Quelltext der Seite Eurotunnel

{{Infobox Tunnel
 | Name               = Eurotunnel
 | Alternativname     = Kanaltunnel
 | Bild               = TGV TMST 3011-2 - Sortie Tunnel sous la Manche à Coquelles.jpg
 | Bildtext           = Ausfahrt aus dem Eurotunnel nahe Coquelles (Frankreich)
 | Bildgröße          = 300
 | Offizieller Name   = Channel Tunnel; Tunnel sous la Manche
 | Nutzung            = [[Eisenbahntunnel]]
 | Verkehrsverbindung = [[High Speed 1]], [[LGV Nord]]
 | Ort                = [[Ärmelkanal]]
 | Länge              = 50450
 | Verkehr            = 
 | Röhren             = 3
 | Querschnitt        = 2 × 7,6&#x202f;m<br />1 × 4,8&nbsp;m
 | Überdeckung        = min. 40&#x202f;m bis Meeresgrund
 | Bauherr            = 
 | Baukosten          = 15 Mrd. Euro
 | Baubeginn          = 15. Dezember 1987
 | Fertigstellung     = 20. Juni 1993
 | Planer             = 
 | Betreiber          = [[Getlink]]
 | Maut               = 
 | Freigabe           = 14. November 1994
 | Schließung         = 
 | Karte              = Grenzverlauf F-GB.png
 | Kartentitel        = Verlauf des Eurotunnels
 | Kartenbeschreibung = 
 | Kartengröße        = 300px
 | Positionskarte     = Europa
 | Portal1-lat        = 51/5/49.5/N
 | Portal1-long       = 1/9/22.5/E
 | Portal1-region     = GB-KEN
 | Portal1-Name       = Folkestone
 | Portal1-elevation  = 
 | Portal1-position   = top
 | Portal2-lat        = 50/55/23.8/N
 | Portal2-long       = 1/46/47/E
 | Portal2-region     = FR-62
 | Portal2-Name       = Coquelles
 | Portal2-elevation  = 
 | Portal2-position   = bottom
}}

Der '''Eurotunnel''' (auch ''Kanaltunnel''; {{frS|Tunnel sous la Manche}}, {{enS|Channel Tunnel}}, {{nlS|Kanaaltunnel}}) ist ein 50,45&#x202f;km (31,35&#x202f;[[Meile|mi]]) langer [[Eisenbahntunnel]] zwischen [[Folkestone]] in [[Kent]] ([[Vereinigtes Königreich]]) und [[Coquelles]] nahe [[Calais]] ([[Frankreich]]). Mit einem Streckenanteil von 38&#x202f;km unter der [[Straße von Dover]] ist er der längste [[Unterwassertunnel]] der Welt. Der Tunnel ist zurzeit (Stand: Dezember 2023) der [[Liste der längsten Tunnel der Erde|drittlängste Eisenbahntunnel der Erde]] (U-Bahnen ausgenommen). Die technische Infrastruktur (Tunnelbetrieb, -überwachung und -instandhaltung) sowie [[Eurotunnel Le Shuttle|Pendelzüge]] für Kraftfahrzeuge werden von der Gesellschaft [[Getlink]] betrieben. [[Eurostar International]] betreibt [[Hochgeschwindigkeitszug|Hochgeschwindigkeitszüge]] mit Direktverbindungen zwischen Großstädten beiderseits des Kanals. Die Firma [[Eurotunnel Le Shuttle]] betreibt den Transport von Fahrzeugen durch den Tunnel.

Das lange geplante und sehr kostspielige Tunnelbauprojekt, dem einige fehlgeschlagene historische Baupläne vorangingen, wurde 1994 vollendet.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.euronews.net/2011/05/05/back-in-the-day-channel-tunnel-links-britain-and-france/ |wayback=20110822132501 |text=Back in the Day: Channel tunnel links Britain and France}}</ref> Der Tunnel besteht aus zwei eingleisigen Fahrtunneln und einem dazwischenliegenden [[Straßenquerschnitt#Fahrstreifen|zweistreifigen]] Servicetunnel für schmale [[Straßenfahrzeug]]e und bietet somit seit 1994 eine direkte Eisenbahnverbindung zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich.

== Bezeichnung ==
Während der Kanaltunnel in den Sprachen der angrenzenden Länder durchweg nach dem Kanal benannt wird ({{frS|''Tunnel sous la Manche''}}, {{enS|''Channel&nbsp;Tunnel''}}, {{nlS|''Kanaaltunnel''}}), heißt er im Deutschen oft ''Eurotunnel,'' nach der Betreibergesellschaft, die 1986 als ''Eurotunnel'' oder offiziell ''Groupe Eurotunnel'' gegründet worden war, aber im November 2017 in [[Getlink]] umbenannt wurde.<ref>[https://www.railjournal.com/index.php/europe/eurotunnel-rebrands-as-getlink.html?channel=537 ''Eurotunnel rebrands as Getlink,''] International Rail Journal, 20. November 2017 (englisch)</ref> Bis Mai 2023 bezeichnete ''Eurotunnel'' oder auch ''Eurotunnel Le Shuttle'' den Autozugdienstleister, der durch den Kanaltunnel verkehrt, mittlerweile ist der Dienstleister in ''Le Shuttle'' umbenannt worden.<ref>{{cite web |url=https://www.creativereview.co.uk/eurotunnel-le-shuttle-rebrand/ |title=Eurotunnel le Shuttle undergoes biggest rebrand in 30 years |date=2023-05-12 |language=en}}</ref>

== Geographische Lage ==
Der Eurotunnel befindet sich unter der [[Straße von Dover]], einer Meerenge am östlichen Ende des [[Ärmelkanal]]s.<!--Sie verbindet den [[Atlantischer Ozean|Atlantik]] im Westen mit seinem [[Randmeer]] [[Nordsee]] im Osten.--> Der Tunnel führt vom Ortsteil [[Cheriton (Kent)|Cheriton]] der Stadt [[Folkestone]] in der englischen Grafschaft [[Kent]]<!-- (Region [[South East England|Südostengland]], [[Vereinigtes Königreich]])--> zur Ortschaft [[Coquelles]] (4,5&#x202f;km südwestlich der Stadt Calais) im französischen Département [[Département Pas-de-Calais|Pas-de-Calais]]<!--(Region [[Hauts-de-France]], früher [[Nord-Pas-de-Calais]], [[Frankreich]])-->. Er verläuft in Nordwest-Südost-Richtung und verbindet die [[Großbritannien (Insel)|Insel Großbritannien]] mit [[Kontinentaleuropa]].

Das Nordwestportal des Eurotunnels befindet sich 2,5&nbsp;km nordwestlich der Innenstadt von Folkestone, das direkt an der nördlichen Ärmelkanalküste liegt. Sein Südostportal befindet sich knapp zwei Kilometer südwestlich von Coquelles und ist 3,5&#x202f;km von der südlichen Ärmelkanalküste entfernt.

== Geschichte ==
=== Hintergrund ===
1751<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Alfred Pletsch, Hansjörg Dongus, Henrik Uterweede |Titel=Frankreich – Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik |Hrsg=Werner Storkebaum |Sammelwerk=Wissenschaftliche Länderkunden |Verlag=Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt |Ort=Darmstadt |Datum=1997 |ISBN=3-534-11691-7 |Seiten=231 f. |Kommentar=zu Thomé de Gamond wird darin B. Sasso: ''Le tunnel sous la Manche,'' Paris 1994, Seite 8, als Quelle angegeben}}</ref> schlug der Franzose Nicolas Desmaret in seiner ''Dissertation sur l’ancienne jonction de l’Angleterre à la France''<ref name=":0" /> vor, eine Tunnelverbindung zwischen England und Frankreich herzustellen.<ref>{{Der Spiegel|ID=13526352|Titel=Röhre fürs Leben|Nr=47|Jahr=1987|Datum=1987-11-16|Kommentar=Anfang Dezember sollen die Bohrarbeiten am Kanaltunnel beginnen, dem größten privaten Bauprojekt in der europäischen Geschichte.}}</ref> 1802 legte der französische Bergwerksingenieur Albert Mathieu hierfür einen ersten ernstzunehmenden Entwurf vor.<ref name=":0" /> Die Verbindung sollte mit [[Kutsche|Pferdekutschen]] betrieben werden. Die [[Varne-Sandbank]] sollte hierfür zu einer künstlichen Insel mit Pferdewechselstelle aufgeschüttet werden. Durch [[Kamin]]e, die einige Meter über die Wasseroberfläche hinausragten, sollte der Luftaustausch garantiert werden. Der Plan wurde nicht umgesetzt, da er technisch nicht realisierbar war und zudem der Krieg zwischen Frankreich und England wieder ausbrach. [[Napoleon Bonaparte|Napoléon Bonaparte]] erörterte das Thema im Rahmen der [[Friede von Amiens|Friedensgespräche von Amiens]] mit dem britischen Staatsmann [[Charles James Fox]].

1803 folgte ein Tunnelentwurf des Engländers Henri Mottray. Grundlegende technische Probleme blieben hierbei jedoch ungelöst.

Ab 1834 präsentierte der französische Bauingenieur Thomé de Gamond über einen Zeitraum von fast 30 Jahren weitere Vorschläge, darunter auch die Idee, ein stelzenförmiges Transportsystem zu bauen, das auf Schienen auf dem Meeresgrund verlaufen, jedoch die damals neu erfundenen Eisenbahnzüge über dem Meeresspiegel halten sollte.<ref name=":0" />

[[Datei:Föreslag till tunnel under engelska kanalen.jpg|mini|Kanaltunnelvorschlag Mitte des 19. Jahrhunderts]]
[[Datei:Channel Tunnel 1856 idea from Gamond 1a.png|mini|Plan von Thomé de Gamond aus dem Jahr 1856 für einen Kanaltunnel mit Hafen und Belüftungsanlage an der Varne-Sandbank]]

1851 stellte [[Hector Horeau]], wiederum ein Franzose, seine Idee vor, einen Stahltunnel auf dem [[Ozeanboden|Meeresgrund]] zu verlegen. Jedoch kam auch dieser Tunnel nicht zustande, da viele politische und vor allem technische Voraussetzungen nicht erfüllt waren.

1856 beauftragte [[Napoleon III.]] eine wissenschaftliche Kommission damit, die Machbarkeit zu prüfen. Diese bezeichnete die Pläne Thomé de Gamonds als realisierbar. 1855 hatte de Gamond den Entwurf eines 33&#x202f;km langen zweigleisigen Eisenbahntunnels vorgelegt, der bis zu 75&#x202f;m unter dem Meeresgrund liegen sollte.<ref name="röll-1912">[[Victor von Röll]]: ''Enzyklopädie des Eisenbahnwesens.'' Band 1, Berlin/Wien 1912–1923, S. 106 (Stichwort „Ärmelkanal-Tunnel“).</ref> Politische Differenzen verhinderten die Umsetzung des Projektes.

[[Datei:LionCannotFaceTheCrowingOfCock.png|links|mini|hochkant=1.2|Britische Ängste vor den Folgen einer Tunnelverbindung um 1885 in Satireform: [[Garnet Wolseley, 1. Viscount Wolseley|General Wolseley]], einer der schärfsten Gegner einer Landverbin&shy;dung mit Frankreich, flieht auf einem Löwen vor dem [[Gallischer Hahn|gallischen Hahn.]]]]
1867 präsentierten die britischen Ingenieure John Hawkshaw und William Low den Entwurf für einen 34&#x202f;km langen und 100&#x202f;m unter dem Meeresspiegel liegenden Eisenbahntunnel.<ref>{{Literatur |Titel=Allgemeine illustrierte Industrie- und Kunst-Zeitung |Datum=1875 |Seiten=148 |Online=https://www.google.de/books/edition/Allgemeine_illustrierte_Industrie_und_Ku/6aUvaTuBP6sC?hl=de&gbpv=1&dq=illustrierte&printsec=frontcover |Abruf=2024-07-18}}</ref> Basierend auf diesem Entwurf gründete sich 1872 auf Initiative von [[Edward Watkin]] die französisch-britische Kanaltunnelgesellschaft ''Submarine Railway Company,'' die drei Jahre später per Gesetz die Bauerlaubnis erhielt. Inzwischen hatte Hawkshaw seinen Entwurf aufgrund erster vorliegender geologischer Untersuchungen nochmals überarbeitet. Er plädierte aus Sicherheitsgründen für eine leicht gekrümmte Linienführung in härterem Kreidegestein, welche die Länge des Tunnels auf 37&#x202f;km erhöhte. Die Pläne wurden von den Bahngesellschaften [[South Eastern Railway]] und [[London, Chatham and Dover Railway]] wegen der Anbindung ihrer Bahnhöfe in Dover und Folkestone begrüßt. Die Kanaltunnelgesellschaft hielt hingegen an der geraden Linienführung unter Umgehung der beiden Bahnhöfe fest. Zur Linienfestsetzung wurden 1882/83 weitere geologische Untersuchungen u.&#x202f;a. mittels Bohrungen mit [[Tunnelbohrmaschine]]n durchgeführt. Dabei wurden von französischer Seite 1800&#x202f;m Stollen und von englischer Seite 1400&#x202f;m Stollen unter dem Meeresgrund aufgefahren.<ref name="röll-1912" /> Doch bereits 1882 verfügte das englische Handelsamt die Einstellung der Arbeiten, insbesondere Sir [[Garnet Wolseley, 1. Viscount Wolseley|Garnet Wolseley]] hatte im Parlament heftig gegen das Vorhaben protestiert.
[[Datei:Channel Tubular Railway 1892.JPG|mini|Gründeranteil der Channel Tubular Railway Preliminary Company vom 19. Mai 1892, signiert von Edward James Reed]]
Auf Anregung des Unternehmers Sir [[Edward James Reed|E. J. Reed]] gründete man 1892 in London die “The Channel Tubular Railway Preliminary Company”, eine mit einem Kapital von 40.000 Pfund Sterling ausgestattete Gesellschaft, deren Kapitalbedarf insbesondere durch die Emission von 250.000 [[Genussschein]]en (Parts de Fondateurs) aufgebracht werden sollte. Die Gesellschaft plante unter der Leitung von Sir E. J. Reed den Bau eines Eisenbahntunnels durch den Kanal, durch den die Reisenden schneller an das Ziel gelangen sollten, als dies mit einer Schiffsüberfahrt möglich war. Das Vorhaben scheiterte aus politischen Erwägungen heraus.

Auch die deutsche Presse nahm ab 1882<ref>[https://digital.zlb.de/viewer/image/14688302_1882/188/ Submarine Continental Eisenbahngesellschaft], [[Zentralblatt der Bauverwaltung|Centralblatt der Bauverwaltung]], 18. März 1882, S. 96, abgerufen am 9. Dezember 2012</ref> wiederholt das Thema aufmerksam wahr. 1910 stellte ''E.M. Arnold'' die Untertunnelung und Überbrückung von Meeren als friedvollen Kontrast zu „unausgesetzten Massenrüstungen unserer modernen Kulturvölker gegeneinander“ hin. Dennoch hielt er den Tunnelbau unter dem Ärmelkanal für politisch delikat:

{{Zitat
 |Text=Die französischen Handelskammern haben ihn neuerdings wieder angeregt. Freilich sehen die Engländer in seiner Verwirklichung eine Gefahr für die Sicherheit ihres Landes und suchen ihn daher als Utopie des sensationsbedürftigen Franzosentums abzutun. Bereits vor Jahren bildete sich zur Förderung des Unternehmens eine französische Gesellschaft, die ''Association du chemin-de-fer sous-marin entre la France et l’Angleterre,'' an deren Spitze die Gebrüder Rothschild, die französische Nordbahngesellschaft […] sowie andere einflußreiche Personen standen. Die von dieser Vereinigung eingeleiteten Erhebungen ergaben bisher, dass es sich nicht allein um ein ausführbares Riesenunternehmen, sondern mit der Verwirklichung des Planes auch um wirtschaftliche Vorteile ungeahnter Tragweite handelt. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde der Tunnelbau mit einem Kapital von 300 bis 400 Millionen Franken in einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren möglich sein. Die Überbrückung des Kanals würde etwa das Vierfache jenes Betrags kosten.
 |Autor=E.M. Arnold
 |Quelle=Zeitschrift [[Deutscher Hausschatz]] 1910
 |ref=<ref>''Deutscher Hausschatz.'' Jg. 36, Ausgabe 1/1910, S. 16.</ref>}}

Es folgten noch zahlreiche weitere Pläne und Ideen, wie und wo man einen Tunnel zwischen Frankreich nach Großbritannien bauen könnte. Auch die Vorstellung einer Brücke wurde zwischenzeitlich diskutiert,<ref name="frankfurter-zeitung-">Frankfurter Zeitung: ''Aus Welt und Leben – Verwegene Baupläne.'' Nummer 330 vom 2. Juli 1934, S.&nbsp;4.</ref> jedoch war auch diese nicht zu verwirklichen.

1955 erklärte das [[Verteidigungsministerium des Vereinigten Königreichs|britische Verteidigungsministerium]], es gäbe aus militärischer Sicht keine Einwände mehr gegen einen Tunnel. 1957 wurde die Kanaltunnel-Arbeitsgemeinschaft gebildet. Im Juli 1960 schlug eine Studiengruppe vor, zwei Röhren für die Eisenbahn und einen zusätzlichen Servicetunnel zu bauen. Das Projekt sollte privat finanziert werden.

1963 wurden die grundlegenden technischen Parameter des Tunnels festgelegt. Es wurden zwei verschiedene Linienführungen für eine Bauform als versenkte Röhre und als gebohrter Tunnel erarbeitet. Im Jahre 1965 rechnete man mit Baukosten von 1,8 Milliarden [[Deutsche Mark|DM]] und einem jährlichen Aufkommen von 3,5 bis 4 Millionen Personen sowie einer Million Kraftfahrzeugen unmittelbar nach dessen Fertigstellung.<ref>{{Literatur| Autor=Friedrich Ossig| Herausgeber=[[Ministerialrat|MR]] Friedrich Ossig| Titel=Ärmelkanal-Tunnel: Tatsachen und Probleme| Verlag=Hestra-Verlag Hernichel & Dr. Strauß| Ort=Darmstadt| Sammelwerk=DB Report 65| Jahr=1965| Seiten=31–34}}</ref> Zeitweise wurde auch eine Brückenvariante vorgeschlagen.<ref name="bundesbahn-45-1116">''Stählerne Brücke über den Ärmelkanal?.'' In: ''Die Bundesbahn.'' Jahrgang 45 (1971), Heft 21/22, {{ISSN|0007-5876}}, S.&nbsp;1116.</ref>

Mitte 1971 beauftragten die Regierungen der beiden Länder die Ausarbeitung einer endgültigen Studie zum Bau eines Kanaltunnels. Die Studie sollte 1973 mit dem Beitritt von Großbritannien zur [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] vorgelegt werden, mit einer Fertigstellung des Tunnels wurde frühestens für 1978 gerechnet.<ref name="bundesbahn-45-812">''Endgültige Kanaltunnel-Studie wird ausgearbeitet.'' In: ''Die Bundesbahn.'' Jahrgang 45 (1971), Heft 16, {{ISSN|0007-5876}}, S. 812.</ref> Im Jahr 1973 wurde zwischen Großbritannien (Premierminister [[Edward Heath]]) und Frankreich (Präsident [[Georges Pompidou]]) dann die Vereinbarung eines solchen Vorhabens geschlossen, 1975 wurden die Pläne wegen der [[Ölpreiskrise]] jedoch zurückgestellt.

=== Planung ===
Im Jahr 1984 wurde die Idee, Großbritannien mit dem Festland zu verbinden, erneut aufgegriffen, wobei insgesamt fünf Pläne mit den verschiedensten Kombinationen aus Tunneln, Dämmen und Hängebrücken vorgestellt wurden,<ref>[https://www.theguardian.com/uk/2007/apr/02/transport.world ''Suspension bridge planned for Channel,''] The Guardian (englisch), 2. April 2007.</ref> z. B. die EuroRoute.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.cbrd.co.uk/histories/euroroute/ |wayback=20090314083801 |text=''EuroRoute''}}, ''cbrd.co.uk'', CBRD, abgerufen am 9. März 2009 (englisch).</ref> Letztendlich entschieden sich die britische und französische Regierung für den privat finanzierten Bau und Unterhalt des Eurotunnels. Im März 1985 erfolgte die Ausschreibung für das Tunnelprojekt. Den Zuschlag erhielt das britisch-französische Konsortium „The Channel Tunnel Group Ltd/France-Manche SA“. Von den vier eingegangenen Angeboten wurde somit derjenige Plan, der dem von 1973 am nächsten kam, ausgewählt und am 20. Januar 1986 verkündet. Der Vertrag wurde durch die beiden Regierungen in [[Canterbury]], Kent am 12. Februar 1986 unterzeichnet und 1987 [[Ratifikation|ratifiziert]].

1986 entschieden sich die britische und französische Regierung, den Tunnel als reinen Schienenverkehrstunnel auszuführen. Damit wurden verschiedene Varianten von Straßentunneln endgültig zu den Akten gelegt.<ref name="eth-1997-49" />

Der geplante Weg des Tunnels sollte von Calais nach Dover verlaufen – ein Weg, der länger als die 33&#x202f;km der kürzest möglichen Ärmelkanalquerung ist. Der Tunnel sollte in einer einzigen Kreideschicht verlaufen und dieser folgen, wodurch er tiefer gehen würde als vorangegangene Versuche. Auf großen Strecken des Weges liegt der Tunnel dadurch etwa 40&#x202f;m unter dem Meeresgrund, wobei der südliche Abschnitt tiefer liegt als der im Norden.

Am 14. Dezember 1987 unterzeichneten Verteidigungsminister [[André Giraud]] für Frankreich und [[George Younger, 4. Viscount Younger of Leckie|George Younger]] für Großbritannien ein Abkommen, in dem die gemeinsame Verteidigung des Tunnels unter dem Ärmelkanal im Kriegsfall vereinbart wurde. Gleichzeitig wurden Pläne für eine strategische Nutzung des Tunnels im Fall von Spannungen und Konflikten vereinbart, deren Einzelheiten nicht öffentlich gemacht wurden.

== Bau und Inbetriebnahme ==
[[Datei:Channel Tunnel geological profile 1.svg|mini|Tunnelführung im Längsschnitt]]

{| class="wikitable float-right sortable zebra hintergrundfarbe5"
|-
! Beteiligte deutsche Unternehmen !! Auftragswert in<br /> [[Pfund (Währung)|Pfund]] (1990)<ref>[https://www.genios.de/presse-archiv/artikel/WW/19901102/eurotunnel-durchbruch-fuer-europa-s/119002038.html ''EUROTUNNEL: Durchbruch für Europa. Spekulative Verbindung,''] Wirtschaftswoche vom 2. November 1990.</ref>
|-
| [[Mühlhäuser (Unternehmen)|Karl-H. Mühlhäuser]], Michelstadt || 14,87 Millionen
|-
| [[Hoesch AG|Hoesch Export]], Dortmund || 10,89 Millionen
|-
| [[Buderus]] Bau- und Abwassertechnik, Wetzlar || 10,85 Millionen
|-
| [[Schöma]], Diepholz || {{0}}7,45 Millionen
|-
| [[Demag|Mannesmann Demag]], Duisburg || {{0}}0,82 Millionen
|-
| [[MAN]] [[Gutehoffnungshütte]], Oberhausen || {{0}}0,56 Millionen
|-
| [[Thyssenkrupp|Thyssen Stahlunion]], Düsseldorf || {{0}}0,31 Millionen
|}

Gebaut wurde der Tunnel auf Drängen der Premierministerin [[Margaret Thatcher]] ohne staatliche Zuschüsse. Am 15. Dezember 1987 begannen die Bohrungen auf der britischen Seite, am 28. September 1988 erfolgte der Start der Arbeiten in Frankreich. Am 1. Dezember 1990 kam es zum [[Tunnelbau#Bauweisen und Vortrieb|Durchstich]] am Grunde des Kanals – 15,6 km von Frankreich, 22,3 km von Großbritannien entfernt.

Vor dem eigentlichen Bau wurden mittels Bohrinseln 1986 und 1987 an zwölf Stellen im Kanal Probebohrungen durchgeführt, um über die Beschaffenheit des Bodens Auskunft zu erhalten. Zusammen mit hunderten Bohrungen, die bei den gescheiterten Versuchen in den vorangegangenen Jahrzehnten gemacht wurden, einen Tunnel zu graben, ergab sich so ein aussagekräftiges Bild. Auch Vorleistungen der fehlgeschlagenen Versuche mussten entfernt werden, unter anderem eine zurückgelassene [[Tunnelbohrmaschine]] (TBM).

Mit dem Bau des Tunnels waren 15 000 Arbeiter über sieben Jahre beschäftigt, wobei die drei Röhren (zwei für die spätere Eisenbahntrasse und ein Servicetunnel) von beiden Seiten gleichzeitig vorangetrieben wurden. Der Hauptauftragnehmer für den Bau war ein britisch-französisches Baukonsortium. Die Ingenieure verwendeten elf große Tunnelbohrmaschinen, unter anderem der Hersteller [[Mitsubishi Heavy Industries|Mitsubishi]] und [[Robbins Company|Robbins]].<ref>Robbins: [https://www.therobbinscompany.com/projects/the-channel-tunnel/ The Channel Tunnel]</ref> TBM sind bewegliche Aushöhlungsfabriken, die das Bohren, den Abtransport des Materials und den Prozess des Abstützens der weichen und durchlässigen Tunnelwände mit [[Tübbing]]en kombinieren. Für den Tunnelvortrieb wurde bei [[Sangatte]] in Frankreich ein 65 Meter tiefer Schacht gegraben. Von hier aus bohrten alle französischen Tunnelbohrmaschinen: Drei TBM bohrten die Tunnel unter dem Kanal hindurch und zwei bohrten ins Landesinnere zum zukünftigen Terminal. Nachdem landseitig der südliche Haupttunnel gebohrt war, wurde die TBM vor dem Tunnelportal gewendet und bohrte auch den nördlichen Haupttunnel. Es war die einzige TBM in dem Projekt, die zweimal verwendet wurde. Auf englischer Seite wurde von dem künstlichen Plateau vor dem [[Shakespeare Cliff]] zwischen [[Dover]] und [[Folkestone]] ein Tunnel nach der [[Neue Österreichische Tunnelbaumethode|neuen österreichischen Tunnelbaumethode]] unter das Meer getrieben und dort eine große Kammer errichtet, von wo aus ebenfalls alle TBM starteten, jeweils drei ins Landesinnere und drei unter dem Ärmelkanal hindurch Richtung Frankreich. Die landseitigen Tunnelbohrmaschinen kamen etwa zwei Kilometer vor dem Terminal in sogenannten Empfangskammern an. Aus Naturschutzgründen wurden die entstandenen Röhren bis direkt vor das Terminal verlängert, dies erfolgte durch in [[Tunnelbau#Offene Bauweise|offener Bauweise]] erstellte Tunnel, die später unter der Oberfläche verschwanden, und ein kurzes Stück nach neuer österreichischer Tunnelbaumethode. Um den Druck der Luft vor durchfahrenden Zügen zu entspannen, wurden im gesamten Tunnelsystem in regelmäßigen Abständen Schächte zwischen den Haupttunnelröhren durch das Gestein getrieben. Ähnlich entstanden auch die Querstollen. Zwei große Überleitstellen, an denen die Züge die Tunnelröhren wechseln können, wurden vom Servicetunnel aus in den Untergrund getrieben, bevor die TBM der Hauptröhren dort ankamen und von dort aus weiterbohrten. Nachdem sich die britischen und die französischen Tunnelbohrmaschinen angenähert hatten, wurden die drei britischen Tunnelbohrmaschinen in den Felsen umgeleitet, dort zurückgelassen und mit Beton verfüllt, während die französischen den Resttunnel bohrten und dann zerlegt wurden. Der Servicetunnel wurde als erster durchschlagen. Gleichzeitig entstanden beiderseits des Kanals die Terminals, Anbindungen für die Autobahnen und Bahnstrecken. Auf der englischen Seite wurden fast vier Millionen Kubikmeter [[Mergel|Kalkmergel]] ausgegraben, wovon ein großer Teil unterhalb des Shakespeare Cliffs ins Meer geschüttet wurde, um 36&#x202f;Hektar Land zu gewinnen. Der darauf entstandene Erholungspark [[Samphire Hoe]] befindet sich im Eigentum von Getlink.

Beim Bau kamen elf Arbeiter ums Leben.<ref>National Geographic – Mega-Bauwerke. Darlow Smithson Productions Ltd. 2001</ref>

[[Datei:Tunnel typical X section resize1 cropped.jpg|mini|hochkant=1.6|Querschnitt durch das Tunnelsystem]]
Der Kanaltunnel besteht aus drei parallelen Tunneln: zwei eingleisigen Haupttunneln (Durchmesser 7,6&#x202f;m) im Abstand von etwa 30&#x202f;m, in denen die Züge jeweils nach Norden beziehungsweise Süden fahren, und dazwischen einem kleineren zweispurigen Servicetunnel (Durchmesser 4,8&#x202f;m).

Dieser <!-- auf 1,5&nbsp;Milliarden [[US-Dollar]] geschätzte/ steht der zum Verkauf? -->Servicetunnel, der mit schmalen [[Straßenfahrzeug]]en befahren wird, ist durch Querdurchgänge in regelmäßigen Abständen (etwa alle 375&#x202f;m) mit den Haupttunneln verbunden. Er dient vier wesentlichen Zwecken: Zum einen dient er der Evakuierung der beiden Tunnelröhren bei Unfällen. In die Bewertung möglicher Unfallfolgen floss neben der Länge des mit 38&#x202f;km längsten unterseeischen Tunnelabschnitts der Welt auch das große [[Schadensschwere|Schadensausmaß]] auf Grund der vielen gleichzeitig im Tunnel verkehrenden Züge (bis zu zwölf Züge je Röhre) mit ein. Ein weiterer Grund liegt in der öffentlichen Debatte, die sich in der Planungsphase um die Sicherheit in der Röhre (auch im Vergleich zum Fährverkehr) entwickelt hatte und in der dritten Röhre ein starkes Argument für die Sicherheit des Tunnels gefunden hatte. Als vierter Grund wird das Schadensausmaß eines Feuers im Tunnel angeführt. Das [[Rettungskonzept]] sieht vor, Fahrgäste binnen 90 Minuten an die Oberfläche zu bringen. Dazu kann über die zweite Röhre ein Zug herangeführt werden. Der Servicetunnel wird mit Überdruck betrieben, um das Eindringen von Rauch zu verhindern. Nicht zuletzt dient er Wartungs- und Rettungsfahrzeugen als Zugang zu den Fahrtunneln und nimmt u.&#x202f;a. die Wasserversorgung für die Brandbekämpfungssysteme auf. Zeitweilige Pläne, eine künstliche Insel im Ärmelkanal für einen Notausstieg aus dem Tunnel aufzuschütten, wurden später wieder verworfen.<ref name="eth-1997-49">John Noulton: ''The Channel Tunnel – Why a Service Tunnel?.'' In: Jörg Schneider (Hrsg.): ''Safety of Persons in the Operation of Long Railway Tunnels – discussions of concepts for the operating phase.'' Konferenzunterlagen vom 17. Oktober 1997, [[ETH Zürich|Swiss Federal Institute of Technology, Zürich]], S.&nbsp;49–51.</ref>

Die beiden Kreuzungshallen unter dem Meer liegen bei der britischen Küste 7&#x202f;km vom ''Shakespeare Cliff'' entfernt und auf französischer Seite 12&#x202f;km vor [[Sangatte]].

Am 1. Dezember 1990 trafen sich die beiden Tunnelbaumannschaften dort, wo sich heute eine der „Überkreuzungshallen“ befindet, in denen die Züge von einer Hauptröhre in die andere umgeleitet werden können. Durch den Einsatz von [[Tunnelvermessung#Vortriebssteuerung|Laservermessung beim Tunnelbau]] trafen sich beide Röhren mit einer Abweichung von lediglich 35&#x202f;cm in der Horizontalen und 6&#x202f;cm in der Vertikalen. Bei den Planungen waren maximal 250&#x202f;cm einkalkuliert worden.

Am 20. Juni 1993 erreichte der erste Testzug Großbritannien durch den Eurotunnel. Der Tunnel wurde von Königin [[Elisabeth II.]] und vom französischen Präsidenten [[François Mitterrand]] in einer feierlichen Zeremonie am 6. Mai 1994 offiziell eröffnet. Der erste [[Güterzug]] verkehrte am 1. Juni 1994.<ref name="eri-1999-375">Meldung ''Güterverkehr im Kanaltunnel.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 9, Jahrgang 1999, S. 375.</ref> Der planmäßige Betrieb von [[Reisezug|Reisezügen]] wurde am 14. November 1994 aufgenommen.

Die Baukosten waren mit 15 Milliarden Euro doppelt so hoch wie ursprünglich geplant.

Durch den Bau des Tunnels war es zum ersten Mal seit der letzten [[Eiszeitalter|Eiszeit]] vor über 13 000 Jahren wieder möglich, trockenen Fußes vom europäischen Festland nach Großbritannien zu gehen.

=== Betrieb ===
Ab Ende 1998 boten [[DB Cargo]] und [[DB Cargo UK|EWS]] eine tägliche Güter-Schnellzugverbindung zwischen [[Bahnhof Gremberg|Gremberg]] und [[Wembley]]<ref name="freightnews">{{Internetquelle |url=https://www.rail.dbschenker.de/file/rail-deutschland-de/7920166/sfmWJ8nd0rIx47rF6n12eUH_cmo/2382974/data/freightnews_200602.pdf |titel=Freightnews |abruf=2015-05-29 |format=PDF; 3,0&nbsp;MB |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150529174328/https://www.rail.dbschenker.de/file/rail-deutschland-de/7920166/sfmWJ8nd0rIx47rF6n12eUH_cmo/2382974/data/freightnews_200602.pdf |archiv-datum=2015-05-29}}</ref> durch den Tunnel an.<ref name="eri-2001-128">Meldung ''DB Cargo nach Großbritannien.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 3/2001, S. 128.</ref>

1999 erreichte der Lastwagenverkehr durch den Tunnel, bezogen auf den gesamten [[Lastkraftwagen|Lkw]]-Verkehr zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich, einen Marktanteil von 46 %.<ref name="eri-2000-494">Theo Stolz: ''Der Verkehr im Eurotunnel im Jahre 1999.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 11/2000, S.&nbsp;494–496.</ref>

2002 ging die Zahl der beförderten [[Personenkraftwagen|Pkw]] im Jahresvergleich um acht Prozent auf 2,3 Millionen zurück, die Zahl der transportierten Lkw stieg um vier Prozent auf 1,2 Millionen an. Der Umsatz der Betreibergesellschaft stieg um zwei Prozent, auf 860 Millionen Euro.<ref name="eri-2003-126">Meldung ''Rückgang bei Eurotunnel.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 3/2003, S. 126.</ref>

Bei einer Aktionärsversammlung im Frühjahr 2004 stürzten knapp 2000 überwiegend französische Kleinaktionäre die Geschäftsführung und setzten ein neues Topmanagement ein.<ref>[https://www.welt.de/print-welt/article305350/Aktionaersstreit-um-defizitaere-Eurotunnel-Gesellschaft.html ''Aktionärsstreit um defizitäre Eurotunnel-Gesellschaft,''] welt.de, 7.&nbsp;April 2004.</ref><ref>Dorothea Hahn: [https://taz.de/Archiv-Suche/!764871&s=Franz%C3%B6sische%2BRevolution%2Bbei%2BEurotunnel&SuchRahmen=Print/ ''Französische Revolution bei Eurotunnel,''] taz.de, 10. April 2004.</ref> Mit 1,89 Milliarden Euro hatte die Betreibergesellschaft im Berichtsjahr einen Verlust in der doppelten Höhe des Umsatzes ausgewiesen. Die Verluste kamen maßgeblich durch Zinszahlungen für die rund neun Milliarden Euro Schulden zusammen.<ref name="eri-2004-272">Meldung ''Eurotunnel-Führung gestürzt.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]]. Heft 6/2004, S. 272.</ref> Ende 2005 kündigte das Unternehmen an, bis Juni 2006 900 der damals 3200 Stellen zu streichen.<ref name="eri-2006-35">Meldung ''Eurotunnel baut ab.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]]. Heft 1/2006, S. 35.</ref>

Aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten wurde am 12. Mai 2006 der Handel von Aktien der Betreibergesellschaft ausgesetzt. Seit dem 2. August 2006 bestand Gläubigerschutz für die Betreibergesellschaft. Der Aktienhandel wurde erst am 28. März 2007 wieder aufgenommen.

Der Trassenpreis für die Nutzung des Tunnels (für eine [[ICE 3|ICE-3]]-Doppeltraktion) soll bei rund 100 [[Euro]] je Zugkilometer liegen.<ref name="mr-747-68">Keith Fender: ''DB unveils plans for London services.'' In: ''Modern Railways.'' Bd. 67, Nr. 747, 2010, {{ISSN|0026-8356}}, S. 68f.</ref> Eine andere Quelle gibt die variablen Kosten je Zugkilometer mit 322 Euro an.<ref name="mr-759-42">Richard Brown: ''Lessons from Europe.'' In: ''Modern Railways.'' Bd. 68, Nr. 759, 2011, {{ISSN|0026-8356}}, S. 42–45.</ref> Im Rahmen eines Sonderprogramms sollte das Güterverkehrsaufkommen bis 2018 auf wenigstens 5000 Züge pro Jahr verdoppelt werden (Stand: 2014). Unter anderem wurden dazu in den meisten Nächten (23 bis 7 Uhr) die Trassenpreise um ein Viertel gesenkt.<ref name="eri-2014-300">{{Literatur |Titel=Eurotunnel senkt Preise |Sammelwerk=[[Eisenbahn-Revue International]] |Nummer=06/2014 |Datum=2014-06 |Sprache=de |Seiten=300 |ISSN=1421-2811}}</ref>

Im September 2016 ging, nach sechsjähriger Vorbereitung und Kosten von 48 Millionen Euro, ein [[GSM-R]]-Netz im Tunnel in Betrieb.<ref name="grn-2016-09-30">{{Internetquelle |url=https://railuk.com/signalling-and-telecoms/eurotunnel-inaugurates-gsm-r-through-channel-tunnel/ |titel=Eurotunnel inaugurates GSM-R through Channel Tunnel |werk=railuk.com |datum=2016-09-30 |sprache=en |abruf=2024-07-09}}</ref> 2018 war geplant, den Eurotunnel und die anschließende [[LGV Nord]] bis 2025 mit [[European Train Control System|ETCS]] auszurüsten, die [[High Speed 1]] in Großbritannien im Jahr 2032.<ref>{{Internetquelle |autor=Clive Kessell |url=https://www.railengineer.co.uk/upgrading-the-continental-connection/ |titel=Upgrading the continental connection |hrsg=Rail Engineer |datum=2018-09-10 |sprache=en |abruf=2024-05-06}}</ref> Die ETCS-Ausrüstung des Tunnels ist nunmehr von 2030 bis 2032 vorgesehen. Die Kapazität soll damit auf bis zu 1000 Züge pro Tag angehoben werden.<ref name="rgi-2024-01-06">{{Literatur |Titel=Channel Tunnel starts its‘ second chapter |Sammelwerk=[[Railway Gazette International]] |Band=180 |Nummer=1 |Datum=2024-01 |Seiten=9 |Sprache=en |ISSN=0373-5346}}</ref>

=== Unfälle / Pannen ===
Im oder am Eurotunnel kam es zu folgenden in der Presse beachteten Unfällen oder Pannen:
* Am 18. November 1996 geriet ein Shuttle in Brand. Der Zug, besetzt mit 34 Fahrgästen, konnte über den Servicetunnel evakuiert werden. Die Fahrgäste blieben unverletzt (nach anderer Quelle erlitten drei Zugbegleiter und fünf Fahrgäste zum Teil schwere [[Rauchgasvergiftung]]en<ref name="bz-1996-11-20">{{Internetquelle |url=https://www.berliner-zeitung.de/archiv/nach-brand-eines-lastwagens-erleiden-acht-menschen-rauchvergiftungen---zugverkehr-unter-dem-aermelkanal-lahmgelegt-katastrophe-im-eurotunnel-gerade-noch-verhindert,10810590,9205816.html |titel=Katastrophe im Eurotunnel gerade noch verhindert |autor=Peter Heusch |werk=[[Berliner Zeitung]] |datum=1996-11-20 |abruf=2015-06-08}}</ref>). Der betroffene Fahrtunnelabschnitt war in der Folge für sieben Monate geschlossen.<ref name="eth-1997-49" /> Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 250 Millionen Euro.
* Ende Mai 2000 verlor ein Eurostar-Zug bei Einfahrt in den Eurotunnel einen Teil eines [[Drehgestell|Drehgestells]].
* Infolge von Salzablagerungen an den [[Oberleitung]]en an der Tunneleinfahrt in Calais war der Verkehr durch den Tunnel vom 28. bis 30. Oktober 2002 unterbrochen.<ref name="eri-2002-569">Meldung ''Eurotunnel blockiert.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 12/2002, S.&nbsp;569.</ref>
* Im August 2006 wurde der Tunnel für mehrere Stunden gesperrt, nachdem der Motor eines im Zug transportierten Lastwagens in Brand geraten war.
* Am 11. September 2008 gegen 15:55 Uhr kam es zu einem Unfall. Der Brand eines Lkw auf einem Zug in Fahrtrichtung Calais führte 11&#x202f;km vor der Ausfahrt auf der französischen Seite zum Zughalt. Der Brand konnte von der Feuerwehr erst nach 20 Stunden gelöscht werden. 32 Menschen, überwiegend Lastwagenfahrer, wurden aus dem Zug in Sicherheit gebracht. 14 Personen davon erlitten Verletzungen in Form von leichten Rauchvergiftungen. Die französischen Einsatzkräfte wurden von mehreren Fahrzeugen aus Großbritannien unterstützt. Der Tunnel wurde bis zum 13. September für den gesamten Zugverkehr gesperrt, da der entsprechende Bereich geräumt werden musste. Am 14. September 2008 konnte dann in der vom Feuer nicht betroffenen Röhre ein reduzierter Betrieb aufgenommen werden. Die vom Brand betroffene Röhre blieb für mehrere Wochen komplett geschlossen.<ref>[https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,577762,00.html Verdacht auf giftige Fracht: Verletzte bei Feuer im Eurotunnel], spiegel.de, 11. September 2008</ref><ref>[http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/7611622.stm ''Channel Tunnel disruption goes on,''] [[British Broadcasting Corporation|BBC]], 12. September 2008.</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.tagesschau.de:80/ausland/eurotunnel114.html |wayback=20080915011814 |text=Tunnel unter Ärmelkanal nach Brand wieder geöffnet auf tagesschau.de vom 13. September 2008 |format=Video}}.</ref> Das letzte Drittel dieser Röhre wurde am 9.&nbsp;Februar 2009 wiedereröffnet.<ref>[https://www.eurotunnel.com/ukcP3Main/ukcCorporate/ukcMediaCentre/ukcNewsReleases/ukcNews2009/ukcFebruary2009/ukpPr0902Eurotunnel-back-to-full-capacity.htm Eurotunnel Wiedereröffnung am 9.&nbsp;Februar 2009. (Pressemeldung des Betreibers)], eurotunnel.com</ref>

* Am 18. Dezember 2009 blieben vier [[Eurostar International|Eurostar]]-Züge mit insgesamt über 2000 Passagieren im Tunnel stecken. Vermutlich führte der große Temperaturunterschied zwischen der Kaltluft in Nordfrankreich und der warmen Luft im Tunnel zur Entstehung von [[Kondenswasser]], welches die Elektronik der [[Triebkopf|Triebköpfe]] beschädigte. Am Morgen des 19. Dezember konnten zwei der Züge mit Unterstützung von Diesellokomotiven ihre Fahrt in Richtung London fortsetzen, die Fahrgäste des dritten Zuges wurden mit einem Shuttlezug nach Folkestone gebracht, wogegen die Insassen des vierten Zuges ebenfalls mit einem Shuttlezug auf einen Bahnhof auf französischer Seite gerettet wurden. Personen kamen bei dem Vorfall nicht zu Schaden.<ref name="2009-12-19">''[https://www.abendblatt.de/vermischtes/article107606990/Ueber-2000-Menschen-sassen-nachts-im-Euro-Tunnel-fest.html Über 2000 Menschen saßen nachts im Euro-Tunnel fest],'' Hamburger Abendblatt, 19. Dezember 2009. Aufgerufen am 20. Januar 2018.</ref> Infolge der Zwischenfälle wurde der Eurostar-Betrieb im Eurotunnel für mehrere Tage eingestellt, um die Ursachen zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.<ref name="cnn-2009-12-20">[https://edition.cnn.com/2009/WORLD/europe/12/19/channel.tunnel/index.html ''Eurostar cancels weekend service after weather chokes off Channel Tunnel,''] cnn.com, abgerufen am 20. Dezember 2009.</ref><ref name="focus-2009-12-20">{{Internetquelle |url=http://www.focus.de/reisen/urlaubstipps/wetterchaos-kaelte-stoppt-eurostar-auf-unbestimmte-zeit_aid_464880.html |titel=Wetterchaos: Kälte stoppt Eurostar auf unbestimmte Zeit |werk=[[Focus Online]] |datum=2009-12-20 |sprache=de |offline=1 |archiv-url=http://archive.today/2013.02.11-010026/http://www.focus.de/reisen/service/wetterchaos-kaelte-stoppt-eurostar-auf-unbestimmte-zeit_aid_464880.html |archiv-datum=2013-02-11 |abruf=2024-07-09}}</ref>

* Am 7. Juli 2014 blieb ein Autozug Richtung Frankreich im Tunnel stecken. Hunderte Passagiere wurden durch eine andere Tunnelröhre in Sicherheit gebracht.<ref>[https://orf.at/#/stories/2237039/ ''Eurostar-Passagiere unter Ärmelkanal in Sicherheit gebracht.''] ORF.at vom 7. Juli 2014.</ref>

* Am 25. August 2022 blieb ein Eurotunnel-Le-Shuttle-Zug aufgrund eines technischen Defekts im Tunnel stecken. Hunderte Passagiere mussten über den Servicetunnel evakuiert werden.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.bbc.com/news/uk-62655148|titel=Eurotunnel Le Shuttle: Passengers stuck for hours inside Channel Tunnel|werk=BBC News|datum=2022-08-25|abruf=2022-08-25|sprache=en}}</ref>

=== Ausblick ===
Zur Vorbereitung möglicher Direktverbindungen nach [[London]] durch die [[DB Fernverkehr]] hat ein [[DB-Baureihe 406|ICE 3]] in der Nacht zum 17. Oktober 2010<ref>[https://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,723556,00.html ''Deutschland tunnelt Frankreich,''] spiegel.de, abgerufen am 17. Oktober 2010.</ref> Probefahrten im Eurotunnel absolviert.<ref name="db-2010-06-28">{{Webarchiv |url=http://www1.deutschebahn.com/file/ecm2-ml-de/1588056/gVcXSJmaw3tgnVwaQM5oFfH-pK4/1492076/data/hjpk2010_redegrube.pdf |wayback=20160305023334 |text=''Qualität verbessern – unsere Kunden im Mittelpunkt. Halbjahres-Pressekonferenz 2010'' |format=PDF; 1,5&nbsp;MB}}, Deutsche Bahn AG / DB Mobility Logistics AG, Rede von [[Rüdiger Grube]], Vorsitzender des Vorstands, auf der Halbjahres-Pressekonferenz des Unternehmens am 28. Juli 2010, S. 19.</ref> Am 14. Juni 2013 erteilte Eurotunnel der Deutschen Bahn eine Genehmigung zur Durchfahrt. Die [[Deutsche Bahn]] rechnete 2010 mit einer Million Reisenden pro Jahr.<ref name="wiwo-2010-09-13">Reinhold Böhmer, Christian Schlesiger: [https://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/das-ist-propaganda-440898/ ''Das ist Propaganda.''] In: [[Wirtschaftswoche]], 13. September 2010.</ref> Der kommerzielle Verkehr sollte Ende 2016 aufgenommen werden.<ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/von-frankfurt-nach-london-in-5-stunden-deutsche-bahn-darf-kuenftig-durch-kanaltunnel-fahren-12222422.html ''Von Frankfurt nach London in 5 Stunden,''] FAZ.net, 14. Juni 2013.</ref> Im Juli 2015 wurde bekannt, dass das Projekt zurückgestellt wurde.<ref>Thomas Rietig: [https://schienestrasseluft.de/2015/07/23/ice-nach-london-zurueckgestellt/ ''ICE nach London „zurückgestellt“,''] 23. Juli 2015</ref> Dies wurde im März 2017 nochmals bestätigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www1.wdr.de/nachrichten/koeln-ice-london-koeln-zukunftsmusik-100.html |titel=ICE Köln-London weiter auf Eis gelegt |werk=wdr.de |datum=2017-03-30 |abruf=2017-09-27}}</ref> Im Januar 2024 gab der Betreiber Getlink bekannt, die technischen Bedingungen für die Verbindung von London in andere europäische Großstädte zu planen, dabei wurde auch die Option einer Direktverbindung zwischen London und [[Frankfurt am Main]] genannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fnp.de/frankfurt/und-london-kommt-bahn-direktverbindung-zwischen-frankfurt-zr-92773870.html |titel=Bahn-Direktverbindung zwischen Frankfurt und London: Bald Realität? |hrsg=[[Frankfurter Neue Presse]] |datum=2024-01-21 |abruf=2024-05-27}}</ref>

2013 waren 43 % der Tunnelkapazität ungenutzt. Die [[Europäische Kommission]] forderte, die Nutzungsgebühren für Reisezugangebote und Gütertransporte zu halbieren, wodurch die Auslastung verbessert werden sollte.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eurotunnel-unter-dem-aermelkanal-eu-will-bahnfahrten-nach-london-billiger-machen-1.1701400 ''EU will Bahnfahrten nach London billiger machen,''] sueddeutsche.de, 20. Juni 2013.</ref>

Die Trasse wurde 2013 in einer Potenzialstudie des [[Internationaler Eisenbahnverband|Internationalen Eisenbahnverbands]] (UIC) zu Hochgeschwindigkeitsnachtzügen über große Distanzen als erstes Teilstück einer Relation nach [[Madrid]] genannt.<ref name=":1" /> Dabei sei aber die Wirtschaftlichkeit aufgrund hoher [[Trassenpreissystem|Trassenpreise]], [[Vorgezogene Grenzkontrollen am Ärmelkanal|Grenzkontrollen]] und der Konkurrenz mit [[Billigfluggesellschaft|Billigflügen]] fragwürdig.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=DB International GmbH |Titel=UIC-Study Night Trains 2.0 New opportunities by HSR? |TitelErg=Executive summary |Hrsg=[[Internationaler Eisenbahnverband|International Union of Railways]] – UIC |Datum=2013-04-30 |Sprache=en |Online=http://www.nachtzug-retten.de/wp-content/uploads/2016/05/2013-04-30_uic_study_night_trains_2.02.pdf |Format=PDF |KBytes=9822}}</ref> Unter anderem daran war auch zuvor der Versuch eines Nachtzugbetriebs mit den [[Eurostar International|Nightstar]] gescheitert.

Im Oktober 2023 wurde bekanntgegeben, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen ''Evolyn'' ab 2025 Verbindungen zwischen Frankreich und Großbritannien durch den Eurotunnel anzubieten plant, wofür zunächst 12 Triebzüge vom Typ [[TGV|Avelia]] mit einer Option auf vier weitere Züge bei [[Alstom]] angefragt wurden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.lok-report.de/news/deutschland/industrie/item/44641-evolyn-erwerb-von-12-alstom-avelia-um-grossbritannien-mit-europa-zu-verbinden.html |titel=LOK Report – EVOLYN: Erwerb von 12 Alstom AVELIA, um Großbritannien mit Europa zu verbinden |sprache=de-de |abruf=2023-10-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.alstom.com/press-releases-news/2023/10/13102023-alstom-statement-evolyn-press-release-issued-october-11 |titel=Alstom statement on Evolyn Press Release issued on October 11 |hrsg=Alstom |datum=2023-10-13 |sprache=en |abruf=2023-10-14}}</ref>

== Zahlen und Fakten ==
Der Tunnel ist 50&#x202f;km lang, wobei 38&#x202f;km unterseeisch verlaufen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hochgeschwindigkeitszuege.com/england/eurotunnel.php |titel=Eurotunnel unter dem Ärmelkanal für Eurostar und Le Shuttle |abruf=2024-05-06}}</ref> Die durchschnittliche Tiefe beträgt 40&#x202f;m unter dem Meeresgrund. An seiner tiefsten Stelle erreicht der Tunnel 75&#x202f;m unter dem Meeresspiegel. Der Tunnel ermöglicht seit Mai 1994 den Eisenbahntransport von Personen und Fahrzeugen. Jedes Jahr nutzen fast zwanzig Millionen Passagiere<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wallstreet-online.de/nachricht/10389848-eurotunnel-and-ge-partner-to-increase-traffic-channel-tunnel/all |titel=Eurotunnel and GE Partner to Increase Traffic in Channel Tunnel |datum=2018-03-22 |abruf=2019-05-27}}</ref> die Strecke bei einer Reisezeit von 35 Minuten, davon 20 Minuten im Tunnel.

Die [[American Society of Civil Engineers]] (Amerikanische Gesellschaft der Bauingenieure) hat den Tunnel zu einem der „[[Weltwunder#„Sieben Wunder der modernen Welt“|Sieben Wunder der modernen Welt]]“ erkoren.

== Wirtschaftliche Bedeutung ==
=== Finanzierung ===
Die auf Drängen von Margaret Thatcher ohne Staatshilfe finanzierten Baukosten, welche die ursprünglich geplanten Kosten zudem um mehr als 100 % überschritten, können aus dem Betrieb nicht getilgt werden.

1984 entstand in Großbritannien eine Aktiengesellschaft zur Förderung und als zukünftiger Träger des Tunnels; 1985 folgte eine analoge Gesellschaft in Frankreich. Im Februar 1986 schlossen die beiden Länder einen [[Staatsvertrag]], in dem die Richtlinien für eine privatwirtschaftliche Finanzierung des Tunnelbauvorhabens festgelegt wurden. Darauf aufbauend erteilten die beiden Länder eine Konzession über Bau und Betrieb des Tunnels. Eine Gruppe von rund 200 Banken gewährte für den Bau des Tunnels 1987 einen Kredit von fünf Milliarden Pfund. Im gleichen Jahr wurden die beiden Aktiengesellschaften zu einer ''Partnership'' nach englischem Recht verbunden; Gewinne aus dem Vorhaben sollten dabei jeweils zur Hälfte zwischen den beiden Gesellschaften aufgeteilt werden.<ref name="bundesbahn-1989-469">Tyll Pahl: ''Der Eurotunnel: Beispiel für zukünftige privatwirtschaftliche Infrastruktur-Finanzierungen.'' In: ''Die Bundesbahn.'' Jg. 65, Nr.&nbsp;6, 1989, {{ISSN|0007-5876}}, S.&nbsp;469–471.</ref>

Die Aktie des Betreibers des Bahntunnels unter dem Ärmelkanal war 1987 für 35 Franc (5,34 Euro) an der Börse gestartet. Auch die Fahrgastzahlen blieben mit weniger als 60 % weit hinter den ursprünglichen Planungen zurück. Nach einem Höchstkurs von umgerechnet 19,51 Euro 1989 stürzte die Aktie ab.

Ende November 1997 stimmten die 174 Gläubigerbanken des Unternehmens einer [[Umschuldung]] der Eurotunnel-Betreibergesellschaft zu. Zuvor hatten bereits die Aktionäre für die Pläne gestimmt. Im Zuge der Umschuldung verlängerten die Regierungen von Frankreich und Großbritannien die Lizenz der Betreibergesellschaft bis zum Jahr 2086, wobei in der verlängerten Zeit 40 % des Gewinns an die Staatshaushalte abgeführt wird.<ref name="eri-1998-104">Meldung ''Zustimmung für Eurotunnel-Pläne.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Ausgabe 3/1998, S.&nbsp;105.</ref>

Am 9. Februar 2004 vermeldete Eurotunnel einen Nettoverlust für 2003 von nahezu 1,9 Milliarden Euro aufgrund größerer Abschreibungen.
{{Veraltet | dieses Absatzes | Ertragszahlen bitte aktualisierten | seit=2014}}
2004 erwirtschaftete das Unternehmen bei einem Umsatz von 789 Millionen Euro einen Verlust von 810 Millionen Euro. Am 31. Mai 2006 teilte das Unternehmen mit, dass die Gläubiger auf 54 Prozent ihrer Forderungen von neun Milliarden Euro verzichten würden.<ref name="eri-2006-360">Meldung ''Schuldenerlass für Eurotunnel.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 7/2006, S.&nbsp;360.</ref> Ohne die Umschuldung hätte die Gesellschaft in der ersten Jahreshälfte 2007 Konkurs anmelden müssen.<ref name="eri-2006-305">Meldung ''Eurotunnel-Zahlen erst später.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 6/2006, S.&nbsp;305.</ref> Die Aktie war vom 12. Mai 2006 bis zum 28. März 2007 vom Handel ausgesetzt.

In der 2. Jahreshälfte 2006 gewährte das Pariser Handelsgericht der hochverschuldeten Betreibergesellschaft Gläubigerschutz und rettete sie damit vor dem Konkurs.<ref name="eri-2006-506">{{Literatur |Titel=Berichte International |Sammelwerk=[[Eisenbahn-Revue International]] |Nummer=10/2006 |Datum=2006-10 |Sprache=de |Seiten=506 |ISSN=1421-2811}}</ref> Der Spielraum für das hochdefizitäre Unternehmen wurde in der Folge wieder eng. Bis zum 15. Mai 2007 konnten die rund 500.000 Aktionäre ihre Anteile gegen Titel des Nachfolgeunternehmens Groupe Eurotunnel (nun Getlink) tauschen. Mit der Umgründung ist ein Entschuldungsplan verbunden, der die Kreditlasten auf 4,16 Mrd. Euro mehr als halbiert hat. Wäre das Vorhaben allerdings nicht wie geplant umgesetzt worden, hätte die alte – mit 9 Mrd. Euro verschuldete – britisch-französische Eurotunnel-Gesellschaft Insolvenz anmelden müssen. Der Erfolg des Aktientauschs war von den Banken erwartet worden, da die Aktionäre sonst mit einem Totalverlust hätten rechnen müssen.<ref>[https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/eurotunnel-ist-gerettet;1273393 ''Eurotunnel ist gerettet,''] handelsblatt.com, Artikel vom 25. Mai 2007.</ref>

Für 2007 konnte die Betreibergesellschaft, die eine Konzession für die Nutzung des Tunnels bis 2086 besitzt, erstmals einen Gewinn in Höhe von einer Million Euro vermelden.<ref>[[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]]: {{Webarchiv |url=http://www.tagesschau.de/wirtschaft/eurotunnel2.html |wayback=20080914010451 |text=Nach massivem Schuldenerlass – Eurotunnel verdient erstmals Geld}} (Stand: 8. April 2008, 14:48 Uhr)</ref> Bereits im Geschäftsjahr 1998 konnte aufgrund von Sondereffekten infolge einer Umschuldung ein Reingewinn von 64&nbsp;Mio. Pfund ausgewiesen werden.<ref name="eri-1999-5-216">Meldung ''Eurotunnel mit Gewinn.'' In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 5, Jahrgang 1999, S. 216.</ref>

Die Dividende für 2008 betrug 4 Cent bei einem Nettogewinn von 40&#x202f;Mio. Euro.<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/7923045.stm ''Eurotunnel to pay first dividend.''] bbc.com, 4. März 2009</ref>

Im Geschäftsjahr 2021 erwirtschaftete die Eurotunnel-Gruppe einen Umsatz von 774 Millionen Euro, 5,15 % weniger als im Vorjahr.<ref>{{Internetquelle |autor=finanzen net Redaktion |url=https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/eurotunnel-groupe-eurotunnel-provenant-regroupement-verkuendete-quartalsergebnis-zum-juengsten-jahresviertel-11077384 |titel=Eurotunnel (Groupe Eurotunnel Provenant Regroupement) verkündete Quartalsergebnis zum jüngsten Jahresviertel |sprache=de |abruf=2022-12-27}}</ref> 2021 wurden 1,36 Millionen Lkw durch den Eurotunnel gefahren, das entspricht einem Minus von 14 % im Vergleich zu 2019.<ref>{{Internetquelle |url=https://flash-up.com/2022/01/transporte-durch-den-eurotunnel-2021-weiter-ruecklaeufig/79248/ |titel=Transporte durch den Eurotunnel 2021 weiter rückläufig ⋆ FLASH UP |sprache=de-DE |abruf=2022-12-27}}</ref> Die Fahrgastzahlen im Jahr 2019 erreichten 21,5&#x202f;Millionen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.statista.com/statistics/304968/number-of-passengers-travelling-on-the-eurostar-and-le-shuttle-in-the-united-kingdom/ |titel=UK: Eurostar and Le Shuttle passenger numbers 1994–2020 |sprache=en |abruf=2022-12-27}}</ref>

=== Betrieb ===
Der Tunnel wird von der Aktiengesellschaft [[Getlink]] (ehemals Groupe Eurotunnel) betrieben. Durch den Tunnel verkehren vier Arten von Zügen, von denen die beiden Shuttle-Systeme durch das Unternehmen Eurotunnel betrieben werden.

* [[Eurostar International|Eurostar]], durch das Unternehmen Eurostar International Limited betriebene [[Hochgeschwindigkeitszug|Hochgeschwindigkeitszüge]]. Diese verbinden den Londoner [[Bahnhof St Pancras]] mit dem [[Bahnhof Paris-Nord]], dem [[Bahnhof Bruxelles-Midi/Brussel-Zuid]] und dem [[Bahnhof Amsterdam Centraal]]. Es gibt Unterwegshalte in den Bahnhöfen [[Bahnhof Ebbsfleet International|Ebbsfleet]], [[Bahnhof Ashford International|Ashford]], [[Bahnhof Calais-Fréthun|Calais-Fréthun]] und [[Bahnhof Lille-Europe|Lille]]. Bis zur vollständigen Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke am 13. November 2007 verkehrten die Züge zum [[Bahnhof London Waterloo#Waterloo International|Bahnhof Waterloo International]].
[[Datei:Chargement voiture Eurotunnel.jpg|mini|Le-Shuttle-Auffahrwagen]]
[[Datei:ETunnelhoch.jpg|mini|hochkant|Innenansicht eines Shuttle-Wagens]]
* [[Eurotunnel Le Shuttle]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.eurotunnel.com/uk/home/ |sprache=en |titel=Eurotunnel: Faster Than A Ferry To France |abruf=2013-06-04}}</ref> sind Züge, die [[Personenkraftwagen|Pkw]], [[Omnibus|Busse]] und [[Motorrad|Motorräder]] zwischen Coquelles (Calais) und Folkestone transportieren. Die Züge bestehen aus Auffahr- und Transportwagen mit einem deutlich größeren Querschnitt als bei üblichen Eisenbahnfahrzeugen und sind an beiden Enden mit je einer sechsachsigen [[Elektrolokomotive|elektrischen Lokomotive]] bespannt. Zur Vermeidung von Fahrtrichtungswechseln bestehen an beiden Endpunkten Wendeschleifen für diese Züge. Die Straßenfahrzeuge fahren in ein- oder zweistöckige abgeschlossene Transportwagen ein. Die Fahrgäste bleiben in oder bei ihrem Fahrzeug und dürfen umher gehen. [[Toilette]]n sind in jedem dritten Wagen vorhanden. Die reine Fahrzeit beträgt 35 Minuten, die gesamte Überfahrt (Autobahnausfahrt Calais – Autobahneinfahrt Folkestone) gut 90 Minuten. Der ''Shuttle'' ist damit seit der Ausmusterung der [[Saunders Roe Nautical 4|Hovercrafts]] zwischen Calais und Dover im Jahr 2000 die schnellste Verbindung mit dem Auto zur Insel.
* „Freight shuttle trains“ für Lastkraftwagen. Die Fahrer reisen in separaten Reisezugwagen.
* Herkömmliche Güterzüge. Diese wurden zunächst nur durch [[DB Cargo UK|DB Schenker Rail (UK) Ltd]] (ehemals [[DB Cargo UK|EWS]]) angeboten. Ab März 2009 verkehrten reguläre Güterzüge eines weiteren Anbieters, der [[SNCF]]-Tochter ''Freight Europe,'' durch den Kanaltunnel (Stand: Mai 2009).<ref name="mr-728-7">Meldung ''Open access freight through Tunnel.'' In: ''Modern Railways.'' Bd. 66, Nr. 728, 2009, {{ISSN|0026-8356}}, S. 7.</ref>

Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Eurotunnels gab es nur auf französischer Seite eine [[Schnellfahrstrecke]], die [[LGV Nord]]. Die Eurostar-Züge aus Frankreich und Belgien erreichten hier von Anfang an bis zu 300&#x202f;km/h. Auf der englischen Seite in der Grafschaft Kent wurde das vorhandene Streckennetz benutzt, welches Geschwindigkeiten bis 160&#x202f;km/h zulässt. Seit dem 4. September 2007 gibt es auch auf britischer Seite zwischen Tunnel und London eine durchgehende, durch die britische Regierung teilfinanzierte Hochgeschwindigkeitsstrecke, den Channel Tunnel Rail Link (CTRL), heute [[High Speed 1]] (HS1) genannt. Dessen erster Teil zwischen Eurotunnel und Fawkham Junction ist bereits im September 2003 in Betrieb gegangen. Innerhalb des Tunnels fahren die Züge mit bis zu 160&#x202f;km/h.

Der Eurotunnel verbindet zwar die Streckennetze des europäischen Festlandes mit dem in Großbritannien, ein freier Zugverkehr war aber bis 2007 wegen des kleineren britischen [[Lichtraumprofil]]s nur mit Fahrzeugen, die der britischen Fahrzeugumgrenzungslinie entsprechen (sogenannte Fährbootwagen) möglich. Die HS1-Neubaustrecke ist jedoch im breiteren kontinentaleuropäischen Lichtraumprofil ausgeführt, der Tunnel und seine Anschlussstrecken zu den »Le Shuttle«-Verladebahnhöfen weist ein besonders großes Sonderlichtraumprofil auf. Die Bestandsstrecken in Kent sind mit 750&#x202f;V Gleichspannung und einer seitlichen, von oben bestrichenen Stromschiene nach dem System der ehemaligen [[Southern Railway (Großbritannien)|Southern Railway]] elektrifiziert. Der HS1 hat die auch in Frankreich und im Eurotunnel verwendete Oberleitung mit 25&#x202f;kV bei 50&#x202f;Hz erhalten. Da der HS1 erst 2007 eröffnet wurde, wurden die Eurostarzüge für das britische Lichtraumprofil ausgelegt und mit zusätzlichen ausklappbaren Trittstufen an den Türen, die sich an die unterschiedlichen Bahnsteighöhen und -abstände anpassen lassen, versehen. Für durchgehende Verbindungen mussten die Züge auch für drei unterschiedliche Strom- und vier [[Zugbeeinflussung]]ssysteme ausgelegt werden. Deshalb waren sie sowohl mit Stromabnehmern für Oberleitung als auch für die Stromschienen ausgerüstet. Die [[Stromabnehmer#Stromschienen-Stromabnehmer|Stromschienenstromabnehmer]] wurden nach Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke abgebaut.<!-- gibt es davon Fotos?-->

In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Tunnels für den Verkehr zugenommen, da sich der Zugverkehr durch den Ausbau des Streckenabschnittes zwischen dem Tunnel und London gegen Fähren und Billigfluggesellschaften besser durchsetzen konnte.<ref>[https://www.welt.de/print-welt/article352224/Am-Ende-des-Tunnels.html ''Am Ende des Tunnels,''] welt.de, 13. November 2004.</ref>

{{Überarbeiten|grund=Was ist aus der Überarbeitung der Regeln geworden?}}
Personenzüge müssen für die Durchfahrt durch den Tunnel unter anderem in der Lage sein, in den 11-‰-Steigungen auch mit 50&#x202f;% Traktionsleistung noch anzufahren und unter Brandbedingungen noch mindestens 30 Minuten mit 100 km/h oder 15 Minuten mit 80 km/h weiterfahren zu können. Die frühere Forderung, wonach Züge im Ernstfall auch getrennt werden können müssen, erscheint in den Sicherheitsregularien (Stand April 2020) ebenso nicht mehr, wie die Forderungen nach Triebköpfen und Lokomotiven oder Regelungen nach einer Mindestlänge von 375 Metern.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.channeltunneligc.co.uk/spip.php?action=acceder_document&arg=512&cle=9679e069e9e2a98e15e71f72c40a0263&file=pdf%2FRevised_CT_reference_document_national_rules_for_rail_vehicles_-_post_Agency_Opinion_revised_version.pdf |titel=Channel Tunnel Reference Document for cross-acceptance of rail vehicles Unified (national) rules relating to authorisation of rail vehicles |titelerg=Approved version 9 January 2018. |werk=channeltunneligc.co.uk |hrsg=Channel Tunnel Intergovernmental Commission |datum=2018-01-09 |format=PDF; 103&nbsp;kB |sprache=en |abruf=2024-07-09}}</ref>

2010 wurden Tests für ein neues, auf Wassernebel basierendes Brandbekämpfungssystem abgeschlossen, das in den Tunnel eingebaut werden soll.<ref name="mr-741-87">Keith Fender: ''Revised Channel Tunnel safety regulations proposed – no ICE yet!.'' In: ''Modern Railways.'' Bd. 67, Nr. 741, 2010, {{ISSN|0026-8356}}, S.&nbsp;87.</ref>

=== Tabellarische Übersicht ===
{|class="wikitable zebra" style="text-align:center"
|+Passagierzahlen, Frachtzahlen und Einnahmen im Eurotunnel 1994 bis 2014<ref>{{Literatur |Autor=Ricard Anguera Camós |Titel=L’analyse des coûts/bénéfices du tunnel sous la Manche après 20 ans d’exploitation – The Channel Tunnel Cost Benefit Analysis after 20 years of operations |Sammelwerk=Revue d’histoire des chemins de fer |Band=48-49 |Datum=2018 |Sprache=fr en |Seiten=233–281 |DOI=10.4000/rhcf.2990}}</ref>
!rowspan=2|Jahr
!colspan=3|Passagiere (in Mio.)
!colspan=3|Frachtgut (in Mio. t)
!colspan=4|Einnahmen (in Mio. £)
|-
!Eurostar
!Le Shuttle
!Gesamt
!Le Shuttle
!Eisenbahn
!Gesamt
!Le Shuttle
!Eisenbahn
!Andere
!Gesamt
|-
|1994||{{0}}0,1||{{0}}0,2||{{0}}0,3||{{0}}0,8||–||{{0}}0,8||11||{{0}}12||{{0}}{{0}}7||{{0}}31
|-
|1995||{{0}}2,7||{{0}}4,4||{{0}}7,1||{{0}}5,1||1,3||{{0}}6,4||120||133||{{0}}51||304
|-
|1996||{{0}}4,9||{{0}}7,9||12,8||{{0}}6,7||2,4||{{0}}9,1||145||198||141||483
|-
|1997||{{0}}6,0||{{0}}8,9||14,9||{{0}}3,3||2,9||{{0}}6,2||113||212||206||531
|-
|1998||{{0}}6,3||12,9||19,2||{{0}}9,2||3,1||12,3||210||213||243||666
|-
|1999||{{0}}6,6||11,9||18,5||10,9||2,9||13,8||271||215||168||654
|-
|2000||{{0}}7,1||11,2||18,3||14,7||2,9||17,7||315||208||{{0}}77||600
|-
|2001||{{0}}6,9||10,7||17,7||15,6||2,4||18,0||309||211||{{0}}27||548
|-
|2002||{{0}}6,6||10,0||16,6||16,0||1,5||17,5||333||217||{{0}}20||570
|-
|2003||{{0}}6,3||{{0}}9,9||16,2||16,7||1,7||18,4||309||232||{{0}}25||566
|-
|2004||{{0}}7,3||{{0}}9,2||16,5||16,5||1,8||18,3||285||234||{{0}}19||538
|-
|2005||{{0}}7,5||{{0}}9,6||17,0||17,0||1,6||18,6||296||235||{{0}}11||541
|-
|2006||{{0}}7,9||{{0}}9,1||17,0||16,9||1,6||18,4||318||240||{{0}}10||568
|-
|2007||{{0}}8,3||{{0}}9,4||17,7||18,4||1,2||19,6||348||182||{{0}}{{0}}9||539
|-
|2008||{{0}}9,1||{{0}}8,6||17,7||16,3||1,2||17,5||354||214||{{0}}47||615
|-
|2009||{{0}}9,2||{{0}}7,8||17,0||10,0||1,2||11,2||276||222||{{0}}{{0}}9||507
|-
|2010||{{0}}9,5||{{0}}8,8||18,3||14,2||1,1||15,3||315||226||{{0}}{{0}}9||550
|-
|2011||{{0}}9,7||{{0}}9,3||19,0||16,4||1,3||17,7||348||242||{{0}}{{0}}9||598
|-
|2012||{{0}}9,9||10,0||20,0||19,0||1,2||20,3||389||233||{{0}}11||632
|-
|2013||10,1||10,3||20,5||17,7||1,4||19,1||402||243||{{0}}11||656
|-
|2014||10,4||10,6||21,0||18,7||1,7||20,4||439||254||{{0}}13||705
|}

=== Stromkabel ===
Durch die Nordröhre verläuft eine 51&nbsp;km lange 320-kV-Leitung für [[Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung]], die das britische und das französische Stromnetz miteinander verbindet. Die als ''ElecLink'' bezeichnete Verbindung wird von der gleichnamigen Getlink-Tochter betrieben. Sie ging in der Nacht zum 1. September 2021 in Betrieb, der kommerzielle Vollbetrieb wurde zum 25. Mai 2022 aufgenommen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.getlinkgroup.com/en/our-group/eleclink/ |titel=ElecLink |sprache=en-GB |abruf=2022-11-27}}</ref><ref name="mr-2021-11-80">{{Literatur |Autor=Keith Fender |Titel=Channel Tunnel electrictiy link goes live |Sammelwerk=Modern Railways |Datum=2021-11 |Sprache=en |Seiten=80 |ISSN=0026-8356}}</ref> Die Übertragungskapazität liegt bei einem [[Watt (Einheit)|Gigawatt]].<ref>[https://www.lemonde.fr/economie/article/2021/09/07/une-interconnexion-electrique-dans-le-tunnel-sous-la-manche_6093734_3234.html ''Une interconnexion électrique dans le tunnel sous la Manche.''] In: ''[[Le Monde]],'' 7. September 2021. Abgerufen am 13. Dezember 2021.</ref>

== Politische Bedeutung ==
Häufig benutzten Asylbewerber, die sich in Großbritannien bessere Aussichten auf [[Asyl]] sowie die kostenlose Krankenversorgung ([[National Health Service|NHS]]) als in Frankreich erhoffen, den Tunnel zur illegalen Einreise nach Großbritannien. Nur wenige versuchten, durch den Tunnel zu laufen oder sich an den Zügen selbst festzuhalten. Die meisten versteckten sich in Ladungsbehältern oder auf Lastkraftwagen, die den Tunnel durchquerten.<ref>[https://www.theguardian.com/uk/2001/nov/17/immigration.books ''Strangers in a strange land,''] The Guardian (englisch), Artikel vom 17. November 2001.</ref> Seit im Jahr 2002 Frankreich durch die Europäische Kommission auf die Diskrepanz zwischen dem freien Warentransfer in der Europäischen Union und der ständigen Verzögerung beim Durchsuchen von Güterzügen am Verladebahnhof aufgrund seiner schlechten Sicherheitsvorkehrungen aufmerksam gemacht wurde, wurde für 5 Mio. Pfund ein doppelter Zaun gebaut. Diese Maßnahme verringerte die Zahl der erfolgreichen Flüchtlinge drastisch.<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/2282306.stm ''Sangatte asylum talks due,''] BBC News (englisch), Bericht vom 26. September 2002.</ref> Anfang 2003 überzeugte die britische Regierung die französischen Behörden, das umstrittene Asylbewerberlager bei [[Sangatte]] zu schließen, das oft Ausgangspunkt solcher Aktionen von Asylbewerbern gewesen war.<ref>{{Webarchiv |url=http://articles.cnn.com/2002-12-02/world/sangatte.closing_1_channel-tunnel-sangatte-eurotunnel?_s=PM:WORLD |archive-is=20120701132647 |text=Sangatte asylum camp closes early}}, CNN World (englisch), Meldung vom 2. Dezember 2002.</ref> Doch dies verlagerte das Problem der Asylsuchenden nur in Lager außerhalb der Stadt.<ref>{{Webarchiv |url=http://articles.cnn.com/2009-05-01/world/calais.france.illegal.migrants_1_illegal-migrants-sangatte-jungle/2?_s=PM:WORLD |wayback=20120809130542 |text=''Illegal migrants dice with death to cross Channel''}}, CNN, Bericht vom 1. Mai 2009 (englisch).</ref>

Am 4. Juli 2015 kam es zu Verzögerungen im Tunnelbetrieb, nachdem etwa 150 Migranten auf abgesperrtes Gelände am Tunneleingang vorgedrungen waren.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbc.com/news/uk-england-kent-33393593 |titel=Dozens of Calais migrants try to storm Channel Tunnel |hrsg=BBC News |datum=2015-07-04 |abruf=2015-07-04 |sprache=en}}</ref> Laut dem Unternehmen Eurotunnel, das diese Strecke betreibt, hatte es zwischen Januar und Juni 2015 37.000 Fluchtversuche vereitelt.<ref>{{cite news |author=Stephen Castle, Aurelien Breeden |url=https://www.nytimes.com/2015/07/30/world/europe/britain-and-france-scramble-as-channel-crossing-attempts-by-migrants-continue.html?_r=0 |title=Britain and France Scramble as Channel Becomes Choke Point in Migration Crisis |work=nytimes.com |date=2015-07-29 |language=en |accessdate=2024-07-09}}</ref> In der Nacht auf Dienstag, den 29. Juli wurde ein Flüchtling im Alter zwischen 25 und 30 Jahren tot aufgefunden, als 1.500 bis 2.000 Migranten versuchten, zum Eingang der Verbindung unter dem Ärmelkanal vorzudringen, um nach England zu gelangen.<ref>{{cite news|url=https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-wollten-durch-eurotunnel-nach-grossbritannien-a-1045745.html|title=Calais in Frankreich: 2000 Flüchtlinge in einer Nacht am Eurotunnel |work=spiegel|date=2015-07-29|accessdate=2015-07-31}}</ref> Schätzungsweise warteten im August 2016 in einem wilden Lager, dem [[Dschungel von Calais]], bis zu 9.000 Migranten auf eine Chance, nach Großbritannien zu kommen.<ref>[https://www.theguardian.com/world/2016/aug/12/french-lille-court-calais-jungle-refugee-camp Angelique Chrisafis: ''French court rejects bid to demolish shops at Jungle refugee camp''] The Guardian vom 12. August 2016</ref>

{{Siehe auch|Vorgezogene Grenzkontrollen am Ärmelkanal}}

== Brexit ==
Während der Übergangsphase, in der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich geführt wurden und die bis Ende 2020 lief, waren bei der Nutzung des Eurotunnels keine Änderungen geplant. Fahrgäste konnten mit dem Personalausweis reisen und benötigten kein Visum.<ref>{{Internetquelle |autor=Elisabeth York von Wartenburg |url=https://www.dw.com/de/brexit-was-urlauber-wissen-m%C3%BCssen/a-52184906 |titel=Brexit: Was Urlauber wissen müssen |werk=dw.com |hrsg=Deutsche Welle |datum=2020-01-31 |abruf=2024-07-09}}</ref> Seit 1. Oktober 2021 ist grundsätzlich ein Reisepass für die Einreise nach Großbritannien verpflichtend.<ref>{{Internetquelle |autor=Auswärtiges Amt |url=https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/grossbritanniensicherheit/206408 |titel=Großbritannien und Nordirland/Vereinigtes Königreich: Reise- und Sicherheitshinweise |sprache=de |abruf=2022-10-09}}</ref> Die Reise von Großbritannien in die EU ist mit einem Personalausweis weiterhin möglich.

Für die Zeit nach der Übergangsphase wurden rund um den Tunnel Verspätungen und Rückstaus befürchtet, was französische Zöllner 2019 mit einem Bummelstreik simulierten.<ref>{{Internetquelle |autor=Ralf Klingsieck |url=https://privatbahn-magazin.de/wp-content/uploads/2020/07/F%C3%BCr-den-Brexit-ger%C3%BCstet_2019_06_Privatbahn-Magazin.pdf |titel=Für den Brexit gut gerüstet |werk=Privatbahn Magazin |hrsg=Bahn-Media Verlag GmbH & Co. KG |datum=2019-11 |format=PDF; 278&nbsp;kB |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20200727142306/https://privatbahn-magazin.de/wp-content/uploads/2020/07/F%C3%BCr-den-Brexit-ger%C3%BCstet_2019_06_Privatbahn-Magazin.pdf |archiv-datum=2020-07-27 |abruf=2024-07-09}}</ref> Entgegen den Befürchtungen lief der Verkehr allerdings ohne Probleme.<ref>{{Literatur |Titel=Brexit: Keine Staus am Eurotunnel nach Austritt aus dem Binnenmarkt |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-01-01 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/nach-dem-brexit-keine-staus-am-eurotunnel-a-5835b34f-6f35-4dbe-85b0-02f3e559f206 |Abruf=2023-05-29}}</ref> Dies lag jedoch auch an der [[COVID-19-Pandemie]], die aufgrund von Reisebeschränkungen und massiv gesunkener Nachfrage zu einem Einbruch der Passagierzahlen z.&nbsp;B. beim Eurostar führte. Als Grund werden auch die Verschärfung der Einreisekontrollen ab 1. Oktober 2021 und die damit verbundenen umfassenden Grenzkontrollen zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich angegeben.

== Bedeutung in den Medien ==
Der französische Filmpionier [[Georges Méliès]] griff die Idee der Untertunnelung des Ärmelkanals mit einer Eisenbahnverbindung als erster filmisch auf und schuf 1907 den Film ''Le Tunnel sous la Manche ou le Cauchemar franco-anglais.''<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=-T6ePfNjljY ''Le Tunnel sous la Manche ou le Cauchemar franco-anglais''] bei youtube.com</ref>

Im Spielfilm ''[[Mission: Impossible (Film)|Mission: Impossible]]'' (1996) von [[Brian De Palma]] wird [[Tom Cruise]] an einem Zug hängend von einem Helikopter in den Tunnel hinein verfolgt. Diese am Computer erstellten Szenen sind jedoch in mehrerlei Hinsicht unrealistisch und entsprechen nicht dem Eurotunnel. So werden die Züge im Original mit Strom aus [[Oberleitung]]en versorgt, die im Film fehlen. Selbst ein kleiner Helikopterrotor würde nicht in die echte Tunnelröhre passen. Zudem liegen im Film die Gleise beider Richtungen in einer gemeinsamen Röhre; beim echten Eurotunnel bestehen getrennte eingleisige Röhren. Der Zug ist im Film ein [[TGV#TGV Atlantique|TGV Atlantique]] anstatt eines [[Eurostar International|Eurostars]].

Im Spielfilm ''[[Ocean’s 13]]'' (2007) von [[Steven Soderbergh]] nutzen [[George Clooney]] und seine Komplizen den zum Bau des Eurotunnels verwendeten Bohrer, um durch ein künstliches Erdbeben einen Computer zu beeinflussen.

Die britisch-französische [[Fernsehserie]] ''[[The Tunnel – Mord kennt keine Grenzen]]'' (2013–2017) spielt auf beiden Seiten des Eurotunnels, der stets einen zentralen Teil der Handlung darstellt. Die erste Staffel beginnt mit einem Leichenfund im Versorgungstunnel exakt auf der Staatsgrenze zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Als Basis zu dieser Serie dient die [[Dänemark|dänisch]]-[[Schweden|schwedische]] Serie ''[[Die Brücke – Transit in den Tod]]'' (2011), bei der in der ersten Staffel eine Leiche auf der Staatsgrenze zwischen Dänemark und Schweden – der Mitte der [[Öresundbrücke]], die [[Malmö]] und [[Kopenhagen]] miteinander verbindet – gefunden wird.

Zum Schauplatz einer Geiselnahme wird der Eurotunnel in der Romanverfilmung ''[[S.A.S. Red Notice]]'' (2021) von Magnus Martens. Die Geiselnehmer drohen darin mit der Sprengung des Tunnels.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=hRuUB6RKExQ |titel=SAS: Red Notice Trailer (2021) |abruf=2021-04-20 |sprache=de-DE}}</ref> Dieser Film wurde nicht im echten Eurotunnel und ohne Unterstützung durch Eurostar gedreht.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.atlasofwonders.com/2021/03/where-was-sas-red-notice-filmed-house-locations.html |titel=Where was SAS: Red Notice filmed? The House and ALL the Filming Locations |abruf=2021-04-20 |sprache=en}}</ref> Der für die Dreharbeiten errichtete Nachbau in den [[Budapest]]er Mafilm Studios folgt zwar im Groben dem Drei-Röhren-Konzept mit mittigem Servicetunnel, weicht jedoch in technischen Details vom Original ab. Insbesondere wurde auch in diesem Film auf eine Oberleitungsanlage verzichtet. Der Zug ist ein fiktiver „Eurostream“.

== Trivia ==
Da die Eisenbahnen in Frankreich wie in Großbritannien im Linksbetrieb verkehren, erübrigt sich ein Seitenwechsel.

Anfang Juni 2014 fuhr der britische Radrennfahrer [[Chris Froome]] mit einem Rennrad durch den Servicetunnel von England nach Frankreich. Der vierfache Tour-de-France-Sieger brauchte für die knapp 54&#x202f;km lange Strecke 55 Minuten, das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 60&#x202f;km/h.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.telegraph.co.uk/men/active/recreational-cycling/10951008/Chris-Froome-cycles-through-the-Channel-Tunnel.html |titel=Chris Froome cycles through the Channel Tunnel |werk=Telegraph.co.uk |abruf=2015-11-22}}</ref>

== Literatur ==
* Friedhelm Ernst: ''„Eurostar“ und „Eurotunnel“.'' In: ''Eisenbahn-Kurier.'' 29, Nr.&nbsp;272, 1995, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;84–86.
* Lionel Bender: '' Der Tunnel durch den Kanal.'' Tessloff Verlag, Nürnberg 1990, ISBN 3-7886-0495-6 (Ingenieure bei der Arbeit)
* Erwin Jacobs: ''Der Kanaltunnel Dover-Calais.'' In: ''Die Geowissenschaften'', 8(3), 63–71, 1990, [[doi:10.2312/geowissenschaften.1990.8.63]]

== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Commonscat|Channel Tunnel|Eurotunnel}}
{{Wikisource}}
* [https://www.eurotunnel.com/ Offizielle Website von ''The Channel Tunnel Group Ltd'' und ''Eurotunnel SA'']
* [https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=ibn&datum=18711028&seite=9 ''Unterhaltungs-Blatt. Tunnel zwischen Dover und Calais.''] Beilage zu den Innsbrucker Nachrichten Nr. 248, 28. Oktober 1871
* [https://www.samphirehoe.com/ Offizielle Website des ''Eurotunnel and White Cliffs Countryside Project (WCCP)'' zur Nutzung der Landaufschüttungen unterhalb der Shakespeareklippen zwischen Dover und Folkestone, Samphire Hoe] (englisch)
* [https://structurae.net/de/bauwerke/kanaltunnel Structurae: Kanaltunnel]
* {{Pressemappe|FID=co/008410|TEXT=Frühe Dokumente und Zeitungsartikel zum|NAME=}}

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

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[[Kategorie:Unterwasserbauwerk]]
[[Kategorie:Eisenbahntunnel in England]]
[[Kategorie:Erbaut in den 1990er Jahren]]
[[Kategorie:Eisenbahntunnel in Frankreich]]
[[Kategorie:Internationaler Tunnel]]
[[Kategorie:Grenzüberschreitender Schienenverkehr]]
[[Kategorie:Ärmelkanal]]
[[Kategorie:Verkehrsbauwerk in Hauts-de-France]]
[[Kategorie:Bauwerk im Département Pas-de-Calais]]
[[Kategorie:Verkehrsbauwerk in Kent]]
[[Kategorie:Küstenbau]]
[[Kategorie:Schienenverkehr (Hauts-de-France)]]
[[Kategorie:Bauwerk in Folkestone and Hythe]]
[[Kategorie:Tunnel in Europa]]
[[Kategorie:Folkestone]]
[[Kategorie:Coquelles]]
[[Kategorie:Verkehrsbauwerk in Europa]]
[[Kategorie:High Speed 1]]