Dativ
Dativ
Dativ
DE C I E N C I A S DE LA E D U C A C I O N
Der Dativ:
Typen, Merkmale und Funktionen
N9 3
UNIVERSIDAD METROPOLITANA DE CIENCIAS DE LA EDUCACIÓN
FACULTAD DE HISTORIA, GEOGRAFÍA Y LETRAS
CUADERNOS DE LA FACULTAD
COMITÉ EDITORIAL
Impreso en LOM
Marzo - 1998
Se prohíbe toda reproducción total o parcial por cualquier medio escrito o electrónico sin
autorización escrita del Decano de la Facultad de Historia, Geografía y Letras.
UNIVERSIDA D M ETRO PO LITA N A DE CIENCIAS DE LA EDUCACIÓN
FA CULTA D DE H ISTO RIA , GEOGRAFÍA Y LETRAS
---------------------------------------D eparta m ento de A lem án --------------------------------------
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
V orwort............................................................................................................................................ 7
0. Einleitung................................................................................................................................... 9
1. Theoretischer Ra h m e n .........................................................................................................10
1.1 Die Valenzgrammatik bei Enge 1/S chumacher.............................................................. 10
1.1.1 Der V alenzbegriff...................................................................................................11
1.1.2 Ergänzungen und Angaben..................................................................................... 12
1.1.3 Proben der Valenzgrammatik.................................................................................12
1.1.3.1 Die Anaphorisierungsprobe.......................................................................12
1.1.3.2 Die Kommutationsprobe........................................................................... 13
1.1.3.3 Die Weglaßprobe........................................................................................ 13
1.1.3.4 Die Verschiebeprobe..................................................................................14
1.1.4 Ergänzungsklassen.................................................................................................. 14
1.1.4.1 Einfache Ergänzungen............................................................................... 15
1.1.4.2 Satzförmige Ergänzungen (untergeordnete Sätze).................................15
1.1.4.3 Hauptsatzförmige Ergänzungen............................................................... 15
3. SCHLUßBEMERKUNG.................................................................................................................. 40
4. Literaturverzeichnis........................................................................................................... 41
5. Abkürzungsverzeichnis....................................................................................................... 42
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
VORWORT
Die Dependenz- bzw. Valenzgrammatik ist eine Satzgrammatik, die von dem
Franzosen L uden Tesnière entwickelt worden ist.
Ende der 30er Jahre begann er mit der Verfassung seines bekannten Werkes
“Grundzüge der strukturalen Syntax ”, das erst etwa 20 Jahre später postum veröffentlicht
werden konnte.
In Deutschland wurde sein Werk dagegen viel später rezipiert. Erst Ende der 60er
Jahre gewann die Tesnièrsche Konzeption in Deutschland an Aufmerksamkeit.
Das Einsetzen der Theorie war und ist heute noch im sprachpädagogischen Bereich
sehr fruchtbar. Schulbücher fü r Deutsch als Muttersprache sowie Lehrbücher fü r Deutsch
als Fremdsprache haben den von Tesnière vorgeschlagenen Beschreibungsansatz gewählt.
Zahlreiche Grammatiken basieren a u f dem Tesnièrschen Syntaxmodell.
0. EINLEITUNG
Die vorliegende Arbeit ist so konzipiert, daß sie der Versuch einer Beschreibung
aller Dativtypen sein wird, welche nach verschiedenen Gesichtspunkten untersucht und
klassifiziert werden, um einen Überblick über die Dative, ihre Merkmale und Funktionen zu
liefern.
Die verschiedenen Standpunkte der Grammatiker, die sich mit diesem Thema befaßt
haben, sind in gewisser Weise irreführend.
Das Problem liegt nicht nur an der Benennung der verschiedenen Typen, sondern an
der Funktion, die besonders den freien Dativen zugesprochen wird.
Mein Anliegen ist, den Standpunkt einiger Autoren, bezogen auf jeden freien
Dativtyp, zusammenzustellen, so daß man wenigstens in der Form einer Zusammenfassung
einen Überblick über den Dativ bekommt.
Aber mein besonderes Vorhaben ist es, aufgrund der Valenztheorie von
ENGEL/SCHUMACHER 1976 jeden Dativtyp so zu analysieren, daß es deutlich genug
herauskommt, warum man von Dativen als Ergänzung, von freien Dativen und von Dativen
als Attribut spricht.
Die beste Abhandlung über den Dativ ist die von HELBIG 1984, und ich werde sie
als Grundlage nehmen, weil ich -zusammen mit der Analyse und Beschreibung jedes Typus
nach der Valenzgrammatik- die verschiedenen Dativtypen nach den von Helbig
angeführten semantischen Kriterien analysieren werde.
Für die Bezeichnung der Typen werde ich die Fachtermini von Helbig ganz
übernehmen.
, Luz Cox M.
10 /
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1. THEORETISCHER RAHMEN
Für Tesniere war das Verb das strukturelle Zentrum des Satzes und als solches das
Regens, und die von ihm abhängigen Elemente die Dependentien. Von der Tesnierischen
Dependenzgrammatik ausgehend, entwickeln Engel/Schumacher ihre Grammatik. Sie
bezeichnen sie als Verbgrammatik im Gegensatz zur Subjekt-Prädikat-Grammatik im Sinne
der traditionellen Grammatik.
Bei der Verbgrammatik wird dem Verb eine ganz besondere Rolle zugesprochen,
und zwar deswegen, weil das Verb im Satz in der Regel reiche und vielfältige
Verbindungen eingeht.
Im allgemeinen verfugt fast jeder Satz der deutschen Sprache über ein Verb,
welches die Struktur des Satzes zu bestimmen hat. Aus diesem Grunde sind für die
Verbgrammatik die dependenziellen Konnexionen von großer Bedeutung. Das Verb
dominiert die ganze Struktur des Satzes, ihm direkt untergeordnet sind “Ergänzungen” und
“Angaben”. Das Subjekt der traditionellen Grammatik verliert in der Valenzgrammatik
seine Sonderrolle und wird eine Ergänzung mehr neben den Ergänzungen im Akkusativ, im
Dativ usw.
Aus dem Konzept von Depedenz geht hervor, daß bestimmte Elemente, hierarchisch
gesehen, über andere stehen. Diese hierarchische Einordnung bestimmt, welches Element
regiert.
Wenn wir zum Beispiel den Satz “Mein alter Nachbar hilft meinem Bruder”
(ENGEL/SCHUMACHER 1976, 13) zeichnerisch darstellen, entsteht das entsprechende
dependenzielle Baumdiagramm, das von dem Verb als oberstem Regens des Satzes
ausgeht:
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
/////////////////////////////////////////////////////^
V helfen
Das Baumdiagramm deutet auch an, daß der Satz in einer dependenziellen
Darstellung mehrere Dependentien, aber nur ein Regens haben kann.
1.1.1 D er V alenzbegriff
Der Begriff “Valenz” hängt eng mit dem der Rektion zusammen. Rektion ist ein weit
umfassender Begriff, der sowohl für die Konstituentengrammatik als auch für die
Verbgrammatik gültig ist. “Rektion gibt an, welche Elemente ein Wort regieren kann.”
ENGEL/S GHUMACHER 1976, 15.
“Valenz” aber, definiert als Sonderfall der Rektion, “ist die Rektion von Teilen von
Wortklassen” ENGEL/SCHUMACHER 1976, 15; wobei diese Charakteristik nicht nur
dem Verb zugesprochen werden kann, weil sie für beliebige Wortklassen gilt. “Valenz ist
dann (ebenso wie Rektion) als eine bestimmte Art von Vorkommensrestriktion ein
universeller Relationsbegriff, der auch auf Sprachen Anwendung finden kann, die gar keine
Verben haben.” ENGEL/SCHUMACHER 1976, 16.
Auf dem Gebiet der deutschen Sprache kann Valenz drei verschiedenen Wortarten
zugeschrieben werden: Verben, Adjektiven bzw. Partizipien und Substantiven.
Egal welche Wortart von den drei genannten wir nehmen, heißt das, daß gewisse
sprachliche Elemente von dieser Wortart direkt abhängen und andere in weniger direkten
Abhängigkeit zu ihr stehen. All diese Elemente zusammen mit dem Verb bzw.
Verbalkomplex bilden den Satz, und es ist das Verb dasjenige Element, dem die anderen
untergeordnet sind.
In dem Satz
Das Verb ist das Element, das regiert, und alle anderen sind die regierten Elemente
oder Dependentien. Zwei von diesen Elementen sind von der Valenz des Verbs direkt
abhängig und die anderen zwei sind wohl auch abhängig, sie sind aber keine
n Luz Cox M.
12 \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ \ \\ m
V
valenzbedingten Teile. ‘Ich’ und ‘ihm’ sind die valenzbedingten Elemente und ‘heute
morgen’ und ‘auf dem Park’ sind die nicht valenzbedingten Elemente.
Der oben zitierte Satz hat insgesamt fünf Satzglieder. Abgesehen von dem
Verbalkomplex ‘bin begegnet’ sind die zwei vom Verb regierten Elemente “Ergänzungen”
und die zwei anderen “Angaben”. Dieses Begriffspaar wird wie folgt definiert:
“Ergänzungen sind Glieder, die valenzbedingt vom Verb abhängen, die somit nur mit einem
Teil der Wortklasse Verb kombinierbar sind; Amgaben hingegen sind mit beliebigen Verben
kombinierbar”. ENGEL/SCHUMACHER 1976, 16.
bin begegnet
^ / \ ^
heute morgen ich ihm auf dem Park
A E E A
ihm
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
//////////////////////////////////////////////////////M
ENGEL 1977, 219 versteht unter Anaphorisierung “die Substitution einer nicht
völlig anaphorischen Kategorie durch eine Anapher.”
Das Verb ‘helfen’ öffnet um sich zwei Leerstellen, die gefüllt werden müssen. Das Verb
ist das Element, das bestimmt, welche Satzglieder um sich herum stehen dürfen. Das Verb
‘helfen’ als zweiwertiges Verb verlangt eine Ergänzung im Nominativ und eine im Dativ.
Mit Hilfe der Kommutationsprobe kann man leicht feststellen, ob in einem Satz eine
bestimmte Ergänzungsklasse oder eine Angabe vorliegt.
Wenn ein bestimmtes Satzglied sich nur durch Elemente mit derselben Funktion
austauschen läßt, dann liegt in diesem Satz eine bestimmte Ergänzungsklasse vor. Die Form
der Elemente ist in diesem Falle weniger wichtig, es ist eigentlich die Funktion der
Elemente wichtig.
Jedes Mal vertritt die Ergänzung nach dem Verb eine Dativergänzung, jedoch in
dem nächsten Satz sieht es ein bißchen anders aus:
Durch die Kommutationsprobe haben wir festgestellt, daß das Verb ‘arbeiten’ ein
einwertiges Verb ist und daß zu diesem Verb beliebige Angabetypen auftreten können.
Wenn man die Wertigkeit eines Verbs nicht kennt, versucht man in der Regel mit
Hilfe der Weglaßprobe festzustellen, ob die vorliegenden Elemente Ergänzungen oder
Angaben sind. Wenn ein Satzteil fakultativ auftreten kann, handelt es sich in der Regel um
Angaben. “Was Fakultativität betrifft, so kann gesagt werden, daß sie generell für Angaben
gilt, aber nur für einen Teil der Ergänzungen. Obligatorische Satelliten sind also immer
Ergänzungen; ob fakultative Satelliten Angaben oder Ergänzungen sind, kann nur durch
Feststellung ihres Regensbereichs entschieden werden.” ENGEL 1977, 102.
Das Verb ‘sagen’ als dreiwertiges Verb regiert nur die Ergänzungen im Nominativ,
die im Akkusativ und die im Dativ. Es hat also Valenz drei. Wenn wir jetzt die
Weglaßprobe durchfuhren, stellen wir fest, daß ein Satzglied in diesem Satz nicht
valenzbedingt ist.
Jedoch muß man erst eine Umstellprobe durchführen, damit der Aussagesatz
weiterhin ein Aussagesatz bleibt.
Diese Probe wird in der Regel durchgeführt, um festzustellen, welche die Länge der
Satzglieder ist und ob die Pronomen ‘es’, die die erste Stelle besetzen, Satzgliedfunktionen
übernehmen oder nicht.
Mit Hilfe der Verschiebeprobe stellt man also fest, daß das Pronomen ‘es’ dieses
Satzes eine rein grammatische Funktion übernimmt. Der Sprecher, der so einen Satz bildet,
hat Gründe dafür, um ihn nicht mit dem Subjekt zu beginnen. Er beginnt also mit einem
Platzhalter, d.h. mit einem Element, das nur die Stelle vor dem Verb besetzt.
1.1.4 Ergänzungsklassen
Die Valenz des Verbs zeigt an, welche Ergänzungsklassen ihm untergeordnet sind.
Jedes Verb wird durch eine bestimmte Anzahl und bestimmte Arten von Ergänzungen
charakterisiert. Diese werden nun danach unterschieden, ob sie das Verb in Sätzen immer
begleiten müssen, oder ob sie gelegentlich fehlen können. Im ersten Fall nennt man sie
‘obligatorisch’, im zweiten ‘fakultativ’. Die Auslassung dieser letzten Art von Ergänzungen
führt nicht zu grammatisch unkorrekten Sätzen. (Vgl. ENGEL 1977, 101-102.)
In dem Satz
Der Fremde berichtet mir über den Unfall.
dürfen sowohl die Ergänzung im Nominativ als auch die Ergänzung mit einer Präposition nicht
fehlen, doch die Ergänzung im Dativ darf fehlen, dabei entsteht aber ein Informationsverlust.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
//////////////////////////////////////////////////////^
Zu dieser Kategorie zählen alle Ergänzungen, die aus nicht satzwertigen Gruppen
oder auch aus einzelnen Wörtern bestehen.
Im Prinzip können alle Ergänzungsklassen in der Form eines Satzes auftauchen, und
man kann Ergänzungs- und Angabesätze unterscheiden.
Charakteristisch für diese Ergänzungen ist, daß kein Juntor vorhanden ist und daß
das Verb des abhängigen Satzes an der zweiten Stelle steht.
In diesem Satz bildet der Satz ‘er will morgen kommen’ die zum Verb fehlende
Ergänzung.
Luz Cox M.
\ \\ \ \\ \ \\\\\v \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\v \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\m
Hier soll der Dativ beschrieben werden, aber nicht im Sinne der traditionellen
Grammatik, sondern auf der Grundlage der Valenzgrammatik.
In erster Linie sollen die morphologischen und syntaktischen Merkmale des Dativs
zusammengestellt, analysiert und klassifiziert werden und zuletzt die semantischen
Merkmale, damit das Vorhaben dieser Arbeit erreicht werden kann.
Für die Bestimmung der syntaktischen Funktionen werde ich mit den verschiedenen
Proben der Valenzgrammatik operieren und werde dabei nicht nur die Nominalphrasen im
Dativ berücksichtigen, sondern auch die Pronomina im Dativ.
Zu beachten ist, daß ich mich nicht mit dem Flexionsmorphem des Dativs, sondern
mit dem Dativ als Fall beschäftigen werde.
Da ich schon von vornherein voraussetze, daß der Dativ in seiner Distribution im Satz
verschiedene Aufgaben übernehmen kann -sei es als Ergänzung oder Angabe- will ich mit
den Verschiebe-, Weglaß-, Anaphorisierungs- und Kommutationsproben arbeiten. Dabei
werde ich die Funktion des Dativs in den verschiedenen Sätzen zu bestimmen versuchen.
Für die Bestimmung der semantischen Funktionen werde ich den pragmatischen
Aspekt berücksichtigen und dabei versuchen, die semantische Valenz anderer Wortarten zu
untersuchen.
Für diese Bestimmung spricht auch eine Untersuchung der Distribution der Elemente
im Satz, insofern werden dabei die Umgebungsfelder des Dativs eine wichtige Rolle spielen.
Weil die Grundlage für die Festlegung der Dativtypen mit ihren Merkmalen und
Funktionen die Verbgrammatik von ENGEL/SCHUMACHER 1976 ist, will ich erst auf
den Dativ eingehen, wie ihn die beiden Autoren behandeln und hinterher werde ich meine
Analyse der Dativtypen bringen. Die Bezeichnungen werde ich von HELBIG 1984
übernehmen. Für die Zusammenstellung werde ich mit dem Material verschiedener Autoren
arbeiten.
Die Dativergänzung
Die Dativergänzung, notiert mit dem Symbol E3, ist ein von der Valenz des Verbs
bedingtes Satzglied, welches obligatorisch oder fakultativ beim Verb auftreten kann. Die
Realisierung der Dativergänzung ist vom Kontext abhängig, sie kann aber nominal und
auch pronominal benutzt werden. Sie ist stets betonbar und somit auch immer
erststellenfähig. Sie ist nur eliminierbar, wenn es die Kommunikationssituation erlaubt.
Der dativus ethicus unterscheidet sich von der Dativergänzung und somit auch von
allen anderen Dativtypen dadurch, daß er nur pronominal realisiert werden kann. Er ist der
einzige unbetonte Dativtyp und dadurch nicht erststellenfähig. Er kommt nur in emotiv
markierten Sätzen vor.
Der Unterschied zwischen dem dativus sympathicus und der Dativergänzung ist nur
an der Valenz des Verbs festzustellen. Mit dem dativus sympathicus bildet man -von der
Struktur des Satzes hergesehen- einen ähnlichen Satzbauplan wie mit einem Verb wie
‘zeigen’ mit drei Ergänzungen. Er kann aber im Unterschied zur E3 mit einem
Präpositionalgefüge mit ‘für’ paraphrasiert werden. Wie die E3 ist der dativus sympathicus
oder commodi betonbar und erststellenfähig. Er kann auch als Nominalphrase und als
einfaches Pronomen realisiert werden.
Dieser Dativtyp wird als Variante des dativus sympathicus angesehen. Er ist
betonbar und erststellenfähig. Außerdem kann er in der Form einer Nominalphrase oder
eines Pronomens realisiert werden. Durch ihn drückt man im allgemeinen einen negativen,
imerwünschten oder unerwarteten Sachverhalt aus. Er unterscheidet sich vom dativus
commodi durch die Struktur des Satzes, in dem er vorkommt, und auch dadurch, daß der
gesamte Satz mit einem dativus commodi einen positiven Inhalt ausdrückt. Insofern kann
man diese zwei letzten Typen als Antonyme betrachten.
D er P ertinenzdativ
Der Pertinenzdativ tritt in Verbindung mit Pertinenzelementen auf, die Menschen oder
höhere Lebewesen bezeichnen, welchen Gegenstände, Körperteile oder auch Eigenschaften
zugeordnet werden. Sein Vorkommen ist beschränkt auf Verben, die eine EO, El, E5, E6
regieren, und er steht in direkter Beziehung zu den eben genannten Ergänzungen.
Die Zahl der Ergänzungen in einem Satz hängt direkt von der Valenz des Verbs ab,
und die Zahl der Angaben ist, morphosyntaktisch gesehen, in gewisser Weise relativ
unabhängig. So können zum Beispiel bei nullwertigen Verben Angaben verschiedener Art
auftreten; Ergänzungen sind dagegen aber nicht beliebig einzusetzen.
Der Dativ -Kasus, den ich hier untersuche- kann sowohl als valenzbedingtes und
nicht valenzbedingtes Satzglied auftreten.
Der Dativ als Ergänzung -sei sie obligatorisch oder fakultativ- ist in den folgenden
Satzbauplänen vorzufinden:
Nach der Durchführung aller Proben der Valenzgrammatik stellt man fest, daß der
Dativ ein valenzbedingtes Satzglied ist. Es handelt sich in diesem Falle um ein Verb, das
zweiwertig ist. Sollte eine der beiden Ergänzungen fehlen, dann würde sich ein
grammatisch unkorrekter Satz ergeben. Jedoch gibt es andere Verben, bei denen der Dativ
als fakultative Ergänzung auftreten kann.
Auch wenn in diesem Satz das von der Valenz des Verbs abhängige Satzglied nicht
auftritt, ergibt sich kein unkorrekter Satz, weil die Dativergänzung in diesem Falle -wie in
vielen anderen m ehr- fakultativ ist.
(3) danken <03 (4> Ich habe ihm für die Blumen gedankt.
Dem Mann habe ich für die Blumen gedankt.
Ich habe ihm gedankt.
* Ich habe für die Blumen gedankt.
* Ich habe gedankt.
Dieser Satzbauplan entspricht dem des ersten Satzes, jedoch bin ich der Meinung,
daß dieses Verb einen anderen Satzbauplan bildet als den von ENGEL/SCHUMACHER
1976 vorgeschlagenen. Diese Behauptung basiert auf der Analyse und dem Vergleich eines
mit dem Verb ‘treffen’ gebildeten Satz, der merkwürdigerweise in dem Valenzlexikon als
dreiwertiges Verb eingetragen ist.
treffen <01 (5> Ich traf den Mann auf der Straße.
Ich traf ihn auf der Straße.
Auf der Straße traf ich ihn.
Ich traf ihn.
um die Wertigkeit eines Verbs festzulegen, leuchten mir wenig ein. Die denotative
Bedeutung der beiden Verben ist etwa dieselbe; aus diesem Grund halte ich es nicht für
richtig, daß man bei dem Verb ‘begegnen’ eine fakultative E5 ausschließt.
(5) abnehmen <013> Die Sekretärin nimmt dem Chef die Arbeit ab.
Dem Chef nimmt die Sekretärin die Arbeit ab.
Die Sekretärin nimmt ihm die Arbeit ab.
*Die Sekretärin nimmt die Arbeit ab.
* Die Sekretärin nimmt ab.
Das Verb ‘abnehmen’ als dreiwertiges Verb kann durch die Durchführung der
Weglaßprobe zu einem grammatisch vollkommen korrekten Satz führen, dessen denotative
Bedeutung nicht mehr dieselbe ist.
Der Satz
Die Sekretärin nimmt ab.
ist ein korrekter Satz des Deutschen; die denotative Bedeutung des Verbs ist jedoch eine
andere, denn in diesem Falle handelt es sich um das einwertige Verb ‘abnehmen’, nur mit
einer EO. Es gibt aber das Verb ‘abnehmen’ mit einer anderen Bedeutung, aber diesmal mit
zwei Ergänzungen, von denen die eine fakultativ auftreten kann,
dabei handelt es sich um die El, die -je nach Kontext- fakultativ aufgenommen werden kann.
(6) beweisen <01 (3> Sein Verhalten beweist mir seine Aufmerksamkeit.
Mir beweist sein Verhalten seine Aufmerksamkeit.
Sein Verhalten beweist seine Aufmerksamkeit.
* Sein Verhalten beweist.
Das Verb ‘beweisen’ als dreiwertiges Verb verlangt das Auftreten von zwei
Ergänzungen, um einen korrekten Satz zu bilden.
Bei vielen Verben mit E0-E1-E3 kann die E3 als fakultative Ergänzung auftreten,
bei einer ganzen Reihe anderer tritt sie aber obligatorisch auf.
Das Pronomen ‘es’ hat in diesem Satz nicht die Funktion einer Ergänzung. Es ist ein
Platzhalter, und man stellt dies fest, wenn man die Verschiebeprobe durchführt.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
Das Fehlen der Dativergänzung ergibt einen unkorrekten Satz; das Fehlen des
Pronomens ‘es’ ändert weder die denotative noch die konnotative Bedeutung des Satzes
und sein Fehlen ergibt auch keinen unkorrekten Satz des Deutschen.
Obwohl Engel/Schumacher die Verben von (7) und (8) in dem Valenzlexikon als Verben
ohne E0 eintragen, sieht man hier, daß es sich um zwei unterschiedliche Verben handelt, welche
auf keinen Fall gleichgesetzt werden dürfen. Nur das ‘es’ von Satz (7) kann als Platzhalter
angesehen werden. Dieser Platzhalter übernimmt eine grammatische Funktion; aber das ‘es’ von
Satz (8) darf nicht als Platzhalter angesehen werden. Es handelt sich bei diesem, meiner
Meinung nach, um ein grammatisches Subjekt, dessen Fehlen einen falschen Satz ergeben
würde. Dieses von mir als grammatisches Subjekt genannte Element kann sicherlich nicht mit
einer normalen EO gleichgesetzt werden, weil es nicht in der Form einer Nominalphrase
vorzufmden ist; dennoch bin ich der Auffassung, daß man einen Unterschied zwischen
‘grammatisch obligatorischen’ und ‘grammatisch nicht obligatorischen’ Elementen macht.
Wie bereits festgestellt, ergibt das Fehlen einer Ergänzung, die von der Valenz des
Verbs verlangt wird, einen grammatisch unkorrekten Satz.
Das Weglassen der E8 ergibt einen grammatisch und kommunikativ unkorrekten Satz,
jedoch das Fehlen der Dativergänzung in einer Kommunikationssituation würde keinen
unkorrekten Satz ergeben, aber nur insofern, daß man diese Ergänzung als mitgedacht annimmt.
Unter diesem Satzbauplan bringt die DUDEN GRAMMATIK 1984 einen Satz, der
nach meiner Auffassung diesem Satzbauplan nicht entspricht, weil das Adjektiv kein von
der Valenz des Verbs erforderliches Satzglied ist. Der Beispielsatz, den die Duden
Grammatik bringt, ist folgender:
Der Wein bekommt mir schlecht.
Meine Behauptung basiert auf der Tatsache, daß ich die Modalbestimmung durch
die Satznegation ‘nicht’ -welche morphosyntaktisch gesehen immer eine Modalangabe ist—
kommutieren kann.
Der Wein bekommt mir nicht.
L u z Cox M.
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Wenn man jetzt die Anaphorisierungsprobe durchführt, kann man feststellen, daß
das Negationsadverb nicht anaphorisiert werden kann.
Die Kommutationsprobe beweist, daß das von der Duden Grammatik als
Modalergänzung angegebene Satzglied keine von der Valenz des Verbs abhängige
Ergänzung ist.
In den eben analysierten Sätzen liegen Dativergänzungen vor, die von der Valenz
des Verbs bedingt sind. Weil sie zu dem Verb in direkter Abhängigkeit stehen können,
nennt man alle Ergänzungen, die von der Valenz des Verbs bestimmt sind, Ergänzungen
ersten Grades.
Dieser letzte Satz muß als unkorrekter Satz betrachtet werden, weil sich seine
dennotative Bedeutung vollkommen ändert.
Der letzte Satz bildet einen anderen Satzbauplan. Die beiden Ergänzungen sind vom
Verb abhängig. Doch bei dem Satz mit drei Ergänzungen ist die E3 von der Valenz des
Adjektivs abhängig, und sie muß stehen, damit sich die denotative Bedeutung nicht ändert.
In diesem letzten Satz stellt man fest, daß das Verb zweiwertig ist. Die von der
Valenz des Verbs regierte E8 regiert wiederum zwei andere Ergänzungen, von denen eine
fakultativ im Satz auftreten kann. Weil dieses Adjektiv zwei verschiedene Ergänzungen
regiert, kann man auch von einem zweiwertigen Adjektiv sprechen.
Die Dativergänzung zweiten Grades, die ich hier unterscheide, wird von Jung nicht in
Betracht gezogen. Der Dativ, den Jung bei vielen Adjektiven und Partizipien unterscheidet,
kann nicht als eine von der Valenz des Adjektivs bestimmte Ergänzung bezeichnet werden,
abgesehen von ein paar Beispielsätzen, in denen doch eine Dativergänzung auftritt.
In Sätzen wie:
Der Sohn ist dem Vater ähnlich.
Die Suppe ist mir schlecht bekömmlich.
Das ist uns nützlich.
behauptet JUNG 1971, 54 folgendes: “Der Dativ ist aber Attribut bei einer Reihe von
Adjektiven, wenn sie prädikativ gebraucht werden.”
Der freie Dativ steht im Vergleich zur Dativergänzung in freierer Kohäsion zum
Verb, und er charakterisiert sich dadurch, daß er von der Valenz des Verbs, wie ich ihn
schon behandelt habe, unabhängig ist.
Es scheint, daß die freien Dative von der semantischen Valenz syntaktischer
Kategorien abhängig sind.
Alle freien Dative charakterisieren sich dadurch, daß sie eliminiert werden können.
Dieses zeigt schon, daß absolut kein Typ von der syntaktischen Valenz einer anderen
Wortart abhängig ist.
Für die Analyse der freien Dative ist also notwendig, daß wir den lexiko-
semantischen und den pragmatischen Aspekt miteinbeziehen, weil jeder Typ von der
Syntax hergesehen eine Angabe ist.
Was HELBIG 1984 als possessiven Dativ bezeichnet, wird von den meisten
Grammatikern als Pertinenzdativ angesehen.
Luz Cox M.
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\m
Aus diesem Grunde haben ihn die meisten Grammatiker als Pertinenzdativ
bezeichnet. Das Ausgesagte bezieht sich dabei auf den im Dativ ausgedruckten Referenten.
Zu diesem Dativtyp haben andere Autoren Aussagen in Verbindung gebracht, die sich auf
Kleidungsstücke beziehen. Jedoch HELBIG 1984 unterscheidet in bezug auf das
Letztgenannte einen Trägerdativ, auf den ich später eingehen werde.
JUNG 1971, 52 ist der Meinung, daß “wenn der Körperteil Objekt ist, muß die Person
im Dativ stehen”. Für GLINZ 1971 spielt anscheinend eine solche Klassifizierung keine
wesentliche Rolle, und ADMONI1970,119 nennt diesen Dativ dativus sympatheticus.
Für die DUDEN GRAMMATIK 1984, 519 bezeichnet dieser Dativ “eine Person
(ein Lebewesen) oder Sache, auf die -als Ganzheit- ein Teil bezogen wird”, und wird als
Pertinenz- bzw. Zugehörigkeitsdativ bezeichnet. “Der Pertinenzdativ steht immer dann,
wenn in der Ergänzung, auf die sich der Dativ bezieht, ein Körperteil genannt wird (...) oder
wenn bei dem, was in der Ergänzung genannt wird ein ‘Zugehörigkeitsverhältnis’ im
weiteren Sinne besteht.” DUDEN GRAMMATIK 1984, 606.
HELBIG/BUSCHA 1984, 290 behaupten: “der possessive Dativ drückt ein Teil-
von-Relationen eines Körperteils zu einer Person aus. (...) Da er von einem substantivischen
Körperteil-Lexem abhängt, hat er keine Objekts-, sondern eine attributähnliche Funktion.”
Der in diesem Satz enthaltene Dativ ist unabhängig von der Valenz des Verbs. Er
wird in der Regel eingesetzt, um die Zugehörigkeitsbeziehung auszudrücken, welche in der
Paraphrase mit dem Possessivpronomen deutlich herauskommt. Dieser Dativ steht in
direkter Beziehung zur EO.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
////////////////////////////////////////////////////////M
Ohne den Dativ ist dieser Satz grammatisch korrekt, semantisch jedoch nicht, weil die
Zugehörigkeitsrelation verloren geht. Doch in der Paraphrase mit einem Possessivpronomen ist
diese Zugehörigkeitsrelation immer noch vorhanden, aber der referierende Ausdruck, von dem
der genannte Körperteil eine Teil-Relation ausdrückt, muß vorher erwähnt worden sein,
denn sonst ist es unmöglich, diese Teil-Menge mit der Ganzheit-Menge in Verbindung zu
bringen.
(14) waschen <01> Die Mutter wäscht dem Kind die Hände.
I Die Mutter wäscht die Hände des Kindes.
<PD> Die Mutter wäscht seine Hände.
In der Paraphrase mit dem Possessivpronomen ändert sich nicht die denotative
Bedeutung, doch zum Teil die konnotative. Der Schwerpunkt des Ausgedrückten liegt nicht
beim Dativ, sondern beim betroffenen Körperteil.
Wie schon gesagt, werden sowohl der possessive Dativ als auch der Trägerdativ von
HELBIG 1984 von den meisten Sprachwissenschaftlern als Pertinenzdativ aufgefaßt.
Für den Pertinenzdativ auf Körperteile bezogen, bringt die DUDEN GRAMMATIK
1984, 606 folgende Beispiele:
Von dieser Art von Beziehung lassen sich verschiedene Nebenpläne unterscheiden
(Vgl. DUDEN GRAMMATIK 1984, 630-631).
Luz Cox M.
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\W ^ ^
<PD>
<PD>
<PD>
<TD>
<PD>
Wie wir schon bei der Behandlung des possessiven Dativs gesehen haben,
beschränkt ihn Helbig auf Teil-von-Relationen eines Körperteils zu einer Person. Der
Trägerdativ muß eine Träger-Relation ausdrücken, aber er kann auch eine Possessiv-
Relation ausdrücken. Dies spricht aber nicht dafür, daß diejenigen Dative, die eine
Possessiv-Relation ausdrücken, dem possessiven Dativ zugeordnet werden.
Der Dativ des ersten des vierten und des fünften Satzes ist der sogenannte Trägerdativ.
Er drückt eine Träger-Relation aus. Wenn man so eine Aussage hört, geht man davon aus, daß
der mit dem Dativ genannte Referent der Träger des angegebenen Kleidungstücks ist.
Im dritten Satz wird die Träger-Relation nicht explizit ausgedrückt, die Possessiv-
Relation ist an dem Possessivpronomen zu lesen. Man muß die mit dem Nominativ
gennante Person als Träger verstehen.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
(16) aufsetzen <01 > Ich setze ihm die Brille auf.
| Ich setze seine Brille auf.
<TD> Ich setze die Brille auf.
Ich setze ihm seine Brille auf.
In jedem dieser Sätze ist ‘ich’ der Handlungsträger, jedoch nicht immer der Träger
des genannten Gegenstandes. In dem ersten Satz ist der mit dem Dativ genannte Referent
der Träger; im zweiten ist der mit Nominativ genannte Referent, genauso im dritten Satz.
Im vierten aber ist wieder der mit dem Dativ genannte Referent der Träger der Brille.
Der Dativ des ersten Satzes drückt eine Träger-Relation aus, der Dativ des vierten
Satzes drückt außer dieser Relation eine Possessiv-Relation aus. Diese letzte Relation wird
durch das Possessivpronomen ‘sein’ ausgedrückt und besagt, daß der Träger des
Gegenstandes gleichzeitig der Besitzer desselben ist.
Der dritte Satz -nach der Durchführung der Eliminierungsprobe- ergibt, daß die
durch den Dativ ausgedrückte Träger-Relation nicht mehr vorhanden ist. ‘Ich’ wird zum
Träger der ‘Brille’ und somit ist die echte gemeinte Träger-Ralation ausgelöst. Jedoch wird
in dem Satz einen Träger genannt, nur nicht durch einen Trägerdativ.
Die Doppelmarkierung im Satz 4 ist insofern wichtig, daß man erfährt, wessen
Kleidungsstück der mit dem Dativ genannte Referent trägt.
(17) tropfen <06> Der Regen tropft ihm auf den Hut.
| Der Regen tropft auf seinen Hut.
<TD> Der Regen tropft auf den Hut.
Dem Mann tropft der Regen auf den Hut.
Auf seinen Hut tropft der Regen.
Durch den Dativ im ersten Satz wird der Träger genannt. Jemand hat einen Hut auf,
und auf den Hut tropft der Regen. Die mit dem Dativ ausgedrückte Träger-Relation fällt
aus, wenn man den Dativ eliminiert.
Im zweiten Satz kann man eine implizite Träger-Relation feststellen; die Possessiv-
Relation ist explizit genannt, doch im Satz 3 ist keine der beiden Relationen zu lesen. Man
erfährt nicht, wer der Träger des Hutes ist, und auch nicht, wem der Hut gehört.
Luz Cox M.
28 \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\^^^^
Die Hose ist die von dem Verb verlangte Ergänzung. Wenn man aber sagt “Die
Hose rutscht”, weiß man nicht, wessen Hose gemeint ist, insofern ist es in einer
Kommunikationssituation notwendig, daß man dieses nicht valenzbedigte Satzglied -und
das ist für fast alle freien Dative gültig- hinzufügt. Mit dem Satz “Seine Hose rutscht” ist
vorauszusetzen, daß in der Kommunikationssituation die Rede von einem Kind war, dessen
Hose rutschte.
Laut HELBIG 1984, 199 “drückt der Trägerdativ semantisch eine Träger-Relation
aus, setzt im Dativ [+Hum] als Träger des Kleidungsstückes und in einem anderen
Substantiv des Satzes das Merkmal [Kleid] voraus.”
Der dativus commodi -wie auch andere freien Dativtypen- wird von Admoni als
nicht notwendiges indirektes Objekt bezeichnet. “Es erscheint dann, wenn der Satz auch
ohne das Dativobjekt vollendet wäre, aber dieses Objekt bezeichnet doch einen solchen
Gegenstand (in der Regel eine Person), der mit der betreffenden Handlung als ihr
unmittelbares Orientierungsziel tatsächlich verbunden ist. (...) Wenn der Dativ erscheint, so
bedeutet es, daß sich die Handlung wirklich in der Richtung auf diese Person entwickelt.”
ADMONI 1970, 119.
Die Duden Grammatik bezieht sich auf den dativus commodi im Sinne einer von der
Valenz des Verbs bedingten Ergänzung. Dieses Dativobjekt bezeichnet “eine Person, an
deren Stelle und für bzw. zu deren Vorteil ... etwas geschieht.” DUDEN GRAMMATIK
1984, 591.
HEIDOLPH ET AL. 1984, 208 meinen, daß dieser Dativ Personen bezeichnet, die
in einer besonderen Beziehung zu dem Sachverhalt stehen, der im Satz beschrieben wird.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
///////////////////////////////////////////////////^
Wie man sieht, hat HELBIG 1984, 191 vollkommen recht, wenn er sagt: “Ein
genauer Blick in die herkömmlichen Grammatiken bestätigt also die oberflächliche
Einheitlichkeit in der Darstellung des freien Dativs nicht. Er läßt vielmehr erkennen, daß es
gewichtige Unterschiede gibt, die nicht nur terminologischer, sondern auch und erst recht
sachlicher Natur sind, die als Indiz dafür angesehen werden können, daß auf dem Gebiet
ungeklärte Probleme liegen.”
Nach der Durchführung der Proben der Valenzgrammatik stellt man fest, daß der
dativus commodi durchaus weggelassen werden kann, ohne daß die Grammatikalität des
Satzes darunter leidet. Sicherlich bringt das Weglassen des dativus commodi ein
Informationsverlust mit sich, wie es auch der Fall ist, wenn man irgendeine fakultative
Ergänzung oder auch Angabe wegläßt. Der dativus commodi ist meiner Meinung nach -von
der Syntax hergesehen- eine Angabe; aber ganz sicherlich ein notwendiges Satzglied in der
Kommunikation wie jedes andere, egal ob Ergänzung oder Angabe.
Die durch einen dativus commodi genannte Person ist favorisiert von der Handlung
einer anderen. Aus diesem Grunde hat ERBEN 1971, 92 recht, wenn er sagt, daß dieser
Dativtyp eine Größe bezeichnet, zu deren Nutzen die Verbalhandlung geschieht. Oder die
DUDEN GRAMMATIK 1984, 591, wenn sie sich auf den Dativ bezieht, der eine Person
bezeichnet, “an deren Stelle und für die bzw. zu deren Vorteil (...) etwas geschieht”.
(19) öffnen <01> Der Schüler öffnet dem Lehrer die Tür.
| Ihm öffnet er die Tür.
<DC> Er öffnet für den Lehrer die Tür.
Er öffnet an Stelle von dem Lehrer die Tür.
Der dativus commodi bezeichnet in diesem Falle die Person, für die der Schüler
etwas tut. Die durch den Dativ genannte Person ist von der Handlung einer dritten Person
favorisiert, d. h., diese Handlung ist von Vorteil für sie. “Der Subjektsnominativ ist ein
Agens, dessen Tätigkeit für den Referenten des Dativs [-AGENS] als positiv, intentional
und wünschenswert verstanden wird.” HELBIG/BUSCHA 1984, 291.
ADMONI 1970, 116 stellt zwei Typen von Dativen gegenüber, die eine ähnliche
Struktur bilden, die sich aber von der Zahl der vom Verb regierten Ergänzungen sehr
unterscheiden. Die Analyse der beiden Sätze wird es deutlich heraussteilen.
Der in dem ersten Satz vorliegende Dativ ist ein notwendiges direktes Objekt,
jedoch der Kontext erlaubt bei einigen Verben -und das ist der Fall bei ‘geben’-, das
Dativobjekt auszulassen, weil nach ADMONI 1970, 119 aus dem Kontext oder aus der
Situation zu entnehmen ist, wem das Buch gegeben wird. Zwei Ergänzungen sind aber
Luz Cox M.
30 \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\^^^^
notwendig, um einen korrekten Satz des Deutschen zu bilden. Die E3 ist die einzige, die in
diesem Falle fakultativ auftreten kann.
Das Verb ‘öffnen’ verlangt zwei Ergänzungen; das andere Satzglied ist nicht
valenzbedingt und kann deswegen ausfallen. Doch die im Satz enthaltene Information wäre
nicht so reich. Syntaktisch gesehen, bleibt der Satz weiterhin wohlgeformt ohne den Dativ.
Wenn aber der Dativ erscheint, so heißt es, daß sich die Handlung in Richtung der
im Dativ genannten Person, und zwar zugunsten dieser Person entwickelt.
Der Dativ von Satz (20) ist nicht paraphrasierbar, weil er eine echte E3 ist, die von
dem Verb ‘geben’ direkt abhängt. Der Dativ von Satz (21) aber kann durch ein
präpositionales Gefüge paraphrasiert werden. Mit der Paraphrase drücke ich aus, daß ich
etwas im Interesse der mit dem Dativ gemeinten Person tue.
Formal gesehen, ähnelt der dativus commodi der Dativergänzung sehr. Sie kommen
in einer ähnlichen Struktur vor, aber “der dativus commodi übt nicht die semantische
Funktion eines Adressaten (oder Rezipienten) -w ie zumeist das Dativobjekt- aus,
sondern die des ‘Favorisierten’, d. h. derjenigen Person, für die, statt und zugunsten
derer eine Tätigkeit ausgeübt wird. Diese Unterscheidung wird auch nicht dadurch in
Frage gestellt, daß es Sätze gibt, die doppeldeutig sind, deren Dativ sowohl als
Adressat (=Objekt) als auch als Favorisierter (=dativus commodi) interpretierbar ist.”
HELBIG 1984,202.
Für die Feststellung des dativus commodi, wenn er in der Form einer Nominalphrase
auftritt, ist es notwendig, daß man eine gekoppelte Paraphrasierung durch ‘für + Substantiv’
und ‘statt + Substantiv’ durchführt. “Diese Paraphrasierung gilt natürlich nur für den nicht
reflexiven dativus commodi. Für den reflexiven dativus commodi ist nur eine Substitution
durch ‘für’, aber keine Substitution durch ‘statt’ möglich.” HELBIG 1984, 201.
In beiden Fällen bleibt -so nach HELBIG 1984, 201- “die generelle Bedeutung
‘zugunsten von’ erhalten.”
stellt sich heraus, daß die Paraphrase mit ‘an Stelle von’ nicht genau zutrifft. Das Gefüge
‘an Stelle von’ besagt, daß ‘mein Sohn’ in der Lage ist, es selber zu kaufen; und das ist sehr
fragwürdig, wenn es sich um ein kleines Kind handelt, das sich ein Buch nicht mal
wünschen kann, weil es zu klein ist. Jedoch und trotzdem danach Freude daran haben kann.
Der dativus incommodi unterscheidet sich von dem dativus commodi dadurch, daß
er mit dem Merkmal ‘Nachteil’ verbunden ist. HELBIG 1984, 203 spricht in diesem Falle
von einer Zuungunsten-Relation. “Es läuft ein Geschehen ab, ... dessen Folge ...
unbeabsichtigt, unerwünscht und für den Dativreferenten negativ ist.”
Für HEIDOLPH ET AL. 1984, 306 bezeichnet der dativus incommodi eine Art
Verantwortung, aus diesem Grunde nennen sie diesen Dativ mit dem Namen Dativ der
Verantwortlichkeit. Die Verben, die einen solchen Dativ bei sich haben können,
bezeichnen Vorgänge mit unerwünschtem Resultat.
HELBIG/BUSCHA 1984, 291 meinen, daß der dativus incommodi eine Person
bezeichnet, die an einem Geschehen beteiligt ist, das negativ ausgeht. Auch wenn es nicht
intentional passiert, erscheint es dem mit dem Dativ ausgedrückten Referenten imerwünscht.
Eine Paraphrase mit dem Status der für die schon besprochenen freien Dative ist
nicht möglich. So schlägt Helbig im Anschluß an Krohn eine Verbalphrase mit
‘geschehen’ bzw. ‘passieren’ vor: ‘Es geschah (passierte)..., daß ...’ .
Wir haben in den drei schon behandelten Dativtypen festgestellt, daß der Dativ kein
von der Valenz des Verbs abhängiges Satzglied ist, sondern daß er den Status einer Angabe
hat. Immerhin kann man feststellen, daß diese Dativtypen zu einer bestimmten
syntaktischen Kategorie in Verbindung stehen.
Luz Cox M.
32 \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\^
In dem Fall, den ich jetzt behandle, stelle ich fest, daß dieses Verhältnis bzw. diese
Beziehung zu einer anderen Kategorie nicht zu finden ist. Außerdem ist es auch nicht
möglich, diesen Dativ durch irgendein Präpositionalgefüge zu paraphrasieren.
Dadurch, daß man diesen Dativ -wie Helbig es vorschlägt- nur mit einer
Verbalphrase paraphrasieren kann, stellt man auch fest, daß man mit dieser Paraphrase nur
durch Umwege zu einer möglichen Lösung des Problems kommt.
Dieser Dativtyp ist nach dem System der Syntax nicht zu erklären, es sei denn, man
greift zu Ersatzmöglichkeiten, die man nicht für selbstverständlich halten kann. Die
vorgeschlagene Form der Paraphrase erschwert noch mehr das Problem, anstatt es zu lösen.
Der mit dem Dativ ausgedrückte Referent ist Agens einer mißlungenen Handlung,
ohne daß er es gewünscht hat.
(24) fallen <0 (6> Das Buch ist dem Kind auf die Erde gefallen.
Ihm ist das Buch auf die Erde gefallen.
Ihm ist das Buch gefallen.
Das Buch ist auf die Erde gefallen.
Das Buch ist gefallen.
Der Dativ des ersten Satzes nennt das nicht-intentionale Agens einer bestimmten
Handlung, von der er auch direkt betroffen ist. Der mit der E0 genannte Referent ist nicht
markiert, so daß man nicht weiß, um wessen Buch es sich dabei handelt. Man kann nur
vermuten, daß der mit dem Dativ genannte Referent, der Besitzer des Buches ist. Jedoch
dieses schließt nicht aus, daß der Besitzer ein anderer ist, der auch von der Handlung
betroffen ist.
(25) verloren gehen <0> Ihr ist sein Autoschlüssel verloren gegangen.
Sein Autoschlüssel ist verloren gegangen.
Durch das Possessivpronomen erfährt man, daß der Autoschlüssel nicht von der mit
dem Dativ genannten Person ist. Das Geschehen ist infolgedessen nicht nur zuungunsten
des Dativreferenten abgelaufen; der Besitzer des Autoschlüssels ist auch von der negativen
Folge betroffen. Der Dativreferent ist aber verantwortlich für das Geschehen, auch wenn es
die Folge keiner intentionalen Handlung ist.
Wie wir gesehen haben, wird von Helbig/Buscha eine Struktur wie diese außer Acht
gelassen. Sie gehen davon aus, daß der Dativreferent -dem das Geschehen passiert- kein
intentionales Agens ist. Soll man dann verstehen, daß das Geschehen intentional passiert
ist, wenn das Geschehen von dem mit Nominativ genannten Referenten verursacht worden
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
////////////////M ////////////////////////M ^
ist? Sicher nicht, aber hiermit wird bewiesen, daß das von Helbig, Helbig/Buscha
Postulierte nicht für alle Fälle zutreffend ist.
JUNG 1971, 130 - 54 sagt: “Dem Sinn des Dativs entspricht es, ... wenn er als
Personenkasus zu Verben tritt, die nicht von vornherein objektgerichtet sind. ... Aber bei
Substantiven, die als Prädikatsnominativ gebraucht werden, ist ein hinzugefügter Dativ als
Objekt aufzufassen. Der Satz hat auch Sinn ohne diesen Dativ.”
Was nach HELBIG 1984, 204 - 205 den Dativ des Zustandsträgers von den Dativen
commodi und incommodi unterscheidet, ist die Tatsache, daß es sich bei ihm weder um
eine Possessiv-Relation oder eine Teil-von-Mengen-Relation, noch um eine Träger-
Relation oder um eine Zugehörigkeits-Relation handelt. Es handelt sich auch nicht um ein
Geschehen, daß zugunsten oder zuungunsten eines Dativreferenten verläuft.
HELBIG/BUSCHA 1984, 291 behaupten: “Der Dativ des Zustandsträgers steht nur
bei Zuständen und ist weglaßbar (allerdings mit semantischem Informationsverlust). Der
Träger des Zustands bleibt unbezeichnet.”
HELBIG 1984, 204 behauptet, daß sich für den Dativ des Zustandsträgers eine
Paraphrase mit ‘X hat ...’ anbietet, die die diesem Dativ zugrunde liegende Zustands-
Relation signalisiert.
Von der Tiefenstruktur hergesehen, ändert sich die denotative Bedeutung nicht sehr.
Jedoch auf der Oberfläche haben wir -formal gesehen- verschiedene Strukturen.
Mit ‘die Kinder’ drückt man die Referenten aus, die die Zustandsträger dessen sind,
was man mit der E7 ausdrückt.
Wiederum ist die mit dem Dativ gemeinte Person der Träger des mit der E8
Ausgedrückten. Dies wirkt sich auf ‘mir’ aus, und dadurch wird ‘ich’ der Zustandsträger in
der Paraphrase.
ADMONI 1970, 130 bezieht sich auf diesen Dativ als einen, der nicht
objektgerichtet ist, d. h. nicht von der Valenz des Verbs abhängt. Er behauptet: “der Kasus
der besonders interessierten Person steht als Dativ bei allen Adjektiven, denen ‘zu’, ‘allzu’
vorangeht oder ‘genug’ folgt.”
Dieser Dativtyp wird in der Regel als Dativ des Interesses bezeichnet, und die
meisten Grammatiker gehen nicht auf Einzelheiten oder Eigenschaften ein.
In der Paraphrase mit ‘für’ ändert sich nicht die denotative Bedeutung, nur ist der
Satz -formal gesehen- anders. Der Dativ wird zu einem Präpositionalgefüge. Das mit der
E8 Ausgesagte entspricht den Erwartungen der mit dem Dativ gemeinten Person nicht.
Wenn man den Dativ ausläßt, entsteht eine Aussage über das Zimmer, welche als
Verallgemeinerung aufgefaßt werden kann. Das Wichtige bei diesem Dativ ist, daß das mit
der E8 Ausgesagte in bezug auf das mit der E0 Referierte die Meinung des Dativreferenten
vertritt. D. h.’x (Dativreferent) meint: Das Zimmer ist zu klein.’
Wenn wir den ersten Satz mit dem letzten vergleichen, stellt man fest, daß in dem
letzten Satz eine Doppelmarkierung vorhanden ist. Nach der Meinung des Dativreferenten
ist das Buch mit der markierten Possessiv-Relation für den mit dem Dativ ausgedrückten
Referenten zu schwer.
Der Meister ist der Meinung, daß er zu langsam arbeitet, andererseits ist der Meister
von der Tatsache, daß ‘er zu langsam arbeitet’ betroffen.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
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Die zwei eben beschriebenen Auffassungen fuhren zu einer Unterteilung des Dativ
des Maßstabs in dativus iudicantis und dativus respectivus.
a) Der mit dem Dativ genannte Referent ist der Meinung oder meint, daß die Aussage über
die EO sich nur auf seine persönliche Meinung beschränkt; aus seiner Perspektive
bewertet er den Sachverhalt.
b) Der mit dem Dativ genannte Referent ist betroffen von dem Verhalten der mit der EO
genannten Person.
Was den dativus ethicus von allen anderen freien Dativtypen unterscheidet -so nach
ENGEL/SCHUMACHER 1976, 60- ist, daß er emotiv markiert ist und daß er nur in der
Form eines Pronomens Vorkommen kann. Dieses ist begrenzt auf nur Pronomen der 1. und
2. Person. Die beiden Autoren meinen, daß der dativus ethicus -neben dem sympathicus
und incommodi- als Verbergänzung gelten muß.
Die Proben, die ich hinterher durchführen werde, werden zeigen, daß der ethische
Dativ nicht von der Valenz des Verbs bedingt ist und daß er insofern nicht als Verbergänzung
betrachtet werden darf. Außerdem muß ich sagen, daß das Abstrakte der Sprache keine
emotionale Markierung erlaubt. In der konkreten Realisierung der Sprache kann sich der
Sprecher diese Markierung leisten, und wenn ich den dativus ethicus aus dieser Perspektive
untersuchen will, muß ich mit der Pragmalinguistik versuchen, eine Erklärung für diesen
Dativ zu finden. In einer Aussage mit einem dativus ethicus enthält allein der Dativ eine
bestimmte Intention, die sicherlich mit der Intention der ganzen Aussage eng verbunden ist.
Aber die Tatsache ist, daß das semantische Merkmal [emotiv] fast unmöglich zu erklären ist,
wenn man den linguistischen Aspekt der Kommunikation nicht überschreitet.
ENGEL 1977, 167 behauptet, “da der dativus ethicus jedoch sicherlich nicht bei
allen Verben stehen kann, muß es sich auch bei ihm um eine Ergänzung handeln. Sie
differiert aber insofern von der ‘normalen’ E3, als sie nur als (stets unbetontes) Pronomen
P2 Vorkommen kann, außerdem stets fakultativ ist, ferner nie den Satz einleiten und
schließlich nie erfragt werden kann.”
Nach der DUDEN GRAMMATIK 1984, 591 bezeichnet der dativus ethicus eine
Person, die nur zusätzlich und gefühlsmäßig an einer Handlung beteiligt ist. Praktisch ist dieser
Gebrauch auf die Personalpronomen der 1. und 2. Person beschränkt. Er steht bei Ausdrücken
der Verwunderung, Aufforderung und Frage und bezeichnet eine emotionale Beteiligung.”
ADMONI 1970, 55 meint: “Der dativus ethicus ist nicht als Objekt im eigentlichen
Sinne, sondern als freies Satzglied aufzufassen. Er steht als Dativ der 1. oder 2. Person,
ohne vom Verb abhängig oder am Geschehen beteiligt zu sein. Er bezeichnet die innere
Teilnahme der sprechenden oder angesprochenen Person.”
Luz Cox M.
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Bei dem ethischen Dativ handelt es sich nicht um Nutzen oder Schaden für den
Sprecher, sondern um seine Gefühlsbeteiligung an dem Verhalten, zu dem er auffordert.
Der Dativ der 2. Person wird angewendet, ‘wo man auf einen Gemütsanteil des
Angeredeten rechnet’.” HEIDOLPH ET AL. 1984, Opus cit. 369.
Die Person, die eine solche Aussage macht, ist emotiv an dem Verhalten, zu dem sie
auffordert, beteiligt. Die mit dem Dativ genannte Person ist daran interessiert, daß der
Angesprochene darauf achtet, daß sie besorgt ist, daß sie sich Sorgen um sein Verhalten
macht, daß sie großen Wert darauf legt, daß das, was sie sagt, gemacht wird.
Ein ethischer Dativ kann in einem Satz in Verbindung mit einem possessiven Dativ
oder auch mit einer E3 stehen.
Die DUDEN GRAMMATIK 1984 geht auf den in den Sätzen unten stehenden
Dativtyp ein und nennt ihn finalen Dativ. Es ist sonderlich, daß Helbig ihn nicht behandelt.
Ich füge ihn trotz allem zu, um einen vollständigeren Überblick über die Vorgefundenen
Typen zu bringen, obwohl ich am Anfang klar gemacht habe, daß ich das Thema nach der
Typologie von Helbig behandeln wollte.
In dem Satz
Er lebt nur seiner Familie.
muß der Dativ als finaler Dativ verstanden werden. Dieser Dativ nennt im Gegensatz zu
den hier besprochenen Beispielen keine konkrete Person, sondern eine Gruppe, so daß man
von einer Zuwendung vom Handlungsträger zum mit dem Dativ genannten Referenten
sprechen kann, aber nicht unbedingt von einer (oder mehr) favorisierten Person(en). Dieser
Dativ nennt den Zweck.
D er Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
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Wenn wir den Dativ durch eine andere Nominalphrase nicht menschlichen
Charakters ersetzen, so gilt die ganze Zuwendung der durch den Handlungsträger
ausgeführten Handlung dem mit dem Dativ genannten Sachverhalt. Das untenstehende
Beispiel zeigt es deutlich.
Wir haben hier mit einem ganz konkreten Beispiel für einen finalen Dativ zu tun.
Sicherlich gibt es einen Unterschied zwischen diesem Dativtyp und allen anderen
behandelten Typen.
Für die Paraphrase schlage ich ein ‘für-Gefüge’ vor. In der paraphrasierten Form
scheint der Gebrauch der Tiefenstruktur üblich zu sein.
Einer der leicht zu erkennenden und gleichzeitig weniger gebrauchten Fälle ist der
Dativ als Attribut.
Der attributive Dativ tritt nur nach einem mit dem Dativ schon erwähnten
Referenten und ist ein Teil dieses Satzgliedes.
Attribute sind weder Ergänzungen noch Angaben, sondern Teil derselben. Dies
sehen wir in den zwei nächsten Sätzen:
(36) helfen <0(3> Ich habe Herrn Schmidt, dem Hausmeister, geholfen.
(37) bauen <01> Wir bauen unseren Kindern, dem Peter und seiner Frau,
ein neues Haus.
<DC>
Die Attribute haben die Aufgabe, eine Art genauere Bestimmung zum
davorgenannten Nomen zu liefern.
Alle freien Dativtypen unterscheiden sich voneinander, weil sie mit bestimmten
Merkmalen ausgestattet sind, die ihnen eigen sind.
Obwohl ich mich schon mit den Eigenschaften der verschiedenen freien Dativtypen
befaßt habe, will ich zuletzt die Merkmale bzw. Eigenschaften zusammenstellen, an denen
man jeden freien Dativtyp erkennen kann.
L u z Cox M.
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Der possessive Dativ ist sowohl nominal als auch pronominal repräsentierbar, er ist
immer betonbar und somit erststellenfähig. Dieser Dativtyp ist paraphrasierbar entweder
mit einem Possessivpronomen oder mit einem genitivischen Attribut. Er bezeichnet immer
eine Teil - von - Mengen - Relation und bezieht sich auf Körperteile eines Körpers als
Menge. Er kennzeichnet den Besitzer des betreffenden Körperteils.
Der Trägerdativ
Genauso wie der possessive Dativ ist der Trägerdativ betonbar und aus dem Grunde
erststellenfähig. Er kann in der Form einer Nominalphrase oder eines Pronomens auftreten
und kann eliminiert werden, mit dem Nachteil, daß dabei ein Informationsverlust entsteht.
Seine Eliminierung betrifft aber nicht die Wohlgeformtheit des Satzes, man stellt jedoch
semantische Effekte fest.
Dieser Dativtyp ist erststellenfähig, weil er betont werden kann. Seine Realisierung ist
durch ein Substantiv oder Pronomen möglich und kann -wie jeder freie Dativtyp- eliminiert
werden. Es ist immer möglich, daß man diesen Dativ mit einem ‘fur-Gefüge’ paraphrasiert, aber
weil auch andere freien Dativtypen mit diesem Gefüge paraphrasiert werden können, ist es
empfehlenswert und sogar notwendig, daß man eine Paraphrase mit dem ‘statt-Gefüge’
durchführt. Die gekoppelte Paraphrasierung gilt aber nur für den Dativ in der Form einer
Nominalphrase. Der reflexive Dativ kann nur durch ein ‘für-Gefüge’ paraphrasiert werden. Was
zuletzt wichtig ist, ist, daß die Bedeutung von ‘zugunsten von’ erhalten bleibt.
Dieser Dativ kann ohne weiteres weggelassen werden, ohne daß die Grammatikalität
des Satzes betroffen ist. Die semantische Information ist aber betroffen, weil der Satz seine
ursprüngliche denotative Bedeutung verliert.
Wichtig bei diesem Dativtyp ist, daß die mit dem Dativ genannte Person von der
Handlung einer anderen Person favorisiert ist. Diesem Dativ liegt eine ‘Zugunsten-Relation’ vor.
Im Gegensatz zum vorhergehenden Typ ist der dativus incommodi weder mit ‘für’
noch mit ‘statt’ paraphrasierbar und enthält eine ‘Zuungunsten-Relation’. Das Geschehen
betrifft die mit dem Dativ genannte Person in negativer Form, d. h., der Dativreferent ist
von dem genannten Geschehen benachteiligt.
Der Dativ: Typen, Merkmale und Funktionen
Er ist wie die anderen drei Typen nicht von der Valenz des Verbs abhängig und aus
diesem Grunde ist er auch eliminierbar. Seine Realisierung ist sowohl nominal wie auch
pronominal möglich, und da er betonbar ist, ist er auch erststellenfähig.
Dieser Dativtyp ist nominal und pronominal realisierbar, er ist auch betonbar und
somit auch erststellenfähig. Seine Eliminierung ist immer möglich, aber sie verursacht
immer einen Informationsverlust.
Der Dativ des Zustandsträgers ist mit einem Präpositionalgefuge mit ‘für’
paraphrasierbar und unterscheidet sich vom dativus commodi dadurch, daß er in keiner
Struktur vorkommt, von deren Verb man denken könnte, daß er eine EO, El und E3
verlangt, wie es zum Beispiel der Fall bei vielen Sätzen mit dem dativus commodi ist.
Dieser Dativ kommt in der Regel in Sätzen vor, die mit dem Verb ‘sein’ gebildet sind.
Dieser Dativtyp enthält die für den Dativ des Zustandsträgers angegebenen
Charakteristiken und unterscheidet sich von ihm und auch vom dativus commodi dadurch,
daß es -in Zweifelsfällen- zwei andere Formen der Substitution für ihn gibt. Diese zwei
Substitutionsformen ergeben jedoch eine Unterteilung dieses Typs in:
Der dativus ethicus unterscheidet sich von allen anderen Dativtypen dadurch, daß er
nicht betont ist und aus diesem Grunde nicht an den Satzanfang rücken kann. Außerdem ist
dieser Dativ nicht durch eine Nominalphrase realisierbar, sein Gebrauch beschränkt sich
nur auf Personalpronomen der 1. und 2. Person.
Durch diesen Dativ wird auf eine Person referiert, die gefühlsmäßig an einer
Handlung beteiligt ist.
Das einzige gemeinsame Merkmal für diesen Dativtyp und alle anderen ist, daß sie
alle keine von der Valenz des Verbs bedingten Satzglieder sind.
Den finalen Dativ findet man nur selten, seine Eliminierung bedeutet einen
Informationsverlust. Außerdem scheint der Gebrauch des Abverbs in Verbindung mit dem
finalen Dativ notwendig. Wenn der Dativ ausfällt, fällt sogleich das Adverb auch aus.
Luz Cox M.
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3. SCHLUSSBEMERKUNG
Obwohl die Abhandlung von Helbig 1984 mit Abstand die beste ist, die es über den
Dativ gibt, ist sie auch -nach meiner Auffassung- unzureichend. Nicht alle Dativtypen sind
berücksichtigt worden. In manchen Sätzen des Deutschen kommen Dative vor, die man
keiner Gruppe einordnen kann.
Es wäre von Nutzen, daß sich jemand dieser Arbeit widmet und sich in das Problem
vertieft, so daß -wenn möglich- alle Sätze mit Dativ berücksichtigt und untersucht werden.
Es ist zuletzt aber wichtig und sogar wesentlich, daß sich die Sprachwissenschaftler
über wenigstens die Fachtermini einig sind. Man stellt fest, daß dasselbe Phänomen von
den verschiedenen Autoren auch sehr verschieden bezeichnet wird.
Der Dativ im allgemeinen -besonders aber der freie Dativ- bedarf einer noch
genaueren Behandlung. Der Status der freien Dative muß noch genau definiert werden.
Ich bin der Meinung, daß alle freien Dativtypen freie Angaben sind, welchen aus der
Perspektive der Semantik ein anderer Status zugesprochen werden kann. Sogar die
Semantik allein reicht -meiner Meinung nach- nicht aus, um das Phänomen des Dativs
genau zu behandeln.
Das Ziel dieser Arbeit war es nicht, auf alle möglichen Dative in den verschiedenen
Strukturen einzugehen, sondern die verschiedenen Dative zu beschreiben, um ihre
Merkmale zusammenzustellen und um ihre Funktionen festzulegen.
4. LITERATURVERZEICHNIS
Admoni, Wladimir (1970): Akkusativ und Dativ, in Der deutsche Sprachbau, München, S.
116-120.
Engel, Ulrich und Schumacher, Helmut (1976): Kleines Valenzlexikon deutscher Verben,
Tübingen.
Heidolph, Karl Erich et al. (1984): Grundzüge einer deutschen Grammatik, Berlin, 2.
Auflage.
Helbig, Gerhard (1984): Die freien Dative im Deutschen, in Studien zur deutschen Syntax,
Leipzig, Band 2, S. 189-211.
Helbig, Gerhard und Buscha, Joachim (1984): Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den
Ausländerunterricht, Leipzig, 8. neubearbeitete Auflage.
Helbig, Gerhard und Schenkel, Wolfgang (1982): Wörterbuch zur Valenz und Distribution
der Verben, Leipzig.
5. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
A = Angabe
DC = dativus commodi
E = Ergänzung
N = Nomen
PD = possessiver Dativ
SE = satzförmige Ergänzung
TD = Trägerdativ
V = Verb
m&mam ipwisa v