„Grüneberg (Gesetzeskommentar)“ – Versionsunterschied

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Der '''Palandt''' ist ein nach [[Otto Palandt]] benannter [[Gesetzeskommentar|Kurzkommentar]] zum [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerlichen Gesetzbuch]] (BGB) und einigen [[Nebengesetz]]en. Der erstmals 1938 und in aktualisierter Auflage seit 1949 jährlich erscheinende Kommentar zählt zu den wichtigsten Standardwerken der deutschen [[Rechtswissenschaft]] und zum ständigen Handwerkszeug fast aller [[Jurist]]en im [[Zivilrecht]]. Verlegt wird der Palandt im [[Verlag C. H. Beck]] als 7. Band in der Beck’schen Kurzkommentar-Reihe. In wissenschaftlich umstrittenen Einzelfragen beschränkt sich der Palandt oft auf die Wiedergabe der [[Rechtsprechung]] und der [[Herrschende Meinung|herrschenden Meinung]], was seinem primären Einsatzzweck als einbändiges Handbuch für Praktiker Rechnung trägt. Der Palandt ermöglicht den schnellen Einblick in das jeweils interessierende Rechtsgebiet, ist sehr aktuell und inhaltlich breit angelegt. Andererseits bietet er als Kurzkommentar auf Grund seines begrenzten Umfangs nur ein Mindestmaß an Information, weshalb er häufig lediglich für den Einstieg in eine Falllösung ausreicht. Neben seiner Popularität auf Grund der weiten Verbreitung gilt er als Grundstein im Rahmen der Juristenausbildung und ist in den meisten [[Bundesland (Deutschland)|Bundesländern]] als Hilfsmittel im zweiten juristischen [[Staatsexamen]] zugelassen.
Der '''Palandt''' ist ein nach [[Otto Palandt]] benannter [[Gesetzeskommentar|Kurzkommentar]] zum [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerlichen Gesetzbuch]] (BGB) und einigen [[Nebengesetz]]en. Der erstmals 1938 und in aktualisierter Auflage seit 1949 jährlich erscheinende Kommentar zählt zu den wichtigsten Standardwerken der deutschen [[Rechtswissenschaft]] und zum ständigen Handwerkszeug fast aller [[Jurist]]en im [[Zivilrecht]]. Verlegt wird der Palandt im [[Verlag C. H. Beck]] als 7. Band in der Beck’schen Kurzkommentar-Reihe. In wissenschaftlich umstrittenen Einzelfragen beschränkt sich der Palandt oft auf die Wiedergabe der [[Rechtsprechung]] und der [[Herrschende Meinung|herrschenden Meinung]], was seinem primären Einsatzzweck als einbändiges Handbuch für Praktiker Rechnung trägt. Der Palandt ermöglicht den schnellen Einblick in das jeweils interessierende Rechtsgebiet, ist sehr aktuell und inhaltlich breit angelegt. Andererseits bietet er als Kurzkommentar auf Grund seines begrenzten Umfangs nur ein Mindestmaß an Information, weshalb er häufig lediglich für den Einstieg in eine Falllösung ausreicht. Neben seiner Popularität auf Grund der weiten Verbreitung gilt er als Grundstein im Rahmen der Juristenausbildung und ist in den meisten [[Bundesland (Deutschland)|Bundesländern]] als Hilfsmittel im zweiten juristischen [[Staatsexamen]] zugelassen.

In Anlehnung an die [[Scholastik|scholastische]] Regel {{"|lang=la |Text=quod non est in actis, non est in mundo |Übersetzung=was nicht in den Akten steht, gibt es nicht}} kursiert in Juristenkreisen scherzhaft die Phrase ''{{lang|la|quod non est in Palandto, non est in mundo}}''.


== Sprachgebrauch ==
== Sprachgebrauch ==

Version vom 18. Februar 2021, 13:33 Uhr

Der Palandt ist ein nach Otto Palandt benannter Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und einigen Nebengesetzen. Der erstmals 1938 und in aktualisierter Auflage seit 1949 jährlich erscheinende Kommentar zählt zu den wichtigsten Standardwerken der deutschen Rechtswissenschaft und zum ständigen Handwerkszeug fast aller Juristen im Zivilrecht. Verlegt wird der Palandt im Verlag C. H. Beck als 7. Band in der Beck’schen Kurzkommentar-Reihe. In wissenschaftlich umstrittenen Einzelfragen beschränkt sich der Palandt oft auf die Wiedergabe der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung, was seinem primären Einsatzzweck als einbändiges Handbuch für Praktiker Rechnung trägt. Der Palandt ermöglicht den schnellen Einblick in das jeweils interessierende Rechtsgebiet, ist sehr aktuell und inhaltlich breit angelegt. Andererseits bietet er als Kurzkommentar auf Grund seines begrenzten Umfangs nur ein Mindestmaß an Information, weshalb er häufig lediglich für den Einstieg in eine Falllösung ausreicht. Neben seiner Popularität auf Grund der weiten Verbreitung gilt er als Grundstein im Rahmen der Juristenausbildung und ist in den meisten Bundesländern als Hilfsmittel im zweiten juristischen Staatsexamen zugelassen.

Sprachgebrauch

Um die enorme Informationsmenge, die eine Kommentierung des BGB erfordert, in nur einem Band unterbringen zu können – die 79. Auflage des Palandt hat einen Umfang von rund 3400 Seiten im Dünndruck und liegt an der Grenze der Handhabbarkeit –, bedient sich der Palandt einer besonderen Kodierung, die fast jedem längeren Wort eine Abkürzung zuweist.

Beispiel

Abgekürzte Formulierung:

„Formzwang. Er ergreift grdsätzl jede Änderg u jede Verlängerg des MietVertr, wenn der Vertr (unter Einschl der Änd) noch länger als ein J laufen soll (hM), […]“

63. Aufl., Kommentierung zum BGB § 550 Rn. 16

Ausgeschriebene Formulierung:

„Der Formzwang ergreift grundsätzlich jede Änderung und jede Verlängerung des Mietvertrags, wenn der Vertrag (unter Einschluss der Änderungen) noch länger als ein Jahr laufen soll (so die herrschende Meinung), […]“

Die Abkürzung gängiger Begriffe ist in Kurzkommentaren üblich. Besonderheit beim Palandt ist die gesteigerte Anwendung dieser Abkürzungen. Beim Zitieren entsprechender Passagen wird üblicherweise die ausgeschriebene Formulierung verwendet.

Entstehungsgeschichte

Vorgänger des Palandt in der Reihe Kurzkommentare, Band 7, BGB, Loening – Basch – Straßmann, bereits vom Verlag C.H.Beck übernommen, ca. ab 1933 (innen: Ausgabe Verlag Otto Liebmann 1931).
Palandt, BGB, Beck’sche Kurzkommentare Band 7, 7. Auflage 1949

Die Entstehung des Palandt vollzog sich in der Zeit der NS-Diktatur. Die Beck’schen Kurzkommentare basierten auf den vom jüdischen Juristen und Verleger Otto Liebmann[1] begründeten Liebmann’schen Taschen- bzw. Kurz-Kommentaren. Band 7, die Erläuterungen zum BGB, stammen von zwei jüdischen und einem für „halbjüdisch“ gehaltenen Juristen (Otto Loening, Landgerichtsdirektor in Berlin, sowie James Basch und Ernst Straßmann, beide Landgerichtsräte in Berlin).[2]

Nachdem der neue Kommentar von acht Autoren verfasst worden war, verstarb 1938 noch vor der Veröffentlichung bei einem Autounfall der vom Beck-Verlag als Herausgeber vorgesehene Gustav Wilke, persönlicher Referent Franz Schlegelbergers. Ihn ersetzte Otto Palandt, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes und Mitglied der Akademie für Deutsches Recht, der zu dem fortan nach ihm benannten Werk in den ersten zehn Auflagen die Einleitung und die Generalredaktion beisteuerte. Die erste Auflage, die im Jahr 1939 mit einer Auflage von 5.000 Exemplaren erschien, verbuchte „einen in der Geschichte des juristischen Verlagsbuchhandels einzig dastehende[n] Erfolg.“[2] Die zweite Auflage folgte noch im gleichen Jahr.

Nach 1945 wurde der Palandt konzeptionell unverändert und ohne größere personelle Brüche weitergeführt; die vielen antisemitischen und anderweitig NS-ideologischen Passagen wurden in den ersten Nachkriegsauflagen durch lapidare Korrekturen ersetzt. So wurden in der 4. Auflage von 1941 in der Vorbemerkung zu der gemäß § 1 BGB gewährten Rechtsfähigkeit Einschränkungen derselben gemäß

„nat=soz Rechtsauffassung von der Verschiedenheit der Menschen (insbes ihrer erbbiologischen Verschiedenh, Rasse, Erbgesundheit)“

begründet. Noch in der 7. Auflage (Erste Nachkriegsauflage von 1949) bleibt die Vorbemerkung vor § 1 BGB weitgehend wortgleich, lediglich die Einschränkungen werden nun wie folgt begründet:

„[…] gewisse Rechtsstellungen setzen ein bestimmtes Geschlecht, ein gewisses Alter, früher auch z. B. die Zugehörigkeit zu einer Zunft […] voraus.“

Inhalt

Inhalt der 80. Auflage (2021):

Bearbeiter (Autoren)

Aktuelle Bearbeiter:

Ausgeschiedene Bearbeiter:

Initiative zur Umbenennung

Die Benennung des Gesetzeskommentars nach dem NSDAP-Funktionär Palandt wird von der Initiative Palandt Umbenennen seit Mitte 2017 kritisiert. Sie fordert, den Titel des Werks zu ändern.[3][4][5] Als alternative Namensgeber wurden unter anderem Otto Liebmann als Herausgeber des ursprünglichen Kurzkommentars[1] sowie Otto Loening, James Basch und Ernst Straßmann als anfängliche Mitverfasser vorgeschlagen.[6]

In Reaktion auf die Einwände stellt der Beck-Verlag seit der 77. Auflage (2018) dem Verzeichnis der ausgeschiedenen Bearbeiter einen Hinweis auf den kritischen Diskurs über die Person Otto Palandt und dessen Propagierung einer Interpretation des BGB im Sinne des Nationalsozialismus voran. Die Homepage zum Palandt enthält darüber hinaus eine Literaturliste auch mit kritischen Beiträgen zu den Anfängen des Palandts. Am Namen des Kommentars hält der Verlag jedoch fest.

Nachdem die SPD im Oktober 2018 ankündigte, den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Problem befassen zu wollen,[7] forderten die grünen Justizminister von Hamburg, Thüringen und Berlin vom Beck-Verlag die Umbenennung.[8]

Der Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen (AKJ) an der Ludwig-Maximilians-Universität München hat Anfang 2020 nach Erscheinen der 78. Auflage verstärkt die Streichung von Palandts Namen als Herausgeber des Standardwerks gefordert. Jüngst machten die AKJ-Aktivisten in München auf das Problem aufmerksam und versahen mehrere Exemplare des BGB-Kommentars in der Bibliothek mit einem alternativen Umschlag. Auf ihm wurde Otto Liebmann als Herausgeber genannt.[9]

Ähnliche Kritik gibt es an der Benennung des Schönfelders[10][11] und dem Grundgesetzkommentar Maunz/Dürig, der den Namen des Staatsrechtlers Theodor Maunz trägt. Er trat 1964 nach Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit als bayerischer Kultusminister zurück, veröffentlichte aber bis zu seinem Tod 1993 unter Pseudonym Artikel in der rechtsextremen Nationalzeitung.[9]

Literatur

  • Elena Barnert: Von Station zu Station. Anm zu Otto Palandt (umstr) uam aAnl seines 130. Gebtags (mwN). In: Myops. 1/2007, S. 56–68.
  • Elena Barnert: Von Station zu Station. Anm zu Otto Palandt (umstr) uam. Überarbeitete und erweiterte Fassung. In: Festschrift zur 75. Auflage des Kurz-Kommentars Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch. C. H. Beck, München 2016 (Beilage zur 75. Auflage).
  • Winfried Born, Rezension der 77. Auflage 2018, Neue Juristische Wochenschrift 2018, 359.
  • Otto Palandt: Bürgerliches Gesetzbuch. C. H. Beck, 77. Auflage, München 2018, ISBN 978-3-406-71400-9.
  • Thomas Pfeiffer, Rezension der 76. Auflage 2017. In: NJW, 2017, 2976.
  • Hans Wrobel: Otto Palandt zum Gedächtnis 1.5.1877–3.12.1951. In: Kritische Justiz. 1982, S. 1–17.
  • Ullrich Krüger: Palandt – Debatte verstolpert. In: NJW aktuell. Nr. 18, 2018, S. 14.
  • Klaus W. Slapnicar: Der Wilke, der später Palandt hieß. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2000, S. 1692–1699.

Einzelnachweise

  1. a b Jonas Höltig: Palandt-Diskussion: Wer war eigentlich Otto Liebmann? In: Legal Tribune Online. 18. Dezember 2017 (lto.de [abgerufen am 17. März 2018]).
  2. a b Elena Barnert: Von Station zu Station. Anm zu Otto Palandt (umstr) uam aAnl seines 130. Gebtags (mwN). In: myops. 1/2007, S. 56 ff. (S. 59).
  3. Janwillem van de Loo: Den Palandt umbenennen – Ein Beitrag zu juristischer Erinnerungskultur in Deutschland. In: JZ. Band 72, Nr. 17, 2017, S. 827 ff.
  4. Martin Rath: Wegen NS-Geschichte: Palandt umbenennen? In: Legal Tribune Online. 18. Dezember 2017 (lto.de [abgerufen am 1. November 2017]).
  5. Christoph Fuchs: Streit um den Palandt: Ein Nazi ist bis heute Namensgeber für ein juristisches Standardwerk | BR.de. Hrsg.: Bayerischer Rundfunk. 26. Oktober 2017 (archive.org [abgerufen am 7. November 2017]).
  6. Initiative Palandt Umbenennen: Alternativen. Abgerufen am 1. November 2017 (amerikanisches Englisch).
  7. Legal Tribune Online vom 24. Oktober 2018 lto.de
  8. Legal Tribune Online vom 30. Oktober 2018 lto.de
  9. a b NS-Jurist auf dem Umschlag, Jüdische Allgemeine, 2. März 2020. Abgerufen am 2. März 2020.
  10. Alexander Pyka: Nazi-Erbe lebt bis heute im deutschen Recht. In: Welt. 5. März 2013, abgerufen am 24. Januar 2019.
  11. Petition der Woche – Weg mit den NS-Juristen. In: taz. 20. Oktober 2017, abgerufen am 24. Januar 2019.