gottesreiches, das
ewig bleiben soll“, war, so ist nicht einzusehen, warum Jahwe die salomo-
nischen Zustände nicht ewig aufrecht erhielt. Er hätte ja seine „Heils- und
Gerichtswege“ in dieses Reich ausmünden lassen können, was er sowieso
angeblich zu tun gedenkt.
Übrigens ist die Meinung Thilos soziologisch nicht uninteressant. So
also malt sich die Schönheit des Gottesreiches in einem christlichen Gehirn
ab. An der Spitze ein handeltreibender König mit einem Harem von tausend
Weibern und mit einem ungeheure Summen verschlingenden Privat- und
Staatshaushalt. Unter ihm ein unter schweren Fronlasten seufzendes und
von harten Fronvögten gepeinigtes Volk. „Mein Vater hat euch mit
Peitschen gezüchtigt, ich will euch mit Skorpionen züchtigen.“ — Das ist
die Schönheit des Gottesreiches im Sinne Thilos. Man sieht an diesem
kleinen Beispiel, welchen Einfluß die Bibel auf die Ausprägung sozialer
Ideale hat. Aber nicht nur das.
3.
Wenn uns die ganze christliche Erlösungspredigt vom Standpunkt der
sog. Heilsökonomie aus als ebenso sinnlos und unbegreiflich wie wider-
sinnig und grausam erscheint, so gewinnt sie doch sofort einen tiefen
weltgeschichtlichen Sinn, sobald man sie als Teil des jüdisch-religiösen
Weltmachtstrebens erkennt.
Gehen wir auf den im Alten Testament durchgängig vertretenen und
festgehaltenen Gedanken zurück, daß Israel als das Gottes- und Bundes-
volk dazu berufen ist, das Licht der Heiden zu sein, daß es als das
priesterliche und vor allen Dingen heilige Volk zum Führer der gesamten
Völkerwelt ausersehen ist, so ist es diese Ausweitung und Übertragung des
persischen Messiasgedankens auf das Judentum, welche den tragsamen
Grund für das jüdisch-religiöse Weltmachtstreben abgibt. Diesen Gedanken
gilt es zunächst einmal ganz klar zu erfassen, ehe man sich mit den
christlich-verschwommenen und verworrenen Ideen von der Heilsökonomie
34) Einzelheiten in dem ausgezeichneten Werk von Alfred Miller: Völkerentartung unter dem
Kreuz.

76
Jahwes befaßt. Dieser Gedanke ist es, der sich wie ein roter Faden durch die
ganze Jüdische Geschichte hindurchzieht, der an vielen Stellen der Bibel
klarsten Ausdruck gefunden hat und von der christlichen Idee der Heils-
ökonomie zur heiligen und unantastbaren Offenbarung Gottes an die Völker
der Welt erhoben wurde. Diesem Gedanken hat Jesajas in seinem Kapitel 60
so beredten Ausdruck verliehen, daß es wichtig ist, dieses Kapitel in
unserem Gedankenzusammenhang zu lesen. Wir setzen es darum hierher:
„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die
Herrlichkeit Jahwes geht auf über dir! Denn siehe Finsternis bedeckt das
Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr und seine
Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Heiden werden in deinem Licht
wandeln und die Könige im Glanz, der über dir aufgeht. Hebe deine Augen
auf und stehe umher! Diese alle versammelt kommen zu dir. Deine Söhne
werden von ferne kommen und deine Töchter auf den Armen hergetragen
werden. Dann wirst du deine Lust sehen und ausbrechen und dein Herz
wird sich wundern und ausbreiten, wenn sich die Menge am Meer zu dir
bekehrt und die Macht der Heiden zu dir kommt. Denn die Menge der
Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Median und Epha. Sie
werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn
Lob verkündigen. Alle Herden in Kedar sollen zu dir versammelt werden
und die Böcke Rebajoths sollen dir dienen. Sie sollen als ein angenehmes
Opfer auf meinen Altar kommen, denn ich will das Haus meiner Herrlich-
keit zieren. Wer sind die, welche fliegen wie die Wolken und wie die Tauben
zu ihren Fenstern? Die Inseln harren auf mich und die Schiffe im Meer von
längst her, daß sie deine Kinder von fern herbringen, samt ihrem Silber und
Gold, dem Namen des Herrn, deines Gottes und dem Heiligen in Israel, der
dich herrlich gemacht hat. Fremde werden deine Mauern bauen und ihre
Könige werden dir dienen. Denn in meinem Zorn habe ich dich geschlagen
und in meiner Gnade erbarme ich mich über dich. Und deine Tore sollen
stets offen stehen, weder Tag noch Nacht geschlossen werden, daß der
Heiden Macht zu dir gebracht und ihre Könige hergeführt werden. Denn
welche Heiden oder Könige dir nicht dienen wollen, die sollen um-
kommen und die Heiden vernichtet werden. Die Herrlichkeit des Libanon
soll an dich kommen, Tannen, Buchen und Buchsbaum miteinander zu
schmücken den Ort meines Heiligtums; denn ich will die Stätte meiner Füße
herrlich machen. Es werden auch gebückt zu dir kommen, die dich
unterdrückt haben und alle, die dich gelästert haben, werden niederfallen
zu deinen Füßen und werden dich nennen eine Stadt Jahwes, ein Zion des
Heiligen in Israel. Denn darum, daß du bist die Verlassene und Gehasseste
gewesen, da niemand durchging, will ich dich zur Pracht ewiglich machen
und zur Freude für und für, daß du sollst Milch von den Heiden saugen

77
und der Könige Brust soll dich säugen auf daß du erfährst, daß ich Jahwe
bin dein Heiland, und ich der Mächtige in Jakob, bin dein Erlöser. Ich will
Gold anstatt des Erzes und Silber anstatt des Eisens bringen und Erz
anstatt des Holzes und Eisen anstatt der Steine; und will zu deiner
Obrigkeit den Frieden machen und zu deinen Vögten die Gerechtigkeit.
Man soll keinen Frevel mehr hören in deinem Lande, noch Schaden oder
Verderben in deinen Grenzen, sondern deine Mauern sollen Heil und deine
Tore Lob heißen. Die Sonne soll nicht mehr des Tages dir scheinen und der
Glanz des Mondes soll dir nicht leuchten, sondern Jahwe wird dein ewiges
Licht und dein Gott wird dein Preis sein. Deine Sonne wird nicht mehr
untergehen, noch dein Mond den Schein verlieren; denn Jahwe wird dein
ewiges Licht sein und die Tage deines Leides sollen ein Ende haben. Und
dein Volk sollen eitel Gerechte sein und werden das Erdreich ewiglich
besitzen, als die der Zweig meiner Pflanzung und ein Werk meiner Hände
sind zum Preise. Aus dem Kleinsten sollen tausend werden und aus dem
Geringsten ein mächtig Volk. Ich, Jahwe, will solches zu seiner Zeit eilend
ausrichten.“ Jesajas Kap. 60.
4.
Nachdem wir den tragenden Gedanken des Judaismus klar erkannt
haben, gilt es die Nahtstelle zu finden, durch welche er mit dem christlichen
Gedanken der Heilsökonomie zusammenhängt. Diese Stelle ist in der christ-
lichen Lehre vom Zusammenhang des Alten mit dem Neuen Testament zu
suchen, nach welcher das Neue Testament zum Alten im Verhältnis der
Erfüllung zur Verheißung steht.
Das, was man im christlichen Sprachgebrauch im Alten Testament die
Verheißung nennt, das gilt im Neuen Testament mit dem Leben Christi als
erfüllt. Durch den Gedanken der Heilsökonomie — daß das Judentum durch
Christus zum Messias aller Völker werde — hat das Christentum in die
jüdische Geschichte eine Kontinuität hineingebaut, die ursprünglich nicht in
ihr enthalten war, und hat damit dem Judaismus eine Wirkung von un-
absehbarer Tragweite auf die Weltgeschichte gesichert, deren letzte
Ausstrahlungen wir im Weltkrieg und in der Nachkriegszeit zu verspüren
bekamen. Und hier sind es hauptsächlich zwei Momente, die stärkste
Beachtung verdienen. Einmal wird die Fortwirkung (Kontinuität) des
Gedankens der Heilsökonomie nicht auf die jüdische Geschichte be-
schränkt, sondern als ein tragendes Prinzip der ganzen Weltgeschichte auf
die Geschichte aller Völker übertragen, die damit nur als Anhängsel der
Jüdischen Geschichte erscheint, und sodann erscheint das Jüdische Volk als
das allein zweckbestimmte Volk unter allen Völkern, als das teleologische
Volk, als das typische Volk, als das Auserwählte Volk. Darum lehrt

78
Martensen in seiner Dogmatik (§ 123):
„Indem die Geschichte Israels die fortgehende Verwirklichung der
Gemeinschaft zwischen Gott und seinem Volk ausdrückt, ist sie zugleich die
Vorausdarstellung derjenigen Haushaltung, welche Gott in der Fülle der
Zeiten mit allen Völkern errichten will. Das auserwählte Volk ist daher das
typische Volk. Der Begriff des Typischen ist nicht zu trennen von dem
Begriff einer teleologischen Entwicklung, wo das Gegenwärtige mit dem
Künftigen geschwängert ist, wo das Endziel alle seine Voraussetzungen
durchwirkt. Wie das Reich der Natur voller Typen ist für das Reich des
Geistes, wie jede bedeutendere Mythologie die Vorbilder der geschicht-
lichen Zukunft des Volkes enthält, so ist die Geschichte Israels der heilige
Typus des Gnadenreiches, das in der Fülle der Zeiten kommen soll. Die
Geschichte Israels bildet das Schicksal der wahren Kirche in der Welt ab,
die richtende und erlösende Regierung derselben von Gott (1. Kor. 10, 11);
seine Einrichtungen sind ein Schatten der künftigen Güter (Hebr. 10); seine
großen Persönlichkeiten sind Vorausdarstellungen dessen, der in der Fülle
der Zeiten kommen soll. Aus dem Typus entwickelt sich die Weissagung, und
ein neuer Gegensatz tritt damit in das israelitische Bewußtsein. Es ist nicht
nur der Gegensatz zwischen dem Herrn und den Götzen, welcher in der
Weissagung sich ausspricht; es ist das Bewußtsein von einer Zweiheit in der
eigenen Offenbarung des Heiligen, von einem zwiefachen Bunde. Das
prophetische Bewußtsein weiß, daß der alte Bund wesentlich vorbereitende
und zeitliche Bedeutung hat, und muß daher fortwährend mit dem Volk
kämpfen, welches hier wiederum das Bildwerk festhalten will und das
Unsichtbare über dem Sichtbaren, das Zukünftige über dem Gegenwärtigen
vergißt. Von den Propheten wird der neue Bund schon unter dem alten
bezeugt; über dem irdischen Jerusalem schwebt in ihren Gesichten ein
himmlisches Jerusalem und ein neuer Tempel; und von den Propheten,
Priestern und Königen des irdischen Israels wird auf den Messias, als auf
den ewigen Priester, den großen Propheten und den wahren König
hingewiesen.“
Diese alleinige und ausschließliche Zweckbestimmtheit des Jüdischen
Volkes beraubt die Geschichte aller anderen Völker jedes eigenvölkischen
Sinnes: — diese wird nur noch sinnvoll, wenn sie auf die Geschichte des
Jüdischen Volkes bezogen wird. So werden die Völker durch den
„Gedanken“ der „Heilsökonomie“ geschichtlich buchstäblich entwurzelt;
— ihr Leben ist vollständig sinnlos, weil allein der Jüdischen Geschichte
die Erfüllung von Sinn und Zweck der Weltgeschichte aufgetragen wurde;
sie stehen darum vor einem vollendeten geschichtlichen Leerlauf.

79
5.
Diese nihilistische und anarchistische Trostlosigkeit wird nun allerdings
durch den Gedanken überdeckt, daß Israel, seitdem es den Christus
verworfen hat, von Jahwe bis zum Jüngsten Gericht als Volk verstoßen
worden und daß seine Aufgabe auf die christliche Kirche und das
christliche Kirchenvolk übergegangen sei. Um diesen Gedanken dreht
sich zu einem guten Teil die Paulinische Theologie.
Dem jüdischen Rabbiner Saulus ist es ein unerträglicher Gedanke, daß
sein Volk verworfen sein soll: — dem christlichen Wanderprediger Paulus
aber ist es Heilsgewißheit, daß Christus der Retter und Erlöser der Welt ist.
Und so rang der Jude Saulus mit dem Christen Paulus solange, bis sich aus
dem Christen wieder der Jude herausgeschält hatte. Den Niederschlag
dieses Kampfes haben wir in den verschiedenen Briefen des Paulus.
Schroff und eindeutig stellt er im 11. Kapitel des Römerbriefes fest:
„So sage ich nun: Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne;
denn ich bin auch ein Israelit, von dem Stamme Abrahams, aus dem
Geschlecht Benjamins. Gott hat sein Volk nicht verstoßen, welches er zuvor
versehen hat.“
Dazu schreibt dann auch Gerlach in der Einleitung zu diesem Kapitel:
„Dem Apostel ist die Lehre fremd, daß mit dem Eintritt der christlichen,
Heiden wie Juden umfassenden, Gnadenhaushaltung Gottes das eigentüm-
liche Verhältnis des Herrn zu seinem Volk aufgehört habe; vielmehr dauert,
wie er bestimmt lehrt, ein solches besonderes Verhältnis fort bis zur
Vollendung des ganzen irdischen Weltlaufes. Dies zeigt sich zuerst an den
Auserwählten dieses Volkes. Sie sind, wie die heiligen Schriften selbst
bezeugen, der eigentliche fruchtbringende Stamm des Volkes, von dem alle
übrigen wie dürre, das Wachstum des Baumes hindernde Zweige abge-
hauen worden sind. Eine solche Auswahl aus Israel ist zu allen Zeiten in
die christliche Kirche eingegangen.“
Paulus lehnt also die Theorie von der Verstoßung Israels durch Jahwe
aufs bestimmteste ab. Er geht dabei soweit, daß er in dem berühmten Bild
vom guten und vom wilden Ölbaum für die Rettung des Heidentums als
unerläßliche Forderung aufstellt, daß die Heiden „als Zweige aus dem
wilden Ölbaum ausgehauen und dem guten Ölbaum — das ist das
Judentum — eingepfropft werden“:
„Denn mit euch Heiden rede ich; dieweil ich der Heiden Apostel bin,
will ich mein Amt preisen, ob ich möchte die so mein Fleisch sind, zu eifern
reizen, und ihrer etliche selig machen. Denn wenn ihr Verlust der Welt
Versöhnung ist: was wäre das anders, denn das Leben von den Toten

80
nehmen? Ist aber der Anbruch heilig, so ist auch der Teig heilig; und wenn
die Wurzel heilig ist, so sind auch die Zweige heilig. Ob aber nun etliche
von den Zweigen zerbrochen sind, und du, der du ein wilder Ölbaum
wärest, bist unter sie gepfropft und teilhaftig geworden der Wurzel und des
Saftes im Ölbaum: so rühme dich nicht wider die Zweige. Rühmst du dich
aber wider sie: so sollst du wissen, daß du die Wurzel nicht trägst, sondern
die Wurzel trägt dich. So sprichst du: Die Zweige sind zerbrochen, daß ich
hineingepfropft würde. Ist wohl geredet; sie sind zerbrochen um ihres
Unglaubens willen, du stehst aber durch den Glauben: sei nicht stolz,
sondern fürchte dich! Hat Gott der natürlichen Zweige nicht verschont, daß
er vielleicht deiner auch nicht verschone! Darum schaue die Güte und den
Ernst Gottes: den Ernst an denen, die gefallen sind, die Güte aber an dir,
sofern du an der Güte bleibst; sonst wirst du auch abgehauen werden; und
jene wenn sie nicht bleiben im Unglauben, werden sie eingepfropft werden,
Gott kann sie wohl wieder einpfropfen. Denn wenn du aus dem Ölbaum, der
von Natur wild war, bist ausgehauen, und wider die Natur in den guten
Ölbaum gepfropft: wie viel mehr werden die natürlichen eingepfropft
werden in ihren eigenen Ölbaum?“ (Röm. 11, 13-24.)
Zur Rettung des Heidentums wird demnach nichts Geringeres ge-
fordert als Selbstaufgabe und Desertion aus dem eigenen Rassen- und
Volkstum, darüber hinaus noch Verbindung mit einer fremdvölkischen
Geschichte. Man mag den christlichen Gedanken der Heilsökonomie
drehen und wenden wie man will: — stets wird man die paradoxe Tatsache
feststellen müssen, daß das Christentum das Heil der heidnischen Welt in
der Bluts- und Rassendesertion zur fremdvölkischen jüdischen Geschichte
hin erblickt.
Nun komme man nicht mit der bis zum Überdruß abgedroschenen und
verlogenen Rede: — „Das Kreuz Christi bedeute den Zusammenbruch des
Volkes Israel als Volk.“ — Wenn mit Hilfe dieses Kreuzes ein Volk zur
Weltmacht emporgestiegen ist, weil es seinem Blut und seiner Geschichte
treu blieb und keine Bluts- und Rassendesertion trieb, so ist es das Jüdische
Volk gewesen. Dieses Volk ist gerade nicht zusammengebrochen: — das
Zusammenbrechen und Zerbrechen unter dem Kreuz überließ es anderen
Völkern, die damit auch dem jüdischen Davidstern zum Opfer fielen. Das
ist die Lehre, die uns die Weltgeschichte der vergangenen zweitausend Jahre
erteilt hat und die als überzeugender Begleittext zum christlichen Gedanken
der Heilsökonomie von jedem Deutschblütigen und Deutschbewußten be-
herzigt werden muß.
6.
Die nichtjüdischen Völker sind nicht nur vor dem Kreuz zusammen-

81
gebrochen und haben ihm zerbrochene Herzen, zerbrochene Geister,
zerbrochene Gemüter, gegeißelte Körper, zerrissene Leiber und die in
masochistischer Wollust geschändete Natur geopfert: — sie sind auch vor
dem Jüdischen Volk niedergefallen und haben es angebetet und anbetend
zum Himmel gehoben. Sie haben die Bluts- und Rassendesertion bis zum
masochistischen Götzendienst mit einer Fremdrasse getrieben. Die christ-
lichen Priester mögen uns Blutsmaterialismus, Rassevergötzung, Abgötterei
usw. usw. vorwerfen: — das bedeutet alles nichts gegenüber der unfehlbar
zu glaubenden Lehre vom Auserwählten und Heiligen Judenvolk, die nichts
anderes ist als die schändlichste Perversion aller natürlichen Gefühle, als
der schändlichste mit einem Fremdvolk getriebene Götzendienst. Der
Fetischkult der Wilden ist noch erhaben zu nennen gegenüber der christlich
dogmatisch festgelegten Glaubenslehre vom Auserwählten und Heiligen
Volk der Juden. Wer diesen Götzendienst und diese schauerlichste aller
Gefühlsperversionen kennenlernen will, der lese die folgenden Ausführun-
gen in der Dogmatik Martensens:
„Das auserwählte Volk.
§ 121.
Während das Heidentum, der wilde Ölbaum, dem Gesetz der Natur-
entwicklung unterworfen ist, wird dem Volk Israel das Gesetz der
Heiligkeit offenbar. Es ist nicht die menschliche Natur, welche hier in
instinktmäßiger Sehnsucht und dunklem Suchen sich dem unbekannten Gott
entgegen bewegt, es ist der Herr, welcher hier in seiner Offenbarung sich
dem Menschen entgegen bewegt, und eine Grundanschauung begegnet uns
hier, welche den polarischen Gegensatz zu der Mythologie bildet. In der
Mythologie ist die Weltidee, welche sich in eine Mannigfaltigkeit von Ideen
spaltet, das alles Bestimmende. Israel dagegen beginnt mit der Furcht des
Herrn, und zeugt von dem Einen, dem wahren Gott, dem unsichtbaren
Schöpfer Himmels und der Erden, der einen Bund mit Israel geschlossen
hat. Was das Gewissen in der inneren Welt des einzelnen sündigen
Menschen ist, das ist Israel in der sündigen Völkerwelt — der stille Zeuge
der Wahrheit mitten unter der Ungerechtigkeit der Welt, und damit das von
dem Heidentum übersehene und unbemerkte Volk. Nicht in der Verwirk-
lichung irgend einer Weltidee, nicht in politischem Wirken, oder in Kunst
und Wissenschaft liegt die Bestimmung dieses Volkes. Es ist ein un-
künstlerisches, nichtphilosophierendes Volk, ohne Taten auf dem großen
Schauplatz. Sein Beruf geht ausschließlich auf in der religiösen Aufgabe;
seine Bestimmung ist es, ein Ausdruck zu sein für die sündige Menschheit,
insofern diese unter der Einwirkung des Wortes und Geistes Gottes für sein
Reich erzogen werden soll. Der Kampf, den dieses Volk seine ganze

82
Geschichte hindurch kämpfen soll, ist der Kampf des Glaubens, der geistige
Kampf zwischen Gott und der Welt, zwischen dem Herrn und den Götzen,
der Kampf zwischen dem Gesetz des Herrn und dem heidnischen Wesen,
damit das Reich Gottes auf Erden wieder gegründet werden könne. Das
Alte Testament betrachtet die Götzen teils als Scheingötter, als ohnmächtige
Schattenbilder, teils als wirkliche Mächte, mit welchen Jehovah im Kampf
liegt. Jehovah ist groß vor allen Göttern (2. Mos. 12,12; 18,11). Die
mythischen Gottheiten sind also Scheingötter, insofern sie anstatt Jehovas
genommen werden, andererseits sind sie geistige Mächte …, welche ihr
eigenes Reich haben und Jehovah entgegenarbeiten können. Der Gegensatz
zwischen dem Herrn und den Götzen ist also der Gegensatz zwischen dem
heiligen Schöpferwillen, dem es alleine gebührt zu herrschen, und den
kosmischen Mächten in ihrer falschen Herrschaft über die Seelen der
Menschen, eine Betrachtung, welche weiter sich ausbildet zu dem Gegen-
satz zwischen dem Gottesreich (Theokratie) und den Weltreichen, von denen
Israel umgeben ist und die vor Jehovah keine Berechtigung haben. Und aus
der Grundbestimmung in der israelitischen Anschauung läßt sich die
Bedeutung des Volkes Israel erklären. Die Notwendigkeit eines solchen
Volkes ist in dem Begriff der Ökonomie des Heils begründet. Wie in der
sündigen Menschennatur das Gewissen und die Sehnsucht des Herzens der
Anknüpfungspunkt für die erlösende Gnade Gottes ist, so soll in der sündi-
gen Menschengeschichte dieses Volk mit dem Gesetz und den Propheten die
Verwirklichung des Heils vorbereiten und dafür die Bedingungen abgeben.
Wie dieses Volk das von der Welt übersehene, so ist es das von Gott
ausersehene und auserwählte, von der weltlichen Masse ausgesonderte
Volk, das teleologische Volk, das Volk der Vorsehung und der Zukunft. Denn
das Heil kommt von den Juden. (Joh. 4, 22.)
§ 122.
Das auserwählte Volk ist das Volk des Wunders, nicht nur weil in der
Geschichte desselben sinnliche Zeichen und Wunder vorkommen, sondern
weil es selbst ein geschichtliches und psychologisches Wunder ist, welches
nicht wie das Heidentum aus einer bloßen Naturschöpfung und Naturent-
wicklung, sondern nur aus einer neuen ethischen Schöpfung sich begreifen
läßt. Wenn es in der Erwählung Abrahams heißt: ,Gehe aus deinem Vater-
land und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land,
das ich dir zeigen will‘ (1. Mos. 12, 1-3), so wird darin die Aussonderung
aus dem heidnischen Naturzusammenhang, die Unterbrechung der bloßen
Naturentwicklung und das Eintreten eines neuen Anfangs, eines neuen
übernatürlichen Entwicklungsprinzips ausgedrückt. Natürlich kann kein
Volk Anderes entwickeln, als was im Volksgeist liegt, weshalb auch die

83
Mythologien ethnische Religionen, ihre Götter echte Nationalgötter sind.
Hier dagegen wird ein einzelner Mann und ein einzelnes Volk Träger eines
Prinzips, das über alle Volksgeister hinaus liegt. Denn Gott will nur inso-
fern der Gott Abrahams sein, als er durch ihn der Gott aller Geschlechter
sein will, und der Partikularismus ist hier also nur die Hülle für den
Universalismus. Daß nun Gott gerade dieses Volk erwählt, das kann freilich
nicht als willkürlich oder zufällig betrachtet werden. Die übernatürliche
Erwählung deutet hin auf eine natürliche, eine anerschaffene Anlage für
den Glauben, auf einen religiösen Naturgrund, welcher vor anderen
Völkern und Geschlechtern dieses Volk dazu geeignet machte, der Bewahrer
der heiligen Überlieferung und der Träger ihrer Entwicklung zu sein. Aber
aus der bloßen religiösen Natur, aus einer bloß instinktmäßigen Entwick-
lung der Religion, läßt sich die Entwicklung Israels nicht erklären. Aus der
bloßen Naturentwicklung läßt sich wohl eine mythische Gärung erklären,
worin das Heilige sich regt, aber kein festes prophetisches Wort in fort-
schreitender Entfaltung von Klarheit zu Klarheit! Sporadische Durchbrüche
des Heiligen, aber keine Kette der Tradition, wo das nachfolgende Glied
organisch das vorhergehende aufnimmt; Ahnungen und Suchen nach dem
unbekannten Gott, aber kein bestimmter Glaube an den unsichtbaren Gott
und kein fortschreitendes Wachstum im Glauben. Die Jehovareligion ist
keine wildwachsende Religion. Freilich fällt das Volk Israel immerfort von
Jehovah ab und wandelt den Götzen nach. Dies beweist aber grade, daß
Israels Gott nicht, wie die Götter der Heiden, ein Gott nach der Lust des
natürlichen Herzens ist. Der Herr und die Götzen, die wahren und falschen
Propheten kämpfen Israels ganze Geschichte hindurch. Seinem inneren
Menschen nach hat Israel Lust am Gesetz und Wort des Herrn, aber seinem
weltlichen Menschen nach hat es Lust an dem mythischen Bilderdienst und
wandelt fremden Göttern nach. Daß aber das Jehovaprinzip siegt und durch
eine fortschreitende Entwicklung sein Reich sich gründet, daß durch alle
Erschütterungen und Kämpfe hindurch eine heilige Kette von Glaubens-
zeugen sich erstreckt, eine Kette (Hebr. 11), welche nie gebrochen wird,
sondern von Abraham, dem Vater der Gläubigen an, der im Geist das
künftige Heil sah, bis auf den alten Simeon reicht, der im Tempel mit
leiblichen Augen die Erfüllung sah (Luk. 2, 30), dies läßt sich aus keiner
religiösen Naturentwicklung erklären, sondern nur aus einer göttlichen
Erwählung, oder daraus, daß Gott mit diesem Volk einen Bund geschlossen
hat. Mag daher auch die Kritik einzelne sinnliche Wunder zweifelhaft
machen können, das Grundwunder der Erwählung kann keine Kritik weg-
erklären. Der Glaube Abrahams, die mosaische Gesetzgebung auf Sinai,
das heilige Königtum Davids und der Tempelbau Salomos, der zweite
Tempel und die Bewahrung der messianischen Hoffnung bis auf ihre

84
Erfüllung, diese unzweifelhaften Tatsachen lassen sich nur aus einem
Prinzip erklären, welches zu der Mythologie und damit zu jeder Form der
natürlichen Religion den polarischen Gegensatz bildet.“
7.
Hier ist wiederum der magische Grundcharakter des Christentums
deutlich sichtbar. Die Einheit der Weltgeschichte, ihre Kontinuität, wird hier
nicht in der echten und darum fruchtbringenden und lebensschöpferischen
Fortwirkung des Geistes, der Idee, gesehen, sondern in dem magischen
Kampf zwischen Jahwe und seinem Volk einerseits und der Welt und den
heidnischen Göttern andererseits. Das diese Götter das eine Mal als
Dämonen, dann doch wieder zugleich als „Stellvertreter“ Jahwes
bezeichnet werden, ist zwar ein untrüglicher Beweis für die Verworrenheit
des christlichen Weltbildes, ändert aber an seiner magischen Grundhaltung
nichts.
Wir müssen den Unterschied der echten und der unechten oder
magischen Kontinuität der Weltgeschichte noch etwas verdeutlichen.
Als das Judentum mit dem Parsismus in geistige Berührung kam, da war
die Übernahme einer Reihe von Ideen und Gedanken aus dem Parsismus
eine für das Judentum geradezu unvermeidliche Folgeerscheinung dieser
Berührung. Ebenso wurde von den Juden ägyptisches Religionsgut und
griechische Philosophie übernommen. Auch das Christentum hat, ob es nun
wollte oder nicht, sehr viel griechisches und hellenistisches Geistesgut in
sich aufgenommen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die
Logos-Lehre im Johannesevangelium. Auf Einzelheiten einzugehen ist nicht
Aufgabe dieser Arbeit. — Als das Germanentum in der Renaissance mit der
Antike in Berührung kam, war das erneute Aufblühen von Kunst und
Wissenschaft im Abendland die Folge dieser Berührung. Das ist die echte,
also fruchtbringende und lebensschöpferische Fortwirkung (Kontinuität) der
Weltgeschichte, hervorgerufen durch das stille, absichtslose Wirken von
Geist und Idee. Diese echte Kontinuität nenne ich die Heroische.
Anders verhält es sich mit der von Martensen und mit ihm vom Chris-
tentum behaupteten Kontinuität der Weltgeschichte. Als das Christentum in
den Deutschen Rassenraum einbrach, da geschah dies unter der Devise des
Kampfes des wahren Gottes gegen die heidnischen Götter. Das auf
magische Weise durch das „Grundwunder der Erwählung“ begründete
Reich Gottes kann sich nicht anders ausbreiten als durch den Sieg des durch
und durch magischen Jehovaprinzips, das seit den Tagen des Kampfes
zwischen Mose und dem Pharao bis auf unsere Zeit sich immer mit den
brutalsten Machtmitteln durchsetzte. Diese mit Magie oder, wo diese nicht
ausreicht, mit den Mitteln der Gewalt erzwungene Kontinuität der

85
Weltgeschichte nenne ich die unechte oder magische Kontinuität. Wem
noch nicht klar geworden sein sollte, was unter magischer Kontinuität der
Weltgeschichte zu verstehen ist, der lese den folgenden kleinen Aufsatz zum
Todestag des Bonifacius, des „Apostels“ der Deutschen, der einem evange-
lischen Kalenderblättchen (5. 6. 1935) entnommen ist.
„,Gott ist mein Hort, meine Hilfe und mein Schutz, daß ich nicht fallen
werde.‘ (Ps. 62, 7.)
Stolz und knorrig steht die alte Donarseiche bei Geismar. Wenn ein
Gewittersturm über das Land braust, so hebt ein gewaltiges Raunen und
Rauschen in den Zweigen an. Erschauernd eilt das Volk herbei, denn es
glaubt Donars Stimme zu hören. Er zieht durch die Lande und schleudert
den Hammer gegen seine Feinde. Wehe, wer es wagte, den heiligen Baum
zu berühren. Sein Hammer würde ihn zerschmettern. — Eines Tages kommt
ein Mann ins Land. ,Er scheut die Götter nicht‘, raunt das Volk. Ob er auch
Donar nicht fürchtet? Eines Tages steht er vor der heiligen Eiche. Sie soll
fallen. Murrend und erwartungsvoll sammelt sich das Volk um den Baum.
Ob er es wagt, die Axt an den Baum zu legen? Ob Donar den Frevel rächen
wird mit einem zuckenden Blitz? Aber schon schwingt der Mann in der
Kutte die Axt, und krachend fährt sie ins Holz, daß die Späne fliegen. Und
Donar schweigt? Endlich bricht der Baum krachend zu Boden. Kein Blitz
zuckt, kein Donner grollt. — Warum kann dieser Mann ohne Zittern seine
Hand an den Baum legen? Er weiß sich unter der Hand Gottes. Er ist sein
Schutz, sein Hort, seine Hilfe, darum kann er nicht fallen. Aber dieser
Baum muß fallen, denn solange die alten Heiligtümer stehen, bleiben die
Herzen verschlossen. Nun aber erkennt das Volk die Nichtigkeit seiner
Götter, und viele öffnen ihr Herz dem Evangelium von Jesus Christus. —
Heute, an seinem Todestag, gedenken wir des Apostels der Deutschen. Sein
unerschrockener Zeugenmut soll auch uns ermuntern zu stärkerem Ver-
trauen auf unseren Herrn. Dann werden auch wir seine unerschrockenen
Zeugen werden, vor alten und neuen Heiden.“
So denkt, spricht, handelt und schwindelt der magische Mensch. Das ist
Kontinuität der Weltgeschichte im magischen Sinne. So hat das missio-
nierende Christentum in allen Jahrhunderten gedacht und gehandelt, wie
seine blutige Missionsgeschichte auf jeder Seite beweist.
Im schroffsten Gegensatz dazu steht der ganz in seinem Rassischen
Wertordnungskosmos ruhende Heroische Mensch. Für ihn ist Religion nicht
ein bestimmter Glaubensinhalt, sondern schöpferisches und kraftvolles
Leben aus der Mitte des Wesenhaften Reiches, aus dem unbegreiflich
Höchsten Wert. Er weiß sich dem Reich der göttlichen Ideenwelt angehörig
und weiß, daß sie keines Zaubers, keiner Magie bedarf, weil sie sich

86
mythisch seinem rassischen Wertordnungskosmos und seiner Erbmasse
eingeformt hat und immer wieder aufs neue einformt. Dem Heroischen
Menschen spinnt und webt das Reich der überbewußten Göttlichen
Ideenwelt aus den unsagbar zarten, aber unzerreißbaren, weil mythisch-
wirklichen Fäden seines Rassischen Wertordnungskosmos und seiner
Erbmasse das Schicksal seines Lebens. —
„Ihr wandelt droben im Licht
Auf weichem Boden selige Genien!
Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Schicksallos, wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
In bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist,
Und die seligen Augen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.“35)
Das ist die Kontinuität der Weltgeschichte im Heroischen Sinn, also die
echte Kontinuität. Sie braucht keinen Glauben an einen überweltlichen
Magier, der sich eine „Heilsökonomie“ mit Hilfe eines auserwählten Volkes
und eines gekreuzigten Gottessohnes ausgedacht und ausgeklügelt hat. Sie
braucht nur Eines: — Heroisches Leben aus dem unbegreiflich Höchsten
Wert, denn in diesem Leben „atmen die Himmlischen“ und Keusch — in
Heroischer Kraft! — bewahrt / In bescheidener Knospe / Blühet ewig /
Ihnen der Geist — im Schöpfungsgang der ganzen Weltgeschichte.

35) Aus Hyperions Schicksalslied von Hölderlin.

87
3. Hauptstück.
Christentum und Heidentum.
A
Judentum und Heidentum.
Die Stellung von Volk, Rasse und Persönlichkeit im christlichen Welt-
bild ist noch nicht scharf umrissen, solange nicht auch die Beziehungen
zwischen Christentum und Heidentum klargestellt sind. Da der Christ sich
üblicherweise unter „Heidentum“ und „Heiden“ etwas ganz Abscheuliches
vorstellt, so ist klar, daß diese Einstellung als eine der Hauptursachen für
die mephistophelische Verwirrung aller völkischen Gefühle in unserer
Geschichte angesehen werden kann. Um eine einleuchtende Parallele zu
gebrauchen, will ich diesen Zustand auf die Formel bringen: — Der Begriff
Heidentum hat in der religiösen Gedankenwelt des Christen dieselbe Be-
deutung wie der Begriff Klasse und Kapitalistische Klasse in der politischen
Gedankenwelt des Marxisten. Gemeinsam haben diese beiden Begriffe auch
den Wesenszug, daß sie über das Gebiet hinausgreifen, für das sie ursprüng-
lich ausgeprägt wurden. So kann der Begriff Heidentum außer seinem
religiösen noch einen politischen Inhalt bekommen; wie andererseits der
Begriff Klasse in der Gedankenwelt des Marxismus oft geradezu einen
religiösen Inhalt erhielt. — Gemeinsam ist den beiden Begriffen Heiden-
tum und Klasse endlich der Ursprung aus dem Judentum.
Dieses bezeichnete als Heiden alle diejenigen, welche nicht der
Gemeinschaft des jüdischen Volkes angehörten, also vor allen Dinge alle
Unbeschnittenen. „Alle Heiden haben unbeschnittene Vorhaut“, sagt
Jeremias 9, 26. In den jüdischen Volksverband werden nach 1. Mose 17, 9
ff. zunächst männliche, von jüdischen Eltern geborene Personen durch den
besonderen Akt der Beschneidung aufgenommen. Außerdem konnte „auch
alles, was an Gesinde daheim geboren oder erkauft ist von allerlei
Fremden, die nicht eures Stammes sind“, beschnitten und damit in den
jüdischen Volksverband aufgenommen werden. Wie man sieht, war
ursprünglich die Blutsgesetzgebung nicht ganz konsequent durchgeführt,
denn durch die Sklaven konnte mancherlei fremdes Blut in den jüdischen
Volksverband einsickern.
Unter den Fremdlingen kannte das jüdische Recht zwei Arten:
1. Fremdlinge oder Proselyten der Gerechtigkeit. Das waren solche,
welche sich nicht nur beschneiden ließen, sondern auch das ganze Gesetz
Moses annahmen, welche also zur jüdischen Religion übertraten.

88
2. Proselyten des Tores, welche sich nicht beschneiden ließen und nur
die sieben noachidischen Gebote annahmen:
a) die Abgötterei fliehen; b) Jahwes Namen nicht lästern, noch miß-
brauchen; c) kein Blut vergießen; d) von Blutschande und Unzucht sich
enthalten; e) nicht stehlen; f) Recht und Gerechtigkeit halten (selbstver-
ständlich das jüdische Recht, die jüdische Gerechtigkeit); g) kein Glied von
einem lebendigen Tier oder noch blutendes Fleisch essen.
Diesen Proselyten des Tores war das Wohnen im Land gestattet, in
Jerusalem verboten. Außerdem hatten sie am Gottesdienst oder an den
Freiheiten Israels keinen Anteil.
Der wichtigste Unterschied, der zwischen Juden, Heiden und Fremd-
lingen gemacht wurde, liegt jedoch auf dem religiösen Gebiet. Jahwe
gebietet nämlich in 1. Mose 17, 14:
„Und da wo ein Mann nicht beschnitten wird an der Vorhaut seines
Fleisches, dessen Seele soll ausgerottet werden aus seinem Volk, darum
daß er meinen Bund unterlassen hat.“
Mit anderen Worten:
Der nicht hundertprozentige Jude wird ausgerottet, denn die eben er-
wähnte Vorschrift 1. Mose 17, 14 muß noch sinngemäß ergänzt werden
durch die Vorschrift in Hesekiel 44, 9:
„Es soll kein Fremder (Heide) eines unbeschnittenen Herzens und
unbeschnittenen Fleisches in mein Heiligtum kommen, von allen Fremd-
lingen, die unter den Kindern Israels sind.“
Was in der Mose-Vorschrift fehlt, ist in der Hesekiel-Vorschrift ergänzt.
Es wird gefordert, daß nur Juden dem Geblüt nach das Heiligtum Jahwes
betreten. Ergänzend hierzu ist noch das Königsgesetz 5. Mose 17, 15 zu
erwähnen. Ebenso wie kein Fremdling das Heiligtum Jahwes betreten darf,
ebenso darf nur ein Jude zum König in Israel gewählt werden. Selbst-
verständlich hat sich das Priestertum das Recht der Königswahl gesichert.
Die in Frage kommende Gesetzesstelle lautet:
„Wenn du ins Land kommst, das dir Jahwe geben wird, und nimmst es
ein und wohnst drinnen und wirst sagen: Ich will einen König über mich
setzen, wie alle Völker um mich her haben, so sollst du den König über dich
setzen, den Jahwe erwählen wird. Du sollst aber einen aus deinen Brüdern
zum König über dich setzen. Du kannst nicht irgend einen Fremden, der
nicht dein Bruder ist, über dich setzen.“
Das jüdische Recht hebt demnach den Fremden blutsmäßig scharf und
klar vom Juden ab und läßt ihn an der „geistlichen Gnadengemeinschaft“

89
mit dem Judentum nicht teilnehmen. Im Gegenteil. 36) Der Gedanke der
Auserwähltheit, als die tragende Idee des Judaismus, stempelt jede Ver-
mischung des jüdischen Volkes mit fremden Völkern zu einem Verbrechen
gegen den „Heiligen Samen“ und gegen Jahwe. „Heiliger Same“ heißt das
Volk Israel deshalb, weil Jahwe es nach seinem Aufenthalt in Ägypten
„zum Gottesvolk“ gestaltet hat, indem er „durch die Erlösung aus Ägypten
sich zu diesem Volk als dem seinigen bekennt, ihm den Weg durch die Wüste
ins gelobte Land weist und ihm seine Bundesgesetze gibt.“ 37) „Heiliger
Same“ heißt das Volk Israel auch deshalb, — diesmal Israel nicht als die
Einheit der Nordstämme, bzw. als die Einheit der Nordstämme mit Juda
begriffen — weil auf ihm der Segen Jakobs ruht:
„Juda ist ein junger Löwe. Du bist hoch gekommen, mein Sohn, durch
große Siege. Er ist niedergekniet und hat sich gelagert wie ein Löwe und
wie eine Löwin, wer wird sich wider ihn auflehnen? Es wird das Zepter von
Juda nicht entwendet werden, noch der Stab des Herrschers von seinen
Füßen, bis daß der Held komme, und demselben werden die Völker
anhangen.“ (1. Mose 49, 9-10.)
Die Heiden sind dagegen „um ihrer Ungerechtigkeit willen dem
Gericht verfallen“, welches an ihnen zu vollziehen das Auserwählte Volk
berufen ist. Da die Heiden ohne Entschuldigung sind (Paulus), da der
Segen Jahwes nicht auf ihnen ruht, so wandern sie in der Finsternis und ihre
Religion ist ein Jahwe schlechthin mißfälliger Greuel. Auf diese Weise wird
der natürliche Rassenunterschied zwischen Heiden und Juden von der
Jehovareligion zum religiösen und sittlichen Gegensatz ausgewertet und der
Rassenfremde zum unterwertigen Jahwe- und Volksfeind gestempelt, der
vernichtet werden muß. Israel ist das Auserwählte, heilige, priesterliche
Volk; — die Heiden dagegen sind vor Jahwe „geachtet wie ein Tropfen am
Eimer, und wie Staub auf der Waagschale. … Alle Heiden sind vor ihm wie
Nichts, und gelten ihm als nichtig und leer.“ (Jes. 40, 15, 17.)

B.
Die Beurteilung des Heidentums im christlichen
Weltbild.
1.
Die eben in großen Strichen gezeichnete Haltung des Judentums zum
Heidentum hat sich nun auch das Christentum zu eigen gemacht. Da wird
36) Dr. Ernst Seeger: Der Krieg der unsichtbaren Fronten S. 23/24.
37) Martin Thilo: Alttestamentliche Bibelkunde S. 61.

90
zunächst die unvergleichliche Überlegenheit des Judentums über das
Heidentum unumschränkt anerkannt und lehrmäßig festgelegt. Das zieht
sich durch das ganze christliche Lehrgebäude als ein tragender Gedanke
hindurch, was ja an sich ganz selbstverständlich ist, da man ja sonst nicht
unter den Heiden missionieren dürfte. Die Jahwereligion ist die allein wahre
Religion; die heidnischen sind minderwertig: — also …
Also schreibt Martensen:
„Die pantheistischen Religionen entbehren, wie das Heidentum zeigt,
den Charakter der Heiligkeit und des Gewissens, oder besitzen denselben
nur in großer Verdunkelung: sie stellen daher unvollkommene und unwahre
Gestalten der Religion dar, was auch so ausgedrückt werden kann, daß das
Gottesbewußtsein des Heidentums sich in einer unreinen Vermischung mit
dem Weltbewußtsein befindet, daß das religiöse Bewußtsein, wie namentlich
alle Mythen dartun, in einer unreinen Vermischung mit dem ästhetischen
und spekulativen Bewußtsein sich befindet …
… Dies Bewußtsein von dem Unterschied zwischen dem Heiligen und
dem Weltlichen ist von dem gläubigen Bewußtsein unzertrennlich, und des-
halb ist das Heidentum ohne Glauben in der bestimmten Bedeutung des
Wortes, weil im Heidentum kein wahrer Unterschied ist zwischen dem
Heiligen und Profanen, kein wahrer Unterschied zwischen Gottesbewußt-
sein und Weltbewußtsein. Eine Frömmigkeit … kann im Heidentum wohl
gefunden werden, aber kein Glaube, weil das Licht der Offenbarung fehlt,
oder weil dieses Licht doch nur blitzweise und vorübergehend in die
Finsternis hineinleuchtet. Es können da höchstens sporadische Glaubens-
regungen sich finden, eine Ruhe des Glaubens aber kennt das Heidentum
nicht.“
Aus dieser Beurteilung des Heidentums ergibt sich nun für den
christlichen Dogmatiker ganz von selbst eine so maßlose Wertschätzung des
Judentums, daß man vor so viel Götzendienst nur noch den Kopf schütteln
kann. Wer danach fragt, wer und was dem Judentum zu seiner heutigen
überragenden Weltmachtstellung verholfen hat, der lese die folgenden Sätze
Martensens (S. 15):
„Wenn man die großen Religionsformen — Heidentum, Christentum und
Judentum d. V. — als verschiedene Bewußtseinsstufen bezeichnet hat, so ist
dieser Ausdruck nicht erschöpfend. Sie sind drei verschiedene Stufen des
Seins, was das Christentum dadurch ausdrückt, daß es sich selbst sowohl
als eine neue Schöpfung des Menschengeschlechts bezeichnet, als auch
als eine Erlösung von einem unwahren, einem abnormen Sein, welches
letztere sich im Heidentum darstellt, während Israel die anfangende und
vorbereitende Erlösungsökonomie darstellt. Während das Heidentum Gott

91
entfremdet ist, sich nur verhält zu den in der Welt hervortretenden gött-
lichen Ideen, ohne durch diese hindurch sich zu dem göttlichen Schöpfer-
willen zu verhalten: ist Israel das auserwählte Volk auf eine höhere Stufe
des Seins erhoben, wo selbst die neue Schöpfung vorbereitet wird, die neue
Schöpfung, die erst durch Gottes Menschwerdung in Christus ihren rechten
Füll- und Ansatzpunkt findet.“
2.
Nachdem der christliche Dogmatiker auf diese Weise die unvergleich-
liche Überlegenheit des Judentums über das Heidentum festgestellt hat,
setzt er an einer anderen Stelle auseinander, daß das Heidentum gleich-
bedeutend sei mit Chaos und Barbarei, erklärt dann, ohne natürlich die
Geschichte des Christentums und des Judentums zu berücksichtigen, daß
die Weltgeschichte eine Verleugnung des Heiligen und die heidnische
Welt ein Zustand der Ungerechtigkeit sei, um dann in Übereinstimmung
mit dem Neuen Testament zu lehren, daß das Heidentum das Reich des
Satans sei.
Um diese Lehre zu verstehen, müssen wir kurz auf die christliche Lehre
vom Satan eingehen. Diese ist ein uraltes aus dem Parsismus über-
nommenes Erbstück des Christentums, das durch sie aus dem jahwistisch-
magischen Monismus in den jahwistisch-magischen Dualismus hinein-
gedrängt wurde. In welcher Weise Judentum und Christentum vom
Parsismus her beeinflußt wurden, schildert Erik Stabe in seinem Buch
„Über den Einfluß des Parsismus auf das Judentum“ auf Seite 198/199 sehr
anschaulich. Da diese Stelle zugleich auch das Wesen des Satans und das
Verhältnis des Messias zum Teufel deutlich macht, gebe ich sie im Auszug
unter Weglassung der griechischen Stellen wieder. Stave schreibt:
„Noch auffälliger ist die Ähnlichkeit zwischen der persischen Vorstel-
lung von Angra Mainyu, als dem Oberhaupt der bösen Geister, und
Soshyos, als dem Bekämpfer seines Reichs, und der spätjüdischen An-
schauung vom Satan und Messias andererseits, eine Ähnlichkeit, die sich
übrigens in der evangelischen Geschichte deutlich widerspiegelt. Der
Satan, das Oberhaupt der dämonischen Mächte, steht mit seinem Reich in
der Welt als eine furchtbare Realität da, und seine gänzliche Vernichtung
ist gerade die vornehmste Aufgabe des Messias. Deshalb ahnen zuerst
Dämonen den Messias in der Person Jesu, und deshalb sieht Jesus selbst in
dem Kampf wider jene Macht einen wesentlichen Teil seiner Aufgabe und
der seiner Jünger (Mark. 1, 23 ff.; 3, 11 ff.; Luk. 10, 7 ff). Deswegen heißt
es denn auch später, die schließliche Vollendung komme erst dann, wenn
Christus ,alle (böse) Herrschaft, Gewalt und Macht vernichtet hat‘ (1. Kor.
15, 24), oder der Sohn Gottes habe sich dazu geoffenbart, daß er die Werke

92
des Teufels zerstöre (1, Joh. 3, 8). Wenn es nun, wie wir im Folgenden nach-
weisen werden, wahrscheinlich ist, daß die jüdische Vorstellung vom Satan
und seinem Reich vom Parsismus beeinflußt worden ist, dann wird damit
auch zugleich im hohen Grade wahrscheinlich, daß diese Anschauung auch
auf die eschatologische Vorstellung von der Bekämpfung der bösen Geister
durch den Messias in irgendeiner Weise eingewirkt habe. Der Satan ist der
eigentliche Weltbeherrscher, er wird deshalb der Gott dieser Welt genannt
(2. Kor. 4, 4), und übt seine Macht in den Dämonen (Matth. 12, 24) und den
heidnischen Weltreichen aus (Matth. 4, 8 f.). So wird er besonders in der
Apokalypse des Johannes dargestellt, nach der er von den Heiden mit
seinen Dämonen verehrt und angebetet wird (Off. 13, 4; 9, 20). Als
Weltherrscher erscheint er dort mit 7 gekrönten Häuptern (12, 3). Als Feind
des Gottesreiches versuchte er gleich anfangs den Messias zu verschlingen,
aber dieser wurde seiner Macht zu Gott entrückt (12, 4). In engster Ver-
bindung damit kommt es im Himmel selbst zu einem gewaltigen Kampf
zwischen Michael und seinen Engeln einerseits und dem Drachen und
dessen Engeln andererseits; und dieser Kampf endet damit, daß ,der große
Drache, die alte Schlange, die da heißt Teufel und Satan‘ V. 9, auf die Erde
geworfen wird, ganz wie Angra Mainyu bei seinem mißlungenen Versuch, in
die nächste Umgebung Ahura Mazdas einzudringen …“
„Der Satan führt seinen Kampf nicht nur im Himmel, sondern auch
auf der Erde. Denn er ist ja derjenige, welcher sich nicht bloß darüber
freut, daß die Menschen beschämt werden, sondern auch über das Böse an
und für sich, der das Böse als solches zu seinem Zweck macht. Die
Wirksamkeit des Bösen erscheint im Neuen Testament teils unter der Form
der List, teils unter der der Gewalt. Unter der Form der List wirkt er als
der Feind, welcher Unkraut unter den Weizen sät, welcher die wahre Lehre
verfälscht und in Gestalt eines Engels des Lichts eine falsche Weisheit
verbreitet (2. Kor. 11, 14). Von dieser Seite ist er besonders den Gläubigen
und geistlich Erweckten gefährlich. Gewalt dagegen hat er vornehmlich
über diejenigen, welche außerhalb des Umkreises des wahren Glaubens
stehen oder von diesem abgefallen sind. Darum nimmt er das Wort Gottes
von den Herzen der Gottlosen (Matth. 13, 19), so daß sie es nicht verstehen
und nicht sich bekehren. Darum wird das Heidentum in dem Neuen
Testament als das Reich Satans bezeichnet, und Jemanden dem Satan
übergeben (1. Kor. 5, 5) heißt, nach dem Sprachgebrauch des Neuen
Testaments, ihn aus der Gemeinschaft Gottes exkommunizieren, ihn dem
Heidentum zurückzugeben. Die verschiedenen Momente im Begriff des
Teufels faßt das Neue Testament in der Benennung Antichrist (1. Joh. 2, 18)
zusammen. Der Antichrist ist der weltgeschichtliche Ausdruck für den
Teufel, welcher seine Bedeutung in der geschichtlichen Entwicklung der

93
Religion ausspricht. Seine übergeschichtliche und metaphysische Bedeu-
tung dagegen wird in dem Ausdruck ,der Fürst dieser Welt‘ (Joh. 14, 30)
angedeutet.“38)
In dieser Weise wird von der christlichen Dogmatik das Heidentum als
das Reich des Satans dem Reich Gottes, dem christlichen Kirchenvolk
gegenübergestellt. Dieses gilt somit als die wahre Gemeinschaft, als die
Gemeinschaft des Lebens, gegenüber dem Heidentum, das als die unechte
Gemeinschaft, als die Gemeinschaft des Verderbens angesehen und
verurteilt wird — und darum ausgerottet werden soll. Wer aus dieser
wahren Gemeinschaft ausgestoßen wird, verfällt dem Reich des Satans und
bleibt „von dem Trost der Vergebung der Sünden geschieden“, da sich ja
auch Gott dem Ausstoßungsbeschluß des Priesters oder der Gemeinde fügen
muß. Dieses Letztere: nämlich daß sich Gott dem Ausstoßungsbeschluß
fügen muß, wird zwar wohlweislich nicht gelehrt, ergibt sich aber zwingend
aus dem Ausdruck: — „dem Satan übergeben“ in 1. Kor. 5, 5. Wenn ich die
Macht habe, jemanden dem Satan zu übergeben, und ich tue das, so hat sich
Gott diesem Beschluss und dieser Handlung zu fügen; — daran ändert auch
das Scheinheilige: — „auf daß der Geist selig werde am Tag des Herrn
Jesu“ — nicht das Geringste. Natürlich wird mir entgegengehalten werden,
daß der Ausstoßungsbeschluß bzw. die Ausstoßung „von Gott in der Ge-
meinde oder im Priester gewirkt“ werde, daß somit von einer Unterwerfung
Gottes unter einen solchen Beschluß keine Rede sein könne. Auf diesen
anmaßenden Irrsinn einzugehen wäre zuviel verlangt.
Wie der Christ diese „Exkommunizierung aus der Gemeinschaft Gottes“
bewerkstelligen kann, ist in 1. Kor. 5, 5 geschildert, wo es heißt:
„Denn ich, als der ich mit dem Leib nicht da bin, doch mit dem Geist
gegenwärtig, habe schon als gegenwärtig beschlossen über den, der
solches getan hat: Im Namen unseres Herrn Jesu Christi (in eurer
Versammlung mit meinem Geist) und mit der Kraft unseres Herrn Jesu
Christi, ihn zu übergeben dem Satan zum Verderben des Fleisches, auf daß
der Geist selig werde am Tag des Herrn Jesu.“
Dazu schreibt Gerlach in seinem Bibelkommentar:
„Dem Satan übergeben heißt nichts anderes, als aus der christlichen
Gemeinschaft ausschließen. Die Gemeinen waren der Leib Christi (1. Kor.
12,12;13), der Tempel Gottes (1. Kor. 3, 16; 2. Kor. 6, 16). Er selbst hatte
sie errettet aus dieser argen Welt, in welcher der Satan als Gott herrscht (2.
Kor. 4, 4); wurde also jemand ausgestoßen aus dieser Gemeinschaft, so
befand er sich in dem Reich des Satans. Von dem Trost der Vergebung der

38) Martensen: Dogmatik S. 179.

94
Sünden geschieden überfiel ihn die Gewissensangst, er geriet unter das
Gesetz, die Leiden dieser Zeit mußten ihm als Ausfluß des göttlichen Zorns
erscheinen, die Gemeinschaft mit den Gottlosen für seinen an etwas
Besseres gewöhnten Geist ein Vorgeschmack der Hölle werden. Diese
Ausschließung geschah aber nicht, um einen solchen Menschen ins ewige
Verderben zu stürzen, sondern ,zum Verderben d. h. zur Ertötung seines
Fleisches‘; die Ausschließung aus der christlichen Gemeinschaft sollte
durch das Gefühl der Buße, was sie in ihm erweckte, ein Gnadenmittel in
ihm werden, daß das bisher in ihm so mächtige Fleisch ertötet, und sein
freigemachter Geist am großen Tage der Entscheidung dennoch selig
werden möchte …“
Das erinnert sehr lebhaft an jenen abgründig gemeinen und
scheinheiligen wie verlogenen Satz aus der Inquisitionszeit: — Ecclesia non
sitit sanguinem. (Die Kirche dürstet nicht nach Blut.)
Wer diesen theologischen Eiertanz um eine klare und eindeutige Stelle
mit ansieht, der wundert sich zunächst darüber, wie die Übergabe eines
Menschen an seinen satanischen Verderber „ein Gnadenmittel“ für ihn sein
soll, da doch nach feststehender christlicher Lehre der Mensch zu seiner
Rettung aus eigener Kraft gar nichts tun kann, sondern „auf Gottes Hilfe“
angewiesen ist, die ihm gerade durch die Ausstoßung entzogen wird. Das
mag begreifen, wer will. Wir wollen uns deshalb um die Lösung dieser
Frage gar nicht bemühen, sondern nur auf die für den Gesamtzusammen-
hang dieser Arbeit wichtige Tatsache hinweisen, daß der Begriff „Heiden-
tum“ im christlichen Weltbild jener Keil ist, der jede, aber auch schlechthin
jede, Volksgemeinschaft aufspalten und in sich als Todfeinde gegen-
überstehende Lager zerreißen muß.
Aber nicht nur das. Da die nichtchristliche, heidnische Volksgemein-
schaft in der von uns geschilderten Art vollkommen verteufelt wird, da
andererseits dem Volk Israel, als dem auserwählten Volk, eine „höhere Stufe
des Seins“ zuerkannt wird, so steht der christliche Deutsche dem jüdischen
Volk näher als seinem eigenen Volkstum: — denn Heil und Rettung kommt
ihm ja nur von den Juden. Vom Deutschen Volkstum kann ihm kein Heil
und keine Rettung kommen; — von hier drohen ihm nur die Gefahren des
Satanischen Weltreiches. Gegen diese Gefahren gilt es gewappnet zu sein:
— die beste Waffe aber ist der biblische Glaube, die jüdische Wertordnung.
So wird die Bibel zur Waffe des Jüdischen Volkstums zur Zertrümme-
rung der nichtjüdischen Volkstümer! Was viele Christen nicht einsehen
wollen, das weiß der Jude schon seit zwei Jahrtausenden, das spricht auch
der Zionist Dubnow in seiner Weltgeschichte des Jüdischen Volkes Bd. 2, S.
350 ganz klar aus:

95
„Daß die Bibel wie ein Keil in die antike heidnische Welt eingedrungen
sei und nach und nach die altüberkommenen heidnischen Begriffe und die
mit ihnen zusammenhängenden Lebensformen zertrümmert habe.“
Das ist der schleichende, aber nichtsdestoweniger ebenso tödliche Krieg
der unsichtbaren Fronten, den ich in einem früheren Werk eingehend ge-
schildert habe.
Durch Nichts wird die Verjudung und Bastardierung unseres gesamten
Geistes-, Gefühls- und Gemütslebens deutlicher als durch die Tatsache, daß
der von Judentum überkommene Begriff des Heidentums als Inbegriff aller
Greuel auch heute noch imstande ist, den Bestand der Volksgemeinschaft
wie mit ätzender Säure zu zersetzen. Denn um den Begriff Heidentum
gruppieren sich die anderen Spaltungs- und Zersetzungsbegriffe: Ketzer,
Häretiker, Irrlehrer usw. Nicht die Verschiedenheit des Glaubens ist es,
welche uns trennt, sondern die Lehre, daß außerhalb des Christentums kein
Heil und keine Rettung, sondern das Reich des Satans und der Finsternis ist,
das ausgerottet werden muß.

C.
Die Lehre vom christlichen Glaubenskampf.
1.
Da Heidentum, Ketzerei und Häresie das Werk des Satans sind und
seinem Reich angehören, so ist ihre Ausrottung sittliche Pflicht für jeden
Christen. Eine wesentliche Grundlage für die „Rechtfertigung des christ-
lichen Glaubenskampfes“ ist das Wort Christi in Lukas 19, 27:
„Doch jene meiner Feinde, die nicht wollten, daß ich (Jesus) über sie
herrschen sollte, bringt her und erwürgt sie vor mir.“
Dazu schreiben Gerlach-Kalvin:
„Nie hat der Herr aus falscher Milde, welche die größte Unbarm-
herzigkeit sein würde, die furchtbare Strenge seiner Gerichte verhehlt.“
„Übrigens wollte Christus nicht allein seine Feinde durch die Androhung
schauderhafter Rache schrecken, sondern auch die Seinigen in treuer
Untertänigkeit sich erhalten. Denn es ist keine geringe Anfechtung, wenn
man sieht, wie durch den Abfall und die Empörung so Vieler das Reich
Gottes zerrissen wird. Damit wir also ruhig bleiben unter allen Stürmen,
erinnert er uns, daß er wiederkommen werde, und durch seine Zukunft den
gottlosen Abfall strafen.“ (Kalvin.)

96
Die vergangenen zwei Jahrtausende christlicher Geschichte einschließ-
lich der Missionsgeschichte unserer Tage beweisen eindeutig, daß das
Christentum in Leben und Lehre die Ethik des Glaubenskampfes hochge-
halten hat. Man könnte mit der Schilderung der christlichen Bekehrungs-
methoden dicke Bände füllen und würde mit tausend Geschichten doch
immer nur die Eine Tatsache feststellen, daß das Christentum in allen
Jahrhunderten die Völker und Rassen, zu denen es kam, nicht erhalten und
gefördert, sondern gespalten und ausgerottet hat.
Da es heute in Deutschland und anderwärts Leute zu geben scheint,
welche sich im Kampf gegen das völkische Neuheidentum und seine satani-
sche Finsternis die sog. „christliche Märtyrerkrone“ verdienen wollen, so
seien aus der Geschichte des Christentums einige Erinnerungen ausge-
graben, damit der Leser nicht nur den Charakter dieser Religion in ihrem
praktischen Kampf ums Dasein kennenlernt, sondern auch das Urteil der
Geschichte über sie erfährt.
Wir haben es in jüngster Zeit in Deutschland erlebt, daß Christen ihre
eigenen Heiligtümer beschmutzten, anzündeten und schändeten, um durch
diese „Taten“ ihre vielgehaßten, dem Reich des Satans und der Finsternis
angehörenden Gegner als verabscheuungswürdige Verbrecher zu brand-
marken. Die ganze Verworfenheit des heidnischen, satanischen Reiches
sollte dadurch vor aller Öffentlichkeit „bewiesen“ werden. Leider wurden
die christlichen Täter erwischt, sodaß der angestrebte „Beweis“ mißlang
und die ihrer Kirche zugedachte Märtyrerkrone ausblieb. Das satanische,
heidnische Reich der Finsternis scheint auch heute noch anständiger zu sein,
als man es gerne wahrhaben möchte, da doch die Lehre von der Ver-
worfenheit des Heidentums als „göttliche Wahrheit“ unumstößlich gelten
muß, selbst wenn vielleicht die Geschichte das Gegenteil lehren sollte.
Es wäre doch gar zu schön, wenn man von „diokletianischer Christen-
verfolgung“ in Deutschland sprechen und dieselben Geschichten von
Deutschland erzählen könnte, wie man sie — aus Mangel an Material —
über das antike Rom zusammendichten mußte. Denn auch das antike Rom
war keine Hölle, in welcher die Christen zu tausenden schmoren mußten.
Gibbon berechnet die Zahl der Opfer der Christenverfolgungen auf etwa
1500, eine Zahl, die sich neben den Millionen Menschen, die durch das
Christentum gemordet wurden, recht kläglich ausnimmt und einen
zwingenden Rückschluß auf die grenzenlose Duldsamkeit des heidnisch-
satanischen Reiches der Finsternis gestattet. Der Christ, der von Nero und
Diokletian spricht, sollte Torquemada, Arbues, Philipp II, Herzog Alba,
Pizarro, Cortez usw. usw. nicht vergessen. Der Christ, welcher von
unmenschlichen Grausamkeiten der römischen Christenverfolgungen
spricht, sollte sich zu gleicher Zeit die Folterkammern und Folterwerkzeuge

97
in Deutschland ansehen und an die Scheiterhaufen denken, die das Reich
Gottes im Kampf gegen das Reich des Satans und der Finsternis
brennen ließ. Diese Dinge nehmen sich alle recht merkwürdig neben den
Berichten aus, die uns über das Verfahren gegen die Christen und ihre
Behandlung im römischen Reich Aufschluß geben. Man lese den Hexen-
hammer des Jakob Sprenger und Heinrich Institoris, dieses scheußlichste
Symbol ekelhaftesten christlichen Aberglaubens mit seinen unmensch-
lichen, hinterlistigen und gemeinen Verfahrens- und Prozeßvorschriften und
halte daneben den folgenden Bericht Gibbons über die christlichen Märtyrer
und ihre Behandlung im römischen Reich. Er schreibt:
„Bei besonderen Anlässen, wo die Obrigkeiten durch persönliche
Motive des Interesses oder Grolles erbittert wurden, wenn nämlich der
Eifer der Märtyrer sie trieb die Regeln der Klugheit und vielleicht des
Anstandes zu vergessen, Altäre umzustürzen, Verwünschungen gegen den
Kaiser auszustoßen oder den Richter zu schlagen, der auf seinem Tribunal
saß, läßt sich allerdings glauben, daß jede Art von Qualen, welche
Grausamkeit erfinden und Standhaftigkeit erdulden konnte, an diesem ver-
fehmten Opfer versucht wurde. Zwei Umstände sind jedoch unvorsichtiger-
weise erwähnt worden, die dartun, daß im allgemeinen die Behandlung der
Christen, welche von den Dienern der Gerechtigkeit festgenommen wurden,
minder unerträglich war als man es gewöhnlich geglaubt hat. 1. Den
Bekennern, welche verurteilt waren in den Bergwerken zu arbeiten, war es
entweder durch die Menschlichkeit oder Nachlässigkeit ihrer Hüter ge-
stattet, Kapellen zu bauen und in ihren traurigen Behausungen ihren
Gottesdienst frei zu begehen. 2. Die Bischöfe sahen sich genötigt, den
unbesonnenen Eifer der Christen zu zügeln und zu tadeln, die sich freiwillig
den Händen der Obrigkeit überlieferten. Einige dieser Personen seufzten
unter dem Druck der Armut und Schulden und suchten blind ein elendes
Dasein durch einen erhabenen Tod zu endigen. Andere wurden durch die
Hoffnung hingerissen, daß eine kurze Einkerkerung die Sünden eines
ganzen Lebens sühnen würde. Noch andere wurden von dem minder ehren-
vollen Beweggrund geleitet, aus den Almosen, welche die Milde der
Gläubigen den Eingekerkerten zufließen ließ, reichen Unterhalt, ja viel-
leicht beträchtlichen Gewinn zu ziehen. Nachdem die Kirche über alle ihre
Feinde triumphiert hatte, gab sowohl Eigennutz als Ruhmredigkeit den
Gefangenen ein, ihre Leiden zu vergrößern. Entfernung der Zeit und des
Ortes gab der Dichtung weiten Spielraum, und die häufigen Beispiele, die
von heiligen Märtyrern angeführt werden, deren Wunden augenblicklich
heilten, deren Kraft erneuert und deren verlorene Glieder wunderbarer-
weise ergänzt wurden, waren äußerst zweckdienlich, um jede Schwierigkeit
hinwegzuräumen und jeden Einwurf zum Schweigen zu bringen. Die

98
ungeheuerlichsten Legenden, wenn sie nur zur Ehre der Kirche beitrugen,
erhielten den Beifall der gläubigen Menge, wurden durch die Macht des
Klerus unterstützt und durch das verdächtige Zeugnis der Kirchen-
geschichte bestätigt.“39)
Man tut also gut daran, den Märtyrergeschichten alle Vorsicht
entgegenzubringen.
2.
Wenn nun das heidnische Reich des Satans und der Finsternis so
furchtbar gegen das christliche Volk Gottes gewütet hat, dann erhebt sich
die berechtigte Gegenfrage: — „Wie hat das Christentum gegen das
Heidentum gehandelt?“ Und darauf gibt die hinter uns liegende christliche
Geschichte die klare und eindeutige Antwort, daß das Christentum beispiel-
los unduldsam und grausam war. Ob wir die Missionierungsgeschichte
Europas oder die von Indien, Asien oder Amerika durchstudieren: — das
Christentum erzählt uns immer die gleiche blutige Geschichte seiner
Unduldsamkeit und Grausamkeit. Auch hier kann ich nur einige wenige
Stichproben geben.40) Zunächst gibt uns der überzeugte Christ Graf Arthur
Gobineau eine lebendige Schilderung des Vorgehens der christlichen Angel-
sachsen in Nordamerika. Ist lasse ausdrücklich Gobineau sprechen, weil
ihm nicht vorgeworfen werden kann, daß er gegen das Christentum vorein-
genommen sei und deshalb ein Zerrbild dieser Religion entwerfe. Die
Schilderung Gobineaus ist darum wichtig, weil er den christlichen Angel-
sachsen die heidnischen Germanen, Indianer und Brahmanen gegenüber-
stellt, also dem Reich des Lichts das Reich des Satans und der Finster-
nis. Gobineau schreibt also:
„Die eigentlichen Angelsachsen, die noch in Nordamerika leben,
zweifeln nicht einen Augenblick an ihrer Überlegenheit über den Rest der
Menschheit, noch an den Vorrechten ihrer Geburt, die ihr diese Überlegen-
heit verleihen. Beherrscht von diesen Anschauungen, die mehr als Instinkt
wie als klare Vorstellung auftreten, und beeindruckt von Lebensnotwendig-
keiten, die in ganz anderem Masse zwingend sind wie in jenen Jahrhunder-
ten, als Zivilisation nur erst als Anlage vorhanden war, ließ sich diese
Menschengruppe nicht wie einst die Germanen dazu herbei, den Boden mit
seinen früheren Besitzern zu teilen. Nein, sie plünderte diese aus, jagte sie
von Einöde zu Einöde, kaufte ihnen mit Gewalt und zu schlechten Preisen
den Boden ab, den sie nicht verkaufen wollten, und zögerte nicht, ihnen den
schlechten Fetzen Landes, den sie ihnen durch wiederholte feierliche

39) Eduard Gibbon: Der Untergang Roms. Aretz-Ausgabe S. 509/510.


40) Miller: Völkerentartung unter dem Kreuz.

99
Verträge verbürgt hatte — weil diese armen Menschen doch auf irgendein
Stückchen Erde ihren Fuß aufsetzen mußten — wieder zu nehmen, voll
Ungeduld, daß sie noch da sind, ja, daß sie überhaupt noch leben. Ihre
vernünftelnde Natur, die die äußeren Formen des Rechts liebt, ließ sie
tausend Ausflüchte finden, um die Stimme der Gerechtigkeit zu ersticken
und mit den gebietenden Forderungen einer Raubgier ohne Grenzen in
Einklang zu bringen. Man erfand Schlagworte, Theorien und Vorwände, um
sein Verhalten zu rechtfertigen. Vielleicht erkannten sie im letzten Winkel
ihres Gewissens das Schmachvolle ihrer traurigen Ausreden. Aber sie
ließen dessen ungeachtet nicht davon ab an dem Recht festzuhalten, alles
an sich zu reißen. Dies ist ihr oberstes, am tiefsten in ihr Herz einge-
grabenes Gesetz.
Den Negern gegenüber zeigten sie sich nicht weniger als Herren wie
gegenüber den Eingeborenen, die sie bis auf die Knochen ausgeplündert
hatten. Die Neger drückten sie ohne Bedenken bis zur Erde herab, die sie
für sie bebauen. Dieses ihr Vorgehen muß erstaunen, da es sehr stark den
Grundsätzen der Menschlichkeit widerspricht, zu denen sie sich bekennen.
Ihre Inkonsequenz höchsten Grades fordert eine Erklärung; denn in diesem
Ausmaß war sie eine ganz neue Erscheinung auf Erden. Die Germanen
gaben kein Beispiel dieser Art. Sie begnügten sich mit einem Anteil am
Boden und überließen ihren Besiegten den Rest zu freiem Gebrauch. Sie
waren zu bedürfnislos, um neidvoll alles an sich zu reißen. Die waren auch
noch zu naturwüchsig, um auf den Gedanken zu kommen, ihren unter-
worfenen Untertanen oder fremden Völkern den Gebrauch von Alkohol
oder Giftstoffen aufzudrängen.41) Alles dieses ist eine Erfindung der neuen
Zeit. Weder die Vandalen, noch die Franken, noch die Sachsen kamen auf
solche Gedanken; und so verderbt und raffiniert die Zivilisationen der Alten
Welt gewesen waren, auch sie hatten niemals an dieses Vorgehen gedacht.
Weder Brahmanen noch der Magier kam jemals auf den Einfall, mit voller
Gründlichkeit alles um sich her aus dem Weg zu räumen, was nicht zur
eigenen Denkungsart paßte. Unsere Zivilisation ist die einzige, welche
diesen Instinkt und zu gleicher Zeit diese Gewalt des Mordens besitzt. 42)
Sie ist die einzige, die ohne Zorn, ohne Aufregung, mit dem Gefühl mild und
ohne Grenzen mitleidsvoll zu sein und unter dem Schein einer unbegrenzten
Sanftmut doch unaufhörlich daran arbeitet, sich mit einem Horizont von
Gräbern zu umgeben. Der Grund hierfür liegt darin, daß sie nur ein
einziges Lebensziel besitzt: das zu finden, was nützt. Alles, was nicht dazu
dient, wird als schädlich empfunden, sodaß konsequenterweise alles, was

41) Nichtsdestoweniger sollen die Germanen nach christlicher Verleumdung notorische Säufer
gewesen sein!
42) Diese Zivilisation ist christlich!

100
ihr schadet, von vornherein verurteilt ist, sofort, wenn es auftritt, zerstört zu
werden.“43)
Wie das Reich Gottes seinen Kampf gegen das heidnische Reich des
Satans in China geführt hat, das schildert uns u. a. eingehend Alfred Miller
in seinem schon mehrfach erwähnten Buch: Völkerentartung unter dem
Kreuz. Wir geben zur Ergänzung unseres Bildes ebenfalls nur eine kurze
Stichprobe. Miller schreibt auf den Seiten 41/44 seines Buches:
„Einsichtige und ehrliche Missionsanhänger haben denn auch im Hin-
blick auf die kulturelle Lage Chinas schwere Besorgnisse nicht unter-
drücken können für den Fall, daß China unter dem Einfluß der abendlän-
dischen Kultur alles fortwürfe, was es bisher besessen. Ein Chaos in
ungeahnter Größe und Tiefe müsse über das ganze Reich hereinbrechen.
,Es ist keine Frage‘, schreibt der Missionar Hartmann, ,daß China an der
Wende seiner Geschichte steht … Es ist wohl zu hoffen, daß völlige
Religionsfreiheit durchgeführt wird … Aber mir bangt vor dem Experiment,
die Cheopspyramide, die bisher Jahrtausende lang auf ihrer breiten
Grundlage ausgehalten hat, nun geradezu auf die Spitze zu stellen. Es liegt
doch nun einmal im Konfuzianismus, was China bisher an sittlichem
Gehalt besessen hat. Was wollte werden, wenn es den fortwürfe, ehe es
etwas besseres bekommen hat? Und sollten etwa die Chinesen in ihren
Gymnasien die griechischen und lateinischen Klassiker treiben, oder sollten
sie nach Zola oder Sudermann greifen?“
Nun andere Gottesmänner und Offiziere Jehovas waren mit solchen
Bedenken nicht beschwert. Die christlich-abendländische Kultur ist eben
eine besondere Gottesgabe. Wir Europäer wurden auserwählt, sie allen
Völkern also auch den Chinesen zu bringen! Also haben wir Träger der
abendländischen Kultur auch eine göttliche Sendung. Nichts ist einfacher
als diese Philosophie. Vor allem ums Jahr 1900, als der von den Europäern
herausgeforderte Boxeraufstand die Welt erregte, konnten sich viele
Missionare nur schwer beherrschen, zum Schwert zu greifen. Nun soweit
sie es nicht getan haben und auch nicht tun wollten, haben sie sich damit
begnügt, das Schwert als einziges Heilmittel Chinas, selbstverständlich
wieder in der Hand Gottes (Jehovas), der sich der europäischen Mächte
bedienen sollte, zu empfehlen. Denn so uneinig die mit dem Opium in
China eingedrungenen Missionen auch sonst unter sich waren, in dem einen
stimmten alle Anhänger und Vertreter derselben überein: die ganze
chinesische Kultur, das ganze soziale System mußte fallen, wenn das
Christentum überhaupt Aussicht haben sollte, in China festen Fuß zu fassen.
Nirgends mußte daher der abendländische Geistespolyp so rücksichtslos in
43) Die Ungleichheit der Menschenrassen (Ausgabe Kurt Wolff Verlag) Seite 726/727.

101
Erscheinung treten, wie gerade in China.
„Die politischen Großmächte“, sagt Missionar J. Flad, „die sich vom
Süden bis zum Norden der chinesischen Küste entlang niedergelassen und
schon ganz wohnlich eingerichtet haben, fast bis ins Herz Chinas hinein,
rütteln die Chinesen mit immer rascherem Tempo auf aus ihrer bisherigen
Lethargie. Und wenn auch keineswegs alles, was sie den ,Chinesenmen-
schen‘ bringen, ein ungemischter Segen ist, so helfen sie doch unbewußt
und bewußt mit, dem vierten Teil der Erdenbewohner, die sich bis dahin
ganz ausschließlich als den Mittelpunkt der Erde betrachteten, den
Horizont zu erweitern und in ihnen ein Verlangen und Tasten nach etwas
Neuem wachzurufen. Durch alle die gründlichen Niederlagen, welche die
,himmlische Dynastie‘ zu Wasser und zu Land, im Krieg und im Frieden zu
erdulden hatte, sowohl von den ,kleinen Zwergen des Sonnenaufgang-
Reiches‘ als auch von den ,rotborstigen Barbaren der westlichen Ozeane‘,
bricht sich in immer weiteren Kreisen die Erkenntnis Bahn, daß gerade das,
was bisher Chinas größter Stolz war, seine strenge Abgeschlossenheit gegen
alles von außen Kommende, sein zähes Festhalten am Alten, und sei es
auch noch so überlebt, sein größtes Unglück und Verderben ist. Von dieser
Erkenntnis ist nur ein Schritt bis zu der anderen, daß es für China nur eine
Hilfe geben kann aus dem verrotteten Zustand herauszukommen, nämlich
die Einführung und innere Aneignung der europäischen Bildung,
Wissenschaft und Kultur, also gerade dessen, was man bis dahin so
glühend gehaßt hat.“ (Bericht der Rheinischen Missionsgesellschaft Jan.
1899, S. 9)
… Gott benutzt die europäischen Großmächte und noch so manches
andere, wie einmal Hiller singt:
„Gott schickt seine bösen Viere: Schwert und Hunger, Pest und Tiere
über ein verkehrt Geschlecht“, um die verschlossenen Tore dieses Landes
zu sprengen und seinem Evangelium Weg und Bahn zu bereiten …
In dieser Weise wird vom christlichen Gottesvolk das heidnische
Reich des Satans und der Finsternis niedergekämpft. Denn über der
ganzen Geschichte des Christentums steht die jederzeit und von jedem
Christen zu befolgende sittliche Hauptforderung des Paulus:
„Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben,
dazu du auch berufen bist und bekannt hast ein gutes Bekenntnis vor vielen
Zeugen. Ich gebiete dir vor Gott, der alle Dinge lebendig macht, und vor
Jesus Christus, der unter Pontius Pilatus bezeugt hat ein gutes Bekenntnis,
daß du hältst das Gebot ohne Flecken, untadelig, bis auf die Erscheinung
unseres Herrn Jesu Christi, welche zu seiner Zeit zeigen wird der Selige
und allein Gewaltige, der König aller Könige und Herr aller Herren, der

102
allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Lichte, da niemand
zukommen kann, welchen kein Mensch gesehen hat noch sehen kann, dem
sei Ehre und ewiges Reich.“ (1. Tim. 6, 12 ff.)
Von Abraham bis Paulus und zu den christlichen Märtyrern zieht sich
nach christlicher Auffassung eine Kette von Glaubenszeugen und
Glaubenskämpfern. Sie sind das Salz der Erde und ihr Glaube war der Welt
Heil, selbst wenn dadurch die Völker aufgespalten, zerrissen oder in Atome
zertrümmert oder gar ganz ausgerottet würden. Denn Jahwe will sich sein
Gottesvolk aus allen Völkern sammeln und zubereiten. Deshalb ist
Glaubenskrieg nicht nur sittlich erlaubt, sondern göttlich geboten. Deshalb
lehrt der Jesuit Ballerini-Palmieri:
„Einem christlichen Fürsten ist es erlaubt, Heiden und Juden wegen
Sünden wider das Naturgesetz und damit nicht Christen durch sie
geschädigt werden, aus ihren Ländern zu vertreiben. Auch ist der Krieg
erlaubt, wenn die Untertanen in Ketzerei oder Unglauben verfallen, andere
mit sich reißen und so Uneinigkeit im Staat oder in der Provinz erregen.
Zuweilen ist es erlaubt, Ungläubige, auch wenn sie keine Untertanen sind,
mit Krieg zu überziehen, nämlich:
1. wenn sie durch ihre gottlosen Gebräuche Unschuldige schädigen,
z. B. rauben, Kinder opfern, und wenn sie, deshalb von Christen ermahnt,
nicht davon ablassen;
2. wenn sie durch Schmähungen und Gotteslästerungen den
christlichen Glauben lästern oder Christen abtrünnig zu machen suchen;
3. wenn sie christlichen Predigern, die nach göttlichem Befehl das
Licht des Evangeliums zu verbreiten suchen, den Zutritt in ihre Länder
verweigern, oder wenn sie ihren Untertanen die Freiheit verweigern, das
Evangelium zu hören oder anzunehmen. Ebenso (ist der Krieg erlaubt),
wenn der König oder die Bewohner eines Landes, vom wahren (katho-
lischen) Glauben abfallend, die Bewohner eines anderen Landes zum Abfall
verleiten wollen; dann hat der benachbarte König einen gerechten Grund,
sich zu verteidigen und die zugefügte Beleidigung zu rächen.“ (Opus
theolog. morale II. 670.)
4.

Da, wie unschwer zu erkennen ist, bei der Macht der christlichen
Kirchen diese Ethik des Glaubenskampfes und Glaubenskrieges zu den
schlimmsten religiösen und politischen Verwicklungen und Konflikten
führen kann, so wird jeder Staat mit „gemischt-religiöser“ Bevölkerung gut
daran tun, die wirksamsten Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen, um den
missionierenden Glaubenskämpfern ihr Handwerk zu legen. Die Schmach,
daß sich die Völker des Abendlandes wegen eines ihnen mit Feuer und
Schwert und allen erdenklichen Grausamkeiten aufgezwungenen Fremd-

103
glaubens aufs Neue zerfleischen, wie etwa im dreißigjährigen Krieg und
wie auch noch im Weltkrieg, 44) darf sich nicht wiederholen. Wie ist dieser
Gefahr am besten zu begegnen?

Schluß.
1.
Die hauptsächlichsten Gefahren- und Verwirrungspunkte der christlichen
Glaubenslehre liegen nun zutage. Von einem fremdvölkischen Gottesbegriff
und von der fremdvölkischen jüdischen Geschichte her sind die Lebens-
einheiten: Rasse, Volk, Persönlichkeit verwirrt, verdunkelt, entwertet und
zuletzt zertrümmert worden. Als Mittel hierzu dienten die Bibel und die
christlichen Glaubens- und Geschichtslehren; als Sturmbock dienten die
christlichen Kirchen und Sekten. Wer das nicht glaubt, muß den schlüssigen
Gegenbeweis gegen diese Schrift antreten. Entrüstungsrummel über die
bösen Heiden verschlägt nichts und ist kein Beweis.
2.
Der Erkenntnis der Gefahren- und Verwirrungspunkte muß ihre völlige
Beseitigung und Unschädlichmachung folgen. Darum muß die Bibel als
Unterrichts- und Ausbildungsbuch aus unserem Geistesleben verschwinden.
Was der Zionist Dubnow bezüglich der Wirkung der Bibel auf die Antike
festgestellt hat, daß sie „wie ein Keil in die antike heidnische Welt ein-
gedrungen sei und nach und nach die altüberkommenen heidnischen
Begriffe und die mit ihnen zusammenhängenden Lebensformen zer-
trümmert“ habe, das haben wir im weitesten Ausmaß durch unsere
Untersuchung auch für unser Leben bestätigt gefunden und sind deshalb
verpflichtet, dieser mephistophelischen Verwirrung unseres Gefühlslebens
und Zertrümmerung unserer erb- und blutsgebundenen Begriffe auf das
allerentschiedenste entgegenzutreten und der Bastardierung unseres
Gefühls- und Geisteslebens Einhalt zu gebieten.
Deshalb verwerfen wir auch jeden Versuch der „Angleichung“ des
Christentums an das Deutschtum. Wer Christ sein will, der soll es ganz sein
und ganz nach den Forderungen der Bibel leben: — d. h. er soll sich
öffentlich vor allen Dingen zu der Lehre bekennen, wie Paulus es getan hat,
daß das Judentum das Auserwählte Volk Gottes ist, und soll aus diesem
Bekenntnis für sich selber die entsprechenden Schlußfolgerungen ziehen.

44) Nähere Nachweise in dem sehr lesenswerten Buch von Karl Herrmann: „Von Pater
Philippart, von Kardinal Mercier und anderen unbekannten Soldaten.“ Verlag Verein für
Kriegsschuldforschung, Tübingen.
Vgl. auch Revetzlow: Klerikale Unterwelt.

104
Wir verlangen, daß aus diesem Bekenntnis, das für den Christen autoritäres
Gotteswort ist, nicht ein Gegenstand eines Lehrstreites, sondern eine
Charakterfrage gemacht wird. Nicht die Kirchen haben das „Recht“, offen
oder versteckt die Rassengesetzgebung des Staates zu durchlöchern;
sondern der Bekenner der Auserwähltheit Israels hat die Pflicht, sich diesem
Volk anzuschließen. Wer ferner seinem Gott dafür dankt, daß er ihn „erlöst
hat aus allerlei Volk“, der soll nun auch wirklich seinen Schein als
deutscher Staatsbürger aus der Hand geben: — anders ist er nämlich noch
nicht erlöst.
Der farblose Begriff des Staatsbürgers christlicher Ausprägung hat der
bluts- und volksgebundenen Lebenseinheit des Volksgefährten zu weichen.
3.
Wir wissen, daß unsere Rasse, unser Volk mit dem es umgebenden
Lebensraum zu einer Lebenseinheit verschmolzen ist, für die ich den Aus-
druck: „Rassischer Wertordnungskosmos“ geprägt habe.
Dieser Rassische Wertordnungskosmos verkörpert und gestaltet in seiner
Geschichte eine bestimmte Idee; d. h. er lebt im steten, unzerreißbaren
Zusammenhang mit dem Reich der überbewußten Göttlichen Ideenwelt, die
aus dem uns unbegreiflichen Höchsten Wert heraus lebt. Das Reich dieses
unbegreiflich Höchsten Wertes nennen wir das Wesenhafte Reich.
4.
Nun gehört jeder Mensch einem Rassischen Wertordnungskosmos an,
denn er hängt mit ihm durch seine Erbwurzel zusammen. Die Fäden, durch
welche der Mensch über die Bahn seiner Erbwurzel mit seiner Geschlech-
terkette und durch diese mit seinem Rassischen Wertordnungskosmos
zusammenhängt, bezeichne ich als mythisch. Diese mythischen Fäden der
Erbmasse und des Blutes sind „unzerreißbar wie jene Kette, welche Erde
und Meer und die Gestirne umschlingt“, ja sie sind ein Teil und ein Glied
jener Kette, weil ja der Einzelmensch auf die von mir schon geschilderte
Weise mit seinem Rassischen Wertordnungskosmos zusammenhängt.
Das Schicksal der Erde webt sich in das Schicksal des Rassischen
Wertordnungskosmos und dieser teilt sein Schicksal wieder den in ihm
enthaltenen Geschlechterketten und durch diese dem Einzelmenschen, dem
Wertordnungskern, mit.
In das Schicksal des Planeten webt sich aber auch das Schicksal des
Gesamtkosmos ein, bildet doch die Sonne im Gesamthaushalt unserer Erde
und im Raumleben unseres Planetensystems einen nicht zu unterschätzen-
den Faktor. Unser Schicksal ist also durch Vermittlung der Erde kosmisch
bedingt.

105
Sonne und Planeten sind für uns lebensschöpferische (regenerative)
Körper, und der Raum, in dem sich unser Planetensystem bewegt, in dem es
lebt, ist ein ungeheures, lebensschöpferisches (regeneratives) Kraftfeld. In
dem ewigen Kreislauf des Werdens enthüllt sich uns die Idee einer Wert-
ordnung, deren Ausstrahlungspunkte die Sonnen, deren kosmische Wert-
ordnungskerne die Planeten sind. Die Planetensysteme bilden kosmische
Wertordnungszellen.
Dieser ganze ungeheure Kosmos ist belebt vom Kosmischen Wert-
bewußtsein und steht unter dem Gesetz des Regenerativen Spannungsaus-
gleiches.45) Das Kosmische Wertbewußtsein und das Gesetz des Regenera-
tiven Spannungsausgleiches ist die Äußerung des uns unbegreiflichen
Höchsten Wertes und seines Wesenhaften Reiches.
Dem Kosmischen Wertbewußtsetn entspringt das Überbewußtsein des
Reiches der Göttlichen Ideenwelt. Und wie die Planeten jeder in seiner Art
Träger des Kosmischen Wertbewußtseins sind, so ist das Gesamtleben z. B.
unseres Planeten Träger des Überbewußtseins des Reiches der Göttlichen
Ideenwelt. So greift eins ins andere und nur so wird verständlich, in welcher
Weise der Mensch mit unzerreißbaren Fäden in diese ganze ungeheure
Symphonie des Lebens verwoben ist.
Denn der Mensch bildet innerhalb seines Rassischen Wertordnungs-
kosmos einen rassischen Wertordnungskern. Vor seiner Geburt lebt er als
Vorform eines Wertordnungskernes, als Wertordnungskeim mythisch in der
Erbwurzel seiner Geschlechterfolge und übersinnlich im Reich der über-
bewußten göttlichen Ideenwelt. Nach seinem Tod ist er mythisch seinem
Rassischen Wertordnungskosmos und seiner Geschlechterfolge eingeformt,
lebt übersinnlich in der überbewußten göttlichen Ideenwelt.
Denn keine unserer Handlungen und Taten ist gleichgültig; jede formt
sich irgendwie unserem Rassischen Wertordnungskosmos ein und dieses
„Irgendwie“ ist der mythische Begleitton unseres Denkens, unserer Taten,
unseres ganzen Lebens. Jede unserer Taten und Handlungen wirkt irgend-
wie, d. h. also Mythisch, mit an der Formung unseres Rassischen Wert-
ordnungskosmos und der in ihm enthaltenen und sich in ihm bildenden
Wertordnungskeime. In gewissem Sinne ist also jede unserer Handlungen
und jeder unserer Gedanken — schöpferisch.
Darum ist nichts gleichgültig und sinnlos, was wir tun: — jede Tat, die
wir begehen, hat den Sinn, den wir ihr beilegen; sie hat darüber hinaus aber
auch noch einen mythischen Sinn, der sich unserem Rassischen Wert-
ordnungskosmos als lebendig fortwirkende Kraft einformt, deren letzte
Früchte uns verborgen bleiben.
45) Von mir erstmalig gefunden, abgeleitet und dargestellt in meiner Arbeit: „Von der lebens-
schöpferischen und von der lebensentartenden Wirtschaft.“

106
6.
Wenn so nichts gleichgültig ist, was wir tun, dann muß das oberste
Ordnungsprinzip unseres Lebens die Heroische Treue zu unserem
Rassischen Wertordnungskosmos sein. Mit anderen Worten: — Unser
Leben muß ein Heroisches Leben aus dem unbegreiflich Höchsten Wert
sein. Das ist uns Freiheit und Ehre in Einem. Hierzu braucht es weder
Offenbarung, noch Glaube, noch Heilsökonomie, noch Erlösung, noch
Auserwähltes Volk Israel, noch sonstige Phantasien eines magischen
Zauberglaubens: — hierzu braucht es nur Eines — echtes Deutschsein.
Wem das zu wenig ist, der kennt die Größe und Tiefe des Deutschseins
nicht. Es mag ein Deutscher noch so groß sein, dann hat er die Größe und
Tiefe des Deutschseins immer noch nicht erreicht und ausgefüllt, denn die
Idee des Deutschtums ist unausschöpfliche lebensschöpferische Macht, sie
ist Freiheit und Heroische Treue zum unbegreiflich Höchsten Wert, sie ist
Leben aus dem Höchsten Wert. Und dieses Leben ist für uns ein Mythus im
Gesamtleben des Kosmos.
So steht Mythus gegen Offenbarung: — so steht Heroische Lebens-
haltung gegen magische Lebensdeutung.

107
Eine verhängnisvolle Mythologie
Von Walter Löhde
Diffamierende Verdrehungen
In Folge 8/1956, S. 378, hatten wir — durch einen hetzerischen Angriff
und lügenhafte Verleumdungen herausgefordert — in der Erwiderung ein
Zitat aus dem Werk des jüdischen, konvertierten Prof. Joh. Andreas Eisen-
menger*) (1654–1704) über die Lehren des berühmten jüdischen Theologen
Maimonides (Mosche bar Majemon 1135–1204) wiedergegeben. Es lautete:
„Der gedachte Rabbi Mosche bar Majemon lehrt in seinem erwähnten
*) Der Verfasser des Buches „Entdecktes Judentum“ — aus dem hier zitiert wird — ist Jo-
hann Andreas Eisenmenger (1654–1704). Er studierte in Amsterdam orientalische Sprachen
— besonders hebräisch — und wurde im Jahre 1700 Professor dieser Sprachen an der Univer-
sität Heidelberg. Sein umfangreiches Werk enthält Zitate — hebräisch und deutsch — aus 196
Schriften jüdischer Theologen und Gelehrten. Das Buch erregte damals großes Aufsehen. Dem
Verfasser wurden von jüdischer Seite 1200 Gulden für die Unterdrückung seines Buches
geboten. Als das Buch dann nach dem Tod Eisenmengers mit dem sog. „Arrest“, d. h. Verbot
belegt worden war, ließ es der erste preußische König Friedrich I. (1701–1713) auf eigene
Kosten in Königsberg drucken.
In einer katholischen Schrift, die das Buch von De Cholewa Pawlikowski „Der Talmud“
(Regensburg 1866) zitiert, heißt es u. a. über das Werk Eisenmengers:
„Das Werk Eisenmengers war auf Betreiben der Juden zunächst vom Kaiser Leopold I.
beschlagnahmt, aber von König Friedrich I. von Preußen herausgegeben worden … Da ergriff
dieser König das wahrhaft königliche Auskunftsmittel, daß er das Werk auf eigene Kosten von
neuem drucken ließ, was zugleich die Folge hatte, daß hinterher auch die dadurch nutzlos
gewordene Beschlagnahme der ersten Auflage wieder aufgehoben wurde und das Werk endlich
ins Publikum kam … Friedrich I. bestellte die Universitäten von Gießen, Heidelberg und
Mainz, zu untersuchen, ob irgendeine Stelle des Prof. Eisenmenger falsch zitiert oder entstellt
sei, zugleich zwang er die Rabbinen, Eisenmengers Zitate zu prüfen und anzugeben, ob und in-
wiefern und wo etwas verkehrt sei. Einstimmig erklärten alle Eisenmengers Texte und Ver-
sionen für unwiderleglich … Das Urteil der genannten Universitäten und Rabbinen wurde in
der Folge von namhaften Orientalisten wie F. G. Budeus, O. G. Michaelis, Wolf u.a. wiederholt
erneuert und ausdrücklich auf die Richtigkeit des Werkes für Regierungen und Spruchkollegien
aufmerksam gemacht. Im Königlichen Kammergericht zu Berlin ist seit 1787 folgende
Beurteilung des genannten Werkes deponiert: ,Die von Eisenmenger aus klassischen, jüdischen
Schriftstellern gelieferten Auszüge sind mit einer Treue geliefert und übersetzt, die jede Probe
aushält. Da es für ein Verbrechen von den Juden selbst gehalten wird, ihrer Rabbiner
Aussprüche für ungereimt zu erklären, so können sie es bloß sich selbst zuschreiben, wenn
vernünftige Leser aus Gift keinen Honig, aus Unsinn keine Wahrheit, aus Intoleranz keine
Toleranz, aus Feindschaft und Haß keine Freundschaft und Liebe herauszuziehen auch mit
dem besten Willen imstande sind‘“ („Blicke ins talmudische Judentum nach den Forschungen
von Dr. Konrad Martin, Bischof von Paderborn, dem christlichen Volke enthüllt von Professor
Dr. Josef Rebbert“, Paderborn 1876, Druck und Verlag der Bonifacius-Druckerei [J. W.
Schröder], S. 9.) (Quelle der Fußnote: „Ein letztes Wort zu alter Hetze“ von Walter Löhde in
„Der Quell – Zeitschrift für Geistesfreiheit“ Nr. 8 vom 23.04.1956)

108
Buch Jad chasaka, in dem vierten Theil / fol. 290. col. I. in dem achten
Capitel / numero 10, unter dem Titel Hilchoth melachim umilchamothehém,
von dieser Sache auch also: (folgt Zitat in hebräischer Schrift) das ist /
Unser Lehrmeister Mosis hat aus dem Munde Gottes befohlen / alle Men-
schen / welche in die Welt kommen / zu zwingen diejenigen Gebote / wel-
che den Kindern Noahs sind befohlen worden / anzunehmen / und daß
derjenige / welcher sie nicht annimmt / getötet werden solle.“ (Andreas
Eisenmenger: „Entdecktes Judentum“, o. O. 1711, 2. Teil, Seite 204.)
Dieses peinlich empfundene Zitat aus dem Werk von Eisenmenger sucht
man heute dadurch zu entwerten, daß man dem Verfasser „Antisemitismus“
nachsagt. Nun war Eisenmenger Professor der hebräischen Sprache an der
Universität Heidelberg und als Jude zweifellos besser über die rabbinische
Literatur unterrichtet als die polemisierenden christlichen Durchschnitts-
Theologen. Der Versuch, dessen Werk mittels tendenziös-politischen Res-
sentiments zu entwerten, ist wissenschaftlich unzulässig. Die Absicht ist
deutlich. Man will jegliche Kritik am Judentum unterbinden. Dabei ist es
für jene Tendenz-Theologen gleichgültig, ob es sich bei den Kritiken um
Verlautbarungen von Tacitus, Goethe, Schopenhauer, Delitzsch oder sonst
einem anerkannten Schriftsteller handelt. Ja, sogar freidenkende Juden wie
Heine, Meininger und Hirsch — um nur einige zu nennen — werden
kurzerhand unter die „Antisemiten“ eingereiht, weil sie den rabbinischen
Lehren widersprechen bzw. das Judentum kritisieren. Hier verrät sich in-
dessen die Interessengemeinschaft der jüdisch-christlichen Priesterkasten,
denen der Nationalsozialismus so willkommenen Stoff für ihre unsachlichen
Argumentationen geliefert hat.
Es ist nun fast humorvoll, wenn der bekannte Historiker Ed. Heyck mit
voller Berechtigung in seiner Luther-Monographie schreibt: „Kaum ein
moderner Antisemit hat mit solcher Leidenschaft aufgeboten gegen die
Juden, wie Luther …“ in seiner Schrift „Von den Jüden und ihren Lügen“.
(Ed. Heyck: „Luther“, Bielefeld 1909, Seite 137.) Aber es ist uns bereits
aufgefallen, daß sich gewisse „feingeistige“ wohlbetitelte evangelische
Theologen des Begründers ihrer Kirche zu schämen beginnen und ihm den
Thomas von Aquin vorziehen!
Nun, jeder der mit dieser Art von Gelehrten je zu tun gehabt hat, kennt
auch ihre Schleichwege. Er weiß aber auch, daß eine Verständigung mit
ihnen unmöglich ist. Das ist eine tausendjährige Erfahrung. Die Methoden
sind Friedrich d. Gr. bereits aufgefallen. Er schrieb in seiner Vorrede zum
Auszug aus dem historisch-kritischen Wörterbuch von Pierre Bayle (Dictio-
naire historique et critique, Roterdam 1697):
„Vor Gericht bietet der Redner, der seine Klienten zu verteidigen hat,

109
alles auf, um sie zu retten. Er macht den Richtern etwas vor, gibt den
Dingen andere Namen. Laster sind ihm nur Schwächen und Vergehen bei-
nahe Tugenden. Er beschönigt und bemäntelt die Nachteile seiner Sache,
und reicht das noch nicht aus, so nimmt er die Leidenschaften zu Hilfe und
wendet alle Macht der Beredsamkeit an, um sie aufzustacheln. Die Kanzel-
beredsamkeit hat zwar Ernsteres zum Gegenstand als die gerichtliche,
aber ihre Methode ist die gleiche.“ (Avant-propos de l‘abrégé du Dictio-
naire historique et critique de Pierre Bayle“, 1764.)
Und — so kann man ergänzen — die priesterliche Methode der Presse-
Polemik ist dem entsprechend. Man versucht heute nur zusätzlich, dem
unwissenden Leser mit irgendwelchen hochtrabenden Titeln zu imponieren
und auf diese Weise zu bluffen. Denn ein solcher Leser hat ja keine Ahnung
davon, wie solche Titel, Orden und Würden zuweilen erworben wurden. Vor
allem dadurch nämlich, daß sich der Betitelte nur auf jenen geisteswissen-
schaftlichen Gemeinplätzen tummelt, die von den jeweiligen Machthabern
oder Brotherren — politischen, kirchlichen oder wirtschaftlichen — sorg-
sam, im Hinblick auf die Erhaltung ihrer Herrschaft, abgegrenzt sind. Aber
wem die akademische Stallfütterung nicht genügt, wem das unfruchtbare
Weideland zweckgebundener Geisteswissenschaft zu eng ist, wer die Zäune
althergebrachter Vorurteile und Meinungen — zumal die religiöser Art —
durchbricht und die Freiheit liebt, bleibt nicht nur unbefördert, unbetitelt
und unbesternt, er wird sogar verleumdet und verfolgt.
Schon Schiller kennzeichnete den Gelehrten jener Gattung, indem er
sagte:
„Seinen ganzen Fleiß wird er nach den Forderungen einrichten, die von
dem künftigen Herrn seines Schicksals an ihn gemacht werden, und alles
getan zu haben glauben, wenn er sich fähig gemacht hat, diese Instanz nicht
zu fürchten … nicht bei seinen Gedankenschätzen sucht er seinen Lohn —
seinen Lohn erwartet er von fremder Anerkennung, von Ehrenstellen, von
Versorgung … Darum kein unversöhnlicherer Feind, kein neidischerer
Amtsgehilfe, kein bereitwilligerer Ketzermacher als der Brotgelehrte.“
(Antrittsvorlesung an der Universität Jena, 1789.)
Das ist indessen verständlich. Denn — so sagte Schopenhauer zu diesen
betrüblichen Verhältnissen, es
„wird eine Regierung nicht Leute besolden, um dem, was sie durch tau-
send von ihr Angestellter Priester oder Religionslehrer von allen Kanzeln
verkünden läßt, direkt oder auch nur indirekt zu widersprechen, da der-
gleichen in dem Maße, als es wirkte, jene erste Veranstaltung unwirksam
machen müßte.“ („Parerga und Paralipomena“, 1. Band: „Über die Univer-
sitätsphilosophie“, Sämtl. Werke, Leipzig 1916, 5. Band, Seite 151.)

110
Allerdings ist diese gedankenlose — ja, man muß schon sagen: aber-
gläubische — Titelautorität infolge der wachsenden Doktor-Inflation sehr
im Schwinden begriffen. Nur Langgeohrte und Kurzgeäugte lassen sich
dadurch beeinflussen. Ist aber der Betreffende noch überdies Theologe, so
kommt die religiöse Suggestion hinzu. Diese dient als Mittel, unwahre
Behauptungen in „Tatsachen“ zu verwandeln. Solche theologische
Beschränktheit veranlaßte Nietzsche zu der — allerdings überspitzten —
Formulierung: „Was ein Theologe als wahr empfindet, das muß falsch sein:
man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit.“
Wer sind die „Noachiden“?
Maimonides war nun ein Theologe, der auch den Juden die Todesstrafe
für den Unglauben angedroht hat. Er hat gefordert:
„Es ist geboten / diejenigen unter den Israeliten / welche das Gesetz
und die Propheten verleugnen / zu töten. Wenn man die Macht in seiner
Hand hat / so soll man sie öffentlich mit dem Schwert hinrichten; wo aber
nicht / so soll man mit List an sie kommen / bis man ihnen den Tod verur-
sacht.“ (Maimonides: „Jad Chasaka“ Hilchoth rozeach 4. T., 4. Kap. Num.
10, fol. 49, col. 2, zitiert nach Eisenmenger a. a. O., 2. Band, Seite 195.)
Hier sind alle jene freidenkenden Juden gemeint, die sich erlauben, die
rabbinischen Lehren zu kritisieren oder gar zu verwerfen. Das ist nun
allerdings eine Angelegenheit der Juden selbst. Aber unter den „Kindern
Noahs“ — den „Noachiden“ — die im ersten Zitat genannt werden, sind
alle Völker zu verstehen, die in der Noah-Sage in den Noah-Söhnen Sem,
Ham und Japhet personifiziert sind. Also betrifft die Androhung der Todes-
strafe die anderen Völker, welche jene Gebote, „welche den Kindern
Noahs befohlen sind“, nicht annehmen.
Noah ist eine hebräisierte Gestalt aus einer der Sintflutsagen des alten
Orients. Die „Noachitischen Gebote“ sind — so erklärt das „Wörterbuch
der Religionen“ —
„Eine Reihe sittl. und relig. Urgebote, die nach jüd. Auffassung nicht
erst Mose, sondern schon (Adam und) Noah von Gott gegeben (1. Mos 9, 4–
6) und darum auch für die Heiden verpflichtend sind.“ („Wörterbuch der
Religionen“, Stuttgart 1952, S. 340, r. Sp.)
Also auch die „Heiden“ sollen an diese hebräischen Gesetze gebunden
sein. Wollen sie aber diese „Gebote, welche den Kindern Noahs befohlen
sind“, nicht annehmen, so sollen sie — wie Maimonides ausdrücklich
verlangt — getötet werden. Und als Vollstrecker dieses Urteils sind doch
wohl die Juden zu verstehen.

111
Von diesen „Kindern Noahs“ — den „Noachiden“ — stammen nach
der Sage von Noah alle Völker der Erde ab. Es heißt 1. Mos. 9, 18/19:
„Die Söhne Noahs, die aus der Arche gingen, waren Sem, Ham und
Japhet. Ham aber ist der Vater Kanaans. Diese drei sind die Söhne
Noahs, und von ihnen aus hat sich die ganze Erde bevölkert.“
Selbstverständlich handelt es sich hier um eine Sage. Zu Stammvätern
der ganzen Menschheit wurden die Söhne Noahs aber erst erhoben, nach-
dem der unbekannte hebräische Verfasser der Noah-Sage die babylonische
Sintflutsage kennen gelernt hatte. Das ist der Assyriologie seit 50 Jahren
bekannt. Bereits in Meyers Großem Lexikon konnte man im Jahre 1906
lesen:
„Noah ward nach 1. Mos. 6, 9 ff., wie der chaldäische Xisuthros *), der
indische Prithu, der griechische Deukalion nach der allgemeinen Sintflut
der Stammvater eines neuen Menschengeschlechts, Vater Sems, Hams und
Japhets, der erste, der den Weinstock pflanzte. Nach der neuen kritischen
Bibelforschung ist N. eine palästinensische Sagenfigur, und seine drei
Söhne, von denen Ham ursprünglich Kanaan genannt wird, sind die Reprä-
sentanten der wichtigsten Volksteile des alten Palästina, der Israeliten,
Phönikier und der kanaanitischen Urbevölkerung. Zu Stammvätern der
Menschheit erklärte man sie erst, nachdem die babylonische Sintflutsage
nach Palästina eingewandert und das Schicksal des Xisuthros auf N. über-
tragen war.“
Das „Allg. Lexicon der Religions- und christlichen Kirchengeschichte“
(Weimar 1835) erklärt:
„Die Nachkommen Noahs werden Noachiden genannt. Der Talmud
(Tractat Sanhedrin) und mehrere Rabbiner verstehen unter diesem Aus-
druck gewöhnlich einen Nichtjuden, weil die Israeliten nach dem Namen
Abrahams, nicht nach dem des Noah genannt würden. Ihnen wurden sieben
Gebote von Gott gegeben, weil man das Gesetz in die Arche mit aufzu-
nehmen aus großer Bekümmernis wegen der Wassernot vergessen hatte …
Wer diese Gebote hält, sagt der Talmud, soll Teil haben am künftigen
Leben; wer aber eines derselben oder sie alle verwirft, getötet werden.“ (a.
a. O., 3. Band, Seite 489.)
Im Talmud wird dazu gesagt:
„Die Schrift sagt: er stand auf und die Erde wankte, er sah und löste die
Völker: er sah, daß die Noachiden die sieben Gebote, die sie auf sich nah-
men, nicht hielten, da stand er auf und gab ihr Vermögen den Jisraeliten

*) Auch bekannt unter dem Namen Utnapischti(m). (Anm. Matthias Köpke).

112
preis.“ (Goldschmidt: „Babylonischer Talmud“, 7. Band, Seite 128; Baba
Qamma IV, iii fol. 38 a.)
Also: Außer der den Noachiden angedrohten Tötung soll ihr Vermögen
den Juden überwiesen werden. Diese Forderungen des Talmud und des
Maimonides entsprechen den Bestimmungen des Papstes Innozenz III.
gegen die „Ketzer“, und diese sind — das kann kein Theologe bestreiten —
durchgeführt worden. Allerdings erhielten deren Vermögen nicht die Juden,
— die christlich-jüdische Zusammenarbeit war noch nicht praktisch wie
heute — sondern die Kirche, die mit der Staatsgewalt teilte. Denn der
Henker mußte bezahlt werden!
Nach der hebräischen Mythologie sind also unter der Bezeichnung
„Kinder Noahs“ oder „Noachiden“ die Nachkommen der drei Söhne, d. h.
gemäß 1. Mos. 9, 18/19, alle Völkerschaften zu verstehen. Das bedeutet:
Maimonides will, daß alle „Menschen, welche in die Welt kommen“,
gezwungen werden sollen, jene Noachitischen Gebote einzuhalten bzw.
anzunehmen. Und „daß derjenige, welcher sie nicht annimmt, getötet
werden soll“. Also nicht nur die Israeliten, das hat er in jenem anderen Zitat
gefordert — sondern alle anderen Menschen. Zweifellos eine sehr weit-
gehende Forderung, zumal ja diese Forderung auf einer Sage beruht, die
nicht mehr Bedeutung hat als ihr Vorbild — jene babylonische Sage —, die
Sage von der Deukalionischen Flut und andere. Sie mag literaturhistorisch
beachtlich sein, sie mag geologische Grundlagen haben — wie jene anderen
Sintflutsagen auch —, aber solche Forderungen, wie Maimonides sie hier
stellt, damit zu begründen, ist denn doch — sagen wir einmal — sehr kühn!
Der Zweck dieser Forderung wird aus den Forderungen des berühmten
jüdischen Schriftstellers Philo von Alexandrien, dem politischen Führer des
alexandrinischen Judentums klar. Er behauptet nämlich u. a., daß die
Seelen der Juden einer höheren Ordnung angehören als die der Heiden.
Daher sollen diese „die väterlichen Sitten aufgeben und nur die Gesetze des
Moses anerkennen“. Denn — so begründet er diese Forderung:
„Unserem Gott ist nicht bloß ein Stück der Welt untertan, sondern die
ganze Welt und ihre einzelnen Teile dienen ihm wie Sklaven zu jedem
Gebrauche, wozu er sie verwenden will … Einst wird aus euch (Juden) ein
Mann hervorgehen und über die Völker herrschen, fortschreiten wird seine
Herrschaft von Tag zu Tag und sich hoch über alles erheben.“ (Vita Mosis,
104-7.)
Bis dahin sollten die Völker jene „Noachitischen Gebote“ befolgen, um
dann die „Gesetze des Moses“ anzunehmen. Wer dies nicht will, soll — wie
Maimonides verlangt — getötet werden. Die „Noachitischen Gebote“ sind
also gewissermaßen die Vorstufe für die Annahme der „Gesetze des

113
Moses“. Daher das so befremdliche Verlangen des jüdischen Theologen.
Auch Heinrich Heine ist dieses Aufdrängen religiöser Gebote bereits
aufgefallen und hat die Juden deshalb mit seinem Spott bedacht. Er schrieb:
„… einem Griechen wäre es ein Greuel gewesen, wenn ein Fremder, der
nicht von seinem Geschlechte, eine Religionsgenossenschaft mit ihm ver-
langt hätte; noch mehr würde er es für eine Unmenschlichkeit gehalten
haben, irgend Jemand durch Zwang oder List dahinzubringen, seine ange-
borene Religion aufzugeben, und eine fremde dafür anzunehmen. Da kam
aber ein Volk aus Ägypten, dem Vaterland der Krokodile und des Pries-
tertums, und außer den Hautkrankheiten und den gestohlenen Gold- und
Silbergeschirren brachte es auch eine sogenannte positive Religion mit,
eine sogenannte Kirche, ein Gerüste von Dogmen, an die man glauben, und
heiligen Ceremonien, die man feiern mußte, ein Vorbild der späteren Staats-
religionen. Nun entstand die ,Menschenmäkelei‘, das Proselyten-machen,
der Glaubenszwang, und all‘ jene heiligen Greuel, die dem Menschen-
geschlechte so viel Blut und Tränen gekostet.
Goddamn! Dieses Urübelvolk!“ (Heinrich Heine: „Reisebilder“,
„Italien“, III. „Die Stadt Lucca“ Kapitel 11 [oder 13. Anm. M.K.]. 2. Teil,
Sämtl. Werke, Hamburg 1867 [Hoffmann & Campe], 2. Band, S. 391–393).
Der politische Hintergrund
Aber Juden- und Christentum sind Priesterreligionen par exellence und
daher politische Religionen. Auch die Noah-Sage hat einen politischen
Hintergrund und machtpolitischen Zweck. Mit einer komisch wirkenden,
literarisch kümmerlichen Begründung wird der Noah-Sohn Ham zum
Sklaven der Brüder degradiert. Dieser Sohn ist aber — das ist für das
Eindringen der Israeliten in das Land Kanaan wichtig — der Stammvater
der Kanaaniter. Die betreffende Stelle — 1. Mos. 9, 20-27 — lautet:
„Noah aber, der Landmann, war der erste, der Weinreben pflanzte. Und
da er von dem Weine trank, ward er berauscht und lag entblößt im Innern
seines Zeltes. Als nun Ham, der Vater Kanaans, seines Vaters Blöße sah,
sagte er es seinen beiden Brüdern draußen. Da nahmen Sem und Japhet
das Gewand, legten es auf ihre Schultern und gingen rückwärts hinzu und
bedeckten ihres Vaters Blöße, indem ihr Angesicht rückwärts gewendet war,
so daß sie ihres Vaters Blöße nicht sahen. Als aber Noah von seinem
Rausch erwachte und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn getan, sprach er:
,Verflucht sei Kanaan! Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern!‘ Und
weiter sprach er: ,Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems, Kanaan aber sei
ihm Knecht! Raum schaffe Gott dem Japhet, daß er wohne in den Zelten

114
Sems**), Kanaan aber sei ihm Knecht!‘“
Also auch den Nachkommen Japhets sollen die Nachkommen Hams als
Knechte — genauer übersetzt als Sklaven — dienen. Das ist — wie wir
noch sehen werden — besonders wichtig.
Die Nachkommen Sems sind nach dieser willkürlich, mit politischen
Nebenabsichten konstruierten Abstammungslehre: die Israeliten. Die Nach-
kommen Hams dagegen jene Kanaaniter, die von den in Palästina einfallen-
den Israeliten auf Anordnung ihrer Priester zu Ehren ihres Gottes Jahwe in
grauenerregender Weise mit Weibern und Kindern niedergemetzelt wurden
(siehe die Bücher „Josua“ und „Samuel“ im sog. „Alten Testament“). Jene
Abstammungssage diente u. a. zur Begründung jener Untaten und der will-
kürlichen Unterdrückung anderer Völker. Die „Stuttgarter Jubiläumsbibel“
erläutert diese Maßnahmen gegen die Nachkommen Hams folgendermaßen:
„Noah spricht, vom Geist der Weissagung erfüllt“ — (also: nachdem er
seinen Rausch ausgeschlafen hat, heute nennt man das „Katerstimmung“)
— „Fluch- und Segensworte, die durch Gottes Macht fortwirken durch
die Jahrhunderte. Hams Sünde ward an Kanaan, seinem jüngsten Sohn,
und dessen Nachkommen gestraft; vgl., wie die Kanaaniter von den
Israeliten unterdrückt wurden, ja wie Knechtsgesinnung und Knechtslos
bis auf den heutigen Tag den Nachkommen Hams anhaftet … daher die
Missionare fragen: Wann wird Afrika von der Sünde Hams frei.
Jehova ist der Gott Sems. Diesem Geschlecht wird die besondere Offen-
barung Gottes zuteil. Japheth wird zunächst der irdische Segen weiter
Ausbreitung verheißen, der sich durch die Kolonisation der Japhethiten
erfüllt hat. Aber er soll auch Teil bekommen an der Offenbarung Gottes, die
Sems Geschlecht geschenkt ward.“ („Die Heilige Schrift des Alten und
Neuen Testaments“, Stuttgart 1916, Seite 10/11.)
Zu jenen Nachkommen Hams zählen auch — wie in jener Bibeler-
klärung richtig gesagt wird — die Völker Afrikas. Tatsächlich suchte man
bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts den grausamen Negersklavenhandel
mit dieser religiös-politischen israelitischen „Abstammungslehre“ zu be-
gründen, und mit Noahs Fluch und „Gottes Willen“ zu entschuldigen. Der
Dr. T. S. Witherspoon von der presbyterianischen Kirche erklärte u. a. im
Jahre 1836 bei Verteidigung und Begründung der Negersklaverei in den
USA:
„Ich entnehme den heiligen Büchern des Alten und des Neuen Testa-

**) Auch die Freimaurer nannten sich „Noachiden“ und waren demnach die Nachkommen
Japhets. Sie sollten ja „in den Zelten Sems“ wohnen. Wir werden auf jene Logen der
„Noachiden“, die im 18. Jahrhundert sehr verbreitet waren, in einer der nächsten Folgen
zurückkommen.

115
mentes meine Beweise für das Halten der Sklaven als Leibeigene. Der
Grundsatz, daß die Heiden in Leibeigenschaft gehalten werden können,
ist von Gott anerkannt … In allen moralischen Fragen halte ich mich
wegen der Beweise an die Bibel.“ (Harriet Beecher-Stowe: „Schlüssel zu
Onkel Toms Hütte.“ Original-Tatsachen und Beweisstücke, 4. Teil, Seite 26,
Berlin 1853.)
Der Bischof Meade ermahnte die Sklaven in den USA vor hundert
Jahren:
„Habet acht, daß ihr nicht über eure Lage murret, darüber unwillig
werdet und euch dagegen empört, denn das würde nicht nur euer Leben
verbittern, sondern auch den allmächtigen Gott erzürnen. Bedenkt, daß
ihr euch nicht selbst gehört, nicht das Volk, von dem ihr stammt, nicht die
Leute, die euch hergebracht haben, sondern der Wille Gottes hat euch
nach seiner Vorsehung zu Sklaven gemacht.“ (Ebendaselbst, Seite 127/8.)
Nach hebräischer Sage, die ja als „Wort Gottes“ bzw. „Offenbarung
Gottes“ ausgegeben und für die Glauben verlangt wird, geschieht jene
Versklavung — von anderen sklavereibejahenden Verlautbarungen der
Bibel abgesehen — grundsätzlich nach der zitierten Stelle 1. Mos, 9, 20–27.
Wir haben hier also ein einleuchtendes Beispiel vor Augen, wie sich der-
artige religiöse Lehren in der Praxis auswirken. Sie würden sich heute noch
auswirken, wenn die Sklaverei nicht infolge der Maschinenindustrie
unwirtschaftlich geworden wäre. Die römische Kirche stand bei dem wegen
der Aufhebung der Sklaverei entbrannten Bürgerkrieg in den Vereinigten
Staaten (1861–1863) auf der Seite der sklavenhaltenden Südstaaten.
Jedenfalls hatten die Sklavenjäger, -händler und -halter bei allen ihren
Untaten in Afrika das beste Gewissen. Sie handelten, wie die Kolonial-
herren, nach dem Bibelglauben. Sie waren ja — nach der durch den Mund
Noahs verkündeten „Offenbarung Gottes“ — Nachkommen des Japhet.
Infolgedessen hielten sie sich für berechtigt, ja sogar verpflichtet, die Nach-
kommen Hams — die Neger — zu versklaven. Sie waren Christen — sogar
gute Christen, denn der berühmte Sklavenhändler John Hawkins, der Günst-
ling der englischen Königin Elisabeth I., nannte sein Sklaventransportschiff
„Jesus“. Und als Christen hatten sie Anteil „an der Offenbarung Gottes,
die Sems Geschlecht geschenkt“ worden war, wie die Stuttgarter Bibel
erläutert. Wer wollte es also christlich erzogenen Menschen verargen, wenn
sie nach der Bibel handelten? — Die Schuld trifft jene, die den Glauben
daran genährt haben und — noch immer nähren!
Andere Nachkommen Hams
Für unsere Zeit ist es nun sehr beachtlich, daß auch die Völker Miz-

116
raims, das sind die Ägypter und andere arabische Völker, zu diesen Nach-
kommen Hams gezählt werden und infolgedessen Sklaven — die deutsche
Übersetzung der Bibel sagt milder klingend „Knechte“ — der Nachkom-
men Sems, das sind die Israeliten, sein sollen. Ja, einer der bedeutendsten
Bibelerklärer, der Rabbi Kimschi (gest. 1160), sagt uns:
„Es wird durch die Tradition oder mündliche Lehre gesagt / daß die
Einwohner von Teutschland / Canaaniter seyen: dann als die Canaaniter
vor dem Josua (aus Furcht getötet zu werden) sich weg begaben / wie wir
über das Buch Josua geschrieben haben / gingen sie in das Land Aleman-
nia, welches Teutschland genennet wird: und werden dieselben (nemlich
die Teutschen) noch heutigen Tages Canaaniter geheißen.“ (Rabbi David
Kimschi, Auslegung Obad I, V. 20, zit. nach Eisenmenger, a. a. O., 2. Band,
Seite 202.)
Wir Deutschen sollen also nach dieser erdichteten, aber geheiligten
Mythologie Kanaaniter — und folglich die Sklaven der Nachkommen Sems
d. h. der Juden sein — werden? Natürlich könnten uns solche Mythologien
und Kosmogonien völlig gleichgültig bleiben, wenn sie nicht als Bestandteil
der Bibel von Christen und Juden für unantastbares „Gotteswort“ ausge-
geben würden. Ja, man verbreitet heute sogar mit offenbarer Absicht ein
Buch „Die Bibel hat doch recht“. Also liegt hier eine gewisse Gefahr für
die zu Kanaanitern degradierten Deutschen, wie in den Forderungen des
Maimonides eine Gefahr für alle Völker verborgen ist. Wir sehen leider, daß
im Verlauf der Geschichte solche religiösen Lehren der Anlaß zu entsetz-
lichen Greueltaten gewesen sind. Solange den Kindern diese Lehren als
„Gottes“ Wort, Bestimmung und Willen erklärt werden, wird die Gefahr
ihrer praktischen Durchführung — wie im Falle der Negersklaverei —
bestehen.
Übrigens findet man jene Auffassung des Maimonides ja auch im
sog. „Neuen Testament“***). Man denke nur an das furchtbare Wort des bei
***) Anm. Matthias Köpke: Wer ist denn der Gott der Bibel?
1. Mose 14, 22: „Ich erhebe meine Hände auf zu dem Herrn, dem höchsten Gott (Jahweh),
der Himmel und Erde geschaffen hat.“
2. Mose 19, 5-6: „Werdet ihr meiner Stimme gehorchen, und meinen Bund halten, so sollt
ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein
Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein.“
Jesaja 8, 13: „Den Herrn der Heerscharen (Jahweh), den sollt ihr heiligen! ER sei eure
Furcht, und ER sei euer Schrecken!“
Psalm 119, Vers 118-120: „Du zertrittst alle, die von deinen Rechten abirren; denn Lüge
ist ihr Trug. Du wirfst alle Gottlosen auf Erden weg wie Schlacken; darum liebe ich deine
Zeugnisse. Vor deinem Schrecken schaudert mein Fleisch, ich fürchte mich vor deinen Urteilen
(Gerichten).“
Psalm 2, 8-9: „Fordere von mir, so will ich dir die Völker zum Erbe geben und die Enden
der Erde zum Eigentum! Mit eisernem Stabe magst du sie zerschmettern, wie Töpfergefäß sie

117
Lukas geschilderten Jesus von Nazareth:
„Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herr-
schen sollte, bringt her und erwürgt sie vor mir!“ (Lukas 19, 27. Wörtl.:
„vor meinen Augen!“)
Auch an diesem Wort hat sich theologische Auslegungskunst versucht.
Man wollte geltend machen, diese Worte gehörten in das dort erzählte
Gleichnis. Dagegen hat ein bedeutender Theologe, H. J. Holtzmann, in dem
„Handkommentar zum Neuen Testament“ (Synoptiker, Tübingen 1901)
eigens erklärt, daß es sich hier um ein Urteil des Jesus über die Ungläubi-
gen — folgerichtig auch über die Andersgläubigen — handelt. Außerdem
erweist die Geschichte ausgiebig, daß von der Kirche und ihren Vertretern
nach diesem „Herrenwort“ gehandelt worden ist. Ja, im Inquisitions-
verfahren wurde — bei der Urteilsvollstreckung durch die sog. „Garotte“
— dieses Bibelwort wörtlich erfüllt, indem der „Ketzer“ erdrosselt, d. h.
erwürgt wurde. Jedenfalls fordert Maimonides nichts anderes, als die
Kirche gemäß der Forderung des Lukas gefordert und getan hat. Beide
Auffassungen und Lehren enthalten die gleiche Unduldsamkeit, beide ver-

zertrümmern. Nun denn, ihr Könige, handelt klug! Lasst euch warnen, ihr Richter auf Erden!
Dient Jahweh voll Furcht und küsst seine Füße unter Zittern!“
Lukas 19, 27: „Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie König würde,
bringt her und erschlagt sie vor mir!“
Johannes 15, 6-8: „Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die
Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.“
Lukas 3, 9: „Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht
gute Frucht bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen.“
Lukas 3, 16-17: „ … der (Jesus) wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.
In seiner Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in
seine Scheuer sammeln, und die Spreu wird er mit dem ewigen Feuer verbrennen.“
Hebräer 6, 7-8: „Denn das Land, das den reichlich strömenden Regen eingesogen, und
denen für die es bebaut wird nützliches Kraut hervorbringt, genießt den Segen von Gott. Bringt
es aber Dornen und Disteln, so wird es verworfen, geht dem Fluche entgegen, dessen Ende ist
das Verbrennen.“
1. Korinther 5, 3-7: „Ich meinesteils, zwar abwesend dem Leibe, doch anwesend dem
Geist nach, habe über den, der sich so vergangen hat (Sünder), schon wie anwesend entschie-
den, im Namen des Herrn Jesus dahin, dass wir zusammentreten, ihr und mein Geist mit der
Kraft unseres Herrn Jesus, und übergeben einen solchen dem Satan zum Verderben des Flei-
sches, damit der Geist gerettet werde am Tag des Herrn Jesus. Es sieht nicht gut aus mit eurem
Ruhm. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten
Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid. Ihr seid ja Ungesäuerte: denn als unser Passa ist
geschlachtet Christus.“
Graf von Hoensbroech schreibt in seinem Buch „Das Papsttum“ dazu: „Es ist eine unbe-
streitbare Wahrheit, das die Päpste jahrhundertelang an der Spitze eines Mord- und Raubsys-
tems gestanden, das mehr Menschenblut geschlachtet als irgendein Krieg oder eine Seuche, ,im
Namen Gottes (Jahwehs) und Christi‘. Der Weg des Papsttums ist ein Weg des Grauens und
Entsetzens.“

118
langen die Todesstrafe für Ungläubige. Dementsprechend fordern die
Jesuiten:
„Der Staat hat die Pflicht, den Ketzer auf Befehl und Auftrag der
Kirche mit dem Tode zu bestrafen. Er kann den von der Kirche ihm über-
lieferten Ketzer von dieser Strafe nicht befreien. Der Todesstrafe verfallen
nicht nur diejenigen, die als Erwachsene vom Glauben abgefallen sind,
sondern alle diejenigen, die der mit der Muttermilch eingesogenen Ketzerei
hartnäckig anhangen.“ (De Luca S. J.: „Instit. juris eccles. Publici“, Romae
1901, I. pag. 143, 145 f., 261.)
In gleicher Weise erklärte der Jesuit Oldra im Jahre 1928 in einer Rede
u. a.:
„Denken Sie an die Ketzereien der Waldenser, Albigenser, Anglikaner,
Lutheraner und aller dieser Vandalen, die auf christliches Blut begierig
sind; bedenken Sie, daß ein Ketzer schlimmer ist als der größte Verbrecher,
und Ihr Gewissen wird nicht mehr beunruhigt sein von einer notwendigen
Todesstrafe, um alle schlechten Keime jener moralischen und materiellen
Infektion zu entfernen.“
Nun, Friedrich d. Gr. schrieb bereits am 4. 11. 1736 an Voltaire:
„Die Theologen scheinen sich im wesentlichen zu ähneln, einerlei,
welcher Religion oder welchem Volke sie angehören. Ihr Ziel ist nämlich
immer, sich despotische Macht über die Gewissen anzumaßen. Das genügt,
um sie zu eifrigen Verfolgern aller zu machen, die in edler Kühnheit die
Wahrheit zu entschleiern gewagt haben.“
Die Herrenrasse
Der Historiker Bernhard Slade schrieb zu dieser hebräischen Sage von
Noah:
„Der Fluch (Noahs) geht dahin, daß Kanaan (Ham) seinen Brüdern
dienen soll. Schon hieraus sehen wir, daß unter Kanaanäern ein unter-
worfenes, unter Sem und Japhet aber Herrenvölker verstanden sind.
Dann werden wir aber Kanaan nicht von den Kaufherren zu Sidon und
Tyrus, sondern von der Israel unterworfenen Urbevölkerung Palästinas und
folgerichtig Sem von den sie beherrschenden Israeliten verstehen müssen.
Kinder Sem ist sonach ein alter Ausdruck für die Kinder Israel, welcher
später auf andere Israel gleichartige Völker übertragen wurde. Und zwar
ist es eine poetische Bezeichnung. Denn Sem (schem) bedeutet ,Ruhm‘. Es
sind die Kinder Sems ,die berühmten‘, das adelige Herrenvolk.“ (Bernh.
Slade: „Geschichte des Volkes Israel“, 2. Aufl., 1. Band, S. 109, Berlin
1889.)

119
Die Sage von Noah, die Abstammung und Erhebung des israelitischen
Volkes zum Herrenvolk ist weder „Gotteswort“ noch eine „Prophetie“,
sondern eine Dichtung post eventum (nach dem Ereignis), nach der Er-
oberung von Palästina. Dieser jüdische Standpunkt, eine Herrenrasse zu
sein, kommt in dem sog. „Neuen Testament“ besonders stark zum Aus-
druck, indem der bei Matthäus dargestellte Jesus die Kanaaniter „Hunde“
nennt, eine im Orient sehr verächtliche Bezeichnung (vergl. Matth. 15, 21–
27). Hier zeigt sich — wie der jüdische Psychiater William Hirsch sehr
richtig bemerkte — ein unüberbietbarer Rassendünkel, ganz abgesehen
von der lieblosen Form des Ausdrucks.
Wir sehen also, daß sich in dieser hebräischen Sage die ersten Ansätze
zu dem Gedanken einer jüdischen Herrenrasse, d. h. zu der Höherwertigkeit
der Juden und zu dem Begriff eines „auserwählten Volkes“ finden. Denn
hier wird die „gottgewollte“ Rangordnung der Völker nach hebräischer
Auffassung proklamiert. Dieser Gedanke wird dann von dem Verfasser des
Pentateuch (der 5 Bücher Moses) in der Geschichte von Esau und Jakob
weiter entwickelt.****) Er läßt die Rebekka — das Weib des Isaak —
Zwillinge zur Welt bringen, in denen das Volk Israel und die übrigen Völker
personifiziert sind:
„Und der Herr (Jahwe) sprach zu ihr: Zwei Völker sind in deinem
Leibe, und zwei Stämme werden sich aus deinem Schoße scheiden; ein
Volk wird dem andern überlegen sein, und der ältere wird dem jüngeren
dienen.“ (1. Mos. 25, 23.)
Nachdem die Söhne erwachsen sind, erschleicht der jüngere Jakob den
sog. Erstgeburtssegen, mit dem die Oberherrschaft verbunden ist. Die
bereits genannte „Stuttgarter Jubiläumsbibel“ glossiert die Handlungsweise
des Jakob (1. Mos. 25, 23) folgendermaßen:
„Jakob handelt wie ein geriebener Geschäftsmann, der den schwachen
Augenblick des anderen ausnutzt (den Hunger Esaus), um den Vertrag (die
Überlassung des Erstgeburtsrechtes) festzumachen, — der echte Schacher-
jude.“ (a. a. O., Seite 28.)
Nun, jener Erklärer vergißt, daß ja Jahwe der Rebekka sagte, der Ältere
soll dem Jüngeren dienen. Es zeigt die ganze Ungeschicklichkeit — oder
Rasseeigenart — des hebräischen Schriftstellers, den „Willen Gottes“ durch
diese Überlistung verwirklichen zu lassen. Aber es kam ihm offensichtlich
darauf an, den Gedanken der noachitischen Sage fortzuführen. Denn durch
den auf diese Weise erschlichenen Segen wird Jakob, d. h. das jüdische
****) Anm. M. Köpke: Siehe dazu die Bücher „Das offene Tor – der Esausegen und die über-
staatlichen Mächte“ und „Meine Klage vor den Kirchen- und Rabbinergerichten“ jeweils
von Matthias Köpke. Siehe die Literaturhinweise und den Hinweis des Verlages.

120
Volk, zum Herren über Esau, d. h. die übrigen Völker, erhoben, wie es
bereits durch die Überordnung Sems in der Noah-Sage geschah. Aber der
Jahwes Willen verkündende Isaak versichert dem betrogenen Esau, er
würde nun zwar zunächst dem Jakob dienen müssen, aber — „es wird
geschehen, daß du auch ein Herr sein und sein Joch von deinem Halse
reißen wirst“ (1. Mos. 27, 40). Die genauere Übersetzung der i. J. 1954 in
Zürich erschienenen „Zwingli-Bibel“ hat noch den Zusatz „wenn du dich
mühst“. Eine sehr wesentliche Ergänzung!
Esau — so heißt es weiter — hat Kanaaniterinnen zu Frauen genommen.
Also Frauen aus der Nachkommenschaft Hams, die ja Sklaven der Israeliten
sein sollten. Die Nachkommen Esaus waren nach der alttestamentlichen
Genealogie u. a. die so sehr gehaßten Edomiter, d. h. die Bewohner des heu-
tigen Transjordanien (1. Mos. 36). Auch das ist für die religiös inspirierte
Politik des heutigen Israel recht beachtlich!
Wir sehen also deutlich, daß die Israeliten sich als eine „Herrenrasse“
fühlten und dies in ihren religiösen Büchern „beweisen“ wollten. Das haben
nun auch andere Völker getan. Es ist durchaus verständlich, daß die Juden
als Volk völkisch empfanden. Es ist sogar ihr gutes Recht. Der Fall wird erst
dadurch bedenklich, daß sie auf Grund ihrer erdichteten Mythologien den
Anspruch erheben, das „auserwählte Volk Gottes“ zu sein, und verlangen,
daß alle Völker ihrem National-Gott gehorchen sollen. Die Erhebung des
jüdischen Gottes Jahwe zum Gott aller Völker schließt die Beherrschung
dieser Völker durch das von ihm zur Herrschaft bestimmte Volk theoretisch
ein und wird ja auch praktisch erstrebt.
Es gibt manche Mythologien und Kosmogonien alter Völker. Aber für
diese wird weder Allein- noch Allgemeingültigkeit beansprucht. Im Gegen-
teil. Man wertet sie nur als Dichtung alter Zeiten; man schätzt sie nach ihrer
mehr oder weniger schönen Form, Inhalt oder Symbolik. Aber man erwartet
keinen Glauben, man verurteilt jene Menschen nicht, die den darin ent-
haltenen Geboten irgendwelcher Götter ihre Anerkennung versagen. Man
fordert nicht den Tod solcher Menschen, wie Maimonides dies getan hat.
Wenn dieser Theologe indessen solche Lehren theoretisch verkündete, so
glaubte er offenbar, daß sein Volk einmal die Macht haben würde, sie
praktisch zu verwirklichen, wie es die Priester der christlichen Schwester-
konfession in der Inquisitionszeit bereits getan haben.
Aber William Shakespeare sagt in seinem „Wintermärchen“:
„Dem fehlte nie, der freche Laster übte,
Die Unverschämtheit, seine Tat zu leugnen,
Wie erst sie zu begeh‘n.“

(Quelle: „Der Quell – Zeitschrift für Geistesfreiheit“ Nr. 18 vom 23.09.1957, S. 830-340.)

121
Geheiligte Sklaverei?
(Hier stark gekürzt wiedergegeben)

Von Walter Löhde


… Die Theologen und Kirchenväter erklärten, die Menschen seien zwar
von Gott ursprünglich frei geschaffen. Aber ebenso sei die Sklaverei von
Gott als eine Folge der Sündhaftigkeit eingeführt worden und müsse daher
von Christen gottgegeben und geduldig ertragen werden. (Man vergl. die
betr. Ausführungen des Chrysostomos, Gregor von Nazianz, Theodoret und
Augustinus.) Es ist nur eine Modifikation dieser Gedanken, wenn Basilius
die Sklaverei auf Kriegsgefangenschaft, Verarmung und dergl. Ursachen
zurückführt. Denn auch diese Zustände werden als eine Strafe Gottes für die
Sünden der Menschheit aufgefaßt und müssen daher in ihren Folgen hin-
genommen werden. Einige Zitate mögen dies verdeutlichen.
„Ihr Sklaven, seid gehorsam eurem leiblichen Herrn mit Furcht und
Zittern, in Einfalt eures Herzens, als Christo; nicht mit Dienst allein vor
Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi, daß
ihr solchen Willen tut von Herzen, mit gutem Willen. Lasset euch dünken,
daß ihr dem Herrn dient und nicht den Menschen.“ (Paulus: Epheser 6, 5
ff.)
„Den Sklaven sage ich, daß sie ihren Herrn untertänig seien, in allen
Dingen zu Gefallen tun, nicht widerbellen, nicht veruntreuen, sondern alle
gute Treue erzeigen, auf daß sie die Lehre Gottes, unseres Heilandes, zieren
in allen Stücken.“ (Paulus: Titus 2, 9.)
„Ihr Sklaven, seid untertan mit aller Furcht den Herren, nicht allein
den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen … Denn dazu
seid ihr berufen ...“ (1. Petrus 2, 18.)
„Sklaven und Sklavinnen behandle nicht hochmütig; aber auch sie
sollen sich nicht blähen, sondern zur Ehre Gottes weiter Sklaven bleiben,
auf daß sie herrlichere Freiheit von Gott erlangen. Nicht sollen sie begeh-
ren auf Gemeinkosten frei zu werden, damit sie nicht als Sklaven der
Begierde erfunden werden.“ (Ignatiusbriefe, Ignatius an Polykarp 4, 3 ff.)
„Ihr Sklaven aber seid eurem Herrn untertan als dem Abbilde Gottes in
Scheu und Ehrfurcht.“ (Apostellehre [Didache]; „Neutest. Apokryphen“,
herausg. v. Edgar Hennecke, Tübingen 1904, Seite 132 u. 190.) …
Das entspricht Luthers folgenden Worten – und der christlichen Auffas-
sung überhaupt –:

122
„Ein Christ ist ganz und gar Passivus, der nur leidet; ein Christ soll
nichts in der Welt haben noch wissen, sondern ihm genügen lassen an
dem Schatz im Himmel. – Der Christ muß sich, ohne den geringsten
Widerstand zu versuchen, geduldig schinden und drücken lassen. Welt-
liche Dinge gehen ihn nicht an; er läßt vielmehr rauben, nehmen, drü-
cken, schinden, schaben, pressen und toben, wer da will, denn er ist ein
Märtyrer auf Erden.“
Wie leicht sind solche Christen zu regieren! Es ist – vom Standpunkt der
Tyrannen betrachtet – freilich zu beklagen, daß die echte christliche Fröm-
migkeit dieser Art schwindet oder bereits geschwunden ist. Es ist aber
durchaus verständlich, daß man sie wieder einführen möchte. Daher die
Lobpreisungen des frommen Mittelalters mit seiner widerspruchslosen
Sklaverei und vorgespiegelten Himmelshoffnung.
Ganz dementsprechend bleibt der Sklave – gemäß der Lehre des Thomas
von Aquin*) – lebenslänglich Sklave. Er wird auch durch die Taufe nie-
mals frei. Denn – so lehrt Thomas – Christus ist nicht gekommen, um „die
Ordnung der Gerechtigkeit“ – das ist für ihn die Sklaverei – durch den
Glauben aufzuheben. Die Menschen seien durch Christus nicht etwa von
der körperlichen, sondern allein von der seelischen Sklaverei befreit
worden. Daher würde diese körperliche Sklaverei erst im „zukünftigen
Leben“, im Himmel, enden.
Man erkennt hier, wie den Unterdrückten die harte Wirklichkeit durch
eine vorgespiegelte Unwirklichkeit erträglich gemacht werden soll. Man
vertröstet den Sklaven auf den „Himmel“, um ihm seine traurige Lage auf
der Erde begreiflich zu machen. Es ist nur recht auffallend, daß sich die ihre
Sklaven ausbeutenden Herren im gegenwärtigen Leben auf Erden wohler
*) Der theologische Schriftsteller Thomas von Aquin (1224-1274) genießt in der katholisch-
en Kirche ein ganz besonderes Ansehen. Nach Meratus und Nauclerus ist er der eigentliche
Stifter des Fronleichnamfestes. Er ist „Kirchenlehrer“, „Kirchenvater“, „Doctor angeli-
cus“ (engelischer Lehrer) und „Princeps theologorum“ (Fürst der Theologen). Papst Joh-
annes XXII. (1316-1334) sprach ihn heilig. Innocenz VI. (1352-1362) erklärte:
„Die Lehre des heiligen Thomas von Aquin zeichnet sich aus vor allen anderen, nur
ausgenommen die der kanonischen Bücher (die Bibel), durch Wahrheit der Lehrsätze, so daß,
die ihnen folgen, niemals auf einen Irrtum betroffen werden.“
Papst Leo XIII. (1878-1903) schrieb in der Enzyklika „Aeterni Patris“ vom 4.8.1879 u.a.:
„Unter den Lehrern der Scholastik ragt weit hervor der Fürst und Meister aller (princeps
et magister omnium), Thomas von Aquin. Der Sonne gleich hat er den Erdkreis mit dem Glanze
seiner Lehre erfüllt.“ (Sämtliche Rundschreiben Leos XIII. Amtl. Ausg. Freiburg 1881-1894;
1. Samml.)
Denmach sind die Lehren des Thomas von Aquin für die katholische Kirche und deren
Gläubige unbedingt verbindlich. Dieser Thomas von Aquin erlebt heute seine Wiederauferste-
hung. Seine Theorien sollen die von der „Abendländischen Akademie“ erstrebte und propa-
gierte mittelalterliche Staats- und Gesellschaftsordnung stützen. Und zu dieser Gesellschafts-
ordnung des Aquinaten gehört – die Sklaverei.

123
fühlten. …
Thomas von Aquin griff auf die Kirchenväter zurück. Zur Begründung
seiner Lehre von der gottgewollten Sklaverei diente ihm – wie jenen – die
„Sündhaftigkeit der Menschen“, die „Erbsünde“. Durch diese Sünde – so
argumentierte er – habe der Mensch das freie Verfügungsrecht über seine
Person – das er ursprünglich besessen habe – für alle Zeit eingebüßt. Auf
diese Weise sei die Sklaverei gottgewollt. Der „Fürst der Theologen“
schreibt:
„Ohne den Sündenfall würde es keine Knechtschaft und Sklaverei
unter den Menschen geben; denn dieses Verhältnis ist immer so, daß der
Herr mit dem Sklaven nach seinem, des Herrn Interesse verfährt. Dies ist
aber stets ein Grund der Traurigkeit für den Sklaven (contristabile), daß er
nicht seinen, sondern eines anderen Interesse folgen muß. Darum kann ein
solches Verhältnis nicht sein, ohne Strafe für den Unterworfenen, also wäre
es im Stand der Unschuld nicht gewesen.“ („Summa theologiae“, Parm.
Ausg., 1. Bd., S. 383.) …
Der katholische Priester und Wirtschaftstheoretiker Carl Jentsch hat
bereits am Anfang unseres Jahrhunderts auf die Wiedereinführung der
Sklaverei als notwendige Folge der sozialen und wirtschaftlichen Entwick-
lung hingewiesen. Er schrieb:
„Sie (die Staatsmänner) werden endlich einmal erklären müssen, ob die
Aufhebung der Standesunterschiede und insbesondere der Sklaverei nur
eine törichte Verirrung gewesen ist, ob die Leibeigenschaft und der Skla-
venmarkt mit oder ohne castata (Schaugerüst) wiederhergestellt werden,
oder was sonst geschehen soll.
Die Sklaverei ist die einer gewissen Kulturstufe angemessene und unter
gewissen politischen Verhältnissen unvermeidliche Arbeitsverfassung. An
und für sich hat sie mit Moral und Humanität so wenig zu schaffen wie
irgend eine andere Arbeitsverfassung …
Das Neue Testament enthält nicht ein Wort der Mißbilligung des
Instituts, ja, es verurteilt nicht einmal jene Wirkung der Sklaverei, die
wirklich als ein Schandfleck des klassischen Altertums bezeichnet werden
muß ...“ (Carl Jentsch: Drei Spaziergänge eines Laien ins klassische
Altertum“, Leipzig 1900, S. 171.)
Nun, die „politischen Verhältnisse“ haben sich entsprechend entwickelt.
Die Maßnahmen der Regierungen – zumal in den autoritären Staaten –
lassen die Vorstufen einer solchen Sklaverei bereits deutlich erkennen.
Nietzsche meinte indessen, auch „die europäische Demokratie ist eine
Ausgestaltung der Sklaverei“. Im Jahre 1923 forderte der Österreicher
Franz Haiser die Wiedereinführung der offenen und gesetzlichen Sklaverei

124
und erklärte – gestützt auf die Irrtümer Nietzsches – „ohne Sklaverei ist
kein Kulturstaat denkbar“. Allerdings sagte er sehr richtig:
„Ich kann nicht oft genug betonen, daß es auch heute noch Sklaverei
gibt, freilich eine unaufrichtige, verschleierte, die genau so wie ein
Schleichhandel auftritt, sobald der offene Handel verboten ist.“ (Franz
Haiser: „Die Sklaverei“, München 1923, S. 27.)
Wir brauchen hier nur an den Mädchenhandel und die durch wirtschaft-
lichen Druck erzeugte schauerliche Prostitution – die körperliche wie die
geistige – zu denken. Demgemäß schrieb Carl Jentsch – nicht minder be-
rechtigt:
„Was aber die Luxussklavinnen der Reichen (im Altertum) anlangt, so
wird ihre Abhängigkeit, abgesehen von besonders krassen Fällen, nicht
schmachvoller gewesen sein, als die vieler Kellnerinnen, Konfektionsarbei-
terinnen und Schauspielerinnen.“ (Carl Jentsch a.a.O., S. 158.)
Seit Jentsch dies schrieb, hat sich die Lage in dieser Beziehung ver-
schlimmert. Damals gab es noch keine sog. „Sekretärinnen“, „Schönheits-
königinnen“, „Fotomodelle“ und „Filmstars“. Heinrich Heine hat auch
dies vorausgewußt. Er schrieb spöttisch:
„Keine Religion ist mehr im Stande, die Lüste der kleinen Erdenherr-
scher zu zügeln; sie verhöhnen euch ungestraft, und ihre Rosse zertreten
eure Saaten, eure Töchter hungern und verkaufen ihre Blüten dem schmut-
zigen Parvenue, alle Rosen dieser Welt werden die Beute eines windigen
Geschlechts von Stockjobbern und bevorrechtigten Lakaien, und vor dem
Übermute des Reichtums und der Gewalt schützt euch nichts – als der Tod
und die Satire.“ (Heinrich Heine: „Sämtliche Werke“, Hamburg 1867, 13.
Bd., S. 274.)
Allerdings, wir sahen, wie ein „Heiliger“ dieser Religion die Sklaverei
– deren Auswirkungen in dieser Hinsicht unvermeidlich sind – empfiehlt
und fordert! Wir wissen, wie auf der anderen Seite die Gewalt regiert.
Man darf sich natürlich nicht durch die bisher aus der Geschichte der
Sklaverei allbekannten Methoden irre machen lassen. Der mit den Metho-
den autoritärer Regierungen vertraute Weltreisende Colin Roß sagte
darüber:
„Zu Beginn einer solchen Machtbildung, mag es sich um den Führer
einer Räuberbande handeln, eines Abenteurerhaufens, einer sich bildenden
Partei oder Volksgemeinschaft, wird neben der suggestiven Persönlichkeit,
die durch ihre Eigenschaft und Leistungen die anderen in den Bann zwingt,
die ihre innersten Wünsche erkennt und verwirklicht, auch immer die Ver-
führung, die Demagogie stehen. Dieser erste einer Führergeneration – wo-

125
bei Generation nicht nur die leibliche Erbfolge zu bedeuten braucht, son-
dern auch die geistige, wie in der kirchlichen Hierarchie – einer Partei
oder in Industriekonzernen wird niemals von vornherein sagen, ich bin der
Herr, und ihr seid die Knechte. Die äußeren Merkmale des Sklaventums,
Kette und Peitsche, treten, wenn überhaupt, dann erst in einem sehr
späten Stadium in Erscheinung, in dem die Macht unabschüttelbar und
gottgegeben erscheint.
Ketten und Striemen sind überhaupt nicht das Essentielle der Sklave-
rei, und auch in den Zeiten der offenkundigsten Sklaverei, wie in der Antike,
des Islams oder der Negersklaverei, spielten diese Merkmale, die uns so
wichtig erscheinen, nur die geringste Rolle.“ (Colin Roß: „Die Welt auf der
Waage“, 34. Aufl., Leipzig 1941, S. 140/41.)
Wie der „Führer einer sich bildenden Partei“ die Sklaverei einzuführen
vermag, haben wir in den modernen Gewaltstaaten vor Augen. „Die Macht
als unabschüttelbar und gottgegeben erscheinen“ zu lassen – das war das
Bestreben des Thomas von Aquin. Er verlieh den Herrschenden, zu einer
Zeit als die Freiheitssehnsucht in der europäischen Menschheit erwachte,
das gute christliche Gewissen, die Sklaverei beizubehalten, ja sogar durch
die Sklavenjagd in überseeischen Gebieten noch auszudehnen. Es handelte
sich dabei besonders um die Macht des Klerus und den großen Sklaven-
besitz der Kirche. … Es war verhängnisvoll, daß Thomas von Aquin sich
nicht nur auf die Kirchenväter bezog, sondern obendrein noch den Aristote-
les heraufbeschwor. Dadurch wurden die Scholastik und der Humanismus
bestochen, die Lehren des Aquinaten kritiklos aufzunehmen. Heute versucht
man, die durch den deutschen Idealismus so sehr beeinträchtigte Autorität
des Thomas wieder zu beleben, und sucht die Jugend für ihn zu begeistern.
Für diesen „Heiligen“, der nicht nur die Sklaverei für den größten Teil der
Menschheit forderte, sondern es für „notwendig“ hielt, die Staatsoberhäup-
ter „mit Zwangsgewalt auszurüsten“, der die Sklaverei für „sozial zweck-
mäßig“ erklärte!? – Sapienti sat! – Dem Wissenden genügt das!
Und die Lehren dieses „engelischen Lehrers“, dieses – in mehr als einer
Hinsicht – sonderbaren „Heiligen“ sollten wir und alle freien Deutschen
annehmen oder gar befolgen, wie es die Päpste und heutigen Theologen
erwarten? – ? –
Nun, Schiller sagt in seinem „Tell“:
„Dann wären wir Sklaven und verdienten es zu sein!“ … (1)
… Und Friedrich Kapp schrieb vor hundert Jahren (1861) aus den USA:
„Die römische, der Freiheit feindliche Kirche, hat durch die massen-
hafte Einwanderung aus katholischen Ländern hier (in den USA) festen Fuß
gefaßt, und steht durch ihre unbedingte Abhängigkeit vom Papst, sowie ihre

126
hierarchischen Tendenzen selbst auf den Vermögensgebieten der Gemein-
den nicht allein im Widerspruch mit der Republik, sondern ist auch durch
ihre kolossalen Reichtümer deren gefährlichster Gegner. Die Masse der
Einwanderer, besonders der Irländer, folgt blindlings dem Gebote ihrer
Priester, die auf demokratischer Seite stehen, da Sklaverei des Geistes, wie
sie der Jesuitismus will, sich naturgemäß zur Sklaverei des Leibes hinge-
zogen fühlt.“
Es lag also ganz im Sinne jener „Demokraten“ (Partei und Befürworter
der Sklaverei), wenn die in Virginia erscheinende Zeitung „South Side
Democrat“ schrieb:
„Wir hassen jedes Ding, welches das Wort frei vor sich hat, von dem
freien Neger abwärts und aufwärts durch das ganze Register hindurch –
freie Arbeit, freie Farmen, freien Willen, freies Denken, freie Kinder und
freie Schulen, alle gehören derselben Brut verdammenswürdiger Irrtü-
mer an“. (Friedrich Kapp: „Geschichte der Sklaverei in den Vereinigten
Staaten von Amerika“, Hamburg 1861, Seite 402/403 und 510 ff.)
„Verdammenswürdige Irrtümer“ ist eine Vokabel, die durch den Sylla-
bus des Papstes Pius IX. und dessen Kommentar bekannt geworden ist. Die
Anwendung dieser Vokabel und der Gedankengang beweist den römisch-
katholischen Einfluß auf dieses Blatt der sogenannten „Demokraten“.
Allerdings hatte dieser fromme Eifer jener Zeitung Virginias – wie stets in
solchen Fällen – einen geschäftlichen Hintergrund. Nachdem die Einfuhr
weiterer Negersklaven verboten worden war, begann man im Inland Skla-
ven zu züchten. Die Sklaven wurden als human-cattle – als Menschenvieh
betrachtet, und deren Vermehrung nannte man dementsprechend stock-
raising – Vermehrung des Viehstandes. Th. Griesinger schrieb nach seiner
Beobachtung:
„Somit warfen sich die Borders-Staaten mit aller Macht auf die ,Nig-
gerzucht’, gerade wie man sich anderswo auf die Pferde- oder Schafzucht
verlegt, und brachten es nach kurzer Zeit so weit, daß sie alljährlich eine
ziemliche Portion ihrer schwarzen Nachkommenschaft ,abstoßen’ konnten.
Wie sie dies bewerkstelligten, darüber weitläufig zu berichten, erlasse uns
der Leser und begnüge sich mit der einzigen Andeutung, daß in ganz
Virginien, Maryland und Kentucky nur allein die Negerin einen Wert hat,
welche alle Jahre ein Junges zur Welt bringt, während umgekehrt eine
unfruchtbare Schwarze ohne weiteres verkauft wird. Mit einem Wort also,
die Niggerzüchterei kam in kurzem in Flor und wurde zu einer Einnahme-
quelle, welche vielleicht nicht weniger abwarf, als selbst der Baumwoll-
anbau“.
(Th. Griesinger: „Freiheit und Sklaverei unter dem Sternenbanner“,

127
Stuttgart 1862, 1. Teil, Seite 423 und 428; „Das politische Welttheater“,
Jahrgang 1861, Seite 177/178, Stuttgart 1861).
Die oben genannte Zeitung des Staates Virginia war indessen nicht das
einzige römisch-katholisch beeinflußte und geleitete Blatt der „Demokra-
ten“. „Damals wie heute“ – so schrieb der amerikanische, römisch-
katholische Priester Charles Chiniqui im Jahre 1886 –
„stand die demokratische Presse fast ausnahmslos unter der Kontrolle
der römischen Kirche, und die willfährigen Handlanger der Jesuiten
überschwemmten das Land.“ …
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß diese „Demokraten“ der
USA heute für die Gleichberechtigung der Neger eintreten, während die
Vorväter und Gründer ihrer Partei die Negersklaverei erhalten wissen
wollten und dafür kämpften. Denn wegen dieser Negersklaven kam es be-
kanntlich im Jahre 1861 zur Errichtung der „Konföderierten Staaten“ im
Gegensatz zu den „Vereinigten Staaten“. Diese Spaltung der Union führte
zum Bürgerkrieg von 1861-1865.
Auch hier trat die Wirksamkeit der überstaatlichen Mächte zu Tage.
Denn – so schrieb die freimaurerische Zeitschrift „Latomia“ von 1862 (21.
Band, Seite 283) –
„aus dem Bericht der Großloge von Maine geht hervor, daß die Maurer
(Freimaurer) der Unionsstaaten ohne Ausnahme sich um das Banner der
Regierung in Washington (der Republikaner) scharren“.
„Desgleichen“ – so stellte der katholische Priester Charles Chiniqui fest
– „gebot der Papst sämtlichen römisch-katholischen Bischöfen und
Priestern, wie auch allem gläubigen Volk, sich unter das Banner der
Sklavenstaaten (der Demokraten) zu stellen. Jedermann weiß, daß die
Bischöfe und Priester mit nur einer einzigen Ausnahme diesem Befehl
wie ein Mann folgten“. (Charles Pascal Chiniqui: „Fifty years in the
Church of Rome“, London 1886; Übers. Dieser Stelle bei R. Ch. Darwin:
„Die Entwicklung des Priestertums und der Priesterreiche“, Leipzig 1929,
Seite 367.)
Die hintergründige Leitung der beiden Parteien – der „Demokraten“
und der „Republikaner“ – ist hier in ihren Urbildern deutlich sichtbar. Die
Ereignisse haben gezeigt, – indem sich der Katholik Kennedy (Demokrat)
und der Freimaurer Nixon (Republikaner) gegenüberstanden – daß diese
Leitung heute noch besteht. Wir wollen aber nicht vergessen, daß die
Abschaffung der Sklaverei in den USA weder aus freimaurerisch-humani-
tären noch aus christlich-religiösen Gründen erfolgte, sondern aus Gründen
der Wirtschaftlichkeit. Die Maschine arbeitete wirtschaftlicher und besser

128
als der Sklave, der gefüttert werden mußte, wenn er arbeitsfähig bleiben
sollte. Daher drängten die industrialisierten Nordstaaten der Union auf die
Abschaffung der Sklaverei, die der heute wieder so auffallend gepriesene
Kirchenlehrer Thomas von Aquin für berechtigt und notwendig erklärt hat.
(2)

Quellen:
(1) „Geheiligte Sklaverei?“ von Walter Löhde in „Der Quell – Zeitschrift für Geistes-
freiheit“ Folge 6 vom 23.03.1956; 8. Jahr.
(2) „Demokraten und Republikaner“ von Walter Löhde in „Der Quell – Zeitschrift für
Geistesfreiheit“ Folge 1 vom 09.01.1961; 13. Jahr.

129
Der Papst und der Hohepriester
Von Erich Ludendorff
Rom muss herrschen wollen. Das ist wieder einmal für viele Deutsche
schwer zu verstehen, weil sie durch Schule und christliche Lehre zum min-
desten auf allen Gebieten, die mit dem Glauben zusammenhängen, denk-
und urteilsunfähig gemacht, sich erst recht nicht in ein Denken hineinfinden
können, das ganz anders ist, als frühere Suggestion es als richtig hingestellt
hat. Dies ist aber unerlässlich, um die heutigen weltgeschichtlichen Zusam-
menhänge zu verstehen, in denen das Machtstreben der röm.- katholischen
Kirche (Roms) über den Einfluss auf die Seelen zur tatsächlichen Weltherr-
schaft zu kommen, so klar in Erscheinung tritt. Ich will es den Deutschen
erleichtern.
Das jüdische Volk, sein Machtstreben, sein mystischer Aberglaube und
seine Mittel, dieses Machtstreben mit Hilfe anderer zu verwirklichen, sind
den Deutschen schon eher bekannt. Meine Frau und ich haben uns außer-
dem immer wieder bemüht, den Deutschen die jüdische Seele, in der
Freimaurerei jüdischen Aberglauben und die Wege zu zeigen, die es dem
allen entsprechend für die Verwirklichung seiner Ziele geht. Der Jude meint,
dass er hierbei allein die Weisungen Jahwehs (des Bibelgottes) erfüllt.
Weisungen, die durchaus seinem eigenen Wunsch entsprechen. Die
Verheißungen und Gebote Jahwehs und die Wünsche des jüdischen Volkes
sind dabei völlig in eins verschmolzen und sichern dem Juden bei seinem
Versuch, die Völker der Erde zu unterjochen, das Gefühl des Rechtes, ja das
Gefühl, gar nicht anders handeln zu können und zu dürfen, da es sich ja um
die Erfüllung göttlicher Gebote handelt. Er fühlt in allem seinem Handeln,
sofern es „gesetzestreu“ ist, Jahwehs Stimme. Sie hat ihm sein Hohepriester
übermittelt, der einst über die Machtmittel des Judenstaates verfügte und
Könige ein- und absetzte, wie wir es z.B. von Saul und David wissen. Der
Hohepriester als Stellvertreter Jahwehs verfügte restlos über die
jüdische Staatsgewalt. Da, wo sie nicht willig war, griff er ein, ja führte
persönlich das Straf- und Racheschwert Jahwehs gegen die ungehorsamen
Juden und erst recht gegen die nichtjüdischen Völker. Das abergläubisch
erzogene jüdische Volk bekam geheimnisvoll zu hören, dass Jahweh in der
Stiftshütte und später von dem Gnadenstuhl auf der Bundeslade aus,
beschirmt von den Flügeln bocksbeiniger Cherubine, dem Hohepriester
alles übermittelte, was dieser kundtat, und diesem deshalb bedingungsloser
Gehorsam zu leisten sei. Der abergläubische, von Jugend auf entsprechend
suggerierte Hohepriester glaubte schließlich selbst an seine göttliche

130
Mission, glaubte ein besonderer Vertrauensmann Jahwehs und unfehlbar zu
sein. Hätte Luther die Bibel richtig übersetzt, so wäre den Deutschen der
hohepriesterliche Aberglaube durch die Worte Urim und Tummin gut
bekannt geworden.
Ich muss mich hier mit dieser Darstellung begnügen. Den freien
Deutschen will ich ja nur übermitteln, dass in der Anschauung des Juden der
Gedanke der Theokratie – des durch Priester unbeschränkt geleiteten
Gottesreiches – fest verankert war. Jahweh ist König und Gesetzgeber, der
sich dem Hohepriester offenbart, der dann mit Hilfe seiner Priesterschaft als
Vollzugsorgan alle Gebiete des öffentlichen und Familienlebens, ja das
Denken selbst für Jahweh in Beschlag legen lässt. Die weltliche Macht, der
„Staat“, ist nur Mittel zur Durchführung dieses Ziels.
Nun lest einmal das Buch von Charles Darwin:
„Entwicklung der Priesterreiche und der Priesterherrschaft.“
Leider ist es ja zu teuer um es heute dem Volk zugänglich zu machen.
Aber der freie Deutsche kann jetzt auch schon verstehen, dass das Wort
„Moses Stuhl kam als Petri Stuhl nach Rom“ den tiefen Sinn hat, dass der
Gnadenstuhl aus dem Allerheiligsten des Jahwehtempels in Jerusalem durch
Petrus, den Judenchristen, nach Rom gekommen ist. *) Nie nennt das neue
Testament den „Stuhl Petri“. Mit dieser von römischen Priestern aufge-
stellten Überlieferung, die zu der Bezeichnung „heiliger Stuhl“ für die
päpstliche Regierungsgewalt Anlass gegeben hat, ist indes die Verbindung
des Papstes in Rom mit dem Hohepriester der Juden selbst aufs engste
hergestellt, ebenso die Verbindung der päpstlichen mit der jüdischen Theo-
kratie.**) Diese Verbindung hat z.B. auch äußerlich dadurch ihren Ausdruck,
dass dem Hohepriester 70 Älteste des jüdischen Volkes als Berater für
weltliche Dinge zur Verfügung standen und heute dem römischen Papst 70
Kardinäle!***) Mit dem Gnadenstuhl Jahwehs sind in der römischen
Auffassung alle Ansprüche des jüdischen Hohenpriesters zur Beherr-
*) Der jüdische Gedanke des Gnadenstuhls ist in der römischen Kirche nicht gerade vor-
geschritten, stark verkörperlicht. Nach der jüdischen Anschauung saß der unsichtbare Gott,
Jahweh, auf einem nur gedachten Gnadenstuhl. In römischer Überlieferung setzt sich der
römische Papst persönlich auf den Heiligen Stuhl und lässt sich auf ihm mit langen
Stangen von Männern auf den Schultern tragen, wie einst ja auch die Bundeslade bei den
Juden in Übernahme ägyptischer Kulthandlungen herumgetragen wurde, bei denen der
Vorgänger der Bundeslade, der Gotteskasten, in Prozessionen, von Priestern getragen, dem
Volke gezeigt wurde. Nach einer Abbildung in Charles Darwins Buch (siehe folgende
Abbildung) wird der römische Papst hierbei auch mit Palmenwedeln beschattet, die die
Flügel der Engel und Cherubine darstellen. Auch bei den Papstfeiern der letzten Jahre
waren in den Abbildungen diese Palmwedeln zu sehen.
**) Anm. M. Köpke: In der Freimaurerei gibt es den „Meister vom Stuhl“ als Vertreter
Jahwehs, die Bedeutung ist die gleiche wie in der römischen Kirche.
***) Anm. M. Köpke: Stand 1932.)

131
schung der Völker an den römischen Papst übergegangen, der nur im
Namen Jehowas (Jahwehs) oder seines Sohnes Christus die Welt regiert,
allerdings nicht unmittelbar zugunsten des jüdischen Volkes, sondern durch
seine Priesterschar für Christus, d.h. für die römische Kirche. Er muss
dieses Herrscheramt in seinem mystischen Glauben ebenso ausüben, wie
wir bei den Juden den Hohenpriester wirken sehen.
Ich hoffe zwar, dass es mir gelungen ist, den Deutschen die innere
Abhängigkeit der römischen Theokratie von der jüdischen verständlich zu
machen, will aber lieber doch nochmals feststellen:
Während der Hohepriester nach den Weisungen des Gottes des alten
Testaments, die er im Allerheiligsten des Tempels vom Gnadenstuhl auf der
Bundeslade gibt, die Welt leitet, leitet sie der römische Papst von dem
Gnadenstuhl aus, den der Judenapostel Petrus aus Jerusalem nach Rom ge-
bracht haben soll, nach den Eingebungen desselben Gottes bzw. seines
Sohnes, durch den die Weltreligion der Christenlehre mystisch mit der
jüdischen Volksreligion und in dessen Eigenschaft als Gottessohn mit dem
jüdischen Volksgott Jahweh verbunden ist. Die Weisung des Hohenpries-
ters zur Errichtung des jüdischen Gottesstaates und die des Papstes zur
Errichtung des Königtums Christi sind die gleichen. Das Wesen des
jüdischen Hohenpriesters und des römischen Papstes ist letzten Endes
dasselbe.****)
Die Übernahme des Gnadenstuhls Jahwehs als Stuhl Petri oder „heili-
gen Stuhl“ nach Rom mit den gleichen Ansprüchen einer Weltherrschaft,
nur ausgeübt durch den römischen Papst und dessen Beamtenschaft, ließ
dem jüdischen Volk in Rom einen gefährlichen Nebenbuhler um die
Weltherrschaft entstehen. Dabei steht aber der Jude fest angelehnt an den
Gnadenstuhl Jahwehs. Er kann den Gnadenstuhl Petri jederzeit beseitigen,
ohne sich dabei irgendwie zu gefährden; im Gegenteil, er führt bei Wegfall
des Stuhles Petri die Christen, so wie er es auch ursprünglich gedacht hatte,
unmittelbar vor den Gnadenstuhl Jahwehs. Der Stuhl Petri aber ist durch
seine Überlieferungen, seine Lehre und die Mystik seines Glaubens von
dem alten Testament, d.h. von dem Gnadenstuhl Jahwehs ähnlich abhängig
wie etwa Christus von Gottvater (Jehowa). Rom wird aufhören zu bestehen,
wenn der Gnadenstuhl Jahwehs zertrümmert würde. Rom muss deshalb den
Gnadenstuhl Jahwehs und das alte Testament bestehen lassen. Es kann nur
versuchen, das jüdische Volk seiner weltlichen Macht zu entkleiden, ob-
schon es damit gegen die Weisungen auch seines Gottes verstoßen würde.

****) Anm. M. Köpke: Die Christen behaupten, dass das göttliche Mandat mit dem Erscheinen
des Messias Jesus vom Judentum auf die Christen übergegangen ist, vom alten Bund
(Judentum) auf den neuen Bund (Christentum).

132
Immer bleibt für Rom das jüdische Volk „das Auserwählte“.
Ich will nicht auf die Bibelstellen kommen, sondern nur an anderen
Aussprüchen zeigen, wie die beiden Theokratien für die Herbeiführung
ihrer Weltherrschaft wirken.
Der „Weltfürst“ und „Prophet“, der eingeweihte Jude Walter Rathenau,
schrieb am 29. 2. 1919 an Leutnant Hanns Breisig:
„Sie lieben nicht das alte Testament und hassen – nein, missbilligen –
uns Juden. Sie haben recht, denn wir haben unsere Sendung noch nicht
erfüllt. Wissen Sie, wozu wir in die Welt gekommen sind? Um jedes
Menschenantlitz vor den Sinai zu rufen. Sie wollen nicht hin? Wenn ich Sie
nicht rufe, wird Marx sie rufen, wenn Marx Sie nicht ruft, wird Spinoza Sie
rufen, wenn Spinoza Sie nicht ruft, wird Christus Sie rufen.“
Der römische Papst Bonifaz VIII. als Haupt der Christenheit führt in der
Bulle „Unam Sanctam“ im Jahre 1302 aus, nachdem er die Überordnung
des geistlichen Schwertes über das weltliche und die Dienstbarkeit des
weltlichen Schwertes für das geistliche festgestellt hat:
„Dem römischen Pontifex unterworfen zu sein ist für jede Menschen-
kreatur zum Heil notwendig.“
So sprach der Papst damals. Heute hören wir das gleiche immer wieder
von der römischen Hierarchie ausgesprochen, nur entsprechend der vor-
geschrittenen Suggestion des Volkes. Heute wird das Königtum Christi
gefördert. In der Enzyklika „Quas primas“ sagt Pius XI.:
„Die Königswürde Jesu Christi aber fordert, dass das gesamte Staats-
wesen sich nach den göttlichen Geboten und christlichen Grundsätzen
richte ...“
Weltherrschaft mit Hilfe des Christentums für den Juden, die Weltherr-
schaft durch das Christentum für den römischen Papst ist die Weisung des
gleichen Gottes einmal von dem Gnadenstuhl auf der Bundeslade aus, das
andere Mal durch den Stuhl Petri gegeben, allerdings mit dem für Rom
schwerwiegenden Unterschied, dass der Jude durch das Christentum den
römischen Papst vor den Sinai rufen kann, dass aber der römische Papst
machtlos ist gegenüber den Hohenpriestern des auserwählten Volkes.
Wer einmal begriffen hat, dass der Gnadenstuhl des jüdischen Hohen-
priesters mit den sich daran anknüpfenden Gottesvorstellungen in der
römisch-katholischen Kirche nur in „komplizierter“ Weise durch den Stuhl
Petri ersetzt ist, der weiß über Roms Wege und Ziele ebenso gut Bescheid
wie über des Juden Wege und Ziele.
Das der Jude den Gnadenstuhl Jahwehs auf der Bundeslade als
Herrscherstuhl der Erde und den jüdischen Hohenpriester als Vertreter

133
Jahwehs und sein von ihm mit Ausübung der obersten Herrschergewalt un-
mittelbar Beauftragten erachtet, ist Millionen in diesen Völkern, besonders
seit den Ereignissen nach dem Weltkrieg, völlig klargeworden, nicht minder,
dass er trachten muss, die vor den Sinai geführten Völker vollends zu unter-
werfen und sie durch Rassenmischung in einen Menschenbrei zu verwan-
deln. Sie wissen, dass dazu der Jude danach streben muss, alle Gebiete des
öffentlichen Lebens, Politik und Kultur völlig zu beherrschen. Das Recht
muss so jüdisch sein wie die Kunst, wie jede öffentliche Einrichtung des
Volkslebens. Die Völker wissen, dass ihre restlose Enteignung in den Ge-
dankengängen des Juden die Vollendung der ihnen nach den Eingebungen
Jahwehs zugedachten Knechtschaft ist.
Nur wenige indes erkennen die Rolle, die die christliche Lehre für den
Juden dabei gespielt hat. Dem Juden kam es darauf an, durch sie, wie der
Jude Marx sagt, die Völker zu atomisieren, d.h. dem einzelnen Menschen
die natürlichen Bande des Blutes zu zerschneiden und ihr Rasseerbgut und
ihre Volksseele restlos zum Schweigen zu bringen, den Menschen zu verein-
zeln, um ihn dann zur leichteren Lenkbarkeit und zur Kampfarbeit gegen-
einander in Klassen international zu gliedern und sie nach Walter Rathenau
„vor den Sinai“ zu zwingen.
Ohne Verstehen stehen die Millionen, die über das Machtstreben des
Juden klarsehen oder klarzusehen beginnen, der Tatsache gegenüber, dass
der römische Papst, d.h. der Stellvertreter Christi, nach göttlichen Einge-
bungen mit unfehlbaren Befehlen, ganz entsprechend dem Hohenpriester
der Juden, wirkt. Sie sehen nicht, dass der römische Klerus „pflichtver-
gessen“ wäre, wollte er nicht mit Hilfe aller seiner Volksorganisationen un-
ermüdlich tätig sein, Römischgläubige zu leitenden Ämtern des öffentlichen
Lebens aller Art bis in die kleinsten Verbände hinein zu bringen,
Andersgläubige verdrängend; katholisches Recht zu fördern, anderes Recht
verdrängend; römische – die Dogmen bestätigende – „Wissenschaft“ zu
fördern, unbequeme, den Dogmen widersprechende wissenschaftliche
Tatsachen und Erkenntnisse verdrängend; die Wirtschaft Andersgläubiger
verdrängend, ja den Besitz der Erde in seiner Hand zu vereinigen, den
Gläubigen den Besitz und so weit möglich den Arbeitsertrag nehmen. Das
alles ist nicht „Missbrauch“ des Stuhles Petri, ebenso wie ein entsprechen-
des Handeln nicht Missbrauch der Religion des Gnadenstuhls auf der
Bundeslade war. Es ist frommer Dienst für die Verwirklichung der Ziele
des römischen Glaubens, der Errichtung des Königtums Christi auf
Erden. Herrscht schon über diese einfache Tatsache Unklarheit bei
Millionen in allen Völkern, dann herrscht sie erst recht über die Rolle, die
die christliche Lehre hierbei zu spielen hat. Auch hier soll sie den Menschen
aus den natürlichen Banden des Blutes und des Volkes herausheben, um

134
dann aber die Menschen nicht in künstliche „Klassen“, sondern zu einer
künstlichen „Familie“ unter dem Oberhaupt des Gottesstaates, dem
„heiligen Vater“, oft süßlich zu weichem Gefühlsschwelgen zu sammeln.
Diese Vorstellungen müssen sich die Völker, müssen sich die Deutschen
im besonderen, recht sehr zu eigen machen, wenn sie alle die Zusammen-
hänge verstehen wollen, die ihrer Freiheit und ihrem Rassebekennen
entgegenstehen.
Noch weiter muss ich sie führen.
Rom muss nicht nur auf allen Gebieten in allen Völkern so verfahren,
wie ich vorstehend schilderte. Es muss auch die Völker, die ihm weniger
hörig sind, zugunsten derer verdrängen, die sich ihm fügen. Es muss vor
allem, genau so wie die eingeweihten Führer des jüdischen Volkes, jeder
Gewalt, jeder Bewegung als Todfeind gegenüber treten, die ihm die Völker
entziehen und zur Freiheit führen will, erst recht allen Gewalten, die
selbstherrlich über Volk oder Völker herrschen möchten.
Die einzige Macht nun auf Erden, die ganz das gleiche Ziel hat wie Rom
selbst, ist der Jude, der ja ebenso wie es die ganze Welt beherrschen will.
Diesen einzigen Rivalen muss Rom indes schonen, denn sein „Antlitz steht
ja auch vor dem Sinai“. Rom wurzelt im alten Testament, es lehrt auch die
Gebote Mose und die Propheten des auserwählten Judenvolkes. Das ist
jenes tiefe Verhängnis Roms, das seine Ursache in der Übernahme des
Gnadenstuhls Jahwehs als Petri Stuhl nach Rom hat. Rom ist, ich wies
schon darauf hin, seinem Rivalen gegenüber gelähmt. Nie kann es den
Gnadenstuhl des jüdischen Volkes stürzen, während der Jude den Stuhl Petri
stürzen kann und stürzen muss und seinen Nebenbuhler Rom nur solange
schont, als noch nicht genügend antirömische Christen ihm hörig sind.
Denken wir uns den Stuhl Petri weg, so ist die Christenheit wieder allein
vor den Gnadenstuhl Jahwehs gestellt.
Der römischen Kirche war deshalb der Protestantismus so gefährlich, da
ihn der Jude Heine, nachdem aus dem Protestantismus der Antisemitismus
Luthers entfernt war, mit Recht als hebräische Wiedergeburt des Christen-
tums bezeichnen konnte. Der Gnadenstuhl Jahwehs war für die Protes-
tanten an Stelle des Stuhles Petri maßgebend geworden. Das heutige
drängende Streben der römischen Kirche, durch ihre Abgesandten in der
protestantischen eine allgemeine, katholische Kirche unter dem römischen
Papst zu bilden und sich die orthodoxen Kirchen anzugliedern, hat den
tiefen Sinn, alle Christen dem Stuhl Petris unterzuordnen und damit den
Juden Kampfscharen zu nehmen.
Die rege Propaganda, die der Jude durch die ernsten Bibelforscher *)

*) Anm. M. Köpke: Sind die heutigen „Zeugen Jehovas“

135
ebenso auch durch die vielen christlichen Sekten und die Freidenker treiben
lässt, verfolgt dagegen die Absicht, dem entgegenzuwirken und die Christen
vom Stuhle Petri weg unmittelbar vor den Gnadenstuhl Jahwehs zu bringen,
um damit Rom die Macht zu entwinden.
Dieser „Nibelungenkampf“ zwischen den Leitern des jüdischen Volkes
und der römischen Priesterhierarchie auf allen Gebieten, auf dem
politischen wie auf dem wirtschaftlichen **), ist in vollem Gange. Rom ist
dabei auf dem Vormarsch.
Es ist die Aufgabe rasseerwachender Deutscher, sich ihm – nicht nur
dem Juden – entgegenzuhalten. Beide erkennen die Gefahr, die das
Erwachen Deutschen Blutes und Deutscher Gotterkenntnis ihnen bringen.
In dieser Feindschaft sind sie eins. Erkennen wir endlich, dass es auch im
Wesen Roms liegt, Rasseerwachen und Deutsches Gotterleben niederzu-
halten, beides als die ärgsten Feinde anzusehen, deren es nur noch Herr zu
werden glaubt, wenn es so schnell wie möglich das Königtum Christi auf
Erden, d.h. den Gottesstaat, die Priesterherrschaft über die Völker errichtet
und diese als große „Familie“, als Herde um den heiligen Vater auf dem
Stuhle Petri sammelt, das Antlitz zugekehrt – dem Sinai, dem Gnadenstuhl
Jahwehs, jede andere, freie Gotterkenntnis vernichtend.

(Quelle: Erich Ludendorff: „Deutsche Abwehr“; Ludendorffs Verlag, 1936)

**) Der Jude rafft für sein Volk, die römische Priesterhierarchie sammelt in die Schreine der
römischen Kirche. Der Jude will dadurch reicher werden und genießen. Der Priester besitzt
kein Eigentum. Auch hierüber muss nachgedacht werden; aber auch darüber, daß dieses
Raffen und Sammeln auf Weisung Jahwehs oder Jehowahs oder des Stellvertreters
„Christi“, des Juden Petrus, erfolgt. Es ist also auch in der Überlieferung des jüdischen
Volkes und der römischen Priesterhierarchie göttliches Gebot.

136
Man beachte den Papst auf dem Gnadenstuhl (Thron) Jahwehs, als dessen Repräsen-
tant für die Christen. Man spricht vom Vatikan auch vom „heiligen Stuhl“. In der
Freimaurerei sitzt der „Meister vom Stuhl“ als Repräsentant Jahwehs auf dem Gna-
denstuhl (Thron).
(Abbildung aus: Darwin, Charles: Die Entwicklung des Priestertums und der Priesterreiche;
Verlag für ganzheitliche Forschung, Viöl, 1979)

137
Der Gnadenstuhl Jahwehs
Von Erich Ludendorff
Wie steht es nun mit diesem Gnadenstuhl?
Als Jahweh seinen Bund mit dem jüdischen Volk schloss, d.h. als der
Hohepriester dem jüdischen Volk einen Volksgott gab, der ihm genehm war,
da wurde auch Bundeslade und Gnadenstuhl geschaffen. Wir lesen im 2.
Mose 25, 17-22:
„Du sollst auch einen Gnadenstuhl machen von feinem Golde; dritthalb
Ellen soll seine Länge sein und anderthalb Ellen seine Breite. Du sollst
zwei Cherubim machen von getriebenem Golde zu beiden Enden des
Gnadenstuhls, dass ein Cherub sei an diesem Ende, der andere an dem
anderen Ende, und also zwei Cherubim seien an des Gnadenstuhles Enden.
Und die Cherubim sollen ihre Flügel ausbreiten oben überher, dass sie mit
ihren Flügeln den Gnadenstuhl bedecken, und eines jeglichen Antlitz gegen
den anderen stehe; und ihre Antlitze sollen auf den Gnadenstuhl stehen.
Und sollst den Gnadenstuhl oben auf die Lade tun, und in die Lade das
Zeugnis legen, das ich dir geben werde. Von dem Ort will ich mich dir
bezeugen und mit dir reden, nämlich von dem Gnadenstuhl zwischen den
zwei Cherubim, der auf der Lade des Zeugnisses ist, alles, was ich dir
gebieten will an die Kinder Israels.“
Von diesem Gnadenstuhl aus gab Jahweh seine Weisungen. So lesen wir
im 4. Moses 7, 89:
„Und wenn Mose in die Hütte des Stifts ging, daß mit ihm geredet
würde, so hörte er die Stimme mit ihm reden von dem Gnadenstuhl, der auf
der Lade des Zeugnisses war, zwischen den zwei Cherubim; von da ward
mit ihm geredet.“
So meinte Samuel auch, der Könige ein- und absetzte, dass er, nachdem
er von Jahweh „berufen“ war (s. Sam. 3), von dem Gnadenstuhl aus die
Weisungen Jahwehs zu empfangen habe, damit er als unfehlbar vor dem
jüdischen Volke auftreten konnte. So lesen wir denn im 1. Sam. 4, 4:
„Und das Volk sandte gen Silo, und ließ von dort holen die Lade des
Bundes des Herrn Zebaoth, der über den Cherubim sitzt.“
Die Ausübungen des Hohenpriesteramtes waren also nach jüdischer
Überlieferung an die Weisungen Jahwehs von dem Gnadenstuhl aus ge-
bunden. Nur von ihm aus konnte Jahweh sie geben. Später kam die Bundes-
lade nach Jerusalem. Auch hier wird die Bedeutung des Gnadenstuhls

138
betont. Es heißt im 2. Sam. 6, 2:
„Und machte sich auf und ging hin mit allem Volk, das bei ihm (David)
war gen Baale-Juda, dass er die Lade Gottes von da heraufholte, deren
Namen heißt der Name des Herrn, Zebaoth wohnt darauf über den
Cherubim.“
So kamen Bundeslade und Gnadenstuhl nach Jerusalem!
Endlich spricht auch noch der Psalm 80, Vers 2 von dem Sitz Jahwehs
über den Cherubim:
„Du Hirte Israels, höre der du Josephs hütest wie die Schafe; erscheine,
der du sitzt über den Cherubim.“
Aus dieser Darstellung ist dann allmählich der Gott geworden, der von
Engeln getragen wird. Auch der Psalm 99 deutet dieses an. Es heißt in Vers
1:
„Der Herr ist König, darum zittern die Völker, er sitzt auf Cherubim,
darum bebt die Welt.“
Hier erscheint Jahweh auch wieder als eine „Wolkensäule“.
Wie der römische Papst mit dem Hohenpriester, so hängt die Vorstellung
eines persönlichen Gottes der Christen mit der Vorstellung des jüdischen
Nationalgottes Jahweh zusammen, er ist „in den Himmel gehoben“ und
wird von den Malern auf Wolken sitzend, die von Engeln umgeben,
dargestellt.

(Quelle: Erich Ludendorff: „Deutsche Abwehr“; Ludendorffs Verlag, 1936)

139
Priestervergötzung
und
Volksgemeinschaft

Romkirchliche Archive plaudern aus

Von

Andreas Thiel

Neue Herausgabe der in Frakturschrift gedruckten und im Luden-


dorffs Verlag, München, erschienenen Ausgabe von 1937. Hier in
Antiqua gedruckt und der Text ist vom Herausgeber etwas gekürzt.

140
Vorbemerkung
Der Verfasser dieser Schrift, Andreas Thiel, ist der Öffentlichkeit be-
kannt. Sein Leben zeigt in klarer Linie die allmähliche Loslösung vom
Christentum. Als Sohn katholischer Eltern geboren, wird er nach Besuch
des Friedrich-Gymnasiums in Berlin und anschließendem Theologiestudium
in Breslau im Juni 1908 ordiniert und ist in verschiedenen Stellungen als
Kaplan, Seminarlehrer und Pfarrer bis September 1921 im Dienst der katho-
lischen Kirche tätig.
Im Herbst 1921 verzichtet Thiel freiwillig auf seine Pfarrei und wird
schon kurz darauf für den Gau Ostpreußen als Geschäftsführer des Völki-
schen Schutz- und Trutzbundes in völkischen und vaterländischen Verbän-
den tätig.
1922 tritt er aus der katholischen Kirche aus und in die evangelische
Kirche ein. Er ist dann von 1926 ab zehn Jahre lang Generalsekretär des
Evangelischen Bundes, der ihm im Juni 1936 wegen „unevangelischer
Haltung“ kündigt. Der unerbittliche Kampf Thiels gegen Rom und seine
Ablehnung des Kampfes gegen das Haus Ludendorff waren diesem Bund
nicht tragbar. Im Herbst 1936 trat der Verfasser auch aus der evangelischen
Kirche aus.
Zweimal hatte der Kampf für seine Überzeugung ihn aus gesicherter
Lebensstellung geschleudert. Aber er folgte seiner Überzeugung. Der
Kampf, den er gegen den politischen Katholizismus begann, wurde zu
einem Kampf gegen den religiösen Katholizismus und zuletzt gegen das
Christentum selbst. Möchte die Schrift dieses ehemaligen katholischen
Priesters und Generalsekretärs des Evangelischen Bundes vielen Deutschen
die Augen darüber öffnen, daß der völkische Deutsche folgerichtig das
Christentum mit seinem Priesterstaat ablehnen muß, weil es der größte
Feind einer wirklichen Volksgemeinschaft ist.
Der Verlag.

141
Inhalt

Einleitung …......................................................................... 143


1. Der Primat (Vorrang) des Papstes als religiöses
Dogma: Die Grundlage der Menschenvergötzung …....... 145
2. Vom religiösen Dogma zur Weltherrschaft ….................. 155
3. „In jedem Pfäfflein steckt ein Päpstlein“ …..................... 166
4. Induziertes Irresein …....................................................... 181
5. Folgerungen ….................................................................. 194
Schluß …............................................................................... 211
Quellenangabe ….................................................................. 212

142
Einleitung
„Der Priester will durchsetzen, daß er als höchster Typus des Men-
schen gilt, daß er herrscht — auch noch über die, welche die Macht in den
Händen haben, daß er unverletzlich ist, unangreifbar —, daß er die stärkste
Macht in der Gemeinde ist, absolut nicht zu ersetzen und zu unterschätzen.
Mittel: Er allein ist der Wissende; er allein ist der Tugendhafte; er
allein hat die höchste Herrschaft über sich; er allein ist in einem gewissen
Sinne Gott und geht zurück in die Gottheit; er allein ist die Zwischenperson
zwischen Gott und den andern; die Gottheit straft jeden Nachteil, jeden
Gedanken, wider einen Priester gerichtet.“¹⁾*)
Jeder Deutsche sollte diese Worte Nietzsches kennen, weil sie den
letzten Grund für das uralte Ringen zwischen Staat und Kirche aufdecken.
Nach unsäglichen Opfern, an denen die Kirche nicht unschuldig ist, sind wir
Deutsche nach Jahrhunderten endlich zur Einheit der Nation gekommen, ein
Volk geworden. Die höchsten Beamten rechnen es sich wieder zur größten
Ehre, nur im Sinne ihres Auftrages zu leben, Minister, d. h. Diener am
Ganzen, zu sein. Das Deutsche Volk verträgt es nun nicht mehr, wenn ein
Stand, eine Kaste auf Grund von sogenannten Vorrechten, die zutiefst nur
herrschsüchtige Anmaßungen sind, sich von der Gesamtheit überheblich ab-
zuschließen versucht. Dieser Versuch wird immer wieder gemacht und von
außen ins Volk hineingetragen. Nicht umsonst nennt sich die römische Kir-
che in ihren Verlautbarungen mit Vorliebe: „ecclesia“, d. h. Versammlung
der Herausgerufenen, Abgesonderten. Ob alle der römischen Kirche, der
ecclesia Romana, Angehörenden wissen, daß sie mit ihren Absonderungs-
und Herauslösungsbestrebungen berühmte Vorgänger in den alten Phari-
säern hat? Die Pharisäer waren die dreimal Gesiebten unter der jüdischen
Priesterkaste, die Talmudlehrer. Das Wort „Pharisäer“ bedeutet nämlich:
die Abgesonderten, die Separatisten, die jede Berührung mit den talmudisch
ungebildeten Volksmassen ängstlich mieden und ihre Absonderung für
etwas Gott Wohlgefälliges hielten.²⁾
Für uns Deutsche bietet das Wort „Separatist“ noch eine besonders
traurige Erinnerung: unwillkürlich denkt man dabei an den Prälaten Kaas,
der am 10. Juli 1935 vom Papst zum Kanonikus (Domherrn) von St. Peter
ernannt wurde. Die Rolle des früheren Zentrumsvorsitzenden in der
rheinischen Separatistenzeit und das Auftauchen seines mit beträchtlichen
Geldsummen verknüpften Namens in den Büchern der Spritschieberfirma
Weber wird uns ebenso unvergessen bleiben wie sein Wort auf dem Berliner
*) Die hochgestellten Ziffern im Text entsprechen der im Anhang angeführten Quellen-
angabe.

143
Zentrumstag (27. Oktober 1924):
„Der Nationalismus ist die Ketzerei des 20. Jahrhunderts.“
Nach dieser Worterklärung von Kirche und Pharisäer kann man es ver-
stehen, daß gewisse Kreise sich dagegen wehren, Pharisäer genannt zu
werden. Dieses Wort ist eben mehr als Wort: Feststellung und kürzester
Tatsachenbericht für jahrhundertelange erfolgreiche Arbeit im Sinne des
„Buches der Bücher“, Offenbarung Johannes 5, 9-10:
„Du (Jesus) hast uns herauserlöst mit deinem Blut aus aller Art von
Stamm, Sprache, Volk und Nation und uns zu Königen und Priestern
gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden.“
Eine moderne Formulierung dieses Bibelwortes gab der Rom-Priester
Dr. Mönius, eine Zeitlang die rechte Hand des Kardinals Faulhaber:
„Katholizismus bricht jedem Nationalismus das Rückgrat.“
Hier wird die Volksgemeinschaft und Volksverbundenheit bewußt gelöst
zum Zwecke einer Kastenbildung und zu fremdrassiger Bevormundung des
Volkes durch Menschen, die kraft ihres Amtes, das sie göttlich nennen, für
sich von anderen Leistungen verlangen, während ihre Leistung für die
Gesamtheit sich sehr oft erschöpft in Befolgung des Wortes ihrer Bibel,
Philipper 2, 13:
„Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen,
nach seinem Wohlgefallen.“
Gelingen ihre Pläne, dann waren sie in Anlage und Erfolg göttlich;
mißlingen sie, ist Gott ihr Lückenbüßer. In jedem Fall stehen sie in anderer
Verbindung mit Gott als andere Sterbliche. Dies hat schon Bismarck am 10.
März 1873 im Herrenhaus des Preußischen Landtages deutlich ausge-
sprochen:
„Seit die Menschheit besteht, hat es Priester gegeben, die die Behaup-
tung aufstellen, daß ihnen der Wille Gottes genauer bekannt sei als ihren
Mitmenschen, und daß sie auf Grund dieser Behauptung das Recht hätten,
ihre Mitmenschen zu beherrschen; und daß dieser Satz das Fundament der
päpstlichen Ansprüche auf Herrschaft ist, ist bekannt.“
So wurden Menschen aus der Volksgemeinschaft herausgehoben,
vergöttlicht, um mit dieser Autorität herrschen zu können. Diese Vergötzung
des Priesterstandes im allgemeinen und seiner höchsten Spitze des Papst-
tums im besonderen, zieht sich durch die ganze Geschichte der katholischen
Kirche hindurch. Nicht erst die bösen „Neuheiden“ unserer Tage haben sie
erfunden; sie ist festgelegt in zahllosen päpstlichen und bischöflichen
Erlassen, in Konzilsbeschlüssen und mit den sich daraus ergebenden

144
Folgerungen im Kirchenrecht, immer wieder gepredigt, bis die Laien sie
felsenfest glaubten und nun ihrerseits den Priester als etwas Göttliches
verehrten. Der Ring war geschlossen, „induziertes Irresein“**), wie die
Gattin des Feldherrn Ludendorff es nennt, hatte Volksgenossen aus dem
Volk herausgehoben, hatte Menschen zu Götzen gemacht. Dieser das
Wachstum des Volkes einengende Ring wird nur gesprengt durch Kennen
und Erkenntnis, wie Friedrich der Große am 24. März 1767 an Voltaire
schrieb:
„Die Macht der Geistlichkeit gründet sich auf die Meinung und
Leichtgläubigkeit der Völker. Man kläre die letzteren auf, und der Zauber
hat ein Ende.“

1.
Der Primat (Vorrang) des Papstes als
religiöses Dogma: die Grundlage der
Menschenvergötzung.
Wenn eine Gesellschaft, eine Organisation, bestimmte Mitglieder zur
Aufrechterhaltung ihrer inneren Ordnung ernennt und sich einen General-
direktor erwählt, so ist das sozusagen eine häusliche Angelegenheit, die
niemanden etwas angeht, soweit nicht andere und höhere Interessengemein-
schaften dadurch gefährdet werden. Mit der Zeit werden sich vielleicht
Tochtergesellschaften in allen möglichen Ländern bilden, dabei aber auch
die ersten Organisationsschwierigkeiten entstehen. In jedem Land werden
Einheimische, die Land und Leute genau kennen, eine größere Propaganda-
möglichkeit haben als Fremde, als Abkommandierte der Stammgesellschaft.
Hier treten Rang- und Kompetenzstreitigkeiten ein, die dazu führen, daß
entweder jede Tochtergesellschaft eine gewisse Unabhängigkeit besitzt oder
sklavisch der Hauptleitung unterworfen nur ihr ausführendes Organ wird.
Es werden starke Einzelgebilde entstehen oder eine allumfassende Macht;
ein Mittelding ist nicht möglich. Bei diesem Ringen sind die häuslichen
Streitigkeiten auch aus dem Rahmen des Familienzwistes herausgetreten
und haben notwendig außenstehende Kreise einbezogen. Diese müssen um
des guten Eindrucks willen mit einer einigenden Formel beschwichtigt
**) Siehe die einschlägigen Werke von Frau Dr. M. Ludendorff:
1. „Die Volksseele und ihre Machtgestalter“, Eine Philosophie der Geschichte. 2. „Wahn
über die Ursachen des Schicksals.“ 3. „Induziertes Irresein durch Okkultlehren.“ 4. „Erlösung
von Jesu Christo.“ Sämtlich erschienen im Ludendorffs-Verlag/München.

145
werden, die im Kern aber doch nur im erreichten Machtziel Behauptung und
Beweis spitzfindig verwechselt. Auf das religiöse Gebiet übertragen, haben
wir das Entwicklungsbild der römischen Kirche. Das erste Jahrtausend der
Kirche ist erfüllt von dem Kampf um die Vormachtstellung der römischen
Kirche unter den andern christlichen Kirchen der damals bekannten Welt. *)
Mit Legenden und Gefühlsbeeinflussung, unter kluger Ausnutzung der
jeweiligen Staatsnotwendigkeiten, mit Fälschung und Betrug (z.B. Konstan-
tinische Schenkung) war endlich Rom die Hauptmacht der Christenheit und
der römische Bischof, Papst genannt, Generaldirektor eines Unternehmens
von angemaßter Katholizität (d.h. Allgemeinheit)³⁾ geworden. Die einigende
Formel bildete nun der angeblich stets vorhandene Vorrang der katholischen
Kirche und der Primat, d. h. die absolute Vormachtstellung des römischen
Bischofs, des Papstes. — Das 2. Jahrtausend hindurch ist dann der Vatikan
bemüht, diese seine Stellung im Rahmen der Christenheit zu wahren, um so
mehr, als durch die Reformation des 16. Jahrhunderts eine anfangs immer-
hin beachtliche Konkurrenz auf den Plan trat. Eine kleine Zusammen-
stellung der wichtigsten und wirkungsvollsten Erlasse von Päpsten und in
deren Sold stehenden Kirchenbeamten soll die religiöse Untermauerung des
päpstlichen Machtwillens aufzeigen.
Papst Gregor VII. (der frühere Deutsche Mönch Hildebrand) schreibt
1079 in seiner Enzyklika (päpstliches Hirtenschreiben) an die Getreuen in
Italien und Deutschland:
„Diejenigen aber, welche diesem höchst heilsamen Gebot (des Paps-
tes) nicht Gehorsam leisten wollen, begehen die Sünde des Götzen-
dienstes.“
Wer also in einer natürlich-menschlichen Angelegenheit (es handelt sich
hier um den Zölibat, die Ehelosigkeit der Priester) dem durch nichts begrün-
deten päpstlichen Anspruch nicht willfährt, begeht Götzendienst; d.h.
Papstgebot = Gottesgebot.
Der berühmte Kirchenlehrer Thomas v. Aquin (gest. 1274), dessen
Lehren heute noch anerkannt grundlegend in der römischen Kirche sind,
schreibt:
„Der Gehorsam dem römischen Papst gegenüber sei notwendig zur
Erlangung der ewigen Seligkeit.“
Papst Bonifaz VIII. erklärte in seiner Bulle „Unam sanctam“ vom 18.
November 1302:
„Also die eine und einzige Kirche hat einen Leib und ein Haupt — nicht

*) Siehe auch: Walther Löhde, „Die ersten Christen im Urteil ihrer Zeitgenossen“ Luden-
dorff-Verlag München.

146
zwei Häupter wie ein Ungetüm —, nämlich Christus und Christi Statthalter,
Petrus und Petri Nachfolger, da der Herr zu Petrus selbst spricht: ,Weide
meine Schafe‘. Meine, sagt er ganz allgemein, nicht im einzelnen diese oder
jene, wodurch man erkennt, daß er ihm alle anvertraut hat. Mögen also die
Griechen und andere sagen, sie seien Petrus und seinen Nachfolgern nicht
anvertraut worden, so müssen sie gestehen, daß sie nicht von den Schafen
Christi sind, da der Herr bei Johannes spricht, es gebe nur einen Schafstall
und einen einzigen Hirten … Es ist aber diese (päpstliche) Autorität, wenn
sie auch einem Menschen gegeben ist und durch einen Menschen geübt
wird, keine menschliche, sondern vielmehr eine göttliche Gewalt … Wer
sich also dieser von Gott so geordneten Gewalt widersetzt, der widersetzt
sich Gottes Ordnung …
Daher erklären, sagen, bestimmen und verkünden wir, daß dem
römischen Oberpriester untertan zu sein für jedes menschliche Geschöpf
schlechterdings zur Heilsnotwendigkeit gehört.“
Bei diesem Anspruch des Papstes ist es nicht verwunderlich, daß sein
Leibarzt, Arnald v. Villanova, seinen hohen Vorgesetzten nennt:
„Christus auf Erden“ und den „Gott der Götter in der streitenden
Kirche“.
Mehr als zwei Jahrhunderte später lebte der Jesuit Robert Bellarmin
(1542-1621), auf dessen Werke sich die Päpste seitdem ständig berufen. Das
Kirchliche Handlexikon von Michael Buchberger nennt als sein Hauptwerk
die: „Disputationes de controversiis ckristianae fidei adversus huius
temporis haereticos“ („Meinungsaustausch über die Streitfragen des
christlichen Glaubens gegen die derzeitigen Ketzer“) und erklärt, sie seien
„ausgezeichnet durch Klarheit und seltene Erudition (= Gelehrsamkeit) in
würdiger, leidenschaftsloser Form“, über beides, Gelehrsamkeit und Form,
mag sich der Leser aus einigen Beispielen ein eigenes Urteil bilden. In der
dritten Streitfrage über den Papst schreibt Bellarmin Folgendes:
„Aus den Namen des römischen Bischofs, deren es fünfzehn gibt, erklärt
sich offensichtlich sein Primat: Vater — Vater der Väter — Vater der Chris-
tenheit — Oberster Priester — Fürst der Priester — Stellvertreter Christi
— Haupt am Körper der Kirche — Fundament des Kirchengebäudes —
Schafhirte des Herrn — Vater und Lehrer aller Gläubigen — Vorsteher des
Hauses Gottes — Wächter im Weinberg des Herrn — Bräutigam der Kirche
— Inhaber des apostolischen Stuhles — Allgemeiner Bischof.“
Diese ansehnliche Visitenkarte erweitert aber der heilige Franz von
Sales, Bischof von Genf (1567-1623), zu einem ausgesprochenen Plakat,
auf dem man alle Titel, die man dem Papst und dem römischen Stuhl

147
beilegte, zusammenstellte:
„Der heiligste Bischof der katholischen Kirche. — Der heiligste und
seligste Patriarch. — Der seligste Herr. — Der allgemeine Patriarch. —
Das Haupt der Kirche auf Erden. — Der Bischof auf der Höhe des Aposto-
lats. — Der Vater der Väter. — Der geistliche Fürst der Bischöfe. — Der
höchste Priester. — Der Priesterfürst. — Der Vorsteher des Hauses Gottes,
der Hüter und Wächter des göttlichen Weinberges. — Der Statthalter Jesu
Christi und der Bestätiger des christlichen Glaubens. — Der oberste Pries-
ter. — Der oberste Bischof. — Der Fürst der Bischöfe. — Der Erbe der
Apostel. — Abraham vermöge des Patriarchats. — Melchisedek vermöge
der Weihe. — Moses vermöge der bindenden Gewalt. — Samuel vermöge
der richtenden Gewalt. — Petrus vermöge der Macht. — Christus vermöge
der Salbung. — Der Hirte der Herde Jesu Christi. — Der Schlüsselbe-
wahrer des Hauses Gottes. — Der Hirte aller Hirten. — Der Priester in der
Fülle der Gewalt. — Der heilige Petrus war der Mund Jesu Christi. — Der
Mund und das Haupt des Apostolats. — Die erste Kanzel und Kirche. —
Der Ursprung der priesterlichen Einheit. — Das Band der Einheit. — Die
Kirche mit dem Sitz der höchsten Gewalt. — Die Wurzel- und Mutterkirche
aller übrigen Kirchen. — Der Stuhl, auf welchen der Herr die allgemeine
Kirche gesetzt hat. — Der Mittelpunkt und das Haupt aller Kirchen. — Die
Zuflucht der Bischöfe. — Der höchste apostolische Stuhl. — Die den Vorsitz
führende Kirche. — Der höchste Stuhl, der von keinem anderen gerichtet
werden kann. — Die allen übrigen vorgezogene Kirche. — Der erste Stuhl
unter allen. — Der apostolische Brunnen. — Der sicherste Hafen der
ganzen katholischen Gemeinschaft.“⁴⁾
Mehr Namen sollte es nun kaum noch geben. Und doch vermissen wir
einen, der im Hinblick auf die Fülle vielleicht aus Bescheidenheit, im
Hinblick auf seinen Inhalt bestimmt aus Mangel an Bescheidenheit
vergessen ist, nämlich: Servus servorum dei (Knecht der Knechte Gottes).
Einige Jahre, bevor der heilige Franz von Sales den Namenskatalog des
Papstes aufstellte, tagte die große Kirchenversammlung in Trient (1545-
1563); auf ihr wurde beschlossen, einen römischen Katechismus zum
Gebrauch für die Pfarrer herauszugeben. Dieser Beschluß wurde unter Papst
Pius V. 1566 in die Tat umgesetzt. Der „römische Katechismus“ hat heute
noch gewissensverbindliche Gültigkeit, über den römischen Papst schreibt
er:
„Einer ist ihr Leiter und Regierer (der Kirche), und zwar unsichtbar
Christus, welchen der ewige Vater gesetzt hat zum Haupt über die ganze
Kirche, die sein Leib ist, sichtbar aber der, welcher den römischen Stuhl des
Apostelfürsten Petrus als rechtmäßiger Nachfolger innehat.“⁵⁾

148
Ferner:
„Der römische Bischof ist der höchste unter allen Bischöfen, und zwar
aus göttlichem Recht; daher steht er als der Vater und Regierer aller
Gläubigen und Bischöfe und der übrigen Vorsteher, mit welchem Amt oder
welcher Gewalt auch immer sie ausgestattet sein mögen, der allgemeinen
Kirche als Nachfolger Petri und wahrer und rechtmäßiger Statthalter
Christi des Herrn vor.“⁶⁾
Ein Mensch von solch überragender Stellung, von solchem Wesensinhalt
und solcher Machtfülle hat natürlich immer und überall, gegen alle und
jeden Recht. Roma locuta — causa finita, d. h. Rom hat gesprochen, also ist
die Angelegenheit erledigt. Das Wort des Papstes ist das endgültige
„Amen“ hinter jeder, aus tiefster Gewissensnot geborenen Frage. Ja, wenn
man sich daran hält, gibt es überhaupt keine Gewissensnot; denn Ge-
wissensfreiheit, welche seelische Not bewirken kann, ist dem Papstspruch
gegenüber nicht vorhanden. Sagte doch Gregor XVI. (1831-46) in seiner
Bulle „Mirari vos“ vom 15. August 1832:
„Es ist eine irrige und verkehrte, ja eine wahnwitzige, der schmutzigen
Quelle des Indifferentismus entstammende Behauptung, daß für jeden
Menschen als selbsteigenes Recht die Gewissensfreiheit besteht“,
und Pius IX. beruft sich in seiner Enzyklika „Quanta cura“ vom 8.
Dezember 1864 auf die ebengenannte Bulle Gregors XVI. ausdrücklich:
„Schon Gregor XVI. hat es als Wahnwitz bezeichnet, daß Gewissens-
und Kultusfreiheit ein allgemeines Menschenrecht sei, das in jedem gut
eingerichteten Staat gesetzlich bestimmt und gewährleistet sein müsse.“
Dieser selbe Pius IX. faßte im Jahre 1864 eine Menge von den Päpsten
verurteilter „Irrtümer“ zusammen. Diese Sammlung heißt „Syllabus“, d. h.
Zusammenstellung. Während der Index librorum prohibitorum, d. h. das
Verzeichnis der vom Papst verbotenen Bücher, die Schriften und Bücher
enthält, die der fromme Katholik nicht lesen darf, weil sie nach römischer
Auffassung Dinge enthalten, die wider Glauben und Sitte sind, ist der
„Syllabus“ eine Sammlung von Ansichten namhafter Gelehrter (auch katho-
lischer) über religiöse und religionsgeschichtliche, biblische und soziale
Fragen, über die Kirche und ihre Rechte, über die bürgerliche Gesellschaft
an sich und ihre Beziehungen zur Kirche, über die weltliche Herrschaft des
römischen Papstes, über die Sittenlehre und die Ehe. Diese gesammelten
„Irrtümer“ wurden vom Papst verdammt, während ein Staat nur lebens-
fähig ist, wenn er sie anerkennt und praktisch anwendet, d. h. sich bewußt
gegen den Syllabus, das Aktionsprogramm des Ultramontanismus, stellt.
Darum werden die einzelnen und wichtigsten Thesen ausführlich angeführt.

149
1907 gab Pius X. gewissermaßen einen zweiten Band dazu, einen neuen
Syllabus, heraus. In diesem Zusammenhang sind zwei vom Papst
verdammte Ansichten oder „Thesen“ bemerkenswert:
These 22: Die Dogmen, welche die Kirche als geoffenbarte hinstellt,
sind nicht vom Himmel gekommene Wahrheiten, sondern eine Art
Interpretation (Auslegung) religiöser Tatsachen, welche der menschliche
Geist in mühsamer Arbeit sich ausgedacht hat.
Wenn der Papst diese These verwirft, behauptet er also ihren
Gegensatz, d. h.:
Die Dogmen, welche die Kirche als geoffenbarte hinstellt, sind vom
Himmel gekommene Wahrheiten und nicht eine Art Auslegung religiöser
Tatsachen, welche der menschliche Geist in mühsamer Arbeit sich ausge-
dacht hat.
These 56: Die römische Kirche ist nicht durch Anordnung der göttlichen
Vorsehung, sondern lediglich infolge politischer Verhältnisse das Haupt
aller Kirchen geworden.
Der Katholik hat also das Gegenteil dieser vom Papst verdammten
These zu glauben, nämlich:
Die römische Kirche ist durch Anordnung der göttlichen Vorsehung und
nicht lediglich infolge politischer Verhältnisse das Haupt aller Kirchen
geworden.
Die immer und immer wieder bis zum Überdruß aufgestellte Behaup-
tung des päpstlichen Primats hat ihre suggestive Wirkung durch die Jahr-
hunderte hindurch getan und ist endgültig als Gesetz in das heute gültige
Gesetzbuch den Codex juris canonici, eingezogen, wo es im Kanon (§)
219 heißt:
„Der rechtmäßig gewählte römische Papst hat sofort vom Augenblick
der Wahlannahme ab nach göttlichem Recht die Vollgewalt der höchsten
Regierung und Gerichtsbarkeit inne.“
In jedem Ordnungsstaat fließen Macht, Regierung und Gerichtsbarkeit
in der Person des Führers zu einer unlösbaren und unteilbaren Einheit
zusammen. Anders ist es in einem geistig-religiösen Gemeinwesen, wie es
die Kirche darstellt. Wenn auch „göttliches Recht“ dem Oberpriester der
Kirche die absolute Vollgewalt verleihen sollte, so steht doch die Frage
offen, ob nun auch immer im Sinne des „göttlichen Rechts“ gehandelt,
regiert und gerichtet wird. Diese Frage muß gelöst werden, wenn nicht die
absolute Macht selbst in Frage gestellt werden soll. Sie kann aber nur gelöst
werden, wenn das „göttliche Recht“ und der nach ihm mit höchster Macht
ausgestattete Oberpriester zu einer Einheit verschmelzen, wenigstens in

150
dem Sinne, daß er aus der allgemeinen Menschlichkeit herausgehoben wird
und sich nicht irren kann. Daher seit je das Streben der Päpste, für ihre
religiösen Erlasse Irrtumslosigkeit und Unfehlbarkeit festzustellen. Erst
dann sind die Seelen rettungslos dem Papst und der Kirche verfallen. Man
hat wahrlich nicht die Mühe gescheut, durch die Jahrhunderte hindurch den
päpstlichen Anspruch auf Unfehlbarkeit in religiösen Dingen bis zum
Dogma, zum Glaubenssatz, zu treiben, wie es 1870 auf dem vatikanischen
Konzil geschah. Schon Gregor VII. schreibt in seiner berühmten Kund-
gebung über die „Rechte des Papstes“ (dictatus papae) im Jahre 1075:
„Die römische Kirche hat sich nie geirrt und wird nach dem Zeugnis
der Schrift sich nie irren.“
Am 15. Juni 1520 sandte der Papst Leo X. in der Bulle „Exsurge,
domini“ die Bann-Androhung gegen Luther. Nach der Verdammung von
Luthers Schriften und dem Gebot, sie öffentlich und feierlich zu ver-
brennen, folgt die Strafandrohung für Luther selbst und seine Anhänger,
wenn sie nicht binnen 60 Tagen Widerruf leisten. Im Hinblick auf Luthers
trotziges Verhalten wird sein Fernbleiben von Rom sehr beklagt, und dann
heißt es:
„Wenn er das getan hätte (also nach Rom gekommen wäre), so wäre er
sicher, wie wir glauben, zur Besonnenheit zurückgekehrt. Er hätte seine
Irrtümer erkannt. Er hätte in der römischen Kurie nicht so viel Irrtümer
gefunden, wie er sie tadelt, indem er sich lügenhaften Verleumdungen
übelgesinnter Menschen mehr als nötig widmet. Wir hätten ihn sonnenklar
darüber belehrt, daß die heiligen römischen Päpste, unsere Vorgänger, die
er höchst unbescheiden beleidigend herunterreißt, in ihren Erlassen und
Verfügungen, die er in bissigster Weise angreift, niemals geirrt hätten.“
Der Jesuit Bellarmin schreibt in seiner schon erwähnten Abhandlung
über die Päpste:
„Wenn aber der Papst sich irren sollte, indem er Böses anordnete oder
Gutes verhinderte, so müßte dennoch die Kirche glauben, das Böse ist gut
und das Gute schlecht; andernfalls würde sie gegen ihr Gewissen sündi-
gen.“
Geirrt haben ja nun zweifellos manche Päpste, wenn man Stellenjägerei,
Verwandtenbegünstigung, Stellenverkauf und sonstige Geldgeschäfte,
lockere Sitten und bedenklichen Lebenswandel, offenen und Meuchelmord
als „Irrtum“ im christlichen Sinne bezeichnen darf. Sie haben den Irrtum
gelebt, wenn auch vorsichtigerweise nicht gelehrt. Dem einfachen Christen-
menschen wird immer wieder nahegelegt, daß Leben und die zu befolgende
Lehre in Einklang stehen müßte. Der Papst, der die Lehre gibt, ist aber

151
scheinbar damit öfters so beschäftigt gewesen, daß er die von ihm gege-
benen Richtlinien im eigenen Leben ganz vergessen hat. Wir wollen nicht
alle diese bekannten Gestalten bannen; es genügt eine für alle: Alexander
VI., Borgia, der Mischling aus Maranenblut. Bei diesem ist der peinliche
Riß zwischen Leben und Lehre doch zu groß, als daß er vertuscht werden
könnte, aber auch er kann noch dem System dienstbar gemacht werden.
Dieses Kunststück bringt der Kardinal Josef Hergenröther in seinem
vierbändigen Handbuch der Kirchengeschichte fertig, wenn er schreibt:
„Da starb Alexander VI. 1503, am 12. August, an einem bösartigen
Fieber. Die Christenheit war von einem großen Ärgernis befreit. Aber auch
bei einem so unwürdigen Papst, dessen Werke zu meiden waren, während
seine Lehren befolgt werden mußten (Matth. 23, 2-3), zeigte sich die dem
Stuhl Petri gewordene Verheißung: nie hat er den Gläubigen etwas
Unsittliches oder dem Glauben Zuwiderlaufendes vorgeschrieben; nie sie in
seinen, meistens sehr trefflichen Konstitutionen zu einem Irrtum geführt.“⁷⁾
Nachdem die Kirche die „Sünde“ erfunden und Sündenlosigkeit als
wünschbares, aber nie erreichbares Ideal aufgestellt hat, sind Sünden und
Sündenvergebung die Grundlagen kirchlicher und priesterlicher Macht.
Aber leider sündigt auch der Priester, der Sünden vergibt, sündigt auch der
Papst, der die Gewalt der Sündenvergebung dem Priester erteilt. Wie steht
es nun mit der Sündenvergebung beim sündigen Priester? Hat sie Gültigkeit
oder nicht? Darüber klärt das Konzil von Trient auf in Sitzung VII, Absatz
12:
„Wenn jemand sagen sollte, der Ausspender (der Sakramente), der sich
in einer Todsünde befindet, vollziehe oder erteile das Sakrament nicht,
wenn er nur alles Wesentliche, was zur Vollziehung und Erteilung des
Sakramentes gehört, beobachtet, der sei verflucht.“
Es kommt also bei der Gültigkeit der Sakramente (dazu gehört die
Sündenvergebung) nicht auf die Würdigkeit oder Unwürdigkeit des Aus-
spenders an. Er wirkt unfehlbar, wenn er nur die wesentlichen Formen
erfüllt. Wenn das schon für den einfachen Priester gilt, um wie viel mehr
erst für den römischen Oberpriester, den Papst! So kann es dann auch nicht
wundernehmen, daß am 18. Juli 1870 auf dem vatikanischen Konzil end-
gültig und gegen jeden Zweifel die päpstliche Unfehlbarkeit als Glaubens-
satz verkündet wurde:
„Indem wir daher an der von Anbeginn des christlichen Glaubens über-
kommenen Überlieferung treu festhalten, lehren wir mit Zustimmung des
heil. Konzils zur Ehre Gottes, unseres Heilandes, zur Erhöhung der katho-
lischen Religion und zum Heil der christlichen Völker und erklären es als

152
einen von Gott geoffenbarten Glaubenssatz, daß der römische Papst, wenn
er von seinem Lehrstuhl aus (ex cathedra) spricht, d. h. wenn er in
Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner
höchsten apostolischen Gewalt eine von der gesamten Kirche festzu-
haltende, den Glauben oder die Sitten betreffende Lehre aufstellt, vermöge
des göttlichen, vom heil. Petrus ihm verheißenen Beistandes, jene
Unfehlbarkeit besitzt, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche in
Entscheidung einer, den Glauben oder die Sitten betreffenden Lehre
ausgestattet wissen wollte; und daß daher solche Entscheidungen des
römischen Papstes aus sich selbst, nicht aber erst durch Zustimmung der
Kirche, unabänderlich sind. So aber jemand dieser unserer Entscheidung,
was Gott verhüte, zu widersprechen wagen sollte, der sei verflucht.“
Hieraus ergibt sich, daß der Papst nur bei Lehrbestimmungen ex cathe-
dra und für die ganze Kirche unfehlbar sein soll, aber nicht bei Bestimmun-
gen für Teile der Kirche, bei praktischen Regierungs-, Verwaltungs- und
Disziplinarmaßnahmen und nicht als Privatmann. Wenn er z.B. seinem
Schatzmeister sagte: dreimal eine Million Lire sind eine Million Lire, würde
ihn dieser bei aller Ergebenheit auf seinen Irrtum aufmerksam machen
dürfen. Erzählte er aber demselben Schatzmeister, daß in dem einen Gott
drei wesensgleiche göttliche Personen seien, muß dieser der Unfehlbarkeit
seines Chefs seine Rechenkunst zum Opfer bringen. Da in dem Dogma
außerdem nicht angegeben ist, welche formellen Kennzeichen eine ex
cathedra erlassene Entscheidung hat, ist dem Papst in vielen Fällen eine
Hintertür offen gelassen; denn seit 1870 hat noch kein Papst geradezu
erklärt, daß seine jetzige Verfügung (Enzyklika) ex cathedra erlassen wurde.
So hat der Glaubenssatz von 1870 im Grunde die Bedeutung, die
Autorität der Päpste ins Ungemessene und Übermenschliche zu steigern,
ohne den Papst entsprechend auf seine einzelnen Äußerungen festzulegen.
In diesem Sinne äußerte sich Papst Pius IX. am 20. Juli 1871:
„Einige wünschten, daß ich die konziliarische Definition noch weiter
und bestimmter erklärte. — Ich will es nicht tun. Sie ist deutlich genug und
bedarf keiner weiteren Kommentare und Erklärungen. Wer das Dekret mit
aufrichtiger Gesinnung liest, dem liegt sein wahrer Sinn leicht zu Tage.“
Trotzdem gingen die theologischen Meinungen über Inhalt, Wesen und
Entscheidungsbereich der päpstlichen Unfehlbarkeit auseinander. Besonders
kämpfte der katholische Theologie-Professor Döllinger dagegen. Er wurde
von dem Erzbischof Scherr von München zur Unterwerfung aufgefordert.
Am 28. März 1871 antwortete er, daß er „als Christ, Theologe, Geschichts-
kenner und Bürger sich nicht unterwerfen könne. — Diese Lehre, an deren
Folgen das alte Deutsche Reich zugrunde gegangen ist, wird, falls sie bei

153
dem katholischen Teil der Deutschen Nation beherrschend würde, sofort
den Keim eines unheilbaren Siechtums in das eben erbaute Reich
verpflanzen.“
Am 14. April 1871 wurde Döllinger „wegen bewußter, hartnäckiger und
öffentlicher Leugnung klarer, sicherer Glaubenssätze“ mit dem großen
Bann belegt und aus der Kirche ausgestoßen.
Auch nach seiner Exkommunikation blieb aber Döllinger Christ katho-
lischer Prägung und wird von der Romkirche, wenn es ihr so paßt, gelegent-
lich sogar als Kronzeuge angeführt. Die kleine Sekte der Altkatholiken, die
augenblicklich etwas Auftrieb hat, beruft sich auch häufig auf Döllinger und
wirbt mit seinem Namen. Außer Ablehnung des Primates des römischen
Bischofs, des Zölibates und des Lateinischen als Kultsprache ist sie aber
noch so katholisch, daß man im ersten Augenblick in einer altkatholischen
Kirche glaubt, in einer römisch-katholischen zu sein. Auch sie hält an der
jüdischen Grundlage des Christentums fest. Ihr Organ ist der jetzt halb-
monatlich in Essen erscheinende „Romfreie Katholik“.
Um allen Zweifeln über die Unfehlbarkeitslehre ein Ende zu machen,
richtete der Kardinal-Staatssekretär Jacobini an den päpstlichen Nuntius in
Madrid am 13. April 1885 folgende Sätze:
„Aus dieser Lehre (d. h. den dogmatischen Festsetzungen des vatikani-
schen Konzils) folgt:
1. daß der römische Papst kraft des Primats der wahre Hirte und
Bischof der allgemeinen Kirche ist;
2. daß er immer und bei jeder Gelegenheit in allen Angelegenheiten
jeder Diözese autoritativ eingreifen kann;
3. daß die Bischöfe in allen Angelegenheiten, in die der Papst ein-
greift, zu gehorchen und seinen Entscheidungen sich zu unterwerfen ver-
pflichtet sind.
Wenn also jemand behaupten würde, die Bischöfe hätten ihr eigenes
Gewissen zu befragen, wo sie über religiöse Interessen handeln, würde er
stillschweigend die Verpflichtung jener hierarchischen Unterordnung und
des Gehorsams leugnen, den die Bischöfe notwendig dem heiligen Stuhl
schulden. Gewiß müssen die Bischöfe in religiösen Angelegenheiten ihr
Gewissen befragen, aber so, daß sie sich nach den Vorschriften des Paps-
tes richten, denen sich zu entziehen ihnen nicht gestattet ist.“⁸⁾
So waren auch die Bischöfe, auf deren Stellung und Würde staatlichen
Behörden gegenüber eifersüchtig gewacht wird, zu päpstlichen Kreaturen
degradiert: der unfehlbare Papst stand auf dem Höhepunkt kirchlicher
Macht. Noch einmal war dieses Dogma verankert in dem codex juris cano-
nici, dem kirchlichen Gesetzbuch, das im Geschützdonner des Weltkrieges

154
1917 veröffentlicht wurde und „nur“ 2414 canones (d. h. Paragraphen)
enthält. Durch canon 1406 sind alle Kleriker, vom Subdiakon bis zum
Bischof und Kardinal, zur Ablegung des katholischen Glaubensbekennt-
nisses verpflichtet, das dem Gesetzbuch vorangestellt ist. Die entsprechende
Stelle aus diesem Glaubenseid lautet:
„Alle Bestimmungen und Erklärungen, die von den heiligen Verfügun-
gen, den Konzilien, besonders von Trient und vom Vatikan, überliefert sind,
vor allem diejenigen über den Vorrang des Papstes und sein unfehlbares
Lehramt, glaube und bekenne ich, ohne daran zu zweifeln. Gleichzeitig
verurteile, verwerfe und verfluche ich all das Gegenteil davon und alle
Irrlehren, wie sie von der Kirche verurteilt, verworfen und verflucht sind.“
Bei dieser Erinnerung an die unheimliche kirchliche Machtstellung auf
der einen und dem furchtbaren Ausgang des Weltkrieges auf der anderen
Seite, steigt eine Episode aus der Vergangenheit auf. Es war im Jahre 1901.
Der neuernannte Bischof von Metz hatte Kaiser Wilhelm II. seinen Eid
geleistet. Nach der Eidesleistung sagte er gesprächsweise zum Kaiser, ihm
stehe nur moralische Macht zur Verfügung, über Kanonen verfüge er nicht.
Darauf antwortete ihm der Kaiser:
„Wie könnte ich meine Macht mit der Ihrigen vergleichen! Es steht fest,
daß unter allen Institutionen die am besten organisierten die katholische
Kirche und die preußische Armee sind.“⁹⁾
1918 mußten wir es erleben, daß in dem Maße, wie die preußischen
Kanonen vernichtet wurden, römische canones erstarkt waren.

2.
Vom religiösen Dogma zur Weltherrschaft.
Man möchte annehmen, der Stellvertreter dessen, der da gesagt haben
soll: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, müßte zuallererst in vorbild-
licher Weise mit dem Worte seines „Herrn und Meisters“ Ernst machen,
besonders nachdem er eine nicht mehr zu überbietende Macht im Reich
„jener“ Welt erreicht hatte. Doch bald zeigt uns das Papsttum in seiner
Geschichte ein starkes übergreifen des Machtwillens ohne Leistungen auch
auf nichtreligiöse Gebiete. Natürlich werden die Forderungen auf schlecht-
hin allen Gebieten des Lebens nur im Namen der Religion, des Glaubens,
der Seelenführung zum Jenseits erhoben, und die in künstliche Sündhaftig-

155
keit verstrickte, jenseits-sehnsüchtig gemachte Menschheit wird um ihrer
ewigen Seligkeit willen aus ihren natürlichen Bindungen herausgerissen,
gelöst aus Blut und Boden, aus Rasse und Volk — im Gehorsam zum
Oberpriester in Rom. Bismarck hatte schon recht, wenn er am 10. März
1873 im Preußischen Herrenhaus sagte:
„Das Papsttum ist eine politische Macht jederzeit gewesen, die mit der
größten Entschiedenheit und mit dem größten Erfolg in die Verhältnisse
dieser Welt eingegriffen hat, die diese Eingriffe erstrebt und zu ihrem
Programm gemacht hat. Das Ziel, welches der päpstlichen Gewalt
ununterbrochen vorschwebt, ist die Unterwerfung der weltlichen Gewalt
unter die geistliche, ein eminent politischer Zweck.“
Das ist aber nicht mehr „häusliche“ Angelegenheit der „Romana eccle-
sia“. Das geht alle Völker mit Ehrgefühl und Freiheitswillen an. Was man
in den alten Archiven von den Wünschen und Zielen, Forderungen und
Ansprüchen der Päpste liest, mutet uns bisweilen wie ein Wunschtraum im
Märchen an. Es sind aber keine harmlosen Märchen, es sind keine
verstaubten, blutleeren Urkunden, es ist vielmehr lebendige, bitterernste
Wahrheit, es ist der zusammengeballte Ausdruck eines einzigen Gedankens:
des Willens zur Weltherrschaft, um in ihrer liturgischen Sprache zu reden:
„sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum“,
d.h. „wie es war im Anfang, so auch jetzt und immer und von Jahr-
hundert zu Jahrhundert“.
Gregor VII. stellt 1075 die Rechte des Papsttums in 27 Punkten zusam-
men, von denen wir die wichtigsten entnehmen:
„Die römische Kirche ist von dem Herrn allein gegründet worden.
Nur der römische Bischof allein darf der allgemeine Bischof genannt
werden.
Er allein kann Bischöfe ein- und absetzen.
Mit einem von ihm Gebannten dürfen wir unter anderem nicht im selben
Hause weilen.
Er allein darf sich der kaiserlichen Insignien (Würdezeichen) bedienen.
Des Papstes Füße allein haben alle Fürsten zu küssen.
Sein Name allein darf im Kirchengebet genannt werden.
Kein Name ist dem seinen in der Welt zur Seite zu stellen.
Ihm ist es erlaubt, Kaiser abzusetzen.
Seinem Urteil darf sich niemand widersetzen.
Er allein kann die Urteile aller widerrufen.
Er selbst darf von keinem gerichtet werden.
Die römische Kirche hat sich nie geirrt und wird sich nie irren.

156
Der römische Papst wird durch rechtmäßige Wahl auf die Verdienste des
heiligen Petrus hin unzweifelhaft heilig.
Niemand kann als katholisch gelten, der nicht innerlich mit der römi-
schen Kirche in Übereinstimmung lebt.
Der Papst kann die Untertanen von ihrer Pflichttreue gegen solche
Herrscher entbinden, die dem Papst unbequem sind.“
In seinem Kampf gegen Heinrich IV. brachte er dann auch getreulich
seine Grundsätze zur Anwendung.
Auf seinen Spuren wandelte Hadrian IV., der 1157 Friedrich I. (Barba-
rossa) an seine Abhängigkeit vom Papst erinnerte:
„Du mußt, erhabener Sohn, Dir vor Augen halten, wie gern und freudig
im vergangenen Jahr Deine heilige Mutter, die römische Kirche, Dich auf-
nahm, wie herzlich sie Dich behandelte, mit welcher Fülle von Würde und
Ehre sie Dich überhäufte. Du mußt daran denken, wie außerordentlich
freigiebig sie Dir das Zeichen der Kaiserkrone darreichte, wie sie aus über-
gütigem Herzen sich bemühte, Deine erhabenste Würde zu fördern, von
keinem andern Gedanken getrieben als nur dem, Deinen königlichen Willen
auch im kleinsten zu erkennen und ihm entgegenzukommen.“
Erfrischend deutlich war des Kaisers umgehende Antwort:
„Durch die Wahl der Fürsten haben Wir Herrschaft und Reich allein
von Gott, der im Gedanken an das Leiden seines Sohnes Christi die Erde
der Leitung der beiden notwendigen Gewalten unterwarf. Der Apostel
Petrus hat mit folgender Weisheit die Welt belehrt: ,Fürchtet Gott, ehrt den
König!‘ Daher wird jeder, der behauptet, Wir hätten die Kaiserkrone als
wohlwollendes Geschenk vom Herrn Papst erhalten, ein Widersacher
göttlicher Anordnung, ein Gegner der Lehre Petri und ein schuldbeladener
Lügner werden!“
Unmißverständlich eindeutig umschreibt Innocenz III. 1198 das Verhält-
nis von Kirche und Staat:
„Gott, der Schöpfer des Weltalls, setzte zwei große Leuchten an das
Himmelszelt, ein großes für den Tag, ein kleines für die Nacht. Ebenso
setzte er an das Gewölbe der Kirche, welches Himmel genannt wird, zwei
große Würden: eine höhere, gleichsam für die wachen Seelen am Tag, und
eine geringere, gleichsam für die schlafenden Körper in der Nacht. Es sind
dies die Gewalt des Papstes und die Macht des Königs. Ferner empfängt
der Mond sein Licht von der Sonne; er ist tatsächlich geringer als sie an
Größe und Wert, Stellung und Wirkung. Genau so empfängt die königliche
Gewalt den Glanz ihrer Würde von der päpstlichen Autorität, deren Schein
um so mehr auf sie fällt, je geringeren Lichts sie selbst ist; sie wird um so

157
strahlender, je länger sie im Anblick der päpstlichen Gewalt verharrt.“
Zur Ergänzung hierzu stellt er 1202 seine Ansicht über die Kaiserwahl
dar:
„Die Fürsten müssen unter allen Umständen erkennen, daß wir das
Recht und die Autorität besitzen, den Mann zu prüfen, der zum König
gewählt ist und zum Kaiser befördert werden soll, weil wir ihn salben,
weihen und krönen. Es ist nämlich grundsätzliche und allgemeine Richt-
schnur, daß derjenige eine Person zu prüfen hat, der er die Hände auflegt.“
Wenn es uns Deutsche auch herzlich wenig angeht, wie sich päpstlicher
Machtwille in außerdeutschen Ländern auswirkt, so ist es doch eine stille
Befriedigung, gelegentlich davon zu hören: derselbe Innocenz III. erklärte
1215 das englische Staatsgrundgesetz, die „Magna Charta“, glattweg für
unverbindlich.
Innocenz IV. erklärte 1245:
„Jesus Christus hat im apostolischen Stuhl nicht nur eine hohepries-
terliche, sondern auch eine königliche Herrschaft eingesetzt.“
Thomas von Aquin, der große Kirchenlehrer, läßt sich folgendermaßen
vernehmen:
„Die weltliche Gewalt ist der geistlichen unterworfen, wie der Leib der
Seele unterworfen ist; und deshalb ist es keine Anmaßung, wenn der
geistliche Vorgesetzte sich in das Zeitliche mischt in bezug auf das, worin
ihm die weltliche Gewalt unterworfen ist. Dem Stellvertreter Gottes müssen
alle christlichen Könige untertan sein wie Christus selbst.“
Die denkbar schärfste amtliche Formulierung des päpstlichen Macht-
willens enthält die schon erwähnte Bulle „Unam sanctam“ (1302) von
Bonifaz VIII. Zu der im ersten Abschnitt schon geschilderten Machtvoll-
kommenheit auf rein religiösem Gebiet tritt unverhüllt der absolute An-
spruch auf Weltherrschaft:
„Beide Schwerter liegen also in der Gewalt der Kirche, das geistliche
Schwert nämlich und das weltliche; nur daß dieses für die Kirche, jenes
von der Kirche zu führen ist, jenes von der Hand des Priesters, dieses von
der des Königs und der Krieger, doch nach dem Wink und mit der
Erlaubnis des Priesters! Ein Schwert muß unter dem anderen sein, und die
weltliche Autorität muß der geistlichen Gewalt unterworfen sein. Daß aber
die geistliche Gewalt an Würde und Adel jeder weltlichen vorgeht, müssen
wir um so klarer eingestehen, als das Geistliche dem Weltlichen vorgeht.
Das sehen wir auch am Geben des Zehnten, an der Segnung und Heilig-
sprechung, an der Übernahme der Gewalt selbst und ihrer Ausübung klar

158
vor Augen. Denn wie die Wahrheit bezeugt, hat die geistliche Gewalt die
irdische einzusetzen und zu richten, wenn sie nicht gut gewesen ist! …
Also wenn die irdische Gewalt vom rechten Weg abweicht, wird sie von der
geistlichen Gewalt gerichtet werden; wenn jedoch eine niedere geistliche es
tut, von der ihr vorgesetzten höheren; wenn aber die höchste fehlgeht, wird
sie von Gott allein, nicht von einem Menschen gerichtet werden können, wie
der Apostel bezeugt: ,Der geistliche Mensch richtet alles, er selbst aber
wird von niemandem gerichtet.‘“
Clemens V. (1305-1314) verstieg sich zu der durchaus im Diesseits
stehenden Lehre, daß bei Erledigung des Kaiserthrones die kaiserliche
Gewalt auf den Papst übergehen solle und daß dem Papst jeder Kaiser den
Eid der Vasallentreue zu leisten habe.
Am 4. Mai 1493 „schenkt“ Alexander VI. (Borgia) Ferdinand von
Aragonien und Isabella von Castilien alle „Inseln und Festlande“, die
westlich von der Linie gelegen waren, die der heilige Vater „aus der Fülle
der apostolischen Macht“ vom Nordpol bis zum Südpol gezogen hatte.
Paul IV. verkündet 1559:
„Der römische Oberpriester, der die Stelle Gottes und unseres Herrn
Jesu Christi auf Erden vertritt, besitzt die Fülle der Gewalt über Völker
und Reiche und ist der Richter aller.“
Im Vollbewußtsein dieser Macht setzt er auch durch eine „für immer
gültige Verordnung“ alle ketzerischen Kaiser und Könige ab und verurteilt
sie zum Tod durch Erdrosseln und Verbrennen.
Pius V. erließ am 25. Februar 1570 die Bulle „Regnans in excelsis“, die
mit den bescheidenen Worten beginnt:
„Der Herrscher in der Höhe, dem alle Gewalt im Himmel und auf
Erden gegeben ist, übergab einzig und allein nur einem auf Erden, nämlich
dem Apostelfürsten Petrus und dessen Nachfolger, dem römischen Papst,
die Leitung der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche,
außerhalb deren es kein Heil gibt, in der Fülle der Gewalt. Diesen einen
setzte er ein zum Fürsten über alle Völker und Reiche, damit er ausreiße,
zerstöre, zersprenge, verderbe, pflanze und baue.“
In dieser selben Bulle setzt er Elisabeth von England ab, belegt sie mit
dem Bannfluch und entbindet ihre Untertanen von ihrem Eid.
Ihre Behauptungen ließen die Päpste gern stützen durch berühmte Theo-
logen und Kirchenlehrer, wie Thomas von Aquin, den Jesuiten Bellarmin
u.a. Es ist für klares, unverbogenes Deutsches Denken in keiner Beziehung
ein Genuss, sich durch solch geistiges Labyrinth hindurchzuarbeiten. Aber
schließlich ist ja die Geschichte des päpstlichen Roms, an dem die Völker

159
sterben, im allgemeinen und besonders für uns Deutsche nie Genuss
gewesen, aber ernste Pflicht genug, sie immer genauer kennenzulernen. Und
darum, nur darum soll uns Bellarmin eine Probe seiner jesuitischen
Dialektik geben aus seiner Abhandlung über den Papst:
„Die dritte und allgemeine Meinung der katholischen Theologen lautet:
Der Papst hat als Papst keine direkte und unmittelbare Gewalt, sondern nur
eine geistliche; aber aus geistigen Gründen besitzt er wenigstens indirekt
eine gewisse Gewalt in weltlichen Dingen, und zwar im höchsten Maße.“
Diese indirekte Gewalt beweist der Jesuit nun folgendermaßen:
„Die weltliche Gewalt ist der geistlichen unterworfen, weil beide nur
Teile desselben christlichen Staates sind; daher kann der geistliche Fürst
dem weltlichen befehlen und über weltliche Dinge Anordnungen treffen mit
Rücksicht auf das geistliche Wohl. Denn jeder Vorgesetzte kann seinem
Untergebenen befehlen. Das Reich der Kirche muß vollkommen sein und
aus sich selbst heraus ihr Ziel erreichen können; also muß sie alle Gewalt
besitzen, die zur Erreichung ihres Zieles nötig ist. Hierzu aber braucht sie
die Macht, die weltlichen Dinge auszunutzen und über sie zu verfügen, weil
sonst schlechte Fürsten straflos die Ketzer begünstigen und die Religion
vernichten könnten; daher hat sie diese Macht. Es ist Christen nicht
erlaubt, einen ungläubigen oder ketzerischen König zu dulden, wenn er
versuchen sollte, seine Untertanen zu einer Ketzerei oder seinem Unglau-
ben zu verführen. Dem Papst aber, dem die Sorge für die Religion anver-
traut ist, steht das Urteil darüber zu, ob der König zur Ketzerei verführe
oder nicht; also hat der Papst das Urteil zu fällen, ob der König abgesetzt
werden muß oder nicht. Die Christen sind nicht angehalten, einen ungläu-
bigen König zu dulden, ja, sie dürfen es nicht einmal, wenn ersichtliche
religiöse Gefährdung besteht. Denn wenn göttliches und menschliches
Recht im Kampf liegen, muß das göttliche Recht beobachtet werden, unter
Hintansetzung des menschlichen.“
Nach diesem sinnverwirrenden, allen natürlichen Denkgesetzen
hohnsprechenden, willkürlichen Jonglieren mit Voraussetzung, Behauptung
und Beweis sind die schlichten Unverschämtheiten der Päpste beinahe eine
Erholung.
Erholung und Ruhe hatte auch das arme, gequälte Deutsche Volk nach
dreißigjähriger Verwüstung Deutschen Landes bitter nötig: man kann sich
denken, mit welchem Aufatmen der Westfälische Friede begrüßt wurde.
Dem Papst allerdings, Innocenz X., kam dieser Friede nicht gelegen; denn
seine Wünsche wurden durch ihn nicht restlos erfüllt, und daher erklärte er
am 20. November 1648 kurzerhand den Westfälischen Frieden für ungültig.
Diese Ungültigkeitserklärung ist bis auf den heutigen Tag nicht aufge-

160
hoben worden.
Als dann im Herzen des zerstörten Deutschlands eine neue Macht auf-
tauchte, als der Kurfürst von Brandenburg sich am 18. Januar 1701 in
Königsberg zum König krönte, ohne zuvor den heiligen Vater um Erlaubnis
dazu gebeten zu haben, erklärte Clemens XI. (1700-21) am 18. April 1701
in einer Ansprache an die Kardinäle die Erhebung Preußens zum Königreich
für ungültig und bezeichnete die vollzogene Tatsache als eine „Beleidi-
gung“ für den „heiligen Stuhl“, als eine „Anmaßung“ und „verwegene und
gottlose Untat“.
Gar so gottlos muß nun wohl des ersten Preußenkönigs Untat nicht
gewesen sein; denn trotz der päpstlichen Ungültigkeitserklärung wuchs
Preußen sogar wider den Willen des großen Korsen (Napoleon) und wurde
zum Rückgrat Deutschlands.
Die Durchsetzung der politischen Ansprüche des Papstes aber wurde
schwieriger. Um so mehr bemühten sich die Päpste, sie religiös-dogmatisch
zu begründen, nur mußte die Formulierung zeitgemäßer sein — der Inhalt
der mittelalterlichen Vorbilder aber bleiben. Rücksichtslos wurden die
päpstlichen Machtansprüche von Pius IX. (1846-1878) im schon erwähnten
Syllabus (1864) erneut verkündet. Langsam hatte die Menschheit doch in
Wort und Schrift gegen die unverhüllte Herrschgier des Hauptes der röm-
ischen Kirche Einspruch erhoben. Das waren im kirchlichen Sinne natürlich
alles „Irrtümer“, die im genannten Syllabus vom Papst verworfen wurden.
Das Gegenteil der von Rom verurteilten Irrtümer hat also als katho-
lische Lehre zu gelten. In dieser positiven Form sind für unsere Betrach-
tung von diesen Thesen oder Sätzen folgende wichtig:
These 23: Die römischen Päpste und die allgemeinen Konzilien haben
die Grenzen ihrer Gewalt nicht überschritten, keine Rechte der Fürsten sich
angemaßt und in Festsetzung der Glaubens- und Sittenlehren nicht geirrt.
These 24: Die Kirche hat das Recht, äußeren Zwang anzuwenden, sie
hat auch eine direkte oder indirekte zeitliche Gewalt.
These 27: Die geweihten Diener der Kirche und der römische Papst
sind nicht von aller Leitung und Herrschaft über weltliche Dinge auszu-
schließen.
These 34: Die Lehre, die den römischen Papst einem freien und in der
ganzen Kirche seine Macht ausübenden Fürsten vergleicht, ist eine Lehre,
die nur im Mittelalter vorherrschte.
These 39: Der Staat ist nicht Ursprung und Quelle aller Rechte und
besitzt keineswegs ein schrankenloses Recht.
These 42: Im Konflikt der Gesetze beider Gewalten hat das weltliche
Recht nicht den Vorzug.

161
Diesen Gedanken brachte Kardinal Faulhaber auf der 62. General-
versammlung der Katholiken Deutschlands in München am 27. August
1922 auf die kürzeste Formel: „Gottesrecht bricht Staatsrecht!“.
Sogar das mittelalterliche „Recht“ auf Absetzung der Fürsten und
Lösung des Treueides ihrer Untertanen suchte Pius IX. in die neue Zeit
hinüberzuretten. Als die „Römisch-Literarische Gesellschaft“ ihm eine
Ergebenheitskundgebung unterbreitete, antwortete er am 20. Juli 1870:
„Unter allen Irrtümern der heutigen Zeit ist keiner boshafter als jener,
welcher der Unfehlbarkeit das Recht zuspricht, Könige abzusetzen und die
Völker ihrer Untertanenpflicht zu entbinden. Dieses Recht ist ohne Zweifel
von den Päpsten von Zeit zu Zeit in äußersten Fällen ausgeübt worden. Es
hat aber durchaus nichts mit der Unfehlbarkeit zu tun, noch entspringt es
aus der Unfehlbarkeit, — wohl aber aus der Autorität des Papstes.“¹⁰⁾
Am 5. Februar 1875 erklärt er in der Bulle „Quod nunquam“ die
preußischen Mai-Gesetze für ungültig:
„Wir erklären allen, die es angeht, und dem ganzen katholischen Erd-
kreis, daß jene Gesetze ungültig sind, da sie der göttlichen Einrichtung der
Kirche ganz und gar widerstreiten.“
Hierauf gab ihm allerdings am 19. Februar 1875 die preußische Staats-
regierung die gebührende Antwort:
„In dem neuen Schritt des Papstes tritt die Anmaßung der päpstlichen
Herrschaft auf bürgerliche Gebiet unumwundener als je bisher hervor: der
Papst wagt es, die bürgerlichen Gesetze, welche zwischen der Krone
Preußens und der Landesvertretung verfassungsmäßig vereint sind, als
nichtig zu erklären!“
Schon anderthalb Jahre vorher hatte sich Pius eine kräftige Abfuhr von
Kaiser Wilhelm I. geholt auf Grund eines Schreibens vom 7. August 1873,
das den anmaßenden Satz enthielt:
„Denn jeder, welcher die Taufe empfangen hat, gehört in irgendeiner
Beziehung oder auf irgendeine Weise, welche hier näher darzulegen nicht
der Ort ist, — gehört, sage ich, dem Papst an.“
Ja, die Zeiten hatten sich doch etwas geändert. Man wollte doch nicht
mehr so unbesehen „immer wie die Geistlichkeit“. Darum mußte Pius IX.
Nachfolger, Leo XIII. (1878-1903) erneut die päpstlichen Machtansprüche,
wenn auch sehr vorsichtig in der Form, in Erinnerung bringen, durch die
Enzyklika „Sapientiae christianae“ vom 1. Januar 1890:
„Wenn die Gesetze des Staates mit den Rechten Gottes (lies: des
Papstes) in offenbarem Widerspruch stehen, wenn sie der Kirche Unrecht

162
zufügen oder den religiösen Verpflichtungen widerstreiten oder die Autori-
tät Jesu Christi im römischen Papst verletzen, dann ist Widerstand Pflicht,
Gehorsam Frevel, und zwar im Interesse des Staates, zu dessen Nachteil
alles ausschlägt, was der Religion zum Schaden ist. Daher fordert die
Einhelligkeit der Gemüter vollkommene Unterwerfung des Willens im
Gehorsam unter die Kirche und den römischen Papst gleichwie unter Gott
… Darum muß der Autorität des Papstes auch das Urteil darüber unter-
stellt sein, was ehrbar und was unsittlich ist (Anm. d. Verf.: Unzuchtpro-
zesse 1937?) … Man muß auch in staatlichen Angelegenheiten, die vom
Sittengesetz und von der Religion nicht getrennt werden können, beständig
und vorzugsweise das im Auge behalten, was im Interesse des Christentums
förderlich ist. Aus diesem Grunde kann es auch der Kirche nicht gleich-
gültig sein, was für Gesetze in den einzelnen Staaten gelten, nicht insofern
sie Staatsgesetze sind, sondern weil sie zuweilen die gesetzlichen Grenzen
überschreiten und auf das Rechtsgebiet der Kirche übergreifen. Da ist es
denn ihre heilige Pflicht, Widerstand zu leisten, wenn eine staatliche
Anordnung die Religion schädigt, und alle Anstrengungen zu machen, daß
der Geist des Evangeliums die Gesetze und Einrichtungen der Völker
durchdringe … In diesen Grundsätzen ist die Richtschnur enthalten, welche
jeder Katholik bei seiner Tätigkeit im öffentlichen Leben befolgen soll …
Dies wohlgeordnete Verhältnis muß um so mehr in der Kirche herrschen, je
zahlreicher die Gegenstände sind, welche die politische Klugheit des
Papstes erfaßt … Hieraus folgt, daß außer der größten Einmütigkeit im
Denken und Handeln es sittliche Pflicht ist, der Weisheit der Kirchengewalt
Folge zu leisten.“
Man möchte Leo XIII. in katholischen Kreisen gern als Vermittler
zwischen den päpstlichen Ansprüchen und den staatlich-nationalen Rechten
hinstellen. Nach dieser Kundgebung aber zeigt sich doch nur eine lücken-
lose Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Gedanken der Bulle „Unam
sanctam“ von 1302.
Von dem Hintergrund seines „diplomatischen“ Vorgängers Leo XIII.
hebt sich nun Pius X. (1903-1914) mit der geradezu robusten Erneuerung
der päpstlichen Herrschgier ab. Schon in seiner ersten Ansprache am 9.
November 1903 gab er folgende Erklärung:
„Unseres Amtes ist es, jeden Einzelnen, nicht nur die Gehorchenden,
sondern auch die Herrschenden, da sie alle von einem Vater stammen, im
privaten wie im öffentlichen Leben, in sozialer wie in politischer Beziehung
der Norm und Regel der Sittlichkeit entsprechend zu leiten. Wir gestehen,
daß es einigen zum Anstoß gereichen wird, wenn wir sagen, es sei unsere
Pflicht, auch die Politik uns angelegen sein zu lassen; aber jeder billig

163
Denkende erkennt, daß der römische Papst von dem Lehramt, das er in
bezug auf Glauben und Sitte besitzt, das Gebiet der Politik keineswegs
trennen kann.“¹¹⁾
Und das heißt dann: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt!“ … Der
Nachfolger Pius X., Benedikt XV. (1914-1922), hatte seine katholischen
Söhne und Töchter in Deutschland während des Weltkrieges scheinbar ganz
vergessen und stand unzweideutig auf seiten des Feindbundes; ja, er
bedauerte, „nur dem Herzen nach, nicht auch von Geburt Franzose zu
sein“. So konnte er nach dem Schandvertrag von Versailles am 7. Oktober
1919 an den Erzbischof von Paris, Kardinal Amette, schreiben:
„Was menschliche Klugheit auf der Versailler Konferenz begonnen, das
möge Gottes Liebe veredeln und vollenden … Von Frankreich aus möge
sich Gottes Gnade über die ganze Welt ergießen.“
Diese Worte sind 1930 im Innern der Herz-Jesu-Basilika am Montmartre
in Paris feierlich angebracht worden. (Siehe auch: Dr. Gengler, Katholische
Aktion im Angriff auf Deutschland.)
Die Freude über den Fall des Ketzerlandes, das dem Papsttum schon so
oft Widerstand geleistet hatte, war größer als die väterliche Hirtensorge um
die Not der rund 21 Millionen Katholiken in Deutschland, die doch nicht
alle Zentrumsgrößen waren. „Es ist Luther, der den Krieg verloren hat“,
sagte er triumphierend dem jüdischen Vielschreiber Emil Ludwig, der stets
schamvoll den ererbten väterlichen Namen Cohn verschwieg.
Auf Papst Benedikt XV. folgte der jetzige Papst Pius XI. Auch er folgte
den Spuren seiner Vorgänger und gibt kein I-Tüpfelchen der päpstlichen
Ansprüche auf. Eigentlich sollte eine solche Unsumme von Würde den
Würdenträger etwas bescheiden machen, wenn er daran denkt, noch nicht
ganz Gott zu sein. Von solcher Bescheidenheit merkt man aber nichts, wenn
man die Rede hört, die er aus Anlaß der Einweihung des Vatikanischen
Senders 1931 hielt:
„An die gesamte Schöpfung.
Durch Gottes unerforschlichen Ratschluß sind wir der Nachfolger des
Fürsten der Apostel, nämlich des Fürsten jener Männer, deren Lehr- und
Predigtauftrag nach Gottes Befehl sich auf alle Völker und die gesamte
Schöpfung erstreckt. Wir sind an dieser Stelle auch der erste, dem es ver-
gönnt ist, von der wunderbaren Erfindung Marconis Gebrauch zu machen.
So wenden wir uns zuerst an das ganze All und an alle, indem wir mit der
heiligen Schrift sprechen: ,Hört, ihr Himmel, was ich sage, es höre die Erde
die Worte meines Mundes.‘ ,Hört das, alle Völker, vernehmt das mit eurem
Ohr, alle, die ihr den Erdkreis bewohnt, reich und arm, alle zumal.‘ ,Hört
ihr Inseln, und merkt auf, ihr Völker in der Ferne.‘“

164
Nun versteht man auch, warum der Papst der Vorsitzende der „propa-
ganda fidei“ ist, d. h. einer Gesellschaft von hohen und höchsten geistlichen
Würdenträgern, welche die Ausbreitung des katholischen Glaubens zum
Hauptziel hat. Wenn aber dieser Ausbreitung, die heute nicht mehr mit
Scheiterhaufen und Schwert möglich ist, sich irgendwo und irgendwann
Schwierigkeiten entgegenstellen, ist der Papst bestürzt und verfolgt in
seinem väterlichen Herzen „mit brennender Sorge“ die Ereignisse, wie in
seiner neuesten Enzyklika über die Lage der katholischen Kirche in
Deutschland vom 14. März 1937, in der er zum reinen Gottesglauben auf-
ruft.
„Gottgläubig“, so heißt es, „ist nicht, wer das Wort Gottes rednerisch
gebraucht, sondern nur, wer mit diesem hehren Wort den wahren und
würdigen Gottesbegriff verbindet, der aber nur rein und unverfälscht
erhalten wird, wenn er sich stützt auf den Glauben an Christus. Reiner
Christusglaube kann sich nur stützen auf reinen Kirchenglauben und dieser
wiederum nur auf den Glauben an den Primat des Bischofs von Rom, des
Papstes.“
Hier haben wir wieder die jahrhundertealte Gleichung: Gott (d.i. Jah-
weh) — Christus — Kirche — Papst. Doch immer mehr bricht sich die in
einem alten Sprichwort verborgene Erkenntnis Bahn: Gott ist überall, außer
wo er seinen Statthalter hat. Die Scharen wachsen, die mit Otto Ernst
denken und fühlen:
„Den Ihr gefunden und uns aufgedrungen,
er ist nicht Gott; doch den wir rastlos suchen,
mit ewig nie ermattendem Verlangen,
und den wir jubelnd ahnen: der ist Gott!“

165
3.
In jedem Pfäfflein steckt ein Päpstlein.
(Altes Sprichwort.)

Das Bild von Sonne und Mond, wie es Innocenz III. zur Darstellung des
Verhältnisses von Kirche und Staat gebrauchte, die Zwei-Schwerter-Theorie
Bonifatius VIII. waren den letzten Päpsten doch wohl zu stark betonter Aus-
druck mittelalterlich-universalistischer Weltanschauung geworden. Daher
suchten sie nach neuen, modernen Formulierungen, die als Tarnung natür-
lich dasselbe besagten. Sie fanden sie in der Lehre von der „direkten“ und
„indirekten“ Gewalt. Auch diese lehrt den Vorrang und das Vorrecht der
priesterlichen Gewalt vor der weltlichen in dem Sinne, daß die letztere der
ersteren unterstellt ist, wenn auch nur „indirekt“. „Direkte“ Gewalt hat die
Kirche nur über die Seelen. Aber es gibt kein „ewiges Heil“, dem sich nicht
alle irdischen Dinge zu unterstellen hätten. „Direkt“ darf der Papst in die
irdischen Dinge nicht hineinreden, aber „indirekt“ mit Rücksicht auf die
ewige Seligkeit; die praktische Wirkung ist dieselbe. Je weniger Menschen
nun Lust verspüren, das Diesseits mit einem Wechsel auf das Jenseits zu
bezahlen, je mehr die Lust am kämpfenden Leben in der schönen Welt
steigt, je geringer die Sehnsucht nach einem unbewiesenen und unbeweis-
baren, wenn auch mit glühendster Phantasie gemalten Jenseits ist, um so
stärker sinkt naturgemäß der Einfluß derer, die das Jenseits predigen, um
recht bequem im Diesseits leben zu können. Daher muß ihnen allen, nicht
nur dem Papst, eine höhere Macht und Würde zugeschrieben werden,
müssen auch die Bischöfe und besonders die Priester, die am meisten mit
den breiten Massen in engste Berührung kommen, in gewissem Sinne teil-
haben an den Ansprüchen des Papstes. Sie sind ja alle Träger der päpst-
lichen Gewalt, die vor der weltlichen geht. Die priesterliche Gewalt bildet
von Anfang an die Grundlage der hohenpriesterlichen des Papstes; der
pontifex maximus, ist ohne sacerdotium, der Oberpriester ohne Priestertum
eben nicht denkbar.
Zunächst werden die Rangnächsten nach dem Papst, die Bischöfe,
„herausgehoben“. Auf dem Konzil von Trient heißt es in der 23. Sitzung,
im canon (§) 8:
„Wenn jemand sagt, die Bischöfe, welche durch die Obergewalt des
römischen Papstes erwählt werden, seien nicht rechtmäßige und wirkliche
Bischöfe, sondern menschliches Scheinwerk, der sei verflucht.“
Es muß unter den Bischöfen vor dem Trientiner Konzil auch vernünftige

166
Menschen und gemütliche, leutselige Herren gegeben haben, die nicht
immer von Würde strotzten und beim kleinsten Stich platzten. Diesen
schreibt das Konzil in der 25. Sitzung im 17. Kapitel eine weniger sanfte als
eindringliche Mahnung ins Stammbuch:
„Die Bischöfe sollen ihre Würde durch Sittenstrenge geltend machen
und sich nicht mit unwürdiger Herablassung gegen königlich Bedienstete,
Beamte oder Adlige benehmen.
Die heilige Versammlung (d. h. das Konzil) kann nicht umhin, es schwer
zu beklagen, daß sie vernahm, wie einige Bischöfe, ihres Standes ver-
gessend, die hohepriesterliche Würde entehren, indem sie sich gegen
königliche Bedienstete, Beamte und Adlige in und außer der Kirche mit
einer unziemlichen Herablassung benehmen, und gleich den niedersten
Dienern des Altars allzu unwürdig nicht nur den Vortritt lassen, sondern
auch persönlich denselben dienen. Deshalb verabscheut die heilige
Versammlung dieses und ähnliches, erneuert alle heiligen Canones,
allgemeinen Concilien und andern apostolischen Satzungen, welche Bezug
haben auf Anstand und Wichtigkeit der bischöflichen Würde, und befiehlt,
daß die Bischöfe für die Folge sich von Derartigem enthalten, indem sie
ihnen aufträgt, daß sie sowohl in der Kirche als außerhalb ihren Rang und
ihre Weihe vor Augen haben und allerwärts gedenken sollen, daß sie Väter
und Hirten sind; den übrigen aber, sowohl Fürsten als allen andern, daß sie
denselben mit väterlicher Verehrung und schuldiger Hochachtung begegnen
sollen.“
Diese Mahnung aus dem 16. Jahrhundert hat nachhaltig bis heute
gewirkt und die Steigerung erfahren, daß sich die Bischöfe so langsam auch
in weltlichen Dingen als Vorgesetzte fühlten. — Ein Beispiel aus der neuen
Deutschen Geschichte bildet der Lehrerkonflikt des Jahres 1910 in Elsaß-
Lothringen. Die Bischöfe dort wollten die katholischen Lehrer zwingen,
statt dem paritätischen Deutschen, dem katholischen Lehrerverein beizu-
treten. Staatssekretär Zorn von Bulach verwehrte ihnen öffentlich diesen
Eingriff in die staatlichen Befugnisse und das Staatsbürgerrecht der Lehrer:
in Angelegenheiten nichtkirchlicher Art hätten Beamte und Lehrer nur von
ihren Vorgesetzten Weisungen entgegenzunehmen. In seiner Erwiderung
hierauf entwickelte Bischof Fritzen, Straßburg, einen Standpunkt, der für
die Art höchst charakteristisch ist, wie die römisch-katholische Kirche zu
den öffentlichen Beamten sich stellt: er dehnte das vermeintliche
Aufsichtsrecht der Bischöfe nicht bloß auf die Lehrer, sondern auch auf
die „katholischen Beamten“ überhaupt aus, die nicht nur den staat-
lichen Vorgesetzten, sondern vermöge der „Glaubenspflichten“ „nebst
dem ihren kirchlichen Vorgesetzten“ unterstellt seien. Sonach beansprucht

167
die Papstkirche ein Aufsichtsrecht über den katholischen öffentlichen
Beamten schlechthin; auch in nichtkirchlichen Dingen! Der katholische
Beamte hat also nicht nur staatliche, sondern „daneben“ auch kirchliche
Vorgesetzte.¹²⁾
Nach dieser unwürdigen Zumutung sollten besonders die Volksschul-
lehrer grundsätzlich zu Gehilfen des Pfarrers degradiert werden. In diesem
Punkt haben, nebenbei gesagt, die evangelischen „Stiefbrüder“ von ihrer
sonst nicht so sehr geschätzten Konkurrenz gelernt …
Für jeden gläubigen Katholiken ist unstreitig der Augenblick der
höchsten seelischen Erhebung der Empfang der Kommunion, d. h. des
Abendmahls, da nach katholischer Lehre in der geweihten Hostie Christus
wahrhaft, wirklich und wesentlich, mit Fleisch und Blut, mit Leib und
Seele, mit Gottheit und Menschheit gegenwärtig ist. So wenig uns hier das
Dogma an sich interessiert, so ist es begreiflich, daß ein tief gläubig-
frommer Katholik in diesem Augenblick nur an das Göttliche denkt, wie er
es sieht und wie er gelehrt wurde; aber nicht an Äußerlichkeiten. Sollte er
aber nun einmal das „Glück“ haben, von eines Bischofs Hand die Hostie zu
erhalten, so muß er wissen, daß äußerliche Menschenverehrung doch nicht
ganz so unwichtig ist; denn vor dem Empfang der Hostie muß er den Ring
an des Bischofs Hand, die den Heiland hält, küssen. Dem Verfasser ist es als
jungem Menschen geschehen, daß er bei solch einer feierlichen Gelegenheit
nicht an diese Vorschrift dachte, bis ihm diese dadurch etwas derb in
Erinnerung gebracht wurde, daß ihm der Bischof recht unsanft seinen
kostbaren großen Saphirring ins Gesicht trieb. Natürlich war die Andacht
dahin …
Die „einschlägige“ Bestimmung findet man in einem dickleibigen
Lexikonband, der die Ritual-Vorschriften enthält:
„Wenn ein Bischof die Kommunion spendet, müssen alle, welche kom-
munizieren, vor dem Empfang der heil. Kommunion die Hand des Bischofs
küssen.“¹³⁾
Welche Vorstellung der schlicht-gläubige Mensch hierbei von dem
Verhältnis zwischen Gott und Mensch erhält, muß ihm allein überlassen
werden. Er wird um so eher damit fertig, je tiefer er von der Würde des
Priestertums überzeugt ist.
Und dafür hat man ja genügend gesorgt: Gregor VII. (in seiner Bulle
„Quod ad perferendos“ vom 15. März 1081) und Gregor IX. (in seiner
Bulle „Si memoriam beneficiorum“ vom 23. Oktober 1236) prägen beide in
wortwörtlicher Übereinstimmung den Satz:
„Wer könnte zweifeln, daß die Priester Christi als Väter und Lehrer
der Könige, der Fürsten und aller Gläubigen anzusehen sind?“

168
Der gute Thomas von Aquin geht gleich einen gründlichen Schritt
weiter, wenn er sagt:
„Soweit der Priester der Mittler zwischen Volk und Gott ist, muß er
Engel heißen.“¹⁴⁾
Die feste dogmatische Untermauerung findet die Würde des Priester-
tums im Konzil von Trient. In der 23. Sitzung heißt es:
Canon 3: „Wenn jemand sagt, die Priesterweihe oder die heilige Weihe
sei nicht wahrhaft und eigentlich ein von Christus dem Herrn eingesetztes
Sakrament, oder sie sei nur eine menschliche Erfindung, erdacht von
Männern, die in kirchlichen Dingen unkundig sind, oder sie sei nur ein
frommer Brauch, um Diener für das Wort Gottes und für die Sakramente zu
erwählen: der sei verflucht.“
Canon 4: „Wenn jemand sagt, durch die heilige Weihe werde der heilige
Geist nicht mitgeteilt, und die Bischöfe sprächen darum vergeblich: ,Emp-
fange den heiligen Geist‘; oder durch dieselbe werde nicht ein Charakter
eingeprägt; oder der, welcher einmal Priester war, könne wieder Laie
werden: der sei verflucht.“
Die praktische Erklärung gibt der im Auftrag dieses Konzils
herausgegebene Katechismus romanus im zweiten Teil, VII. Hauptstück,
Kapitel 2:
„Es gibt auf Erden keine erhabenere Würde als den Priesterstand.
Zuerst muß daher den Gläubigen dargelegt werden, wie groß der Adel
und die Erhabenheit dieses Standes sei, wenn wir nämlich seine höchste
Stufe, d. i. das Priestertum, betrachten. Denn da die Bischöfe und Priester
gleichsam Gottes Dolmetscher und Botschafter sind, welche in seinem
Namen die Menschen das göttliche Gesetz und die Lebensvorschriften
lehren und die Person Gottes selbst auf Erden vertreten: so ist offenbar ihr
Amt ein solches, daß man sich kein höheres ausdenken kann, daher sie mit
Recht nicht nur Engel, sondern auch Götter genannt werden, weil sie des
unsterblichen Gottes Kraft und Hoheit bei uns vertreten. Wiewohl sie aber
zu jeder Zeit die höchste Würde behauptet haben, so stehen doch die
Priester des Neuen Bundes allen übrigen an Würde weit voran; denn die
Gewalt, sowohl den Leib und das Blut unseres Herrn zu wandeln und zu
opfern als auch Sünden nachzulassen, welche ihnen übertragen ist,
übersteigt selbst die menschliche Vernunft und Fassungskraft, geschweige
denn, daß etwas ihr Gleiches oder Ähnliches auf Erden gefunden werden
könnte.“
Von den zu so hoher Würde Erhobenen wird natürlich auch einiges
verlangt; Reinheit des Lebens und der Sitten (Kapitel 31) und Kenntnisse

169
(Kapitel 32). Aufschlußreich ist besonders das Kapitel 33, das davon
handelt, „welche zur Würde des Priestertums nicht zuzulassen seien“:
„Kindern oder Rasenden oder Wahnsinnigen ist dieses Sakrament nicht
zu erteilen, weil sie des Vernunftgebrauches entbehren; wiewohl fest zu
glauben ist, daß, wenn es ihnen gespendet würde, auch in ihre Seele der
Charakter des Sakramentes eingedrückt würde … Ausgenommen sind auch
die Leibeigenen; denn es darf niemand dem göttlichen Dienste geweiht
werden, welcher nicht sein eigener Herr, sondern in eines andern Gewalt ist
… Auch Bastarde und alle jene, welche nicht aus rechtmäßiger Ehe erzeugt
sind. Es ziemt sich, daß die, welche sich dem Heiligtum weihen, nichts an
sich haben, weshalb sie von andern mit Recht verachtet und gering-
geschätzt werden könnten. — Endlich können auch jene nicht zugelassen
werden, welche durch irgendein auffallendes körperliches Gebrechen
mißgestaltet oder verstümmelt sind; denn eine solche Häßlichkeit oder
Verkrüppelung erregt teils Anstoß, teils hindert sie notwendigerweise in der
Spendung der Sakramente.“
Dieses Kapitel stellt eine ausgesprochene Absonderung der Besten im
ausschließlichen Dienst der Kirche dar; eine Auslese, die nur der Kirche
zugute kommt, da die ausgewählten Priester ihre guten körperlichen und
geistigen Eigenschaften nicht weitergeben können, sich nicht fortpflanzen
dürfen. Dieses Kapitel sollte sich der heil. Vater recht genau durchlesen,
bevor er Kundgebungen gegen die Rassegesetze des Deutschen Volkes
erläßt.
Auch das nächste Kapitel, welches von den „vorzüglichsten Wirkungen
dieses Sakramentes“ handelt, ist äußerst lehrreich:
„Nach diesen Erklärungen erübrigt aber noch, daß die Hirten lehren,
welches die Wirkungen dieses Sakramentes seien. Es steht aber fest, daß,
obschon das Sakrament der Weihe, wie oben gesagt, vorzüglich auf den
Nutzen und die Zierde der Kirche abzielt, es dennoch auch in der Seele
dessen, welcher geweiht wird, die Gnade der Heiligmachung bewirkt, durch
welche er tauglich und fähig gemacht wird zur rechten Verwaltung seines
Amtes und Spendung der Sakramente …“
Selten spricht Rom so offen aus, daß der Priester aus aller Umgebung
herausgehoben und fast vergöttlicht wird zuallererst zum Nutzen und zur
Zierde der Kirche. Den Einzelnen wird das höchste Menschenglück, eine
eigene Familie, vorenthalten. Der Volksgemeinschaft werden Tausende
erbgesunder junger Männer entzogen, die Volk und Vaterland blühenden,
gesunden Nachwuchs schenken könnten. „Omnia ad maiorem die glori-
am“, d. h. alles zur größeren Ehre Gottes (lies: der Kirche). Ebenso deutlich
findet man mit denselben Gründen, nur noch ausführlicher, die Ehelosigkeit

170
der Priester (den Zölibat) verteidigt und befürwortet in dem großen drei-
bändigen Lehrbuch der Dogmatik von Prof. Dr. Pohle, das als Lernbuch in
den Händen zahlloser katholischer Theologen ist. Es heißt dort:
„Auch an äußeren Vorteilen ist die Ehelosigkeit der Geistlichen reich.
Zunächst für die Kirche; denn die Braut Christi will und muß frei sein, aller
beengenden Staatsfesseln los und ledig. Sie ist es aber zum großen Teil nur
durch den Zölibat ihrer Amtsdiener. Ein beweibter Klerus hat weder die
Macht noch den Willen, der Knechtung der Kirche sowie der Versuchung
zum Nepotismus im Interesse der Kinderversorgung dauernden und erfolg-
reichen Widerstand zu leisten. Auch dem Klerus kommt seine eigene Ehe-
losigkeit zugute; denn dadurch wächst sein Einfluß, seine Leistungsfähig-
keit, sein Ansehen.
Nur außerhalb des Ehejochs vermag er für Kirche und Staat Ersprieß-
liches, ja Großes zu leisten. Er hat Sorgen und Leiden genug ohne Familie.
Die Pfarrkinder sollen seine Kinder sein, deren geistiges und leibliches
Wohl seine ganze Tageskraft in Anspruch nimmt. Endlich schaut das
gläubige Volk zum unverehelichten Geistlichen mit höherer Hochachtung
und Ehrfurcht hinauf. Es beichtet ihm mit größerem Vertrauen und lernt
von ihm den Idealismus der christlichen Lebensanschauung. Das sind so
große Vorteile, daß etwaige Ärgernisse, welche die chronique scandaleuse
leider ab und zu liefert, ihnen gegenüber nicht in die Waagschale fallen,
zumal selbst die Ehe kein unfehlbares Schutzmittel gegen sittliche Ver-
irrungen und Verfehlungen darbietet.“¹⁵⁾
Zunächst hat wieder nur die Kirche den Nutzen; sie besitzt durch den
Zölibat ein schlagfertiges, einem überstaatlichen Oberhaupt verpflichtetes
Führerkorps in den Völkern und Staaten, und wenn es sein muß, gegen
diese. Die Nachteile der Ehelosigkeit werden dem Priester vergolten mit
Ehre und Ansehen beim Volke. Die aber dienen wiederum nur dazu, die
starke Gewissensfessel Roms, die Beichte, ein Geheimnis seiner Macht,
möglichst unzerbrechbar zu machen. Die vorweggenommene Entschuldi-
gung der „etwaigen Ärgernisse“ der Skandal-Chronik mit der Möglichkeit
sittlicher Verfehlungen in der Ehe kann nicht gelten; denn einmal weisen die
Unsittlichkeitsprozesse gegen Angehörige des katholischen Klerus einen
erschreckenden Prozentsatz von Verirrungen gegenüber den vorkommenden
ähnlichen Fällen bei Verheirateten auf und stellen keine „Einzelfälle“ dar,
wie man so gern behaupten möchte. Zum andern aber haben gerade die-
jenigen, die „etwaige Ärgernisse“ erregen, eine ganz besondere Sauberkeit
im Lebenswandel als Berufsgrundlage gelobt. Das weiß man 1937; das
wußte man auch früher; das wußten sogar schon vor 400 Jahren die Väter
des Konzils von Trient. Das 1. Kapitel der 22. Sitzung beschäftigt sich mit

171
der „Erneuerung der Verordnungen über Lebenswandel und Ehrbarkeit
der Geistlichen“ … Man wußte und weiß, wie es in den eigenen Reihen
aussieht. Aber dem Kirchenvolk, ohne welches man seine Herrschaft ver-
lieren würde, muß der Priester ein schier übermenschliches, aus der Volks-
gemeinschaft herausgehobenes Wesen sein. Seine „etwaigen“ Verfehlungen
werden vor der Öffentlichkeit, vor Staat und Staatsgewalt, möglichst
vertuscht, und wenn dies unmöglich wird, als „bedauerlicher Einzelfall“
hingestellt. „Nehmt Euch in acht“, möchte man ihnen allen mit Mirabeau
zurufen, „Ihr, die Ihr das Volk in Unwissenheit erhalten wollt, seid am
meisten bedroht!“
Dieser Bedrohung sucht man immer wieder mit einer geradezu
suggestiven Betonung von Würde und Gottähnlichkeit zu begegnen. Ein
Glanzstück dieser Art ist folgender Hirtenbrief:
Hirtenbrief des Fürsterzbischofs Johannes Katschthaler von Salzburg,
Kardinalpriester, Primas von Deutschland, Legatus natus (ständiger
Gesandter) des apost. Stuhles, vom 2. Februar1905.
„Ehret Eure Priester! — Ehret den Priester wegen der beiden unbe-
greiflich hohen Gewalten, mit denen er durch die Güte Gottes ausgestattet
ist. —
I. Ihr wißt es, Geliebteste, der katholische Priester hat die Gewalt, die
Sünden zu vergeben. ,Empfanget den heiligen Geist! Welchen ihr die
Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen‘, sprach Christus
zu seinen Aposteln. Und diese Worte gelten, wie Ihr alle wißt, nicht den
Aposteln allein, sondern auch den rechtmäßigen Nachfolgern derselben,
den Bischöfen und Priestern der katholischen Kirche.
Lebte irgendwo jemand, der durch sein bloßes Wort einen Mohren weiß
zu machen verstünde, wie würdet Ihr darüber staunen? Wäre irgend
jemand, auf dessen Wort hin: ,Ich will, sei rein!‘ ,Ich will, sei gesund!‘ ein
über und über mit Aussatz Bedeckter auf einmal nicht bloß vom Aussatz
ganz rein, sondern auch vollständig wieder gesund wäre … wie würdet Ihr
staunen … Aber … wenn der verordnete Priester im Beichtstuhl zu Euch
spricht: ,Ich spreche Dich los von Deinen Sünden‘, so wirkt er noch viel
Größeres. Denn nicht am Leib, sondern an der Seele geschieht es; und die
Seele ist ja viel vorzüglicher als der Leib. Was ist die Wunde des Leibes und
deren Heilung im Vergleich zu den Wunden der Seele und deren Heilung?
Was ist die Häßlichkeit eines Mohren im Vergleich mit der Abscheulichkeit
eines Sünders, der vor dem reinsten Auge Gottes und seiner Heiligen
wirklich ein wahrer Greuel ist, was ist der Aussatz des Leibes im Vergleich
zum schauerlichen Aussatz an der Seele?
Ja, wahrhaft ein göttlicher Akt ist die Nachlassung der Sünden, nicht
bloß ein gewöhnliches Werk göttlicher Macht, sondern das größte Werk

172
Gottes.— Gewiß! Gott ist allmächtig, und wenn ich auf seine Macht sehe,
ist ihm ja nichts schwer. Aber wenn ich auf die Objekte, die Gegenstände
sehe! Sehet, das Nichts, aus dem Gott die Welt erschaffen hat und etwa neue
Welten erschaffen würde, setzt seinem heiligsten Willen keinen Widerstand
entgegen. Aber bei der Rechtfertigung des Sünders, ist da nicht auch der
böse Wille zu überwinden, der böse Wille, in dem der Sünder Gott wider-
steht? Den Willen des Menschen, ohne daß die Freiheit desselben im
mindesten verletzt wird, so beeinflussen, so lenken, daß derselbe freiwillig
sich von der Sünde ab- und zu Gott hinwende, daß er fortan das liebe, was
er früher gehaßt, das verabscheue, was er früher geliebt hat, mit einem
Wort: daß er sich bekehre — das ist wirklich mehr, als neue Welten aus dem
Nichts hervorbringen, das ist das größte Werk des Allerhöchsten.
Und sehet, Geliebteste, bei diesem großen Akt Gottes wirkt der katho-
lische Priester mit, ja was sage ich, wirkt der Priester mit? Das Wort des
Priesters selbst, das Wort: ,Ich spreche dich los von deinen Sünden‘ bewirkt
die Vergebung derselben. Dieses Wort kündigt nicht allein an, sondern
bewirkt die Nachlassung der Sünden, die Rechtfertigung des Sünders, wie
der hl. Kirchenrat von Trient lehrt. Gott hat gleichsam seine Allmacht für
diesen Zweck, für diesen Augenblick an seinen Stellvertreter auf Erden,
den bevollmächtigten Priester, abgetreten. Nein, nicht ein leeres Wort ohne
Kraft ist das ,Ich spreche dich los von deinen Sünden‘, sondern ein Wort
von göttlicher Kraft, ein Wort, das selbst vor dem Thron des Allerhöchsten
volle Geltung hat, ein Wort, auf das hin die Ketten, mit denen der Teufel
die Seelen gebunden hatte, zerspringen, obwohl sie hart wie Diamant
waren, ein Wort, auf das hin die Gerechtigkeit Gottes das Schwert in die
Scheide steckt, auf das hin die bösen Geister fliehen, auf das hin die
unersättlichen Flammen, welche für diesen Sünder in der Hölle schon
bereitet waren, erlöschen. —
Freilich nicht aus sich hat der Priester diese ganz und gar wunderbare
Gewalt, sondern kraft der Weihe und der Ermächtigung hierzu durch die
heilige Kirche. —
Geliebteste! Wo auf der ganzen Erde ist eine Gewalt, welche dieser
Gewalt gleichkommt? Die Gewalt der Fürsten und Könige? Oh, die Gewalt
des katholischen Priesters steht nicht hinter derselben, sondern übersteigt
und übertrifft sie vielmehr! Die Macht der irdischen Kaiser und Könige
erstreckt sich ja nur auf die Leiber und keineswegs auf die Seelen, ist nur
auf gewisse Länder der Erde beschränkt, die Gewalt des Priesters, loszu-
sprechen, ist aber auf der ganzen bewohnten Erde in Tätigkeit, ja, was der
Priester löst, hat nicht bloß auf Erden, sondern auch im Himmel Geltung.
Wo, Geliebteste, ist selbst im Himmel eine solche Gewalt? Wenn du dort
dich umschaust, so siehst du die Schar der Patriarchen und Propheten, der

173
Märtyrer und Blutzeugen und die Scharen der hl. Jungfrauen und dann die
Engel und Erzengel und die Throne und Herrschaften, können sie dich
lossprechen von deinen Sünden? Nein. Die Patriarchen mit all ihrem
Glauben, die Propheten mit all ihrer Wissenschaft, die Einsiedler mit all
ihrer Strenge, die Jungfrauen mit all ihrer Reinheit, sie vermögen es nicht.
Die hocherhabenen Geister des Himmels, die Engel und Erzengel und
Herrschaften, die Cherubim und Seraphim, obwohl sie die hochgestellten
Geister im Reich des Himmels sind, sie können den Herrn der Gewalten nur
bitten, daß er unsere Sünden lösen möge; selbst aber dieselben lösen
können sie nicht. Ja, noch mehr! Selbst Maria, die Gottesmutter, die
Königin des Himmels, sie kann es nicht, obwohl sie die Braut des heiligen
Geistes, die Herrin des Weltalls ist, sie kann für uns nur bitten, daß uns die
Lösung der Schulden zuteil werde; selbst sie zu lösen, das vermag auch sie
nicht.
Geliebteste! Merket Ihr nun, wie hoch, wie erhaben, wie ganz wunder-
bar die Gewalt des Priesters, Sünden zu vergeben, ist! Des katholischen
Priesters, sage ich nochmals; die protestantischen Pastoren haben die
Priesterweihe nicht, durch welche diese so hohe Gewalt nach der
Anordnung Christi übertragen wird. —
II. Ehret die Priester, denn sie haben die Gewalt zu konsekrieren. —
Kraft der Weihe hat der katholische Priester und wieder nur er, und
nicht die protestantischen Pastoren, diese wunderbare Gewalt. — Die
Gewalt zu konsekrieren, den Leib des Herrn mit dem kostbaren Blute, mit
Seiner ganzen heiligen Menschheit und Seiner Gottheit unter den Gestalten
des Brotes und Weines gegenwärtig zu machen; Brot und Wein zu verwan-
deln in den wahren Leib und das kostbare Blut unsres Herrn, welch hohe,
erhabene, ganz wunderbare Gewalt! Wo im Himmel ist eine solche Gewalt
wie die des katholischen Priesters? Bei den Engeln? Bei der Mutter Gottes?
Maria hat Christus, den Sohn Gottes, in ihrem Schoße empfangen und im
Stall zu Bethlehem geboren. Ja. Aber erwägt, was bei der heiligen Messe
vorgeht! Geschieht nicht unter den segnenden Händen des Priesters bei der
heiligen Wandlung gewissermaßen dasselbe? Unter den Gestalten des
Brotes und Weines wird Christus wahrhaft, wirklich und wesentlich gegen-
wärtig und gleichsam wiedergeboren. Dort zu Bethlehem gebar Maria ihr
göttliches Kind und wickelte es in Windeln, der Priester tut gleichsam
dasselbe und legt die Hostie auf das Corporale (= Leinentuch, auf dem
Kelch und Hostie bei der Messe sich befinden; der Verfasser). Einmal hat
Maria das göttliche Kind zur Welt gebracht. Und seht, der Priester tut dies
nicht einmal, sondern hundert- und tausendmal, so oft er zelebriert (= die
Messe liest; der Verfasser). Dort im Stall war das göttliche Kind, das durch
Maria der Welt gegeben ward, klein, leidensfähig und sterblich. Hier auf

174
dem Altar, unter den Händen des Priesters, ist es Christus in seiner
Herrlichkeit, leidensunfähig und unsterblich, wie er im Himmel sitzt, zur
Rechten des Vaters, glorreich triumphierend, vollkommen in jeder Bezie-
hung. Machen sie den Leib, das Blut des Herrn bloß gegenwärtig? Nein.
Sondern sie opfern, sie bringen dem himmlischen Vater das Opfer dar. Es
ist dasselbe, was Christus blutigerweise auf Kalvaria und unblutigerweise
beim letzten Abendmahl getan hat. Dort hat der ewige Hohepriester Jesus
Christus Sein Fleisch, Sein Blut und Leben selbst dem himmlischen Vater
zum Opfer gebracht, hier in der heiligen Messe tut er dasselbe durch seine
Stellvertreter, die katholischen Priester. Die Priester hat er an Seine Stelle
gesetzt, damit sie dasselbe Opfer, das Er dargebracht, fortsetzen. Ihnen hat
Er das Recht über Seine heilige Menschheit übertragen, ihnen gleichsam
Gewalt über Seinen Leib gegeben.
Der katholische Priester kann Ihn nicht bloß auf dem Altar gegenwärtig
machen, Ihn im Tabernakel (= Altarschrein, in dem die geweihten Hostien
aufbewahrt werden) verschließen, Ihn wieder nehmen und den Gläubigen
zum Genuss reichen, er kann sogar Ihn, den Mensch gewordenen Gottes-
sohn, für Lebendige und Tote als unblutiges Opfer darbringen. Christus,
der eingeborene Sohn Gottes, des Vaters, durch den Himmel und Erde
geschaffen sind, der das ganze Weltall trägt, ist dem katholischen Priester
hierin zu Willen.
Und wenn wir den heiligen Dionysius erstaunt fragen hören, ob man
denjenigen noch einen Menschen nennen soll, den Gott aus den Menschen
ausgewählt, über der Schar der übrigen so hoch emporgehoben, den Gott
so innig mit Sich verbunden, ihm sogar über Sich Gewalt gegeben hat? O
Geliebteste, werden wir uns noch wundern, wenn die Jahrbücher der
heiligen Kirche uns erzählen, wie alle, die den Priester mit den Augen des
Glaubens ansahen, denselben hoch verehrt haben?
Die katholischen Priester sind höchst ehrwürdig, denn unbegreiflich
hoch ist die Würde derselben. Sie haben die Gewalt, Sünden zu vergeben
und die Gewalt, zu konsekrieren.
Geliebteste! Nun eine Frage: Wird dem Priester auch von allen diese
Ehrfurcht dargebracht? ,Sie werden Euch aus den Synagogen ausstoßen‘,
prophezeite Christus seinen Aposteln und deren Nachfolgern. ,Ja, es kommt
die Stunde, daß ein jeder, der Euch tötet, Gott einen Dienst zu tun glauben
wird.‘ Diese Aussicht hat der göttliche Heiland den katholischen Priestern
gestellt, und so ist es vielfach auch gekommen, von den Tagen der Apostel
an bis heute. Ihr wißt es alle, auch heute gibt es solche, welche den Priester
schmähen und lästern, alles mögliche aussagen in Wort und Schrift, ihn
verachten und verächtlich zu machen suchen, in der Gesellschaft, in den
Theatern, ihn darstellen als Unterwühler der staatlichen Ordnung, und als

175
vernichte er das Wohl des Volkes, als verdumme er das Volk, auch heute gibt
es viele, die das Ansehen des Priesters auf alle Weise schädigen und dessen
Wirksamkeit lähmen wollen.
Und wenn Ihr an einem Priester etwas wirklich Tadelnswertes findet,
was sollt Ihr tun? Wie die Feinde unserer heiligen Kirche es machen? Es
ausposaunen, vergrößern, generalisieren? Was ein Einziger getan, dem
ganzen Stand zur Last legen? O nein, das tut Ihr nicht, ich weiß es.
Wenn es also in seltenen Fällen geschieht, daß ein Priester, während er
andere mit Schätzen der Kirche bereichert, selbst nichts davon für sich er-
hält, wenn es in seltenen Fällen geschieht, daß ein Priester, ohne im Stand
der Gnade zu sein, Beichte hört oder zelebriert, die heilige Messe feiert,
wenn er also zwar andere reinigt und deren Sünden tilgt, aber die seinigen
vermehrt, wenn es in seltenen Fällen geschieht, daß dasjenige, wodurch er
anderen den Himmel verschafft, für ihn Anlaß zur Verdammnis wird, was
tun, Geliebteste? Beten für einen solchen ganz und gar unglücklichen
Priester und die priesterliche Würde auch an einem solchen noch ehren. —
Betet und richtet nicht! denn ,Mein ist die Rache‘ spricht der Herr; und es
ist entsetzlich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“
Es mag Überwindung kosten, sich durch einen derartigen Gedankenwust
hindurchzuwinden und hindurchzufinden. Man liest oft von Hirtenbriefen
und erfährt nur durch die Zeitungen ausschnittweise den einen oder den
anderen Satz, mit dem sich der nicht-katholische Teil des Volkes, mit dem
sich gegebenenfalls eine Regierung auseinanderzusetzen hat. Aber den
ganzen eigenartigen, auf die geistige Haltung der katholischen Hörer und
Leser abgestimmten Ton hört man nur sehr selten oder gar nicht. Darum
lohnt es sich schon auch für den Außenstehenden, den Nichtkatholiken,
einmal die Waffen des sogenannten geistigen Kampfes des Gegners, des
päpstlichen Roms, persönlich kennenzulernen und auf sich wirken zu
lassen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Die erschütternde Wirkung
kann nicht ausbleiben, wenn man sieht, wie hohe Kirchenfürsten die
einfachsten Gesetze gesunden Denkens umdrehen und verbiegen, um eine
vorgefaßte Meinung — also bestenfalls eine Behauptung — gleichzeitig
beweisen und als schon bewiesen zur Grundlage allgemein-verbindlicher
Verpflichtungen machen zu wollen. Man hört aus allem heraus: der
Wunsch ist der Vater des Gedankens!
Schlimmer wird es noch, wenn einfache Geistliche ihren hohen
Vorbildern folgen und die Würde des Priestertums ins Ungemessene
steigern. — So hielt am 6. Juli 1924 der Franziskaner-Pater Hermengild
Wäldele in Oberkirch (Baden) bei einer Primiz-Feier (Feier des ersten Meß-
Opfers durch einen jungen Priester) eine Predigt, in der er sich folgender-
maßen äußerte:

176
„Die Welt schätzt Wissenschaft. Das Wort Gottes, das der Priester
verkündet, die Lehre der unfehlbaren, vom heiligen Geist geleiteten Kirche,
ja, schon der Katechismus enthält mehr Wissenschaft als alle Bücher und
Bibliotheken der Weltweisheit. Die Welt schätzt schöne Literatur. Wieviel
Wesen macht man mit einem Wort von Schiller, Goethe u. a. Welches Wort
aber kann sich messen mit dem Priesterwort: ,Das ist mein Leib‘, das er bei
der heiligen Wandlung spricht, oder mit dem ,Ich spreche dich los‘ im
Bußsakrament? Die Welt schätzt Eroberungen. Der Priester erobert ewige
Kronen und Reiche, er erobert Seelen für den Himmel, oft sich selbst
vergessend. Die Welt schätzt den, der Gewalt hat. Der Priester hat Gewalt
über die Natur. Er verwandelt Brot und Wein in den allerheiligsten Leib
und in das heilige Blut Jesu Christi. Er hat Gewalt über die Gewissen: er
absolviert (Vergebung) von Sünden. Er hat Gewalt über Gott selbst, bringt
ihn in die sakramentale Gegenwart, trägt ihn, wohin er will. Gott folgt
ihm.
Auf Erden finden wir nichts, was sich mit der Würde und Größe des
katholischen Priestertums zu messen vermag. Steigen wir also noch höher
hinauf; vielleicht finden wir im Himmel den rechten Maßstab, um seine
Größe zu schätzen. Da gibt es Engel zum Schutz der Menschen. Der
Priester steht höher; er ist der Schutzengel des eucharistischen Heilands,
sichtbarer Schutzengel des Reiches Christi in den Seelen. Da gibt es Erz-
engel. Ein einziges Mal durfte ein solcher das Geheimnis der Mensch-
werdung verkünden. Die Priester verkünden nicht nur, sie geben dem
Heiland unzählige Male eine neue Daseinsweise. In der geheimen Offen-
barung sieht der Lieblingsjünger Erzengel über die Erde ziehen mit
goldenen Schalen. Es sind die Schalen des göttlichen Zornes. Darin
tragen sie Pest, Hunger und Krieg, aber noch nie hat ein Erzengel das
kostbare Blut Jesu in goldener Schale getragen. Der Priester tut es täglich,
und in seiner Hand ist keine Schale des göttlichen Zornes, sondern der
erbarmenden Huld und Liebe.
Darum gehört den Priestern auch Ehrfurcht und dankbare Gesinnung,
Rücksicht auf ihre menschlichen Fehler und Schwachheiten und viel Gebet
für ihre Wirksamkeit.“¹⁶⁾
In der „Schildwache“ (Nr. 50, 1931) schreibt ein Priester:
„Welch ein großartiges Wunder! — Mitten unter uns leben und wirken
Männer, deren Hand hinausreicht bis zum Himmel, so daß sie die Gewalt
haben, die Tore des Himmels zu öffnen und zu schließen. Mitten unter uns
wirken Männer, deren Hand hinunterreicht bis zur Hölle, so daß sie
Gewalt haben, die Pforten der Hölle zu schließen oder offenzuhalten.
Mitten unter uns wirken Männer, die die Gewalt haben, den ewigen Gottes-

177
sohn herabzurufen vom Himmel auf die Erde, vom Thron seiner Allmacht
im Himmel auf den Altar, so daß er wahrhaft, wirklich und wesentlich mit
Leib und Seele, Fleisch und Blut, Gottheit und Menschheit unter uns weilt
in verborgener Gestalt. Mitten unter uns leben und wirken Männer, die die
Gewalt haben, unsere Seelen mit Gott zu verbinden und in sie ein höheres,
göttlicheres Leben hineinzulegen, so daß sie Kinder Gottes werden und
Gott ihr wahrer Vater wird, gleichen Wesens wie sie. Mitten unter uns leben
und wirken Männer, die die Gewalt haben, ihre hochgeweihten Hände auf
unser Haupt zu legen, und siehe da, die Kraft von ,Oben‘, der Heilige Geist,
geht in unsere Seele ein und weiht die einen zu Streitern Christi und andere
zu Priestern Christi.
Diese mit solch ungeheurer Gewalt ausgestatteten Männer sind die
katholischen Priester und Bischöfe. Wenn wir hingewiesen haben aus diese
von Gott den Priestern übertragenen Gewalten, so ist auch damit das tiefste
und eigentliche Wesen des katholischen Priestertums gekennzeichnet. Wir
können nicht mehr, wir dürfen auch nicht weniger von ihm sagen. Dabei
bleibt der Priester ein Mensch, bekleidet mit der menschlichen Natur, die
zum Bösen geneigt, schwach, unvollkommen ist, bei allen Menschen, ohne
Ausnahme.“
Die neueste Kundgebung über die Würde des Priestertums ist die
Enzyklika Pius XI. „Ad catholici sacerdotii“ vom 20. Dezember 1935. Sie
ist besonders darum wichtig, weil oft gesagt wird, die überspannten Ansprü-
che der mittelalterlichen Kirche seien modernen Auffassungen gewichen
und hätten heute höchstens noch geschichtlichen, aber keinen praktischen
Wert mehr. Das Rundschreiben über das katholische Priestertum belehrt uns
jedoch darüber, daß beides, Auffassung und Anspruch, sich in nichts
geändert haben. Einige Sätze werden das beweisen.
„Der Priester ist, wie man mit voller Berechtigung zu sagen pflegt, in
der Tat ,ein zweiter Christus‘, weil er in gewisser Weise Jesus Christus
selbst fortsetzt … Daraus erhellt die unaussprechliche Güte des mensch-
lichen Priesters, der Gewalt selbst über den Leib Jesu Christi hat … Fast
bei jedem entscheidungsvollen Schritt seines Erdenweges findet der Christ
an seiner Seite den Priester, bereit, ihm mit der von Gott verliehenen Voll-
macht jene Gnade mitzuteilen oder zu vermehren, die das übernatürliche
Leben der Seele ist … So ist der Priester von der Wiege bis zum Grabe, ja
bis zum Himmel, an der Seite der Gläubigen: als Führer und Tröster,
Diener des Heiles, Ausspender von Gnaden und Segnungen … Jedoch unter
allen diesen Vollmachten, die der Priester über den mystischen Leib Christi
zum Segen der Gläubigen besitzt, befindet sich eine, bei der Wir Uns nicht
mit dem einfachen obigen Hinweis begnügen können. Wir meinen die

178
Vollmacht, die ,Gott‘ — nach einem Wort des heiligen Johannes Chry-
sostomus — weder Engeln noch Erzengeln verlieh, die Gewalt der
Sündenvergebung: ,Welchen ihr die Sünden nachlasst, denen sind sie
nachgelassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten‘. Eine
staunenerregende Vollmacht, die nur Gott zukommt, so daß menschlicher
Stolz selbst nicht begreifen konnte, daß es möglich sei, sie Menschen
mitzuteilen. ,Wer kann Sünden nachlassen als Gott allein?‘ Und wenn wir
sie von einem gewöhnlichen Menschen ausgeübt sehen, da fragen wir uns
mit Recht, nicht in pharisäischem Ärgernis, sondern in ehrfürchtigem
Staunen vor so großer Würde: Wer ist dieser, daß er sogar Sünden vergibt?
… Zu Füßen eines Menschen haben wir uns befunden, der Christi Stelle
vertrat. Wir standen dort, um Freiheit und Gotteskindschaft zu erlangen …
Wenn die Welt auf der abschüssigen Bahn des Irrtums und des Lasters nicht
noch tiefer abgeglitten ist, so schuldet sie das dem Licht der christlichen
Wahrheit, das immer noch in die Welt hineinstrahlt. Nun wohl, diesen
ihren ,Dienst am Wort‘ übt die Kirche durch die Priester aus … Alle
Wohltaten, welche die christliche Kultur in die Welt gebracht hat, sind
wenigstens in ihrer Wurzel dem Wort und Wirken des katholischen Priesters
zu verdanken … Wer kann sagen, wie viele Strafen das Gebet des Priesters
von der treulosen Menschheit fernhält, und wie viele Wohltaten es ihr
beständig erwirkt … In Wahrheit, mitten zwischen Gott und Menschen
steht der Priester: Gottes Wohltaten bringt er zu uns herab; unsere Bitten
trägt er zu ihm empor und versöhnt den Herrn in seinem Zorn.‘ … Die
Unwürdigkeit des Trägers macht keineswegs die Ausübung des Amtes un-
gültig. Die Unwürdigkeit des Spenders berührt nicht die Gültigkeit der
Sakramente … Da ,Gott Geist ist‘, scheint es angebracht, daß ein jeder, der
sich seinem Dienst widmet und weiht, sich auch in gewisser Weise ,von
seinem Leib frei mache‘ (Ehelosigkeit) … Mit freudigem Trost im Vater-
herzen schauen wir auf Unsere Brüder und Unsere geliebten Söhne, die
Bischöfe und Priester; wie eine eiserne Truppe sind sie stets bereit, auf
den Ruf des Führers hin an alle Fronten des ungeheuren Kampffeldes zu
eilen, um dort die friedenbringenden, aber doch harten Kämpfe der
Wahrheit gegen den Irrtum, des Lichtes gegen die Finsternis, des Reiches
Gottes gegen das Reich des Teufels zu führen … Aber diese Eigenschaft
des katholischen Priestertums, eine bewegliche und tapfere Streiterschar zu
sein, bringt mit sich die Notwendigkeit eines Geistes der Disziplin oder, um
es mit einem mehr christlichen Worte auszudrücken, die Notwendigkeit des
Gehorsams, die alle die verschiedenen Grade der katholischen Hierarchie
so schön miteinander verbindet … Der Gehorsam soll also immer mehr die
verschiedenen Glieder der kirchlichen Hierarchie untereinander und mit
dem Haupt verbinden und so die streitende Kirche den Feinden Gottes

179
wahrhaft furchtbar machen wie ein ,gutgeordnetes Schlachtheer‘ … Der
Priester soll in gesunder Weise modern sein, wie es die Kirche ist, die alle
Zeiten und Länder umspannt und sich allen anpaßt, die alle gesunden Anre-
gungen segnet und fördert und sich auch nicht fürchtet vor den kühnsten
Fortschritten der Wissenschaft, wenn sie nur wahre Wissenschaft ist.
Immer zeichnet sich der katholische Klerus auf allen Gebieten des
menschlichen Wissens aus. Ja, es gab Zeiten, da trat er so an die Spitze der
Wissenschaft, daß ,Kleriker‘ gleichbedeutend wurde mit ,Gelehrter‘ …
Damit die künftigen Priester jenes zeitgemäße Wissen besitzen — wie Wir
oben angeführt haben —, ist es von höchster Bedeutung, daß sie nach einer
gründlichen Ausbildung in den klassischen Studien auch gut in der
scholastischen Philosophie nach Art, Lehre und Grundsätzen des ,Doctor
angelicus‘ (= der engelhafte Lehrer, d. h. Thomas v. Aquin) unterrichtet und
geübt werden. Diese ,Philosophia perennis‘ (= ,Ewige Philosophie‘), wie
sie unser großer Vorgänger Leo XIII. genannt hat, ist ihnen nicht nur für die
Vertiefung des Dogmas nötig, sondern bewahrt sie auch wirksam gegen alle
Arten moderner Irrtümer: sie befähigt ihren Geist, das Wahre vom Falschen
genau zu unterscheiden und verleiht ihnen in den verschiedensten Fragen
oder späteren Studien eine Klarheit des Denkens, die dem anderer, die diese
philosophische Schulung nicht erhalten haben, weit überlegen ist, auch
wenn diese mit einem ausgedehnten Einzelwissen ausgerüstet sind.“
Diese Ausführungen des Papstes fallen unter allen Umständen in das
Gebiet der Unfehlbarkeit. Er spricht hier nicht als Privatmann, sondern in
Ausübung seines Amtes als „Hirte und Lehrer aller Christen“, nicht nur
für einen Teil der katholischen Christenheit in irgendeinem Land; denn das
Priestertum ist als Garant päpstlicher Macht über die ganze Erde verbreitet.
Die Priesterweihe als Sakrament ist aber auch unzweifelhaft eine Lehre, die
den Glauben angeht. Es treffen also alle Erfordernisse zu für eine Entschei-
dung „ex cathedra“, welche die Unfehlbarkeit bedingen. Dies können auch
ein halbes Dutzend der gewiegtesten Jesuiten nicht hinwegdisputieren. Was
der Papst in diesem Rundschreiben verkündet, das ist von der katholischen
Christenheit als unfehlbare Lehre zu glauben. Wer es nicht tut, ist dem Bann
verfallen. Pius XI. hat also alles bestätigt, was bisher in der römischen
Kirche über den Priester und seine übermenschliche Würde gesagt und
geschrieben wurde. Der Priester ist kraft seines Amtes herausgehoben aus
der übrigen Menschheit, er wird national geschlechtslos. Er ist herausge-
hoben aus der Gemeinschaft und Verbundenheit des Volkes, das in seiner
Gesamtheit ein lebendiger Ausdruck göttlichen Willens ist und daher eine
privilegierte Sonderkaste göttlichen Machtanspruchs als Fremdkörper
empfinden muß. Die Ahnung dieser Erkenntnis ist sogar einem der Ihrigen,
dem Rompriester Dr. Mönius, gekommen, als er in der katholischen „Allge-

180
meinen Rundschau“ vom 5. Juli 1930 schrieb:
„Lecke nur gegen den Stachel! Rom bleibt germanisches Schicksal.
Tiefer, als du es nur ahnst, sitzt dieser Pfahl dir im Fleisch.“

4.
Induziertes Irresein.*)
Über tausend Jahre wirkt die suggestive Beeinflussung durch Wort und
Schrift, Unterricht, Predigt und Beichtstuhl, durch äußere Machtentfaltung
auf der einen, durch Ketzerverfolgung und Scheiterhaufen auf der anderen
Seite.
Ist es da verwunderlich, wenn mit so ungeheuren und ungeheuerlichen
Mitteln eine religiöse Gemeinschaft seelisch derartig beeinflußt wurde, daß
sie endlich innerlich überzeugt war von der Macht und Würde des Priester-
tums und seiner Spitze, des Papsttums? Für die Deutschen Katholiken sind
da noch von besonderer Bedeutung die „Generalversammlungen der
Katholiken Deutschlands“, kurz die „Deutschen Katholikentage“ genannt.
Von 1848-1932 fanden sie mit kurzen Unterbrechungen (Weltkrieg und
teilweise Nachkriegszeit) jährlich statt und galten allgemein als „Herbst-
paraden“, die das Zentrum abnahm. In Essen tagte 1932 die letzte dieser
großen Heerschauen des römischen Katholizismus auf Reichsdeutschem
Boden. Der nächste „Allgemeine Deutsche Katholikentag“ fand 1933 schon
nicht mehr in Deutschland, sondern in Wien statt. Damit scheint die Zeit der
Deutschen Katholikentage vorbei zu sein. Die nächste römisch-katholische
Heerschau 1935 in Prag nannte sich „Erster gesamt-staatlicher Katholiken-
tag“. Wir Deutschen haben keine Veranlassung, den Herbstparaden des
Zentrums nachzutrauern; wir rufen ihnen in ihrer Kirchensprache ein auf-
richtig gemeintes: requiescant in pace nach. (Sie mögen in Frieden ruhen
…) In Deutschland haben sie 84 Jahre eines Jahrhunderts dem Frieden der
Volksgemeinschaft nicht gedient. Die 70 Bände der Katholikentagsproto-
kolle bilden eine reiche Fundgrube von römisch-katholischem Gedankengut
und für die Erforschung des induzierten Irreseins. Priester und Laien hielten
begeisternde Ansprachen vor stets vieltausendköpfiger Menge, die ebenso
begeistert mit tosendem Beifall antwortete. Eine ganz kleine und beschei-

*) Siehe Dr. med. Mathilde Ludendorff „Induziertes Irresein durch Okkultlehren“, „Des
Menschen Seele“ und „Das Gottlied der Völker“.

181
dene Auslese soll uns die Stellungnahme der Katholikentage zum Priester-,
besonders zum Papsttum, zeigen. Die in Klammern beigefügten Zahlen
geben die Jahreszahlen der Versammlungen an.
Dem romhörigen Katholiken ist „Kirche“ zugleich Staat, „Gottes-
Staat“, demgegenüber seine Heimat minderen Rechtes:
„Jede Staatsgewalt hat ihre Schranken am göttlichen Recht, am Recht
der überstaatlichen Kirche.“ (1927.)
Nicht einmal gleich geachtet darf Deutschland dem irdischen
Herrschaftsgebiet des Priesters werden; denn:
die „päpstliche Souveränität ist die höchste auf Erden. Es wäre nicht
richtig, wollte man die Souveränität des Staates einfach neben die
Autorität der Kirche stellen“. (1928.)
Daher gibt es für den treuen Katholiken in Wahrheit auch nur ein ein-
ziges Staatsoberhaupt:
„Der Papst ist der einzige Souverän, wahrhaft von Gottes Gnaden“
(1921), — „… der den Himmel bevölkert.“ (1907.) — „Der Papst empfängt
bei seiner Krönung die dreifache Krone, als Vater der Fürsten und
Könige, als Leiter des Erdreiches, als Stellvertreter unseres Herrn Jesu
Christi auf Erden.“ (1887.) — „In Rom treten uns viele Wunder entgegen,
Wunder der Natur, Wunder der Kunst, Wunder der Gnade; das größte aber
von allen diesen Wundern, das ist der Papst. Wenn wir zum Papst treten, so
haben wir das Bewußtsein, daß wir nicht vor einem gewöhnlichen Men-
schen knien, sondern vor dem Stellvertreter Jesu Christi; da wird es uns
klar, daß vom Papst aus, vom Papsttum aus, die Lösung aller jetzt schwe-
benden Fragen, nicht nur der rein kirchlichen, sondern auch der politi-
schen und sozialen Fragen, erfolgen muß.“ (1886.) — „Der Papst ist der
höchste Inhaber göttlicher Autorität auf Erden.“ (1907.) — „Er ist der
Felsen, an dem sich die Gegner die Schädel einstoßen.“ (1869.)
Daher muß, da Irrtum ja ausgeschlossen ist, seine Anordnung ohne
jegliches Deuteln befolgt werden. Dies hat Nuntius Pacelli 1927 noch
einmal kurz eingeprägt, indem er sagte:
„Die Kirche muß Ihnen ein Unbedingtes sein; sie darf Ihnen nun und
nimmer zum Problem werden.“
Hingerissen von der Begeisterung der Stunde, schwört dann die Menge
die vorgesprochenen Gelöbnisse „Gehorsam gegen unsern heiligen Vater,
den Papst, ohne den geringsten Vorbehalt und die geringste Nuance“.
(1911.) — „Unbedingte Befolgung seiner Anordnungen, wenn in irgend-
einer Frage Meinungsverschiedenheiten entstehen.“ (1912.) — „Alle Ver-

182
hältnisse des menschlichen Lebens wollen wir mit dem Geist der christ-
lichen Weltanschauung durchdringen, den leidenden Mitmenschen soll
unsere schaffende Liebe gelten, in den Angriffen auf Papst und Papsttum
wollen wir uns fest um den einen Mann (in Rom) scharen, ihm treu bis in
den Tod.“ (1911.) — „Wenn in irgendeiner Frage Meinungsverschieden-
heiten entstehen, dann folgen wir unbedingt den Anordnungen des heiligen
Vaters und den Weisungen unserer Bischöfe. Sind wir aber einmal von dem
rechten Weg abgekommen, dann schwenken wir auf den Ruf unserer
Bischöfe ein, wie eine Kompanie Soldaten auf dem Exerzierplatz.“
(1912.) — „Ich meine, wenn es ein Ding gibt, das zeitgemäß ist, so ist es
gerade das, was man den ,toten Gehorsam‘, den ,Jesuiten-Gehorsam‘
nennt.“ (1890.)
Angesichts eines solch kindlichen Gehorsams konnte 1912 der Wort-
führer der Österreichischen Katholiken, Graf Rességuier, seine Anerken-
nung spenden:
„Es ist ein Erfolg dieses Katholikentages, daß Sie in so ostentativer
Weise erklärt haben, daß der heilige Vater Ihr erstes und oberstes Ziel
immer sein und bleiben wird.“
Es wird andererseits als eines der „bedauernswertesten Vorurteile“ der
Ungläubigen bezeichnet, daß man „im Papst“ und in den Bischöfen nur
Menschen erblickt, weil man vergißt, „daß sie von Christus höhere Gewalt
und Erleuchtung bekommen haben.“ (1863.) Daher wird immer wieder der
Gehorsam dem heiligen Vater gegenüber der Menschheit geradezu einge-
hämmert, damit sie ihn nur ja nicht vergißt und sich von den Ungläubigen
verführen läßt, und ihre Parole lautet:
„Rom ist uns noch mehr als das Herz, es ist das übernatürliche
Zentrum unseres Lebens.“ (1875.)¹⁷⁾
Bei solchen und ähnlichen Bekenntnissen muß man unwillkürlich
fragen, ob diesen Kreisen bewußt wird, daß sie ja eigentlich nach ihrer
Glaubensauffassung Blasphemie, d. h. Gotteslästerung, treiben. Sie würden
eine derartige Behauptung in subjektiver Ehrlichkeit mit Entrüstung
zurückweisen; denn sie wissen ja nicht, was sie tun. Sie sind so befangen
gemacht worden, daß ihnen kaum einmal rein menschlich das Abstoßende
ihres Byzantinismus zu Bewußtsein kommt. Sie schlucken einfach alles,
wenn es ihnen nur schmackhaft irgendwie als Seelennahrung gereicht wird.
— Unbesehen nahm man 1870 den Satz der römischen Zeitung „Civiltà
cattolica“ hin:
„Wenn der Papst denkt, so ist es Gott, der in ihm denkt.“
Kritiklos las man das Wort des Wiener Theologieprofessors Commer:

183
„Der Papst wird mit Recht das menschliche und belebte vornehme
Instrument des menschgewordenen Logos (des ,Wortes‘) und der Gottheit,
der andere Christus genannt.“
Es sind durchaus nicht nur Priester, die sich in derart verstiegenen
Anhimmelungen ihrer Kaste ergehen, sondern leider vielfach Laien, die
eben schon rettungslos induziert irre sind. Vom Leibarzt Bonifaz VIII.,
Arnold von Villanova, der den Papst „Gott der Götter in der streitenden
Kirche“ nannte, bis zum Redakteur einer katholischen Zeitung unserer Tage
zieht sich eine gerade, ununterbrochene Linie. Als Pius X. am 9. August
1910 den Tag der siebenten Wiederkehr seiner „Papstkrönung“ feierte,
widmete ihm der „Osservatore Romano“ („Römischer Beobachter“) einen
Artikel, dem wir einige charakteristische Sätze entnehmen:
„Die Papstkrone überragt durch ihren inneren und ihren geschicht-
lichen Wert die Bedeutung und den Wert sämtlicher übrigen Kronen der
Welt, da sie das Abzeichen der Gewalt über jeden Menschen und über alle
Mächte der Erde ist. Christus regiert, Christus siegt, Christus herrscht,
sein Stellvertreter ebenso … Zerbrochener Kronen weist die Geschichte
unzählige auf. Die päpstliche Krone, die von Christus dem ersten Papst
gegeben wurde (!), strahlt mitten in der Unbeständigkeit der Stürme der
Zeit. Der Fremde, sei er gläubig oder ungläubig, begibt sich von den ent-
ferntesten Gestaden nach Rom, um die Papstkrone zu bewundern, ein in der
Tat unsterbliches Objekt, während er alles, was nicht substantiell Papst-
krone ist, auch anderwärts leicht sehen oder sich leicht vorstellen kann.
Das Triregnum (= das dreifache Königtum) ist mithin Symbol und Verwirk-
lichung einer unvergleichlichen souveränen Macht, weil ihre Bedeutung
von Christus kommt. Der Gottmensch hat, bevor er gen Himmel fuhr, den
ewigen Haß der Welt an die Person Petri gebunden, der lebendig und
leibhaftig seit 19 Jahrhunderten im Vatikan sitzt … Darum Herzen und
Augen empor zum Glauben an die Papstkrone! Sie ist das Signal der
Heiligkeit, der Herrlichkeit und der Ehre! …“¹⁸⁾
Diese Menschenvergötzung beschränkt sich aber nicht nur auf den
Papst; sie wird ganz allgemein auf jeden gewöhnlichen katholischen
Priester ausgedehnt. Der Verlag von Ludwig Auer, Donauwörth, warf vor
nicht zu langer Zeit mit bischöflicher Approbation (= Genehmigung)
folgenden „Schutzengelbrief“ zu Hunderttausenden unter das katholische
Volk:
„Von der Würde des katholischen Priesters. — Keine menschliche
Zunge ist imstande, die erhabene Würde eines katholischen Priesters zu
schildern. Sie überragt die Hoheit der Kaiser und Könige, ja selbst die

184
erhabenste Majestät der erhabensten Himmelsfürstin. Die Engel sind Boten
Gottes, die Machthaber dieser Welt Gottes Stellvertreter in irdischen
Dingen. Hoch über beiden stehen die Priester, denn sie sind Gottes Stell-
vertreter in Sachen des ewigen Heils. Ihre Würde ist darum göttlich zu
nennen. Die allerseligste Jungfrau Maria hat nicht solche Macht, denn sie
kann nicht die allerkleinste Sünde vergeben. Der Priester aber kann die
himmelschreiendsten Sünden mit einem Wort austilgen. Er ist darum der
Vater seiner Gemeinde, der größte Wohltäter des Volkes.
Was folgt daraus? Schreibt der Katechismus den Kindern schon Liebe,
Gehorsam und Ehrfurcht gegen die Eltern vor, in wieviel höherem Maße
gebührt sie dann dem Priester, dessen Würde und Wohltaten unermeßlich
größer sind als die der leiblichen Eltern.
Darum darfst du nie des Priesters Ruf verletzen durch Reden über seine
etwaigen Schwächen. Fluch über solche Lippen, die eine heimliche Sünde
des Priesters ans Licht ziehen oder auch selbst ein schweres Ärgernis
desselben anderen Mitteilen.
Hingegen sorgt für sein leibliches Wohl, seid pünktlich im Zahlen der
Gebühren und Lasten! Was ihr ihm vorenthaltet, das verweigert ihr Gott
selbst, dessen Stellvertreter er ja ist.“¹⁹⁾
Die holländische Zeitung „Zeelandia“ übertrumpft nach Angabe der
„Kölnischen Volkszeitung“ (Nr. 512 vom 6. Mai 1912) noch diesen schönen
Schutzengelbrief. In einem Artikel „Ehret die Priester“ veröffentlichte
diese Zeitung folgenden Lobgesang auf den kath. Priester:
„Welche menschliche Zunge kann die Würde des Priestertums und die
Größe des Priesters aussprechen? Groß war Adam, der als König der Erde,
als Bewohner seines unermeßlichen Gebietes, Befehle gab; groß war
Moses, der durch sein Wort die Wogen des Noten Meeres sich spalten ließ;
groß war Josua, der der Sonne gebot, still zu stehen; groß sind die Fürsten
der Erde, die über zahlreiche Heere gebieten und die Welt erzittern lassen,
— aber da ist ein Mensch, der noch viel größer ist als alle diese, ein
Mensch, der jeden Tag, wenn er will, die Pforten des Himmels öffnet und,
sich zum Sohn des Ewigen wendend, sagt: ,Steige herab von deinem
Thron!‘, und gehorsam der Stimme dieses Menschen verläßt das göttliche
Wort seinen Sitz und wird Fleisch in den Händen dieses Menschen, der
mächtiger ist als die Könige, als die Engel, ja selbst als die erhabene
Jungfrau Maria selber, und dieser Mensch sagt zu seinem Gott: ,Heute
habe ich dich geschaffen, du bist mein Opfer!‘ Und Gott läßt sich durch
diesen Menschen opfern und tragen, wohin er ihn tragen will, und dieser
Mensch ist der Priester! Der Priester steht hocherhaben über den Engeln
da; denn diese sind nicht imstande, auch nur die kleinste Sünde zu ver-

185
geben, aber der Priester braucht nur seine gesegneten Hände zu erheben
und nur ein einziges Wort auszusprechen, um den größten Sünder von allen
seinen Sünden zu reinigen. Und diesen Menschen, den Priester, der über
allen Engeln des Himmels steht, wagt man zu verachten, zu bespotten und
zu verleumden.“²⁰⁾
Bemerkenswert sind diese Erzeugnisse der katholischen Presse
besonders deshalb, weil sie trotz der göttlichen Würde des Priesters mit
seiner weitgehenden menschlichen Schwäche, mit „heimlichen Sünden“
und „schweren Ärgernissen“ rechnen — und das war lange vor den Kloster-
skandalen des Jahres 1937! — Es ist ferner bezeichnend, daß man seiner
Verehrung des „göttlichen“ Priesterstandes am besten dadurch Ausdruck
verleiht, daß gut für sein leibliches Wohl gesorgt werden muß und im
Zahlen der Gebühren (bei Taufen, Trauung, Begräbnis, Seelenmessen) und
Lasten (Kirchensteuer) Pünktlichkeit herrschen soll.
Um diese menschlichen Schwächen der göttlichen Priester wird wohl
auch sicher der bekannte Katholikenführer Alois Fürst zu Löwenstein
gewußt haben. Das hinderte ihn aber nicht, am 15. Dezember 1929 in der
„Schöneren Zukunft“ das 50jährige Priesterjubiläum des Papstes zu feiern
und, nachdem er über die Sakramente der römischen Kirche (Taufe,
Firmung, Altarsakrament, Ehe und letzte Ölung) gesprochen hatte, fortzu-
fahren:
„Was ist das alles gegen die Priesterweihe? … Durch die Taufe werde
ich zur Kindschaft Gottes erhoben, der Priester darf hundertweise Men-
schenkinder in Gotteskinder verzaubern. Im Heilbad des Beichtstuhles
darf ich armer Sünder mich rein waschen lassen — dem Priester ist von
Gott die geheimnisvolle Kraft geschenkt, als Wunderdoktor an den Seelen-
kranken der größte Wohltäter der geplagten Menschheit zu sein: ,Ego te
absolvo‘ (= Ich spreche dich los von deinen Sünden!).“
Der Kreis ist vollkommen geschlossen. Jahrhunderte hindurch ist in
Lehre, Predigt und Unterricht die bis zur Gottähnlichkeit gesteigerte Würde
des Priesters, vom Papst bis zum Dorfkaplan, dem gläubigen Volk sugge-
riert worden. Die „Nußknacker der Seele“ (Nietzsche) hatten die Seelen
zerbrochen. Die „Lakaien“ und „Truthähne Gottes“ (Nietzsche), die
„geweihten Besserungstechniker“ (F. Th. Bischer) hatten eine undurch-
dringliche Kamarilla um das Göttliche gebildet, zu dem man nur durch sie,
die Funktionäre des Glaubens, gelangen konnte. Als konfessionelle Wege-
lagerer und Raubritter hatten sie auf der Straße des Lebens die Menschheit
ausgeplündert und ihr das Beste genommen, die unmittelbare Verbindung
mit dem Göttlichen. Sie allein konnten die Bande der Gottverbundenheit
knüpfen und lösen. Sie hatten die Einheit: Volk und Gott, zerrissen und

186
zu Widersprüchen gemacht, und nur, wer von der Volksverbundenheit
sich trennte, sollte von ihnen zur Gottverbundenheit geführt werden. Sie
wurden ebenso, wie Mommsen von den Juden sagte, das „ewige Ferment
der Decomposition“ (= Sauerteig der Zersetzung) im nationalen Leben der
Völker, ad majorem dei gloriam. Sie hatten es erreicht: im Schafstall Jesu
Christi hielten sie, die Hirten, ihre blökende Herde durch ihre Schäferhunde:
Sünde, Buße und Sündenvergebung, in Zaum. Das Kirchenvolk selbst
nahm sie unendlich wichtiger, als sie es verdienten; das induzierte Irresein
war gelungen.
Im 16. Jahrhundert schien der Deutsche Luther die Priesterüberheb-
lichkeit auf der einen und die Priesterhörigkeit auf der anderen Seite zu
zerstören, indem er die Lehre eines besonderen Priestertums verwarf. Aber
indem er Sünde, Buße, Sündenerlösung durch Christus im Lehrgebäude der
evangelischen Kirche bestehen ließ, gab er tatsächlich dem Prediger von
Sünde, Buße und Christus den Platz des beseitigten Priesters. Gewiß
nahm das evangelische Kirchenvolk im Laufe der Zeit und nimmt es
besonders heute seine Pfarrer nicht so ernst wie die Katholiken ihre Priester.
Um so ernster nehmen sie sich selbst, da im Theologen jeder Richtung und
Schattierung Herrschsucht doch das stärkste geistige Erbe zu sein scheint,
das im umgekehrten Verhältnis zu ihrer anerkannten Bedeutung steht. Mit
dem Wachsen der Bedeutungslosigkeit steigt aber der Wunsch nach Würde.
Der katholische Priester kann im allgemeinen Umgang mit Mitmenschen
noch eine gewisse Natürlichkeit zeigen, weil er um seine Würde nicht zu
bangen braucht, weil er als Amtsträger ja in Person „Hochwürden“ ist.
Dagegen fehlt dem evangelischen Geistlichen die Würde von Amts wegen,
und nur zu oft ersetzt er die persönliche durch ein gespreiztes, unnatürliches
Wesen, das mit der Stellung wächst. Dann sprechen boshafte Menschen
wohl etwa von „General-Superimpertinenten“, denen „Würde“ aus allen
Knopflöchern springt. Da lehrgemäß in der evangelischen Kirche das Amt
der Person keine besonders gott-ähnliche Stellung gibt („Wir sind Sünder
allzumal“), sucht man ein Podium, einen erhöhten Platz, von dem aus man
auch bei kleinster Figur von allen gesehen und gehört werden muß. Dieses
Podium heißt Theologie und wird sogar „Wissenschaft“ genannt. Ihre
Jünger kommen zu eigenartigen Ergebnissen. Vom 7. bis 9. Oktober 1932
tagte die 36. Generalversammlung des Evangelischen Bundes in Kassel.
Diese Organisation war 1886 nach dem Sieg Roms im Kulturkampf „zur
Wahrung der Deutsch-protestantischen Interessen“ gegründet worden. Aus
der geplanten Volksbewegung ist langsam, aber sicher ein Theologen-Klub
geworden, der um Anhängerschaft wirbt. Auf der genannten Generalver-
sammlung rief in eine vielhundertköpfige Menschenmenge ein evange-
lischer Pfarrer hinein: „Wir brauchen weniger Religion als Theologie!“

187
„Theologie“ ist das Schlagwort dieser Kreise geworden gerade in den
letzten Jahren. Nietzsche nannte sie inhaltsgetreu: „Begriffsspinneweberei“.
Wie Theologen in überwältigender Mehrheit die Leiter der Landes-, Haupt-
und Zweigvereine sind, so sucht man den Nachwuchs unter den jungen
Studenten in Schulungskursen aus denen zu bilden, die eine „gute und
anständige Theologie“ haben; woraus der Nichttheologe nur dankbar
schließen kann, daß es auch eine schlechte und unanständige Theologie
gibt. Das drückte schon Napoleon I. in den Worten aus:
„Die Theologie nimmt in der Religion etwa denselben Platz ein wie die
Gifte unter den Nahrungsmitteln.“²¹⁾
Theologie ist ihnen das Allheilmittel. Am 24. September 1935 erklärte
der jetzige Bundespräsident auf der Zentral-Vorstandssitzung des Evange-
lischen Bundes:
„Unsere Auseinandersetzung mit Rom erfordert als oberstes Gebot eine
gründliche, an Luther geschulte Theologie, die sehr genau weiß, was sie
sagt, und wohin sie mit jedem Wort zielt.“²²⁾
Den Riesen Luther spannen diese Schmalspurreformatoren vor ihr hinter
der Zeit und ihrem Drängen zurückgebliebenes Sekundärbähnchen, damit er
sie aus dem Hinterland der Bedeutungslosigkeit wieder an den Hauptstrang
des rauschenden Lebens ziehe, in das sie sich allein nicht einschalten
können. Der Evangelische Bund soll nach den Worten desselben Bundes-
präsidenten vom 31. März 1936 die „theologische Kriegsindustrie“ der
evangelischen Kirche auf die Höhe bringen; man nennt sich gern die
„Kampftruppe“, die „SA.“ der evangelischen Kirche. Man möchte für die
evangelische Kirche das sein, was die „Katholische Aktion“ für die röm-
ische Kirche ist. Auf den Zentral-Vorstandssitzungen vom 14. März 1933
und 5. Oktober 1934 erklärte ein uraltes Mitglied des Bundes:
„Seine größte und wichtigste Aufgabe ist die ,actio evangelica‘ (=
Evangelische Aktion), eine zielbewußte Mobilisierung sämtlicher Kräfte der
evangelischen Kirche und des Deutschen Protestantismus zum Entschei-
dungskampf um das Erbe der Reformation gegen ihre alten und neuen
Widersacher.“²³⁾
Das größte Erbe der Reformation sollte die Gewissensfreiheit sein. Der
Papst, „der alte, böse Feind“, gibt sie nie und kann sie nicht geben, weil er
damit die Sprengladung in den Vatikan legte. Die neuen Widersacher aber
sind alle, die um der Volksgemeinschaft willen den konfessionellen Kampf
in Deutschland verabscheuen. Dagegen ruft man zum Entscheidungskampf
und stellt sich in dieselbe Front, die man sonst im Namen der Reformation
um des Gewissens willen bekämpft hat. Wittenberg liegt doch an der

188
Straße nach Rom! Die Annäherung der beiden Kirchen mag noch so oft
abgeleugnet werden; sie ist vorhanden. Es ist noch nicht so lange her, daß
der Professor der evangelischen Theologie Heiler aus Marburg sich die
katholische Bischofsweihe geben ließ, um dann seinerseits evangelischen
Pfarrern, die noch im Dienst ihrer evangelischen Gemeinde standen, die
katholische Weihe zu erteilen. — Es soll nicht unsere Sorge sein, ob die
evangelische Kirche an ihrem Luther, dem erbitterten Papstgegner, durch
solche Annäherung Verrat begeht; wir denken mit Lagarde:
„Jede Religion, sogar Fetischismus, ist besser als der Mischmasch aus
fader, feiger Sentimentalität und den abgestandenen, angefaulten Resten
des Christentums, den wir heutzutage ,Protestantismus‘ nennen.“²⁴⁾
Uns interessiert nur die Feststellung, daß christliche Theologen, auch
bei aller Verschiedenheit der Dogmen, innerlich zusammengehören und
sich aus dem Volk herausheben, das endlich aus den toten und ertötenden
Dogmen der Kirchen den Weg zum lebendigen Glauben an sich und seine
gottgegebene Verbundenheit gefunden hat.
Einen schönen Beitrag für dieses Sichfinden der ehemaligen Gegner
Rom und Wittenberg bietet das „Katholische Kirchenblatt für das Bistum
Berlin“ vom 24. Januar 1937, Nr. 4, unter der sensationellen Überschrift:
„Die Audienz des Hofpredigers beim Papst“:
„Die dänische Sonntagszeitung ,Nordisk Ugeblad‘ bringt eine interes-
sante Wiedergabe einer Privataudienz, die der evangelische Hofprediger
Kaiser Wilhelms II. im September des Jahres 1934 bei Pius XI. auf Castel
Gandolfo gehabt hat. Johannes Keßler, so heißt der letzte Hofprediger,
schildert selber in seinen Lebenserinnerungen die ergreifende Szene:
,Da öffnete sich die Tür zum Arbeitszimmer des Papstes. Unmittelbar
vor mir sah ich ihn, an seinem großen Schreibtisch sitzend, gekleidet in sein
weißes Habit, darüber das große, kunstvoll gearbeitete Brustkreuz. Die
Haltung des Papstes war ehrwürdig und hoheitsvoll. Trotz des Alters
unverkennbaren Spuren war sein Auge so klar und lebendig, daß es
gleichsam einen jugendlichen Glanz über sein ganzes Wesen ausstrahlte. In
seinem Blick lag eine so warme Herzensgüte, daß sie unwillkürlich Zu-
trauen und Sympathie erzwang. Der Papst gab dem anwesenden Prälaten
ein Zeichen zum Abtreten, und wir waren allein unter vier Augen. So
streckte er jetzt seine Hand gegen mich aus und bat mich, Platz zu nehmen.
Er versicherte mir, daß es ihm ein Vergnügen sei, mit mir zu sprechen. Da
war mit einem Male wie durch ein Wunder die Kluft zwischen uns beiden
überbrückt. Jede steife Gemessenheit, jede ängstliche Verlegenheit und jede
kluge, vorsichtige Berechnung verschwand wie der Nebel vor der Sonne. Es
war nicht der kalte Verstand, sondern das warme Herz, das nun zur

189
Sprache kam.
Ich dankte dem Papst für die wertvollen Dienste, die er mir erwiesen
hatte, als er noch seinerzeit Leiter der Ambrosianischen Bibliothek zu
Mailand war, wo ich meine Studien zu den Märtyrerakten machte und er
mir dabei behilflich war, eine unbekannte Handschrift zu finden … Auf
seine Frage berichtete ich nun dem Papst von der Zeit, wo ich Prinzen-
erzieher und Seelsorger am kaiserlichen Hof war, und auf seinen besonde-
ren Wunsch erzählte ich ihm über meine Begegnungen und Erlebnisse mit
Hindenburg, was ihn ebenfalls sehr interessierte. Unwillkürlich kam ich
dann zu sprechen auf die Gegenwart, ihre Probleme und Kämpfe um die
Kirche. Es war für mich ein unvergeßlicher Augenblick, als der Papst mir
seine Hand reichte, und mit verklärtem Blick, wie einer, der in die Zukunft
zu schauen vermag, mir sagte: ,Wir wollen es halten mit dem alten
Patriarchenwort: In spe contra spem — Wir leben in Hoffnung gegen alle
Hoffnung‘ — dem ich noch Joachim Neanders Wahlspruch anfügte: Ich will
mich lieber tot sehen, als im Unglauben zugrunde gehen. — Ich mußte es
auch aussprechen, daß es meine innerste Überzeugung wäre, daß es mehr
als bisher eine von Gott befohlene Notwendigkeit sei, daß beide Schwester-
kirchen die Streitaxt begraben und sich einander unterstützen in ihrer
gemeinsamen Arbeit für das christliche Volk. Ich gelobte, alles dazu beitra-
gen zu wollen, daß diese Aufgabe in Harmonie und Frieden mit unseren
katholischen Mitbürgern ausgeführt würde. — Der Papst war sichtlich
bewegt und sprach für mich seine besten Wünsche mit der Hoffnung auf ein
Wiedersehen aus.
Die Stunden in Castel Gandolfo werden vor mir stehen, solange ich
leben werde, mehr als eine interessante Erinnerung oder unverdiente Aus-
zeichnung, nämlich als eine Feierstunde, die mich schauen ließ in das Herz
eines so guten, tief aufrichtigen und in Wahrheit glaubensstarken Führers
der Kirche. Es war eine Bekräftigung der Communio Sanctorum (=
Gemeinschaft der Heiligen), von der gläubigen Gemeinschaft auch in ver-
schiedenen Kirchenabteilungen, und meine Überzeugung wurde gestärkt,
daß unser Glaube, unser christlicher Glaube, doch ein Sieg ist, der die
Welt überwindet.“
Nach der Audienz dachte der Verfasser dieser Lebenserinnerungen
längere Zeit über alles nach, was er erlebt und gehört hatte, und das alte
Christuswort klang ihm in den Ohren:
„Es wird einmal ein Schafstall und ein Hirte sein!
Das sei allen, die es nötig haben, von Herzen gegönnt ...!“
Sollte der Hofprediger nie davon gehört haben, sollte das katholische
Kirchenblatt, das die Sentimentalität allerhöchster Theologie weidlich für

190
seine Zwecke ausnutzt, es ganz vergessen haben, was derselbe Papst Pius
XI. in seiner Enzyklika „Mortalium animos“ vom 6. Januar 1928 gesagt
hat? Zu den Konferenzen in Stockholm und Lausanne hatte man alle christ-
lichen Kirchen, auch Rom, eingeladen, um über den Bau des bewußten
„einen Schafstalles“ zu verhandeln. Alle waren gekommen, nur Rom nicht.
Dafür schrieb der heilige Vater seine Enzyklika, in der er die andern Schafe
„Allerwelts-Christen“ nannte, was sie sehr übelnahmen. — Haben Kirchen-
blatt und Hofprediger vergessen, daß Pius XI. beim Pilgerempfang aus
England am 8. Dezember 1929 gesagt hatte:
„Der Katholizismus strahlt im hellen Licht, während der Protestantis-
mus von Verfall zu Verfall sinkt.“
Haben sie nicht daran gedacht, wie bei der Heiligsprechung des Canisius
am 22. Mai 1925 unter den Augen desselben Papstes der Prälat Monsignore
Salotti in Rom bei einer Predigt zunächst Luther in pöbelhaftester Weise be-
schimpfte und dann zum Schluß erklärte:
„Der Protestantismus sinkt herab zur Bedeutungslosigkeit, der Katholi-
zismus ist die aufsteigende Macht in allen Völkern und Ländern.“
Sie halten sich beide, katholisches Kirchenblatt und evangelischer Hof-
prediger, an die Schrift, und befolgen, nur mit verteilten Rollen, ihr Wort:
„Seid klug wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben.“ Wobei die
Rolle des Einfältigen dem Kirchenblatt nicht zufällt …
Im „Amtsblatt für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern rechts
des Rheins“ (Nr. 33 vom 1. Oktober 1934) zeigt der evangelische Landes-
bischof Dr. Meiser, daß der Protestantismus scheinbar bereit ist, die Kampf-
stellung Luthers gegen die unberechtigten römischen Machtansprüche
aufzugeben:
„Wir glauben die eine heilige katholische und apostolische Kirche, die
Gott der Herr aus allen Völkern und Rassen beruft, und harren auf seinen
Tag, an dem alle, die an Jesus Christus glauben, unter ihm als dem einigen
Hirten eine Herde werden. Bis dahin aber halten wir unverrückbar fest am
Bekenntnis unserer lutherischen Kirche, weil es aus Gottes Wort genommen
und darinnen fest und wohl gegründet ist. Wir getrauen uns aber nicht, in
der romfreien deutschen Nationalkirche selig zu werden!“
Noch deutlicher spricht der evangelische Landesbischof von Ungarn,
Alexander Raffay, die Übereinstimmung der evangelischen Kirche mit der
katholischen Kirche aus, als er einem Vertreter der ungarischen Zeitung
„Magyar Hirlap“ (Budapest) seine Meinung über die neueste päpstliche
Enzyklika vom 14. März 1937 („Mit brennender Sorge“) zum besten gab:
„Es ist erschütternd und zum Verzweifeln, daß nach einer zweitausend-

191
jährigen Vergangenheit das Haupt der größten christlichen Kirchen-
gemeinde gezwungen ist, vor dem christlichen Volk allgemeine und
primitive christliche Lehren und Wahrheiten zu verkünden. Die Sätze, die in
der Enzyklika vorkommen und sich betont der Kirchenpolitik des National-
sozialismus entgegenstellen, sind derart, daß sie jede christliche Gemeinde
unterschreiben kann. Der Papst trat namens der Seelen- und Religions-
freiheit vor die Weltöffentlichkeit und berichtet von tausenderlei Arten der
Verfolgung des deutschen Katholizismus. Wir wären keine Protestanten,
wenn wir uns nicht einig hielten mit den erschütternden Worten des
Oberhauptes der katholischen Kirche (... daher der Name „Protestant“! D.
V.), in welchen er namens seiner Gläubigen Rechtsschutz und Freiheit für
die Religionsübung, für die Lebensweise im Zeichen der Religion und für
die Erziehung im Sinne der Religion verlangt. Die protestantischen Kirchen
haben stets die Unantastbarkeit der Religionen und die Unantastbarkeit des
gläubigen Menschen vertreten. Wir können unsere Solidarität mit der
Enzyklika des Papstes nicht leugnen, die meines Erachtens ernste und
weittragende Konsequenzen nicht nur in Deutschland, sondern in der
politischen Entwicklung der ganzen Welt nach sich ziehen wird. Ich bin
überzeugt, daß wir in absehbarer Zeit den endgültigen und katastrophalen
Zusammenbruch dieser Irrlehren erleben werden. In der Religion gibt es
keinen Nationalgedanken, das ist unvorstellbar, sowie Ehre und Anstän-
digkeit ein über den Nationen stehender Sittenbegriff ist. Die Geschichte
beweist, daß jedem Staat die Kirche die stärkste Stütze, die moralische
Kraft bedeutet. Vergessen wir nicht, daß die Kirche über eine größere
Ordnungsmacht und Bedeutung verfügt als der Staat selbst; wenn ein
Staatsmann oder Politiker die Kirche zu verfolgen beginnt, so beurteile ich
dessen Zukunft und die Dauer seiner Bedeutung nicht günstig. Es besteht
eine erschütternde Ähnlichkeit der Methoden des Bolschewismus und des
Nationalsozialismus.“²⁵⁾
Weiter kann die Gemeinsamkeit der ehedem feindlichen Brüder im
christlichen Lager kaum gehen. — Es fehlte nur der Jude als Dritter im
Bunde — und siehe, da ist er schon! Nach dem „Osservatore Romano“ hat
der römische Oberrabbiner David Prato am jüdischen Osterfest 1937 eine
Ansprache gehalten, in der er sich gegen den allerorts und von verschie-
denen Seiten geführten Kampf gegen Gott gewandt hat. (Von Rußland und
Spanien hat der würdige Herr anscheinend noch nichts gehört. D. V.) Die
Juden müßten als erste dem Appell des Papstes Folge leisten, daher fordert
er die gläubigen Juden auf, alle Kräfte in den Dienst der Sache zu stellen.
Sein Rassengenosse und Amtskollege in New-York, der Oberhetzer und
Rabbiner Untermeyer, hat das schon längst getan und kürzlich auch einen
tüchtigen Helfer, dem Erzbischof von Chikago, Mundelein, gefunden. Eine

192
ähnliche Forderung des Zusammenschlusses stellte schon auf der 53. Gene-
ralversammlung der Katholiken Deutschlands in Essen (1906) der Professor
Einig:
„Theologen und Laien, Katholiken und Protestanten und Juden —
einig müssen wir alle zusammenstehen! Gott ist in Gefahr!“²⁶⁾
Immer ist „Gott in Gefahr“, wenn ein Volk und ein Staat sich den un-
berechtigten Machtansprüchen der Kirchen nicht fügen wollen. Wenn Rom
irgendwo nicht herrschen kann, spricht es mit der leidvollen Miene des
Märtyrers von „Verfolgung“. Es wolle doch die Seligkeit bringen und sein
höchstes Ziel ist der Himmel …
Nun, dann sollen sie an ihres Meisters Wort denken:
„Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer
ist das Himmelreich.“ (Matth. 5. 10.)
Entweder werden sie um dessentwillen, was sie Gerechtigkeit nennen,
verfolgt: dann erreichen sie bestimmt ihr höchstes Ziel, den Himmel, den
wir ihnen neidlos zugestehen. Dann sollen sie zufrieden sein. Oder sie
werden nicht verfolgt: dann ist ihr Geschrei Lüge und bewußte Verleum-
dung des Staates, der sie deswegen allerdings nur mit irdischen Strafen
belegen kann. In Deutschland aber wird niemand um seines Glaubens
willen verfolgt; es sei denn, daß die christlichen Kirchen am liebsten alle
die vernichten möchten, die sich von ihnen frei gemacht haben, und den
Staat zum Büttel ihrer Ansprüche machen wollen und über Verfolgung
schreien, wenn der Staat sich dessen weigert.
„Die Kirche leugnet den Staat und will den doch vorhandenen
beherrschen“ (F. Th. Bischer).
Die Staatsgewalt ist aber des Volkes und nicht der Kirche wegen da. In
Deutschland sind die Zeiten endgültig vorbei, in denen der Staat oder seine
Leitung sich in den Entschlüssen für das Volkswohl von den Ansprüchen
irgendeiner Sonderkaste, und sei es eine Kirche, leiten und bestimmen
lassen; auch wenn Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt werden, wenn
alles menschliche Tun Sünde genannt und der Erlösung bedürftig erklärt
wird, wenn der Priester als einziger Heilsvermittler und der Theologe als
Himmelsprokurist hingestellt wird. Dies alles sind nur Mittel zum Zweck,
und dieser heißt: Herrschaft!

193
5.
Folgerungen
Bei kaum einem Volk ist die Objektivität — d. h. der Drang, dem
Gegner, selbst dem Feind, möglichst gerecht zu werden, so groß wie beim
Deutschen. Das ist sicher Ausdruck einer inneren Kraft und großer
Ehrlichkeit. Leider ist aber dadurch in unserer Geschichte sehr oft Schaden
für Volk und Vaterland entstanden, besonders wenn es sich um einen still
und leise schleichenden, zielbewußten Gegner handelt, wie es das päpst-
liche Rom ist. Die Sammlung päpstlicher und priesterlicher Machtan-
sprüche, die wir brachten, wird vielleicht von dem einen oder andern auch
heute noch nur als interessantes Kultur- und Geschichtsdokument ohne
praktische Bedeutung aufgefaßt. Doch Rom ist immer sehr klug gewesen
und hat seit je in Jahrhunderten gedacht; es war nie „objektiv“: das ist seine
große Stärke. Es hat so oft und so lange seine Ansprüche wiederholt, bis die
Welt sich daran gewöhnt hatte und sie sogar nicht einmal für ernst nahm.
Dann war der Augenblick gekommen, wo man aus der jahrhundertealten,
unwidersprochenen Gewohnheit ein Recht, ein Gesetz machte; dann sprach
man vom Gewohnheitsrecht. Als ob gewohnheitsmäßig betriebene An-
maßung und Betrug — also Unrecht — jemals Recht werden könnten!
Doch solch ethische Auffassungen vom Zustandekommen von Recht und
Gesetz kümmern Rom nicht. Die Ethik — Moral — ist für die andern da,
für die, welche mit ihrer Hilfe beherrscht werden sollen. Denen wird seit
frühester Jugend klarzumachen versucht oder mindestens suggeriert, daß
alle Ansprüche Roms als Rechte zu verteidigen sogar moralische Pflicht sei.
Dann glauben derartig erzogene — oder besser verzogene — Katholiken,
wenn die starke Leitung eines Volkes allzu anmaßende Übergriffe in das
Volksleben und das Staatsgefüge abwehrt, es werden Rechte ihres geist-
lichen Oberhauptes, des Papstes, Rechte der Kirche, verkürzt. Sie kommen
in Gewissenskonflikte zwischen Glaube und Heimat. Solche Konflikte
werden natürlich wieder klug von Rom benutzt, indem man unter dem
Deckmantel von Religion und Glauben Zurückweisung unberechtigter
machtpolitischer Ansprüche als Verletzung religiöser Gefühle, als Kampf
gegen die Religion, als Verfolgung des Glaubens bezeichnet.
Die Geschichte, auch der Gegenwart, ist davon überreich an Beispielen.
Alle Meinungsverschiedenheiten — milde gesagt — gehen zurück auf nicht
zeitig genug abgewehrte Machtansprüche, die man so lange als „harmlos“
hinnahm, bis sie Rom zum Recht machte. Solche „Rechte“ greifen heute
noch in das völkische Staatsleben hinein und bergen immer wieder

194
Konfliktstoffe in sich, welche alles andere als der Volksgemeinschaft zu-
träglich sind.
Im katholischen Kirchenrecht werden die „Standes-Rechte“ der Kleriker
aufgeführt, die sie nicht etwa auf Grund besonderer Leistungen für die
Gesamtheit des Volkes beanspruchen, sondern nur zufolge ihrer priester-
lichen Würde und ihres Dienstes für die römische Kirche, also reine
Standesvorteile vor den übrigen Volksgenossen.
Da ist zunächst das sogenannte „privilegium canonis“. Dieser Ausdruck
ist schwer zu übersetzen. „Kanon“ (= Regel, Gesetz) bezeichnet im kirch-
lichen Sprachgebrauch ursprünglich die Richtschnur für christlichen Glau-
ben und christliches Leben (im Anschluß an Galather 6,16 und Philipper
3,16), seit dem 4. Jahrhundert aber vorwiegend kirchliche Synodalbe-
stimmungen im Gegensatz zu den kaiserlichen Gesetzen. Späterhin hießen
„canones“ ganz allgemein: Rechtsbestimmungen der kirchlichen
Organe, im Gegensatz zu den weltlichen „leges“ (= Gesetzen). Seither ist
canon allgemein der Rechtsbegriff für kirchliche Rechtsnorm. Man kann
also das Privilegium canonis nur sinngemäß übersetzen als das auf der
kirchlichen Rechtsnorm fußende Vorrecht. Es stammt aus dem zweiten
Lateran-Konzil (1139) und schützt in besonderer Weise Kleriker, Mönche,
Nonnen, Laienbrüder und Novizen gegen Gewalttätigkeit und tätliche Be-
leidigung. („Wer einen Kleriker verhaut, was nur unter der Einflüsterung
des Satans zu verstehen ist, sei verflucht.“) Das Deutsche Reichsstrafge-
setzbuch entsprach dem durch § 196, wonach Geistliche in Ausübung ihres
Berufes besonders geschützt werden. Das kirchliche Gesetzbuch von 1917
(codex juris canonici) schärft den Katholiken die Bestimmung vom Jahre
1139 noch einmal ein im Kanon (§) 119:
„Der Gläubige schuldet den Klerikern nach ihren verschiedenen Gra-
den und Ämtern Ehrerbietung, und sie begehen die Sünde des Gottesraubes
(Gotteslästerung), wenn sie den Klerikern eine tätliche Beleidigung zufü-
gen.“
Auch das Reichskonkordat von 1933 befaßt sich hiermit: Es heißt im
Artikel 5:
„In Ausübung ihrer geistlichen Tätigkeit genießen die Geistlichen in
gleicher Weise wie der Staatsbeamte den Schutz des Staates. Letzterer (der
Staat) wird gegen Beleidigungen ihrer Person oder ihrer Eigenschaft als
Geistlicher sowie gegen Störungen ihrer Amtshandlungen nach Maßgabe
der allgemeinen staatlichen Gesetzgebung vorgehen und im Bedarfsfall
behördlichen Schutz gewähren.“
Hierbei muß darauf hingewiesen werden, daß die Geistlichen sich den
Staatsbeamten gleichstellen lassen, während sie sich sonst wehren, mit

195
diesen auf eine Stufe gestellt zu werden und sich durchaus auch nicht immer
in diesem Sinne betätigen. Des Staatsbeamten erste Pflicht ist: Treue zum
Volk; des Geistlichen erste Pflicht ist: Treue zu Kirche und Papst. Wo aber
Rechte winken, nimmt man es gern in Kauf, den Staatsbeamten gleich-
gestellt zu werden, ohne an die daraus sich ergebenden Pflichten zu denken.
Rechte ohne Leistungen, Absonderung und Heraushebung aus der Volks-
gemeinschaft sind die Folgen der priesterlichen Würde.
Das zweite Vorrecht ist das „Privilegium competentiae“, die beschränk-
te Vollstreckbarkeit an dem Diensteinkommen, bzw. der Pension des Geist-
lichen. Das zum Standesunterhalt Notwendige darf nicht gepfändet werden.
Dieses Privileg beruht auf dem „Gewohnheitsrecht“. Kanon 122 des
kirchlichen Gesetzbuches von 1917 schärft das noch einmal ein:
„Den Klerikern, die gezwungen werden, ihre Gläubiger zu befriedigen,
soll soviel Einkommen unverletzt sein, als sie nach der klugen Einschätzung
eines kirchlichen Richters zum anständigen Lebensunterhalt notwendig
brauchen; wenn das sichergestellt ist, sollen sie möglichst bald ihre Gläubi-
ger bezahlen.“
Damit sie ja nicht vergessen wird, erfolgt diese Bestimmung noch
einmal im Artikel 8 des Konkordates von 1933:
„Das Amtseinkommen der Geistlichen ist im gleichen Maße von der
Zwangsvollstreckung befreit wie die Amtsbezüge der Reichs- und Staats-
beamten.“
Ihrerseits läßt aber die Kirche oft unerbittlich bei manchem ihrer armen
Anhänger die Kirchensteuer durch staatliche Vollziehungsbeamte einziehen,
ja sogar bei solchen, die aus der Kirche ausgetreten sind; Ketzergeld stinkt
nicht! — Nebenbei gesagt: hierin hat die evangelische Kirche von der
katholischen auch gründlich gelernt.
Das dritte Vorrecht ist das „privilegium immunitatis“, d. h. das Vorrecht
der Befreiung kirchlicher Personen von gewissen öffentlichen Pflichten und
Lasten. — Bei der Nachweisung der Quelle dieses Vorrechtes ist das katho-
lische Kirchenrecht ein wenig in Verlegenheit und muß selbst zugeben, daß
eine dogmatische Begründung von seiten der Kirche nicht vorliegt. Aus den
Bestimmungen des Konzils von Trient ergibt sich nur, daß manche öffent-
liche Lasten, z. B. Frondienste, mit dem geistlichen Beruf unverträglich
sind, daß daher die Immunität nicht einseitig aus dem weltlichen Recht
hergeleitet werden darf. Die Befreiung der Kleriker von Staats-, Gemeinde-
und Kirchensteuer ist im Laufe der Zeit aufgehoben worden. Nur die
Befreiung der sogenannten „Messstipendien“ von der Versteuerung durch
den Staat bestand noch bis vor kurzem. Das Messstipendium ist das
„Geschenk“, das die Gläubigen einem Priester für die Darbringung einer

196
Messe in ihrer Meinung geben. Die Mindesthöhe dieses „Geschenkes“ ist
aber in den einzelnen Diözesen von den Bischöfen festgesetzt worden; für
die Diözese Breslau z. B. beträgt es 2.00 Mark. Oft aber ist es höher, so daß
ein römischer Priester an Messstipendien eine monatliche Einnahme von
60-90 Mark und darüber hat. Diese Nebeneinnahme wurde bis 1936 in
Deutschland nicht vom Staat besteuert. Das kirchliche Gesetzbuch (codex
juris canonici) sagt im Kanon 1509,5:
„Der Besteuerung sind nicht unterworfen die Geschenke und Abgaben
für die Messen.“
Aber das Finanzministerium in Berlin war anderer Ansicht und hob
1936 die Steuerfreiheit der Messstipendien auf. Darauf erhob sich großes
Wehgeschrei in der katholischen Kirche, und der „Osservatore Romano“
schrieb:
„Wenn diese Nachricht wahr ist, und wir haben Grund genug anzu-
nehmen, daß dem so ist, so sieht man sich wieder einmal vor einer dieser
methodisch vorbereitenden Schikanen der Religionsverfolgungen, was auch
der Vorwand sei. Der Nationalsozialismus greift hier einen Gedanken auf,
der beispielsweise in den Zeiten der freimaurerischen Kirchenfeindlichkeit
in Italien bei den sozialistischen und radikalen Parteien in großer Mode
war. Das Ziel einer solchen Maßnahme ist ein zynischer Angriff auf die
Heiligkeit und die Freiheit der Kirche, in denen das Messopfer, die höchste
und heiligste Kundgebung der Religion und des christlichen Glaubens, wie
ein Geschäft behandelt wird, soll die Heiligkeit der Kirche gewissermaßen
in der Sprache der Steuereinnehmer getroffen werden. Ihre Freiheit sucht
man dadurch zu untergraben, daß ein rein religiöser Akt zum Gegenstand
amtlicher Nachforschungen gemacht wird.“
Diese Entrüstung des „Osservatore Romano“ hat jemand treffend
dahingehend charakterisiert, man will die Kirschen in Nachbars Garten und
tritt dabei in die eigenen Nesseln. Nun ist auch dieses Vorrecht ganz im
Sinne der Volksgemeinschaft aufgehoben. Dagegen gibt es noch andere
öffentliche Dienste, von denen die römischen Kleriker auf Grund ihrer
Würde befreit sind. Im kirchlichen Gesetzbuch von 1917 heißt es im Kanon
(§) 122:
„Alle Kleriker sind vom Militärdienst, von öffentlichen Ämtern und
Diensten befreit, da sie für den Klerikerstand unpassend sind.“
Artikel 6 des Konkordates von 1933 schärft dies noch einmal ein:
„Kleriker und Ordensleute sind frei von der Verpflichtung zur Über-
nahme öffentlicher Ämter und solcher Obliegenheiten, die nach den
Vorschriften des kanonischen Rechtes mit dem geistlichen Stand bzw. dem

197
Ordensstand nicht vereinbar sind. Dies gilt insbesondere für das Amt eines
Schöffen, eines Geschworenen, eines Mitgliedes der Steuerausschüsse oder
der Finanzgerichte.“
Einerseits ist es gut, daß unsere öffentlichen Ämter auf diese Weise von
römischen Einflüssen frei bleiben; denn die Kleriker und Ordensleute sind
bei eventueller Ausübung solcher Ehrenämter immer noch Beamte der
römischen Kurie und können dabei leicht in Gewissenskonflikte kommen,
die wohl dann meist nach dem Grundsatz: „Gottesrecht bricht Staatsrecht“
gelöst würden. — Andererseits ist aber die römische Auffassung über die
Deutschen Ehr- und Rechtsbegriffe von der besonderen Würde der Ehren-
ämter des Soldaten, des Schöffen, des Geschworenen usw. insofern recht
bemerkenswert, als sie wiederum die priesterliche Würde höher stellt.
Das vierte Sonderrecht ist das „Privilegium fori“, das Vorrecht der
eigenen Gerichtsbarkeit. Die Kirche hatte (fußend auf 1. Korinth. 6, 1-8)
im justinianischen wie im fränkischen Recht sich ein weitgehendes Sonder-
recht eigener Gerichtsbarkeit erworben. Hiernach bildete in Zivil- und
Kriminalsachen nur der Bischof den kompetenten Gerichtsstand für die
Geistlichen. Im Hin und Her der Kämpfe zwischen Kirche und Staat bildete
Anerkennung und Ablehnung dieses Vorrechtes durch den Staat einen
beliebten Streitgegenstand. Die Päpste aber haben nie auf dieses Sonder-
recht ihrer Geistlichen verzichtet, und „tüchtige“ Theologen halfen ihnen
bei der Begründung desselben. — Der Jesuit Bellarmin schreibt:
„Abgesehen von allem andern, wäre es doch zu schändlich, wenn die
weltliche Obrigkeit einen Bischof zurechtweisen und bestrafen könnte,
der sie selbst zurechtzuweisen und zu bestrafen hat. Und wer möchte es
ertragen, daß heute ein Priester einen Beamten vor seinen Richterstuhl
führte, morgen aber umgekehrt der Beamte den Priester vor den seinigen?
Müßte nicht alle Ehrfurcht, die notwendig die Laien doch vor den Pries-
tern haben müssen, zugrunde gehen, wenn sie solche vor ein weltliches
Gericht zwingen könnten? Daher lehrte die Vernunft das Menschenge-
schlecht und setzte im Vorrang vor allen Fürstengesetzen fest, daß überall
Priester von der Gerichtsbarkeit weltlicher Fürsten frei sein müssen.“²⁷⁾
Papst Urban XIII. verkündete am 1. April 1627:
„Wir exkommunizieren und bannen alle und jede weltlichen Beamten,
Richter, Rechtsanwälte, Schreiber, Vollstreckungs- und Unterbeamten, die
sich nur irgendwie in Kapitalprozessen und Strafsachen gegen kirchliche
Personen einmischen; ebenso, wenn sie gegen kirchliche Personen Prozeß
führen, sie ächten, gefangennehmen oder Urteile gegen sie herausbringen
und vollstrecken, ohne dazu eine besondere, ins Einzelne gehende und
ausdrückliche Erlaubnis des heiligen Apostolischen Stuhles zu besitzen;

198
ebenso diejenigen, welche eine solche Erlaubnis auf Personen und nicht
ausdrücklich genannte Fälle ausdehnen oder mit ihr rechtswidrigen Miß-
brauch treiben; ebenso alle, welche solchen Missetätern als Räte, Senato-
ren, Präsidenten, Kanzler, Vizekanzler oder sonstwie Benannte geholfen
haben.“²⁸⁾
Diese hierdurch zum Ausdruck kommende, etwas weitgehende kirch-
liche Eigengerichtsbarkeit war für aufstrebende und selbständige Staaten
auf die Dauer untragbar. In Deutschland sind die Gerichte nach § 12 des
Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG.) vom 28. Mai 1898 Staatsgerichte. Die
Ausübung einer geistlichen Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegenheiten
ist demnach ohne bürgerliche Wirkung. Indessen hält die Kirche auch heute
noch am Vorrecht der eigenen Gerichtsbarkeit fest. Der einfach selbst-
verständliche staatliche Grundsatz:
„Die kirchliche Gerichtsbarkeit für weltliche Zivil- und Kriminalsachen
der Geistlichen ist gänzlich abzuschaffen, selbst ohne Einvernehmen und
trotz Widerspruchs des apostolischen Stuhles“
ist als These 31 im Syllabus von 1864 vom Papst Pius IX. verworfen
worden. Damit werden die Verfechter dieser für ein gesundes Staatswesen
naturnotwendigen Lehre exkommuniziert. Der Syllabus von 1864 ist ebenso
wie der von 1907 nicht zurückgenommen worden, also für Rom und seine
Ansprüche noch in Kraft. Fünf Jahre später hat Pius IX. sogar am 12. Okto-
ber 1869 in der Bulle „Apostolicae sedis moderationi“ diese Forderung
noch einmal ganz scharf formuliert, indem er mit der nur vom Papst zu
lösenden Exkommunikation alle belegt,
„welche die Richter aus dem Laienstand direkt oder indirekt zwingen,
kirchliche Personen, den kanonischen Vorschriften zuwider, vor ihren
Richterstuhl zu ziehen; ebenso alle diejenigen, welche Gesetze und Ver-
ordnungen gegen die Freiheit oder die Rechte der Kirche erlassen“.
Zum letzten Mal wurde dieser kirchliche Anspruch im Kirchengesetz-
buch von 1917 im Kanon (§) 120 verankert:
„Die Kleriker müssen sich in allen Streit- und Kriminalfällen vor einem
kirchlichen Richter einfinden, wenn es nicht anders für einzelne Orte recht-
mäßig vorgesehen ist.“
Gerade dieses „Vorrecht“ gewinnt in unseren Tagen besondere Bedeu-
tung. Man sage nicht, die päpstlichen Erlasse hierüber und ihre Verdam-
mungsurteile gegen die Übertreter — d. h. also gegen alle Staatsoberhäupter
unabhängiger Staatswesen — seien vollkommen veraltet. Rom gibt nie-
mals etwas auf, was es je beanspruchte und als sein Recht betrachtet
hat. Die Kirche hat nicht nur einen großen Magen für das sonst so

199
verachtete weltliche Gut, das für die anderen leicht ein Fraß von Rost und
Motten wird, sondern auch für Forderungen, Ansprüche und Rechte. So gibt
es z. B. viele Bistümer nicht mehr, die einst bestanden haben. Den Anspruch
darauf aber hält Rom fest, indem es für heute gar nicht mehr vorhandene
Bistümer, die von der Geschichte und den „Ungläubigen“ hinweggefegt
worden sind, Bischöfe ernennt, die sogenannten Bischöfe in partibus
infidelium (abgekürzt: i.p.i.), d.h. Bischöfe in den Gebieten der Ungläu-
bigen.
Der ehemalige päpstliche Nuntius in Berlin, jetzige Kardinalstaats-
sekretär, Eugenio Pacelli, ist nebenbei auch Erzbischof von Sardes; ein
Erzbistum Sardes besteht seit rund 1000 Jahren nicht mehr. So gibt Rom
nie einen Anspruch, nie ein Recht auf, wenn es dasselbe auch wegen der
Zeitumstände praktisch nicht in Kraft setzen und vollziehen kann.
Auch das Vorrecht der eigenen Gerichtsbarkeit für die Geistlichen besteht in
der Meinung des Vatikans heute noch unzweifelhaft zu Recht. Ein Staat, der
Geistliche, die sich als kriminell erwiesen haben, durch seine Gerichte
verurteilen und bestrafen läßt, ist in den Augen Roms ein Rechtsbrecher
kirchlicher Privilegien, auf die es ja nie verzichtet hat. Daher werden in der
ganzen Welt von katholischen Geistlichen und kirchlichen Würdenträgern
nicht etwa Bitt- und Sühneprozessionen für die Verbrecher im Priesterkleid
abgehalten, sondern ein Entrüstungssturm gegen den Staat erregt, der seine
Jugend schützt vor widernatürlichen Lüstlingen; weil er es wagt, diese
Kriminellen den anmaßenden kirchlichen Richtern, die sie nicht oder doch
nur ganz gering bestrafen würden, zu entziehen und selbst den Vollzug der
Strafe und Sühne vornimmt.
Wie unverschämt man die Achtung der Priesterwürde selbst im Falle
eines gerichtlich überführten Verbrechers verlangt, beweist das 1855 zwi-
schen Österreich und Pius IX. geschlossene Konkordat. Im Artikel 14 heißt
es dort wörtlich:
„Eine Gefängnisstrafe sollen Kleriker immer in Räumen abbüßen, die
von Laien streng getrennt sind!“
Eine Bestimmung, die durchaus zeitgemäß wirken würde, wenn sie
heute etwa der Staat erließe. Jeder anständige Verbrecher muß es ja als eine
strafverschärfende Beleidigung ansehen, seine Haft mit Brüdern von
Waldbreitbach und anderen Trägern von Kutte und Soutane in der gleichen
Zelle abzusitzen.
Dies alles sind äußerst lehrreiche Beispiele dafür, wie die zur Gottähn-
lichkeit gesteigerte Würde des Priesters ihm Sonderrechte verleiht, ihn
damit aus der Volksverbundenheit löst und gegen die Volksgemeinschaft
„sündigen“ läßt. Verbundenheit und Gemeinschaft von rassisch zusammen-

200
gehörigen Menschen ist nach römischer Auffassung ja auch nur etwas
Irdisches und Weltliches, und gilt als solches für durchaus minderwertig.
Die Einheit von Körper, Seele und Geist im Menschen hat das Christen-
tum bewußt zerrissen und in einzelne Teile aufgespalten, die in Wider-
spruch und Kampf miteinander stehen. Der Körper ist bestenfalls Neben-
sache, wenn nicht an sich schon sündhaft, und Körperertüchtigung ohne
seelische Kniebeuge geradezu gottwidrig. Das Wichtigere, ja überhaupt nur
einzig Wertvolle ist das Geistig-Seelische. Und das wird vom Priester, dem
berufenen Stellvertreter und Beauftragten Gottes, in Monopolverwaltung
genommen. Wer anders denkt und handelt, ist ein Häretiker und Ketzer und
verdient nur ausgerottet zu werden. Wie mag die nicht mehr geübte
„Ketzertötung“ von vielen, mehr geistlichen als geistigen, Gehirnen als
ausgesprochen fühlbarer Mangel empfunden werden!? Wo doch schon der
heilige Thomas von Aquin so schön und einleuchtend bewiesen hat, daß die
Tötung für den Ketzer eine Wohltat sei, durch die er zur Seligkeit geführt
wird — und gar erst der heil. Robert Bellarmin, der Jesuit, der da schreibt:
„Die Ketzer können nach allgemeinem Urteil mit Fug und Recht exkom-
muniziert und daher getötet werden. Daraus wird erwiesen, daß die Exkom-
munikation eine größere Strafe als der zeitliche Tod ist. Die Erfahrung
lehrt, daß es kein anderes Heilmittel gibt. Die Kirche ist langsam, Schritt
für Schritt, vorgegangen und hat alle Mittel versucht. Zuerst die Exkommu-
nikation allein, dann fügte sie Geldbuße hinzu, dann Verbannung, und
zuletzt wurde sie zur Anwendung der Todesstrafe gezwungen … Die Ketzer
fügen den Nächsten mehr Schaden zu als irgendein See- oder Straßen-
räuber, weil sie die Seele töten, die Grundlage für alles Gute fortnehmen,
und den Staat mit Aufruhr erfüllen, der eine notwendige Folge der Ver-
schiedenheit der Religionen ist. Daher ist ihre Todesstrafe für sehr viele
ein ausgesprochener Nutzen … Schließlich ist es auch für die hartnäckigen
Ketzer eine Wohltat, wenn sie aus diesem Leben hinweggeräumt werden;
denn je länger sie leben, um so mehr Irrtümer erdenken sie, um so mehr
Menschen verführen sie, und um so größer wird der Grad ihrer Verdamm-
nis.“²⁹⁾
Es ist wirklich zu schade, daß es keine Scheiterhaufen mehr gibt! Das
fand auch ein päpstlicher Hausprälat, der Herausgeber einer in Rom erschei-
nenden Zeitschrift. In den „Analecta ecclesiastica“ (= Kirchliche Samm-
lungen), III, 29, erfolgte 1895 der Abdruck eines Urteils der spanischen
Inquisition in Cordova vom 28. Februar 1484, dem sich ein vom Kapuziner-
pater Pius a Langenio unterzeichneter Lobpreis auf die Einrichtung der
Inquisition anschloß. Diese Ausführungen veröffentlichte der päpstliche
Hausprälat in seiner Zeitschrift zu einer immerhin modernen Zeit. Es heißt

201
hierin:
„Der glückbringenden Wachsamkeit der heil. Inquisition sind sicher der
religiöse Frieden und jene starke Glaubenstreue zuzuschreiben, welche das
spanische Volk auszeichnen … Seid gesegnet, ihr flammenden Scheiter-
haufen, die ihr nur ganz wenige (?) aber sehr gerissene menschenähn-
liche Wesen aus dem Weg räumtet, die ihr ungezählte Reihen von Seelen
von dem Abgrund des Irrtums und dem Schlund der ewigen Verdammnis
gerettet habt! O wie herrlich ist das Andenken an Thomas Torquemada
(den blutrünstigen Großinquisitor) in Ehren zu halten!“³⁰⁾
Heute bringt man in Ermangelung von Inquisitionsscheiterhaufen den
Ketzer möglichst auf eine andere Weise um. Entweder boykottiert man ihn
geschäftlich und richtet ihn wirtschaftlich zugrunde oder man schlägt noch
lieber seinen guten Namen tot, treibt „Rufmord“. Der katholische Pazifist
Dr. R. Ehlen berichtete in den „Lotsenrufen“ Nr. 8, Mai 1932:
„Kurz nach den Reichspräsidentenwahlen sagte mir ein Geistlicher, der
den Einfluß eines nationalsozialistischen Führers bekämpfen wollte, daß
man dazu übergehen müsse, die Herkunft dieses Mannes ans Licht zu
ziehen, um ihn unmöglich zu machen.“
Diese moderne Art der „Ketzertötung“, diese niedrigste Kampfesart als
Ausdruck einer in ohnmächtiger Wut erkannten Unfähigkeit, mit sauberen
Waffen kämpfen und siegen zu können, hat niemand tiefer begriffen, kürzer
und beweiskräftiger zusammengefaßt und beißender verurteilt als Nietz-
sche:
„Sofern aber das ,Bessermachen‘ als Argument (= Beweis) gilt, muß
das Schlechtermachen als Widerlegung gelten. Man beweist den Irrtum
damit als Irrtum, daß man das Leben derer prüft, die ihn vertreten: ein
Fehltritt, ein Laster widerlegt … Diese unanständigste Art der Gegner-
schaft, die von hinten und unten, die Hunde-Art, ist insgleichen niemals
ausgestorben: Die Priester, sofern sie Psychologen sind, haben nie etwas
interessanter gefunden, als an den Heimlichkeiten ihrer Gegner zu schnüf-
feln — sie beweisen ihr Christentum damit, daß sie bei der ,Welt‘ nach
Schmutz suchen.“³¹⁾
Die „Welt“ ist nach christlichem Sprachgebrauch der Inbegriff der ge-
samten Natur unter besonderem Einschluß des Menschen. Auf alle Bezirke
seines Lebens vor der Geburt bis nach dem Tode, beim Einzelmenschen
wie in seiner naturgegebenen Zusammenfassung als Volk, hat die Kirche
seit je bestimmenden Einfluß und rechtsverbindlichen Zwang auszuüben
versucht. Alles gesunde Leben hat sie mit ihren Lehren und Gesetzen
verseucht. Wo es sich dagegen mit dem Instinkt der Gesundheit wehrte, wo

202
die Lehren und Gesetze keinen Nährboden fanden, nannte man alles
Gesunde in der Welt und sie selbst „böse“ und bewarf sie aus Rache mit
Schmutz. Die „böse Welt“ ist der Sammelbegriff für alles, was sich der
Kirche und ihren unnatürlichen und anmaßenden Forderungen nicht blind-
lings unterwirft. „Böse Welt“ ist schon klares, kritisches Denken und
entsprechendes zielbewußtes, selbständiges Handeln. Je weniger der Kirche
im Laufe der Zeit das „brachium saeculare“ (= der Arm der weltlichen
Macht) zur Verfügung stand — wie im Mittelalter —, um so mehr tobte
man sich aus in Exkommunikation, Anathem, Bannfluch. Die päpstlichen
Enzykliken der letzten Jahrzehnte sind fast alle von solchen Liebenswürdig-
keiten durchzogen, sodaß man sie bezeichnenderweise eher „Rundfluch“
als Rundschreiben nennen könnte. Eine zusammengedrängte Sammlung von
päpstlichen Verwerfungen gesunden Denkens und Handelns in Staatsleitung
und Volksleben ist der schon öfters angeführte Syllabus von 1864. Er ist
heute wieder ganz modern, weil Rom seit 1864 seine Ansichten und
Ansprüche nicht im geringsten geändert hat. Daher braucht eine starke
Regierung nur das zu tun, was der Papst als Irrtum verworfen hat, um
sicher zu sein, am besten die Interessen ihres Volkes zu vertreten. Ein auf-
merksames Durchlesen der folgenden Zusammenstellung unter dem Ge-
sichtspunkt der heute drängenden Zeitfragen wird die Bestätigung bringen:
„These 15: Es steht jedem Menschen frei, jene Religion anzunehmen
und zu bekennen, die er, durch das Licht der Vernunft geführt, für die wahre
hält.
These 19: Die Kirche ist keine wahre und vollkommene, völlig freie
Gesellschaft und hat keine eigenen und bleibenden, von ihrem göttlichen
Stifter ihr verliehenen Rechte, sondern es ist die Sache der Staatsgewalt, zu
bestimmen, welches die Rechte der Kirche und die Schranken seien,
innerhalb deren sie eben diese Rechte ausüben könne.
These 20: Die Kirchengewalt darf ihre Autorität nicht ohne Erlaubnis
und Zustimmung der Staatsgewalt ausüben.
These 23: Die römischen Päpste und die allgemeinen Konzilien haben
die Grenzen ihrer Gewalt überschritten, Rechte der Fürsten usurpiert, und
in Festsetzung der Glaubens- und Sittenlehren geirrt.
These 24: Die Kirche hat nicht die Macht, äußeren Zwang anzuwenden,
noch irgendeine zeitliche, direkte oder indirekte Gewalt.
These 27: Die geweihten Diener der Kirche sowie der römische Papst
sind von aller Obsorge und Herrschaft über zeitliche Dinge gänzlich auszu-
schließen.
These 28: Die Bischöfe dürfen ohne Erlaubnis der Staatsregierung nicht
einmal päpstliche Schreiben veröffentlichen. (Man denke an den kürzlich
bei einer Gerichtsverhandlung aufgedeckten Briefwechsel des Bischofs von

203
Speyer, Dr. Ludwig Sebastian, mit der römischen Kurie.)
These 30: Die Immunität (= Befreiung kirchlicher Personen von gewis-
sen öffentlichen Pflichten und Lasten, d. V.), der Kirche und der kirchlichen
Personen hat ihren Ursprung aus dem staatlichen Recht gehabt.
These 31: Die kirchliche Gerichtsbarkeit für weltliche Zivil- und Krimi-
nalsachen der Geistlichen ist gänzlich abzuschaffen, selbst ohne Einverneh-
men und trotz Widerspruchs des apostolischen Stuhles.
These 32: Ohne irgendeine Verletzung des natürlichen Rechts und der
Billigkeit kann die persönliche Befreiung der Kleriker von der Verpflichtung
zur Übernahme und Ausübung des Militärdienstes abgeschafft werden; die-
se Abschaffung erfordert aber der staatliche Fortschritt, besonders in einem
nach einer freieren Regierungsform eingerichteten Gemeinwesen.
These 37: Es dürfen der Gewalt des römischen Papstes entzogene und
gänzlich von ihr losgelöste Nationalkirchen gegründet werden.
These 39: Der Staat besitzt als Ursprung und Quelle aller Rechte ein
schrankenloses Recht.
These 42: Im Konflikt der Gesetze beider Gewalten hat das weltliche
Recht den Vorzug.
These 43: Die weltliche Gewalt hat die Macht, feierliche Verträge (sog.
Konkordate), die über die Ausübung der zur kirchlichen Immunität gehöri-
gen Rechte mit dem apostolischen Stuhl geschlossen worden sind, ohne
dessen Einwilligung, ja sogar gegen seinen Widerspruch aufzuheben, für
ungültig zu erklären und außer Kraft zu setzen.
These 45: Die gesamte Leitung der öffentlichen Schulen, in welchen die
Jugend irgendeines christlichen Staates unterrichtet wird, kann und muß
der Staatsgewalt zugeteilt werden, und zwar so, daß kein Recht irgendeiner
anderen Autorität, sich in die Schuldisziplin, in die Leitung der Studien, in
die Verleihung der Grade und die Approbation der Lehrer zu mischen,
weiterbestehe.
These 47: Die beste Staatseinrichtung erfordert, daß die Volksschulen,
die den Kindern aller Volksklassen zugänglich sind, und überhaupt alle
öffentlichen Anstalten, die für den höheren wissenschaftlichen Unterricht
und die Erziehung der Jugend bestimmt sind, jeglicher Autorität, Leitung
und Einmischung der Kirche entzogen und der vollen Herrschaft der
weltlichen und politischen Gewalt unterzogen seien nach dem Belieben der
Regierungen und nach Maßgabe der jeweiligen öffentlichen Meinung.
These 48: Katholiken können jener Art von Jugenderziehung bei-
stimmen, welche von dem katholischen Glauben und von der kirchlichen
Autorität losgelöst ist, und die nur die Kenntnis der natürlichen Dinge und
die Zwecke des irdischen sozialen Lebens ausschließlich oder doch wenigs-
tens an erster Stelle im Auge hat.

204
These 52: Die Regierung kann aus eigenem Recht das von der Kirche
zur Profeßablegung (= Gelübdeablegung) sowohl für Frauen als auch für
Männer vorgeschriebene Alter abändern und allen Ordensgenossenschaften
vorschreiben, niemanden ohne ihre Erlaubnis zur Ablegung der feierlichen
Gelübde zuzulassen.
These 53: Die Gesetze, die den Schutz der religiösen Orden sowie ihre
Rechte und Pflichten betreffen, sind abzuschaffen; die staatliche Regierung
kann selbst allen jenen Hilfe leisten, welche vom gewählten Ordensstand
abfallen und ihre feierlichen Gelübde brechen wollen; im gleichen kann sie
diese Ordensgesellschaften wie ferner die Kollegiatkirchen sowie die ein-
fachen Benefizien, auch wenn sie dem Patronatsrecht unterstehen, gänzlich
unterdrücken und deren Güter und Einkünfte der weltlichen Verwaltung und
Verfügung unterstellen und überweisen.
These 55: Die Kirche ist vom Staat und der Staat von der Kirche zu
trennen.
These 67: Nach dem Naturrecht ist das Eheband nicht unauflöslich, und
in verschiedenen Fällen kann eine Ehescheidung im eigentlichen Sinne
durch die weltliche Behörde rechtsgültig vollzogen werden.
These 74: Ehesachen und Sponsalien (= Ehevorbereitungs-, Verlöbnis-
sachen, d. V.) gehören ihrer Natur nach vor die weltliche Behörde.
These 77: In unserer Zeit ist es nicht mehr zweckmäßig, die katholische
Religion als alleinige Staatsreligion mit Ausschluß aller anderen Kulte auf--
rechtzuerhalten.
These 78: Es war daher gut getan, in gewissen katholischen Ländern
den Einwanderern die öffentliche Ausübung ihres Kultus, welcher er immer
sein möge, gesetzlich zu gestatten.“
Könnten diese Thesen nicht Sätze aus einem völkischen Staatsrecht
zeitgemäßer Gedankenrichtung sein!? Nein — sie sind vor mehr als 65 bis
70 Jahren vom Papst als Irrlehren verworfen worden und gelten heute
noch demzufolge für alle Katholiken als unannehmbar. Der katholische
Universitätsprofessor Dr. Franz Heiner in Freiburg i. Br. betont in seiner
großen Verteidigungsschrift des Syllabus, es sei für den Katholiken gar
keine Frage, daß er sich der lehrenden Autorität des Oberhauptes der Kirche
mit ganzem Herzen unterwerfe und deshalb auch den Syllabus als kirch-
liches Gesetz, als Norm des Wollens und Handelns in Gehorsam hinnehme.
Dann fährt der katholische Gelehrte fort:
„Wir verurteilen die Irrtümer, welche Du (d.h. der Papst) verurteilt
hast; wir verabscheuen und verwerfen die neuen und fremden Lehren, wel-
che zum Schaden der Kirche da und dort verbreitet werden; wir mißbilligen
und verdammen die Sakrilegien, Räubereien, Verletzungen der kirchlichen

205
Freiheit und andere Schandtaten, welche gegen die Kirche und den Stuhl
Petri begangen worden sind … Hat der Papst formell seine Absicht kund-
gegeben, die Untertanen binden zu wollen, so kann uns nichts in der Welt
abhalten, Gehorsam zu leisten; denn dann hat derjenige gesprochen, dem
Christus das höchste Lehramt in der Kirche übertragen hat: Wer Euch hört,
hört Mich‘ … Der Syllabus ist für jeden Katholiken eine im Gewissen
absolut bindende Norm, deren Befolgung stets und unter allen Umständen
für ihn geboten, deren Außerachtlassung für ihn Sünde ist.“³²⁾
Im Katholiken jeden Staates werden völkisches Bewußtsein, Denken
und Freiheitswillen systematisch verdrängt durch den blinden Gehorsam
gegen Kirche und Papst. Erst wenn er völlig Sklave der römischen Lehre
geworden ist, wenn er sein eigenes Empfinden ganz und gar unterdrückt
hat, dann erst ist der Katholik „richtig“. Um dieses Ziel zu erreichen,
schickt man ein Heer von Priestern aus, die römische Lehre unentwegt
einzupauken, wenn die Form sich auch bisweilen recht sonderbar gestaltet.
So schreibt in der „Schildwache“ vom 3. Januar 1931 der Pfarrer Robert
Mäder (Basel):
„Gott ist katholisch und seine Reichspolitik ist katholisch im umfas-
sendsten und zugleich ausschließlichsten Sinne des Wortes. Gott denkt
nichts anderes. Gott tut nichts anderes. Die göttliche Weltregierung ist
romazentrisch (= Rom im Mittelpunkt), wie sie theozentrisch (= Gott im
Mittelpunkt) und christozentrisch (= Christus im Mittelpunkt) ist.
Rom, d.h. der Papst, ist für Gott der Mittelpunkt der Welt und der
Mittelpunkt der Weltregierung. Nicht als ob sich Gott nicht um jeden Men-
schen mit Liebe annähme, der außerhalb der Kirche ist, auch um den
Ungläubigen, den Irrenden, den Sünder. Aber Gott betrachtet, führt und
leitet jede Seele und alle Vorkommnisse unter dem Gesichtspunkt ihrer Ein-
stellung für oder gegen sein Reich, die katholische Kirche, den fortlebenden
Christus. Gott regiert romazentrisch. Es gibt Zeiten, wo diese göttliche
Reichspolitik in geheimnisvolles Dunkel gehüllt ist.“
Bei dieser Geisteshaltung ist jede Verständigung mit völkischen Men-
schen einfach ausgeschlossen. Das soll auch so sein; Volksverbundenheit in
einem Staat stört die Kreise Roms. Ein Teil des Volkes wenigstens muß so
beeinflußt und erzogen werden, daß er zunächst rettungslos rom-hörig und
dann vielleicht noch staatstreu, im Konfliktfall zwischen Kirche und
Staat aber unbedingt rom-treu gegen das eigene Vaterland ist. So wagte
doch eben erst in dem treu katholischen Polen der Erzbischof von Krakau,
Fürst Sapieha, den polnischen Nationalhelden Pilsudski auf das gröblichste
zu beleidigen.
So wird Volksgemeinschaft verhindert oder zerstört durch die Würde

206
göttlichen Priestertums, über diese knechtische Gesinnung Rom gegenüber
auf der einen und über die schamlose Haltung dem Vaterland gegenüber auf
der anderen Seite geben die Deutschen Katholikentage erschütternd klaren
Aufschluß.
„Nicht bloß die Gleichstellung — wir haben das Recht der Erstgeburt
in Deutschland!“ (1892.)
„Es liegt uns daran, die Anerkennung der alleinigen Berechtigung der
katholischen Kirche in Deutschland wieder herbeizuführen.“ (1876.)
„Sollte es wirklich wahr sein, daß irgendwie der Dienst des Staates un-
verträglich mit der Treue gegen Religion und Kirche, und zwar in Theorie
und Praxis, ist, dann wäre es ein Anzeichen, ja ein deutlicher Beweis dafür,
daß in einem solchen Staat die rechte Ordnung nicht herrscht.“ (1892).
„Durch nichts vermag sich eine Regierung der gläubigen Katholiken
mehr zu versichern, als indem man die auf das Gewissen sich beziehenden
Anordnungen der für uns allein maßgebenden Autorität (d.h. dem Papst)
zur Sanktion unterbreitet.“ (1875.)
„Katholische Geistliche und Kleriker sollen allein von dem Bischof
gerichtet werden können.“ (1853.)
„Die Generalversammlung hält unerschütterlich fest an der durch gött-
liches und menschliches Recht begründeten Forderung, daß die Recht-
sprechung über Geistliche ungehindert und ausschließlich von den Bischö-
fen ausgeübt werde.“ (1885.)
„Wir wollen einen Klerus haben, der erzogen ist, wie die Kirche es will,
nach den Grundsätzen der Kirche, so daß er in seiner späteren Stellung sich
wohl bewußt ist, daß er ein Diener der Kirche und nicht ein Diener des
Staates ist.“ (1884.)
„Die heilige Kirche muß uns teurer sein als das irdische Vaterland!“
(1900.)
„Wir singen nicht: ,Was ist des Deutschen Vaterland?‘, wir singen: ,Was
ist des Katholiken Vaterland?‘ — und das kennt keine Grenzen!“³³⁾ (1849.)
„Wir haben noch ein höheres Vaterland, und das ist unsere heilige
Kirche!“ — So brüstet sich der Dekan Dr. Hammer auf dem Katholikentag
des Jahres 1898. Nicht allzu lange vorher hatte dieser beliebte Katholiken-
tagsredner seine „patriotischen“ Gedanken in dem Buch: „Der wahre und
falsche Patriotismus“ niedergelegt. Dasselbe erschien 1895 zu Paderborn in
der Bonifatiusdruckerei. Der sogenannte Kulturkampf war damals schon
längst zu Ende, und die Berücksichtigung ultramontaner Wünsche seitens
der Regierung hatte Formen angenommen, die viele Deutsche Männer
erschreckte. Herrn Hammer aber genügte der Rückzug des Staates vor der
Kirche so wenig, daß er seine patriotischen Empfindungen in folgender,

207
allgemein verständlicher Weise bezeugte:
„Wir machen den heidnischen Nationalitätsschwindel nicht mit … Er
ist geradezu die Ketzerei der Zukunft und vielleicht sogar der allernächs-
ten Zukunft, die in unserer katholischen Kirche noch sehr viel Unheil an-
richten wird, wenn es nicht gelingt, ihr bei Zeiten Einhalt zu tun. In der
katholischen Kirche gibt es nicht Deutsche, nicht Franzosen usw.
sondern alle sind nur ein Volk, alle Katholiken. Wie ja auch Erzbischof
Fénélon so schön sagt:
,O Kirche von Rom, o teures und gemeinsames Vaterland aller Chris-
ten! … Alle sind in Dir nur ein Volk … Bürger eines Vaterlandes, … alle
Katholiken. Und jeder Katholik ist von Rom.‘
Zu verwundern wäre es nicht, wenn unsere katholische Schafsgeduld
einmal risse und die irdischen Vaterländer uns samt und sonders wohlfeil
würden. Wie werden wir denn auch jetzt (1895!) in verschiedenen Vater-
ländern traktiert! … Und da sollen wir schwärmen fürs — teure Vaterland
und sollen singen ,Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der
Welt!‘ Nein, das ist denn doch zu arg, solches soll man uns nicht zumuten …
Und da soll bei uns die Vaterlandsliebe ins Kraut schießen! Und da soll
unser Herz vor Begeisterung aufjauchzen, daß wir das immense Glück
haben, Deutsche zu sein? Nein, dafür danken wir schön! Wir sind zuerst
Christen, zuerst Katholiken und erkennen im modernen Patriotismus ein
Stück Barbarei, ein Verbrechen an der Menschheit, eine Sünde gegen die
Nächstenliebe, einen Abfall vom Christentum … Den modernen Patrio-
tismus überlassen wir unserem alten Vetter, dem deutschen Michel. Und der
mag uns mit seinem Nationalitätsschwindel vom Leib bleiben.“
Der nächste Schritt dieser nationalen Würdelosigkeit ist offener Landes-
verrat. Am 22. Februar 1919 fand in Landau jene berüchtigte Versammlung
statt, auf welcher der Zentrumsabgeordnete und spätere bayerische Kultus-
minister Hofmann u. a. sagte:
„Menschlich, volksrechtlich fühlen wir mit den Franzosen … In An-
wesenheit des Vertreters der französischen Armee wage ich das unverblümt
auszusprechen. Wir waren in der Pfalz nie preußisch-militaristisch gesinnt,
… waren nie Leute, die für Krieger-Vereine und für Sauf-Hurra-Patriotis-
mus etwas übrig hatten …
Als Erzieher der Jugend habe ich immer einen Ekel davor gehabt, daß
man die Kleinen schon mit Trommel und Pfeifen eindrillte … Menschlich-
kosmopolitisch wollen wir sein! Wenn wir erreichen unter dem Schutz der
Mächte, die aus dem Weltkrieg als Sieger hervorgegangen sind, daß uns der
Begriff der Heimat, des engeren Vaterlandes, zurückgegeben ist, dann sind
wir heute einig … Wir wollen kein Preußentum! … Herr Kapitän (der an-

208
wesende Franzose!), Ihrer (!) Armee und Ihrem (!) Oberkommando verdan-
ken wir, daß wir noch Menschen sind … Wir wollen mit Frankreich als
freundliches Nachbarvolk leben … und schwören ein für allemal, daß die
Gelüste, die uns von fremden (!) norddeutschen Gegenden hereingetragen
werden, Blut zu vergießen (uns fern liegen), Handschlag und Ehrenwort!
Wenn von der Friedenskonferenz die Antwort gegeben wird: Ihr Pfälzer
seid ein selbständiges Volk, leitet es, wie es euch gut dünkt, dann werden
wir Ihnen, Herr Kapitän, Dank wissen.“³⁴⁾
Diesen Separatistenhäuptling verwechselte der Kardinalstaatssekretär
Pacelli, der jetzt in Frankreich die „Volksfront“ segnete, peinlicherweise mit
einem anderen Hoffmann, der 1935 Mitglied einer saarländischen Abord-
nung in Rom war. Das trat in dem Prozeß zutage, in dem der Bischof von
Speyer eine so sonderbare Rolle spielte. Pacelli kannte also den Separatis-
ten-Hofmann!
Wenn die „Schildwache“ in Nr. 21 (1932) schreibt:
„Im Grunde leben zwei Rassen in dieser Welt, die katholische und die
antikatholische Rasse. Seit Kain und Abel entwickeln sich beide. Seit
Christi Geburt wächst beides doppelt bis zur Ernte. Weizen und Unkraut
mehrt sich Jahr und Tag bis zur großen Schlußstunde in vielleicht nicht sehr
langer Ferne“,
dann kennen wir das Ziel: es ist das allgemeine, grenzenlose Chaos, der
Weltbrand, aus dem Rom, wie der Vogel Phönix aus der Asche, siegreich
erstehen soll. Hat doch der Kardinal Faulhaber in seiner Fastenpredigt am 9.
Februar 1930 diesen Gedanken in brutaler Offenheit ausgesprochen:
„Wenn die Welt aus tausend Wunden blutet und die Sprachen der
Völker verwirrt sind wie in Babylon, dann schlägt die Stunde der katho-
lischen Kirche!“
Damit die evangelischen Pfarrer sich aber nicht über einseitige Bevor-
zugung der katholischen Stiefbrüder in Christo beklagen, sollen nur einige
Aussprüche dieser Herren, die dem Verfasser gegenüber in den letzten
Jahren getan wurden, wiedergegeben werden:
„Die Geschichte hat gezeigt, daß auch auf zerstörten Kulturen und
Staaten sich Kirche bildet, wie in Rußland. So werden wir, wenn es sein
muß, auch auf einem Trümmerhaufen aufbauen.“
„Wir von der Bekenntniskirche erstreben eine absolute Trennung von
Kirche und Staat, damit wir als die leidende Kirche, als die Kirche unter
dem Kreuz, solange vom Ausland-Protestantismus erhalten werden, bis
endlich das Dritte Reich in Trümmer geht.“³⁵⁾
Die Herrschaft der Kirchen, vor allem der Papstkirche, ist Anfang und

209
Ende, Inhalt und Ziel derer, die als ihre beamteten Funktionäre allein den
Vorteil eines Sieges der Kirche haben könnten. Die Menschheit, ein Völker-
und Rassenmischmasch, in dem der „Gott der Götter in der streitenden Kir-
che“ eine absolute und unbegrenzte Gewalt ausübt, nachdem die ecclesia
militans (= kämpfende Kirche) den Sieg errungen hat und ecclesia trium-
phans (= triumphierende Kirche) geworden ist. Ödeste Gleichmacherei, die
wie nur irgend etwas die ursprüngliche und unlösliche Verbundenheit des
Christentums mit dem Judentum beweist, soll zu diesem Ziel führen; trotz
des augenscheinlichsten, allerorts und zu jeder Zeit greifbaren Beweises der
absoluten Ungleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt. Der Tod mit
der Aussicht aufs Jenseits soll sie alle gleich machen und den Unterschied
im Andenken des Verbrechers und des Wohltäters der Menschheit
auslöschen. Sie sollen alle zum selben „Vater“ kommen, durchs Leben und
darüber hinaus geleitet von jenen besonders gottverbundenen Geschöpfen,
die sich Priester nennen. Nur für sich kennen diese Priester eine Ausnahme,
eine Durchbrechung der von ihnen gepredigten Gleichheit im Leben wie im
Tode. Und damit führen sie selbst ihre Lehre ad absurdum. Wie im Leben
zwischen den Laien und ihnen eine Kluft besteht, so bleibt sie auch im
Tode. Nach dem Kirchlichen Gesetzbuch (1917), canon 1233, 4, heißt es:
„Kleriker dürfen den Leichnam eines Laien nicht zu Grabe tragen, auch
wenn er von noch so hoher Geburt und Amtswürde ist.“
Wie sie im Leben herausgelöst sind aus Stamm, Sprache, Volk und
Nation, so wollen sie es auch nach dem Tode noch bleiben; canon 1209, 2:
„Die Gräber von Priestern und Klerikern sollen möglichst von den
Gräbern der Laien abgesondert und an einem anständigeren Ort liegen.“
Damit nur ja nicht die mit priesterlicher Würde geladenen „Aufer-
stehungskeime“ irgendwie mit den toten Laien in Berührung kommen!
Selbstgewollte Trennung im Leben wie im Tod — im Leben unter ange-
maßter göttlicher Würde Verhetzung der Volksgenossen untereinander und
über den Tod hinaus feindselige Isolation.
Das ist Priestervergötzung und Volksgemeinschaft!

210
Schluß.
Nicht heute erst werden Anklagen gegen die Priesterkaste erhoben.
Schon Walther von der Vogelweide kannte sie, als er 1213 schrieb:
„Ha! Wie christlich jetzt der Papst lacht, wenn er seinen Wälschen sagt:
,So hab' ich's gemacht!‘ Was er da sagt, das hätte er niemals auch nur den-
ken sollen. Er spricht: ,Ich habe zwei Deutsche unter eine Krone gebracht,
damit sie das Reich verwirren und verwüsten. Unterdessen füllen wir immer
die Kassen. Ich habe sie an meinen Opferstock getrieben, ihr Gut ist alles
mein: ihr deutsches Silber strömt in meinen wälschen Schrein. Ihr Pfaffen,
esst Hühner und trinkt Wein und lasst die Deutschen fasten.‘“³⁶⁾
Dann lese man die „Beschwerden der Deutschen Nation auf dem
Reichstag zu Worms“ (1521): vom Ärgernis, das man bei dem geistlichen
höchsten Haupt täglich sieht; von Stellen- und Amtsschacher am päpst-
lichen Hof; von der Verdrängung, Verachtung und offensichtlichen Benach-
teiligung der Geistlichen Deutscher Nation; von der Aussaugung des Deut-
schen Volkes; von bösen Beispielen der Geistlichen in Unsittlichkeit und
Wucher; immer haben wir dasselbe Bild: von Rom angestrebte Verwirrung
des Reichs durch den Kampf Deutscher gegen Deutsche; St. Peter fischt im
trüben und läßt seine Kriege gegen Deutschland die dummen Deutschen
selbst bezahlen; Habgier der Kirche und ihrer Beamten. — Den gemein-
samen Rahmen für dieses grauenvolle Bild Deutscher Geschichte gibt die
göttliche Würde des Priestertums. Nichts fürchtet man so sehr wie ein
starkes Deutschland. Am 1. Mai 1932 hielt vor der katholischen Jugend des
Dekanats Bernkastel unter Beteiligung des „Reichsbanners“ der enge
Freund des Prälaten Kaas, Pater Maurus Münch aus Trier, die Festanspra-
che, in der er u. a. sagte:
„Wir brauchen kein neues Drittes Reich, wovon in letzter Zeit so viel
gefaselt wird. Sondern wir erstreben, wie das früher war, ein heiliges
Römisches Reich Deutscher Nation, in dem der Kaiser aus der Hand des
Papstes die Krone empfängt.“³⁷⁾
Die priesterliche Würde hat eine starke Einbuße erhalten. Nur täuschen
wir uns nicht: sie werden mit allen Mitteln versuchen, unter religiösem
Mäntelchen Volk gegen Volk zu erregen; sie werden ihre Hoffnung nicht
aufgeben, über vielleicht doch noch einmal zerstörter Volksgemeinschaft,
über der Volkszerrissenheit erneut im alten Glanz ihrer gottähnlichen
Priesterwürde zu erstrahlen. Heute meinen oft oberflächlich denkende Deut-
sche, die Macht der Romkirche sei in Deutschland durch die Sittlichkeits-
und Devisenschieberprozesse gegen Angehörige der Priesterkaste erschüt-

211
tert und könne daher dem völkischen Staat nicht mehr gefährlich sein. Diese
durchaus irrige Ansicht ist geradezu ein Verhängnis: denn allein kann
staatliches Einschreiten gegen die Mißstände im römischen Männerbund die
ungeheure Gefahr dieses Fremdkörpers nicht dämmen, geschweige denn
abwehren. Nur wenn in die weitesten Kreise unseres gesamten Deutschen
Volkes die Gotterkenntnis des Hauses Ludendorff, deren alleinige Grund-
lage die Werke der Religionsphilosophin Dr. Mathilde Ludendorff und des
Feldherrn bilden, gelangt und die restlose Einheit von Rasseerbgut und
Gotterkenntnis zum Bewußtsein erweckt, dann ist Roms Machtwahn und
die Christenlehre wie alle anderen Fremd- und Okkultlehren ins Mark ge-
troffen, und diese vermögen dann nicht mehr zu schaden.

Quellenangabe
¹⁾ Nietzsche, Aus: „Wille zur Macht“, Abschnitt 139, oder aus der Sammlung „Deutsche
Bekenntnisse“ (Widukind-Verlag, Berlin): Nietzsche I und II (herausgegeben von Andreas
Thiel).
²⁾ Nach: Kirchliches (katholisches) Handlexikon von Prof. Michael Buchberger, München
1907, Allgem. Verlagsgesellschaft m. b. H., und Jakob Fromer, „Der Babylonische Talmud“,
Berlin 1924, Brandussche Verlagsbuchhandlung, Seite 5.
³⁾ Nach: Kritische Stimmen zum päpstlichen Rundschreiben über die Einigungsfragen der
Kirchen, Seite 65; Säemann-Verlag, Berlin W 10, 1928.
⁴⁾ Nach: Katholisches Kirchenblatt des Bistums Berlin Nr. 6 v. 7.2.1937.
⁵⁾ Römischer Katechismus, übersetzt nach der zu Rom 1845 veröffentlichten Ausgabe. Mit
Genehmigung des hochwürdigen bischöfl. Ordinariats Regensburg. Regensburg 1902; 1. Teil,
10. Hauptstück, 11. Abschnitt.
⁶⁾ Ebenda: II. Teil, 7. Hauptstück, 28. Abschnitt.
⁷⁾ Nach: Josef Kardinal Hergenröther, Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte;
Band III, Seite 284. Freiburg i. Br., Herder 1911-17, vier Bände.
⁸⁾ „La Civiltà Cattolica“, 12. Serie, XI. Band, Florenz 1885, 364 ff.
⁹⁾ Nach: Max Büchner, Universitätsprofessor in Würzburg „Kaiser Wilhelm II., seine
Weltanschauung und die Deutschen Katholiken“. K. F. Köhler, Leipzig 1929.
¹⁰⁾ Nach: „Antiultramontanes Handbuch“, Seite 474. Berlin 1913, Säemann-Verlag (leider
vergriffen).
¹¹⁾ Nach: „Germania“ vom 13. XI. 03.
¹²⁾ Nach: „Antiultramontanes Handbuch“, Seite 29.
¹³⁾ Nach: Ph. Hartmann: „Repertorium rituum“, Seite 495. Schöningk, Paderborn.
¹⁴⁾ Thomas von Aquin, III, XXII, 1,1.
¹⁵⁾ Nach: Professor Dr. Joseph Pohle „Lehrbuch der Dogmatik“, Band III, Seite 588.

212
Paderborn 1906, Schöningk, drei Bände.
¹⁶⁾ Renchtal-Zeitung Nr. 81, nach „Fränkische Wacht“ Nr. 3 vom 16.1. 1930, Nürnberg.
¹⁷⁾ Alle Zitate von den Katholikentagen sind entnommen aus: P. Bräunlich: „Die Deutschen
Katholikentage“, drei Bände, 1910, 1911, 1933; Verlag des Evangelischen Bundes, Berlin.
¹⁸⁾ Nach: „Antiultramontanes Handbuch“, Seite 507.
¹⁹⁾ Nach: „Die Wacht“, Evangelische Wochenschrift für Christentum und Deutschtum im
protestantischen Geist, Nr. 25 vom 18. VI. 1936. Verlag Darmstadt, Schwanenstraße 29.
²⁰⁾ Nach: „Antiultramontanes Handbuch“, Seite 508/9.
²¹⁾ Napoleon I., „Maximen und Gedanken“, übersetzt von Zimmermann.
²²⁾ Nach: „Vorstandsblatt des Evang. Bundes“ 1935, Seite 78.
²³⁾ Nach: „Vorstandsblatt des Evangel. Bundes“ 1933, Seite 55, und 1934, Seite 136.
²⁴⁾ Paul de Lagarde, „Deutsche Schriften“, Seite 26, 5. Auflage 1920; Göttingen,
Dieterichsche Universitätsbuchhandlung.
²⁵⁾ Nach: Wiener „Reichspost“ vom 1. IV. 1937.
²⁶⁾ Nach: Bräunlich, „Katholikentage“, I, Seite 166.
²⁷⁾ Nach: Carl Mirbt, „Quellen zur Geschichte des Papsttums“, 4. Aufl., Seite 362. Verlag
J. C. B. Mohr, Tübingen 1924.
²⁸⁾ Mirbt, Seite 371.
²⁹⁾ Mirbt, Seite 362.
³⁰⁾ Mirbt, Seite 491.
³¹⁾ Nietzsche, „Wille zur Macht“, 396 („Deutsche Bekenntnisse“, Nietzsche I, 24).
³²⁾ „Der Syllabus in ultramontaner und antiultramontaner Bedeutung“ von Dr. Franz
Heiner, Universitätsprofessor in Freiburg i. B., Seite 12, 19, 20, 21. Verlag Kirchheim & Co.,
Mainz 1905.
³³⁾ Bräunlich, „Katholikentage“, I, 343; II, 300, 301, 302; III, 91, 92.
³⁴⁾ Bräunlich, „Katholikentage“, III, 101.
³⁵⁾ Diese Äußerungen teilte der Verfasser jeweils der Leitung des Evangelischen Bundes
mit, der sie nur bedauernd als „unglaublich unvorsichtig“ zur Kenntnis nahm. Geschehen ist
nichts. Namen, Ort und Datum stehen zur Verfügung, wie sie auch der maßgebenden
staatlichen Stelle zur Verfügung gestellt wurden.
³⁶⁾ Mirbt, Seite 184.
³⁷⁾ Nach: „Flammenzeichen“, Nr. 31 v. 30. VII. 1932.

213
Literaturhinweise:

Die „Blaue Reihe“


umfaßt Abhandlungen und Sammlungen von Aufsätzen Frau
Dr. Mathilde Ludendorffs, die in allgemein verständlicher
Form einzelne Gebiete der Deutschen Gotterkenntnis
behandeln.

Band 1: Deutscher Gottglaube


Band 2: Aus der Gotterkenntnis meiner Werke
Band 3: Sippenfeiern – Sippenleben
Band 4: Für Feierstunden
Band 5: Wahn und seine Wirkung
Band 6: Von Wahrheit und Irrtum
Band 7: Und Du, liebe Jugend!
Band 8: Auf Wegen zur Erkenntnis
Band 9: Für Dein Nachsinnen

Erhältlich bei www.booklooker.de ,


www.eurobuch.de oder anderer Quellen.

214
Gesundung durch Deutsche
Weltanschauung
erstreben unserem Volke die Werke von Dr. med.
Mathilde Ludendorff:
Das Weib und seine Bestimmung
Aus ihrem reichen Wissens- und Erfahrungsschatz zeigt die Fachärztin
für Psychologie die Eigenart der beiden Geschlechter, die Verschiedenheit
ihrer Anlagen und Begabung und fordert Betätigung der Frau auf den Ge-
bieten, für die Mehrbegabung und höhere Leistung der Frau nachgewiesen
sind. In gegenseitiger Ergänzung erfüllen so beide Geschlechter den
göttlichen Sinn ihrer Wesensverschiedenheit zum Heile des Deutschen
Volkes. Die Deutsche Frau kämpft durch Durcharbeiten und Verbreiten
dieses Werkes für ihre Würde und Freiheit.

Der Minne Genesung


Von nichts hat die christliche Lehre so schlecht gesprochen, als von der
Minne, und doch ist gerade die Minne eine Kraft, die zu hohem Fluge der
Seele begeistern kann. Das Vergessen von Raum und Zeit, von Zweck und
Nutzen, wie es das Sinnen und Sehnen nach dem geliebten Menschen gibt,
kann die Selbstschöpfung zur Vollkommenheit gewaltig fördern. „Der
Minne Genesung“ ist ein Werk, das zur Gesundung des Liebeslebens und
der Ehe, der Kraftquelle völkischer Wiedergeburt gelesen und verbreitet
werden sollte.

Triumph des Unsterblichkeitwillens


„... dem heiligen Glauben: Wir Menschen sind das Bewußtsein Gottes
und sein wirkender Wille! Wem diese Wahrheit, dieser Glaube vermessen
erscheint, der lese das Buch, und er wird erfahren, daß es den Menschen,
der den Gott in seiner Brust lebendiger fühlt, mit hoher Verantwortung
belädt. (München-Augsburger Abendzeitung)

Deutscher Gottglaube
Deutscher Gottglaube ist die Grundforderung völkischer Wiedergeburt.
Nur der hat ein Recht, sich völkisch zu nennen, der den Einklang von Blut
und Glauben wiedergefunden hat. — Seit er unserem Volke genommen
wurde, ringt die Deutsche Seele — wenn auch früher unbewußt — ihn

215
wieder zu finden. Die Deutsche Geschichte der letzten tausend Jahre ist ein
fortwährender Kampf gegen den Fremdgeist, gegen den Glaubenszwang
und die Priesterherrschaft, die Deutscher Freiheitswille ablehnte.

Der Seele Ursprung und Wesen


von Dr. med. Mathilde Ludendorff
Dies dreibändige Werk der Philosophin der Seele gibt die langersehnte
Antwort auf das Warum der Schöpfung, auf die Frage nach ihrem Sinn: Die
gottbewußte Menschenseele ihr Sinn, das Werden des Weltalls die Vorstufe
zu diesem Schöpfungsziel!

Der erste Band:


Schöpfunggeschichte
Wer die Menschenseele erkennen will, muß das Werden des Weltalls
miterleben, vom Äther und Urnebel bis hin zur Menschenseele. Neue
Willenserscheinungen führten zu immer höheren Stufen der Wachheit. Alle
diese Willensoffenbarungen und Grade der Bewußtheit finden sich wieder
in der Menschenseele, die so zum Spiegel der Weltschöpfung wird, und die
Unbewußtheit der Zellseele, wie die Unterbewußtheit der Tierseele, umfaßt
und durch die ihr gewordene Bewußtheit bereichert. Wohl war die natur-
geschichtliche Entwicklung bekannt, aber ihre treibende Kraft wurde miß-
deutet: der Wille des Göttlichen zur Bewußtheit war das Schöpfungsziel! Es
fand seine Erfüllung in der Menschenseele.

Der zweite Band:


Des Menschen Seele
zeigt die Wirkung der unbewußten und unterbewußten Seelenkräfte auf
das Bewußtsein. Unzerstörbar durch Erziehung und Schicksal tragen wir
das Unterbewußtsein in der Seele. In Zeiten tiefer innerer Erschütterung
bricht es hervor und bestimmt unser Tun. Den „Treuhänder des Rasse-
erbgutes“ nennt es darum Dr. Mathilde Ludendorff.

Der dritte Band:


Selbstschöpfung
sagt uns, daß es jeder Seele, unabhängig von Rasseerbgut, Umwelt und
Schicksal möglich ist, ihren göttlichen Sinn zu erfüllen. Nicht als Gnaden-
geschenk von außen und durch Erlösung, sondern freiwillig durch seine
eigene Kraft kann der Mensch die angeborene Unvollkommenheit zur

216
Vollkommenheit entwickeln, indem er sein ganzes Tun in Einklang bringt
mit den in ihm ruhenden Wünschen zum Guten, Wahren, Schönen.

Der Seele Wirken und Gestalten


1. Teil: Des Kindes Seele und der Eltern Amt
Die ernsten Gefahren, die dem Kinde drohen, dessen Selbsterhaltungs-
willen nicht vollkommen ist, zeigt hier die Seelenärztin, Erzieherin und
Mutter. Wohl hat das Kind einen natürlichen Schutz, der es umschließt, wie
die schirmende Hülle die junge Blüte, aber die erwachende Vernunft ist
Gefahr für die Seele, und es ist daher heilige Pflicht der Eltern, dem Kinde
durch Schärfen seiner Denk- und Urteilskraft und durch straffe Willenszucht
den mangelnden Selbstschutz zu sichern und durch Einwirken auf das
Seelenleben sein Gestalten vorzubereiten.

2. Teil: Die Volksseele und ihre


Machtgestalter
Eine Philosophie der Geschichte
„Nach dem Studium dieses Werkes verstehen wir, weshalb die
Geschichtswissenschaft unserem Volke bisher noch keine Geschichte als
Lebenserfahrung des Volkes geben konnte; dazu war eine Gesamtschau, die
Kenntnis des Wesens der menschlichen Seele und der Gesetze der
Volksseele nötig; diese hat erst Frau Dr. Mathilde Ludendorff gegeben und
auch damit unserer Geschichtswissenschaft die Möglichkeit, dem Sinn des
menschlichen Daseins zu dienen und damit mehr zu tun als nur eine
Darstellung äußerer Geschichte zu geben.“

3. Teil: Das Gottlied der Völker


Eine Philosophie der Kulturen
Dieses Werk ist die Krönung jener Erkenntnisse, welche uns die
Philosophin in den ersten Büchern ihres Dreiwerkes „Der Seele Wirken und
Gestalten“ vermittelte. Aber das Werk steht trotzdem selbständig in der
Reihe der übrigen. Der Umfang, das Wesen, die Bedeutung und der Sinn der
bisher so wenig geklärten Tatsache einer Kultur ist hier in überraschender
Klarheit erkannt und dargestellt.

217
Mathilde Ludendorff, ihr Werk und
Wirken
Herausgegeben von General Ludendorff
Geschrieben von ihm und anderen Mitarbeitern, 344 Seiten. 1937

Inhaltsangabe:
Der Sinn dieses Werkes. Von General Erich Ludendorff.
Aus dem Leben:
Aus dem Leben mit meiner Schwester. / Mutter und Kinder. / Als
Lebens- und Kampfgefährtin.
Als Arzt:
Mathilde Ludendorff als Ärztin und ihre Bedeutung als Arzt. / Heilig sei
die Minne.
Als Vorkämpferin für ihr Geschlecht:
Die Frau im öffentlichen Leben von Volk und Staat. / Die Mutterschaft
und ihr Erzieheramt.
Als Kämpfer gegen die überstaatlichen Mächte:
Abwehrkampf gegen die geheimen überstaatlichen Mächte. /
Abwehrkampf gegen die Christenlehre. / Abwehrkampf gegen den
Okkultismus.
Als Schöpfer Deutscher Gotterkenntnis:
Die Philosophie auf dem Wege zur Erkenntnis. / Der göttliche Sinn des
Menschenlebens. / Das Werden des Weltalls und der Menschenseele. /
Das Wesen der Seele. / Wesen und Ziele der Erziehung nach der
„Philosophie der Erziehung“. / „Die Philosophie der Geschichte“ als
Grundlage der Erhaltung unsterblicher Völker. / Wesen und Macht der
Kultur nach dem „Gottlied der Völker“. / Der Schöpferin der Deutschen
Gotterkenntnis - ein Gedicht. / Mathilde Ludendorff in Werk und Wirken.
Anlagen:
Ahnentafel von Frau Dr. Mathilde Ludendorff. / Werke und Schriften von
Frau Dr. Mathilde Ludendorff. / Aufsätze von Frau Dr. Mathilde
Ludendorff.

Zu beziehen beim Verlag Hohe Warte unter www.hohewarte.de

218
Der Lebensweg Mathilde Ludendorffs
Statt Heiligenschein oder Hexenzeichen - mein Leben
1. Teil: Kindheit und Jugend.
In Ganzleinen gebunden, mit 9 Bildeinlagen, 246 Seiten.
„Unter den Händen stark schöpferischer Menschen wächst jedes Werk weit über
das von ihnen selbst Erwartete. Es ist zu bezweifeln, daß die Philosophin Mathilde
Ludendorff die Fülle der Lebensweisheit, des Humors, des Gemütes und des tiefsten
Lebensernstes vorausgeahnt hat, die in diesem tiefen und reichen Werke enthalten
ist. Den Segen des elterlichen Erbgutes und Vorbildes, den sie selbst erlebte, strahlt
sie in diesem Werke auf unendlich viel Deutsche aus und gibt ihnen obendrein noch
all den Reichtum an Erkenntnis, den sie sich selbst durch die ganz außergewöhnliche
„Antwort“ auf die Einzelschicksale ihrer Jugend erwarb. In innigem Zusammen-
hang stehen so alle diese Lebensereignisse mit den großen philosophischen Werken
der Verfasserin. Das Werk reiht sich ihnen an und ist zugleich das erschütterndste
antichristliche Buch, das je geschrieben, weil es den Reichtum Deutschen Gemüts-
erlebens und Deutscher Gotterkenntnls, hier im Leben selbst, der Fremdlehre
gegenüberstellt.“ „Deutscher Dichtergarten“, Heft 12,1932.

2. Teil: Durch Forschen und Schicksal zum Sinn des Lebens.


Ganzl, geb. mit Bildumschlag, 300 Seiten, 8°, mit 12 Bildern.

Mit jener Feinsinnigkeit, wie sie allen wahrhaft edlen Menschen eigen ist, zieht
Frau Dr. Mathilde Ludendorff die Grenzen um das unnahbare Innere des Erlebens,
in das wir als nordische Menschen auch niemals Einlaß haben möchten, und
dennoch läßt sie in fesselnder Darstellung uns an der Fülle ihres Lebens teilnehmen.
Wir erleben die tiefen Eindrücke des Studiums der Naturwissenschaften, die dereinst
die Verfasserin zum Gotterkennen führen sollten. Wir nehmen teil an der Schwierig-
keit, ihren Lebensweg zu gestalten, und namentlich an der, die sich dem Studium der
Frau entgegenstellte. Gehörte doch Mathilde Spieß zu den ersten Frauen in
Deutschland, die mit Examensrechten Medizin studierten. Der ganze Ernst
medizinischen Studiums mit seinen tiefen Eindrücken wird uns geschildert. Der Tod
ist es, der Mathilde Spieß, später Frau v. Kemnitz, immer wieder zum Nachdenken
über sein ernstes Muß zwingt. Wir nehmen Anteil an allen Schicksalsschlägen, an
heiterem und ernstem, gemütsbewegendem und schicksalsgestaltendem Erleben und
werden erquickt und oft auf's tiefste bewegt von dem Lebensbild, das ein edler,
außergewöhnlich begabter und stolzer, Deutscher Mensch uns schenkt. 4 weitere
Bände sind im Verlag Hohe Warte erschienen.

Erhältlich beim Verlag Hohe Warte www.hohewarte.de

219
Zur Ergänzung vorliegender Schrift seien noch folgende
Bücher aus der „Blauen Reihe“ von Mathilde Ludendorff:
„Wahn und seine Wirkung“,
„Von Wahrheit und Irrtum“
„Auf Wegen zur Erkenntnis“,
„Aus der Gotterkenntnis meiner Werke“,

sowie die gedruckten Zusammenstellungen von M. Köpke


empfohlen:
„Geheime Weltmächte – Esoterik als Nachfolger des
Christentums?“,
„Ludendorff und Hitler“,
„Ludendorffs Kampf gegen die Hitler-Diktatur“,
„Die Ludendorff-Bewegung und der Nationalsozialismus“,
„Der verschwiegene Widerstand gegen die Nazi-Diktatur“,
„Vergleich einiger Rassenlehren“,
„Die Philosophin und der Feldherr“,
„Nationalsozialismus, Faschismus, Romkirche“,
„Gibt es eine metaphysische Kriegsführung?“,
„Kirche und Synagoge“,
„Wer oder Was ist eigentlich Gott?“
„Deutschtum und Christentum – Unüberbrückbare Gegensätze?“,
„Unser Marxismus – eine unserer Verirrungen“,
„Die Hochflut des Okkultismus“,
„Drei Irrtümer und ihre Folgen“,
„Höhenwege und Abgründe“,
„Ist das Leben sinnlose Schinderei?“,
„Das offene Tor – Der Esausegen und die überstaatlichen Mächte“,
„Meine Klage vor den Kirchen- und Rabbinergerichten“.

Erhältlich im Verlag Hohe Warte: www.hohewarte.de oder bei


Matthias Köpke: E-mail: [email protected]

220
Der Feldherr Erich Ludendorff und seine Frau Dr. Mathilde Ludendorff
schrieben in den Jahren 1926 bis zum April 1929 Beiträge für die
„Deutsche Wochenschau“. Ab Mai 1929 bis zum Verbot durch die
Nationalsozialisten im Jahre 1933 veröffentlichten beide ihre Beiträge in der
Wochenschrift „Ludendorffs Volkswarte“ und deren Beilage „Vor’m
Volksgericht“. Ab 1933 bis 1939 schrieben beide in „Am Heiligen Quell
Deutscher Kraft – Ludendorffs Halbmonatsschrift“. (Siehe jeweils
nachfolgend). Digitalisiert als Leseproben jeweils im Internet unter
www.archive.org, www.scribd.com oder anderer Quellen erhältlich.
Ansonsten alle Jahrgänge komplett digitalisiert im PDF-Format auf
Datenträger zu beziehen beim Verlag Hohe Warte (www.hohewarte.de, E-
mail: [email protected]) oder bei www.booklooker.de, oder direkt bei
M. Köpke [email protected]

221
„Ludendorffs Volkswarte“

222
„Ludendorffs Halbmonatsschrift – Am Heiligen Quell
Deutscher Kraft“

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