Quelltext der Seite FIM-92 Stinger

{{Infobox Angetriebene Lenkwaffe
|Bild = Voorzijde van een Stinger lanceerbuis met richt-afvuurapparatuur (2086-065-004).jpg
|Bildunterschrift = 
<!-- Allgemeine Angaben -->
|Heimische Bezeichnung = FIM-92 Stinger
|GRAU-Index =
|NATO-Bezeichnung = 
|Typ = [[Flugabwehrrakete]] ([[Man Portable Air Defense System|MANPADS]])
|Herkunftsland = {{Vereinigte Staaten}}
|Hersteller = [[General Dynamics]] (heute [[RTX Corporation]])
|Entwicklung = 1972
|Indienststellung = 1981
|Einsatzzeit = im Dienst
|Stückpreis = 36.000–150.000 [[US-Dollar]]
<!-- Technische Merkmale -->
|Länge = 1,52 m 
|Durchmesser = 70 mm
|Gefechtsgewicht = 10,1 kg
|Spannweite = 140 mm
|Antrieb = [[Feststoffraketentriebwerk]]
|Erste Stufe = 
|Zweite Stufe = 
|Dritte Stufe = 
|Vierte Stufe = 
|Geschwindigkeit = 749 m/s ([[Mach-Zahl|Mach]] 2,2)
|Reichweite = '''FIM-92A''': +4,0 km<br />'''FIM-92B/C''': +4,8 km<br />'''FIM-92J/K''': +5 km
|Dienstgipfelhöhe = '''FIM-92A''': 3.500 m<br />'''FIM-92B/C''': 3.800 m<br />'''FIM-92J/K''': 4.000 m
<!-- Ausstattung -->
|Lenkung = [[Trägheitsnavigationssystem]]
|Zielortung = '''FIM-92A''': passiv [[Infrarotstrahlung|IR]]<br />'''FIM-92B/C/J/K''': passiv IR & [[Ultraviolettstrahlung|UV]]
|Gefechtskopf = 1,02 kg Splitter- / Brandgefechtskopf
|Zünder = '''FIM-92A/B/C''': [[Aufschlagzünder]]<br />'''FIM-92J/K''': Aufschlagzünder & [[Abstandszünder|Näherungszünder]]
|Waffenplattformen = MANPADS, Fahrzeuge, Hubschrauber, Drohnen, Schiffe
|Zusatz = 
|Zusatz_Daten = 
|Extra2 = 
|Extra2_Daten = 
|Extra3 = 
|Extra3_Daten = 
|Extra4 = 
|Extra4_Daten = 
}}
Die '''FIM-92 Stinger''' (zu {{enS|sting|de=Stachel, Stich, verdeckte Operation}}) ist eine schultergestützte [[Flugabwehrrakete]] (englisch ''[[Man Portable Air Defense System]] (MANPADS)'') aus den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]]. Ursprünglich von [[General Dynamics]] entwickelt wird sie heute von der [[RTX Corporation]] produziert.

== Geschichte ==
=== Entwicklung ===
Die FIM-92 Stinger wurde als Nachfolger der MANPADS [[FIM-43 Redeye]] entwickelt. Aufgrund der unbefriedigenden Leistungen der Redeye entstand noch zum Zeitpunkt ihrer Einführung eine Studie zur Weiterentwicklung dieses Lenkflugkörpers. Die Studie der [[United States Army]] und von [[General Dynamics]] startete im Jahr 1967 und mündete in das ''Advanced Seeker Development Programme (ASDP)'' welches später in ''Redeye 2'' umbenannt wurde. Im März 1972 wurde mit der eigentlichen Entwicklung der ''XFIM-92 Stinger'' bei General Dynamics begonnen. Der erste Teststart eines jetzt FIM-92A bezeichneten Lenkflugkörpers erfolgte im November 1973. Bei den weiteren Tests wurden Mängel und Probleme an der Stinger festgestellt. Insbesondere konnte der Zielsuchkopf keine frontal anfliegenden Ziele erfassen. Überhaupt zeigte der Zielsuchkopf nur geringfügig bessere Leistungen als der vom Vorgängermodell. Daher musste die Stinger mehrfach nachgebessert werden. Nachdem sich keine Lösung mit dem problembehafteten Zielsuchkopf abzeichnete, erteilte 1974 das ''US Army Missile Command (MICOM)'' der [[Ford|Ford Aerospace]] den Auftrag zur Entwicklung einer MANPADS mit Laserlenkung. Dieser Lenkflugkörper sollte mit geringem Entwicklungsrisiko als Alternative zur Stinger entwickelt werden. Der erste Teststart dieses ''Saber'' bezeichneten Lenkflugkörpers erfolgte im November 1975. Zwischen 1975 und 1976 konnten die Probleme mit der Stinger behoben werden. Weiter wurde die Anzahl der elektronischen Bauteile um 15 % verringert, was die Kosten der Stinger deutlich reduzierte. Daraufhin wurde der Entwurf vom [[Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten]] akzeptiert. Nach einer weiteren Testkampagne, bei der 130 Stinger gestartet wurden, bekam General Dynamics im April 1978 den Auftrag zur [[Serienfertigung]] der FIM-92A Stinger. Im Jahr 1981 wurde die [[Initial Operating Capability|operationelle Reife]] der FIM-92A Stinger erreicht. Nach der Einführung bei den [[Streitkräfte der Vereinigten Staaten|Streitkräften der Vereinigten Staaten]] wurde die Stinger in mehreren [[Baulos]]en weiterentwickelt und modernisiert. Im Jahr 1992 wurde die Lenkwaffensparte von General Dynamics an [[Hughes Aircraft|Hughes Electronics]] veräußert, welche mit [[Raytheon]] fusionierte. Seit 1997 erfolgt die Produktion und Weiterentwicklung der Stinger dort. Bis 2022 wurden rund 70.000 FIM-92 Stinger in den USA sowie unter Lizenz in anderen Ländern gefertigt.<ref name="janes">Tony Cullen & Christopher F. Foss: ''Jane’s Land-based Air-Defence, Edition 2002–2003.'' 2002, S. 38–42.</ref><ref name="zaloga">Steven J. Zaloga: ''Infantry Antiaircraft Missiles, Man-Portable Air Defense Systems.'' 2023, S. 27–32 & 61–69.</ref><ref name="chant">Christopher Chant: ''Air Defense Systems and Weapons: World AAA and Sam Systems in the 1990s.'' 1989, S. 128–133.</ref><ref name="forecast">Forecastinternational.com: ''[https://www.forecastinternational.com/archive/disp_pdf.cfm?DACH_RECNO=598 FIM-92 Stinger]'' (PDF; 0,1&nbsp;MB)</ref><ref name="designation">Designation-systems.net: ''[https://www.designation-systems.net/dusrm/m-92.html Raytheon (General Dynamics) FIM-92]''</ref>

=== Lizenzbau ===
Ab den späten 1980er-Jahren erfolgte in verschiedenen Ländern ein [[Lizenzbau]] der FIM-92 Stinger. So zum Beispiel in Deutschland bei [[Dornier-Werke|Dornier GmbH]] (heute [[Airbus Defence and Space]]), in der Schweiz bei der [[RUAG]], in der Türkei bei [[Roketsan]] sowie in Japan bei [[Kawasaki Heavy Industries]] und [[Toshiba]].<ref name="janes" />

=== Spionage ===
Die [[Sowjetunion]] gelangte Anfang der 1980er-Jahre durch einen Mitarbeiter von [[ITT Inc.]] in [[Griechenland]] an sensible technische Daten der Stinger. Weiter wurden im [[Krieg in Afghanistan (1979–1989)]] von sowjetischen Truppen Stinger erbeutet und später in der Sowjetunion analysiert. Dabei wurde der Zielsuchkopf und die Elektronik mittels [[Reverse Engineering]] nachgebaut, was in die Entwicklung der [[9K38 Igla|9K38 Igla-N]] mündete. Daneben gelangten auch technische Daten der Stinger in die [[Volksrepublik China]] und [[Nordkorea]] wo entsprechende Nachbauten entstanden.<ref name="janes" /><ref>{{Literatur |Autor=Milt Bearden, [[James Risen]] |Titel=The Main Enemy. The Inside Story of the CIA's Final Showdown with the KGB. |Verlag=Ballantine Books |Ort=New York |Datum=2003 |Sprache=en |ISBN=0-345-47250-0 |Online={{Google Buch |BuchID=pndmJkHCD7kC |SeitenID=PT52}} |Seiten=29–30}}</ref><ref name="arrow">{{Literatur |Autor=Michal Fiszer & Jerzy Gruszczynski |Titel=On arrows and needles: Russia's Strela and Igla portable killers |Verlag=Journal of Electronic Defense (JED) |Datum=2002 |Sprache=en}}</ref>

=== Nachfolgemodell ===
Die älteren Stinger-Modelle, insbesondere die weit verbreiteten ''FIM-92E Stinger-RMP Block I'' haben 2023 das Ende ihrer [[Nutzungsdauer]] erreicht. Mit dem Nachrüsten dieser Modelle kann die Nutzungsdauer um 10 Jahre verlängert werden. Im Jahr 2020 wurde Raytheon und [[Lockheed Martin]] beauftragt ein Stinger-Nachfolgemodell zu entwickeln. Dieses soll über mindestens dieselbe Einsatzleistung sowie [[Flugenveloppe]] wie die ''FIM-92J Stinger PROX'' verfügen. Hinzu soll das Nachfolgemodell in einer sekundären Rolle auch gegen Bodenziele eingesetzt werden können. Zwischen 2026 und 2030 sollen 8.000 neue Lenkflugkörper an die Streitkräfte der Vereinigten Staaten ausgeliefert werden.<ref name="taskandpurpose">Taskandpurpose.com: ''[https://taskandpurpose.com/news/army-stringer-missile-replacement/ The Army is hunting for a replacement for its man-portable Stinger missile]''</ref><ref name="aviationweek5">Aviationweek.com: ''[https://aviationweek.com/special-topics/air-dominance/us-army-opens-5-year-search-stinger-missile-replacement U.S. Army Opens 5-Year Search For Stinger Missile Replacement]''</ref><ref name="twz5">Twz.com: ''[https://www.twz.com/45131/the-fim-92-stinger-sam-may-finally-get-a-replacement The FIM-92 Stinger Surface-To-Air Missile May Finally Get A Replacement]''</ref>

== Technik ==
Das Stinger-System besteht aus einem Transport- und Startrohr (Abschussrohr) aus [[Glasfaserverstärkter Kunststoff|GFK]] mit dem Lenkflugkörper sowie dem Start- und Visiergerät (Griffstück). Das gesamte System wiegt schussbereit 15,8&nbsp;kg.

=== Start- und Visiergerät ===
An das Startrohr wird das Start- und Visiergerät (Griffstück) montiert. Dieses enthält unter anderem eine [[Monokular|monokulare]] Tageslicht-Zieloptik mit [[Fadennetz|Strichplatte]], eine [[Leiterplatte|Steuerungskarte]] sowie weitere Bedienelemente und den [[Abzug (Waffe)|Abzug]]. Das Start- und Visiergerät hat ein Gewicht von 2,1&nbsp;kg. Unten in das Start- und Visiergerät wird der ''BCU''-Behälter (Battery Coolant Unit) eingesetzt. Diese Einwegkartusche enthält eine [[Thermalbatterie]], die das Stinger-System vor dem Lenkflugkörperstart während rund 45&nbsp;Sekunden mit 20&nbsp;[[Volt]] elektrischer Spannung versorgt und eine [[Gasflasche]]. Sie enthält [[Argon]] unter einem [[Nenndruck]] von knapp 414&nbsp;[[bar (Einheit)|bar]]. Das Gas wird verwendet, um durch den [[Joule-Thomson-Effekt]] die [[Wärmebildkamera#Gekühlte Infrarotdetektoren|Infrarotdetektoren]] des Zielsuchkopfes zu kühlen. Die BCU wiegt 0,4&nbsp;kg. Optional kann mit dem Stinger-System ein Gerät zur [[Freund-Feind-Erkennung]] (IFF) vom Typ ''AN/PPX-3'' verwendet werden. Dafür wird auf das Start- und Visiergerät eine faltbare [[Antenne]] mit einem Gewicht von rund 2&nbsp;kg aufgesetzt. Das zugehörige IFF-Antwortgerät wiegt rund 2,6&nbsp;kg und wird im [[Bandelier]] des Schützen untergebracht. Antenne und Antwortgerät sind mit einem [[Datenkabel]] verbunden. Als weitere Option stehen für das Stinger-System die [[Nachtsichtgerät]]e ''F4960'' oder ''AN/PAS-18 WASP'' (Wide Angle Stinger Pointer) mit einem [[Sichtfeld]] von 12×20° zur Verfügung.<ref name="janes" /><ref name="publicintelligence">Publicintelligence.net: ''[https://info.publicintelligence.net/USArmy-ADA-Handbook.pdf FM 3-01.11 – Air Defense Artillery Reference Handbook]'' (PDF; 3,9&nbsp;MB)</ref><ref name="fas">Fas.org: ''[https://man.fas.org/dod-101/sys/land/docs/ch2.pdf Stinger Weapon System]'' (PDF; 0,1&nbsp;MB)</ref>

=== Lenkflugkörper ===
[[Datei:Stinger Füzesi kzlsngr cropped.jpg|mini|Ein von [[Roketsan]] unter Lizenz produzierter Stinger-Lenkflugkörper; zwei vordere Flügel sind schwenkbare [[Ruder#Luft- und Raumfahrt|Steuerflächen]]]]
Der Lenkflugkörper ist in einem Transport- und Startrohr (Abschussrohr) untergebracht. Dieser Behälter wiegt beladen 13,3&nbsp;kg. Der Lenkflugkörper wiegt 10,1&nbsp;kg und hat einen schlanken, zylinderförmigen Rumpf. Dieser ist inklusive der Ausstoßladung am [[Heck]] 1,52&nbsp;m lang. Im Flug hat der Lenkflugkörper eine Länge von 1,37&nbsp;m. Der Lenkflugkörper ist in sechs Sektionen aufgeteilt: Hinter der [[Transparenz (Physik)|transparenten]] Lenkflugkörperspitze befindet sich der bewegliche Zielsuchkopf. Dieser ist ein passiver [[Infrarotstrahlung|Infrarot]]-Zielsuchkopf und sendet keine [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischen Wellen]] aus. Da der Lenkflugkörper während dem Flug um die Längsachse [[Rollen (Längsachse)|rollt]], ist der Zielsuchkopf mit einer [[Kardanische Aufhängung|kardanischen Aufhängung]] im Rumpf verbaut. Bei der ersten Ausführung FIM-92A werden im Zielsuchkopf Detektoren mit [[Indiumantimonid]] für [[Infrarotstrahlung#Einteilung des Spektralbereichs|Mittleres Infrarot]] verwendet. Dieser Zielsuchkopf arbeitet auf einer [[Wellenlänge]] von 3,5–5,0&nbsp;[[Meter#Gebräuchliche dezimale Vielfache|µm]]. Vor dem Start werden die Detektoren durch Argon aus dem BCU-Behälter gekühlt. Ab der Ausführung FIM-92B wird als Zielsuchkopf das ''Dual Detector Assembly (DDA)'' verwendet. Bei diesem sind neben den Indiumantimonid-Detektoren zusätzlich [[Cadmiumsulfid]]-[[Halbleiter]] für den [[Ultraviolettstrahlung|UV-Bereich]] verbaut. Diese arbeiten auf einer Wellenlänge von 0,3–0,4&nbsp;µm. Dieser Zielsuchkopf verwendet eine [[Rosettenabtastung]] und arbeitet nach dem Prinzip der digitalen Signalverarbeitung mit [[Frequenzmodulation]]. Hinter dem Zielsuchkopf ist die Lenkeinheit untergebracht. Diese besteht aus der [[Elektronik]] sowie dem [[Trägheitsnavigationssystem]]. Weiter sind hier ein [[Gasgenerator]] und [[Nickel-Cadmium-Akkumulator]]en für die [[Energieversorgung#Elektrische Energie|Energieversorgung]] verbaut. Ebenso sind hier die [[Aktor]]en sowie vier ausklappbaren [[Flugzeug#Flugsteuerung|Flügel]] untergebracht. Davon sind zwei starre Stabilisierungsflächen und zwei sind bewegliche Steuerflächen. Dahinter folgt der 1,02&nbsp;kg wiegende [[Gefechtskopf]]. Dieser besteht aus einem [[Zylinder (Geometrie)#Hohlzylinder|Hohlzylinder]] aus einer [[pyrophor]]en [[Titan (Element)|Titan]]legierung, der mit 320&nbsp;g [[HTA]]-Sprengstoff befüllt ist. Hinten auf dem Hohlzylinder ist der ''M934E6''-[[Aufschlagzünder]] mit dem ''Hard Target Sensor (HTS)'' montiert. Dahinter ist das ''Mk 12''-[[Feststoffraketentriebwerk]] von Atlantic Research Corporation (heute [[Aerojet]]) verbaut. Dieses verwendet als Raketentreibstoff [[Ammoniumperchlorat-Verbundtreibstoff]] mit [[Hydroxyl-terminiertes Polybutadien|Hydroxyl-terminierten Polybutadien]] als Träger. Das Raketentriebwerk arbeitet mit zwei Schubstufen. Die erste Schubstufe verwendet einen schnellabbrennenden Treibsatz, der den Lenkflugkörper nach dem Start innerhalb kurzer Zeit auf die Maximalgeschwindigkeit beschleunigt. Nach dem Ausbrennen der ersten Stufe brennt verzugslos die zweite Schubstufe ab, die für das Aufrechterhalten der Geschwindigkeit sorgt. Zuhinterst im Heck befinden sich die [[Düse]]. Weiter sind dort vier [[Leitwerk|Faltleitwerke]] angebracht. Am Lenkflugkörperheck ist die Ausstoßladung angebracht. Diese stößt den Lenkflugkörper aus dem Transport- und Startrohr und fällt danach zu Boden. Verwendet wird ein schnellabrennendes Feststoffraketentriebwerk mit demselben Raketentreibstoff wie der des Lenkflugkörpers.<ref name="janes" /><ref name="chant" /><ref name="worldmissile">Edward L. Korb: ''The World's Missile Systems. Seventh Edition.'' 1982. S. 297–298.</ref><ref name="ndupress">Ndupress.ndu.edu: ''[https://ndupress.ndu.edu/Portals/68/Documents/DefenseTechnologyPapers/DTP-033.pdf Critical Technology Events in the Development of the Stinger and Javelin Missile Systems]'' (PDF; 0,6&nbsp;MB)</ref><ref name="eth2">Ethz.ch: ''[https://www.files.ethz.ch/isn/160759/BICC_brief_47.pdf MANPADS A Terrorist Threat to Civilian Aviation?]'' (PDF; 6,7&nbsp;MB)</ref><ref name="opfor2016">Threat Support Directorate: ''OPFOR Worldwide Equipment Guide Vol. 2 – Air and Air Defenses Systems''. TRADOC DCSINT, Fort Leavenworth, 2016.</ref><ref name="RG281207123">[https://www.researchgate.net/publication/281207123_Kirchner_DB_Gaydos_JC_Battigelli_MC_Combustion_Products_of_Propellants_and_Ammunition_in_Occupational_Health_The_Soldier_and_The_Industrial_Base_Chapter_10_Vol_2_of_the_Textbook_of_Military_Medicine_s Combustion Products of Propellants and Ammunition in Occupational Health] in Textbook of Military Medicine series [Part III. Disease and the Environment], Januar 1993</ref><ref name="helicopter-gunnery">Aviation-assets.info: ''[https://aviation-assets.info/wp-content/uploads/fm-1-140-helicopter-gunnery.pdf Field Manual FM 1-140 Helicopter Gunnery (FM 3-04.140)]'' (PDF; 2,3&nbsp;MB)</ref>

== Startplattformen ==
[[Datei:Lithuanian Stingers.jpg|mini|rechts|Litauische Schützen mit Stinger-Systemen]]
[[Datei:Fennek reconnaissance vehicle of 340th ASELSAN MFR C0415, pic1.JPG|mini|4 Stinger-Raketen auf einem [[Spähwagen Fennek]]]]
[[Datei:TigerUHT2.jpg|mini|Air-to-Air-Stinger (ATAS) an einer [[Außenlaststation]] eines [[Eurocopter Tiger]]]]
Die FIM-92 Stinger wurde zur Verwendung als schultergestützte Flugabwehrrakete (MANPADS) entwickelt. Daneben kann sie ab verschiedenen weiteren Startplattformen gestartet werden. So existieren verschiedene Startanlagen, bestehend aus einem [[Dreibein (Waffe)|Dreibein]] mit Sitzfläche und optionalem Wetterschutzdach für den [[Schütze (Militär)|Schützen]]. Auf beiden Seiten des Schützen können zwei bis vier Stinger-Abschussrohre montiert werden. Dem Schützen steht eine [[Visier (Waffe)|Visiereinrichtung]] mit optionalem Nachtsichtgerät zur Verfügung. Solche Startanlagen werden in den USA, [[Deutschland]], der [[Türkei]], in [[Dänemark]] und anderen Staaten produziert. An diese Startanlagen kann das C<sup>2</sup>-System ''Stinger Alerting and Cueing System (MACS)'' montiert werden. Dieses empfängt über ein [[Funkgerät]] Daten von der [[Luftraumüberwachung]]. Dem Schützen werden dabei auf einem Anzeigetablett die Flugrouten ([[Azimut]] und [[Elevation]]) von Luftzielen dargestellt. Damit wird eine Frühwarnung für den Schützen sichergestellt.<ref name="janes" />

Weiter kann die FIM-92 Stinger von Fahrzeugen gestartet werden. Dabei werden die Stinger-Abschussrohre an den drehbaren Waffenturm des Fahrzeuges montiert. Im Waffenturm ist für den Schützen die Visiereinrichtung mit optionalem Nachtsichtgerät und [[Laser-Entfernungsmesser]] verbaut. Bei der [[United States Army|US Army]] wird die Stinger auf den Fahrzeugen [[M1097 Avenger|AN/TWQ-1 Avenger]] sowie den Flugabwehrpanzern [[M6 Linebacker]] und ''Sgt Stout'' (M-SHORAD) verwendet. Das [[United States Marine Corps]] verwendete die Stinger auf dem [[Light Armored Vehicle-25|LAV-AD]]. Daneben existieren auch einfache, drehbare Startvorrichtungen, die auf den Pritschen von leichten Fahrzeugen und [[Lastkraftwagen]] verbaut werden können.<ref name="janes" /><ref name="chant" /><ref name="m-shorad">Fas.org: ''[https://sgp.fas.org/crs/weapons/IF12397.pdf U.S. Army’s Maneuver Short-Range Air Defense (M-SHORAD) System]''</ref><ref name="gdls">Gdls.com: ''[https://www.gdls.com/sgt-stout/ Sgt Stout]''</ref>

Die FIM-92 Stinger kann auch auf [[Kriegsschiff]]en installiert werden. Diese Ausführung wird ''Naval Stinger'' bezeichnet. Dafür existieren manuelle, von einem Schützen bediente Startanlagen mit zwei bis vier Stinger-Startrohren. Weiter bieten die USA und Dänemark auch fernbedienbare Startanlagen mit vier bis acht Stinger-Startrohren an.<ref name="janes-naval">E. R. Hooton: ''Jane’s Naval Systems 1997.'' 1996, S. 415–416.</ref>

Als [[Luft-Luft-Rakete|Luft-Luft-Lenkflugkörper]] kann die FIM-92 Stinger von [[Hubschrauber]]n eingesetzt werden. Diese Ausführung wird ''Air-to-Air Stinger (ATAS)'' oder inoffiziell ''AIM-92 Stinger'' bezeichnet. Dabei werden die Stinger-Abschussrohre an die Stummelflügel der Hubschrauber montiert. Bei den [[Streitkräfte der Vereinigten Staaten|Streitkräften der Vereinigten Staaten]] können die Hubschrauber [[Bell AH-1|AH-1 „Cobra“]], [[Bell OH-58|OH-58 „Kiowa“]], [[Sikorsky UH-60|UH-60 „Blackhawk“]], und [[Boeing AH-64|AH-64 „Apache“]] mit der Stinger ausgerüstet werden. Daneben kann die Stinger auch mit den europäischen Hubschraubern [[Agusta A129|A129 „Mangusta“]], [[Eurocopter Tiger]], [[Bölkow Bo 105|Bo-105]], [[Westland Lynx|Lynx]], [[Leonardo AW249|AW249 „Fenice“]] sowie [[TAI T129|T129 „Atak“]] eingesetzt werden. Weiter setzten die Streitkräfte der Vereinigten Staaten die Stinger mit den [[Unbemanntes Luftfahrzeug|unbemannten Luftfahrzeugen]] [[General Atomics MQ-1|MQ-1 „Predator“]] und [[General Atomics MQ-9|MQ-9 „Reaper“]] ein.<ref name="janes-air">Duncan Lennox: ''Jane’s Air launched Weapon, Edition 1997.'' Jane’s Information Group, 1997, S. 87–88.</ref>

== Varianten ==
Die Lenkflugkörper der Hauptserien sind '''fett''' dargestellt.
* '''FIM-92A''', ''Stinger Basic'': Das Basismodell, welches von 1977 bis 1987 produziert wurde. Die FIM-92A verwendet einen [[Infrarotstrahlung|IR]]-Zielsuchkopf für mittleres Infrarot (3,5–5,0&nbsp;[[Meter#Gebräuchliche dezimale Vielfache|µm]]) mit einem [[Analog-Digital-Umsetzer|Analog-Digital]]-Steuersystem. Insgesamt wurden 15.669 produziert. Die maximale Reichweite beträgt über 4&nbsp;km bei einer Dienstgipfelhöhe von 3.500&nbsp;m.<ref name="forecast" /><ref name="chant" />

* FIM-92B, ''Stinger POST'' (Passive Optical Seeker Technique): Diese Version verwendet den Zielsuchkopf mit dem ''Dual Detector Assembly'' von [[Hughes Aircraft|Hughes Electronics]] mit digitaler Signalverarbeitung. Der Zielsuchkopf arbeitet auf zwei unterschiedlichen [[Wellenlänge]]n zwischen 3,5 und 5,0&nbsp;µm (IR) und 0,3–0,4&nbsp;µm ([[Ultraviolettstrahlung|UV]]) mit [[Rosettenabtastung]]. Hierdurch wird eine deutlich höhere Resistenz gegenüber Gegenmaßnahmen ([[IR-Täuschkörper|Flares]]) und natürlichen Störungen erreicht. Die Produktion lief von 1983 bis 1987, wobei insgesamt 600 Lenkwaffen produziert wurden. Die maximale Reichweite beträgt über 4,8&nbsp;km bei einer Dienstgipfelhöhe von 3.800&nbsp;m.<ref name="forecast" /><ref name="chant" />

* '''FIM-92C''', ''Stinger RMP'' (Reprogammable Micro Processor): Diese Ausführung wurde zwischen 1984 und 1988 entwickelt und verwendet denselben Zielsuchkopf wie das Vorgängermodell. Das Start- und Visiergerät (Griffstück) wurde mit einer neuen [[Leiterplatte|Steuerungskarte]] mit einem zusätzlichen [[Speichermodul]] ausgerüstet. Über eine Kabelschnittstelle kann damit eine neue [[Firmware]] in die [[Mikroprozessor]]en der Lenkflugkörper-Elektronik geladen werden. Damit lässt sich das Stinger-System in kurzer Zeit neu konfiguriert, um auf neue Arten von Gegenmaßnahmen reagieren zu können. Weiter wurden durch den Austausch von Elektronikkomponenten im Zielsuchkopf die Störresistenz nochmals gesteigert. Ebenso konnte die Treffererwartung gegenüber langsamen und sehr tiefliegenden Zielen wie Hubschrauber verbessert werden. Von 1988 bis 1991 wurden für die [[Streitkräfte der Vereinigten Staaten]] 20.0550 Exemplare gebaut. Mehr als 14.500 FIM-92C wurden im [[Lizenzbau]] in verschiedenen Staaten produziert.<ref name="janes" /><ref name="ausairpower">Ausairpower.net: ''[https://www.ausairpower.net/mpsam.html MAN PORTABLE SURFACE-AIR MISSILES]''</ref>
* FIM-92D: Bei dieser Version wurde die Elektronik angepasst sowie zusätzliche [[Filter (Elektrotechnik)|Filter]] im Zielsuchkopf integriert, um die Störresistenz weiter zu steigern. Insgesamt wurden 5.000 ältere Stinger zur FIM-92D umgebaut.<ref name="designation" /><ref name="ndupress" />

* '''FIM-92E''', ''Stinger-RMP Block I'': Diese Ausführung entstand Anfang der 1990er-Jahre. Bei der FIM-92E wurde eine neue [[Inertiales Navigationssystem|Trägheitsnavigationsplattform]] mit [[Laserkreisel]] verbaut. Weiter wurden die [[Nickel-Cadmium-Akkumulator]]en im Lenkflugkörper durch [[Lithium-Ionen-Akkumulator]]en ersetzt. Durch einen neu hinzugefügten [[Rollen (Längsachse)|Rollsensor]] und eine überarbeitete Steuerungssoftware konnte das Flugverhalten maßgeblich verbessert werden. Zudem wurde die Leistung gegenüber kleinen Zielen wie [[Unbemanntes Luftfahrzeug|Drohnen]] und leichten Aufklärungshubschraubern verbessert. Die FIM-92E existiert entweder als Nachrüstprogramm oder als Neuproduktion. Ab 1995 wurden über 44.000 FIM-92E produziert bzw. nachgerüstet. Bei den Streitkräften der Vereinigten Staaten wurde nahezu der gesamte Bestand an Stinger-Lenkwaffen durch diese Variante ersetzt.<ref name="janes" /><ref name="zaloga" /><ref name="ndupress" />

* FIM-92F: Diese Ausführung entstand Anfang der 2000er-Jahre. Sie erhielt ein [[Upgrade|Software-Upgrade]], das die Fähigkeit verbessert, Ziele von Gegenmaßnahmen zu unterscheiden. Weiter sollen kleine Ziele besser bekämpft werden können.<ref name="designation" /><ref name="ndupress" />

* FIM-92G: Diese Ausführung ist eine nicht näher beschriebene Aufwertung der FIM-92D.<ref name="designation" />

* FIM-92H: Bei dieser Ausführung handelt es sich FIM-92D-Lenkflugkörper die auf den Stand der FIM-92E nachgerüstet wurden.<ref name="weaponsystems" />

* FIM-92I, ''Stinger-RMP Block II'': Diese Variante sollte auf Basis der FIM-92E entwickelt werden. Kernstück war ein abbildender Infrarotzielsuchkopf mit Focal Plane Array (FPA), der auch bei der [[AIM-9 Sidewinder|AIM-9X]] zum Einsatz kommt. Durch diese Modifikation hätte die Erfassungsreichweite als auch die Resistenz gegenüber Störmaßnahmen stark gesteigert werden können. Veränderungen an der Zelle hätten darüber hinaus eine signifikante Reichweitensteigerung ermöglicht. Der Lenkflugkörper erreichte zwar die Erprobungsphase, das Programm wurde 2002 aus Budgetgründen gestrichen.

* '''FIM-92J:''', ''Stinger PROX'' (Stinger Proximity Fuze): Diese Ausführung entstand aufgrund eines ''Urgent Operational Requirement (UOR)'' der Streitkräfte der Vereinigten Staaten. Die FIM-92J ist eine modernisierte Ausführung der FIM-92E aus dem Jahr 2018. Dabei wurde der Raketenmotor sowie die älteren elektronischen Bauteile durch modernere ersetzt. Weiter ist die FIM-92J mit einem neuen Gefechtskopf sowie einem Radar-[[Annäherungszünder]] vom Typ ''M934E7'' ausgerüstet. Damit sollen auch kleine Drohnen sowie [[Marschflugkörper]] bekämpft werden können. Die FIM-92J existiert entweder als Neuproduktion oder als Nachrüstprogramm. Mit dem Nachrüsten älterer Stinger auf diesen Stand kann die [[Nutzungsdauer]] um 10 Jahre verlängert werden. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten haben in einem Sofortprogramm 4.010 ältere Stinger auf den Stand FIM-92J nachgerüstet. Die maximale Reichweite der FIM-92J beträgt über 5&nbsp;km bei einer Dienstgipfelhöhe von rund 4.000&nbsp;m.<ref name="dote.osd.mil">Dote.osd.mil: ''[https://www.dote.osd.mil/Portals/97/pub/reports/FY2019/army/2019stinger.pdf?ver=2020-01-30-115346-517 Stinger Proximity Fuze]''</ref><ref name="uasweekly">Uasweekly.com: ''[https://uasweekly.com/2019/05/20/u-s-army-will-enhance-stinger-missile-capability-to-engage-uas/ U.S. Army Will Enhance Stinger Missile Capability To Engage UAS]''</ref><ref name="stinger-upgrade">Army.mil: ''[https://www.army.mil/article/137184/Stinger_upgrade_to_increase_service_life__capabilities Stinger upgrade to increase service life, capabilities]''</ref><ref name="nationalinterest">{{Internetquelle |url= https://nationalinterest.org/blog/the-buzz/stinger-missile-back-25882 |autor= Charlie Gao |titel= This Stinger Missile Is Back |hrsg= The National Interest |werk= nationalinterest.org |datum=2018-05-18 |archiv-url= |archiv-datum= |zugriff=2018-08-27 |sprache=en |offline=}}</ref><ref name="stinger-prox">RTXCorporation: ''[https://www.youtube.com/watch?v=pj-7b141ku8 Stinger missiles with proximity fuzes destroy UAVs – Film bei Youtube.com]''</ref>

* FIM-92K: Dies ist eine Ausführung der FIM-92J mit zusätzlichem [[Datenlink]] für den Einsatz ab Kampfhubschraubern und dem [[M1097 Avenger|AN/TWQ-1 Avenger]].<ref name="nationalinterest" />
* FIM-92L: Diese Ausführung wurde erstmals im Jahr 2023, ohne nähere Beschreibung erwähnt. Vermutlich handelt es sich um ältere Stinger-Ausführungen, welche auf den Stand der FIM-92J/K nachgerüstet wurden.<ref name="dsca">Dsca.mil: ''[https://www.dsca.mil/search/node?keys=Stinger Defense Security Cooperation Agency]''</ref>

* '''ATAS''', ''Air-to-Air Stinger'': ATAS steht für verschiedene Stinger-Varianten für den Einsatz ab Hubschraubern und Drohnen. Die Air-to-Air Stinger wurde zwischen 1984 und 1988 als [[Luft-Luft-Rakete|Luft-Luft-Lenkflugkörper]] für den Selbstschutz von Hubschraubern entwickelt. Analog den bodengebundenen Stinger-Ausführungen, wurde auch ATAS in verschiedenen Ausbaustufen an die aktuelle Bedrohungslage angepasst und modernisiert. Mit der inoffiziell ''AIM-92 Stinger'' bezeichneten Variante können Flugzeuge und Hubschrauber auf Distanzen von rund 5&nbsp;km bekämpft werden.
* ADSM, ''Air Defence Suppression Missile'': Dies war das Projekt einer Stinger-Ausführung als [[Luft-Boden-Rakete|Luft-Boden-Lenkflugkörper]] zur Bekämpfung von [[Radar]]anlagen. Der Lenkflugkörper war anstelle des IR-Zielsuchkopfes mit einem passiven Radarsucher ausgestattet. Das Projekt startete 1983 und wurde 1986 abgebrochen.

== Funktionsweise ==
[[Datei:Launched FIM-92A Stinger missile.jpg|mini|Start eines Stinger-Lenkflugkörpers (hinter dem Lenkflugkörper ist die gesonderte Ausstoßladung zu sehen)]]
Die FIM-92 Stinger funktioniert nach dem [[Fire-and-Forget]]-Prinzip, d.&nbsp;h. nach dem Abfeuern verfolgt der Lenkflugkörper sein Ziel selbstständig. Mit der Stinger können [[Flugzeug]]e, [[Hubschrauber]] und [[Unbemanntes Luftfahrzeug|unbemannte Luftfahrzeuge]] bekämpft werden. Der horizontale Einsatzbereich des Lenkflugkörpers liegt bei 0,2 bis über 5&nbsp;km, bei einem vertikalen Kampfbereich von faktisch Bodenhöhe bis rund 4.000&nbsp;m. Die maximale Schussdistanz wird mit rund 8&nbsp;km angegeben. Dabei können Flugziele frontal, im Vorbeiflug oder wegfliegend bekämpft werden. Gemäß Hersteller soll mit der FIM-92 Stinger eine Trefferwahrscheinlichkeit von 80–90 % erreicht werden.<ref name="opfor2016" /><ref name="schützenwaffen">Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: ''Schützenwaffen – Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt, Band 1 & 2.'' 1999, S. 475–476.</ref><ref name="weaponsystems">Weaponsystems.net: ''[https://weaponsystems.net/system/762-FIM-92+Stinger FIM-92 Stinger]''</ref><ref name="Missileindex">{{Internetquelle |autor=Hajime Ozu |url=http://missile.index.ne.jp/en/index.html |titel=FIM-92 Stinger |werk=missile.index.ne.jp |hrsg=The Missile Index |sprache=en |abruf=2024-07-05}}</ref>

Das Stinger-System ist innerhalb von wenigen Sekunden feuerbereit. Zuerst muss der Schütze die IFF-Antenne entfalten und das Stinger-System an das zugehörige IFF-Antwortgerät anschließen. Nachdem der Schütze die Waffe geschultert hat, wird die BCU-Kartusche in das Start- und Visiergerät eingesetzt sowie die Frontabdeckung des Abschussrohrs entfernt, um den Zielsuchkopf freizulegen. Nachdem der Schütze ein Ziel anvisiert hat, betätigt er die [[Taste]] für die IFF-Abfrage. Innerhalb von 0,7 Sekunden erhält der Schütze ein [[Akustik|akustisches]] Signal, ob das Ziel Freund oder Feind ist. Jetzt aktiviert der Schütze mit einem [[Schalter (Elektrotechnik)|Schalter]] das Stinger-System und verfolgt das Ziel weiter. Der Zielsuchkopf wird nun aktiviert und wird innerhalb von 3–5 Sekunden durch das Argon aus der BCU-Kartusche auf unter −100&nbsp;°C gekühlt. Weiter wird das [[Kreiselinstrument|Gyroskop]] der Trägheitsnavigationsplattform sowie die Elektronik hochgefahren. Sind die Infrarotemissionen stark genug und die [[Winkelgeschwindigkeit]] im zulässigen Bereich, wird dies durch ein [[Vibrationsalarm]] im [[Schaft (Waffentechnik)|Schaft]] sowie einem akustischen Signal gemeldet. Mit einer Verzögerung von rund 1,7 Sekunden wird der [[Abzug (Waffe)|Abzug]] freigegeben und der Lenkflugkörper kann gestartet werden. Die Gesamtzeit für die Zielverfolgung und Aktivierung des Stinger-Lenkflugkörpers beträgt unter optimalen Bedingungen etwa 6–8 Sekunden. Eine gescheiterte Aufschaltung wird durch einen anderen Ton angegeben, wonach der Schütze erneut zielen kann. Der Start des Lenkflugkörpers erfolgt nach dem [[Kaltstart (Rakete)|Kaltstart]]-Prinzip. Die schnellabrennende Ausstoßladung stößt den Lenkflugkörper mit rund 38&nbsp;m/s aus dem Transport- und Startrohr. Dabei entsteht ein [[Rückstoß]] von rund 3,6&nbsp;[[Newton (Einheit)|N]] sowie ein Abschussknall von rund 168&nbsp;[[Bel (Einheit)|dB]]. Beim Lenkflugkörper-Start soll der Schütze für 3–5 Sekunden den [[Atem]] anhalten um keine giftigen [[Abgas]]e einzuatmen. Nach dem Ausstoß aus dem Startrohr werden am Lenkflugkörper die beiden Steuerflächen ausgeklappt und die vier Leitwerke im Heck entfaltet. Die ausgebrannte Ausstoßladung fällt vor dem Startrohr zu Boden. In einer Entfernung von rund 9&nbsp;m zum Schützen zündet das Feststoffraketentriebwerk und beschleunigt die Stinger innerhalb knapp zwei Sekunden auf rund [[Mach-Zahl|Mach]]&nbsp;2,2. Unter optimalen Bedingungen erreicht die Stinger eine [[Brennschluss]]geschwindigkeit von bis zu Mach&nbsp;2,52. Hat der Lenkflugkörper eine Beschleunigung von 22''[[G-Kraft|g]]'' erreicht, wird der Gefechtskopf entsichert und bei Mach&nbsp;1 werden neben den beiden Steuerflächen die beiden Stabilisierungsflächen ausgeklappt. Dabei erreicht der Lenkflugkörper durch seine [[Rotation (Physik)|Rotation]] um die [[Längsachse]] und die Leitwerke eine stabile Flugbahn. Die Zielverfolgung durch den Lenkflugkörper erfolgt nach dem Prinzip der [[Proportionalnavigation]], das heißt die Elektronik errechnet die Winkelgeschwindigkeit des Ziels und errechnet Steuerbefehle, um die Differenz auf Null zu bringen. Dabei kann die Stinger [[Flugmanöver]] mit einer maximalen [[Axialkraft|Querbelastung]] von 8''g'' ausführen. Der Lenkflugkörper vollführt am Schluss ein zieladaptives Flugmanöver, um in den Flugzeugrumpf und nicht in den [[Turbinen-Strahltriebwerk|Triebwerksauslass]] einzuschlagen (im optimalen Fall direkt in den [[Treibstofftank]] des Flugzeuges). Beim Aufschlag im Ziel wird der Gefechtskopf durch den [[Aufschlagzünder]], mit einer kurzen Verzögerung im Inneren des Ziels zur [[Detonation]] gebracht. Dabei entstehen neben der [[Detonationswelle|Gasschlagwirkung]] brennende Fragmente, die mit großer Energie freigesetzt werden. Wird das Ziel verfehlt, so zerstört sich der Lenkflugkörper nach einer Flugzeit von 15–19 Sekunden durch [[Selbstzerstörung]].<ref name="janes" /><ref name="zaloga" /><ref name="chant" /><ref name="fas" /><ref name="weaponsystems" /><ref name="marines-stinger">Marines.mil: ''[https://www.marines.mil/Portals/1/Publications/MCRP%203-25-10a.pdf Low Altitude Air Defense (LAAD) Gunner’s Handbook (MCRP 3-25.10A)]'' (PDF; 3,9&nbsp;MB)</ref><ref name="rbase">Missilery.info: ''[https://missilery.info/missile/stinger Переносной зенитно-ракетный комплекс FIM-92 Stinger]''</ref>

== Kriegseinsätze ==
Gemäß Hersteller wurden bis 2023 bei Kriegseinsätzen über 270 Flugzeuge und Hubschrauber mit der FIM-92 Stinger abgeschossen.<ref name="raytheon">Rtx.com: ''[https://www.rtx.com/raytheon/what-we-do/integrated-air-and-missile-defense/stinger-missile Stinger Missile]''</ref>

=== Falklandkrieg ===
Der erste Kriegseinsatz der FIM-92 Stinger erfolgte im [[Falklandkrieg]]. Am 21. Mai 1982 schoss ein [[Trupp (Militär)|Trupp]] des [[Special Air Service]] (SAS) eine [[FMA IA 58|FMA IA 58 „Pucará“]] mit einer FIM-92 Stinger ab. Neun Tage später wurde ein argentinischer [[Aérospatiale SA 330|SA 330 „Puma“]] mit einer Stinger abgeschossen. Insgesamt startete der Special Air Service fünf Stinger, die zwei Ziele trafen und zum Absturz brachten.<ref name="zaloga" /><ref name="naval-history">Naval-history.net: ''[http://www.naval-history.net/F44airbattles.htm San Carlos Air Battles - Falklands War 1982.]''</ref><ref name="mercopress">Mercopress.com: ''[http://en.mercopress.com/2002/04/12/argentine-puma-shot-down-by-american-stinger-missile#prof Argentine Puma shot down by american "Stinger" missile.]''</ref>

=== Sowjetische Intervention in Afghanistan ===
Nach dem [[Sowjetische Intervention in Afghanistan|Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan]] bewilligte das [[Kabinett Reagan]] im März 1985 die Lieferung der Stinger an die afghanischen Widerstandskämpfer. Im Rahmen der [[Operation Cyclone]] lieferte die [[Central Intelligence Agency|CIA]] ab 1986, hauptsächlich über den [[Inter-Services Intelligence]] (ISI) in [[Pakistan]] Stinger-Lenkflugkörper an die [[Mudschahid]]in.<ref name="janes" /><ref>[http://www.globalsecurity.org/military/systems/aircraft/systems/ircm.htm GlobalSecurity.org]</ref> Diese beschossen damit u.&nbsp;a. die sowjetischen Kampfhubschrauber vom Typ [[Mil Mi-24|Mi-24 „Hind“]] und konnten die bis dahin ungefährdete [[Luftüberlegenheit|Luftherrschaft]] der [[Luftstreitkräfte der Sowjetunion]] teils brechen. Gemäß dem Inter-Services Intelligence lieferten sie 308 Stinger-Starteinheiten sowie 1.588 zugehörige Lenkflugkörper an die Mudschahidin. Diese starteten 342 Stinger-Lenkflugkörper, welche 274 Luftziele trafen.<ref name="zaloga" /> Nach einer Studie der [[United States Army]] sollen mit der Stinger insgesamt 101 [[Hubschrauber]], 92 [[Transportflugzeug]]e sowie 81 [[Kampfflugzeug]]e getroffen worden sein.<ref name="zaloga" /> Davon sollen über 200 der Ziele zum Absturz gebracht worden sein. Die verwendeten Modelle FIM-92A/B erreichten eine durchschnittliche Abschusswahrscheinlichkeit von rund 79 %

Russischen Angaben zufolge sollen nur 53 Hubschrauber durch schultergestützte Flugabwehrraketen (MANPADS) wie der FIM-92 Stinger, [[9K32 Strela-2]] und [[Blowpipe]] abgeschossen worden sein. Dabei sollen 29 Mi-24 „Hind“ der Stinger zum Opfer gefallen sein. Weiter berichten russische Quellen, dass lediglich 51 Flugzeuge durch MANPADS abgeschossen worden sein.<ref name="zaloga" /> Beim Einsatz gegen Flugzeuge sollen 7,2 % der Abschüsse von FIM-92 Stinger zu einem Verlust geführt haben. Gegen [[Suchoi Su-25|Su-25 „Frogfoot“]], Mi-24 „Hind“ und [[Mil Mi-8|Mi-8 „Hip“]] sollen sich Quoten von jeweils 4,7 %, 3,2 % und 18 % ergeben haben.<ref>{{Webarchiv|text=Der Shaitan Arba" unter Beschuss. Verluste und Schäden an der Mi-24 in Afghanistan |url=http://artofwar.ru/z/zhirohow_m_a/text_0370-2.shtml |wayback=20140309195439 }}</ref>

Je nach Quelle lieferte die CIA über den Inter-Services Intelligence sowie weiteren [[Akteur]]en bis zu 2.500 Stinger-Raketen an Mudschahidin und viele der Waffen verblieben nach dem Abzug der Sowjetunion in Afghanistan.<ref name="zaloga2">Steven J. Zaloga: ''Infantry Antiaircraft Missiles, Man-Portable Air Defense Systems.'' 2023, S. 69–77.</ref><ref name="eth2" /><ref name="eth1">Ethz.ch: ''[https://www.files.ethz.ch/isn/190181/SAS-IB11-MANPADS-use-control.pdf MANPADS Proliferation Reduction by Design]'' (PDF; 0,4&nbsp;MB)</ref><ref name="nzz91">Nzz.ch: ''[https://www.nzz.ch/article91BEX-ld.267652 Gefährlich, billig und in rauen Mengen]''</ref> Die USA befürchteten, dass die Stinger in die Hände von [[Terrorismus|Terroristen]] gelangen und gegen zivile Flugzeuge eingesetzt werden könnten, weshalb US-Präsident [[George H. W. Bush]] ein geheimes Programm zum Rückkauf der Stinger (Operation MIAS) genehmigte. Nach Schätzungen der CIA waren 1996 noch etwa 600 im Umlauf. Einige davon erschienen in [[Bosnien]], [[Libanon]], [[Kroatien]], [[Katar]], [[Syrien]] und in [[Sri Lanka]].<ref>Nisat.org: ''[https://web.archive.org/web/20070927211359/http://www.nisat.org/weapons%20pages%20linked/US/stinger_missile_system.htm Stinger missile system]''</ref><ref name="foreignpolicy">{{Internetquelle |autor=Matthew Schroeder |url=https://foreignpolicy.com/2010/07/28/stop-panicking-about-the-stingers/ |titel=Stop Panicking About the Stingers |werk=Foreign Policy |datum=2010-07-28 |abruf=2024-07-22 |sprache=en}}</ref> Etwa 100 weitere Stinger sollen in den Iran gelangt sein.<ref>{{Literatur |Autor=[[Steve Coll]] |Titel=Ghost Wars. The Secret History of the CIA, Afghanistan, and bin Laden, from the Soviet Invasion to September 10, 2001. |Verlag=Penguin Books |Ort=New York |Datum=2005 |Sprache=en |ISBN=978-0-14-303466-7 |Seiten=11–12 |Online={{Google Buch |BuchID=ToYxFL5wmBIC |SeitenID=PA11}}}}</ref> Der Verkaufspreis einer Stinger auf dem [[Schwarzmarkt]] betrug zwischen 80.000 und 150.000&nbsp;[[US-Dollar]]. Die [[Taliban]] lehnten 1997 ein Angebot der CIA über den Rückkauf der rund 50 Stinger-Raketen in ihrem Besitz ab.<ref>{{Literatur |Autor=Steve Coll |Titel=Ghost Wars |Ort=New York |Datum=2005 |Sprache=en |Seiten=337–340 |Online={{Google Buch |BuchID=ToYxFL5wmBIC |SeitenID=PA337}}}}</ref> Einige Raketen fielen in den Besitz [[al-Qaida]]s, das [[FBI]] erfuhr jedoch aus Verhören von [[Osama bin Laden]]s langjährigem Leibwächter Abu Jandal im September 2001, dass ihnen die für den Einsatz notwendigen BCU-Kartuschen fehlten.<ref>{{Literatur |Autor=[[Peter Bergen]] |Titel=Die Jagd auf Osama Bin Laden. Eine Enthüllungsgeschichte |Verlag=Deutsche Verlags-Anstalt |Ort=München |Datum=2012 |ISBN=978-3-421-04551-5 |Seiten=48 |Online={{Google Buch |BuchID=Ru3ynPXCooAC |SeitenID=PT36}} |Originaltitel=Manhunt. The Ten-Year Search for Bin Laden – from 9/11 to Abbottabad |Originaljahr=2012 |Originalort=New York |Originalsprache=en}}</ref>

=== Bürgerkrieg in Angola ===
Im Zuge des [[Bürgerkrieg in Angola#Nach der Unabhängigkeit|Bürgerkrieges in Angola]] belieferte ab 1986 das Kabinett Reagan die [[UNITA]] mit FIM-43 Redeye und FIM-92 Stinger. Ausbilder der CIA waren in [[Jamba (Cuando Cubango)|Jamba]] stationiert. Abschusszahlen liegen keine vor.<ref name="zaloga2" /><ref>{{Literatur |Autor=[[Odd Arne Westad]] |Titel=The Global Cold War. Third World Interventions and the Making of Our Times |Verlag=Cambridge University Press |Ort=New York |Datum=2007 |Sprache=en |ISBN=978-0-521-70314-7 |Online={{Google Buch |BuchID=QhFZHRpQdu4C |Seite=356}} |Seiten=356}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Piero Gleijeses |Titel=Visions of Freedom. Havana, Washington, Pretoria, and the Struggle for Southern Africa, 1976–1991 |Verlag=The University of North Carolina Press |Ort=Chapel Hill |Datum=2013 |Sprache=en |ISBN=978-1-4696-0968-3 |Seiten=309 |Online={{Google Buch |BuchID=eY74AAAAQBAJ |Seite=309}}}}</ref>

=== Libysch-Tschadischer Grenzkrieg ===
Im [[Libysch-Tschadischer Grenzkrieg|Libysch-Tschadischen Grenzkrieg]] 1978–1987 setzten französische Truppen sowie später die [[Streitkräfte des Tschad]] die FIM-92 Stinger ein. Dabei wurden die Streitkräfte des Tschad unter [[Hissène Habré]] wiederum von der CIA mit der Stinger beliefert. Im Laufe des Konfliktes soll der Abschuss einer libyschen [[Lockheed C-130|C-130 „Hercules“]], einer [[Suchoi Su-22|Su-22 „Fitter“]] sowie einer [[Mikojan-Gurewitsch MiG-23|MiG-23 „Flogger“]] gelungen sein.<ref name="eth2" /><ref name="zaloga2" /><ref>{{Literatur |Autor=[[Tim Weiner]] |Titel=[[CIA: Die ganze Geschichte|CIA. Die ganze Geschichte.]] |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2008 |ISBN=978-3-10-091070-7 |Originaltitel=Legacy of Ashes. The History of the CIA. |Originaljahr=2007 |Originalort=New York |Originalsprache=en |Seiten=506}}</ref>

=== Tadschikischer Bürgerkrieg ===
Im [[Tadschikischer Bürgerkrieg|Tadschikischen Bürgerkrieg]] soll es der Opposition 1993 gelungen sein, eine russische [[Suchoi Su-24|Su-24 „Fencer“]] mit einer FIM-92 Stinger abzuschießen.<ref name="hrw">Hrw.org: ''[https://www.hrw.org/reports/Tajik93D.pdf In the Wake of Civil War]''</ref>

=== Bürgerkrieg in Sri Lanka ===
Im [[Bürgerkrieg in Sri Lanka]] soll es den [[Liberation Tigers of Tamil Eelam]] gelungen sein, mit einer FIM-92 Stinger eine Mi-24 „Hind“ abzuschießen.<ref name="foreignpolicy" />

=== Kargil-Krieg ===
Während des [[Kargil-Krieg]]s 1999 wurde ein indischer Kampfhubschrauber mit einer FIM-92 Stinger abgeschossen.<ref>{{Literatur |Autor=[[Dietmar Rothermund]] |Titel=Krisenherd Kaschmir. Der Konflikt der Atommächte Indien und Pakistan |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2002 |ISBN=3-406-494242 |Seiten=103 |Online={{Google Buch |BuchID=0mx0V3z0a7sC |SeitenID=PA103}}}}</ref>

=== Bürgerkrieg in Syrien ===
Im [[Bürgerkrieg in Syrien seit 2011|Bürgerkrieg in Syrien]] setzt die [[Freie Syrische Armee]] die FIM-92 Stinger ein. Abschusszahlen liegen keine vor.<ref name="twz">Twz.com: ''[https://www.twz.com/32394/turkey-strikes-back-and-calls-for-no-fly-zone-after-its-troops-die-in-syria-airstrikes Turkey Strikes Back And Calls For No-Fly-Zone After Its Troops Die In Syria Airstrikes]''</ref>

=== Russisch-Ukrainischer Krieg ===
[[Datei:UA anti-air battalion of 30th bgd 05.jpg|mini|Ukrainischer Soldat mit einer Stinger während dem Russisch-Ukrainischen Krieg]]
Im [[Russisch-Ukrainischer Krieg|Russisch-Ukrainischen Krieg]] setzen die [[Ukrainische Streitkräfte|Ukrainischen Streitkräfte]] neben anderen MANPADS auch die FIM-92 Stinger ein. Bis zum 7. März 2022 lieferten mehrere westliche Staaten, unter anderem die USA, [[Lettland]] sowie die [[Niederlande]], insgesamt 2.000 FIM-92 Stinger an die Ukraine.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Oren Liebermann |url=https://edition.cnn.com/2022/03/06/politics/mark-milley-ukraine-military-assistance/index.html |titel=At a secret airfield in Eastern Europe, a multinational effort to send weapons to Ukraine proceeds at high speed |werk=cnn.com |datum=2022-03-07 |sprache=en |abruf=2022-09-03}}</ref> Deutschland lieferte 500 FIM-92 Stinger aus Beständen der [[Bundeswehr]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514 |titel=Militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine |werk=bundesregierung.de |datum=2022-08-31 |sprache= |abruf=2022-09-03}}</ref>

== Stinger in Deutschland und der Schweiz ==
=== Deutschland ===
Die [[Bundeswehr]] verfügt seit dem Ende der 1990er-Jahre über etwa 4.400 Stück dieser Flugabwehrwaffen und setzt sie in allen drei [[Teilstreitkraft|Teilstreitkräften]] ein:
* [[Heer (Bundeswehr)|Heer]]: in der [[Heeresflugabwehrtruppe]] in Fliegerfaust-Trupps bei Panzerflugabwehrgruppen und leichten Flugabwehrbatterien (auch Sprungeinsatz). Die [[Heeresfliegertruppe (Bundeswehr)|Heeresflieger]] verwenden die Stinger an Bord des Kampfhubschraubers Eurocopter Tiger.
* [[Luftwaffe (Bundeswehr)|Luftwaffe]]: als Lenkflugkörper auf dem Waffenträger [[Wiesel 2 Ozelot|Ozelot]] (Variante des Wiesel 2)<ref>{{Internetquelle|url=http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYs7DoMwEAVvtGtTIEgXRJG0oSBO5xiLrOQPWi3Q5PCxi7yRphk9fGEh2YNWK5STDfhE4-jyPiGcYNl96Eh-h0bpBqL1ONfD4sHl5KVafBIqXtlKZtgyS6hlZy4FaEGj9DioVv2nv9009TfT9e14Hx64xXj9AXWy0KU!/|titel=Unikatverband Flugabwehrgruppe in voller Verantwortung|werk=www.luftwaffe.de|zugriff=2016-08-07}}</ref>
* [[Deutsche Marine|Marine]]: Fliegerfaust-Trupps zum Schutz von Booten und Landeinrichtungen. In der deutschen Version wird die Stinger ohne das IFF-Gerät eingesetzt, weshalb die faltbare Antenne fehlt.

Die Stinger hatte 1980 ihren Produktionsbeginn in den [[Vereinigte Staaten|USA]]. Die Produktion in Europa begann 1989, seitdem wird die Stinger in verschiedenen Versionen in einer Reihe von Ländern unter Lizenz gefertigt. In Deutschland war dies die Dornier GmbH, heute Teil von Airbus Defence and Space. Die ersten ''Fliegerfäuste 2 Stinger'' liefen 1992 Truppenteilen des Deutschen Heeres zu. Gebaut wurden die Stinger für die Bundeswehr und weitere Staaten, darunter auch die Türkei, bei [[EADS]] (früher [[Dornier-Werke|Dornier]]) in [[Immenstaad am Bodensee|Immenstaad]].

=== Schweiz ===
Die [[Schweizer Armee]] prüfte 1984 erstmals näher den Vorschlag, das Stinger-System zu beschaffen. Die ''FIM-92A/B Stinger'' erschien aber verbesserungswürdig und mit der Beschaffung wurde abgewartet. In den Jahren 1988/89 kam dieses Vorhaben wieder auf den Tisch&nbsp;– mit Erfolg für die Stinger. Bei Versuchen der [[Gruppe für Rüstungsdienste]] setzte sich die ''FIM-92C Stinger RMP'' in den meisten Belangen gegen die französische [[Mistral (Rakete)|Mistral]], die schwedische [[Robotsystem 70|RBS-70]] sowie die britische [[Starstreak HVM|Starstreak]] durch. Mit dem Rüstungsprogramm 1989 wurde die Beschaffung von 3.500 Stinger-Lenkflugkörpern und rund 492 dazugehörige Startgeräte beschlossen.<ref>Trade Register auf [http://www.sipri.org sipri.org], abgerufen am 31. Oktober 2011</ref> Das Auftragsvolumen belief sich auf 484 Mio. [[Schweizer Franken|CHF]].<ref name="rp1989">Admin.ch: ''[https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/1989/2_113__/de Botschaft über die Beschaffung von Rüstungsmaterial (Rüstungsprogramm 1989) vom 5. April 1989]'' (PDF)</ref> Im Jahr 1990 wurde das sogenannte „Kernteam Stinger“ geschaffen und für Versuche nach [[New Mexico]] geschickt. In dieser Zeit wurden auch die ersten [[Lehrer|Instruktoren]] ausgebildet. Da es in der Schweiz Tradition ist, jedes Waffensystem nicht einzukaufen, sondern in Lizenz zu fertigen, wurden die Schweizer Stinger-Systeme zu anfänglich 40 und später zu 60 % bei dem [[Eidgenössisches Flugzeugwerk|Eidgenössischen Flugzeugwerk Emmen]] (heute [[RUAG]]) gebaut.<ref name="rp1989" /> 1993 wurde auf dem Waffenplatz [[Militärflugplatz Payerne|Waffenplatz Payerne]] die erste Stinger-[[Schweizer Armee#Rekrutenschule|Rekrutenschule]] durchgeführt. In der Schweizer Armee ersetzten die Stinger-Systeme die ''20 mm Fliegerabwehrkanone 54''.

Im Jahr 2000 beschaffte die Schweiz eine unbekannte Anzahl ''AN/PAS-18 Stinger Night Sight'' (SNS). Mit diesem [[Nachtsichtgerät]] wird das Stinger-System bedingt nachtkampftauglich.

Seit 2004 stehen den Stinger-Einheiten 30 mobile [[Suchradar|Überwachungsradars]] vom Typ ''P-STAR ER'' der Firma [[Lockheed Martin|Lockheed-Martin]] zur Verfügung. Dieses hat eine Erfassungsreichweite bis 35&nbsp;km und ermöglicht eine Luftraumüberwachung bis in eine Höhe von 3&nbsp;km. P-STAR ER wiegt 180&nbsp;kg und kann von einem [[Mercedes-Benz G-Klasse|Puch-300]] oder [[Mowag Duro|Duro]] transportiert werden. Für das Erstellen der Betriebsbereitschaft benötigen zwei Mann rund 15&nbsp;Minuten.<ref>Microwavejournal.com: ''[https://www.microwavejournal.com/articles/4629-swiss-award-portable-radars-contract-to-lockheed-martin Swiss Award Portable Radars Contract to Lockheed Martin]''</ref> In der Schweizer Armee trägt das Radar die Bezeichnung ''ALERT''.

Das Schießen mit den Stinger-Lenkflugkörpern ist aufgrund einer fehlenden Schießplatzinfrastruktur mit den notwendigen Sicherheitsdistanzen in der Schweiz nicht möglich. Daher werden in unregelmäßigen Abständen Testschiessen in der [[Türkei]] sowie auf der [[NATO Missile Firing Installation]] auf [[Kreta]] durchgeführt.<ref>Admin.ch: ''[https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-41488.html Schweizer Fliegerabwehr trainiert auf Kreta (GR)]''</ref><ref>Admin.ch: ''[https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84906.html Kontrollschiessen mit Stinger-Lenkwaffen in der Türkei]''</ref>

== Nutzerstaaten ==
* {{Afghanistan}} – unbekannte Anzahl FIM-92A
* {{Angola}} – unbekannte Anzahl FIM-92A
* {{Ägypten}} – 1.464 FIM-92A/E
* {{Bahrain}} – 70 FIM-92A
* {{Chile}} – 378 FIM-92E
* {{Dänemark}} – 840 FIM-92A/C/E
* {{Deutschland}} – 4.400 FIM-92A/C/D/K
* {{Finnland}} – 1.150 FIM-92C/E/K
* {{Frankreich}} – 50 FIM-92A
* {{Griechenland}} – 3.367 FIM-92A/C/D
* {{Indien}} – 568 FIM-92C/H/L
* {{Irak}} – 881 FIM-92C/H
* {{Iran}} – unbekannte Anzahl FIM-92A
* {{Israel}} – 344 FIM-92A/C
* {{Italien}} – 786 FIM-92A/F/K
* {{Japan}} – 937 FIM-92A
* {{Katar}} – 295 FIM-92A/H
* {{Kuwait}} – unbekannte Anzahl FIM-92A/C
* {{Libanon}} – unbekannte Anzahl FIM-92A
* {{Litauen}} – 62 FIM-92E
* {{Kolumbien}} – 60 FIM-92C
* {{Marokko}} – 200 FIM-92H
* {{Niederlande}} – 2.246 FIM-92A/C/D/K
* {{Oman}} – 266 FIM-92E
* {{Pakistan}} – 150 FIM-92A
* {{Philippinen}} – 200 FIM-92H
* {{Polen}} – 508 FIM-92K
* {{Portugal}} – 30 FIM-92C
* {{Saudi-Arabien}} – 600 FIM-92A/C
* {{Schweiz}} – 3.500 FIM-92C
* {{Spanien}} – unbekannte Anzahl FIM-92C
* {{Sri Lanka}} – unbekannte Anzahl FIM-92A
* {{Südkorea}} – 1.233 FIM-92A/H
* {{Taiwan}} – 2.473 FIM-92C/D/F
* {{Tschad}} – 30 FIM-92A
* {{Türkei}} – 5.359 FIM-92A/C/E
* {{Ukraine}} – >2.500 im Rahmen der [[Liste von Auslandshilfen für die Ukraine seit 2014|Auslandshilfen für die Ukraine]] aus [[NATO]]-Beständen geliefert.<ref name=":0" />
* {{Vereinigtes Königreich}} – 386 FIM-92A/D
* {{Vereinigte Staaten}} – unbekannte Anzahl aller Ausführungen
* {{Zypern}} – unbekannte Anzahl FIM-92C/E

Quellen:<ref name="janes" /><ref name="eth2" /><ref name="dsca" /><ref name="sipri">{{Internetquelle |url=http://www.sipri.org/ |titel=SIPRI Arms Transfers Database |werk=sipri.org |hrsg=Stockholm International Peace Research Institute |abruf=2020-11-25 |sprache=en}}</ref><ref name="mb2024">{{Literatur|Autor= The International Institute for Strategic Studies (IISS) |Titel=The Military Balance 2024|Verlag=Routledge|Auflage=1|Ort=London|Datum=2024|Sprache=en|ISBN=978-1-032-78004-7|Seiten=|Kommentar=Stand: Januar 2024}}</ref>

== Galerie ==
<gallery mode="packed">
Datei:FIM-92 seeker DSCN4271.JPG|Der bewegliche Zielsuchkopf eines Stinger-Lenkflugkörpers
Datei:22nd MEU LAAD practices target tracking aboard USS Bataan 140508-M-HZ646-014.jpg|''Trainer-BCU-Kartusche'' wird in das Griffstück eines ''M134 Stinger Tracking Trainers'' eingesetzt
Datei:Flickr - The U.S. Army - Guard air defense units protect nation's capital cropped.jpg|Durch Vibrationen am [[Jochbein]] wird dem Schützen die Zielerfassung auch bei starkem Lärm gemeldet
Datei:Stinger Missile Team.JPEG|FIM-92 Stinger mit ausgefalteter [[Freund-Feind-Erkennung|IFF]]-Antenne
Datei:Stinger cold weather - winter warfare tests at Fort Greely, Alaska.jpg|US-Soldat testet 1978 eine Stinger unter winterlichen Wetterbedingungen in Alaska
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== Literatur ==
* Christopher Chant: ''Air Defense Systems and Weapons: World AAA and Sam Systems in the 1990s.'' Brassey’s Defence Publishers, Vereinigtes Königreich, 1989, ISBN 0-08-036246-X.
* Edward L. Korb: ''The World's Missile Systems. Seventh Edition.'' General Dynamics, Pomona Division, Vereinigte Staaten, 1982.
* Duncan Lennox: ''Jane’s Air launched Weapon, Edition 1997.'' [[Jane’s Information Group]], Vereinigtes Königreich, 1997, ISBN 978-0-7106-0866-6.
* Edward R. Hooton: ''Jane’s Naval Systems 1997.'' Jane’s Information Group, Vereinigtes Königreich, 1996, ISBN 0-7106-0893-4.
* Günter Wollert, Reiner Lidschun, [[Wilfried Kopenhagen]]: ''Schützenwaffen – Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt, Band 1 & 2.'' Brandenburgisches Verlagshaus, Deutschland, 1999, ISBN 978-3-89488-059-0.
* Steven J. Zaloga: ''Infantry Antiaircraft Missiles, Man-Portable Air Defense Systems.'' Osprey Publishing, Vereinigtes Königreich, 2023, ISBN 978-1-4728-5343-1.
* Tony Cullen & [[Christopher F. Foss]]: ''Jane’s Land-based Air-Defence, Edition 2002–2003.'' Jane’s Information Group, Vereinigtes Königreich, 2001, ISBN 0-7106-2437-9.

== Weblinks ==
{{commons|FIM-92 Stinger}}
* [https://armyrecognition.com/military-products/army/air-defense-systems/man-portable-air-defense-systems/stinger-fim-92-united-states-uk FIM-92 Stinger bei armyrecognition.com]
* [https://www.warhistoryonline.com/instant-articles/fim-92-stinger.html FIM-92 Stinger bei warhistoryonline.com]
* [https://www.youtube.com/watch?v=84mehH8nKFk FIM-92 Stinger Anti-Aircraft Missile System, 1980s Promotional Film – Film bei youtube.com]
* [https://www.youtube.com/watch?v=T-aQQdRx3H8 FIM-92 STINGER Surface-To-Air MISSILE IN ACTION; Firing Exercise Target Training – Film bei youtube.com]
* [https://web.archive.org/web/20160304191927/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/waff/flug/stin Zusammenfassung der Bundeswehr zur Fliegerfaust 2 Stinger] (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)

== Einzelnachweise ==
<references />

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