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„Zwillingsparadoxon“ – Versionsunterschied

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Problem der Umkehr: Uhren an Bord der Rakete bleiben synchron, da permanent im selben Bezugsystem ruhend..
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Im Zahlenbeispiel des nebenstehenden Bildes sieht der reisende Zwilling, bedingt durch eine Kombination von relativistischen Effekten und Laufzeiteffekten, den irdischen zunächst in 4 Jahren um 2 Jahre altern und in weiteren 4 Jahren um 8 Jahre, insgesamt also um 10 Jahre. Der irdische Zwilling sieht entsprechend den Reisenden zunächst in 8 Jahren um 4 Jahre altern und anschließend in 2 Jahren um 4 Jahre, insgesamt also um 8 Jahre.
Im Zahlenbeispiel des nebenstehenden Bildes sieht der reisende Zwilling, bedingt durch eine Kombination von relativistischen Effekten und Laufzeiteffekten, den irdischen zunächst in 4 Jahren um 2 Jahre altern und in weiteren 4 Jahren um 8 Jahre, insgesamt also um 10 Jahre. Der irdische Zwilling sieht entsprechend den Reisenden zunächst in 8 Jahren um 4 Jahre altern und anschließend in 2 Jahren um 4 Jahre, insgesamt also um 8 Jahre.

=== Problem der Umkehr ===

Bei der Umkehr des Reisenden entsteht ein weiterer scheinbarer Widerspruch. Oben wurde gezeigt, dass der Reisende während der Umkehr auf eine schlagartige Alterung des irdischen Zwillings um 3,6 Jahre schließt. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Lichtsignalen, die er empfängt. Denn um diese Schlussfolgerung zu ziehen, müssten die drei in dieser Zeit vom irdischen Zwilling ausgesandten Lichtsignale nahezu gleichzeitig eintreffen. Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, stellt sich also die Frage, was ihn zu dieser Interpretation des sprungartigen Alterns des irdischen Zwillings bringt. Grund ist ein Uhrenproblem innerhalb des Bezugssystems des Reisenden. Sobald sich dieser nach der Umkehr auf dem Rückweg zur Erde befindet, wird er bemerken, dass die im vorderen Teil der Rakete befindlichen Uhren nicht mehr synchron zu den Uhren im hinteren Teil laufen, obwohl alle Uhren vor der Umkehr synchronisiert waren. Bei der Neusynchronisation muss er diejenigen Uhren, die sich näher zur Erde befinden, umso mehr nachstellen, je weiter vorn sie sich Richtung Erde befinden. Extrapoliert er den zunehmenden Zeitversatz der Uhren bis hin zur Erde, so entspricht er dort ganzen 3,6 Jahren. Diesen Messfehler seines eigenen Bezugssystems muss er bei den folgenden eintreffenden Zeitsignalen berücksichtigen, um den korrekten Aussendezeitpunkt berechnen zu können. Er wird dann rückschließen, dass mehrere Zeitsignale aus der kurzen Zeit während seiner Umkerbeschleunigung stammen müssen. Folglich scheint für ihn der irdische Zwilling in dieser sehr kurzen Zeit tatsächlich um 3,6 Jahre gealtert zu sein. Die Tatsache, dass die kurz hintereinander ausgesandten Lichtsignale nicht nahezu gleichzeitig bei ihm eintreffen, sondern deutlich zeitlich versetzt, interpretiert der Reisende als ein Uhrenproblem seines eigenen beschleunigten Bezugssystems. Bei konsequenter Anwendung des Relativitätsprinzips muss er jedoch davon ausgehen, dass die sprunghafte Alterung des irdischen Bruders nichts mit seiner Umkehr zu tun hat und muss diese Beobachtung als wahr hinnehmen.


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 31. Juli 2012, 23:20 Uhr

Das Zwillingsparadoxon (oder Uhrenparadoxon) ist ein Gedankenexperiment, das einen scheinbaren Widerspruch in der speziellen Relativitätstheorie beschreibt. Danach fliegt einer von zwei Zwillingen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit zu einem fernen Stern und kehrt anschließend mit derselben Geschwindigkeit wieder zurück. Während der Flugphasen altert der jeweils andere Zwilling als Folge der Zeitdilatation langsamer. Nach der Rückkehr auf der Erde stellt sich aber heraus, dass der dort zurückgebliebene Zwilling älter geworden ist als der gereiste.

Überblick

Gemäß der relativistischen Zeitdilatation geht eine Uhr, die zwischen zwei synchronisierten Uhren von A nach B bewegt wird, gegenüber den synchronisierten Uhren nach. Zusätzlich wies Albert Einstein im Jahre 1905 darauf hin, dass das auch der Fall ist wenn die Uhr zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Das bedeutet, wenn eine Uhr sich von einem beliebigen Punkt entfernt und dann wieder dorthin zurückkehrt, geht sie gegenüber einer die ganze Zeit an diesem Punkt verbliebenen Uhr nach.[1] 1911 dehnte Einstein diese Überlegung auf lebende Organismen aus:[2]

„Wenn wir z. B. einen lebenden Organismus in eine Schachtel hineinbrächten und ihn dieselbe Hin- und Herbewegung ausführen liessen wie vorher die Uhr, so könnte man es erreichen, dass dieser Organismus nach einem beliebig langen Fluge beliebig wenig geändert wieder an seinen ursprünglichen Ort zurückkehrt, während ganz entsprechend beschaffene Organismen, welche an den ursprünglichen Orten ruhend geblieben sind, bereits längst neuen Generationen Platz gemacht haben. Für den bewegten Organismus war die lange Zeit der Reise nur ein Augenblick, falls die Bewegung annähernd mit Lichtgeschwindigkeit erfolgte! Dies ist eine unabweisbare Konsequenz der von uns zugrunde gelegten Prinzipien, die die Erfahrung uns aufdrängt.“

Die Zeitdilatation selbst ist gemäß dem Relativitätsprinzip symmetrisch. Das heißt, jeder sollte die Uhr des anderen als bewegt und somit deren Gangrate als verlangsamt betrachten können. Daraus ergibt sich die Frage, warum die am selben Ort verharrende Uhr nicht aus Sicht der zurückkehrenden Uhr beim Zusammentreffen nachgeht. Das würde einen Widerspruch ergeben, denn beim Zusammentreffen können die Zeigerstellungen beider Uhren nicht jeweils gegenüber der anderen nachgehen. Diese Problemstellung wurde 1911 von Paul Langevin korrekt beantwortet. 1911/13 gelang es Max von Laue die Erklärung von Langevin mit Hilfe Minkowski-Diagrammen sehr viel klarer und anschaulicher darzustellen.[3][4][5]

Das Paradoxon beruht auf intuitiven, aber unzulässigen Annahmen über das Wesen der Zeit, wie beispielsweise der Gleichzeitigkeit. Insbesondere wird dabei der Richtungswechsel am Umkehrpunkt der Reise ignoriert. Durch diese Umkehr sind die beiden Zwillinge nicht gleichwertig, sondern ein Beobachter wechselt sein Inertialsystem, wodurch sich für ihn die Beurteilung der Gleichzeitigkeit der Ereignisse ändert. Hingegen für den anderen Zwilling ändert sich nichts, sodass bei diesem die Betrachtung der reinen Zeitdilatation das richtige Endergebnis liefert. Für den Altersunterschied der Zwillinge ist neben der Relativgeschwindigkeit vor allem die zwischen den Richtungsänderungen zurückgelegte Distanz von Bedeutung. Da die Dauer der Beschleunigung während der Umkehr im Vergleich zur Reisezeit bei gleichförmiger Bewegung beliebig klein gehalten werden kann, ist sie von vernachlässigbarer Bedeutung für die Größe des Altersunterschieds. So liefert auch der Fall, bei dem beim Umkehrpunkt lediglich die Uhrzeit per Funksignal auf einen anderen, entgegenkommenden Beobachter übertragen wird, dasselbe Ergebnis wie im Fall mit vernachlässigbar kurzer Dauer der Beschleunigung.

In der Relativitätstheorie werden Raum und Zeit zur sogenannten Raumzeit vereinigt. Jeder Reisende beschreibt in ihr eine Kurve, deren Länge die Zeit repräsentiert, die für ihn dabei vergeht. Im dreidimensionalen Raum ist eine gerade Strecke im Raum die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, die ein Reisender zurücklegen kann. Hingegen in der vierdimensionalen Raumzeit ist eine Gerade zwischen gegebenen Punkten auf einer Weltlinie (die Eigenzeit der jeweiligen Uhr) die zeitlich längste aller möglichen Reiserouten. Beispielsweise wenn beide Zwillinge Richtungsänderungen vornehmen, muss das Verhältnis von Richtungsänderungen und zurückgelegten Distanzen auf den Weltlinien der Beobachter berücksichtigt werden.[6]

Der Nachweis der Zeitdilatation ist in Teilchenbeschleunigern bereits Routine, und auch eine Zeitdifferenz in der Art des Zwillingsparadoxons (also mit Hin- und Rückflug) wurde bei Speicherringen, wo Myonen mehrmals auf einer kreisförmigen Bahn zum Ausgangsort zurück kamen, nachgewiesen, siehe Zeitdilatation bewegter Teilchen. Und durch Vergleich zweier Atomuhren konnte dieser Effekt auch in Verkehrsflugzeugen in bester Übereinstimmung mit der Vorhersage der Relativitätstheorie nachgewiesen werden. Bei diesem Hafele-Keating-Experiment spielen jedoch auch die Erdrotation und Effekte der allgemeinen Relativitätstheorie eine Rolle.[7]

Auflösung des Zwillingsparadoxons

Zur Auflösung des Zwillingsparadoxons im Detail sind folgende zwei Fragen zu beantworten:

  • Wie kommt es, dass jeder Zwilling den jeweils anderen langsamer altern sieht?
  • Wieso erweist sich der auf der Erde zurückgebliebene Zwilling nach der Reise als der ältere?

Das wechselseitig langsamere Altern der Zwillinge

Zur Beantwortung der ersten Frage betrachte man, wie der Zwilling auf der Erde überhaupt feststellt, dass der fliegende langsamer altert. Dazu vergleicht er die Anzeige auf einer Uhr, die der fliegende Zwilling mit sich führt, mit zwei ruhenden Uhren, die sich am Anfang und am Ende einer bestimmten Teststrecke befinden, die der fliegende Zwilling passiert. Dazu müssen diese beiden Uhren aus der Sicht des ruhenden Zwillings natürlich auf die gleiche Zeit eingestellt worden sein. Der fliegende Zwilling liest zwar bei den Passagen dieselben Uhrstände ab wie der ruhende, er wird aber einwenden, dass seiner Ansicht nach die Uhr am Ende der Teststrecke im Vergleich zu der am Anfang vorgeht. Der gleiche Effekt tritt auf, wenn der fliegende Zwilling analog das Altern des irdischen mit zwei Uhren beurteilt.

Ursache ist der Umstand, dass es nach der Relativitätstheorie keine absolute Gleichzeitigkeit gibt. Die Gleichzeitigkeit von Ereignissen an verschiedenen Orten und damit auch die angezeigte Zeitdifferenz von zwei dortigen Uhren wird von Beobachtern, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen, unterschiedlich beurteilt. Eine genaue Betrachtung der Verhältnisse zeigt, dass die wechselseitige Einschätzung einer Verlangsamung der Zeit daher nicht zu einem Widerspruch führt. Hilfreich sind dazu die vergleichsweise anschaulichen Minkowski-Diagramme, über die sich dieser Sachverhalt grafisch und ohne Formeln nachvollziehen lässt.

Die wechselseitige Verlangsamung steht in Einklang mit dem Relativitätsprinzip, das besagt, dass alle Beobachter, die sich mit konstanter Geschwindigkeit gegeneinander bewegen, völlig gleichberechtigt sind. Man spricht von Inertialsystemen, in denen sich diese Beobachter befinden.

Das unterschiedliche Altern der Zwillinge

Variante mit Beschleunigungsphasen

Zur Beantwortung der zweiten Frage ist die Abbrems- beziehungsweise Beschleunigungsphase zu betrachten, die für die Rückkehr des fliegenden Zwillings erforderlich ist. Während dieser Phase vergeht nach Einschätzung des fliegenden Zwillings die Zeit auf der Erde schneller. Der dort zurückgebliebene Zwilling altert dabei soweit nach, dass er trotz des langsameren Alterns während der Phasen mit konstanter Geschwindigkeit im Endergebnis der Ältere ist, so dass sich auch aus der Sicht des fliegenden Zwillings kein Widerspruch ergibt. Das Ergebnis nach der Rückkehr steht auch nicht im Widerspruch zum Relativitätsprinzip, da die beiden Zwillinge aufgrund der Beschleunigung, die nur der fliegende erfährt, bezüglich der Gesamtreise nicht als gleichwertig betrachtet werden können.

Ursache dieser Nachalterung ist wiederum die Relativität der Gleichzeitigkeit. Während der Beschleunigung wechselt der fliegende Zwilling gewissermaßen ständig in neue Inertialsysteme. In jedem dieser Inertialsysteme ergibt sich jedoch für den Zeitpunkt, der gleichzeitig auf der Erde herrscht, ein anderer Wert und zwar derart, dass der fliegende Zwilling auf eine Nachalterung des irdischen schließt. Je weiter sich die Zwillinge voneinander entfernt haben, umso größer ist dieser Effekt.

Weg-Zeit-Diagramm für v = 0,6 c. Der Zwilling auf der Erde bewegt sich auf der Zeitachse von A1 nach A4. Der reisende Zwilling nimmt den Weg über B. Linien der Gleichzeitigkeit aus der Sicht des reisenden Zwillings sind für die Hinreise rot und für die Rückreise blau eingezeichnet. Die Punkte auf den Reisewegen markieren jeweils ein Jahr Eigenzeit.

Die Verhältnisse sind im dargestellten Weg-Zeit-Diagramm einer Reise von A nach B und wieder zurück mit 60 % der Lichtgeschwindigkeit c dargestellt. Die Bahn des zurückbleibenden Zwillings verläuft entlang der Zeitachse von A1 nach A4, der fliegende nimmt den Weg über B. Jede horizontale Linie im Diagramm entspricht Ereignissen, die aus der Sicht des Zwillings auf der Erde gleichzeitig erfolgen. Der fliegende Zwilling dagegen schätzt beim Hinflug alle Ereignisse auf den roten Linien als gleichzeitig ein und beim Rückflug die auf den blauen. Unmittelbar vor seiner Ankunft am Ziel B befindet sich der ruhende Zwilling nach Ansicht des fliegenden daher bei A2 und erscheint daher weniger gealtert. Während der Umkehrphase, die hier als so kurz angenommen wurde, dass sie im Diagramm nicht zu erkennen ist, schwenken die Linien der Gleichzeitigkeit für den fliegenden Zwilling, und sein Bruder auf der Erde altert bis zum Punkt A3 nach. Während der Rückreise nach A4 scheint der Zwilling auf der Erde wieder langsamer zu altern. Da die dargestellten Neigungen der Linien der Gleichzeitigkeit nur von der Reisegeschwindigkeit vor und nach der Umkehrphase abhängen, ist die Stärke der Beschleunigung für die Nachalterungszeit nicht relevant.

Der irdische Zwilling spürt von dieser Nachalterung nichts, sondern es handelt sich, wie beschrieben, um einen Effekt, der im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie lediglich die Folge einer Beschreibung der Vorgänge aus unterschiedlichen Koordinatensystemen heraus ist, zwischen denen der reisende Zwilling wechselt. Das wird besonders deutlich, wenn man Ereignisse betrachtet, die in Reiserichtung noch weiter von der Erde entfernt sind als der umkehrende Zwilling. Nach Einschätzung des umkehrenden Zwillings läuft dort ab einem gewissen Abstand die Zeit während der Beschleunigungsphase rückwärts. Die Situation ist vergleichbar mit Objekten in einem gewissen seitlichen Abstand vom Straßenrand, die sich schräg hinter einem Autofahrer befinden, die aber nach einer scharfen Kurve im rechten Winkel plötzlich wieder schräg vor ihm liegen können, so dass er ein zweites Mal an ihnen vorbeifährt. In diesem Fall ist es die Drehung des Bezugssystems des Autos, die diesen Gegenstand scheinbar nach vorne befördert hat.

Bei all diesen Betrachtungen wurde vorausgesetzt, dass die Zwillinge bei ihrer Einschätzung des Geschehens nicht das, was sie unmittelbar sehen, für die gleichzeitig anderswo stattfindende Realität halten, sondern die ihnen bekannte Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes berücksichtigen.

So kann beispielsweise der beschriebene Nachalterungssprung nicht unmittelbar beobachtet werden, da die zugehörigen Lichtsignale, die von A2 und A3 auf der Erde ausgehen, erst während der Rückreise beim reisenden Zwilling eintreffen.

Variante ohne Beschleunigungsphasen

Durch Einführen einer dritten Person lässt sich eine Variante des Zwillingsparadoxons formulieren, die völlig ohne Beschleunigungsphasen auskommt. Diese Variante („Drei-Brüder-Ansatz“) wurde von Lord Halsbury und anderen eingeführt.[8][9] Dies kann realisiert werden, wenn Rakete A die Erde in vernachlässigbar geringem Abstand passiert und beide währenddessen ihre Uhren mit Funksignalen abgleichen. Danach passiert Rakete A einen Stern mit gleich bleibender Geschwindigkeit und trifft dort in vernachlässigbar kurzem Abstand auf eine zweite Rakete B, die gleichzeitig den Stern mit einer gleich großen aber zur Erde gerichteten Geschwindigkeit passiert, wobei A seine Zeit mit Funksignalen auf B überträgt. Wenn nun Rakete B bei der Erde eintrifft, geht auch hier die Raketenuhr gegenüber der Erduhr nach. Die mathematische Behandlung dieses Szenarios und sein Endergebnis sind identisch mit dem zuvor geschilderten. Diese Variante mit drei Personen demonstriert, dass nicht die Dauer der Beschleunigung das Phänomen das Zwillingsparadoxon auflöst (denn diese kann im Vergleich zur inertialen Flugzeit beliebig klein gemacht werden), sondern der Umstand, dass das Geschehen während der Hin- und Rückreise in unterschiedlichen Inertialsystemen stattfindet, in denen die Definition der Gleichzeitigkeit notwendigerweise unterschiedlich ausfällt. Es müssen also immer drei Inertialsysteme vorhanden sein

  • in dem die Erduhr ruht
  • in dem die Raketenuhr während des Hinwegs ruht
  • in dem die Raketenuhr während des Rückwegs ruht.

Im Beispiel mit Beschleunigungen wechselt dieselbe Raketenuhr von nach . Im Beispiel ohne Beschleunigungen bleiben die Raketenuhren in ihren Systemen, und es ist die Information der Uhrzeit am Punkt des Zusammentreffens von A und B, die von nach wechselt.

Zahlenbeispiel

Für eine Hin- und Rückreise mit 60 % der Lichtgeschwindigkeit zu einem Ziel in 3 Lichtjahren Abstand ergeben sich folgende Verhältnisse (siehe obige Grafik): Aus der Sicht des Zwillings auf der Erde sind für Hin- und Rückweg jeweils 5 Jahre erforderlich. Der Faktor für die Zeitdilatation und die Längenkontraktion beträgt 0,8. Das bedeutet, dass der fliegende Zwilling auf dem Hinweg nur um 5 × 0,8 = 4 Jahre altert. Dieser erklärt sich diesen geringeren Zeitbedarf damit, dass die Wegstrecke sich durch die Längenkontraktion bei seiner Reisegeschwindigkeit auf 3 × 0,8 = 2,4 Lichtjahre verkürzt hat. Da nach seiner Einschätzung auf der Erde die Zeit auch langsamer verstreicht, scheint auf der Erde unmittelbar vor seiner Ankunft am fernen Stern lediglich 4 × 0,8 = 3,2 Jahre verstrichen zu sein. Während der Umkehrphase verstreichen aber auf der Erde seiner Ansicht nach zusätzlich 3,6 Jahre. Zusammen mit den 3,2 Jahren auf dem Rückweg sind also auch aus der Sicht des fliegenden Zwillings auf der Erde insgesamt 10 Jahre verstrichen, während er selbst lediglich 8 Jahre gealtert ist.

Austausch von Lichtsignalen

Wege jährlich ausgesandter Lichtsignale. Links Signale, die der irdische Zwilling aussendet und rechts die des Reisenden. Die rot dargestellten empfängt bzw. sendet der Reisende vor der Umkehr und die blauen danach. Aufgrund des relativistischen Doppler-Effektes werden die Signale zunächst mit der halben und später mit der doppelten Frequenz empfangen.

Bisher wurde dargestellt, was die Beobachter unter Berücksichtigung der ihnen bekannten Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes für das reale Geschehen halten. Im Folgenden sei beschrieben, was beide Zwillinge unmittelbar sehen, wenn sie einmal pro Jahr ein Lichtsignal zu ihrem Bruder senden. Die Wege von Lichtsignalen im obigen Weg-Zeit-Diagramm sind Geraden mit einer Neigung von 45°. Bezogen auf dieses Beispiel ergeben sich die nebenstehenden Diagramme.

Zunächst bewegen sich die Zwillinge voneinander weg, so dass die Lichtstrahlen durch den Dopplereffekt rotverschoben sind. Diese Lichtstrahlen sind im Diagramm rot dargestellt. Nach der Hälfte der Reise bewegen sich die Zwillinge aufeinander zu, so dass die Lichtstrahlen blauverschoben werden, daher sind diese Lichtstrahlen im Bild blau dargestellt. Aufgrund des Relativitätsprinzips messen beide Beobachter die gleichen Zeitintervalle zwischen zwei roten Signalen. Ebenso messen beide dieselbe Zeitspanne zwischen zwei blauen Signalen, wobei diese Zeitspanne kürzer ist als die Zeitspanne zwischen zwei roten Signalen, was im Bild sofort klar wird.

Damit führt die Annahme, beide Zwillinge wären nach der Rückkehr gleich alt, so dass beide Zwillinge gleich viele Signale vom anderen empfangen hätten, nun aber zu einem Widerspruch. Denn während der reisende Zwilling am Umkehrpunkt und damit nach der halben Reisezeit sofort die zeitlich komprimierten Signale erhält, erreichen den irdischen Zwilling die gedehnten Signale noch länger. Aufgrund des Relativitätsprinzips bekommt also der Beobachter, der für einen längeren Zeitraum blauverschobene Signale erhält, insgesamt mehr Signale als der andere. Der reisende Zwilling bekommt also mehr Signale als der Zwilling auf der Erde, so dass beide übereinstimmend feststellen, dass der reisende Zwilling langsamer gealtert ist.

Im Zahlenbeispiel des nebenstehenden Bildes sieht der reisende Zwilling, bedingt durch eine Kombination von relativistischen Effekten und Laufzeiteffekten, den irdischen zunächst in 4 Jahren um 2 Jahre altern und in weiteren 4 Jahren um 8 Jahre, insgesamt also um 10 Jahre. Der irdische Zwilling sieht entsprechend den Reisenden zunächst in 8 Jahren um 4 Jahre altern und anschließend in 2 Jahren um 4 Jahre, insgesamt also um 8 Jahre.

Commons: Twin paradox – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik. 322. Jahrgang, Nr. 10, 1905, S. 891–921 (uni-augsburg.de [PDF]).
  2. Einstein, Albert: Die Relativitäts-Theorie. In: Naturforschende Gesellschaft, Zürich, Vierteljahresschrift. 56. Jahrgang, 1911, S. 1–14 (archive.org).
  3. Paul Langevin: L’Évolution de l’espace et du temps. In: Scientia 10, 1911, p. 31–54
  4. Max von Laue: Zwei Einwände gegen die Relativitätstheorie und ihre Widerlegung. In: Physikalische Zeitschrift. 13. Jahrgang, S. 118–120 (archive.org).
  5. Max von Laue: Das Relativitätsprinzip. 2. Ausgabe Auflage. Vieweg, Braunschweig 1913.
  6. Arthur I. Miller: Albert Einstein’s special theory of relativity. Emergence (1905) and early interpretation (1905–1911). Addison-Wesley, Reading 1981, ISBN 0-201-04679-2, S. 257–264.
  7. 1918 beschrieb Albert Einstein das Paradoxon auch mit Hilfe der Allgemeinen Relativitätstheorie. Siehe
    A. Einstein: Dialog über Einwände gegen die Relativitätstheorie, Die Naturwissenschaften, Heft 48, S. 697–702 (1918) (Online-PDF)
  8. Debs, Talal A.; Redhead, Michael L. G.: The twin "paradox" and the conventionality of simultaneity. In: American Journal of Physics. 64. Jahrgang, Nr. 4, 1996, S. 384–392, doi:10.1119/1.18252.
  9. Hermann Bondi: Relativity and Common Sense, Doubleday 1964 (Nachdruck Dover 2008, ISBN 0-486-24021-5), S. 80

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