„Belle Époque“ – Versionsunterschied

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=== Imperialismus, Liberalismus und Kolonialismus ===
=== Imperialismus, Liberalismus und Kolonialismus ===
Die Jahrzehnte der Belle Époque waren das Zeitalter des [[Hochimperialismus]]<ref>Gerd Schneider, Christiane Toyka-Seid: ''Imperialismus'', in: Das junge Politik-Lexikon, Bundeszentrale für politische Bildung, 2023.</ref> und der Höhepunkt des europäischen Liberalismus und [[Kolonialismus]].<ref>{{Internetquelle |autor=Lucien Sève |url=https://monde-diplomatique.de/artikel/!470286 |titel=Freidenker und Barbaren |hrsg=Le Monde diplomatique |datum=2013-07-12 |abruf=2013-11-05}}</ref> Die Kolonialmächte nutzten die von ihnen beherrschten Gebiete als Lieferanten für Rohstoffe sowie als Absatzmärkte für Produkte, die in ihren eigenen Ländern hergestellt wurden. [[Konservative]] wie [[Liberale]] und nicht wenige sozialistische Politiker verteidigten den Imperialismus und den Kolonialismus. Sie hielten es für selbstverständlich, dass der „weiße Mann“ zur Herrschaft über die „farbige Welt“ berufen sei und eine solche Herrschaft auch ein Glück für die Kolonisierten darstelle, die auf diese Weise „zivilisiert“ würden.
Die Jahrzehnte der Belle Époque waren das Zeitalter des [[Hochimperialismus]]<ref>Gerd Schneider, Christiane Toyka-Seid: ''Imperialismus'', in: Das junge Politik-Lexikon, Bundeszentrale für politische Bildung, 2023.</ref> und der Höhepunkt des europäischen [[Liberalismus]] und [[Kolonialismus]].<ref>{{Internetquelle |autor=Lucien Sève |url=https://monde-diplomatique.de/artikel/!470286 |titel=Freidenker und Barbaren |hrsg=Le Monde diplomatique |datum=2013-07-12 |abruf=2013-11-05}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Angelo Maiolino |url=https://www.woz.ch/1036/liberalismus/die-freiheit-des-geldes |titel=Liberalismus: Die Freiheit des Geldes |werk=woz.ch |datum=2010-09-09 |abruf=2023-11-05}}</ref> Die Kolonialmächte nutzten die von ihnen beherrschten Gebiete als Lieferanten für Rohstoffe sowie als Absatzmärkte für Produkte, die in ihren eigenen Ländern hergestellt wurden. [[Konservative]] wie [[Liberale]] und nicht wenige sozialistische Politiker verteidigten den Imperialismus und den Kolonialismus. Sie hielten es für selbstverständlich, dass der „weiße Mann“ zur Herrschaft über die „farbige Welt“ berufen sei und eine solche Herrschaft auch ein Glück für die Kolonisierten darstelle, die auf diese Weise „zivilisiert“ würden.


Das [[Portugiesische Kolonialgeschichte|portugiesische Kolonialreich]] war seit 1415 mit der Eroberung von [[Ceuta]] und dem [[Zeitalter der Entdeckungen]] das am längsten bestehende [[Kolonialreich]] Europas. Seit dem 17. Jahrhundert entrissen [[England]], [[Frankreich]] und die [[Niederlande]] den Portugiesen jedoch einen Großteil ihrer Kolonien und wurden zu den führenden [[Kolonialmacht|Kolonialmächten]] Europas.
Das [[Portugiesische Kolonialgeschichte|portugiesische Kolonialreich]] war seit 1415 mit der Eroberung von [[Ceuta]] und dem [[Zeitalter der Entdeckungen]] das am längsten bestehende [[Kolonialreich]] Europas. Seit dem 17. Jahrhundert entrissen [[England]], [[Frankreich]] und die [[Niederlande]] den Portugiesen jedoch einen Großteil ihrer Kolonien und wurden zu den führenden [[Kolonialmacht|Kolonialmächten]] Europas.

Version vom 5. November 2023, 13:35 Uhr

Pierre-Victor Galland: Die Bar des Maxim's (um 1890)
Victor-Gabriel Gilbert: Une soirée élégante (1890)
Edouard Manet: Beim Père Lathuille, im Freien (1879)
Pierre-Auguste Renoir: Le Moulin de la Galette (1876)
Claude Monet: Impression, soleil levant (1872)
Josef Engelhart: Loge im Sophiensaal (1903)

Belle Époque [bɛleˈpɔk] (frz. für „schöne Epoche“) ist ein nostalgisches, retrospektives Chrononym[1][2] für eine von politischen, sozialen, wirtschaftlichen, technologischen, kulturellen und wissenschaftlichen Umbrüchen und Fortschritten geprägte Periode von etwa vier Jahrzehnten. Sie umfasst die 1870er, 1880er, 1890er und 1900er Jahre um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und wird hauptsächlich als eine lebensfrohe durch Frieden, wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand gekennzeichnete Kulturepoche in Europa, insbesondere in Frankreich, dargestellt und interpretiert.[3] In England entspricht diese Periode dem späten Viktorianischen Zeitalter und der Edwardianischen Epoche, in Deutschland der Gründerzeit und dem Wilhelminismus, in den USA dem Gilded Age. Für die Zeit vor der Jahrhundertwende wird der Begriff Fin de Siècle („Jahrhundertende“) verwendet. Diese zeitgenössischen Epochenzuschreibungen kennzeichnen einen Zeitraum, der mehr in seiner Zerrissenheit als in seiner Ganzheitlichkeit begriffen werden kann.[4]

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 gilt allgemein als das Ende der Belle Époque.[5][6][7]

Begriff „Belle Époque“

Der zeitlich und räumlich zunächst unbestimmte Begriff der „schönen Zeit“ ist das Muster eines retrospektiven Epochenbegriffs – im Nachhinein erschaffen, um „die Welt, die wir verloren haben“ zu betrauern. Der Begriff schöpft aus verschiedenen Quellen imaginärer Referenzen und besitzt eine enorme Plastizität.[8] Er wurde in Frankreich und anderswo seit den 1930er Jahren in unterschiedlichen Kontexten verwendet und vage auf das extravagante mondäne Leben von tonangebenden Pariser Schichten und die Blütezeit von Kunst und Kultur in den Jahren vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs bezogen. Die Stadt zog Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler aus aller Welt an und wurde zum Epizentrum kultureller und wissenschaftlicher Innovationen. Die Belle Époque ereignete sich im Wesentlichen auf den Boulevards, in den Cafés und Cabarets, den Ateliers und Galerien, den Konzertsälen und Salons von Paris. Aber auch andere europäische Metropolen wie Brüssel, Wien, Berlin, London, Sankt Petersburg und Mailand waren in dieser Zeit Hochburgen von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Der Lebensstil und die Moden der mondänen Gesellschaft in diesen Metropolen dehnte sich darüber hinaus auch auf weitere Orte aus, insbesondere auf Kurorte, Seebäder und andere gehobene touristische Zentren in Europa, die von den Oberschichten dieser Metropolen besucht wurden. In Frankreich waren es unter anderem Aix-les-Bains, Deauville, Vichy, Biarritz und Dinard; in der Schweiz Montreux und Genf; in Österreich Salzburg und Bad Ischl; in Deutschland die Bäderstädte Wiesbaden, Baden-Baden und Bad Nauheim. Geprägt wurde das Bild der Belle Époque von einem mittleren und gehobenen Bürgertum, das vom technischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt am meisten profitierte. Trotz der nach wie vor bestehenden großen Ungleichheiten imaginierte man (Belle Époque imaginaire)[9], so Dominique Kalifa, dass die Armut zurückging, die Sitten weicher wurden, Wohlstand und Konsum stiegen und damit auch die Lebensfreude (Joie de vivre). Niemand war zwar so naiv zu glauben, dass diese Welt die Gesellschaft als Ganzes verkörperte, aber man wollte glauben, dass das Bild dieser Gesellschaft den Ton angab. Die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie entwickelte sich rasant. Die Belle Époque galt als „Fest des Lebens“.[10]

Historischer Kontext

Der französische Schriftsteller Charles Péguy notierte in seinem 1913 erschienenen Essay L'Argent (Das Geld):[11]

„Le monde a moins changé depuis Jésus-Christ qu’il n’a changé de puis trente ans.“

Charles Péguy: L'Argent, 1913

Dass sich die Welt in den vorangegangenen Jahrhunderten seit Jesus Christus weniger verändert habe als in den drei Jahrzehnten vor 1913 war ein weit verbreitetes Lebensgefühl in Europa Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Belle Époque war eine Zeit des Übergangs, eine Zeit der Dekadenz und eine Zeit von radikalen Neuanfängen. Die Beschleunigung und Anhäufung von sozialen, wirtschaftlichen, politischen, technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Veränderungen, Umbrüchen und Innovationen in diesen Jahrzehnten war historisch beispiellos.

Politik

Auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 folgte eine ungewohnt lange Zeit des Friedens in Europa. Der Frieden ermöglichte einen nachhaltigen Aufschwung von Wirtschaft und Kultur in den europäischen Kernländern Vereinigtes Königreich, Frankreich, Belgien, Deutsches Reich, Italien und Österreich-Ungarn. In Österreich herrschte Kaiser Franz Joseph I. über einen Vielvölkerstaat, der jederzeit auseinanderzubrechen drohte. In Großbritannien wurde nach der 63-jährigen Herrschaft Queen Victorias, die 1901 starb, ein ganzes Zeitalter benannt.

Die Periode von 1870 bis 1914 war eine Zeit intensiver diplomatischer Aktivität in Europa. Die Mächte auf dem europäischen Kontinent versuchten, durch Bündnisse ihre Sicherheit zu gewährleisten, wobei sich die Allianzen mehrmals änderten. Die Gründe für diese Bündnisse waren vielfältig, darunter geopolitische Interessen, wirtschaftliche Bedenken und nationale Sicherheit. Wichtige Bündnisse waren:

  • Dreikaiserabkommen (1873): Ein lockerer Bund zwischen dem Deutschen Reich, Russland und Österreich-Ungarn. Ziel war es, das Gleichgewicht in Europa zu bewahren und radikalen Nationalismus oder Sozialismus zu verhindern.
  • Zweibund (1879): Ein Verteidigungsbündnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn. Das Bündnis richtete sich implizit gegen Russland, mit dem beide Länder Spannungen hatten.
  • Dreikaiserbund (1881): Eine Erneuerung des Dreikaiserabkommens zwischen Deutschland, Russland und Österreich-Ungarn. Ziel war es erneut, das Gleichgewicht in Europa zu erhalten und gemeinsame Interessen zu verfolgen.
  • Dreibund (1882): Ein Militärbündnis zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien. Es war eine Erweiterung des Zweibunds. Das Bündnis war vor allem gegen Frankreich gerichtet, das mit dem Deutschen Reich wegen des verlorenen Elsass-Lothringens in der Folge des Deutsch-Französischen Krieges (1870–1871) im Streit lag.
    Triple Entente: Personifikationen Russlands (Mitte), Frankreichs (links) und Großbritanniens (rechts) auf einem russischen Poster (1914)
  • Französisch-Russische Allianz (1894): Ein Militärbündnis zwischen Frankreich und Russland. Die beiden Länder schlossen sich zusammen, um sich gegen das drohende deutsche Machtzentrum in Europa zu wehren.
  • Entente Cordiale (1904): Ein Abkommen zwischen Frankreich und Großbritannien, das eine Reihe von kolonialen Streitigkeiten klärte und den Weg für eine engere Zusammenarbeit gegen das Deutsche Reich ebnete.
  • Triple Entente (1907): Ein Bündnis zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland. Es war keine formelle Militärallianz, aber eine enge diplomatische Verständigung, die implizit gegen die Macht des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten gerichtet war.

Die Entstehung dieser Allianzen wurde durch eine Kombination aus traditionellen geopolitischen Rivalitäten, wirtschaftlichen Interessen, kolonialen Bestrebungen und einer allgemeinen Unsicherheit in einer sich schnell verändernden internationalen Umgebung beeinflusst. Diese Allianzen trugen auch dazu bei, die Spannungen in Europa zu verschärfen und den Weg zum Ersten Weltkrieg zu ebnen.

Ab den 1890er Jahren ist eine zunehmende Isolation des Deutschen Kaiserreiches in Europa zu beobachten. Seinen neuen Weg kennzeichneten die Abkehr von der Politik des „ehrlichen Maklers“ und eine aggressive militaristische Rhetorik. Das mangelnde Interesse des Deutschen Kaiserreichs an der Fortführung der Beziehungen zu Russland gab Frankreich die Möglichkeit, mit dem Zarenreich eine Defensivallianz zu bilden. Damit durchbrach es seine politische Isolation. Deutschland konzentrierte sich auf die Beziehung mit Österreich-Ungarn, den Zweibund, der zu einem Dreibund mit Italien erweitert worden war. Dieser zeigte jedoch schon 1896 mit der Annäherung des Königreichs Italien an die französische Republik erste Risse. Zwischen Frankreich und Großbritannien bestanden in den 1890er Jahren Spannungen aufgrund ihrer kolonialen Rivalität. Eine Annäherung beider Rivalen Frankreichs, dem britischen Königreich und Deutschland, scheiterte jedoch 1900, da sie sich nicht auf eine gemeinsame Koordination ihrer Flottenpolitik einigen konnten. So deuteten sich schon 1900 die zwei politischen Blöcke an, die im Ersten Weltkrieg gegeneinander kämpften.[12]

Nationalismus unterschiedlicher Schärfe war ein verbindendes Element unter den verschiedenen politischen Strömungen in den europäischen Ländern in dieser Epoche. Neue Strömungen kamen auf, die einen „völkischen“ Nationalismus propagierten. Minderheiten wie Juden oder Einwanderer aus dem Ausland sollten aus diesem Nationalverband ausgeschlossen bleiben.

Deutschland: Otto von Bismarck, Gründerzeit und Wilhelminismus

Deutsche Kaiserproklamation am 17. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles

Im 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich herrschte nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg eine Epoche allgemeiner Aufbruchstimmung, die später als Gründerzeit beschrieben wurde. Von 1862 bis 1890 – mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1873 – war Otto von Bismarck in Preußen Ministerpräsident, von 1867 bis 1871 zugleich Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes. Von 1871 bis 1890 war er erster Reichskanzler des Deutschen Reiches, dessen Gründung er maßgeblich vorangetrieben hatte. Nach der Reichsgründung eskalierte der sogenannte „Kulturkampf“ zwischen dem neuen protestantisch geprägten Nationalstaat und der römisch-katholischen Kirche. Diese Auseinandersetzung wurden bis 1878 beendet und 1887 diplomatisch beigelegt. Bismarck gilt als Vollender der deutschen Einigung und als Begründer des Sozialstaates der Moderne. In den späten 1870er Jahren leitete Bismarck die Schutzzollpolitik ein und griff zu staatsinterventionistischen Maßnahmen. Dazu zählte insbesondere die Schaffung des Sozialversicherungssystems. Die 1880er-Jahre waren innenpolitisch von der Sozialistengesetzgebung geprägt. 1890 führten Meinungsverschiedenheiten mit dem seit knapp zwei Jahren amtierenden Kaiser Wilhelm II. zur Entlassung Bismarks.

Die Politik Wilhelms II. beruhte auf dem im ostelbischen Junkertum verhafteten preußischen Militarismus und war, bedingt durch seine Ambitionen in der Blütezeit des Imperialismus, auch auf eine Etablierung Deutschlands als Weltmacht gerichtet, nachdem Deutschland Mitte der 1880er Jahre den Großteil seiner kolonialen Besitzungen in Afrika und der Südsee erworben hatte. Wilhelm war fasziniert von der Marine und bestrebt, sie massiv zu stärken. Dafür stand sein Satz: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser.“ Dies spiegelte sich auch im alltäglichen Leben des Volkes wider: Knaben wurden in Matrosenanzüge gekleidet und sollten sich früh mit der Nation identifizieren, der Matrosenanzug wurde daher für alle Schichten der Gesellschaft als Kinderkleidung übernommen. Mädchen trugen dementsprechend Matrosenblusen mit blauen Faltenröcken oder ein entsprechendes Kleid, das später als Damen-Tennisdress erhalten blieb.[13]

1904 trat das Kinderschutzgesetz in Deutschland in Kraft. Es verbot die Arbeit von Kindern unter 12 Jahren in allen gewerblichen Betrieben. 1906 wurde allerdings die Arbeit von Kindern unter 10 Jahren in Familienbetrieben erlaubt.

Das Hötel de Ville nach der Kommune (1871)

Frankreich: vom Zweiten Kaiserreich zur Dritten Republik

Nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zog sich der glücklose französische Kaiser Napoleon III. ins Exil nach England zurück. Die Niederlage hatte das Zweite Kaiserreich von Napoleon III. zum Einsturz gebracht und es den Radikalen der Pariser Kommune ermöglicht, die Macht zu übernehmen. In Paris kam es zu Gewalt und Chaos, während die französische Armee ihrerseits um die Rückeroberung der Stadt kämpfte. Mehrere bedeutende Gebäude wurden dabei in Brand gesetzt und teilweise oder vollständig zerstört, darunter der Tuilerienpalast und das Hôtel de Ville, das Pariser Rathaus. Im Juni 1871 wurde die Pariser Kommune gestürzt und die neue Regierung bemühte sich um die Wiederherstellung der Ordnung und den Wiederaufbau vieler Gebäude in der Stadt. Auf das Zweite Kaiserreich folgte in Frankreich die Dritte Republik. Außenpolitisch hatte es die neue französische Regierung zunächst schwer, da der Kanzler des Deutschen Reiches, Otto von Bismarck, bis 1890 mit seiner Bündnispolitik für eine außenpolitische Isolierung Frankreichs sorgte, das als einzige große Republik in Europa mit dem Misstrauen der monarchischen Mächte in Europa zu rechnen hatte.

Österreich-Ungarn

Österreich-Ungarn in Europa im Jahr 1914

Mit einer Fläche von rund 676.000 km² war die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn nach der Annexion Bosniens und der Herzegowina 1908 flächenmäßig das zweitgrößte (nach dem Russischen Reich) und mit 52,8 Millionen Menschen (1914) das bevölkerungsmäßig drittgrößte Land Europas (nach dem Russischen und dem Deutschen Reich). Als der Berliner Kongress 1878 Österreich-Ungarn die Okkupation Bosniens und der Herzegowina, beide formal weiterhin Bestandteile des Osmanischen Reiches, gestattete, wollten Österreich und Ungarn das neue Verwaltungsgebiet in ihren Staat eingliedern. Die salomonische Lösung war, dass Bosnien und Herzegowina weder zu Cis- noch zu Transleithanien geschlagen, sondern vom gemeinsamen Finanzministerium verwaltet wurden. Kaiser und König Franz Joseph I. war nach dem Ausgleich penibel darauf bedacht, seine beiden Monarchien gleich zu behandeln. In Prag und Laibach kam es 1908 zu Ausschreitungen gegen die Deutschen als herrschendes Volk in der österreichischen Reichshälfte.

Schweizer Bundesstaat

Die neue schweizerische Bundesverfassung trat am 12. September 1848 in Kraft. Mit der neuen Verfassung wurde die Schweiz vom Staatenbund zum Bundesstaat geeint.[14] Sie wurde im Juli und August 1848 vom Schweizer Volk (nur Männer) in kantonalen Abstimmungen[15] mit 145'584 Jastimmen (72,8 %) gegen 54'320 Neinstimmen (27,2 %) angenommen. 1873 brach auch in der Schweiz in Folge des Unfehlbarkeitsdogmas des Ersten Vatikanischen Konzils der «Kulturkampf» zwischen dem Staat und der katholischen Kirche aus. Es ging primär um den Einfluss der Kirche im neuen liberal-säkularen Staatswesen. Starke Spannungen zwischen der röm.-katholischen Kirche und den liberalen Kantonen gab es im Bereich des Bistums Basel, besonders im vom reformierten Bern beherrschten katholischen Nord-Jura. Die Konflikte verschärften sich, bis der Bundesrat im Dezember 1873 die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abbrach.

1870/71 machte der Deutsch-Französische Krieg eine Grenzbesetzung unter General Hans Herzog erforderlich. Im Februar 1871 überquerten unter den Augen der Schweizer Armee etwa 87 000 Mann der geschlagenen französischen «Bourbaki-Armee» in den Kantonen Neuenburg und Waadt die Grenze und wurden interniert. Die Aufnahme und Pflege der entkräfteten Soldaten ist die größte humanitäre Aktion, welche die Schweiz je durchgeführt hat.[16][17][18][19] (→ Schweiz im Deutsch-Französischen Krieg).

Insbesondere seit den 1870er Jahren wurde die Schweiz zu einem Zentrum der anarchistischen Strömung der internationalen Arbeiterbewegung. Dazu gehörten Personen wie z. B. Michail Bakunin, Peter Krapotkin oder Johann Most, aber auch unorganisierte Anarchisten wie der Mörder der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, Luigi Lucheni.[20]

1897 fand in Basel unter der Leitung von Theodor Herzl der erste Zionistische Weltkongress statt. Als Sitz des Roten Kreuzes wurde Genf zur Metropole mit internationaler Ausstrahlung und zog bis ins 20. Jahrhundert weitere wichtige internationale Organisationen an.(→ Liste der internationalen Organisationen in Genf).

1907 unterzeichnete die Schweiz das Haager Abkommen über Rechte und Pflichten von neutralen Staaten im Krieg. Das Abkommen verbietet den neutralen Ländern u. a. kriegsführende Staaten mit Truppen, Waffen oder Munition zu versorgen. Darauf basiert auch das Schweizer Kriegsmaterialgesetz. Das bedeutendstes Recht aus dem Abkommen ist das Recht auf Unverletzlichkeit des eigenen Territoriums.(→ Neutralität der Schweiz)

Königreich Italien

König Umberto I. von Italien (1882)

Während einer langen liberaleren politischen Phase stieg das Königreich Italien unter König Umberto I. 1878 zur Großmacht auf und beteiligte sich ab den 1880er Jahren am kolonialen Wettlauf um Afrika, wo es mehrere Kolonialkriege in Ostafrika und von 1911 bis 1912 um das spätere Italienisch-Libyen einen Krieg gegen das Osmanische Reich führte. 1882 wurde mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn die Allianz des Dreibundes geschlossen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich Italien von einem Agrarstaat, ähnlich wie Frankreich und Österreich-Ungarn, zum bedeutendsten Industrieland des Mittelmeerraums gewandelt. Es kam unter Umbertos Nachfolger Viktor Emanuel III. ab 1900 in den großen industriellen Ballungszentren Oberitaliens zum Aufstieg einer organisierten Arbeiterschaft und des Bürgertums sowie zum Entstehen von Massenverbänden und -parteien. Im Süden hielt der wirtschaftliche Aufschwung dagegen nur langsam Einzug.

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland

Zum Zeitpunkt seines Bestehens war das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland das größte Kolonialreich der Erde und vom Ende der Napoleonischen Ära bis zum Ersten Weltkrieg die führende Weltmacht. Das Vereinigte Königreich umfasste die vier Landesteile England, Wales, Schottland und Irland. Unter der Herrschaft des Vereinigten Königreichs waren zudem Dominions, Kronkolonien, Protektorate, Mandatsgebiete und sonstige abhängige Territorien auf allen Kontinenten vereint. Die Außenpolitik des Königreichs war vom Prinzip der splendid isolation geprägt: Andere Mächte waren durch Konflikte in Europa gebunden, während die Briten sich heraushielten und durch die Konzentration auf den Handel ihre Vormachtstellung noch weiter ausbauten.[21] Das Königreich übte nicht nur die Kontrolle über die eigenen Kolonien aus, sondern beeinflusste dank der führenden Position in der Weltwirtschaft auch die Innenpolitik zahlreicher nominell unabhängiger Staaten.[22]

Königin Victoria anlässlich ihres 50. Thronjubiläums 1887

Als Viktorianisches Zeitalter (auch Viktorianische Epoche, Viktorianische Ära) wird in der britischen Geschichte meist der lange Zeitabschnitt der Regierung Königin Victorias von 1837 bis 1901 bezeichnet. Während des Viktorianischen Zeitalters florierte Großbritanniens Wirtschaft. Das lag vor allem daran, dass die industrielle Revolution nun auch im Bergbau und Maschinenwesen ihre Folgen zeigte und Großbritannien lange Zeit einen technologischen Vorsprung sicherte. Besonders der Ausbau des Eisenbahnnetzes hatte weitreichende Auswirkungen.

Der Erwerb von Kolonien hatte, neben der Sicherung von Rohstoffen und Absatzmärkten, auch ideologische Gründe. Man betrachtete die Neuordnung „unzivilisierter“ Verhältnisse, ebenso wie die Missionierung, als Aufgabe. Nach dem erneuten Amtsantritt Disraelis 1874 begann die „Ära des (neuen) Imperialismus“. Zwar besaß Großbritannien zu dieser Zeit bereits ein großes Kolonialreich, stand aber nunmehr in starkem Wettbewerb mit anderen Kolonialmächten. Das Sendungsbewusstsein nahm in der Politik wie in der Massenpresse rassistische und jingoistische Züge an, ohne Selbstverwaltungen zu erwägen. Nachfolgende liberale Regierungen bemühten sich ebenfalls um eine – zunehmend defensive – Sicherung des Britischen Weltreichs. Allerdings unterlag die Politik vor Ort oftmals keiner zentralen Strategie, sondern wurde maßgeblich von den jeweiligen Gouverneuren bestimmt. In den 1890er Jahren übernahm der Staat die koloniale Erwerbspolitik, die vorher auch von privaten Gesellschaften getragen wurde, vollständig.

Russisches Kaiserreich

Die Abschaffung der Leibeigenschaft in Russland (Bild von 1914 aus dem Slawischen Epos von Alfons Mucha)

Zur Zeit seiner größten Ausdehnung Mitte des 19. Jahrhunderts war das Territorium des Russischen Kaiserreichs das drittgrößte Reich der Weltgeschichte (nach dem Britischen Weltreich und dem Mongolischen Reich).

Zar Alexander II. nahm weitreichende Reformen in Angriff, nachdem die Rückständigkeit Russlands während des Krimkrieges deutlich zutage getreten war. 1861 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben sowie das Justizwesen und die kaiserlich russische Armee reformiert. Alexander setzte diese Reformen gegen große Widerstände durch. 1867 verkaufte er Alaska an die USA.

Nach dem Türkisch-Russischen Krieg 1877–1878, in dessen Verlauf Russland die Unabhängigkeit Bulgariens vom Osmanischen Reich erreichte, verbreitete sich die Idee des Panslawismus, der Vereinigung der slawischen Völker unter russischer Herrschaft. Der Frieden von San Stefano bestimmte die sofortige Unabhängigkeit von Serbien, Montenegro und Rumänien. Bulgarien sollte neben den Vilâyet Tuna, um die osmanischen Provinz Edirne sowie große Teile der Landschaft Makedonien bis an die Ägäis, die Teil der Provinzen Saloniki, Manastır und Prizren waren, ausgedehnt werden. Der neugeschaffene bulgarische Staat sollte zwei Jahre unter russischer Besatzung stehen und anschließend ein autonomes, aber dem Osmanischen Reich tributpflichtiges Fürstentum werden. Russland sollte in Europa Teile von Bessarabien (für die Rumänien mit der Dobrudscha entschädigt werden sollte) und in Kleinasien Teile von Armenien sowie die osmanischen Provinzen Kars, Batum und Ardahan erhalten. Die europäischen Mächte wollten diesen Diktatfrieden aber nicht akzeptieren. Mit der Schaffung des großbulgarischen Fürstentums hatte Russland den Vertrag von Budapest mit Österreich-Ungarn gebrochen, das daher eine Revision des Vertrags von San Stefano forderte. Auch Großbritannien wollte unbedingt verhindern, dass Russland – wie in San Stefano festgelegt – über den Satellitenstaat Bulgarien Zugang zum Mittelmeer erhielt, und versprach dem Osmanischen Reich in der Konvention zur Verteidigungsallianz zwischen Großbritannien und der Türkei in Istanbul vom 4. Juni 1878 gegen die Abtretung von Zypern Beistand. Die drohende Kriegsgefahr konnte durch die Einberufung des Berliner Kongresses gebannt werden, der den Frieden von San Stefano praktisch komplett zu Lasten Russlands und Bulgariens revidierte.

Nach der Ermordung seines Vaters 1881, folgte Zar Alexander III., der einen reformfeindlichen Kurs einschlug und streng autokratisch regierte. Dabei stützte er sich vor allem auf die Armee und auf die Geheimpolizei, die Ochrana. Die Armee nahm im Inneren Russlands traditionell auch Polizeiaufgaben wahr. Alexanders Sohn Nikolaus II., der ihm 1894 auf den Thron folgte, setzte diese Politik fort.

In diese Epoche fiel auch die Erschließung des russischen Ostens. Von 1891 bis 1901 wurde die Transsibirische Eisenbahn zwischen Wladiwostok und Tscheljabinsk gebaut, die den Westen und den Osten des Reiches miteinander verbinden sollte, wodurch auch die Besiedlung Sibiriens begünstigt wurde. 1896 erhielt Russland durch den Bau einer Abzweigung, der Transmandschurischen Eisenbahn, Einfluss auf die Mandschurei, was aber zu kollidierenden Interessen mit Japan führte; beide suchten sich auf Kosten Chinas zu vergrößern.

Russland als Krake: antirussische japanische Karikatur aus dem Jahr 1904

Der Russisch-Japanische Krieg um Einfluss in der Mandschurei und Korea begann im Februar 1904 mit dem Angriff des Japanischen Kaiserreichs auf den Hafen von Port Arthur und endete nach einer Reihe verlustreicher Schlachten im Sommer 1905 mit der Niederlage des Russischen Kaiserreichs. Der unter US-amerikanischer Vermittlung ausgehandelte Friedensvertrag von Portsmouth vom 5. September 1905 besiegelte den ersten bedeutsamen Sieg einer asiatischen über eine europäische Großmacht in der Moderne. Der Russisch-Japanische Krieg wird als ein Vorläufer des Ersten Weltkriegs betrachtet, weil hier zahlreiche militärtechnische Neuerungen erstmals in einem Krieg in großem Maßstab eingeführt wurden: Der Grabenkrieg mit Maschinengewehrstellungen und Stacheldraht, Gefechtsfeldbeleuchtung, Feldtelefon und Hochsee-Funktelegraphie. Massenangriffe mit aufgepflanztem Bajonett endeten tödlich gegenüber einem Gegner, der über Maschinengewehre verfügte. Die Japaner, die nach den Infanterieregeln des 19. Jahrhunderts angriffen, mussten deshalb hohe Verluste hinnehmen. Die strategische Bedeutung der Eisenbahn wurde deutlich, als die Transsibirische Eisenbahn nicht rechtzeitig und nicht ausreichend russische Truppen zuführen konnte. Die Analyse der Seegefechte trug erheblich zur Entwicklung der sogenannten Großkampfschiffe oder Dreadnoughts und damit zu einem neuen Wettrüsten bei.

In Kischinew/Russland kommt es 1903 zu dreitägigen Massenpogromen von russischen Christen gegen Juden, bei denen die Polizeikräfte nicht eingreifen. Nach internationalen Protesten erklärt das russische Innenministerium die Judenverfolgung mit deren sozialistischen Aufruhr gegen Zar Nikolaus II. Journalisten vermuten eher eine Sündenbock-Politik angesichts der Wirtschaftsmisere, der weitverbreiteten Armut und wachsenden Arbeiterunruhen.

Der Russisch-Japanische Krieg und der Petersburger Blutsonntag führten zur Russischen Revolution 1905 und zur Einberufung der ersten Duma.

Der Aufstieg der USA zur Weltmacht

Theodore Roosevelt während des Spanisch-Amerikanischen Krieges 1898

Kein anderer Vorgang hatte auf der internationalen Bühne solch weitreichende Konsequenzen wie der Aufstieg der USA nach dem amerikanischen Bürgerkrieg Ende des 19. Jahrhunderts. Um 1870 waren die USA eine allgemein respektierte Wirtschaftsmacht ohne größeren Einfluss auf das Weltgeschehen außerhalb des eigenen Kontinents. 1870 betrug der britische Anteil an der weltweiten Industrieproduktion 32 Prozent, derjenige der USA 23 Prozent, der deutsche 13 Prozent. 1913 war Großbritannien mit 14 Prozent auf den dritten Platz hinter Deutschland (16 Prozent) und den USA (36 Prozent) zurückgefallen. Die Industrie war in den USA mit der Landwirtschaft gewachsen. Nur außerordentliche Produktivitätszuwächse in der Agrarwirtschaft machten es möglich, eine dank hoher Geburtenraten und immenser Einwanderung schnell wachsende Bevölkerung zu ernähren und zugleich Arbeitskräfte für die Industrie und den Dienstleistungssektor freizusetzen.[23]

Ein schnelles Wirtschaftswachstum bescherte den USA ein „vergoldetes Zeitalter“ (Mark Twain: Gilded Age). Dies war möglich dank der scheinbar unbeschränkten Verfügbarkeit von Land, Arbeit und Energie, dank umfangreicher europäischer Investitionen und einer hohen einheimischen Sparquote und dank der Existenz eines riesigen inländischen Marktes, den der Staat nach außen durch Zollmauern schützte. Die individuellen Vermögen, die in den USA durch Unternehmer wie den Ölmagnaten John D. Rockefeller (1839–1937) oder den Stahlindustriellen Andrew Carnegie (1835–1919) angehäuft wurden, überstiegen alles aus Europa Bekannte. Die arbeitende Bevölkerung profitierte von steigenden Reallöhnen, hatte aber kaum die Möglichkeit, ihre Interessen durch Gewerkschaften und politische Parteien zu vertreten.

Karikatur zur Rivalität der US-Eisenbahngesellschaften bei der Expansion nach Westen (1870): links Cornelius Vanderbilt mit der Hudson River Railroad und der New York Central Railroad, rechts James Fisk mit der Erie Railroad

Durch die Zweite Welle der Industrialisierung 1865–1914 stiegen die Vereinigten Staaten zur weltweit führenden Wirtschaftsmacht auf. Namen wie Bell, Edison, Carnegie, Westinghouse, Vanderbilt, Rockefeller, J. P. Morgan und William Jennings Bryan prägten von nun an die Geschichte. 1869 wurde durch die Verbindung von Central Pacific Railroad und Union Pacific Railroad die erste Transkontinentale Eisenbahn vollendet.

Der Sherman Antitrust Act von 1890 war ein erster Versuch, die Monopolbildungstendenzen der amerikanischen Wirtschaft einzuschränken. In dieser Zeit entstanden erste große Gewerkschaften, darunter die American Federation of Labor. Streiks wie der Große Eisenbahnstreik von 1877, der Haymarket Riot von 1886, der Homestead-Streik von 1892 oder der Pullman-Streik von 1894 erregten landesweites Aufsehen.

Mit der Präsidentschaft Theodore Roosevelts (1901–1909) begann der Siegeszug des Progressivismus. 1904 legte er mit dem Roosevelt-Corollary, einem Zusatz zur Monroe-Doktrin, den Grundstein für eine expansionistischere Außenpolitik, wonach die Vereinigten Staaten als internationale Polizeigewalt auftreten sollten. Ein wichtiger Baustein dieser Politik war der Bau des Panamakanals zwischen 1903 und 1914 (Eröffnung: 1920), durch den der amerikanische Export beflügelt und der amerikanischen Flotte eine höhere Flexibilität verliehen wurde. Zahlreiche Interventionen der USA in Lateinamerika folgten. Die Präsidentschaft William Howard Tafts (1909–1913) markiert den Übergang zur Dollar-Diplomatie.

Imperialismus, Liberalismus und Kolonialismus

Die Jahrzehnte der Belle Époque waren das Zeitalter des Hochimperialismus[24] und der Höhepunkt des europäischen Liberalismus und Kolonialismus.[25][26] Die Kolonialmächte nutzten die von ihnen beherrschten Gebiete als Lieferanten für Rohstoffe sowie als Absatzmärkte für Produkte, die in ihren eigenen Ländern hergestellt wurden. Konservative wie Liberale und nicht wenige sozialistische Politiker verteidigten den Imperialismus und den Kolonialismus. Sie hielten es für selbstverständlich, dass der „weiße Mann“ zur Herrschaft über die „farbige Welt“ berufen sei und eine solche Herrschaft auch ein Glück für die Kolonisierten darstelle, die auf diese Weise „zivilisiert“ würden.

Das portugiesische Kolonialreich war seit 1415 mit der Eroberung von Ceuta und dem Zeitalter der Entdeckungen das am längsten bestehende Kolonialreich Europas. Seit dem 17. Jahrhundert entrissen England, Frankreich und die Niederlande den Portugiesen jedoch einen Großteil ihrer Kolonien und wurden zu den führenden Kolonialmächten Europas.

Im Jahr 1900 kontrollierte Europa, in dem damals ein Viertel der Weltbevölkerung lebte, 62 Prozent der weltweiten Produktion. In China hingegen waren es nur sechs Prozent und in Indien weniger als zwei. Die europäischen Mächte setzten ihre wirtschaftliche Macht in militärische Stärke um und starteten eine Welle kolonialer Expansion. Bis 1914 besetzten oder kontrollierten die Europäer über 80 Prozent der Landfläche der Erde. Diese Staaten waren dazu in der Lage, weil die Industrielle Revolution die Machtverhältnisse verändert hatte, indem sie die Produktion von Kohle, Stahl und Öl zu den entscheidenden Faktoren des militärischen Erfolgs der europäischen Mächte machte.

Aus den Kolonien wurden in dieser Zeit zahlreiche Kunst- und Kulturgüter unter meist zweifelhaften Umständen in die völkerkundlichen Sammlungen vieler europäischer Museen gebracht.

Afrika

Deutscher Kolonialherr in Togo (1885)

Als Wettlauf um Afrika wird die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinentes in der Hochphase des Imperialismus von 1880 bis zum Ersten Weltkrieg bezeichnet. Ab dem Jahr 1880 veränderten sich die Vorzeichen des europäische Imperialismus. War bis dahin ein vor allem „informeller“ Imperialismus angewandt worden, geprägt durch militärische und wirtschaftliche Überlegenheit, kristallisierte sich um das Jahr 1880 immer mehr ein direkter Imperialismus heraus, der sich durch eine direkte Einflussnahme europäischer Staaten in die Angelegenheiten Afrikas auszeichnete. Die Konflikte um die afrikanischen Kolonien waren Teil des weltpolitischen Machtstrebens vieler europäischer Staaten, welche letztlich mit zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs beitragen sollten.

Erste Seite des Bardo-Vertrags 1881

Zwischen 1881 und 1890 geriet der größte Teil des afrikanischen Kontinents unter europäische Kontrolle. Bereits ab 1830 hatte sich Frankreich auf Afrika konzentriert. Beginnend an der Gegenküste des Maghreb, eroberte Frankreich zwischen 1845 und 1897 große Gebiete der Sahara, sowie den größten Teil West- und Zentralafrikas. Nach dem Einmarsch französischer Truppen wurde das bisher dem Osmanischen Reich zugehörige Tunesien 1881 durch den Vertrag von Kasr el Said, auch Bardo-Vertrag genannt, zu einem Protektorat Frankreichs. Muhammad III. al-Husain, Bey von Tunis, wurde zur Unterzeichnung des Vertrages gezwungen. Die Elfenbeinküste (später Côte d'Ivoire) wurde 1889 französisches Protektoratsgebiet.

Das Anglo-Französische Abkommen von 1890 war ein Vertrag, der die britischen und französischen Interessenssphären in Westafrika absteckte.

In der Hochphase des Imperialismus war Cecil Rhodes einer der führenden Akteure des Wettlaufs um Afrika. Die von ihm für das Britische Weltreich erworbenen Kolonien wurden nach ihm Nordrhodesien und Südrhodesien genannt. Letztere wurde der international nicht anerkannte Staat Rhodesien, heute Simbabwe. Rhodes sah die Briten als „erste Rasse der Welt“ an und träumte von einer Wiedervereinigung der anglo-amerikanischen Welt unter einer gemeinsamen, imperialen Regierung. 1888 gründete Rhodes mit Geschäftspartnern wie Alfred Beit und der Rothschild-Bank in Paris die De Beers Consolidated Diamond Mines,die letztlich das Monopol über die Diamantenproduktion im südlichen Afrika erreichte. Im Jahre 1889 bekam Rhodes von der britischen Regierung einen Freibrief: Er sollte die Britische Südafrika-Gesellschaft (BSAC) gründen, die die Entwicklung vom südlichen Afrika aus vorantreiben sollte. 1890 wurde Rhodes zum Premierminister der Kapkolonie gewählt. Seine Koalitionsregierung stützte sich wesentlich auf den burischen Afrikanerbond mit Jan Hendrik Hofmeyr als bestimmender Figur. Während seiner Regierungszeit setzten sich die Konflikte mit der RepublikTransvaal, in der die Buren gewaltsam dominierten, fort. Rhodes’ Vision war eine Vereinigung der südafrikanischen Republiken und der Kapkolonie in einer Südafrikanischen Union unter britischer Fahne. 1895 unterstützte Rhodes eine Verschwörung, die die Regierung von Paul Kruger im Transvaal stürzen sollte. Rhodes kümmerte sich nach dem Scheitern des sogenannten Jameson Raid im Jahr 1895 verstärkt um den Aufbau sowie die Weiterentwicklung Rhodesiens und trieb unter anderem den Eisenbahnbau voran (Kap-Kairo-Plan).

Im geheim gehaltenen Vertrag von Windsor erkannten 1899 Großbritannien und Portugal gegenseitig ihre kolonialen Besitzungen in Afrika an. Großbritannien erhielt das Recht auf freie Truppenbewegungen in den portugiesischen Kolonien gegen die Verpflichtung, Portugal bei deren Verteidigung zu helfen.

Als besonders berüchtigt galten die Zustände im „Kongo-Freistaat“, einer Privatkolonie des belgischen Königs Leopold II., die er nach den Kongogräueln 1908 dem belgischen Staat überlassen musste. Im Zuge des belgischen Kolonialismus gründete König Leopold II von Belgien 1898 das „Kongo-Museum“, das 1952 in Königliches Museum für Zentral-Afrika umbenannt wurde.[27]

Parade zur Abtretung Helgolands an Deutschland am 10. August 1890

Im Juli 1890 schlossen das Deutsche Reich und Großbritannien den Helgoland-Sansibar-Vertrag, in welchem die Einflußspären beider europäischer Mächte in Afrika festgelegt und die Schutzherrschaft Großbritanniens über die Inseln Sansibar und Pemba formal anerkannt wurden. Die deutsche Kolonie Wituland wurde an Großbritannien abgetreten, das Deutsche Reich verzichtete auf weitere koloniale Ansprüche in Afrika und erhielt im Gegenzug die Insel Helgoland von Großbritannien. Der Vertrag löste unter den deutschen Kolonisten einen Sturm der Entrüstung aus.

Auf der Westafrika-Konferenz in Berlin 1884/85 versuchte der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck die Aufteilung Afrikas in Interessensphären im Sinne des europäischen Gleichgewichts zu beeinflussen. Das Deutsche Reich hatte mehrere Kolonien in Afrika: Togo und Kamerun in Westafrika, Deutsch-Südwestafrika und in Ostafrika große Teile des heutigen Tansania.

Zeitgenössische, in der britischen Zeitschrift Punch veröffentlichte Karikatur zur Entente cordiale: John Bull, eine nationale Personifikation Großbritanniens, führt Marianne, die nationale Personifikation Frankreichs, am Arm, während ein Offizier mit den Zügen Kaiser Wilhelms II. dies mit verächtlichem Blick quittiert.

Bis etwa 1890 war die deutsche Kolonialpolitik vor allem dadurch geprägt, dass man gegenüber den übrigen europäischen Kolonialmächten aufholen und es vor allem besser machen wollte. Das Deutsche Reich verfügte jedoch über keinerlei koloniale Erfahrungen und kaum Kapital zur Bewältigung derartiger Vorhaben. Schnelle Erfolge stellten sich in der Folge auch nicht ein und die frühe Vorstellung, Länder zu kolonisieren und dabei schnell Erträge und Gewinne zu erzielen, geriet mit der Wirklichkeit in Widerspruch. Um erforderliches Kapital zu mobilisieren, kam es zur Gründung der Deutschen Kolonialgesellschaft im Jahr 1887. 1890 wurde im Auswärtigen Amt eine Kolonialabteilung aufgebaut, um die entsprechende koloniale Politik umzusetzen.[28]

„Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservierte, wo die reine Doktrin thront – diese Zeiten sind vorüber … Mit einem Worte: Wir wollen niemanden in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.“[29]

Das 1904 zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich geschlossene Abkommen Entente cordiale (französisch für „herzliches Einvernehmen“) regelte die kolonialen Einflussgebiete Großbritanniens und Frankreichs in Afrika. Schwerpunkt des Abkommens waren dabei die Kolonien Ägypten und Marokko. Durch die Entente cordiale wurde Marokko Frankreich und Ägypten dem Vereinigten Königreich zugeschrieben. Die Großmächte versicherten einander, den politischen Status der jeweiligen Kolonie nicht zu verändern und die Interessen des Vertragspartners in der Kolonie zu beachten. Zudem sicherten sie einander den freien Verkehr durch den Sueskanal sowie durch die Straße von Gibraltar zu.

Im Januar 1904 begann in Deutsch-Südwestafrika der Aufstand der Herero und Nama. Im Verlauf des Kolonialkriegs erließ der deutsche General Lothar von Trotha seinen berüchtigten Schießbefehl „Aufruf an das Volk der Herero“. Dabei kam es zum Völkermord an den Herero und Nama.

Asien

Eine französische politische Propagandakarikatur, die China als Kuchen darstellt, der von Königin Victoria (Britisches Weltreich), Kaiser Wilhelm II. (Deutsches Kaiserreich), Zar Nikolaus II. (Russisches Kaiserreich), Marianne (Dritte Französische Republik) und einem Samurai (Japanisches Kaiserreich) zerteilt werden soll, während ein chinesischer Mandarin hilflos zusieht. (1898)

In Asien vergrößerte Frankreich seine Besitzungen und vollendete die Gründung von Französisch-Indochina. Zwischen 1870 und 1914 vergrößerte Frankreich sein Kolonialreich insgesamt um das Elffache. Die Ausbeutung der Kolonialgebiete eröffnete der französischen Wirtschaft neue Absatzmärkte und sorgte gleichzeitig für große Rohstoffreserven. Frankreich hatte bereits seit dem späten 18. Jahrhundert ein grundsätzliches Interesse an den Gebieten des heutigen Vietnam. Damals begann der französische Missionar Pigneau de Béhaine, französische Freiwillige zu rekrutieren, welche Gia Long auf den Thron Vietnams helfen sollten, wo dieser später die Nguyễn-Dynastie begründete. Durch die Unterstützung Gias erhoffte Pigneau, Privilegien für die katholischen Missionare und für Frankreich zu erlangen. Im Jahr 1858 führte Frankreich erstmals eine Expedition nach Vietnam und annektierte 1862 mehrere Provinzen im Süden des Landes, aus welchen sie 1864 die Kolonie Cochinchina formten. Bald darauf begannen französische Entdecker, den Roten Fluss zu befahren und durch das nördliche Vietnam in dessen Quellgebiet nach Yunnan vorzudringen. Sie hofften, dass über diesen Fluss ein Handel mit dem inneren Chinas etabliert werden könnte, welcher die von China freigegebenen Vertragshäfen umgehen würde. Dies wurde jedoch durch die Schwarzen Flaggen verhindert, eine chinesische Banditengruppe, welche sich ab 1865 in Nordvietnam festgesetzt hatte. Die vietnamesische Regierung, deren eigene, schlecht ausgerüstete und trainierte Armee nicht in der Lage war, den Franzosen effektiven Widerstand zu leisten, wandte sich an die Schwarzen Flaggen. Parallel bat die Regierung in Hanoi auch die Chinesen um Hilfe. Da Vietnam seit langem ein Vasallenstaat Chinas war, stimmte dieses zu, die Truppen der Schwarzen Flaggen auszurüsten und politisch gegen die französischen Aktionen in Tonkin vorzugehen. Zwischen August 1884 und April 1885 wurde im Gebiet von Tonkin, Taiwan und entlang der südostchinesischen Küste der Chinesisch-Französische Krieg ausgetragen. Da die Franzosen ihre ursprünglichen Kriegsziele erreichten, wird der Krieg allgemein als französischer Sieg angesehen.[30][31] Da die Chinesen jedoch auf dem Schlachtfeld einige Siege erringen konnten und sich besser schlugen als in vorangegangenen Kriegen gegen fremde Mächte, wird der Krieg dort häufig als unentschieden oder sogar chinesischer Sieg verstanden.[32]

Das Deutsche Reich wurde 1884 ebenfalls zu einer Kolonialmacht mit verschiedenen Kolonien in China, Afrika und Ozeanien. In Ozeanien kamen noch Neuguinea und Samoa hinzu. In China kam 1898 das Pachtgebiet Kiautschou (heute: Jiaozhou) um die Hafenstadt Tsingtau (heute: Qingdao) hinzu.

Siegesfeier der Vereinigten acht Staaten auf dem Gebiet der Verbotenen Stadt in Peking, China am 28. November 1900.

Das gewaltsame Vorgehen der Yihetuan, die aufgrund ihrer traditionellen Kampfkunstausbildung im Westen als „Boxer“ bezeichnet wurden, gegen christliche Missionare und andere Vertreter westlicher Staaten, entwickelte sich zu einem Krieg zwischen dem Kaiserreich China und den europäischen Großmächten, den USA und Japan. Im Frühjahr und Sommer 1900 führten die imperialistischen Vereinigten acht Staaten einen Krieg gegen das Chinesische Kaiserreich. Nach der Auseinandersetzung wurde die chinesische Regierung dazu gezwungen, das Boxerprotokoll zu unterzeichnen, das sie zu weitgehenden Zugeständnissen gegenüber den Kolonialmächten zwang.

Im Jahr 1900 wurde in London das Jangtse-Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien zur Regelung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen im Kaiserreich China geschlossen, dem später weitere Großmächte beitraten. Das Abkommen deklarierte das bereits im Jahr zuvor vom US-amerikanischen Außenminister John Hay eingeforderte „Prinzip der offenen Tür“ für den Handel und die sonstige wirtschaftliche Tätigkeit auf den Flüssen sowie an der Küste Chinas für die europäischen Länder und die Vereinigten Staaten.

1901 formierten sich auf dem Australischen Kontinent die einst voneinander unabhängigen Kolonien – New South Wales, Queensland, South Australia, Tasmanien, Victoria und Western Australia – zum Commonwealth of Australia. Erste Hauptstadt Australiens wurde Melbourne.

1907 stimmten im Vertrag von Sankt Petersburg das Vereinigte Königreich und Russland ihre Interessensphären in Zentralasien ab. Persien wurde in drei Zonen aufgeteilt. Afghanistan wurde zur britischen Einflusszone. Tibet wurde in der Anglo-Russischen Konvention (1907) zur neutralen Zone erklärt. Die Ansprüche Chinas wurden anerkannt.

BASF-Werk Ludwigshafen 1881

Wirtschaft, Handel und Finanzen

Europa erlebte während der Belle Époque ein Wirtschaftswachstum ohnegleichen, wovon vor allem das Bürgertum profitierte. Es kam zu einem Bauboom in den Städten und an den Stadträndern. In diesen Gebieten entstanden zahlreiche Mehrfamilienhäuser und Villenquartiere.[33]

August Wilhelm Dieffenbacher: An der alten Ölfabrik Mannheim Lindenhof. Öl auf Leinwand (1897)

Triebkraft für den wirtschaftlichen Aufschwung in Europa war die zweite Welle der Industriellen Revolution. Ihre Schwerpunkte waren: Energiewirtschaft, chemische Industrie, Elektrotechnik, Stahlindustrie und das Verkehrswesen. An den Standorten der Fabriken wuchsen neue und größere städtische Ballungsräume. Damit entstanden auch neue Gesundheitsprobleme, aber auch neue Ansätze zu ihrer Lösung.

Die Industrialisierung Frankreichs im 19. Jahrhundert verlief langsamer als in Großbritannien und Deutschland, obwohl noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts das französische Kaiserreich unter Napoleon die führende Wirtschaftsmacht Europas gewesen war.

1881 eröffnet Rudolph Karstadt ein erstes Geschäft in Wismar unter dem Namen Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft Karstadt. Karstadt hatte von Anfang an Erfolg mit günstigen Festpreisen anstelle des sonst noch üblichen Handelns, sodass schnell weitere Filialen in 24 Städten Norddeutschlands eröffneten.

1908 wurde in Deutschland der Zehnstundentag eingeführt.

In Berlin wurde 1909 der Hansabund zur Vertretung der Interessen von Handel, Gewerbe und Industrie gegründet.

Landwirtschaft

Dampftraktor im Einsatz in den USA (1904)

Die europäische Kolonisation während der Belle Époque war der Beginn einer globalen Ausweitung der Agrarwirtschaft und des Welthandels mit Agrarprodukten. Dies umfasste die Übertragung von Produktionsformen in andere Kontinente, die Entstehung einer neuen export- und kapitalorientierten Betriebsform (Plantagenwirtschaft) – oft auf Kosten der Selbstversorgung der Bevölkerung – und die Verbreitung von Kulturpflanzen und Nutztieren weit über ihre ursprünglichen Herkunftsgebiete hinaus (Columbian Exchange).

Die Epoche war auch geprägt durch eine fortschreitende Technisierung und Spezialisierung in der Landwirtschaft. Bereits 1840 beschrieb Justus von Liebig in seinem Werk Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie die Möglichkeit des Einsatzes von Mineraldünger. Zwischen 1905 und 1908 entwickelte der Chemiker Fritz Haber die katalytische Ammoniak-Synthese. Dem Industriellen Carl Bosch gelang es daraufhin, ein Verfahren zu finden, das die massenhafte Herstellung von Ammoniak ermöglichte. Das Haber-Bosch-Verfahren bildete die Grundlage der Produktion von synthetischem Stickstoff-Dünger und ermöglichte ebenso wie die Erfolge in der Pflanzen- und Tierzüchtung und die Entwicklung neuer Maschinen eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge um ein Vielfaches.

Mit landwirtschaftlichen Maschinen wie dem Dampfpflug konnten Felder nun effizienter und in größerem Maßstab als zuvor bearbeitet werden. Ab den 1870er Jahren wurden Lokomobile, fahrfähige Dampfmaschinen, zum unmittelbaren Zug von landwirtschaftlichen Geräten eingesetzt. Der Einsatz von Dampftraktoren in der Landwirtschaft zum direkten Zug des Pfluges oder anderer Ackergeräte war in Europa aufgrund der Beschaffenheit der zumeist tiefgründigen europäischen Böden nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Der Einsatz eines Dampfpfluges sah in Europa daher meist so aus, dass der Pflug von zwei am Feldrand stehenden Dampftraktoren an einem Seil hin- und hergezogen wurde. Auf den wesentlich tragfähigeren Prärieböden Amerikas waren Dampftraktoren jedoch häufiger als Zugmaschinen im Einsatz. Der Betrieb gestaltete sich jedoch aufwendig und umständlich, da große Mengen Kohle und Wasser beigeschafft werden mussten.

Energiewirtschaft

Mit der Industrialisierung nahm die Kohlewirtschaft ihren Aufschwung. Kohle war als Brennstoff die wichtigste Energiequelle für die Befeuerung von Dampfkesseln und somit für den Antrieb von Dampfmaschinen, die wiederum Dampflokomotiven und --schiffe sowie alle Arten von Produktionsmaschinen in Fabriken und Generatoren in Kraftwerken antrieben. Mit Holz, dem zuvor dominierenden Brennstoff, war man nicht mehr in der Lage, den wachsenden Energiehunger von Industrie, Gewerbe, Transport und Verkehr zu decken.[34]

Zwei Gasbehälter des Gaswerks Wien-Simmering, 1901

Stadtgas bezeichnet ein ab der Mitte des 19. Jahrhunderts weithin übliches Brenngas, das zumeist in städtischer Regie durch Kohlevergasung hergestellt wurde. Es diente zur Beleuchtung von Straßen und Wohnungen und dort auch zum Betreiben von Gasherden und Gasdurchlauferhitzern. 1875 die Herstellung von Wassergas unter Luftabschluss. Das CWG-Verfahren (blue water gas, erfunden 1850 von Carl Wilhelm Siemens) war das übliche Verfahren der Stadtgaserzeugung ab den 1880ern bis etwa 1950. Mit der Entwicklung des Glühstrumpfs durch Carl Auer von Welsbach im Jahr 1885 wurde das Licht von Gaslampen mit nun wesentlich höherer Leuchtkraft auch konkurrenzfähig zur elektrischen Beleuchtung. Da die Elektrizität im Vergleich zum Stadtgas allerdings sauberer, ungefährlicher und einfacher zu handhaben war, wurde der Gebrauch von Stadtgas als Leuchtmittel immer weiter zurückgedrängt und verblieb vor allem zum Kochen und Heizen.

Die Verwendung von Leuchtgas hatte weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen. Zunächst profitierte vor allem die Industrie davon, deren Werke in der Mitte des 19. Jahrhunderts zuerst beleuchtet wurden und dort eine deutliche Verlängerung der Arbeitszeiten ermöglichten, bis hin zu durchgehenden Nachtschichten (insbesondere in den Spinnereibetrieben in England). Die Straßenbeleuchtung ermöglichte einen sichereren städtischen Verkehr. Das Lesen von Büchern verbreitete sich als Abendbeschäftigung. Gaswerke entstanden in nahezu jeder Stadt in Großbritannien. Über Druckgasleitungen wurden die Städte mit Gas versorgt und beleuchtet. Mit der Erfindung des Gaszählers in den späten 1880ern wurde Stadtgas auch in Privathaushalten üblich und fand zunehmend weitere Verwendungen.

Die großtechnische Ausbeutung der Erdöllagerstätten begann ebenfalls im 19. Jahrhundert. Es war bereits bekannt, dass bei Bohrungen nach Wasser und Salz gelegentlich Erdöl in die Bohrlöcher einsickerte. Die ersten Bohrungen wurden 1844 vom russischen Ingenieur F. N. Semjonow mit einem Schlagbohrsystem im heute noch genutzten Ölfeld von Bibi-Eibat bei Baku durchgeführt. Der Bericht über diese weltweit erste industrielle Ölbohrung blieb aber mehrere Jahre in der Bürokratie des Zarenreichs hängen und gelangte erst in einem Bericht vom 14. Juli 1848 an den Zarenhof.

Standard Oil Erdölraffinerie No. 1 in Cleveland, Ohio, USA (1899)

Die 1863 von John D. Rockefeller gemeinsam mit einigen Geschäftspartnern (u. a. Henry M. Flagler) gegründete US-amerikanische Standard Oil Company war bis zu ihrer Zerschlagung das größte Erdölraffinerie-Unternehmen der Welt. Das Geschäftsgebaren des Unternehmens führte zur ersten Anti-Monopol-Gesetzgebung der USA und schließlich zur Entflechtung des Unternehmens.

Die Geschichte der British Petroleum Company beginnt in Deutschland. 1904 wurde in Berlin die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft (DPAG) gegründet, die 1906 in die Europäische Petroleum-Union (EPU) überging.

Das Mineralölunternehmen Shell entstand 1907 aus einem Zusammenschluss der N.V. Koninklijke Nederlandse Petroleum Maatschappij (Royal Dutch Petroleum Company), Den Haag, und The „Shell“ Transport and Trading Company p.l.c., London.

Mit der Gründung der Anglo-Persian Oil Company nahm 1909 die Geschichte der modernen Mineralölindustrie im Nahen Osten ihren Anfang.

Bis zum Ersten Weltkrieg gab es in Frankreich keine nationale Erdölpolitik. Zu Beginn des Krieges erkannte die französische Regierung jedoch die Bedeutung von Öl zur Kriegführung. Ohne Öl bzw. Benzin flogen weder Flugzeuge, noch rollten LKW oder Artillerietraktoren. Zwar beruhte das Transportwesen während des Ersten Weltkrieges in Frankreich, Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland größtenteils auf Pferdefuhrwerken und der Eisenbahn, aber die Bedeutung von Öl und Benzin war bereits erheblich.

Währungssystem

Im Wahlkampf von 1900 warb William McKinley für einen klassischen Goldstandard und gegen den Bimetallismus.

Das Währungsregime des Goldstandards hatte sich weltweit um das Jahr 1870 herum durchgesetzt und war ab 1880 in den Industriestaaten das anerkannte System geworden. Mit der vermehrten Nutzung von Banknoten und Giralgeld entfernte sich die Geldmenge bereits Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr vom reinen Goldstandard in Richtung auf ein Proportionalsystem.

Die Reparationszahlungen, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg ab 1871 vom besiegten Frankreich an Deutschland flossen, waren die Grundlage der neuen deutschen Goldwährung, der Mark. Frankreich musste Reparationen in Höhe von fünf Milliarden Franc zahlen. Dies geschah zu 273 Millionen Franc in Form von Goldmünzen. 4,2 Milliarden Franc wurden in Form von Wechseln beglichen, die in britischen Pfund Sterling notiert waren. Diese Wechsel wurden bei der Bank of England in Gold umgetauscht.[35] In Deutschland wurde dieses Gold geschmolzen und zu eigenen Münzen geprägt beziehungsweise als Goldreserve bei der Reichsbank hinterlegt. Gleichzeitig verkaufte Deutschland seine Silberbestände und kaufte weiteres Gold auf dem Weltmarkt zu. Um einer Abwertung der Silberwährungen durch die hohe Silbermenge auf dem Markt entgegenzuwirken, limitierten Frankreich und die Lateinische Münzunion die Prägung von Silbermünzen. International sank jedoch der Silberwert – die Silbermünzen der Münzunion wurden faktisch von vollwertigen Kurantmünzen zu Scheidemünzen.

In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts führten die Vereinigten Staaten, Russland und Japan den klassischen Goldstandard ein. 1898 wurde die indische Rupie an das Pfund Sterling gebunden, darauf folgten auch Ceylon und Siam. In Lateinamerika gab es eine Lobby der Silberminenbetreiber, aber trotz deren Aktivitäten führten auch Mexiko (damals unter Porfirio Díaz), Peru und Uruguay den Goldstandard ein.[36]

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Einlösungspflicht von Banknoten in Gold von vielen Staaten ausgesetzt, so dass der Goldstandard in den Jahren ab 1914 praktisch aufgehoben war.

Welthandel

Schaubild des Suezkanals (1882)

Mit der Konvention von Konstantinopel wurde 1888 der völkerrechtliche Status des Suezkanals vertraglich geregelt. Der Suezkanal verkürzte den Seeweg zwischen Europa und Asien und förderte damit den Welthandel.

Die industrielle Revolution führte zu einem Produktionsboom in vielen Ländern, was zu einem erhöhten Bedarf an Rohstoffen und einem Anstieg der produzierten Waren führte, die auf den Weltmärkten gehandelt wurden.

Der Kapitän Peter Mærsk Møller und sein Sohn Arnold Peter Møller gründeten 1904 in Svendborg eine Dampfschiffgesellschaft, die A/S Dampskibsselskabet Svendborg, die sich mit der Zeit zum größten dänischen Unternehmen A. P. Møller-Mærsk und einem Global Player im Logistikbereich entwickeln sollte.

Viele Staaten verfolgten eine liberale Handelspolitik und reduzierten Zölle und Handelsbarrieren, was den internationalen Handel förderte.

Die Expansion und Integration der globalen Finanzmärkte, insbesondere in London, trugen dazu bei, dass Kapital internationaler verfügbar wurde und somit Investitionen und Handel weltweit unterstützte.

Viele Länder adoptierten den Goldstandard, wodurch ihre Währungen an eine feste Menge Gold gebunden waren. Dies sorgte für Preisstabilität und erleichterte den internationalen Handel, da Wechselkursrisiken minimiert wurden.

Mit dem Bevölkerungswachstum und der Verstädterung stieg die Nachfrage nach importierten Waren.

Kolonialwaren

Deutsche Kolonialschokolade und Kakao, Stollwerck 1890

Der Welthandel war von kolonialen Strukturen geprägt. Die als Kolonialwaren bezeichneten überseeischen Lebens- und Genussmittel, wie Zucker, Kaffee, Reis, Tabak, Kakao, Gewürze und Tee wurden von Kolonialwarenhändlern in großem Stil importiert und in sogenannten Kolonialwarenläden verkauft. Streng genommen war das Kernangebot der Kolonialwarenläden an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nichts Neues, denn Kaffee, Kakao, Tee, Zucker und Gewürzen wurden bereits seit Jahrhunderten nach Europa importiert und bereicherten als exotische Luxuswaren das Leben an den europäischen Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts. Neu war allerdings, dass nun auch ganz normale Bürger diese Güter erwerben konnten.

Kolonialwarenläden waren beliebt und die Anzahl der Kolonialwarenhandlungen und -großhandlungen in den Städten stieg rasant an: In der badischen Stadt Mannheim waren es 1850 beispielsweise 14, 1875 bereits schon 30 Geschäfte. Im Jahr 1900 gab es 265 Kolonialwarenläden und 29 Großhändler im Mannheim. Auch der Konsum, die von der Arbeiterbewegung getragene Genossenschaft, verkaufte Kolonialwaren.[37][38] Die erste Edeka-Genossenschaft entstand 1898, als sich 21 Kaufleute aus dem Deutschen Reich im Hallesches-Tor-Bezirk in Berlin zur Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin – kurz E. d. K. – zusammenschlossen.[39] 1893 gründet Franz Zentis in Aachen ein Kolonialwarengeschäft, aus dem das Konfitüren, Süßwaren und andere Lebensmittel produzierende Unternehmen Zentis hervorgeht.

Während 1875 schon rund 185.000 Kolonialwarenläden in Deutschland existierten, stieg ihre Zahl rasch über 300.000 (1895) auf 540.000 im Jahr 1914. Dem Historiker Uwe Spiekermann zufolge, bildete die Vielzahl von kleinen Einzelhandelsgeschäften die Basis der entstehenden Konsumgesellschaft.[40]

Nahrungs- und Genußmittel

Historischer Briefkopf der Konservenfabrik Tschurtschenthaler (1901)

Im ausgehenden 19. Jahrhundert kamen erste Fertiggerichte auf den Markt. Bereits in den 1860er Jahren wurde erstmals aus dem Muskelfleisch von Rindern Fleischextrakt auf industrieller Basis gewonnen. Dies war der Beginn der Lebensmittelindustrie.[41] Die Maggi-Würze wurde am 8. Juni 1886 von Julius Maggi als preiswerter Ersatz für Fleischextrakt entwickelt. Die Maggi-Flasche mit dem typischen eckigen Design und gelb-rotem Etikett wurde 1887 ebenfalls von Julius Maggi entworfen. Sie wird mit nur geringfügigen Veränderungen bis heute verwendet.

Der russische Ingenieur Yevgeny Fedorov erfand 1897 die selbsterhitzende Mahlzeit in Form von Konservendosen, die ohne die Zuhilfenahme einer Kochstelle durch chemische Prozesse erhitzt werden konnte. Die Lebensmittelkonservierung war eine wichtige Voraussetzung für die Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion.

Der Karlsruher Physiker Heinrich Meidinger entwickelte 1870 eine einfache Maschine für die Herstellung von Eis für den Hausgebrauch.

1876 entwickelte der deutsche Ingenieur und Unternehmer Carl von Linde das für die Wissenschaft und Technik fundamentale Linde-Verfahren. Seine Erfindung erlaubte es, die Zuverlässigkeit des Kompressors und der gesamten Kältemaschine so zu verbessern, dass diese industrietauglich wurden. Nun konnte man Wassereis ganzjährig industriell herstellen; man war nicht mehr auf Natureis angewiesen. Auch seine Erstentwicklung wurde damals noch mit Ammoniak betrieben. Diese Substanz ist giftig, ätzend und verursachte nicht nur Lecks, sondern auch einen üblen Geruch. Für den Hausgebrauch geeignete Kühlschränke waren erst seit der Entwicklung von Ersatzchemikalien in den 1920er Jahren verfügbar.

Coca-Cola Werbung Ende des 19. Jahrhunderts

Der erste gekühlte Fleischtransport fand 1875 von New York nach London statt, bereits ein Jahr später erfand Carl von Linde die Kompressionskältemaschine, welche die Grundlage der modernen Kühltechnik darstellt. In der Folgezeit konnten so Kühlhäuser in Fleischfabriken und Bierbrauereien entstehen und Frachtschiffe mit Kühlräumen ausgestattet werden.

In New York City wurde 1885 eine Cafeteria als weltweit erstes Selbstbedienungsrestaurant eröffnet, das jedoch nur Männern vorbehalten war. Die Young Women’s Christian Association eröffnete in New York und in Chicago ähnliche Einrichtungen für Frauen. Die frühen Cafeterias nahmen die Stelle von Betriebskantinen ein, die es damals in vielen Unternehmen nicht vorhanden waren. Eine wichtige Rolle für die Verbreitung von Schnellrestaurants spielte die Weltausstellung 1893 in Chicago, bei der eine Cafeteria vorgestellt wurde.

John Stith Pemberton, der eigentlich einen Sirup zur Linderung von Kopfschmerzen herstellen wollte, erfand am 8. Mai 1886 durch Zufall das Erfrischungsgetränk Coca-Cola.

Der Arzt John Harvey Kellogg ließ den Patienten seines Sanatoriums in Battle Creek (Michigan) 1897 erstmals Cornflakes servieren, die er zuvor zusammen mit seinem Bruder Will Keith Kellogg erfunden hatte.

Melitta Bentz meldete 1908 das Patent für Rundfilter mit vorgefertigtem Filterpapier zur Zubereitung von Kaffee an, zuvor wurde für die Zubereitung von Kaffee ein herkömmliches Sieb verwendet, in das ein Leinentuch oder ausgeschnittenes Löschpapier eingesetzt wurde.

Organisationen und Konferenzen

Im Zeitalter der Belle Époque wurden viele nationale und internationale Organisationen, Verbände und Institutionen gegründet. Die Anzahl internationaler wissenschaftlicher Konferenzen nahm in dieser Zeit ebenfalls deutlich zu.

Gewerkschaften und Parteien

Die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels hatten großen Einfluss auf politische Bewegungen, Parteien und Ereignisse in Europa und darüber hinaus. Innerhalb der sozialistischen und kommunistischen Bewegungen kam es zu tiefgreifenden Debatten über die Interpretation und Anwendung der Marxschen Theorien. Es gab Spannungen zwischen Reformisten, die glaubten, dass Sozialismus durch demokratische Mittel erreicht werden könne, und Revolutionären, die eine radikalere Veränderung anstrebten.

Jean Jaurès, 1904, von Nadar

Paul Lafargue gründete 1882 zusammen mit Jules Guesde den Parti ouvrier, die erste marxistische Partei Frankreichs. Im Jahr 1889 eröffnete er den Internationalen Arbeiterkongress in Paris.

Als einer der profiliertesten Verfechter des Reformsozialismus auf humanistisch-pazifistischer Grundlage setzte sich Jean Jaurès am Vorabend des Ersten Weltkrieges leidenschaftlich für die Belange des Pazifismus und gegen den drohenden Krieg ein. Bei Friedensdemonstrationen und im Parlament trat er für eine politische Verständigung mit Deutschland ein, was ihm den Hass der politischen Rechten einbrachte. Sein Denken wurde von so unterschiedlichen Personen wie Pierre J. Proudhon, Auguste Blanqui, Karl Marx, Henri de Saint-Simon, Auguste Comte, Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte, Ferdinand Lassalle, Leo Tolstoi oder Pjotr Alexejewitsch Kropotkin geprägt.

1884 wurden die Gewerkschaften in Frankreich legalisiert. Die Gründung der Gewerkschaft CGT fand auf einem Kongress vom 23. bis 28. September 1895 in Limoges durch den Zusammenschluss der Fédération des bourses du travail und der Fédération nationale des syndicats statt. Im Oktober 1906 wurde auf dem 9. Kongress der CGT die Charta von Amiens verabschiedet.

In ganz Europa organisierten sich Arbeiter in Gewerkschaften und politischen Parteien, wie den Vorgängerparteien der Parti Socialiste (PS) in Frankreich, der Labour Party in England, der SPD in Deutschland und der SDAP in Österreich. Diese Organisationen gewannen bis 1914, trotz mancher Rückschläge, zunehmend an Einfluss in ihren jeweiligen Heimatländern.

1889 wurde die Zweite Internationale als Verband sozialistischer Parteien gegründet. Sie vertrat eine breite Palette von sozialistischen Strömungen, einschließlich marxistischer. Die Internationale förderte die Solidarität unter den Arbeitern und setzte sich für Reformen wie den Achtstundentag ein.

Die wachsende Popularität marxistischer Ideen führte zu vehementer Kritik und Gegnerschaft von Seiten konservativer und liberaler Kräfte. Viele Regierungen betrachteten sozialistische Bewegungen mit Misstrauen, begegneten ihr mit offener Feindseligkeit und ergriffen Maßnahmen, um sie zu unterdrücken.

Frauenbewegung

Feministin Hubertine-Auclert (1910)

Hubertine Auclert gründete 1883 die Société le suffrage des femmes. Sie war die erste Frauenrechtlerin, die sich 1882 selbst als féministe (Feministin) bezeichnete. Auclert sprach sich für das Frauenwahlrecht und eine völlige rechtliche Gleichstellung von Frauen aus. Gemeinsam mit der Feministin Madeleine Pelletier demonstrierte sie 1908 vor Wahllokalen.

Sechs Frauen um Emmeline und Christabel Pankhurst gründeten 1903 in Manchester die Women’s Social and Political Union, eine Frauenstimmrechtsvereinigung. Sie sind die ersten, die den Beinamen Suffragetten bekommen werden.

1907 demonstrierten in London 3.000 britische Suffragetten für die Einführung des Stimmrechts für Frauen, an ihrer Spitze Lady Frances Balfour und Lady Millicent Garrett Fawcett.

Der erste Internationale Frauentag fand am 19. März 1911 statt. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen.

Geschlechtskrankheiten

Alfred Graetzer: Porträt Albert Neisser, 1910

Im Jahr 1902 wurde von den Dermatologen Alfred Blaschko, Edmund Lesser, Albert Neisser, Eugen Galewsky und Alfred Wolff die Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (DGBG) gegründet, aus der später die DSTIG hervorging. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Prostitution und der damit verbundenen Zunahme von Geschlechtskrankheiten führten deren Mitglieder Diskussionen über Strategien zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten sowie über Werte- und Moralvorstellungen.

„Einen Mittelpunkt für alle Bestrebungen zu schaffen, welche zu einer Einschränkung der Geschlechtskrankheiten führen können“ – so lautet das 1902 selbstformulierte Ziel der Fachgesellschaft im Gründungsaufruf der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (DGBG), aus der später die DSTIG hervorging. Der Breslauer Venerologe Albert Neisser, der 1879 den Erreger der Gonorrhö entdeckte, wurde zum ersten Vorsitzenden der DGBG benannt. Ein weiteres prominentes und äußerst engagiertes Mitglied der Gesellschaft war Alfred Blaschko. Er wurde 1902 zum Generalsekretär ernannt und übernahm ab 1916 den Vorsitz der DGBG. Mit den Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten hatte die Gesellschaft ein eigenes Periodikum.

Jugendbewegung und Jugendherbergen

Zimmer der ersten Jugendherberge in der Burg Altena um 1910

Um die Jahrhundertwende entstand die erste Jugendbewegung in Deutschland. Im Wandervogel schlossen sich Gymnasiasten zusammen. Die Wandervögel wollten nicht nur eine alternative Freizeitgestaltung, sondern forderten auch mehr Rechte für Jugendliche und eine Mitsprache in den Schulen. Darüber hinaus formten sie eine eigene Jugendkultur, die sich von der Kultur der Erwachsenen abgrenzte. Neben der bürgerlichen Jugendbewegung entwickelte sich auch eine Jugendbewegung der Arbeiter. Deren Ziele waren bessere Arbeits-, Ausbildungs- und Lohnbedingungen sowie eine sozialistische Erziehung und allgemeine Bildung.

Im Zuge der Jugendbewegung entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts Jugendherbergen als Unterkünfte für junge Menschen, Jugendgruppen und Schulklassen. 1909 hatte Richard Schirrmann, ein Lehrer an der Schule in Altena, erstmals die Vision einer Jugendherberge. Die Idee wurde von ihm in seiner Schule 1911 realisiert.

Wissenschaft und Technik

Teilnehmerkarte für den deutschen Bibliothekartag in Marburg 1900

Ostern 1893 fand in München die „Erste Versammlung Deutscher Historiker“ statt, bei der Wissenschaftler und Schulpraktiker gemeinsam gegen den neuen preußischen Geschichtslehrplan von 1892 protestierten. Danach fanden Deutsche Historikertage unregelmäßig alle ein bis zwei Jahre in deutschen (und bis 1927 auch in österreichischen) Städten statt.

Der erste deutsche Bibliothekartag fand auf Anstoß von Karl Dziatzko 1897 in Dresden als Deutsche Bibliotheksversammlung statt. Als Deutscher Bibliothekartag firmiert die seit 1900 jährlich (mit Unterbrechungen) stattfindende Versammlung der Bibliothekare in Deutschland.

Die Deutsche Orient-Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte des antiken Vorderen Orients wurde 1898 in Berlin gegründet. Im gleichen Jahr wurde ebenfalls in Berlin die Deutsche Gesellschaft für Heereskunde zur Pflege und des Studiums der kulturgeschichtlichen Entwicklung der deutschen und internationalen Heere gegründet.

In Frankfurt am Main wurde 1903 der Bund Deutscher Architekten (BDA) gegründet, 1907 der Deutsche Werkbund in München.

1911 wurde die „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (ab 1948: Max-Planck-Gesellschaft) zur Förderung der Wissenschaften“ in Berlin gegründet. Sie konzentrierte sich auf die naturwissenschaftliche Forschung.[42]

Die Zeitschrift Technology Review wurde 1899 vom US-amerikanischen MIT gegründet und als Zeitschrift für seine eigenen Absolventen herausgegeben.

Internationale Organisationen

Alfred Nobel

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhren Internationale Organisationen durch die Gründung zahlreicher Verwaltungsunionen eine erste Blütezeit. Zu den bedeutendsten dieser sog. Internationalen Ämter zählen die Internationale Fernmeldeunion (1865) und der Weltpostverein (1874). Ab 1878 konnten auf der Grundlage des Weltpostvertrags Postkarten zwischen den meisten Ländern der Welt verschickt werden.

In Stockholm und Oslo wurden 1901 erstmals der vom schwedische Erfinder und Industrielle Alfred Nobel gestiftete Nobelpreis verliehen.

Im Jahr 1901 erhielt Henri Dunant für die Gründung des Roten Kreuzes und die Initiierung der Genfer Konvention den erstmals verliehenen Friedensnobelpreis.

Am 8. September 1873 wurde das Institut de Droit international in Gent, Belgien gegründet. Die Organisation erhielt für ihr Engagement 1904 den Friedensnobelpreis.

Die auf Initiative Victor Hugos erarbeitete Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst wird 1886 von acht Staaten unterzeichnet. Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweiz, Spanien und Tunesien erkannten damit erstmals das Urheberrecht zwischen souveränen Nationen an.

Am 13. November 1891 wurde in Rom das Bureau International Permanent de la Paix gegründet. Für das von diesem Büro ausgehende Engagement erhielt es 1910 den Friedensnobelpreis.

Durch internationale Absprachen kam es zur Standardisierung von Gewichten und Längenmaßen. Mitte der 1870er-Jahre setzte sich das metrische System weitgehend durch.

Die Belgier Paul Otlet und Henri La Fontaine gründeten 1898 das Internationale Büro für Bibliographie (Bureau International de Bibliographie, BIB) und zogen damit in das Gebäude Mundaneum in Mons, Belgien.[43]

Internationale Konferenzen

Breitenkreis und Nullmeridian

Auf der Internationalen Meridian-Konferenz in Washington 1884 wurde das bis dahin bestehende Durcheinander regionaler und lokaler Zeitmessungen durch die Einteilung des Globus in Zeitzonen sowie eine internationale Datumsgrenze beseitigt.[44]

Schon früh wurde erkannt, dass die sich entwickelnde Luftfahrt neue Möglichkeiten des Reisens und des Transports mit sich bringen würde, und dass ein System von rein nationalen Regelungen dieser Entwicklung gegenüber nicht angemessen war. Deshalb lud Frankreich 1910 zu einer internationalen Luftfahrtkonferenz nach Paris ein. An dieser Konferenz nahmen 18 Staaten teil, die sich auf grundlegende international gültige Prinzipien der Luftfahrt einigten. Damit war ein Anfang gemacht, doch verhinderte der Erste Weltkrieg die Weiterentwicklung dieser Arbeit.[45]

Alfred Michaux (um 1905)

Nach der Berliner Konferenz von 1884 bis 1885 entstand die wichtigste afrikanische Bewegung der Dekolonialisierungsgeschichte: der Panafrikanismus als Bindeglied vieler afrikanischer Befreiungsbewegungen. Die Basis dafür war der Widerstand schwarzer Arbeiter und Soldaten der afrikanischen Diaspora in Europa und Übersee, die gegen Rassenhierarchien und Ausbeutung aufbegehrten.[46] Im Jahr 1900 fand in London mit Vertretern der Westindischen Inseln die erste panafrikanische Konferenz statt. Ziel war es, die Diskriminierung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und ihre Interessen besser politisch zu vertreten. Auf der Konferenz wurde der Begriff Panafrikanismus geprägt.

Der erste Esperanto-Weltkongress fand 1905 auf privater Initiative des Anwaltes Alfred Michaux hin in der nordfranzösischen Stadt Boulogne statt, auf der die Deklaration von Boulogne verabschiedet wurde.

Ab 1911 begannen die Solvay-Konferenzen auf dem Gebiet der Physik und der Chemie. Diese in Brüssel abgehaltenen Konferenzen erhielten ihren Namen nach dem belgischen Großindustriellen Ernest Solvay. Walther Nernst war durch Vermittlung von Robert Goldschmidt 1910 mit Solvay in Kontakt gekommen und hatte ihn überzeugt, eine internationale Zusammenkunft der Physiker auf höchstem Niveau zu organisieren, um die fundamentalen Probleme der gegenwärtigen Physik zu diskutieren.

Weltausstellungen

Panorama des Palais de l'Exposition Universelle, Paris 1878

Die Weltausstellung auch Exposition Universelle Internationale, Exposition Mondiale oder World’s Fair konnte sich im Zeitalter der Industrialisierung als eine internationale Leistungsschau im technischen und kunsthandwerklichen Bereich etablieren.

Die erste Weltausstellung fand 1851 auf Anregung Prinz Alberts im Londoner Hyde-Park unter dem Titel Great Exhibition of the Works of Industry of All Nations statt. Eigens für die Weltausstellung wurde von Joseph Paxton der Crystal Palace, ein 600 Meter langes Gebäude aus Glas und Eisen, errichtet.

Die erste Weltausstellung in Paris fand 1855 während des Krimkrieges statt. Sie wurde nach dem Vorbild der Londoner Great Exhibition von 1851 gestaltet. 1864 beschloss Napoléon III. die zweite Weltausstellung seines Regimes, die 1867 ebenfalls in Paris stattfand. Die Weltausstellung 1873 fand in Wien statt. Sie war die fünfte Weltausstellung und die erste im deutschsprachigen Raum. Die dritte Weltausstellung in Paris fand 1878 auf dem Champ de Mars statt. Das 77 Hektar große Ausstellungsgelände wurde in nur 19 Monaten für die nationale und internationale Leistungsschau des nach der Niederlage von 1870/71 rasch wieder erstarkten Frankreich errichtet. Das Deutsche Reich war auf der Weltausstellung nicht vertreten. Als Neuheiten wurden u. a. eine Eismaschine und elektrisches Licht vorgestellt.

Der deutsch-amerikanische Historiker Alexander C.T. Geppert sieht in den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts bereits die Erprobung einer Art von Globalität.[47]

Paris 1889

Karikatur von Gustave Eiffel, in: Le Temps, 14. Februar 1887

Eine besonders imposante Weltausstellung fand 1889 in Paris anläßlich des hundertsten Jahrestag der Französischen Revolution statt. Viele europäische Monarchen boykottierten aus diesem Grund die Schau. Mit 32 Millionen Besuchern wurde sie dennoch ein großer Erfolg. Neben 54 Nationen nahmen 17 französische Kolonien teil. Vorgeführt wurden die „Wunderwerke“ des Industriezeitalters: „…keuchende, stampfende, schwingende, Menschenarbeit verrichtende Maschinen“, wie der deutsche Schriftsteller und Theologe Adolf Hausrath schrieb: „Wir sehen Stahlmeißel, die im Stande waren, das Urgebirge zu durchbohren, und Ballons, die uns auf Verlangen in die Lüfte entführen. Wir sehen, wie Maschinen Brot backen, und andere, die Chocoladetafeln ausmünzen.“[48] Der vom französischen Ingenieur Gustave Eiffel entworfene Eiffelturm, als monumentales Eingangstor und Aussichtsturm für die Weltausstellung 1889 gebaut, galt damals als Sensation und wurde zum Symbol von Paris, sowohl für deren Bewohner als auch für die Besucher aus aller Welt.[49] Mit 300 Metern war der Eiffelturm das damals höchste Gebäude der Welt. Neben der Einweihung des Eiffelturms gab es als weitere Hauptattraktion in dem zum Jardin d’Acclimatation Anthropologique verwandelten früheren Jardin Zoologique d’Acclimatation, eine riesige Völkerschau des französischen Kolonialreichs (1877–1912).[50] Die Ausstellung war von einem gravierenden Dolmetschermangel geprägt, wie die Berliner Börsenzeitung am 13. Juni 1889 berichten konnte.[51]

Chicago 1893

Die World's Columbian Exposition fand zum vierhundertsten Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1893 in Chicago statt. Wegen der zu kurzen Vorbereitungszeit konnten die im September 1891 begonnenen Bauarbeiten zur Eröffnungsfeier am 21. Oktober 1892 nicht vollständig abgeschlossen werden. Die offizielle Eröffnung konnte daher erst 1893, ein Jahr nach dem Jubiläum, stattfinden.[52] Die Ausstellung hatte starken Einfluss auf die Architektur und die Kunst der Zeit. Sie prägte Chicagos Selbstwahrnehmung und stärkte die Amerikaner in ihrer optimistischen Sichtweise des industriellen Fortschritts. Bisher war die Stadt lediglich als Schlachthof der Nation bekannt und kämpfte gegen ein provinzielles Image. Seit dem großen Brand von 1871 hatte Chicago jedoch eine rasante Entwicklung genommen.[53] Drei Universitäten, 24 Theater und das 1891 gegründete Chicago Symphony Orchestra waren die Zeichen der kulturellen Blüte der Stadt.

Paris 1900

Weltausstellung Paris 1900

Die Weltausstellung 1900 fand unter dem offiziellen Ausstellungsmotto „Bilanz eines Jahrhunderts“ erneut in Paris statt und sollte alles bisher Dagewesene noch einmal in den Schatten stellen. Sie ging mit ihrem Kräftemessen der einzelnen Nationen auch als „Messe der Eitelkeiten“ in die Geschichte ein. Unternehmen konnten mit einer Goldmedaille als höchster Auszeichnung für ihre Erzeugnisse ausgezeichnet werden. Auch diese Ausstellung trug maßgeblich dazu bei, Paris als kulturelles und technologisches Zentrum der Welt zu etablieren.

80 000 Aussteller aus 40 Ländern und 21 Kolonien waren 1900 auf der Ausstellung vertreten, die 50 Millionen Menschen aus dem In- und Ausland anlockte. Die Festarchitektur und die Ausstellungsgebäude entlang den Ufern der Seine erstreckten sich über eine Fläche von 216ha, einige wie das Grand und Petit Palais sowie die prächtige Pont Alexandre III sind bis heute erhalten und prägen das Stadtbild von Paris.[54] Die Zugänge der neuentstandenen Metro wurden von dem französischen Architekten und Designer Hector Guimard im neuartigen Art-Nouveau-Stil gestaltet. Die 141 Überdachungen der Metroeingänge erinnern dabei mit ihren pflanzlich-organischen Formen an Libellenflügel.

Die Weltausstellung war mit den Olympischen Sommerspielen 1900 verbunden, die sich über den gesamten Zeitraum hinzogen. Diese Olympischen Spiele waren wegen der überlangen Dauer kein wirkliches Ereignis. Nur noch 1904 wurden Olympische Spiele, wie ursprünglich von John Astley Cooper und Pierre de Coubertin gefordert, zusammen mit Weltausstellungen durchgeführt.[55]

St. Louis 1904

Plakat zur Weltausstellung Gent, Belgien (1913)

Die Louisiana Purchase Exposition war eine Weltausstellung die 1904 in St. Louis im amerikanischen Bundesstaat Missouri stattfand. Sie wurde – mit einem Jahr Verspätung – zur Feier des 100. Jubiläums des Louisiana Purchase von 1803, also des Verkaufs der französischen Kolonie Louisiana an die Vereinigten Staaten, organisiert. Im Rahmen der Weltausstellung wurden auch die Olympischen Sommerspiele 1904 ausgetragen, die jedoch kaum Beachtung fanden. Insgesamt besuchten 19,7 Millionen Menschen die Ausstellung.

Brüssel 1910

Diese Weltausstellung fand genau 13 Jahre nach der Weltausstellung 1897 in Brüssel und bereits 5 Jahre nach der Weltausstellung 1905 in Lüttich statt. Drei Jahre später folgte mit der Weltausstellung von 1913 in Gent erneut eine Weltausstellung in Belgien.

Gent 1913

Die Weltausstellung in Gent 1913 war die letzte Weltausstellung vor dem Ersten Weltkrieg. Blumen und Kolonien waren die Themen dieser Weltausstellung. Gent war ein Zentrum der Blumenzucht und entsprechend prägte eine üppige Blumenpracht das Ausstellungsgelände. Zahlreiche Kolonien, darunter auch Belgisch-Kongo, unterhielten eigene Pavillons. Der Kongo-Pavillon war ein 15 Meter hoher Rundbau mit einem Durchmesser von 152 Metern und beherbergte eine Panoramaausstellung, die den belgischen Imperialismus im besten Licht erscheinen lassen sollte.

Völkerschauen

„Talofa Samoa“, Völkerschau im Tiergarten Nill Stuttgart. Postkarte (1900)

Eng verbunden mit den Weltausstellungen in der Belle Époque waren sogenannte Völkerschauen. Völkerschauen im eigentlichen Sinne gab es erst seit der Mitte der 1870er Jahre, davor wurden einzelne „exotische Menschen“ zur Schau gestellt. Der deutsche Tierhändler, Völkerschauausrichter und Zoodirektor Carl Hagenbeck veranstaltete 1874 seine erste Völkerausstellung mit „Lappländern“, mit der er die Grundlage zur erfolgreichen Veranstaltung von Völkerschauen legte. Entscheidend für die Fortentwicklung von einer bloßen Zurschaustellung „exotischer Menschen“ war der schwindende Publikumserfolg, daher wurden Völkerschauen konzipiert und mit großem Erfolg veranstaltet.

Nachdem das Deutsche Reich im Jahr 1884 mit der Besetzung von Togo, Kamerun und weiteren Gebieten zu einer Kolonialmacht wurde, sollte dies auch in Europa propagandistisch abgesichert werden. Die erste deutsche Kolonialausstellung fand 1896 im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung in Treptow als Berliner Kolonialausstellung statt.[56] Mit diesem Propagandainstrument sollte deutlich gemacht werden, dass Kolonien nicht nur den Partikularinteressen einzelner elitärer Kreise dienten, sondern dem Gesamtinteresse von Wirtschaft, Militär und Gesellschaft des imperialistischen Deutschlands. Dem „kleinen Mann“ sollten Kolonialausstellungen, die von 1896 bis 1940 in Deutschland stattfanden, zeigen, dass deutsche Kolonien auch ihm „Vorteile und Chancen“ boten.[57] Aufwändig gestaltete Programmhefte und später Postkarten, die massenhaft erstellt wurden, waren wichtige und effektivolle Werbemittel der Völkerschauen. Die Zurschaustellung fremder Völker entsprach (entgegen entsprechenden Behauptungen der Veranstalter) oft nicht der Wirklichkeit und der wahren Lebensweise der Völker, sondern war vielmehr ein Abbild europäischer Klischees gegenüber fremden Völkern, die durch Bücher und Erzählungen (z. B. von Karl May) und Berichten von Entdeckern entstanden waren.

Für die Forscher der damaligen Wissenschaftsdisziplinen wie Anthropologie, Ethnologie, Anatomie, Medizin und Urgeschichte stellten die Völkerschau ein ideales Betätigungsfeld ihrer Studien dar. Forscher konnten ihre Studien vor Ort durchführen und mussten nicht in ferne und mitunter gefährliche Länder reisen. Es konnten Gipsabdrücke von verschiedenen Körperteilen angefertigt, Gesänge und Sprachen aufgenommen, Fotodokumentationen und später auch Filmaufnahmen erstellt werden. Zur Vermessung wurden spezielle Gerätschaften entwickelt wie „Ohrenhöhenmesser“ und „Tasterzirkel“. Für die Völkerschau-Veranstalter hatten die „wissenschaftlichen Studien“ ebenso Vorteile, denn die Forscher bestätigten die Authentizität der Schauen und durch ihre Studien entfiel für die Veranstalter der Völkerschauen sowohl die sogenannte „Lustbarkeitssteuer“, die bis zu 40 Prozent der Bruttoeinnahmen der Schau betragen konnte als auch eine Wandergewerbe-Anmeldung.[58]

Technischer Fortschritt

Hermann von Helmholtz, Gemälde von Ludwig Knaus (1881)

Die Belle Époque war die Epoche der zweiten industriellen Revolution. Die rasante Entwicklung in den Bereichen Mobilität, Kommunikation und Technik formte die moderne Welt und legte den Grundstein für das 20. Jahrhundert. Zu den neuen forschungs- und wissenorientierten Branchen zählten neben der Chemischen Industrie und der Elektrotechnik auch der Maschinenbau und die optische Industrie.[59] In der pharmazeutischen Industrie entstanden große unternehmenseigene Forschungslabors. Wichtig war daneben auch der Kontakt der Wirtschaft zu den Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie der 1887 in Berlin gegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt.[60] Die vielen Neuerungen in der Elektrotechnik, der Messung von Strommengen bedurfte einer einheitlichen Normung. Im Jahr 1888 wurde Hermann von Helmholtz der erste Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg. In der chemischen Industrie gewannen Soda und Schwefelsäure als Grundlage neuer Produkte wie etwa für den synthetischen Farbstoff Anilin an Bedeutung.[61] Neben dem bislang dominierenden Energieträger Kohle spielte Erdöl eine wachsende Rolle. Es diente zum Antrieb von Verbrennungsmotoren (Otto-Motor, Diesel-Motor). Die Elektrizität wurde im größeren Maßstab genutzt: Generator (ab 1866), Glühlampe, Elektromotor etc. Durch die Nutzung des elektrischen Stroms verbesserte sich auch die Kommunikation. Zur Telegraphie (ab ca. 1840) kam in den 1880er Jahren das Telefon hinzu. Diese Innovationen veränderten die Lebensweise der Menschen grundlegend.

Waffentechnik und Militärstrategie

Erfinder Hiram Maxim mit seinem Maschinengewehr (1880er Jahre)

Die bedeutenden Fortschritte in Wissenschaft und Technik während der Belle Époque zeigten sich auch in der Entwicklung der Waffentechnik:

  • Das Maxim-Maschinengewehr wurde in den 1880er Jahren vom britischen Erfinder Hiram Maxim entwickelt. Das Maschinengewehr nutzte dabei den Rückstoß eines Schusses, um die nächste Patrone zu laden oder Dauerfeuer abzugeben.
  • Das rauchschwache Pulver ersetzte das Schwarzpulver und führte zu weniger Rauchbildung beim Schießen. Dies verbesserte die Sicht auf dem Schlachtfeld und machte Artilleriegeschütze zielgenauer und reichweitenstärker.
  • Mit der Einführung von Stahlrümpfen und leistungsfähigeren Dampfmaschinen wurden Kriegsschiffe stärker und schneller. Das 1906 in Großbritannien in Dienst gestellte Dreadnought-Schlachtschiff revolutionierte das Design von Schlachtschiffen und führte zu einem Wettrüsten auf See.
  • Während U-Boote bereits vor der Belle Époque existierten, wurden sie in dieser Zeit weiterentwickelt und begannen, eine bedeutende Rolle in der Seekriegsstrategie einzunehmen.
  • Das Flugzeug wurde während der Belle Époque erfunden und entwickelte sich rasch zu einem potenziellen militärischen Werkzeug. Flugzeuge legten den Grundstein für die Luftkriegsführung im Ersten Weltkrieg.
  • Mit der Einführung von Funkgeräten konnten Armeen auf dem Schlachtfeld besser kommunizieren und dadurch strategische Vorteile gegenüber dem Gegner erzielen.

Zahlreiche Veränderungen in der Militärstrategie waren eine direkte Reaktion auf die technologischen Fortschritte, die während dieser Zeit gemacht wurden:

Sunlight Soap: Seife für den britischen Schützengraben (Werbung von 1915)
  • Aufgrund der Entwicklung von Maschinengewehren und fortschrittlicher Artillerie wurde die Verteidigungsposition oft als überlegen gegenüber dem Angriff betrachtet. Schützengräben und befestigte Stellungen wurden immer wichtiger, was schließlich im Ersten Weltkrieg zum Grabenkrieg führte.
  • Eisenbahnen wurden zu einem entscheidenden Faktor in der Militärstrategie. Sie ermöglichten die schnelle Verlegung ganzer Armeen über große Entfernungen. Der sogenannte Schlieffen-Plan, ein deutscher Ansatz zur Führung eines Zweifrontenkrieges gegen Frankreich und Russland, war beispielsweise stark von der Nutzung der Eisenbahn abhängig, um Truppen schnell an die westliche Front bewegen zu können.
  • Die Schnelligkeit der Mobilmachung wurde als entscheidend für den Erfolg angesehen. Länder entwickelten daher detaillierte Mobilisierungspläne, um sicherzustellen, dass ihre Armeen schnell reagieren konnten.
  • Während des "Wettlaufs um Afrika" und anderer imperialistischer Bestrebungen entwickelten die europäischen Großmächte Strategien, um ihre Kolonien zu verteidigen und zu erweitern.
  • Die Royal Navy und die deutsche Kaiserliche Marine entwickelten Strategien für die Seeblockade und die Seekriegführung, insbesondere angesichts des Aufkommens von Schlachtschiffen und U-Booten.
  • Während die Kavallerie traditionell eine dominierende Rolle auf dem Schlachtfeld spielte, wurde sie durch die Entwicklung von Maschinengewehren und Artillerie in den Hintergrund gedrängt.
  • Mit dem Aufkommen der Luftfahrt und der Radiotechnologie wurde die militärische Aufklärung zunehmend wichtiger. Ballons, Luftschiffe und später auch Flugzeuge wurden dabei für die Aufklärung eingesetzt.
  • Vor allem das deutsche Kaiserreich, eingeklemmt zwischen Russland im Osten und Frankreich im Westen, musste Strategien wie beispielsweise den Schlieffen-Plan entwickeln, um sich auf einen gleichzeitigen Krieg an zwei Fronten vorzubereiten.

Die Fortschritte in der Waffentechnik sowie die Neuerungen in der Militärstrategie steigerten die militärische Schlagkraft der führenden europäischen Nationen während der Belle Époque und sollte den Ersten Weltkrieg zu einem der verheerendsten Konflikte in der Geschichte der Menschheit werden lassen.

Verkehr und Mobilität

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eroberte die Eisenbahn die Welt, erste Automobile, Flugzeuge und hochseetaugliche Dampfschiffe wurden gebaut. Der zunehmende Ausbau dieser Verkehrsmittel beschleunigte auch das Wachstum der Kohlewirtschaft, der Stahlindustrie und der Elektrizitätswirtschaft.

Ozeandampfer

Transatlantikliner Lusitania (1907)

Vor allem zwei technische Neuerungen revolutionierten seit 1850 den Schiffsbau. Zum einen wurde Holz als Baumaterial für Schiffe zunächst vom Eisen, später dann vom Stahl verdrängt, zum anderen wurden die bis dahin eingesetzten Segelschiffe nach und nach von Dampfschiffen ersetzt. Ozeandampfer wurden zunehmend im Liniendienst zwischen Europa und Amerika eingesetzt. Sie beförderten Passagiere, Fracht und Post. Die Verbindung zwischen den USA und Europa besaß dabei eine besonders hohe Bedeutung. Zum einen lag dies an der zunehmenden Zahl wohlhabender Handelsreisender zum anderen gab es große Auswanderungswellen, in denen Hunderttausende ihre europäische Heimat verließen, um sich in Amerika eine neue Existenz aufzubauen. Getragen wurde diese Entwicklung von der Konstruktion der Dampfmaschine, die einen fahrplanmäßigen, von wechselnden Windverhältnissen unabhängigen Schiffsverkehr ermöglichte und zudem höhere Reisegeschwindigkeiten erlaubte. Mit steigender Zuverlässigkeit der Dampfmaschinen und dem gegenüber dem Schaufelrad effizienteren Schiffspropeller wurde die Hilfsbesegelung ab etwa 1880 zunehmend unnötig, was zu einem weiteren Schub bei der Entwicklung der Schiffsgröße führte. Auf diesen Routen wurden vor allem die größten und technisch innovativsten Schiffe ihrer Zeit eingesetzt.

SMS DRESDEN jagt den englischen Riesendampfer MAURETANIA. Zeichnung von Paul Teschinsky, August 1914

Zu den bekanntesten Schiffen des frühen 20. Jahrhunderts gehörten die britischen Schiffe RMS Lusitania, das Schwesterschiff RMS Mauretania, die RMS Olympic und deren Schwesterschiff RMS Titanic sowie der deutsche Imperator. Die beiden turbinenbetriebenen Dampfer Lusitania und Mauretania der britischen Cunard Line, die bei ihrer Indienststellung jeweils die größten Schiffe der Welt waren, wurden als Royal Mail Steamer im Transatlantikverkehr zwischen Liverpool und New York City eingesetzt. Sie stellten bezüglich Abmessungen, Antrieb und Ausstattung neue Maßstäbe im Bau von modernen Passagierschiffen. Später wurden sie in Größe und Ausstattung von der Olympic und der Titanic der britischen White Star Line übertroffen.

Die Titanic galt bei ihrer Indienststellung am 2. April 1912 als das größte und nach allgemeiner Überzeugung auch als das sicherste Schiff der Welt. Der aus Stahl gebaute und von einem zweifachen Boden gesicherte Rumpf der Titanic war in 16 Kammern unterteilt, die von wasserdichten Türen voneinander abgeschottet waren. Die Titanic wurde von 29 Dampfkesseln angetrieben war 269 m lang, 28 m breit und 53 m hoch und hatte 46.329 BRT.

Da die jeweils größten und modernsten Liner den neuesten Stand der Technik repräsentierten, galten diese Schiffe häufig als unsinkbar – ein Mythos, der durch den Untergang der Titanic nachhaltig erschüttert wurde. Denn „Schiffbruch erlitt hier nicht allein die Titanic, sondern ein Stück weit auch der Glaube an den technologischen Fortschritt …“.[62]

Das deutsche Passagierschiff Imperator war nach dem Untergang der Titanic mit 52.117 Bruttoregistertonnen, einer Länge von 269 m und einer Breite von 30 m bis 1914 das größte Schiff der Welt.[63] Der Imperator konnte insgesamt 4175 Passagiere aufnehmen und hatte 1100 Mann Besatzung. Das Schiff verfügte über ein Ritz-Carlton-Restaurant, ein marmornes Bordschwimmbad sowie eine kleine Radrennbahn und übertraf mit seiner luxuriösen Ausstattung sogar die Titanic.[64]

Nach dem Untergang der Titanic wurde die drahtlose Telegrafie, mit der die Titanic in der Unglücksnacht um Hilfe gefunkt hatte, für alle Passagierschiffe gesetzlich verpflichtend.[65]

Die erste elektrische Lokomotive von Siemens & Halske auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879

Eisenbahn

1878 wurde auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Lokomotive der Welt von Werner von Siemens und Johann Georg Halske vorgestellt.

1882 wurde in der Schweiz die Gotthardbahn mit finanzieller Hilfe Deutschlands und Italiens eröffnet. Nach 1898 wurden die Bahnen schrittweise bis 1909 verstaatlicht und in die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) überführt. Rund sechs Monate nach Baubeginn nahm 1886 die Standseilbahn Lugano–Bahnhof SBB ihren Betrieb auf.

Am 14. Juli 1900 wurde der Bahnhof Gare d'Orsay anlässlich der Weltausstellung in Paris eröffnet. Zwischen 1886 und 1889 veranlasste die Compagnie des Chemins de fer de l’Ouest eine – durch die Weltausstellung notwendig gewordene – bedeutende Vergrößerung des Bahnhofs Paris-Saint-Lazare.

1891 wurde in Russland mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn als der längsten durchgehenden Eisenbahnverbindung der Welt begonnen. Ziel des Zarenreiches war es, Sibirien wirtschaftlich zu erschließen und den Handel mit China zu fördern.

Eisenbahnunfall im Bahnhof Paris-Montparnasse, 22. Oktober 1895

Bereits seit der Frühzeit der Eisenbahn sind Unfälle bekannt. Mit Nutzung der Dampfmaschine als Energieerzeugung für den Fahrbetrieb der Eisenbahn, mit der Erfindung der Dampflokomotive, kamen zum einen die Unfälle auf, die speziell mit Dampfmaschinen in Zusammenhang standen, wie Kesselzerknall oder Brände, zum anderen Unfälle, die mit der großen Masse, der Geschwindigkeit und der geringen Reibung des Rad-Schiene-Systems und den damit relativ langen Bremswegen eines Zuges in Zusammenhang standen.

Das Foto einer abgestürzten Lokomotive im Bahnhof Paris-Montparnasse im Jahr 1895 wurde zu einem weltbekannten Symbol technischen Versagens. Der Lokführer Guillaume-Marie Pellerin, der 19 Jahre Berufserfahrung besaß, fuhr mit etwa 45 km/h in den Bahnhof ein, um die Verspätung wettzumachen. Allerdings versagte die Druckluftbremse und die Wirkung der Lokbremse reichte nicht aus, um die Geschwindigkeit des schweren Zugs ausreichend zu drosseln. Pellerin sprang gemeinsam mit dem Heizer von der Lok und rettete sich, bevor die Lok den Prellbock und den Querbahnsteig überfuhr und die etwa 1,25 Meter starke Brüstung unterhalb eines großen Glasfensters durchbrach, auf den ein Stockwerk tiefer liegenden Place de Rennes stürzte und dabei nur knapp eine Straßenbahn verfehlte. Es gab fünf Verletzte unter den Passagieren und den Zugbegleitern. Unten auf der Straße starb die Zeitungsfrau Marie-Augustine Aguilard. Sie hatte ihren Mann vertreten, der die Abendzeitungen holte. Die Eisenbahngesellschaft bezahlte die Beerdigung und eine Rente für ihre zwei Kinder. Eine weitere Frau wurde verletzt. Der Lokführer Pellerin und der Heizer Mariette wurden vor Gericht gestellt. Pellerin musste 50 Franc Strafe zahlen und kam für zwei Monate ins Gefängnis, Mariette bezahlte 25 Franc.

Der Eisenbahnunfall auf der Firth-of-Tay-Brücke 1879 in Schottland inspirierte den Schriftsteller Theodor Fontane im Januar 1880 zu der mythisierenden Ballade Die Brück’ am Tay.[66] Fontane umrahmt dabei in seiner Ballade die Darstellung des eigentlichen Unglücks mit dem Motiv der drei Hexen aus Shakespeares Macbeth und macht die Ballade so zu einer Mahnung vor der damals vorherrschenden technikgläubigen Hybris.

Nachdem sich die Eisenbahn als allgemeiner und bald auch führender Verkehrsträger real und im Bewusstsein der Menschen etabliert hatte, wurde sie selbst, aber auch die mit ihr verbundenen Unfälle, zunehmend zum Thema der Literatur.

Hauptartikel: Liste von Eisenbahnunfällen als literarisches Thema

Die Eisenbahn und die Eisenbahnunfälle entwickelten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch für das neue Medium Film zu einem interessanten Thema.

U-Bahn und Straßenbahn

Paris Métro Guimard Ménilmontant 2013

Anlässlich der Weltausstellung in Paris wurde am 19. Juli 1900 die erste Linie der Pariser Métro eröffnet. Die Informationstafeln waren in 34 Sprachen verfasst. Paris war damals nach London (1863), Liverpool (1893), Budapest und Glasgow (jeweils 1896) und Wien (1898) die sechste U-Bahn der Welt. Das Netz ist heute mit 227 Kilometer Gesamtlänge und 308 Stationen, die von insgesamt sechzehn voneinander unabhängigen Linien bedient werden, eines der größten der Welt.

Ein Gesetz vom 30. März 1898 legte fest, dass Tunnel, Einschnitte, Viadukte und Bahnsteige von der Stadt Paris errichtet werden sollten. Der Bau der Betriebswerkstätten und der Kraftwerke, das Verlegen der Gleise, der Erwerb der Fahrzeuge und der Streckenausrüstung oblag dem künftigen Betreiber. Vorgesehen war ein aus den sechs Linien A bis F bestehendes, 65 km langes Netz für die Beförderung von Fahrgästen und deren Handgepäck. Die Züge sollten elektrisch betrieben werden. Die Konzession ging für 35 Jahre an die Compagnie du chemin de fer métropolitain de Paris.

Viele Eingänge der Pariser Metrostationen wurden vom französischen Architekten, Designer und Art-nouveau-Künstler Hector Guimard mit phantasievollen Schmiedeeisengittern und geschwungenen Schriftzügen gestaltet.

U-Bahn-Station Bülowstraße, Berlin (1903)

Am 12. Mai 1881 nahm in Berlin die erste von Werner von Siemens konstruierte elektrische Straßenbahn der Welt ihren Betrieb auf und ersetzte damit die bisherigen Pferdebahnen. Mit den Pferdebahnen verschwinden auch die Pferdeäpfel von den Straßen. 1884 wird die Frankfurt-Offenbacher Trambahn eröffnet, eine der ersten elektrischen Straßenbahnen Deutschlands.

Um 1900 verfügte Deutschland bereits über ein elektrisches Straßenbahnstreckennetz von 3 000 km. Im Jahr 1910 waren alle deutschen Großstädte und große Teile der ländlichen Gebiete an das Stromnetz angeschlossen.[67][68]

1902 wurde die erste Strecke der Berliner U-Bahn zwischen Warschauer Brücke und Nollendorfplatz eröffnet. Es war die erste U-Bahn-Strecke Deutschlands.

Kutschen und „Pferdelose Kutschen“

Carl Benz, Patent-Motorwagen Nr. 1 (1885)

Zu den Innovationen der Zweiten Industriellen Revolution, die sich in der Belle Époque durchzusetzen begannen, gehört die Perfektionierung leicht gefederter, geräuschloser Kutschen in einer Vielzahl modischer Formen. Die Kutsche wurde gegen Ende der Epoche vom Automobil abgelöst. Gottlieb Daimler baut 1886 den von ihm 1883 entwickelten Viertaktmotor in eine von Wilhelm Wimpff gefertigte Kutsche, womit er als Erfinder des vierrädrigen Kraftwagens gilt.

Camille Pissarro - Boulevard Montmartre, 1897

Am 29. Januar 1886 meldete der Erfinder Karl Benz das Patent für sein „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ an. Die Geburtsstunde des Automobils. Das dreirädrige Gefährt, welches Karl Benz in Mannheim baute, war mit einem Viertaktmotor ausgerüstet und wurde mit Ligroin (Waschbenzin) betrieben. Während der Erfinder selbst Erprobungsfahrten nur auf den Mannheimer Ringstraßen durchführte, gelang seiner Frau Bertha Benz 1888 zusammen mit den gemeinsamen Söhnen die erste Fernfahrt der Welt von Mannheim in ihre Geburtsstadt Pforzheim.

Mit dem Automobile Club de France entstand 1895 in Paris der weltweit erste Verkehrsclub.

Der erstmals 1898 ausgerichtete Pariser Autosalon war die erste Automobilausstellung von internationaler Bedeutung.

Wilhelm Maybach konstruiert im Jahr 1900 auf Anregung des österreichischen Kaufmanns und Generalkonsuls Emil Jellinek den Mercedes-Simplex, einen Rennwagen mit einem 35-PS-Vierzylindermotor und zwei Vergasern. Das Fahrzeug, ausgestattet mit Maybachs Erfindungen, dem Bienenwabenkühler und dem Zahnradgetriebe, stellte für damalige Verhältnisse das Auto der Zukunft dar. Jellinek nannte das Modell nach seiner Tochter Mercédès.

1914 waren bereits zwei Millionen Automobile auf Europas Straßen unterwegs.

Jacquot Dampfwagen (1878)

Nach der Erfindung des ersten Luftreifen 1888 durch den Briten John Boyd Dunlop erfand der Franzose Édouard Michelin in den 1890er Jahren zunächst den abnehmbaren Luftreifen für Fahrräder und später für Autos. Der Erfolg der Erfindung war enorm, das kleine Unternehmen stieg innerhalb von nur drei Jahren zum Marktführer im Geschäft mit Fahrradreifen auf. 1895 entwickelten die Michelins auch einen Luftreifen für Autos, bereits 1896 fuhren rund 300 Pariser Taxis mit Michelin-Reifen.

Die Brüder Renault avancierten in Frankreich zu Pionieren der industriellen Fertigung von Automobilen und trugen mit dazu bei, dass es in Frankreich 1914 bereits 100.000 Autos gab.

Um 1900 fuhren auf den Straßen fast ebenso viele Dampfwagen (Erfinder: Joseph Cugnot, 1769), Elektroautos (Erfinder: Gustav Trouvé, 1881) und Autos mit Verbrennungsmotor.

Der alte Elbtunnel in Hamburg wurde am 7. September 1911 zunächst für den Fußgängerverkehr und ab 30. November 1911 für Pferdefuhrwerke und Kraftfahrzeuge eingeweiht.

Eng verbunden mit der Entwicklung des Automobils ist auch die Geschichte des Führerscheins. Die erste bekannte Fahrerlaubnis erhielt 1888 Carl Benz in Form einer nur in Mannheim und Umgebung gültigen Berechtigung zur Durchführung von Versuchsfahrten mit einem Patentmotorwagen.[69] Ein für das gesamte Deutsche Reich gültiger Führerschein wurde am 3. Mai 1909 eingeführt. Die erste private Fahrschule wurde 1904 in Aschaffenburg eröffnet.

Luftfahrt

Wilbur Wright in der Pilotenposition nach einem nicht erfolgreichen Flugversuch am 14. Dezember 1903. Die linke Hand hält den Hebel für das Höhenruder, mit der Hüfte liegt er im Hüftschieber, mit dem die Flügelverwindung, das Rollen um die Längsachse, gesteuert wird.

1899 begannen die Brüder Wright in den USA mit dem Bau ihres ersten Flugapparates, einem Drachen. Er besaß bereits ein äußerst wichtiges Merkmal: die Verwindung der Tragflächen, mit der die waagerechte Lage des Flugapparates kontrolliert werden konnte. Edmund Rumpler sagte zu dieser Erfindung, „welche direkt dem Vogelflug nachgebildet ist“, sie habe „hauptsächlich dazu beigetragen, die großen Erfolge der Brüder Wright herbeizuführen“. Die Nachricht vom Absturz Otto Lilienthals bewog die Gebrüder Wright, nach eigenen Aussagen, sich intensiv mit dem Menschenflug zu beschäftigen. Sie gingen dabei systematisch vor und begannen noch im Jahr 1896 mit dem Studium aller verfügbaren flugtechnischen Literatur. Sie erkannten, dass Lilienthal das Problem des dynamischen Auftriebs gelöst hatte und sein Absturz Folge der mangelhaften Steuerfähigkeit seines Flugapparats war. Im Oktober 1900 erprobten die beiden Brüder mit einem Doppeldecker-Gleitflugzeug den Gleitflug zunächst unbemannt auf den Kill Devil Hills sechs Kilometer südlich von Kitty Hawk in North Carolina, einem Ort auf den Outer Banks an der Atlantikküste, der sich wegen starker und konstanter Winde besonders dafür eignete.

Als weltweit erstes Flugzeug wurde 1902 der Wright Glider, ein Experimental-Gleitflugzeug, um alle drei Raumachsen (Längs-, Quer- und Gierachse) aerodynamisch gesteuert, indem die zur Steuerung benötigten Kräfte durch Umlenkung der umströmenden Luft mit beweglichen Steuerflächen bzw. Tragflächenverwindung erzeugt wurden. Diese neue aerodynamische Flugsteuerung wurde 1906 patentiert und ist seitdem das am häufigsten im Flugzeugbau verwendete Verfahren.

Der Wright Flyer (die Wright-Brüder selbst benannten das Flugzeug The Whopper Flying Machine) war das erste von den Brüdern Wright hergestellte Motorflugzeug. Beim weitesten Flug legte es am 17. Dezember 1903 in Kitty Hawk, North Carolina in 59 Sekunden rund 260 Meter zurück. Es war das erste motorisierte Luftfahrzeug, das schwerer als Luft war und von einem Piloten gesteuert wurde.

Absturz Zeppelin LZ 18, 1913

1900 kam es zu drei Aufstiegen des Zeppelins LZ 1 über dem Bodensee. Die ermutigenden Resultate führten zu einer spontanen Begeisterung in der Bevölkerung, was entscheidend dazu beitrug, dass der Konstrukteur des Luftschiffes Graf von Zeppelin die Technik weiterentwickelte. Am 7. Januar 1901 verlieh der deutschen Kaiser ihm den preußischen Roten Adlerorden I. Klasse für seine Verdienste.

In Mannheim befasste sich das Unternehmen Luftschiffbau Schütte-Lanz ab 1909 mit dem Bau von Luftschiffen, später auch von Flugzeugen und Automobilen und avancierte zum größten innerdeutschen Konkurrenten Ferdinand von Zeppelins auf dem Gebiet des Starrluftschiff-Baus vor und während des Ersten Weltkriegs. Am 17. Oktober 1911 kann das erste Luftschiff Schütte-Lanz I abheben, das Gerippe im Inneren besteht anders als bei den Zeppelinen aus Holz.

Mit staatlicher Unterstützung gründeten Alfred Colsman, Hugo Eckener, Franz Adickes, Wilhelm Marx und andere 1909 die erste Fluggesellschaft der Welt: Die Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft (DELAG) betrieb die von der Luftschiffbau Zeppelin gebauten Verkehrsluftschiffe.

Der französische Luftfahrtpionier Louis Blériot überquerte als erster Mensch 1909 mit einem Flugzeug den Ärmelkanal, Roland Garros 1913 als Erster das Mittelmeer.

Louis Breguet und Paul Cornu, führten 1907 unabhängig voneinander Experimente mit den ersten fliegenden Hubschraubern durch.

Der brasilianische Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont war davon überzeugt, dass die Fliegerei zur Förderung des Friedens und der internationalen Zusammenarbeit beitragen könnte.

Sicherheitsniederrad (um 1885)

Fahrradfahren

Tretkurbelräder aus Frankreich, Hochräder aus England und Sicherheits-Niederräder. Seit den 1860er Jahren erobert das Fahrrad zunächst die männliche bessere Gesellschaft in Europa. Um die Jahrhundertwende wandelte sich das fahrrad zu einem Verkehrs- und Freizeitgerät der breiten Masse der Bevölkerung und auch der Frauen. Das heute bekannte Niederrad wurde erst akzeptiert, nachdem mit ihm 1890 in Radrennen Siege gegen Hochräder errungen worden waren.

Bei der 1903 erstmals ausgerichteten Tour de France wurden bereits nur noch Niederräder verwendet. Die Entwicklung und Verbreitung des Dunlopschen Luftreifens, mit dem kleinere Laufräder auch auf unebenem Untergrund nicht mehr benachteiligt waren, förderte die Verbreitung des Niederrads.

Bereits bei der Belagerung von Belfort (1870) wurden von der französischen Armee Fahrräder benutzt. Die Italiener begannen 1878 mit der militärischen Verwendung von Fahrrädern, Ungarn 1884, Deutschland 1886 und Belgien 1888. England hatte 1889 bereits 30 Bataillone mit Fahrradabteilungen. Sonderkonstruktionen wie falt- oder klappbare Militärfahrräder folgten.[70]

Elektrizität und Telekommunikation

Während die Grundlagen der Elektrizität vor der Belle Époque entdeckt wurden, war es in dieser Zeit, dass die kommerzielle Nutzung und Verteilung von Elektrizität begann:

  • Thomas Edison und Sir Joseph Swan entwickelten unabhängig voneinander die Glühlampe Ende der 1870er Jahre. Die Verbreitung dieser Lampen revolutionierte die Beleuchtung in Häusern und Unternehmen.
  • Werner von Siemens entwickelte den ersten Dynamo, einen elektrischen Generator, der Bewegungsenergie in elektrische Energie umwandelte.
    Der Kabelleger Faraday, 1874
  • Der Kabelleger Faraday nahm 1874 im Auftrag der Brüder Wilhelm und Werner Siemens seinen Betrieb auf und verlegte das erste dauerhaft funktionstüchtige transatlantische Telegrafenkabel.
  • In vielen europäischen Städten wurden Ende des 19. Jahrhunderts elektrische Straßenbahnen eingeführt, was die Urbanisierung und den Verkehr erheblich beeinflusste.
  • Das erste kommerzielle Elektrizitätswerk wurde 1882 von Edison in London errichtet. Weitere folgten in Paris und anderen großen Städten. Diese Anlagen lieferten Gleichstrom (DC) für die nähere Umgebung.
  • In den 1880er und 1890er Jahren gab es einen berühmten „Stromkrieg“ zwischen Edison (ein Befürworter von DC) und George Westinghouse und Nikola Tesla (Befürworter von AC). Wechselstrom setzte sich letztendlich durch, da es einfacher und kostengünstiger über größere Entfernungen transportiert werden konnte.
  • Mit der wachsenden Nachfrage nach Elektrizität und den technologischen Fortschritten in der Stromübertragung wurden Stromnetze immer umfangreicher und verbanden Städte und sogar Länder miteinander. In einigen Ländern entstanden Monopole oder Kartelle in der Elektrizitätsbranche, die oft staatlich reguliert oder sogar verstaatlicht wurden, um sicherzustellen, dass der Zugang zu Elektrizität gerecht und erschwinglich blieb.
  • Werbung für die Thor Electric Washing and Wringing Machine (1917)
    Die Verfügbarkeit von Elektrizität führte zur Erfindung und Verbreitung zahlreicher elektrischer Geräte, von Haushaltsgeräten bis zu industriellen Maschinen. Schnell war klar geworden, dass man mit elektrischem Strom nicht nur Licht, sondern auch Wärme erzeugen konnte, wie es an jeder Glühlampe zu beobachten ist. Die ersten elektrischen Haushaltsgeräte waren Kochplatten und Bügeleisen. Die Anfänge des Elektrobügeleisens lassen sich bis in die 1890er-Jahre zurückverfolgen, aber es dauerte in den USA noch knapp 10 und in Deutschland 20 Jahre bis sich Elektrobügeleisen etablieren konnten. 1908 wurde der erste kommerziell erfolgreiche Toaster patentiert. Der elektrische Antrieb mechanischer Waschmaschinen (und anderer Haushaltsgeräte) kam um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf; in industriellem Maßstab wurden elektrische Waschmaschinen ab etwa 1907 beziehungsweise 1908 von der “1900” Washer Company in Binghamton (New York) und der Hurley Machine Co. in Chicago hergestellt (Markenname Thor, nach Patenten von Alva J. Fisher).[71]
  • Elektrizität wurde oft auf internationalen Ausstellungen vorgeführt, wie zum Beispiel auf der Pariser Weltausstellung von 1900. Solche Ausstellungen waren Schaufenster für den technologischen Fortschritt und zeigten die Möglichkeiten der Elektrizität.

1880 stellte Werner von Siemens seine Erfindung des ersten elektrischen Aufzugs auf der Pfalzgauausstellung, einer landwirtschaftlich-gewerblichen Messe, in Mannheim vor. 6 Personen konnten gleichzeitig bei einer Geschwindigkeit von einen halben Meter pro Sekunde auf eine Aussichtsplattform transportiert werden. Von August bis November 1880 nutzten 8 000 Besucher die Gelegenheit, um mit dem neuartigen Transportmittel auf eine Aussichtsplattform zu gelangen,[72]

Thomas Alva Edison mit seinem Zinnfolienphonographen (1878)

Die Internationale Elektrizitätsausstellung 1881 in Paris markierte den Beginn des elektrischen Zeitalters. Thomas Alva Edison führte eine elektrische Installation mit tausenden Lampen vor, die Besucher standen Schlange, um einmal selbst eine Glühlampe aus- und wieder anzuschalten. Die Masse der Neuvorstellungen erzeugte eine große Begeisterung, sodass eine Reihe Internationaler Elektrizitätsausstellungen nachfolgend auch in anderen Ländern ausgerichtet wurde: Ab 16. September 1882 gastierte die Ausstellung unter dem Titel „Electricitäts-Ausstellung“ in München. Organisator der ersten Ausstellung in Deutschland war Oskar von Miller, der spätere Gründer des Deutschen Museums. Oskar von Miller leitete auch die Ausstellung im Jahr 1891 in Frankfurt am Main. Die Internationale Elektrische Ausstellung fand von 16. August bis 31. Oktober 1883 auf dem Gelände rund um die Wiener Rotunde statt.

Das elektrische Licht begann, die Gasbeleuchtung zu verdrängen. 1909 wurde von dem Franzosen Georges Claude die Neonröhre erfunden.

1889 wurde die elektrische Hinrichtung mittels elektrischem Stuhl in den USA eingeführt. Im Staat New York trat ein Gesetz in Kraft, das die Hinrichtung von zum Tode verurteilten Verbrechern durch Benutzung des elektrischen Stuhls vorsah. Diese, zuvor bereits an Tieren, u. a. 1903 an der Elefantenkuh Topsy, erprobte Hinrichtungsart wurde als humaner als die bisher praktizierte Hinrichtung durch Erhängen empfunden. Am 6. August 1890 kam sie erstmals im Auburn-Staatsgefängnis im Bundesstaat New York zum Einsatz.[73]

Telekommunikation

Alexander Graham Bell führt 1892 das erste Ferngespräch von New York nach Chicago

Als Telekommunikation (von altgriechisch τηλέ tilé, deutsch ‚fern‘ und lateinisch communicare‚gemeinsam machen, mitteilen‘) wird jeglicher Austausch von Informationen und Daten über eine räumliche Distanz hinweg bezeichnet. Der französische Schriftsteller Édouard Estaunié gilt als Schöpfer des Kunstworts Telekommunikation, das er 1904 in einem Buchtitel verwandte.[74]

Die New York Times erwähnte das Telefon erstmals am 12. Mai 1877 unter dem Titel „Prof. Bell’s Telephone“. Alexander Graham Bell hatte am Vorabend vor 200 eingeladenen Gästen im St. Denis Hotel in New York City ein Telefongespräch zwischen dem Publikum und einem Mr. Gower in der Fulton St. 340 in Brooklyn geschaltet. Die Londoner Times berichtete erstmals am 21. Januar 1878 vom Telefon anlässlich eines Treffens der Physical Society am 19. Januar. Dort hielt W. H. Preece vom Postal Telegraph Department einen Vortrag zum Thema „Some Physical Points connected with the Telephone“ (Einige physikalische Punkte im Zusammenhang mit dem Telefon). Unter anderem bringe die Erfindung Fortschritte in der Elektrizitätsforschung.

Morsetaste, G. Hasler, Bern. Ursprünglich für die Telegrafen der Gotthardbahn eingesetzt (1900)

Nachdem der Generalpostmeister Heinrich von Stephan einen Bericht in der „Scientific American“ vom 6. Oktober 1877 über Bells Gerät und seine Möglichkeiten gelesen hatte, wurden umgehend Exemplare bestellt und erprobt. Da Bell für Deutschland (wohl versehentlich) kein Patent beantragt hatte, konnte die Telegrafenbauanstalt Siemens & Halske das Telefongerät von Bell nachbauen und verbessern. Bereits 1877 erhöhte sich dort die Tagesproduktion auf bis zu 700 Geräte. Von Stephan gab ihnen den Namen „Fernsprecher“. Guglielmo Marconi beantragte am 2. Juni 1896 das Patent für die Drahtlostelegrafie, die er am 27. Juli 1896 öffentlich vorstellte.

Mit dem Ausbau der Telegraphen-, Telefon- und Stromnetze fand um 1890 eine zunehmende Verkabelung von Städten und Landschaft statt. Um 1900 waren viele Menschen davon überzeugt, dass die Einführung der drahtlosen Telegrafie das Ende der Verkabelung bedeuten würde.[75][76] Die Telegrafie, die zunächst nur an Land angewendet wurde, überwand nach und nach auch die Ozeane, nachdem es gelungen war, spezielle Kupferkabel gegen Salzwasser zu isolieren und mit Hilfe von Spezialschiffen über große Entfernungen hinweg auf dem Meeresboden zu verlegen. Innerhalb weniger Jahre konnte so ein Telegrafennetz geschaffen werden, das sämtliche großen Hafenstädte auf den verschiedenen Kontinenten miteinander verband. Die letzte wichtige Lücke in diesem globalen Kommunikationsnetz wurde 1903 mit dem Transpazifikkabel zwischen San Francisco und Manila geschlossen.[77]

Heinrich Hertz gelang 1886 in einem Experiment in Karlsruhe die Übertragung elektromagnetischer Wellen von einem Sender zu einem Empfänger. Damit bestätigte er die von James Clerk Maxwell zuvor entwickelten Grundgleichungen des Elektromagnetismus und insbesondere die elektromagnetische Theorie des Lichts.

Guglielmo Marconi mit seiner Sender- und Empfangseinheit (1896)

1896 baute der italienische Radio- und Amateurfunk-Pionier Guglielmo Marconi ein „Gerät zur Aufspürung und Registrierung elektrischer Schwingungen“. Im Jahr 1894, im Alter von 20 Jahren, beschäftigte sich Marconi zunächst mit den theoretischen Arbeiten von Heinrich Hertz, um im Jahr 1895 mit ersten praktischen Experimenten zu den sogenannten Hertzschen Wellen, einer frühen Bezeichnung für elektromagnetische Wellen, zu beginnen. Marconi gründete 1897 die Wireless Telegraph and Signal Company und errichtete, zunächst noch versuchsweise, die erste kabellose Verbindung über den Bristolkanal. Der als Zeuge bei dem Versuch anwesende Adolf Slaby aus Deutschland schlug dabei für das Verfahren die treffende Bezeichnung spark telegraphy, deutsch Funkentelegrafie, vor, die sich in Folge im Deutschen in Begriffen wie Funkübertragung für eine drahtlose Nachrichtenübertragung etablierte.[78]

Der Physiker Ferdinand Braun bekam 1909 den Nobelpreis für Physik für seinen Beitrag zur Entwicklung der Telegrafie per Funk. Er teilte sich den Preis mit Guglielmo Marconi, dem die praktische Umsetzung und die erste transatlantische Funkübertragung gelang. Braun hatte am 20. September 1898 eine erste drahtlose Nachrichtenübermittlung am Physikalischen Institut in Straßburg aufgebaut, die kurz darauf 30 km weit bis in den Vogesenort Mutzig reichte.

Berliner Telefonbuch (1881)

1877 hatte Generalpostmeister Heinrich von Stephan in einer Zeitschrift das von Philipp Reis erfundene Telefon entdeckt. Am 26. Oktober 1877 wurden in Berlin unter seiner und Generaltelegraphendirektor Buddes Regie erfolgreiche Übertragungsversuche durchgeführt, welche die Errichtung eines ersten Telefonnetzes in Deutschland zur Folge hatten. Am 14. Juli 1881 wurde in Berlin, unter dem Namen „Telephon-Anlage Berlin - Verzeichnis der Sprechstellen“, das erste deutsche Telefonbuch herausgegeben.

Das Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs von 1892 regelte das Recht, Fernmeldeanlagen zu betreiben. Dieses Recht stand dabei ausschließlich dem Deutschen Reich zu. Der Betrieb einer elektrischen Klingel innerhalb des eigenen Grundstücks war jedoch als Ausnahme erlaubt. Damit war es dem gehobenen Bürgertum behördlich gestattet, Anlagen zu installieren, mit denen Dienstboten dezent herbeizitiert werden konnten.[79]

Mechanische Geräte

1890 erfand Franz Xaver Wagner das sogenannte Wagnergetriebe für eine Typenhebelschreibmaschine. Bis zur Erfindung des Wagnergetriebes schlugen die Typen bei fast allen Schreibmaschinen von unten oder von oben auf, sodass der Schreiber das gerade Geschriebene nicht lesen und Fehler nicht sofort erkennen und korrigieren konnte.

Hollerith-Lochkarte

Der US-amerikanische Unternehmer und Ingenieur Herman Hollerith entwickelte in den 1880er Jahren Lochkartensysteme zur Massendatenerfassung, beispielsweise zur Volkszählung.

1886 wurde von Friedrich Soennecken ein Patent für den tragbaren und mechanischen Papierlocher beim Kaiserlichen Patentamt angemeldet und erteilt. Soennecken gilt auch als Erfinder des heutigen Aktenordners, den er 1886 als „Briefordner“ erstmals auf den Markt brachte und der später durch Louis Leitz zur heutigen Form des Leitz Ordners weiterentwickelt wurde.

Hubert Cecil Booth: Straßenstaubsauger (1901)
Gillettes Rasierapparat-Patent vom 15. November 1904

Josephine Cochrane, die Gattin eines amerikanischen Diplomaten, erfand 1886 die handbetriebene Geschirrspülmaschine. Die mit Wasserdruck arbeitende Maschine wurde erstmals auf der Weltausstellung 1893 in Chicago vorgestellt.

Der englische Ingenieur Hubert Cecil Booth konstruierte und patentierte (nur in England) im Jahr 1901 den Staubsauger, der in der Anfangsphase auf Pferdefuhrwerken zu finanziell besser gestellten Kunden transportiert wurde. Dort wurde mit langen Schläuchen Staub gesaugt. Er hatte jedoch keinen großen kommerziellen Erfolg. Der US-amerikanische Erfinder und Hausmeister James Murray Spangler hatte 1907 den ersten tragbaren Staubsauger patentieren lassen.[80] Dieser war vom Design her aufrecht und die Technik inklusive eines Stoffbeutels zum Auffangen des Schmutzes lief nicht wie die meisten modernen Staubsauger auf Rollen. Spangler verkaufte sein Patent an seinen Cousin W. H. Hoover. Dieser gründete 1908 das Unternehmen Hoover in New Berlin (heute North Canton) im US-Bundesstaat Ohio. Das neue Produkt entwickelte sich zum Verkaufshit in den Vereinigten Staaten.

Der US-amerikanische Erfinder King Camp Gilette, war viele Jahre als Handelsreisender unterwegs, bevor er 1895 bei der morgendlichen Rasur die Einwegrasierklinge erfand: Er skizzierte einen Rasierhobel mit einer Klinge, die man nicht zu schleifen brauchte. Dabei verwendete er ein dünnes Stück Stahl, das auf beiden Seiten geschliffen ist und einmal gewendet werden kann, um es anschließend wegzuwerfen und ein neues zu kaufen. Gillette hatte sich, wie sein Vorbild William Painter, der Erfinder des Kronkorkens, einen Wegwerfartikel des täglichen Gebrauchs ausgedacht. Es sollte noch weitere sechs Jahre dauern, bis er 1901 einen Partner gefunden hatte, der in der Lage war, die von ihm erdachten Rasierklingen herzustellen. Im selben Jahr gründete er The Gillette Company, die im Jahr 1903 die Produktion aufnahm. Im ersten Jahr wurden 168 Klingen verkauft, im Jahr darauf waren es bereits rund 90.000 Rasierer sowie 123.000 Klingen.

Emil Berliner erfand 1887 das Grammophon, den mechanischen Vorläufer des Plattenspielers.

Presse und Verlagswesen

Linotype Simplex 1895

Die Macht der Presse kam erstmals im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts voll zum Durchbruch.[81] Vor allem mit dem Einsatz der 1886 von Ottmar Mergenthaler erfundenen Linotype-Setzmaschine ließ sich der Textumfang von Zeitungen entscheidend erweitern.

Mit Einführung der Zinkplatte konnte Ende des 19. Jahrhunderts der sich langsam hin und her bewegende Stein beim Offsetdruck durch einen rotierenden Zylinder mit aufgespannter Metallplatte ersetzt werden. Diese Weiterentwicklung wird zwei Erfindern unabhängig voneinander zugeschrieben: dem Amerikaner Ira W. Rubel und dem in den USA lebenden Immigranten Cašpar Hermann. Beide konstruierten um 1904 indirekt – das heißt von der Druckplatte über einen Gummituchzylinder auf den Papierbogen – druckende Maschinen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1907 plante Hermann zahlreiche Weiterentwicklungen wie zum Beispiel die Rollenoffsetmaschinen. Die Verwirklichung seiner Ideen konnte allerdings erst 1910 zusammen mit der Vogtländischen Maschinenfabrik AG (VOMAG) umgesetzt werden. Die erste fertiggestellte Rollenoffsetmaschine wurde daraufhin 1912 in Leipzig vorgeführt.

Nachrichtenagenturen

Paul Julius Reuter (1816–1899), Gründer der Nachrichten- und Presseagentur Reuters

Die Gründung von Nachrichten- und Presseagenturen beschleunigte das Wachstum der gedruckten Massenmedien.[82] Zugleich stieg das Interesse der Bevölkerung an Informationen aus Politik und Gesellschaft stetig an, auch weil immer mehr Bürger lesen konnten. Der französische Politiker Jules Ferry hatte 1880 die Einführung des unentgeltlichen und verpflichtenden Grundschulbesuchs durchgesetzt.

Durch die Einrichtung der ersten transnationalen Telegrafenlinien in den 1830er Jahren und die Verlegung von Seekabeln waren die neu entstandenen Nachrichtenagenturen Havas, Reuters, Wolffs Telegraphisches Bureau und die AP die ersten Katalysatoren einer sich globalisierenden und vernetzenden Welt. Sie organisierten und institutionalisierten die weltweite Zirkulation großer Informationsbestände in Form von Nachrichten.

Die Berichterstattung, insbesondere von Reuters, wurde zur Jahrhundertwende vom 19. auf das 20. Jahrhundert sowohl von der deutschen Presse, als auch von der deutschen Öffentlichkeit zunehmend kritisch wahrgenommen. Spätestens seit dem Burenkrieg (1899 bis 1902) riss die Kette über bewusst Tatsachen verdrehende und mit Falschmeldungen gespickte Nachrichten zu Ungunsten Deutschlands nicht ab. Noch schärfer fiel der Protest der deutschen Presse während der Ersten Marokkokrise (1904–1906) aus. Der Proteststurm einer eigenen Berichterstattung aus dem Krisengebiet einte zudem die Deutschen über alle Parteigrenzen hinweg. Von der völkischen Rechten bis zur liberalen Linken wurde die Abhängigkeit von Wolffs Telegraphischen Bureau und „die genialische Beeinflussung der Presse durch die großen Telegrafenbureaus Reuters und Havas“ beklagt.

Vor dem Ersten Weltkrieg war das Wolffs Telegraphisches Bureau in Berlin eines der größten Unternehmen seiner Art. Es hatte Agenturen und Einzelvertreter in allen Teilen der Erde, von denen es Nachrichten empfing, und denen es solche lieferte. Der Aufwand an Telefon- und Telegrafengebühren wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auf 900.000 Mark geschätzt. Allein in Deutschland wurden 300 Mitarbeiter beschäftigt.

William Randolph Hearst (1906)

Medien-Tycoons

Große Verleger und Geschäftsleute erwarben Zeitungen, um ihre geschäftlichen Interessen voranzutreiben. William Randolph Hearst, ein US-amerikanischer Verleger und Medien-Tycoon besaß Anfang des 20. Jahrhunderts die größte Zeitungskette in Amerika und gilt als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Journalisten der amerikanischen Geschichte. Vom Journalismus Joseph Pulitzers inspiriert, wies er seine Journalisten an, schockierende Nachrichten zu schreiben, um die Leser zu begeistern. Hearst scheute keinen Aufwand, um bessere Geschichten als Pulitzer publizieren zu können; u. a. begann er, Pulitzers beste Journalisten und Illustratoren abzuwerben. Diese Art, Sensationsnachrichten zu verbreiten, erhielt den Namen „Yellow Press“, eine Anspielung auf die regelmäßig zunächst in Pulitzers, dann in Hearsts Zeitungen erscheinenden Comicstrips von The Yellow Kid und das gelbe Zeitungspapier. 1908 erfolgte die erste Verhaftung eines Straftäters mittels Bildtelegrafie: ein französischer Juwelendieb wurde in England festgenommen, nachdem der Daily Mirror zuvor ein Fahndungsfoto hatte abdrucken lassen.

Publizistik in Frankreich

Henri de Toulouse-Lautrec: La revue blanche (1895)

La Revue blanche war eine literarisch-künstlerische Zeitschrift, die in Paris von 1889 bis 1903 zweimonatlich von der Gebrüdern Alexander, Thaddäus und Ludwig-Alfred Natanson, Söhnen des in Paris wohnhaften polnischen Bankiers und Kunstsammlers Adam Natanson, herausgegeben wurde. Die Zeitschrift war als Konkurrenz und Gegensatz zum „Mercure de France“ beabsichtigt. In der Schriftleitung waren Félix Fénéon, Lucien Muhlfeld und Léon Blum tätig. Die Ehefrau von Thaddäus Natanson, Misia Sert, stand mehrmals Modell zu den Umschlagbildern der Zeitschrift. „La Revue blanche“ verteidigte 1898 den zu Unrecht angeklagten und verurteilten Alfred Dreyfus.

Die links-liberale französische Tageszeitung L'Aurore („Die Morgenröte“) wurde in Paris von 1897 bis 1916 verlegt. Als ihre bekannteste Schlagzeile auf der Titelseite der Ausgabe vom 13. Januar 1898 gilt J’Accuse…! von Émile Zola über die Dreyfus-Affäre. Der Verleger der Zeitung war Georges Clemenceau, der später französischer Premierminister wurde.

In Paris wurde 1896 vom Journalisten Auguste Dumont die literarisch und kulturell ausgerichtete Publikation Gil Blas gegründet. Sie wurde Vorbild für die satirische Wochenzeitschrift Simplicissimus des Münchner Verlegers Albert Langen.

Publizistik in Deutschland und Österreich

Die Deutsche Zeitung war eine von 1896 bis 1934 bestehende Tageszeitung mit extrem nationalkonservativer Ausrichtung, die einen völkischen Nationalismus vertrat. Sie war eng mit dem Alldeutschen Verband verbunden und wurde dessen Hauptorgan. Zur programmatischen Ausrichtung des Blattes im Kaiserreich gehörte es, deutsche Kolonien und im Ersten Weltkrieg Annexionen als Kriegsziel zu befürworten. Sie förderte den Antisemitismus. In der Weimarer Republik stand sie der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahe und gehörte schließlich zum Konzern von Alfred Hugenberg. Zeitungsgründer war Friedrich Lange.

Die deutsche monografische Reihe Koloniale Abhandlungen wurde 1905 gegründet und beschäftigte sich mit kolonialen Fragen.

Stern der Neger Jg 1 Heft-1 Titelseite (1889)

Der Stern der Neger war eine deutschsprachige katholische Missionszeitschrift, die von der Kongregation der Missionare Söhne des Heiligsten Herzens Jesu (Abkürzung MFSC, lateinisch Congregatio Missionariorum Filiorum Sanctissimi Cordis Jesu) von 1898 bis einschließlich 1965 herausgegeben wurde. Die Kongregation, die früher die deutsche Sektion der jetzigen Comboni-Missionare (MCCJ) bildete, hatte sich der Mission des subsaharischen Afrikas verschrieben, wobei ein Schwerpunkt ihrer Arbeit im Sudan lag. Die Zeitschrift hatte ihre Blütezeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Zielsetzung der unter dem Schutz der Kolonialmächte betriebenen Missionsarbeit, in deren Dienst sich die Zeitschrift für Glaubensverbreitung – so der erste Untertitel der Zeitschrift – stellte, wird 1898 vom Schriftleiter Geyer programmatisch formuliert: Zwar würden die Eingeborenen „häufig durch tyrannisches Temperament der Weißen, ihre Verachtung gegenüber den Negern, durch rücksichtsloses und unkluges Vorgehen europäischer Beamten, durch Wegnahme ihrer Gebiete oder willkürliche Ausdehnung seitens der Europäer gereizt“, was den „Fortgang der Missionen“ schädige, doch handele es sich in Afrika schließlich „um den Sieg christlicher Cultur über mohammedanische und heidnische Sclaverei und Barbarei.“

In München erschien 1896 erstmals die von Georg Hirth und Fritz von Ostini gegründete Kunst- und Literaturzeitschrift Jugend – Münchner Illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben, die zum Namensgeber der Kunstrichtung Jugendstil wurde.

Der Bazar Illustrirte Damen-Zeitung, 1880

Im Jahr 1890 wurde vom Verlag der Bazar-Actien-Gesellschaft in Berlin erstmals Die elegante Mode, herausgegeben. Sie enthielt einige Inhalte aus der prominenten Modezeitschrift Der Bazar, war aber kleiner und preisgünstiger. Beigefügt waren jeweils zwei Schnittmusterbögen und ein kolorierter Stahlstich mit einer Modedarstellung, außerdem eine Unterhaltungsbeilage. Die elegante Mode erschien alle vierzehn Tage. 1913 wurde ihr Erscheinen eingestellt und sie der Modenwelt des Ullstein Verlages eingegliedert.

Der Bazar war die wichtigste Frauenzeitschrift des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das Magazin enthielt viele Informationen zur neuesten Mode, mit Abbildungen von Modellen, meist als Stahlstiche. Dazu gab es Vorlagen für Handarbeiten mit Schnittmustern in jeder Ausgabe, Kochrezepte, Anleitungen zum Basteln und viele weitere Hinweise für praktische Tätigkeiten. Regelmäßig wurden auch Klaviernoten von zeitgenössischer Unterhaltungsmusik abgedruckt. Inhalte des Bazar wurden in Modezeitschriften in mindestens elf Ländern übernommen. Eine französische und eine österreichische Ausgabe wurden direkt vom Berliner Verlag herausgegeben, die anderen waren eigenständige Zeitschriften, die Zeichnungen und Inhalte des Bazar in unterschiedlichem Ausmaß übernahmen.

Die erste reguläre Ausgabe der Wochenzeitung Berliner Illustrierte Zeitung (BIZ) erschien am 4. Januar 1892. Im Jahr 1894 wurde die Zeitschrift von Leopold Ullstein (Ullstein Verlag) gekauft. Sie war die erste deutsche Massenzeitung. Technische Innovationen wie der Offsetdruck, die Zeilensetzmaschine oder die Verbilligung der Papierherstellung führten dazu, dass die BIZ zum Preis von 10 Pfennig wöchentlich in den Berliner Straßen verkauft wurde. Dies war damals sogar für Arbeiter erschwinglich. Die BIZ stellte den Zeitungsmarkt auf den Kopf. Die Leser wurden nicht mehr über feste Abonnements gebunden, sondern durch die interessante, vor allem auf die Bilderwirkung setzende Aufmachung. Das erste – und damals als sensationell empfundene – Titelblatt zeigt die photographische Gruppenaufnahme eines bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommenen Offizierskorps. Seit 1901 war es außerdem technisch möglich, aktuelle Fotos im Innenteil des Blattes abzudrucken. Dies galt als unerhörte Neuerung. Schon früh war die BIZ auch um größtmögliche Aktualität in ihrer Berichterstattung bemüht. So wurde z. B. im April 1912 die Produktion der bereits im Druck befindlichen Ausgabe Nr. 16 angehalten, als die Nachricht vom Untergang des Ozeanriesen Titanic eintraf. Kurzerhand ersetzte man ein halbseitiges Foto der Akropolis durch ein Foto der Titanic, um über das Unglück aktuell zu berichten. Heute sind beide Auflagen dieses Exemplars in Zeitungsmuseen ausgestellt. In den 1910er Jahren verlieh die BIZ den Menzelpreis für die beste Zeichnung des Jahres.

Die Woche, Heft Nr. 20 von 1914

Mit den Fotografien warb auch die einzige große Konkurrenz der Illustrirten, Die Woche. Der Scherl Verlag startete Die Woche 1899 als Gegengewicht zur BIZ. Auch hier sollte im Mittelpunkt die Bildberichterstattung zum aktuellen Tagesgeschehen stehen. Ein Verlagsprospekt bezeichnete das neue Blatt als „wertvolle Ergänzung zur Tageszeitung“, geeignet, „vielbeschäftigten Leuten die zeitraubende und mühevolle Arbeit“ abzunehmen, mehrere Zeitungen zu lesen. Im Vordergrund stand das Bildmaterial. Angestrebt war zudem eine möglichst enge Beziehung zwischen den Illustrationen und den Artikeln. Aus diesem Schema fielen nur die „Bilder vom Tage“ heraus, die für sich standen und lediglich Bildunterschriften aufwiesen. In Heft 3/1905 besteht diese Rubrik aus acht Seiten hochwertigeren Papiers mit 18 Porträtfotografien (u. a. des 1905 verstorbenen Physikers Ernst Abbe und der „Vorsitzenden des Basars im Prinzessinnenpalais“ Berlin, Herzogin Wilhelm zu Mecklenburg), aber auch Fotografien vom Generalstreik im Ruhrgebiet und das offizielle Abschlussfoto der Hullkommission in Paris, lizenziert von der französischen Illustrée. Neben der lockeren Unterhaltung mit Fortsetzungsromanen und Klatsch begleitete Die Woche anspruchsvolle Themen der Zeit.

1899 gründete der österreichische Schriftsteller Karl Kraus in Wien die satirische Zeitschrift Die Fackel. Die österreichische Zeitschrift, Dokumente der Frauen wurde 1899 in Wien gegründet und erschien zwischen 1899 und 1902 alle zwei Wochen. Redakteurinnen waren Auguste Fickert, Rosa Mayreder und Marie Lang.

Die von Siegfried Jacobsohn gegründete Theaterzeitschrift Die Schaubühne (später Die Weltbühne) erschien 1905 erstmalig.

Gesellschaft und Alltagskultur

Gehobene Abendgesellschaft (1906)

Die oberen und mittleren Gesellschaftsschichten waren mehr als je zuvor materiell gesichert und blickten optimistisch in die Zukunft. Die große Zahl der Bauern, Landarbeiter, Industriearbeiter und kleinen Angestellten hatte jedoch kaum Anteil an den Vorzügen der „Schönen Zeit“.

Die Belle Époque fand im Wesentlichen auf den Boulevards der Metropolen, in den Cafés und Cabarets, den Ateliers und Galerien, den Konzertsälen und Salons statt. Sie wurde getragen von einem mittleren und gehobenen Bürgertum, das vom technischen und wirtschaftlichen Fortschritt am meisten profitierte. In diesen Schichten vollzog sich innerhalb weniger Jahrzehnte eine erstaunlich dynamische kulturelle Entwicklung. Vor allem die vielfältigen Entwicklungen in Kunst und Kultur – nicht zuletzt auch die Kultur einer unbeschwerten, öffentlichen Unterhaltung – gaben dieser Epoche ihren glänzenden Namen.

Anlässlich des 100. Jahrestages der Französischen Revolution wurde 1889 im Jardin de Marianne im Zentrum des Place de la Nation in Paris das Denkmal Le Triumphe de la République eingeweiht.

Antimodernismus

In vielen katholischen Landeskirchen Europas gab es von etwa 1870 bis 1910 einen ausgeprägten Antimodernismus. Der Antimodernismus wendete sich – ausgehend von Dekreten Pius’ IX. (Papst von 1846 bis 1878) – gegen gesellschaftliche und politische Reformen zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie.

Der Antimodernismus ging Hand in Hand mit dem Ultramontanismus. So bezeichnet man eine politische Haltung des Katholizismus in deutschsprachigen Ländern und den Niederlanden, die sich ausschließlich auf Weisungen von der päpstlichen Kurie stützte, also aus dem von dort aus gesehen „jenseits der Berge“ (lateinisch ultra montes – gemeint sind die Alpen) – liegenden Vatikan. Auch in vielen anderen Ländern hatte der jeweilige Klerus (also z. B. Bischöfe, Erzbischöfe und aus ihnen bestehende Gremien) enge Bindungen zum Vatikan.

Nach einer gewissen Kursänderung unter Papst Leo XIII. (Papst von 1878 bis 1903), der sich erstmals der sozialen Frage widmete und mit seiner Enzyklika Rerum Novarum von 1891 die lehramtliche Tradition der katholischen Soziallehre begründete, stellte das Pontifikat Pius X.(1903 bis 1914), während dessen die Bewegungen des Modernismus und Amerikanismus weithin an Bedeutung gewannen, zugleich auch den Höhepunkt antimodernistischer Tendenzen in der katholischen Kirche dar, vor allem durch die Verpflichtung aller Priester auf das Ablegen des sogenannten Antimodernisteneides vom 1. September 1910, der sie ausdrücklich verpflichtete, die im Syllabus errorum (Liste der Irrtümer) beanstandeten Irrtümer abzulehnen.

Aber auch im Protestantismus regte sich im ausgehenden 19. Jahrhundert angesichts der historischen Kritik die Sorge um die Verbindlichkeit von Bibel und Bekenntnis und fand in der positiv-kirchlichen Richtung einflussreiche Vertreter.

Jean Baptiste Guth, zeitgenössische Darstellung von Alfred Dreyfus während seines zweiten Prozesses vor dem Militärgericht in Rennes, Vanity Fair vom 7. September 1899

Dreyfus-Affäre

Die Dreyfus-Affäre, ein Justizskandal, der die französische Politik und Gesellschaft in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts tief spaltete, war auch Ausdruck eines zunehmend offenen Antisemitismus in Teilen der Gesellschaft und stürzte Frankreich in eine schwere innenpolitische und moralische Krise. Im Zuge der Dreyfus-Affäre wurde der Begriff „Intellektueller“ populär und erhielt seine aktuelle Bedeutung. J’accuse…! (französisch für Ich klage an…!) ist der Titel eines offenen Briefes des französischen Schriftstellers Émile Zola an Félix Faure, den damaligen Präsidenten der Französischen Republik, um diesen und die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe der Dreyfus-Affäre zu informieren. Der Brief erschien am 13. Januar 1898 in der Tageszeitung L’Aurore, verursachte einen großen politischen Skandal und gab der Dreyfus-Affäre eine entscheidende Wendung. Der französische Ausdruck J’accuse ging auch in den deutschen Sprachgebrauch ein als Bezeichnung für eine mutige, öffentliche Meinungsäußerung gegen Machtmissbrauch.

Die Affäre Dreyfus ging allerdings nicht mit einem strahlenden Sieg der Gerechtigkeit zu Ende: Die Begnadigung von Dreyfus 1899 war ein politischer Kuhhandel und ging mit einem Amnestiegesetz einher, das es unter anderem dem ehemaligen Kriegsminister Auguste Mercier erlaubte, bis kurz vor seinem Tode ein hohes politisches Amt auszuüben. Der Prozess, der 1906 mit der Rehabilitierung von Alfred Dreyfus endete, war somit nicht von einem breiten Wunsch der Öffentlichkeit getragen, ein immer noch bestehendes Unrecht auszugleichen. Er diente vielmehr als Grundlage für das Gesetz von 1906 über die vollständige Trennung von Religion und Staat in Frankreich,[83] nachdem sich Teile der katholischen Kirche während der Dreyfus-Affäre durch ihren Antijudaismus und ihre antirepublikanische Grundhaltung kompromittiert hatten. Die Regierung mit Émile Combes an der Spitze konnte nunmehr Frankreich radikal säkularisieren und das Prinzip des Laizismus etablieren.

Aufstieg des Bürgertums

Thomas Mann Buddenbrooks 1904.

Mit einem sich rasant entwickelnden Kapitalismus, zunehmendem Handel und Industrialisierung stieg die Anzahl und die Bedeutung großer Kaufleute, Verleger, Unternehmer, Reeder und Bankiers und Fabrikanten. Diese „Bourgeoisie“, diese „Wirtschafts-“ oder „Besitzbürger“ wurden zunehmend wohlhabender, sozial gewichtiger und einflussreicher.[84]

Großbürgertum

Das Großbürgertum gründete Unternehmen und Familiendynastien. Im Deutschen Kaiserreich sprach man deshalb auch von der Gründerzeit. Eine geschickte Heiratspolitik trug oftmals noch zur Vermehrung des Reichtums bei, wie dies vorher nur vom Adel bekannt gewesen war. „Geld kam zu Geld, Schönheit zu Einfluss und Wohlstand zu Macht“ wie Thomas Mann in seinem Roman „Buddenbrooks“ bemerkte.

Als Folge ihres Wohlstands konnten Großbürger einen nicht zuletzt der Repräsentation dienenden „großbürgerlichen Lebensstil“ führen, also ein aufwendiges Leben mit Stadt- und Landsitz, Personal und gesellschaftlichen Veranstaltungen. Die finanziellen Möglichkeiten einerseits und der Niedergang des Adels andererseits ermöglichten es Großbürgern, adelige Landsitze zu erwerben. In vielen Städten etablierten sich im 19. Jahrhundert erstmals ganze Quartiere und Stadtviertel, welche für die Bedürfnisse des aufstrebenden Bürgertums gebaut wurden. Diese Viertel waren meist großzügig von Grünflächen umgeben und hatten einen repräsentativen Charakter. Als Auftraggeber sowie Mäzen des Kunst- und Kulturlebens übernahm das Großbürgertum zunehmend eine Rolle, die der Adel noch im 18. Jahrhundert eingenommen hatte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wetteiferten die Geschäfts- und Wohnhäuser des Großbürgertums mit den Palästen der Renaissance und die staatlichen und städtischen Repräsentationsbauten mit den Schlössern der Barockzeit.[85]

Großbürgerlicher Salon (um 1895)

Bürgertum“ ist die zusammenfassende Bezeichnung für eine vielschichtig strukturierte, im Einzelnen nur schwer abgrenzbare Gesellschaftsschicht zwischen den traditionellen Oberschichten (Hochadel, Adel und Patriziat sowie dem oft aus ihnen hervorgegangenen hohen Klerus) und den historischen Unterschichtsgruppen des Bauernstandes und der Arbeiterschaft. Sie setzt sich im Wesentlichen zusammen aus den Teilschichten des Großbürgertums (darunter vor allem den größeren Kaufleuten), des Bildungsbürgertums (darunter vor allem Pastoren, Universitätsprofessoren und höheren Beamten) sowie des Kleinbürgertums (der unteren Mittelschicht, darunter kleinen Kaufleuten, einfachen, mittleren und gehobenen Beamten einschließlich Lehrern, leitenden Angestellten sowie selbständigen Handwerkern).

Philanthropie und Mäzenatentum

Die während der Belle Époque entstandenen Vermögen einzelner Unternehmer, Bankiers und Industrieller – herausragende Beispiele sind Alfred Nobel, Andrew Carnegie und John D. Rockefeller – wurden auch in der Philanthropie und im Mäzenatentum eingesetzt. In vielen europäischen Ländern finanzierten wohlhabende Bürger Krankenhäuser, Waisenhäuser und andere soziale Einrichtungen. Angehörige des Großbürgertums in Europa und den USA förderten die Künste, indem sie Museen gründeten, Künstler direkt unterstützten oder ihre Kunstsammlungen der Öffentlichkeit zugänglich machten.

Ende des 19. Jahrhunderts bot der Zuckermillionär Sir Henry Tate der britischen Regierung an, eine Galerie für moderne britische Kunst errichten zu lassen und seine Sammlung von über 60 Gemälden namhafter britischer Künstler der Nation als Grundstock der Ausstellung zu vermachen, falls die Regierung ein entsprechendes Grundstück zur Verfügung stellte. Als Standort wurde für das Museum Tate Gallery of British Art wurde Millbank in London zur Verfügung gestellt. Das dortige größte Londoner Gefängnis wurde abgerissen. Am 21. Juli 1897 öffnete die Tate Gallery ihre Pforten in einem von Sidney R.J. Smith entworfenen neoklassizistischen Gebäude am Themseufer. Die Sammlung sollte sich auf britische Künstler beschränken, die nach 1790 geboren worden waren, doch Schenkungen wie der Turner-Nachlass und eine Sammlung von Impressionisten führten zu einer Neuorientierung.

Karl Ernst Osthaus. Gemälde von Ida Gerhardi (1903). Das Gemälde ist ausgestellt im Osthaus Museum Hagen.

Das Museum Folkwang wurde 1902 in Hagen von dem Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus eröffnet. Der Name Folkwang entstammt den altnordischen Mythen der Edda, in denen er den Palast (Folkvangar = Volkshalle) der Göttin Freya, die neben ihrer Rolle als Fruchtbarkeitsgöttin auch als Schutzgöttin der Künste fungierte, bezeichnet. Diese Namenswahl sollte die Einheit von Kunst und Leben in dem neuen Museum verdeutlichen. Das Museum hatte lange Zeit eine Vorreiterrolle im Bereich der Modernen Kunst. Der erst 24-jährige Bankierssohn Karl Ernst Osthaus, der von seinen Großeltern mütterlicherseits ein bedeutendes Vermögen geerbt hatte, entwickelte um 1898 die Idee für ein eigenes Museum in Hagen. Er beabsichtigte, dort seine private Sammlung naturwissenschaftlicher, volkskundlicher und kunstgewerblicher Objekte auszustellen, die er auf ausgedehnten Reisen durch Europa, den Vorderen Orient und Nordafrika mit dem ererbten Geld erworben hatte. Sein Ziel sah er darin, mit dem Museum „zu einer Verbesserung des öffentlichen Geschmacks beizutragen“.[86] Mit der Zeit rückte die ästhetische Erziehung ins Zentrum der Museumsausrichtung, womit der Stellenwert der naturkundlichen Teile der Sammlung abnahm. Das Museum präsentierte die Sammlung nach ästhetischen Gesichtspunkten geordnet und nicht, wie üblich, nach Epochen und Regionen.

Der Stahlmagnat Andrew Carnegie schrieb 1889 den Aufsatz "The Gospel of Wealth", in dem er argumentierte, dass die Reichen eine moralische Verpflichtung haben, ihr Vermögen für das Gemeinwohl zu spenden. Er spendete den Großteil seines Vermögens, um Bibliotheken, Schulen, Universitäten und andere gemeinnützige Einrichtungen zu gründen.

Zahlreiche Spenden amerikanischer Eliten dienten dem Bau und der Unterstützung von Universitäten, z. B. Leland Stanford (Stanford University, gegründet 1891) und John D. Rockefeller (University of Chicago, gegründet 1890).

Bildungsbürgertum

George Hamilton Barrable: A Song Without Words (1880)

Die gesellschaftliche Relevanz, die dem Bildungsbürgertum als Deutungselite kultureller Erscheinungen zukam, beruhte in großem Maße auf der dominanten Stellung sowohl in Universitäten und Schulen, wie auch in der Produktion und Verbreitung öffentlicher Meinungen (durch Presse und Literatur). Dabei baute das Bildungsbürgertum auch Bildungs- und Sprachbarrieren auf, die es zu einer elitären Schicht werden ließen, zu der Ungebildete nur schwer Zutritt gewannen.

Entscheidendes Merkmal des Bildungsbürgertums, auch in seiner Eigenwahrnehmung, ist der Umgang mit Kultur. Traditionsgemäß richtete sich die Bildung nach spezifischen Kanons, die vom Bildungsbürgertum geprägt und rezipiert wurden. Diese reichen von der Literatur über Musik (Hausmusik, Kirchenmusik, Orchestermusik, Oper) und Theater bis hin zu späteren Entwicklungen wie dem Film. Vor allem auch der gesellschaftliche Austausch in Theatern, Opernhäusern, Konzertsälen oder Museen in den Großstädten wurde zum prägenden Moment des Milieus.

Die geistesgeschichtlich große Zeit der deutschen Klassik und Romantik, deren Produkte zugleich verpflichtende Bildungsinhalte wurden, kulminierte in der Redewendung vom „Volk der Dichter und Denker“. Das bedeutendste geistige Produkt – und zugleich die eigentliche Programmatik – des Bildungsbürgertums schuf zu Beginn des 19. Jahrhunderts Wilhelm von Humboldt mit seinem humboldtschen Bildungsideal. Dieses entwickelte sich um die beiden Zentralbegriffe der bürgerlichen Aufklärung: den Begriff des autonomen Individuums und den Begriff des Weltbürgertums. Die Universität sollte ein Ort sein, an dem autonome Individuen und „Weltbürger“ hervorgebracht werden bzw. sich selbst hervorbringen. Die universitäre Bildung sollte keine berufsbezogene, sondern eine von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Ausbildung sein. Damit wies das humboldtsche Bildungsideal über das eigentliche Bildungsbürgertum hinaus auf eine „menschliche Gesellschaft der Gleichen“, was dem Abgrenzungsbestreben mancher Bildungsbürger zuwiderlief.

Erziehung und Bildung

Während der Belle Époque erfolgte ein Paradigmenwechsel in der Kindererziehung. Die Gesellschaft begann, Kinder weniger als kleine Erwachsene und mehr als Individuen in einer besonderen Entwicklungsphase zu sehen, die besondere Aufmerksamkeit und Schutz benötigen:

  • Mit der Urbanisierung und Industrialisierung veränderten sich die traditionellen familiären Strukturen. Die Familie wurde mehr zu einem Ort der emotionalen Unterstützung, und es gab eine wachsende Erwartung, dass Eltern eine aktivere Rolle in der Erziehung ihrer Kinder spielen sollten.
  • Das Konzept der Kindheit als einer besonderen Phase des Lebens, die Schutz und besondere Erziehung erfordert, begann sich zu festigen. Literatur, Kunst und Pädagogik spiegelten ein wachsendes Interesse an Kindern als Individuen mit eigenen Bedürfnissen und Rechten wider.
  • Es gab eine wachsende Bewegung zum Schutz von Kindern vor körperlicher Bestrafung und Misshandlung. In einigen Ländern wurden Gesetze erlassen, um Kinderarbeit zu beschränken oder zu verbieten.
  • Die Psychologie begann, einen größeren Einfluss auf die Kindererziehung zu nehmen. Theorien über Entwicklung und Lernen beeinflussten die Ansichten darüber, wie Kinder erzogen werden sollten. Freud's Psychoanalyse, zum Beispiel, hatte großen Einfluss auf die Ideen über die Kindheit.

Reformpädagogik

Maria Montessori (1913)

Gegen die Entfremdung im Bildungssystem forderte die Reformpädagogik am Ende des 19. Jahrhunderts eine „Erziehung vom Kinde“ aus. Dazu griff sie auf Bildungsideale der Aufklärung zurück, die sie mit einer romantischen Lebensreformideologie verband. Gleichzeitig entstand die Jugendbewegung. In Abgrenzung zur immer umfassenderen Industrialisierung versuchten Jugendliche, auf Fahrten ihre Sehnsucht nach Freiheit und Natur zu verwirklichen. Neben Ansätzen einer demokratischen Erziehung kamen auch völkische und antisemitische Strömungen auf. Die Forderungen der Reformpädagogen zielten darauf ab, die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern durch Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu fördern. Man müsse die Kindheit als eine eigene Lebensphase mit eigenen Anforderungen begreifen. Aus diesem Grund wurde auch die Professionalisierung der Betreuung von Kindern angestrebt. Die Reformpädagogin und Autorin Ellen Key rief 1900 sogar „Das Jahrhundert des Kindes“ aus. Zahlreiche bekannte pädagogische Ansätze, wie die Montessori-Pädagogik, bauten auf diesen Vorstellungen auf und sind bis heute populär.

Begründet wurde die Montessoripädagogik von der 1870 in Italien geboren Maria Montessori, die als eine der ersten Frauen überhaupt ein Medizinstudium mit Promotion abschließen konnte. Sie entstammte einem gutbürgerlichen, christlichen Hause und engagierte sich stark für die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen im Allgemeinen und die Frauenrechte im Besonderen. Sie arbeitete auf der psychiatrischen Station eines Krankenhauses mit geistig behinderten Kindern. Im Laufe der Therapie konnte Montessori beobachten, dass diese Kinder keineswegs alle geistig unterentwickelt waren, sondern ihnen in einigen Fällen lediglich eine Förderung gefehlt hatte. Maria Montessori entwickelte daraufhin, aufbauend auf Überlegungen von Édouard Séguin, spezielle Arbeitsmaterialien, das „Sinnesmaterial“, mit dem es ihr gelang, die Kinder zu stimulieren, ihre Neugier zu wecken und ihre Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit anzuregen. Maria Montessori eröffnet 1907 im römischen Arbeiterviertel San Lorenzo ihr erstes Kinderhaus, die Casa dei Bambini.

Spielzeug

Märklin Dampfmaschine (um 1909)

Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert verfügten meist nur die Kinder privilegierter und wohlhabender Familien über umfangreiches Spielzeug, auch Kinderzimmer waren lediglich für diesen Teil der Bevölkerung Realität. Kinder aus weniger privilegierten Familien besaßen meist weder ein eigenes Zimmer noch ein eigenes Bett oder eigenes Spielzeug.

Die Fertigung von Blechspielzeug erlebte zwischen 1890 und 1910 eine Blütezeit. Verantwortlich dafür waren sowohl verbesserte Stanz- und Druckmaschinen als auch günstigere Methoden der Farbanwendung.

Der Bär war als Kinderspielzeug während des ganzen 19. Jahrhunderts beliebt. 1903 änderte sich Form und Gestalt des Bären grundlegend und der uns heute bekannte Teddybär entstand.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann die serienmäßige und damit kostengünstigere Produktion von Puppenküchen.[87]

Um 1820 wurden Puppenherde erstmals in Serie gefertigt. Im Jahr 1895 bot die Firma Bing Blechherde für Kinder an.[88] Die heute vor allem für Modelleisenbahnen bekannte Firma Märklin begann im Jahre 1859 zunächst mit der Herstellung von Puppenherden. Die kleinen Puppenherde waren funktionsfähig und Kinder konnten auf ihnen einfache Gerichte zubereiten. Anfangs wurden die Puppenherde mit Spiritus betrieben, was jedoch nicht ungefährlich war und mitunter bei den Kindern zu Brandblasen führte. Um 1900 gab es auch elektrisch betrieben Puppenherde, die sicherer aber auch deutlich teurer waren.[89]

1895 brachte die Firma Märklin die erste schienengebundene und dampfbetriebene Spielzeugeisenbahn auf den Markt, woraus sich später die elektrische Modelleisenbahn entwickelte. Mit Modelleisenbahnen und dem Modellbau beschäftigen sich gleichermaßen Kinder und Erwachsene.

Ab 1902 erfolgte die Herstellung von sogenanntem Reformspielzeug als einem aus natürlichen Materialien gefertigten und die Fantasie anregenden Spielzeug, welches unter der gestalterischen Idee hergestellt wurde, die Kreativität und künstlerische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Diese Entwicklung vollzog sich vor dem Hintergrund der Kunsterziehungsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Hauswirtschaftliche Bildung

Im Kaiserreich bis in das frühe 20. Jahrhundert spielten haushaltsnahe Dienstleistungen für die Berufstätigkeit von Frauen eine zentrale Rolle. Statt einer systematischen Schulung wie im dualen System der Berufsausbildung herrschte in der Frauenbildung auf dem Lande oft noch der Grundsatz: „Die Tochter lernt am besten von der Mutter“. Für junge Männer gab es dagegen zu dieser Zeit schon zahlreiche fachliche Bildungseinrichtungen wie etwa Land-, Ackerbau- und Fortbildungsschulen. Die bäuerliche Frauenbildung (bzw. deren Mängel) galt im Kaiserreich schon länger als Problemfeld und war ein wichtiges Thema der frühen (adeligen bzw. bürgerlichen) Frauenbewegung.

Mit Reifensteiner Schulen und dem zugehörigen Reifensteiner Verband (ursprünglich der 1896 begründete Verein zur Errichtung wirtschaftlicher Frauenschulen auf dem Lande) werden historisch bedeutende berufliche Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen und der zugehörige Verband bezeichnet.

Sport und Wettbewerbe

Deutsches Derby in Hamburg-Horn. II (1912)

Beliebte Sportarten der damaligen High Society waren Reiten, Tennis, Golf, Radsport, Pferderennen und Autorennen.

Das Bermuda Race, eine Hochseeregatta vom Brenton Reef bei Newport (Rhode Island) nach Hamilton auf der Bermudainsel Hamilton Island (647 Seemeilen), wurde erstmals im Jahr 1906 veranstaltet.

James Naismith (rechts außen) als Trainer der Mannschaft der Universität von Kansas, 1899

Das weltweit erste weibliche Golfturnier fand 1893 in Lytham St Annes statt. Lady Margaret Scott war Gewinnerin der ersten British Ladies Amateur Golf Championship. Das auf Initiative von Nettie Honeyball durchgeführte erste Frauenfußball-Match zwischen England-Nord und England-Süd endete mit einem Ergebnis von 7:1.

Das erste offizielle Basketballspiel fand 1892 auf der Basis von dreizehn vom kanadischen Arzt und Pädagogen James Naismith erdachten Regeln in Springfield (Massachusetts) statt. Auf Initiative von Senda Berenson Abbott fand 1893 das erste Basketball-Spiel für Frauen am Smith College statt.

1886 fand die erste offizielle Schachweltmeisterschaft statt, der Weltmeistertitel „Champion of the World“ wurde dabei erstmals in einem Zweikampf zwischen dem in den Vereinigten Staaten lebenden Österreicher Wilhelm Steinitz und dem im Vereinigten Königreich lebenden Johannes Hermann Zukertort vergeben.

Olympische Spiele

Die olympischen Spiele in Athen 1896

Pierre de Coubertin gründete 1894 auf dem Olympischen Kongress in Paris das Internationale Olympische Komitee mit dem Ziel, die Olympischen Spiele wiederzubeleben und zur Völkerverständigung beizutragen. Er wählte hierzu die Woche des französischen Derbys, da hierdurch die Teilnahme vieler Sportinteressierter gewährleistet war.

1896 fanden im Panathinaiko-Stadion in Athen die ersten Olympischen Sommerspiele der Neuzeit statt. Die Entscheidung, die ersten Olympischen Spiele nicht in Paris auszutragen, wird rückblickend als Glücksfall gewertet. Die Spiele in Athen verliefen erfolgreich und glanzvoll. Es ist kaum vorstellbar, dass die olympische Idee überlebt hätte, wären zuerst die vom Chaos geprägten Spiele von Paris veranstaltet worden.

Eines der Plakate, die anlässlich der Olympischen Spiele in Paris im Jahr 1900 veröffentlicht wurden. Es wird vom IOC als offizielles Plakat der Olympischen Spiele präsentiert.

Die Olympischen Sommerspiele 1900 (offiziell Spiele der II. Olympiade genannt) wurden in der französischen Hauptstadt Paris im Rahmen der Weltausstellung (Exposition Universelle et Internationale de Paris) ausgetragen. Das Jahr 1900 als markantes Datum entsprach Coubertins Vorstellungen, und die parallele Durchführung mit der Weltausstellung sollte den Olympischen Spielen zu Glanz und Ruhm verhelfen. Im Gegensatz zu einer Weltausstellung hatten Olympische Spiele aber sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Kreisen der Sportfunktionäre und Sportler noch keinen Stellenwert. Die Organisatoren der Weltausstellung, unter deren Leitung auch alle Sportwettbewerbe veranstaltet wurden, sahen deshalb auch keine Veranlassung, sich den Forderungen und Ansprüchen von Pierre de Coubertin, dem Begründer der neuzeitlichen Olympischen Spiele, zu beugen. Der Racing Club de France und der Stade Français, die bedeutendsten französischen Sportvereine jener Zeit, sowie der nicht minder bedeutende französische Sportverband Union des sociétés françaises de sports athlétiques (USFSA) wurde für die Organisation der Wettbewerbe der Ausstellungsleitung gewonnen. Anschließend beanspruchte die USFSA alle Rechte an jeglichen Sportveranstaltungen im Jahr 1900 in Paris. Selbst der Name Olympische Spiele wurde in keinem offiziellen Bericht und in nur wenigen Veröffentlichungen jener Zeit verwendet. Die Wettkämpfe trugen den offiziellen Namen Concours Internationaux d’Exercices Physiques et de Sports (Internationale Wettbewerbe für Leibesübungen und Sport). Als lästiges Anhängsel der Weltausstellung gerieten die Wettkämpfe zu einer Nebensächlichkeit. Zuschauer waren eher zufällige Zaungäste, die Öffentlichkeit wurde kaum informiert. Die Bedingungen für die Sportler waren teilweise unzumutbar und die Wettkampforte über ganz Paris verteilt. Es gab Sportler, die niemals oder erst Jahre später erfuhren, dass sie an Olympischen Spielen teilgenommen hatten. Die meisten Wettkämpfe fanden auf dem Gelände der Weltausstellung in Vincennes, dem Annexe de Vincennes, statt. Das hier vorhandene Vélodrome municipal wird als Hauptwettkampfstätte der Spiele angesehen, in ihm wurde Radsport, Rugby, Fußball, Cricket und Gerätturnen ausgetragen. Die Wettkämpfe der Leichtathletik und im Tauziehen fanden im Croix Catelan, dem Sportplatz des Racing Club de France im Bois de Boulogne statt.

Erstmals konnten 1900 auch Frauen an Wettkämpfen bei Olympischen Spielen teilnehmen.

Die Olympische Flagge: 1913 entworfen, 1914 angenommen, 1920 erstmals verwendet.

Die olympischen Ringe als Teil der olympischen Symbole wurden von Pierre de Coubertin im Jahr 1913 entworfen und bestehen aus fünf verschlungenen Ringen in den Farben Blau, Gelb, Schwarz, Grün und Rot auf weißem Hintergrund. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hisste erstmals 1914 anlässlich des 16. Olympischen Kongress die offizielle Olympiafahne mit den fünf Ringen.

Der Boston-Marathon von 1897 war der erste Marathonlauf im Sport, der außerhalb der Olympischen Spiele veranstaltet wurde. Allerdings gingen nur 15 Athleten in Boston an den Start.

Motorsport

Le Petit Journal vom 6. August 1894: Concours „les voitures sans chevaux“ (Rennen mit „Kutschen ohne Pferde“)

Das erste Rennen im Automobilsport fand am 22. Juli 1894 als Zuverlässigkeitsfahrt über 126 km von Paris nach Rouen und zurück statt. 15 der über 121 angemeldeten Fahrzeuge erreichten das Ziel. Dem eigentlichen Sieger, Albert de Dion, wurde der Sieg jedoch vorenthalten, weil der von ihm eingesetzte Dampfwagen mutmaßlich nicht „preiswert“ und „einfach in der Handhabung“ war (was jedoch auf keines der teilnehmenden Fahrzeuge zutraf) und somit gegen die Regularien verstieß.

Das Jahr 1904 brachte mit dem Gordon-Bennett-Rennen in Deutschland einen weiteren Aufschwung des Motorsports auch außerhalb Frankreichs. Gleichzeitig war es das erste Jahr ohne Stadt-zu-Stadt-Rennen, die nach dem „Todesrennen“ Paris–Madrid 1903 verboten worden waren.

Auf der Strecke Paris–Nantes–Paris wurde 1896 auch das erste Motorradrennen der Welt mit lediglich acht Teilnehmern ausgetragen.

In Paris wurde 1904 der Motorradweltverband, die Fédération Internationale de Motocyclisme, gegründet.

In Peking starteten 1907 fünf Wagen zum längsten Automobilrennen aller Zeiten, der Fahrt von Peking nach Paris. Die 12.000 km lange Route führt durch die Wüste Gobi, vorbei am Baikalsee, durch Sibirien, über den Ural und über Moskau nach Paris. Das italienische Team um Prinz Scipione Borghese wird als Sieger gefeiert. Das zweite, vom Holländer Charles Goddard gesteuerte, Kraftfahrzeug trifft am 30. August ein, die anderen kommen nicht ans Ziel.

Maurice Garin nach seinem Sieg bei der Tour de France 1903, rechts der Zweitplatzierte Léon Georget

Radsport

Die Radsportverbände von Belgien, Frankreich, Italien, der Schweiz und der USA gründeten 1900 in Paris den Weltverband Union Cycliste Internationale (UCI).

Die 1903 ins Leben gerufene Tour de France war das erste echte Etappenrennen in der Geschichte des Radsports.[90] Sie umfasste sechs Etappen zwischen dem 1. und 19. Juli 1903 mit einer Gesamtlänge von 2.428 Kilometern. Sieger wurde der favorisierte Franzose Maurice Garin mit einem Stundenmittel von 25,679 km/h.

Seit 1909 wird in Italien der Giro d’Italia ausgetragen. Das erste Sechstagerennen des Radsports in Europa findet 1909 in den Berliner Ausstellungshallen am Zoo statt.

Die Erstaustragung der Flandern-Rundfahrt fand am 25. Mai 1913 statt und führte über 324 Kilometer durch die großen Städte von West-und Ostflandern.

Fußball

Die Frankfurter Rugby-Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris.

Im Jahr 1880 wurde der „Fußballclub Frankfurt“ durch den Zusammenschluss der zwei Rugbymannschaften Germania und Franconia Frankfurt gegründet. Die damals einzige betriebene Sportart wurde noch als Rugby Fußball (im Vergleich zu Associations Fußball, das später zu Fußball wurde) bezeichnet. 1893 wurde der FC Frankfurt Mitglied der Süd-Westdeutschen Fußball-Union. Im Rahmen der Olympischen Spiele und der Weltausstellung 1900 in Paris wurde erstmals ein Rugby Spiel gegen Frankreich ausgetragen. Am 14. Oktober 1900 trat der Fußballclub Frankfurt als Vertreter für Deutschland im Vélodrome de Vincennes gegen eine französische Mannschaft an. Das Spiel endete 27:17 für Frankreich.[91] Seit 1902 gehört Hockey zu den Sportarten des Clubs.[92] 1905 wurde erstmals von einem Hockeyspiel des Clubs berichtet.[93] 1914 wurde der „Fußballclub Frankfurt“ in Sport-Club „Frankfurt 1880“ e. V. umbenannt.

Der Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) wurde am 28. Januar 1900 in Leipzig gegründet und richtet seit 1903 die deutsche Fußballmeisterschaft aus.

In Paris wurde 1904 der Weltfußballverband FIFA von den Fußballverbänden folgender Länder gegründet: Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Schweden, Schweiz und Spanien.

In der französischen Hauptstadt Paris wurde 1909 das Stade de Paris eröffnet.

Stadtentwicklung

Georges-Eugène Haussmann

Der französische Kaiser Napoléon III. erkannte Mitte des 19. Jahrhunderts in Georges-Eugène Haussmann den geeigneten Mann, um seine hochgesteckten Ziele in Hinblick auf eine grundlegende städtebauliche Umgestaltung der Hauptstadt Paris zu verwirklichen. Er ernannte ihn 1853 zum Präfekten von Paris, damals Département de la Seine, und stattete ihn mit außergewöhnlichen Befugnissen aus. Haussmann war in dieser Funktion bis 1870 zur weitgehenden Zufriedenheit des Monarchen tätig. Der französische Kaiser wollte Paris zu einer modernen Metropole des Industriezeitalters gestalten, um sich mit den Hauptstädten der anderen europäischen Großmächte wie London und St. Petersburg messen zu können. Die Metropole sollte durch die Anlage monumentaler Sichtachsen übersichtlich gegliedert und den Anforderungen des modernen Straßen- und Schienenverkehrs angepasst werden. Neben den Verkehrsanlagen entstanden auch weitläufige Grünanlagen nach englischem Vorbild, zum Teil als Erweiterung und Neugestaltung vorhandener Anlagen (z. B. Jardin du Luxembourg, Bois de Boulogne). Beim Umbau der Stadt spielten auch militärische Aspekte eine Rolle, so begünstigte die „Haussmannisierung“ von Paris die Kampfführung regulärer Truppen gegen aufständische Bürger.

Die Arbeiten konzentrierten sich im Wesentlichen auf die Areale des Louvre, des Tuilerien-Palastes, die Zufahrtswege zum Hôtel de Ville, die Rue de Rivoli, die Umgebung der Oper, die Île de la Cité, die noch aus der Zeit Louis XIV. stammenden Grands Boulevards und die Avenuen, die auf die Place de l’Étoile zulaufen. Insgesamt wurden Straßen von rund 150 Kilometern Länge neu gebaut. Neben den großen Markthallen Les Halles entstanden die großen Bahnhöfe und andere kommunale Einrichtungen, darunter mehrere Theater und auch eine neue Kanalisation.

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam es in vielen Städten zu einem starken Bevölkerungswachstum. Die Großstädte mit ihren Fabriken galten als Hoffnungsort und Moloch zugleich. Städte waren von Luxus und Reichtum einerseits sowie von großer Armut und großem Wohnungselend andererseits geprägt. Während die Wohnverhältnisse in den Werkswohnungen der Fabriken noch erträglich erschienen, erwiesen sich die Wohnverhältnisse der meisten Arbeiterfamilien in den großen Mietskasernen oder -häuser der Städten als katastrophal. Die Familien lebten dort meist auf engstem Raum in schlecht belichteten und belüfteten Ein- und Zweizimmerwohnungen. Da das wenige Geld meist nicht ausreichte, waren sogenannte Schlaf- und Kostgänger oder Untermieter willkommen, die Zusatzeinnahmen aber allzu oft auch Krankheiten brachten. Küchen waren in den Wohnungen meist nicht vorhanden, die Gemeinschaftstoiletten lagen außerhalb der eigentlichen Wohnung, Bäder gab es nicht. Die schlechten hygienischen Verhältnisse erwiesen sich häufig als gesundheitsgefährdend.

Camillo Sitte

Camillo Sitte (1867)

Der österreichische Architekt und Stadtplaner Camillo Sitte war einer der ersten Autoren, die sich theoretisch und kritisch mit der Stadtplanung des Industriezeitalters auseinandersetzten. Sitte erlangte 1889 mit der Veröffentlichung seines Buches Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen über die Grenzen Österreich-Ungarns hinaus hohes Ansehen. In seinem Buch, das in rascher Folge wiederaufgelegt wurde, legte er die „Beziehung zwischen Bauten, Monumenten und Plätzen“ am Beispiel von historischen, oft italienischen Platzgestaltungen dar, die das „Künstlerische“ und „Malerische“ mit dem „Technischen“ zu einem guten Städtebau verbunden hätten, und ließ einer Abhandlung über verschiedene städtebauliche Systeme das „Beispiel einer Stadtregulierung nach künstlerischen Grundsätzen“ folgen. Es müsse der „Stadtbau als Kunstwerk“ verstanden werden, nicht „nur als technisches Problem“. Im Zentrum seiner Betrachtungen stand der städtische Platz, der „als Mittelpunkt einer bedeutenden Stadt die Versinnbildlichung der Weltanschauung eines großen Volkes“ sei. Zentrale Plätze sollten ein „Sonntagskleid“ erhalten und „zum Stolz und zur Freude der Bewohner, zur Erweckung des Heimatgefühles, zur steten Heranbildung großer edler Empfindungen bei der heranwachsenden Jugend dienen“. Sittes bekanntester Architektur-Schüler war der Österreicher Joseph Maria Olbrich. Im Bereich der Landschafts- und Freiraumplanung nahm der deutsche Landschaftsarchitekt Leberecht Migge Sittes Anregungen auf. Sitte beeinflusste auch Raymond Unwin, den Planer der englischen Gartenstadt Letchworth (1903) und sein Buch Town Planning in Practice (1909).[94]

Patrick Geddes

Patrick Geddes (1886)

Der schottische Biologe und Stadtplaner Patrick Geddes betonte den Wert regionaler Planung und die Notwendigkeit, städtische Entwicklungen im Kontext der gesamten Region zu betrachten. Geddes war wie der Soziologe John Ruskin der Ansicht, soziale Prozesse und räumliche Strukturen seien eng miteinander verbunden. Er hielt es deshalb auch für möglich, durch gezielte Gestaltung der räumlichen Umwelt soziale Prozesse zu beeinflussen oder zu initiieren. Geddes entwickelte seine Ideen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Industrialisierung die Lebensweise der Menschen im Vereinigten Königreich dramatisch verändert hatte. Geddes Ziel war die Schaffung eines städtischen Umfeldes, das optimal auf die Bedürfnisse des Menschen eingerichtet wäre und Körper und Geist in Einklang brächte. Seine Thesen beeinflussten viele Denker des 20. Jahrhunderts, wie etwa den US-amerikanischen Urban-Theoretiker Lewis Mumford. Geddes wird oft als "Vater der Stadtplanung" bezeichnet.

Stadtparks, Grünanlagen und Gartenstädte

Albert Edelfelt: Jardin du Luxembourg, Paris (1887)

In Paris waren Volksgärten, Schlossparks und Grünanlagen wie der Jardin du Luxembourg, der Parc des Buttes-Chaumont, der Jardin des Tuileries, der Parc Monceau und der Bois de BoulogneBühnen des vielfältigen gesellschaftlichen Lebens während der Belle Époque. In den Parks wurden oft die neuesten landschaftlichen und architektonischen Ideen umgesetzt, so wurde beispielsweise der Eiffelturm, eines der berühmtesten Wahrzeichen von Paris, als Teil der Weltausstellung von 1889 im Champ de Mars errichtet. In den Pariser Parkanlagen fanden regelmäßig Konzerte, Theateraufführungen und andere kulturelle Ereignisse statt. Diese Events waren oft groß inszeniert und lockten viele Besucher an. Die Pariser Bourgeoisie und der Adel nutzten die Parks, um ihre neuesten Moden zu präsentieren und das gesellschaftliche Leben zu genießen. Die Parks waren auch als Spielplätze für Kinder sehr populär. Im Bois de Vincennes wurden für die Olympischen Sommerspiele 1900 Sportanlagen gebaut. Die Wettbewerbe im Bogenschießen fanden im Bois de Vincennes statt.

Claude Monet: Le parc Monceau (1878)

Die Parkanlagen von Paris inspirierten viele Künstler, darunter Maler, Schriftsteller und Musiker. Im Jahr 1876 malte Claude Monet fünf Bilder vom Park Monceau, darunter eine Serie von drei Bildern, die den Frühling im Park zeigen. Hector Berlioz war ein großer Liebhaber dieses Parks. Im Park stehen Statuen berühmter französischer Persönlichkeiten wie z. B. Guy de Maupassant, Frédéric Chopin, Charles Gounod, Ambroise Thomas und Édouard Pailleron.

Zur Verbesserung der Lebensqualität entstanden nach dem Vorbild der französischen Hauptstadt Paris auch in vielen europäischen Städten großzügige Grünflächen und Parkanlagen. Ebenso wurde die Natur als Zufluchtsort immer wichtiger. Ausflüge in die nähere Umgebung gehörten zum sonntäglichen Freizeitprogramm. Gärten und Gartenlokale als Rückzugsorte bzw. Wintergärten für das Großbürgertum erfreuten sich großer Beliebtheit.

Heinrich Vogeler, Gemälde Der Sommerabend, Sonderbriefmarke „100 Jahre Künstlerdorf Worpswede“ der Deutschen Bundespost von 1989

Viele Künstler erwarben am Rande der Städte Gartenhäuser und schlossen sich zu Künstlerkolonien zusammen. Unter ihnen fanden Aspekte neuer Lebensformen wie Freikörperkultur und die anthroposophischen Lehren Rudolf Steiners als Alternative zahlreiche Anhänger. Es entwickelten sich Vegetarismus, Naturheilkunde und Reformhäuser.

Als Reaktion auf die schlechten Wohn- und Lebensverhältnisse sowie steigenden Grundstückspreise entwarf der Brite Ebenezer Howard im Jahr 1889 das Modell der planmäßigen Entwicklung von Gartenstädten. Die Idee der Gartenstadt fand auch in Deutschland großen Anklang.

Wasserversorgung und Hygiene

Der Wert technischer Wasserreinigung wurde eindrucksvoll bestätigt, als 1849 bekannt wurde, dass Cholera durch Wasser übertragen wird. Dennoch sollte es noch Jahrzehnte lang dauern, so etwa in London bis 1868 und in München sogar bis 1881 (Wasserversorgung Münchens), bis sich das neue Wissen gegen einen vielfach radikalen Marktliberalismus durchgesetzt hatte und endlich geeignete Maßnahmen ergriffen werden konnten.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erkannten Regierungen die Notwendigkeit zum systematischen Aufbau einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge. Hatten sich die Maßnahmen hierzu in Westeuropa zunächst auf Quarantäneregelungen in Häfen zur Kontrolle und Ausgrenzung Kranker oder potenziell Kranker beschränkt, waren neue Maßnahmen auf den Ausbau infrastruktureller Einrichtungen gerichtet, insbesondere Maßnahmen zur Errichtung einer sauberen öffentlichen Wasserversorgung und -entsorgung, wodurch Krankheiten der Nährboden entzogen werden sollte. Öffentliche Wasserversorgung wurde zur Aufgabe des Staates, während sie bis dahin privater und religiöser Initiative überlassen war. Außerhalb Westeuropas waren Städte teilweise schon deutlich früher für eine Verbesserung der Stadthygiene mittels Wasserversorgung und -entsorgung aktiv geworden.[95]

Stadtplanung und städtische Infrastruktur

Generalbebauungsplan Groß-Düsseldorf, Siegerentwurf „Berge romeryke“ von Bruno Schmitz, Otto Blum und Bruno Heck, 1912

Mit der zunehmenden Kommunalisierung der städtischen Infrastruktur begann auch die wissenschaftliche Stadtplanung. Das Konzept des Munizipalsozialismus ging von Großbritannien aus und konnte sich auch in Deutschland, Frankreich und den meisten anderen europäischen Ländern etablieren. In Deutschland und Österreich wurden Infrastrukturunternehmen wie Straßenreinigung, Müllabfuhr oder Straßenbahn-Gesellschaften meist in Stadtwerken gebündelt.

1903 wurde in Dresden anlässlich der ersten deutschen Städteausstellung der Deutsche Städtetag gegründet. Im Zentrum standen die Leistungen der kommunalen Selbstverwaltungen in den Bereichen Stadtplanung, Infrastruktur und Soziales.

In den Jahren 1908 und 1909 war Düsseldorf, das in der Phase der Hochindustrialisierung in Deutschland als „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ bedeutend angewachsen war, durch Eingemeindungen auch räumlich vergrößert worden. Für das Düsseldorfer Gebiet stellte sich die Frage einer gesamtstädtischen Stadtentwicklungs- und Flächennutzungsplanung, um das rasante Wachstum der Stadt in geordnete Bahnen zu lenken, ihre Stadtteile besser miteinander zu verbinden und die eigenen Planungen mit denen der Region zu verknüpfen, insbesondere im neuen linksrheinischen Bereich der Stadt. Nach dem Vorbild des 1908/1909 durchgeführten Planungswettbewerbs „Groß-Berlin“ beschäftigten sich Düsseldorfer Planer und Politiker daher mit Fragen der städtebaulichen Gesamtplanung und einer Frühform der regionalen Planung.[96] Im Jahr 1912 wurde von der Stadt Düsseldorf in ihrem Kunstpalast sowie angrenzenden Messehallen die Städte-Ausstellung Düsseldorf für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke ausgerichtet. Im Verlauf der Veranstaltung präsentierte die Stadt die Ergebnisse ihres Wettbewerbs zu einem Generalbebauungsplan für „Groß-Düsseldorf“. Die gesamte Veranstaltung widmete sich den Fragen der modernen Großstadtentwicklung und schloss eine Messe in den Bereichen städtische Infrastruktur, Medizin und Krankenhausbau, öffentlicher Hochbau und Industrie mit ein.

Gesundheit und Hygiene

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte sich die Medizin, die bis dahin lediglich als Handwerk und Kunstlehre begriffen worden war, zu einer ernstzunehmenden Wissenschaft. Hospitäler, die zuvor nur Pflege- und Versorgungseinrichtungen gewesen waren, avancierten zu Orten, an denen Menschen therapiert wurden und Forschung betrieben wurde[97]. In den Bereichen Medizin und Hygiene kam es im 19. Jahrhundert zu deutlichen Fortschritten, beispielsweise bei der Geburtshilfe. Die Säuglingssterblichkeit ging zurück und die durchschnittliche Lebenserwartung stieg ebenfalls.

In der breiten Öffentlichkeit setzte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr die medizinische Erkenntnis durch, dass Gesundheit und Hygiene eng miteinander verbunden sind. Reinlichkeit und Wohlgeruch galten daher vor allem in der besseren Gesellschaft als Zeichen für eine gesunde Lebensführung.

Zur Unterstützung der körpereigenen Pflege waren in Drogerien einfache Kernseife oder verschiedene Arten von Pflanzenseife erhältlich. 1885 gründeten die englischen Brüder William Hesketh Lever und James Darcy Lever die Seifenfabrik Lever Brothers. Ihr Produkt war innovativ, weil sie Palmöl statt Talg für die Seifenherstellung verwendeten. Die Brüder Lever gaben ihm den Namen „Sunlight Soap“. 1899 entstand der deutsche Ableger in Mannheim-Rheinau die Sunlight Seifenfabrik AG, die sich vier Jahre später zum größten Seifenhersteller auf dem europäischen Kontinent entwickelt hatte. 1907 wurde von der Firma Henckel in Deutschland das erste selbsttätige Waschmittel erfunden.

Louis Pasteur (1895), Studioporträt von Paul Nadar
Robert Koch. Fotogravur nach einer Fotografie von Wilhelm Fechner (um 1900)

Biologen und Mediziner erkannten die Keimtheorie von Krankheiten und das Fachgebiet der Bakteriologie entstand.

Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Epidemiologie (und auch der Parasitologie) ist die 1880 während des Baus des Gotthard-Eisenbahntunnels erfolgte Entdeckung des Hakenwurms, Ancylostoma duodenale, als Ursache der damals so bezeichneten Sankt-Gotthard-Krankheit – einer parasitären Anämie. Auf der Grundlage der epidemiologischen Erkenntnisse wurden dann die Arbeitsbedingungen und die hygienischen Verhältnisse verbessert.

Die Desinfektion fand in der Medizin erstmals eine breite Anwendung, nachdem der britische Chirurg Joseph Lister, basierend auf Arbeiten von Louis Pasteur, antiseptische Mittel entdeckt hatte.

Dem deutsch-österreichischen Chirurgen Theodor Billroth gelang 1881 die erste erfolgreiche Magenresektion. Er gilt als Begründer der modernen Magendarmchirurgie.

Der russische Darwinist Elie Metchnikoff entdeckte 1883 die Immunabwehr-Mechanismen gegen Bakterien durch weiße Blutzellen (Phagozytose) und erforschte die Heilung und Bekämpfung der Cholera. Im Jahre 1908 erhielt er für „Arbeiten über Immunität“ gemeinsam mit Paul Ehrlich den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Der österreichisch-US-amerikanischer Pathologe, Hämatologe und Serologe Karl Landsteiner entdeckte 1900 das AB0-System der Blutgruppen, wofür er 1930 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Zusammen mit Erwin Popper gelang ihm 1908 zudem der experimentelle Nachweis, dass die Poliomyelitis (Kinderlähmung) eine durch Infektion übertragbare Krankheit ist.

1888 publizierte der deutscher Naturheilkundler Friedrich Eduard Bilz das sogenannte Bilz-Buch, ein Standardwerk der Naturheilkunde.

Von 556 wissenschaftlichen Entdeckungen auf medizinischem Gebiet in den Jahren 1860 bis 1910 wurden 249 deutschen Wissenschaftlern zuerkannt. Die Bedeutung der deutschen Forschung zeigte sich auch in der Anzahl der Nobelpreise, die an Deutsche verliehen wurden.[98]

Industrielle Herstellung von Medikamenten

Odol - Absolut bestes Mundwasser der Welt, 1902

Mit der Industrialisierung chemischer Prozesse konnten Medikamente, die zuvor in Apotheken noch manuell hergestellt werden mussten, nun schnell und kostengünstig industriell produziert und vertrieben werden wie beispielsweise das Schmerzmittel Aspirin. Die Firma Bayer AG ließ sich 1899 den Namen Aspirin als Markenzeichen eintragen.

Im Jahr 1892 brachte der Dresdner Unternehmer Karl August Lingner das MundwasserOdol“ auf den Markt, das als Zahn- und Mundreinigungsmittel für die bessere Gesellschaft diente. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ersetzten Zahncremes in wiederverschließbaren Tuben das bisher verwendete Zahnpulver. Mit für die damalige Zeit ungewöhnlich hohen Werbeaufwendungen konnte das Unternehmen renommierte Künstler für seine Werbung gewinnen, darunter den deutschen Jugendstilmaler Franz von Stuck und den italienischen Komponisten Giacomo Puccini, der dem Mundwasser L’ode all’ Odol, eine „Odol-Ode“, widmete.[99][100] Auf Anregung des Odol-Fabrikanten Karl August Lingner wird 1911 im Städtischen Ausstellungspalast in Dresden die Internationale Hygiene-Ausstellung eröffnet. Sie dauert bis zum 31. Oktober und ist bis heute die am stärksten besuchte Ausstellung in Dresden. 1912 wurde von Karl August Lingner das Deutsche Hygienemuseum in Dresden gegründet.

Samuel Pozzi

Samuel Pozzi, Aufnahme von Pierre Petit

Der französische Chirurg, Politiker und Kunstsammler Samuel Pozzi verfasste mit dem Lehrbuch der Gynäkologie ein Standardwerk für seinen Fachbereich. Darüber hinaus bekleidete er den ersten Lehrstuhl für Gynäkologie in Frankreich und war Mitglied der Académie de médecine. Pozzi vertrat als Abgeordneter das Département Dordogne im französischen Senat und war zudem in der Regionalpolitik aktiv. Zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis gehörten zahlreiche Schriftsteller, Schauspieler und Künstler.

Um sich mit anderen Ärzten auszutauschen und seine Kenntnisse zu erweitern, unternahm Pozzi zahlreiche Reisen. 1876 besuchte er den Kongress der British Medical Association in Edinburgh. Hier traf er Joseph Lister, mit dem er sich unter anderem zu antiseptischen Verbänden austauschte. Dessen neuen Erkenntnisse zur chirurgischen Asepsis führte Pozzi umgehend in seinem Krankenhaus ein und warb bei seinen französischen Kollegen für die Umsetzung dieser Innovation. 1877 wurde Pozzi zum Krankenhauschirurgen (chirurgien des hôpitaux) und zum Professor an der Medizinischen Fakultät der Pariser Universität ernannt.

1893 gehörte Pozzi zur französischen Delegation der Weltausstellung in Chicago. Bei dieser Gelegenheit besuchte er in der Stadt verschiedene Krankenhäuser. Die Académie nationale de médecine nahm Pozzi 1896 als Mitglied auf und würdigte damit seine Leistungen als Mediziner. 1897 begründete er die Fachzeitschrift Revue de gynécologie et de chirurgie abdominale (Journal der Gynäkologie und Bauchchirurgie), mit der er ein Forum für neueste Forschungsergebnisse und Behandlungsmethoden schuf. Anfang 1899 besuchte Staatspräsident Félix Faure die unter Pozzis Leitung umgestaltete gynäkologische Abteilung im Hôpital Broca und unterstrich damit Pozzis ärztliche Leistungen. Pozzis Einsatz führte 1901 zur Schaffung des ersten Lehrstuhls für Gynäkologie in Frankreich. Pozzi bekleidete diesen Lehrstuhl als erster Professeur de clinique gynécologique an der Universität von Paris. Er widmete sich fortan verstärkt der Thematik der angeborenen Missbildungen. Zudem sprach er sich gegen die seinerzeit übliche systematische Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken aus und setzte sich für eine konservative Chirurgie ein.

Der britische Schriftsteller Julian Barnes veröffentlichte 2019 den Essay The Man in the red Coat. Das lebensgroße Porträt Dr. Pozzi at Home von John Singer Sargent gehört seit 1990 zu den Höhepunkten der Gemäldesammlung des Armand Hammer Museum of Art in Los Angeles. Barnes, der das Bild 2015 in einer Ausstellung in London sah, ließ sich durch das Porträt zu seinem Roman The Man in the Red Coat inspirieren. Er beschreibt darin das Leben von Samuel Pozzi, thematisiert den medizinischen Fortschritt und liefert zugleich Einblicke in Gesellschaft und Kultur der Belle Époque

Kaufhäuser und Konsum

Kaufhäuser

Galerie Lafayette Haussmann 1900

Von Paris aus traten in den 1880er und 1890er Jahren exquisite Warenhäuser nach dem Vorbildern von Galeries Lafayette und La Samaritaine ihren Siegeszug durch die Welt an und galten beim konsumverliebten Publikum schnell als „Achtes Weltwunder“.[101][102] Die Menschen standen staunend Schlange, als 1869 das Au Bon Marché als erstes Warenhaus Europas seine Türen öffnete. Unter einer von Gustave Eiffel mitentworfenen kühnen eisernen Stützkonstruktion befand sich eine Verkaufsfläche, die größer als sieben Fußballfelder war und den Besuchern ein schier unermessliches Sortiment an Waren bot.

Der Kaufmann Théophile Bader aus Dambach-la-Ville und sein Cousin Alphonse Kahn aus Kolbsheim eröffneten zunächst 1894 ein Wäschemodegeschäft mit einer Ladenfläche von 70 m² im 9. Arrondissement in der Rue La Fayette Nr. 1 in bester Geschäftslage, wenige Minuten entfernt von der Pariser Oper. Sie benannten das Geschäft 1894 nach der Straße in Aux Galeries Lafayette. Am 21. Dezember 1895 kaufte die Gesellschaft das gesamte Gebäude rue La Fayette Nr. 1; bald wurde aus dem Modegeschäft ein Kaufhaus mit 265 m² auf fünf Stockwerken. In den folgenden fünf Jahren kamen weitere Modegeschäfte in Paris und Lyon hinzu. Die Gesellschaft erweiterte ihre Geschäftstätigkeit über den reinen Einzelhandel hinaus auch auf die Modeproduktion. 1899 wurde die Aktiengesellschaft Société Anonyme des Galeries Lafayette gegründet. Der Architekt Georges Chedanne erhielt 1906 den Auftrag für eine 10-stöckige Neukonstruktion, die 1908 fertig war. Hierdurch dehnte sich das Stammhaus weiter aus bis zur Adresse 38–41 Boulevard Haussmann. 1907 hatte das Kaufhaus mehr als 750 Angestellte. Von 1910 bis 1912 wurde ein Gebäudekomplex in armierter Betonskelettbauweise errichtet. Auf der 33 Meter hohen Jugendstil-Galeriehalle wurde eine 40 Meter hohe farbige Glaskuppel errichtet; die Eröffnung fand am 8. Oktober 1912 statt. Das Haus hatte nun eine Verkaufsfläche von 18.000 m². Noch im Jahre 1912 verkaufte Kahn seinen Anteil an Bader.

Treppenhaus im Le Bon Marché, Paris 1892

In seinem Roman Das Paradies der Damen (im Original: Au Bonheur des Dames) beschreibt Émile Zola anhand der Geschichte der Protagonistin Denise, einer Verkäuferin, die aus der Provinz nach Paris kommt und im Paradies der Damen eine Anstellung findet, das Wachstum und die Struktur dieses Kaufhauses und gleichzeitig der Niedergang des kleingewerblichen Einzelhandels eines kompletten Pariser Stadtviertels. Die im Roman auftauchenden Figuren sind aktiv oder passiv mit dem expandierenden Kaufhaus verbunden – als Mitarbeiter, Käufer oder anliegender Einzelhändler. Um den Kampf des kleinen Einzelhändlers gegen das aufkommende Großwarenhaus darzustellen, betrieb Zola umfangreiche betriebswirtschaftliche und soziologische Studien; er interviewte Geschäftsführer, Abteilungsleiter und Verkäuferinnen der genannten Warenhäuser. Sein fiktives Riesenwarenhaus sollte ein ideales Beispiel darstellen, deshalb nahm er sich bei dessen Beschreibung die Verwaltung des Unternehmens Le Bon Marché zum Vorbild, während ihm das Kaufhaus Grands Magasins du Louvre zwar schlechter organisiert, in der Warenpräsentation aber überlegen erschien.

In Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern gingen viele große Warenhäuser aus ehemals kleinen Ladengeschäften hervor, deren jüdische Besitzer oftmals ein entbehrungsreiches Leben geführt und sich emporgearbeitet hatten.

KaDeWe, Berlin (1907)
Mode-Katalog Warenhaus A. Wertheim (1903–1904)
Kaufhaus Schmoller in Mannheim um 1910

Das Luxus-Warenhaus Kaufhaus des Westens (KaDeWe) wurde 1907 in Berlin-Schöneberg eröffnet. Im selben Jahr eröffneten in Berlin auch das Hotel Adlon und das Strandbad Wannsee. Ein Rohrpostsystem aus englischer Fertigung verband 150 verschiedene Zahlstellen im KaDeWe mit der Zentralkasse. Aufgrund der hohen Reparaturanfälligkeit dieses Fabrikats wurde die Anlage mit 18 Kilometer Rohrleitungen schon nach wenigen Jahren durch Registrierkassen ersetzt. Anstatt der verbreiteten Gasbeleuchtung gab es Kohlefadenlampen für elektrisches Licht. Zusätzliche Kundendienstleistungen wie dreizehn Personenaufzüge, jeweils ein Frisiersalon für Damen und Herren, Wechselstube, Bankfiliale der Deutschen Bank, Leihbibliothek, Fotoatelier und ein Teesalon erhöhten die Attraktivität.

Diese Vielfalt an Dienstleistungen boten auch andere gehobene Warenhäuser an, wie etwa das Berliner Kaufhaus Wertheim Leipziger Straße (Friseur, Leihbibliothek, Bank, Postamt).[103] Die halbrund vorkragenden Risalite beiderseits des Haupteingangs enthielten Treppenräume, über dem Eingang platzierte Schaudt einen kleinen Balkon, über dem wiederum eine Uhr aus Bronze mit einem Zifferblatt von drei Metern Durchmesser hing. Zu einer bestimmten Uhrzeit öffneten sich zwei Tore beiderseits der Uhr. Daraufhin wurde das Uhrwerk von einer bronzenen Hansekogge mit vollen Segeln umrundet, dem Wahrzeichen des KaDeWe, gleich den Figurenspielen an den Uhren der Kathedralen und alten Rathäuser.[104] Die holzgetäfelte und kassettierte Eingangshalle wurde von zwei seitlichen Marmorportalen des Bildhauers Georg Wrba zu den Lichtschächten oder Innenhöfen hin flankiert. In den beiden Höfen war jeweils ein kleiner Garten mit Springbrunnen für Kunden angelegt, die nach Ruhe und Muße suchten.[105] Schon bald wurde das Warenhaus durch sein modernes und exquisites Angebot an Waren und Dienstleistungen zu einer der beliebtesten Kaufadressen Berlins. Die Tauentzienstraße wandelte sich von einer reinen Wohnstraße zu einem Einkaufsboulevard, immer mehr Ladengeschäfte mieteten sich im Erdgeschoss der Wohnhäuser ein. Zugleich wurde das Gebiet um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche international interessant: „Hier weht Weltstadtluft. Zahlreiche Amerikaner, Engländer, Franzosen, Italiener, ja selbst Asiaten, haben sich hier niedergelassen und bevölkern die eleganten Boardinghouses und Pensionen. Theater werden gebaut. Alle Plätze bekommen Merkmale, die Ecksteine des Aufblühens ihrer Umgebung sind.“[106]

1894 wurde das erste Warenhaus Wertheim mit frei ausgelegter Ware und festen Preisen in der Kreuzberger Oranienstraße eröffnet. Es war das erste Berliner Wertheim-Warenhaus. Bald folgten Warenhäuser am Moritzplatz und an der Königstraße. Im Jahr 1897 konnte der später bekannte Gebäudekomplex des Warenhauses Wertheim in der Leipziger Straße, entworfen vom Berliner Architekten Alfred Messel (1896), eingeweiht werden. Das Kaufhaus wurde im Laufe der Jahre bis zum Leipziger Platz ausgebaut und war mit einer Nutzfläche von 106.000 m² seinerzeit das größte Warenhaus Europas. 1902 erwarben die Wertheims in Stralsund die Grundstücke Ossenreyerstraße 8–10 und ließen dort ein großes Kaufhaus errichten, das 1903 eröffnet wurde.

Zentraler Lichthof im Leipziger Warenhaus Althoff, 1914

Für die damaligen Kaufhäuser charakteristisch war eine große zentrale Eingangshalle mit Freitreppen, die sowohl repräsentativen wie ökonomischen Zwecken diente. Die zentrale Eingangshalle öffnete sich zu allen Etagen mit ihren verschiedenen Galerien und Balkonen. Reichtum und Erfolg der Warenhausunternehmen sollten sich auch in einer prunkvollen Außenfassade widerspiegeln. Die Hauptfassaden der Kaufhäuser waren mit aufwendigen Giebelkonstruktionen, Türmen und Balkonen, sowie Säulen und Ornamenten gestaltet. Besonders beliebt waren Stilelemente aus dem Schlossbauwesen, der Renaissance und dem Barock, die viele Kaufhäuser zu baulichen Attraktionen einer Stadt werden ließen.

Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten, als Luxuswaren vor allem den Eliten vorbehalten waren, begannen im 19. Jahrhundert große Teile der Gesellschaft die Produkte der frühen Globalisierung zu konsumieren. Für die Ernährung der wachsenden Bevölkerung während der Industrialisierung waren sie zwar relativ unbedeutend, erfüllten allerdings das Bedürfnis nach einem mondänen Lebensstil, der den Genuss von exotischen Pflanzen, ungeachtet der sozialen Zugehörigkeit, auch in der Heimat möglich machte.

Umberto Boccioni: Rissa in galleria (1910)

Die Vorstufe des Kaufhauses, die Pariser Ladenpassagen, wurden zum Gegenstand einer geschichtsphilosophischen Untersuchung. Paris war, wie Walter Benjamin es 1935 einleitend zu seinem sich zu diesem Zeitpunkt in Arbeit befindlichen Passagen-Werk formuliert hat, die „Hauptstadt des 19. Jahrhunderts“.

Die Einkaufspassage Galleria Umberto I in der Altstadt Neapels wurde in den Jahren 1887 bis 1890 nach dem Vorbild der Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand erbaut. Die Galleria als privilegierter Ort des Mailänder Gesellschaftslebens und als Symbol der Modernität war einer der bevorzugten Aufenthaltsorte und symbolischen Orte des Futurismus, der sich für das hektische Leben der Stadt interessierte. Eine der berühmtesten künstlerischen Darstellungen der Galleria Vittorio Emanuele II ist Umberto Boccionis Rissa in galleria, das eine Schlägerei am Eingang der Galleria darstellt.[107] Obwohl das Gemälde eher einem vom Pointillismus abgeleiteten Stil zuzuordnen ist, nimmt es bestimmte Themen vorweg, die dem Futurismus wichtig sein würden, wie die Bewegung und die Raserei der Menge.

Warenhaus GUM: Bau der oberen Handelsreihen, 1892. Blick auf das Glasdach.

Das Warenhaus GUM befindet sich im Herzen Moskaus am Roten Platz. Es wurde 1893 nach Entwürfen von Alexander Pomeranzew und Wladimir Schuchow errichtet. Experten lobten das Projekt Pomeranzews und Schuchows als, so wörtlich, „rational und wirtschaftlich“ und gleichzeitig architektonisch sehr gut harmonierend mit dem altrussischen Ensemble rund um den Moskauer Kreml. Den an der Gesellschaft beteiligten Kaufleuten gefiel an dem Entwurf insbesondere die von Wladimir Schuchow konzipierte gläserne Überdachung der Passagen, die an ähnliche, damals gerade in Mode kommende Handelspassagen in europäischen Metropolen wie Mailand, Paris oder Wien stilistisch anknüpfte. In Russland war eine solche Konstruktion bis dahin noch völlig unbekannt.

Die zunehmende Industrialisierung und der damit verbundene Wohlstand des Großbürgertums sowie der Aufstieg einer kaufkräftigen Mittelschicht trugen maßgeblich zum Erfolg der Warenhäuser bei.

Industrialisierung der Warenproduktion

Grundlage für das breitgefächerte Angebot der Kaufhäuser war die Industrialisierung der Warenproduktion im 19. Jahrhundert. Zwar hatte man bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts damit begonnen, unterschiedliche Waren unter einem Dach zu verkaufen, doch erst die Erfindung des Stahlbetons durch Joseph Monier (Patent: 1867), die Industrialisierung und Automatisierung der Glaserzeugung sowie die Verfügbarkeit von elektrischen Aufzugsanlagen ermöglichten den Bau von großen Kaufhäusern und ließen die Belle Époque auch zu einer Epoche der Kaufhäuser werden.

Technologische Innovationen (wie Telegrafie und Dampfschiff) sowie die Intensivierung der Verkehrsverbindungen und die Ausweitung der Plantagenwirtschaft zu Lasten der Anbauregionen  senkten die Kosten und ließen Produkte zur Massenware werden.[108]

Schlachthöfe und Großmärkte

Verarbeitungsprozess von Schweinen in einer amerikanischen Großschlächterei in Cincinnati, Chromolithografie nach einem Original von Henry Farny, 1873

Mit dem wachsenden Konsum in den Großstädten entstanden in dieser Zeit viele Schlachthöfe und Großmärkte. Die ersten industriellen Schlachthöfe mit einer einfachen Fließbandproduktion entstanden um 1845 in den USA in Cincinnati. Perfektioniert wurde die Fließbandproduktion von Fleisch in Chicago. Mit der Einführung von Eisenbahn-Kühlwagen wurde es möglich, das Schlachtfleisch in den ganzen USA zu vertreiben. Chicago entwickelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte zur Fleisch-Metropole Amerikas. Innerhalb Chicagos kam es nach einem kurzen Konkurrenzkampf zur Bildung eines Kartells aus fünf Unternehmen. Die Unternehmer Gustavus Swift, Philip Armour, Nelson Morris, Georg Hammond und Patrick Cudahy (die sogenannten „Big Five“) errichteten ihre Schlachthäuser und Fleischfabriken entlang des Union Stockyards. In diesen Anlagen wurden jährlich bis zu zwölf Millionen Tiere geschlachtet. Dabei wurde eine Verarbeitungsgeschwindigkeit von 15 Minuten von der Schlachtung eines Rindes bis zu seiner Zerlegung erreicht.

Die ersten großen kommunalen Schlachthöfe in Deutschland entstanden im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Einer der ersten war der Zentralvieh- und Schlachthof in Berlin. Dessen Entstehung war vor allem bedingt durch den in Preußen 1868 per Gesetz eingeführten Schlachthofzwang[109].

León Augustin Lhermitte: Les Halles, Paris (1895)

Die Pariser Markthallen (französisch: Les Halles de Paris) waren bis Anfang der 1970er Jahre ein Großhandelsmarkt für frische Lebensmittel, der sich im Herzen von Paris, im 1. Arrondissement, befand und dem umliegenden Viertel seinen Namen gab. Auf dem Höhepunkt seiner Aktivität zogen die Händler mit ihren Ständen aus Platzmangel sogar in die angrenzenden Straßen. Die Markthallen bilden die Hauptkulisse für den Roman Der Bauch von Paris von Émile Zola. Zola beschreibt das Milieu des Einzelhandels und setzt sich erstmals mit der Lebenswirklichkeit der arbeitenden Klasse auseinander. Der Roman ist reich an impressionistischen Schilderungen, von denen die eines Käseladens die berühmteste ist. Diese Passage wird als „Käse-Symphonie“ bezeichnet.

Frauen und Männer

In der Belle Époque spielten Frauen und Frauenbilder eine zentrale Rolle. Sowohl die Darstellung und Deutung traditioneller Charaktere aus Literatur und Mythologie als auch das sich wandelnde Rollenverständnis der Frau an der Schwelle zur Moderne[110] veränderten die Gesellschaft und hatten auch Einfluss auf den Kunstbetrieb.

Mythos „Femme fatale“

Postkarte von Mata Hari in Paris (1906)

Im bürgerlichen Großstadtleben erregte gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Mythos und Frauentypus der Femme fatale[111] das öffentliche Interesse sowie die Aufmerksamkeit von Künstlern. Historische und mystische Frauengestalten wie Salome, Sphinx, Venus und Hexen personifizierten dabei die dämonische Verführerin. Nicht nur die biblische Gestalt der Salome als Sinnbild der Femme fatale par excellence, sondern auch ihr Tanz als verführerisches Element fanden Eingang in die damalige Erotik und beflügelten die Phantasie vieler Künstler. Ob als Rachegöttin, männerverschlingender Vamp oder als monströse Kindfrau Lulu in Frank Wedekinds Drama „Die Büchse der Pandora“ wurde der Femme fatale meist eine Außenseiterrolle zugeschrieben, was wohl vor allem in ihrer Andersartigkeit, ihrem betörenden und unheilbringendem Charme sowie in der Verkörperung von Sinnlichkeit, Sünde und Lasterhaftig begründet liegt. Im 19. Jahrhundert wurde auch die Kurtisane der Femme fatale zugerechnet.

Prostitution

Henri de Toulouse-Lautrec: Au Salon de la rue des Moulins (1894)

Während im 18. Jahrhundert die Mätressen der Fürsten als einflussgebend und stilprägend galten, übernahmen diese Rolle im 19. Jahrhundert die Kurtisanen, deren reiche Verehrer ihnen einen luxuriösen Lebensstil ermöglichten. Die Grenzen zwischen Künstlerin und Kurtisane konnten dabei fließend sein. Treffpunkt für Begegnungen mit der großbürgerlichen Welt waren oftmals Kaffeehäuser und Restaurants, die damals in den Städten entstanden und mit zum Freizeitvergnügen beitrugen. An diesen Orten wurden Reize zur Schau gestellt und zugleich neuste modische Trends kreiert. Kleidung galt für viele Frauen als Mittel zum Zweck, um gesellschaftliche Schranken überwinden zu können. So unterschied sich die Kleidung ehrbarer Damen kaum von der käuflicher Damen.

Anders erging es den zahlreichen Straßendirnen. Viele von ihnen kamen in der Hoffnung auf ein besseres Leben vom Land in die Städte. Als ungelernte Arbeiterinnen war ihr Verdienst jedoch oftmals zu gering, um davon leben zu können. Viele Frauen, die als Dienstmädchen, Modistinnen, Blumenfrauen oder Wäscherinnen arbeiteten, verdingten sich nebenher als Gelegenheitsprostituierte, um so ihr Gehalt aufbessern zu können. Viele von ihnen infizierten sich mit der damals häufigsten Geschlechtskrankheit Syphilis oder verfielen, aus Scham über ihre Tätigkeit und den damit verbundenen Peinigungen und Erniedrigungen dem Alkohol. Neben den offiziell registrierten Prostituierten, die der Kontrolle durch die Sittenpolizei unterstanden, gab es in den Städten eine hohe Dunkelziffer an nicht registrierten oder sich nur gelegentlich prostituierenden Frauen.

Obwohl Prostitution als Tabuthema im Wilhelminischen Zeitalter galt, gehörten Bordellbesuche zum Zeitvertreib einer großbürgerlichen Männergesellschaft. Damalige Satirezeitschriften wie der Simplicissimus und Die Jugend griffen diese Themen dankbar auf.[112]

Frauenbewegung

Suffragettendemonstration, New York City 1912

Das 19. Jahrhundert zeichnete sich nicht nur durch die unterdrückte Stellung der Frau in der Gesellschaft aus, sondern steht ab der Mitte des 19. Jahrhunderts auch für den Beginn der Frauenbewegung und den Kampf um eine gleichberechtigte Stellung in Bildungswesen, Arbeit und Politik. Die Industrialisierung veränderte die Gesellschaft, auch Frauen wurden nun als Arbeiterinnen dringend in den Fabriken benötigt. Jedoch erschien es den Frauen als große Ungerechtigkeit, dass sie zwar wie die Männer arbeiten, aber ansonsten keine Rechte wie diese erhalten sollten, wie z. B. das Wahlrecht.[113] So erhielten 1884 in England nach dem Zensus zwei Drittel aller Männer das Wahlrecht, während Frauen, Kriminelle und Geisteskranke davon ausgeschlossen waren.

Die Women’s Social and Political Union wurde als unabhängige Frauenbewegung am 10. Oktober 1903 in Manchester gegründet.

In Großbritannien engagierten sich Frauen in der Politik, wie die Suffragetten, die sich für das Frauenwahlrecht einsetzten oder auf radikalere Art und Weise wie bei den Sozialisten rund um Rosa Luxemburg in Deutschland. Im Oktober 1865 wurde in Leipzig der erste Frauenverein gegründet. Im Jahr I900 konnten sich Frauen erstmals in Deutschland die Zulassung zu den Universitäten erstreiten. Seit 1893 war es den Mädchen in Deutschland möglich, das Abitur abzulegen, doch wurde ihnen zunächst nur die Aufnahme von sogenannten frauenspezifischen Studien gestattet. Als solche galten das Lehramts- und das Medizinstudium.[114] Im Jahr 1908 erwarben 108 Frauen einen Universitätsabschluss außerhalb der medizinischen Fakultät und der Lehrerbildungsanstalten, ebenfalls 1908 erhielt die erste Frau in Deutschland eine Professur in Wirtschaftswissenschaften in Mannheim.[115] 1914 waren an den deutschen Universitäten 6,7 % der Studenten weiblichen Geschlechts.[116] In Deutschland erschien den Frauen der Kampf um gleiche Schulbildung, gleiche Ausbildung, gleiche Berufschancen und um gleichen Lohn für gleiche Arbeit wichtiger, als der Kampf um das Wahlrecht wie in England und den USA.[117]

In der Phase zunehmender Industrialisierung bekam die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland Konkurrenz von der Arbeiterfrauenbewegung. So drängten die Bürgerinnen der Mittelschicht auf Reformen, während die Arbeiterinnen ihre Rechte durch eine Revolution erstreiten wollten. Die unterschiedlichen Vorstellungen über das Erreichen der Ziele, verhinderte eine Zusammenarbeit.

Im Jahr 1901 wurde in Frankreich ein Nationaler Rat der französischen Frauen gegründet, der dem Internationalen Frauenrat angeschlossen war, mit dem Ziel, alle feministischen Werke und Gesellschaften zusammenzufassen und zu koordinieren. Parallel dazu entwickelte sich nach und nach auch eine Frauenpresse.

La Citoyenne (1881)

1881 erschien die erste Ausgabe der radikal-feministischen Zeitschrift La Citoyenne von Hubertine Auclert in Paris. Hauptschwerpunkt der Publikation war die im Code civil verankerte rechtliche Diskriminierung der französischen Frauen.

Die deutsche Sozialistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor, ohne jedoch ein bestimmtes Datum zu favorisieren. Der erste internationale Frauentag wurde dann am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert.

The March of Women von Ethel Smyth wurde 1911 in der Londoner Pall Mall uraufgeführt. Eine weitere Aufführung erfolgte in der Royal Albert Hall, von wo aus das Lied eine rasche Verbreitung in England erfuhr und zur Hymne der englischen Suffragettenbewegung avancierte. Im Kampf für das Wahlrecht für Frauen schreckten die Suffragetten auch nicht vor gewalttätigen Aktionen zurück, so kam es zu Sachbeschädigung, Störung öffentlicher Veranstaltungen und Hungerstreiks. Dies führte dazu, dass viele Frauen im Gefängnis landeten, und die Frauen, die in den Hungerstreikgetreten waren, zwangsernährt wurden. Der verzweifelte Kampf der Suffragetten ging so weit, dass sich am 4. Juni 1913 Emily Wilding Davison während des Derbys in Epson vor das Pferd König Georgs V. warf, niedergetrampelt wurde und ihren schweren Verletzungen erlag. Sie avancierte daraufhin zur ersten Märtyrerin der Frauenbewegung in England und ihr Tod war das Fanal für bürgerkriegsähnliche Zustände. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs beendeten die Suffragetten in England ihre militanten Aktionen, ließen ihre Forderungen nach dem Frauenwahlrecht fallen und unterstützten die britische Regierung in ihrer Kriegspolitik.

In den USA war es Frauen zunächst nicht möglich zu studieren, sie besaßen kein Wahlrecht und hatten keine freie Berufswahl. Ihre Domänen sollten Kinder, Kirche und Küche sein. Ihren Ehemännern gegenüber schuldeten sie Gehorsam um im Fall von Zuwiderhandlung war es diesen erlaubt, die Frauen körperlich zu züchtigen.[118]

Im Mai 1890 wurde die National American Woman Suffrage Association gegründet. Dies markierte den Beginn der amerikanischen Frauenbewegung. Vorbild für den Kampf um das Wahlrecht der Frauen in den USA waren die Suffragetten in England, die sich als Suffragetten (>lat. suffragium: Wahl) bezeichneten. In den USA nannten sie sich „suffragists“. Obgleich die Engländerinnen als Pionierinnen der Frauenbewegung in Amerika verehrt wurden, gingen die Frauen in den USA nicht so radikal vor wie in Großbritannien. Der amerikanische Schriftsteller Henry James, der die Frauenfrage offensichtlich für überflüssig hielt, thematisierte diese in seinem Roman „The Bostonians“ und nahm darin die Frauenbewegung und deren Vertreterinnen satirisch und kritisch aufs Korn.[119]

Kleidung und Mode

In der Belle Époque hat sich die Pariser Haute Couture als ein Synonym für Luxus und Eleganz etabliert.

« Le poney favori. Tailleur élégant. » („Das Lieblingspony. Elegantes Kostüm.“) in La Gazette du bon ton, Titel: House of Worth, 1913

Der englische Modeschöpfer Charles Frederick Worth revolutionierte Mitte des 19. Jahrhunderts mit seiner Art der Kleiderproduktion die Modeindustrie. Er gilt als Begründer der Haute Couture und war der Erste, der mehr als Künstler denn als Handwerker verstanden wurde. Darüber hinaus war sein Einfluss auf die Mode insgesamt sehr groß. Bereits 1867 schuf er ein Vertriebsprogramm, das ausländischen Einkäufern den Erwerb von Schnittmustern ermöglichte. Entsprechend seinem Selbstverständnis als Künstler war in seine Modelle ein Sticketikett mit seinem Namen eingenäht. Seine Kleidung war „komplett“, wenn sie sein Atelier verließ; anders als bei anderen Schneidern und Schneiderinnen war nicht vorgesehen, dass sie von einer Modistin mit Accessoires aufgeputzt wurde. Königin Victoria, Elisabeth „Sissi“ von Österreich, Fürstin Pauline von Metternich, die für ihre Schönheit gefeierte Lillie Langtry, die Schauspielerin Sarah Bernhardt, die Sopranistin Nellie Melba und die Halbweltdame Cora Pearl zählten zu seinen Kundinnen. Worth schmeichelte seinen Kundinnen mit luxuriösen Materialien und sorgfältigem Schnitt. Während zuvor die Kundinnen das Design ihrer Kleider vorgaben, stellte nun Charles Frederick Worth selbst viermal im Jahr seine Modellkreationen in Modeschauen vor. Die Kundin wählte sich ein Modell aus, das mit einem Stoff ihrer Wahl anschließend nach Maß angefertigt wurde. 1870 beschäftigte sein Unternehmen über 1200 Näherinnen, die jede Woche mehrere hundert Kleider herstellten. Seine Modelle waren so teuer, dass selbst begüterte Kundinnen sie sich jeweils nach der neuesten Mode umändern ließen.

Damenmode

Von viktorianischem oder wilhelminischem Prunk nach 1900 kam es allmählich auch zur Befreiung aus den Zwängen des bis dahin üblichen Korsetts. In diese Zeit fällt auch die Bewegung zur Entwicklung einer Reformkleidung für Frauen, die sich aber lange nicht durchsetzen konnte. Es ist auch die Zeit, in der der Büstenhalter erfunden wurde.[120]

Eingang des Hauses Paquin in der Rue de la Paix (Gemälde von Jean Béraud, 1907)
Fünf Uhr bei Paquin (Gemälde von Henri Gervex, 1906)

Die Französin Jeanne Paquin war eine der ersten Modeschöpferinnen. Sie bestimmte über drei Jahrzehnte das Modegeschehen ihrer Zeit mit. Nach einer Ausbildung zur Schneiderin in dem Pariser Modesalon von Christoph Drecoll gründete Jeanne Paquin 1891 ihr eigenes Modehaus in der Rue de la Paix 3. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Mann Isidore Paquin, einem Bankier, der auch die Geschäftsführung ihres Salons übernahm. Bekannt war sie für luxuriöse Abendkleider in zarten, fein abgestimmten Farben, pelzverbrämte Kostüme und Mäntel sowie eine Kollektion von Tangokleidern, mit der sie 1913 Aufsehen erregte.

Bereits 1900 war sie die Vorsitzende der Modenschau-Organisation der Pariser Weltausstellung, sie fungierte außerdem zeitweilig als Präsidentin der „Chambre Syndicale de la Couture Parisienne“. Aufgrund ihrer Verdienste um die französische Wirtschaft wurde sie im Jahr 1913 mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet und war damit die erste Frau, die diese Anerkennung erhielt. Sie eröffnete 1912 einen Salon in London, weitere Niederlassungen in Madrid und Buenos Aires sowie ein Pelzgeschäft in New York folgten. Sie war die erste Modeschöpferin, die zu Werbezwecken Mannequins zu den Pferderennen in Longchamp und Chantilly schickte. Außerdem unternahm sie nach dem Vorbild von Paul Poiret eine USA-Tournee mit vier Mannequins. Eingang fand Jeanne Paquin auch in die Literatur. Marcel Proust erwähnt die Modeschöpferin in seinem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Zwischen 1910 und 1915 sorgten mehrere Faktoren dafür, dass sich eine korsettlose Mode durchzusetzen begann, allerdings noch nicht die Frauenhose. Politische Faktoren waren die erstarkende Frauenbewegung, die etwa um diese Zeit in vielen Ländern das Frauenwahlrecht durchzusetzen begann sowie der Erste Weltkrieg, der dazu führte, dass mangels männlicher Arbeitskräfte mehr Frauen zur Berufstätigkeit genötigt wurden.

Nach 1900 entwarfen Modeschöpfer wie Paul Poiret erste korsettlose Gewänder. Das um 1910 in Paris lancierte Hosenkleid konnte sich aber nicht durchsetzen.

Modezeichnung von Paul Poiret (1908)

Die wohlhabenden Damen der Gesellschaft verfügten über eine ausgedehnte Garderobe und wechselten teilweise mehrmals am Tag ihre Kleidung. Dabei wurde zwischen Tages-, Besuchs- und Nachmittagsgarderobe unterschieden und die Garderobe jeweils dem spezifischen Anlass angepasst. Die Kleider waren lang und reichten bis zum Boden. Bein zu zeigen oder gar den nackten Fuß, galt als unsittlich. Edle Stoffe wie Seidensatin, Chiffon, Damast oder Tüll wurden oft in hellen, zarten Farben getragen, verziert mit Spitze und Strass. Sie verkörperten die Romantik, aber auch die Eitelkeit dieser Zeit.

Hutmodell von Coco Chanel (1912)

Aufgrund komplizierter Kleider aus vielen verschiedenen Stofflagen, war es den Frauen oft nicht möglich, sich selber an- oder auszuziehen. Es ist kaum verwunderlich, dass sich die Damen nur sehr langsam bewegten und sich so unglaublich anständig benahmen, denn die Materialien, welche sie trugen, waren schwer und nahmen sehr leicht Schaden. Trotz dieser Eingeschränktheit gewann die Frau neue Freiheiten. Der französische Modemacher Paul Poiret befreite sie vom einengenden Korsett, welches ihr zuvor die Taille einschnürte und das Atmen erschwerte. Poirets eigens designtes Kleid, ein Reformkleid, konnte jedoch nur von schlanken Frauen getragen werden. Dies ist auch der Grund, warum die Korsetts nicht verdrängt wurden.[121]

Exotische Kostümfeste erfreuten sich in der High Society der damaligen Zeit großer Beliebtheit, die farbenfrohen Stoffe für die federngeschmückten Turbane und Tunika-artigen Gewänder wurden mit den Anilinfarben der BASF in Ludwigshafen gefärbt.

Auf der Weltausstellung Paris 1900 hinterließ die französische Haute Couture einen bleibenden Eindruck und sicherte Paris einen führenden Platz auf der Liste der wichtigsten und einflussreichsten Modestädte der Welt.

Für die Belle Époque typisch war eine ausgeprägte Hutkultur und die elegante Kleidung der bürgerlichen Klasse. Hüte galten ebenso wie Schirm und Handschuhe als absolutes Muss. Für Frauen war es undenkbar, ohne diese modischen Accessoires auf die Straße zu gehen.

Thayaht: Logo von Madeleine Vionnets Salon, ca 1912–1914.

1911 eröffnete in Paris die spätere französische Modedesignerin und Unternehmerin Coco Chanel ihr erstes Modehaus. Mit ihrem Namen ist ein Höhepunkt in der Gestaltung und dem Gebrauch von Modeschmuck verbunden. Sie war die Erste, die Modeschmuck als festen Bestandteil ihrer Kreationen ansah und als gestalterisches Element einsetzte. Nicht mehr die möglichst täuschende Imitation von Juwelen war bei ihr das Ziel, sondern der ästhetische Effekt. Mit der Eröffnung einer Boutique 1913 in Deauville gründete Coco Chanel den Modekonzern Chanel. Das Haus Chanel war ab den 1910er Jahren Wegbereiter einer damals ungewohnt funktionell-lässigen und dennoch weiblich-eleganten Damenmode des oberen Preissegments. 1915 besaß Coco Chanel Modesalons in Paris, Deauville und Biarritz. Sie entwarf schlichte, locker umspielende Kleider aus Baumwolljersey und kreierte damit eine neue und funktionale Mode mit klaren Linien ohne die bis dahin üblichen Verzierungen. Chanel trug ihre eigene Mode und eine moderne Kurzhaarfrisur im Bob-Stil.

Madeleine Marie Valentine Vionnet (* 22. Juni 1876 in Chilleurs-aux-Bois, Département Loiret; † 2. März 1975 in Paris)[122][123] war eine französische Modeschöpferin der Haute Couture, die vor allem für ihre Kleiderentwürfe im Diagonalschnitt berühmt wurde. Im Gegensatz zu den Autodidaktinnen Elsa Schiaparelli und Coco Chanel lernte sie somit das Entwerfen und Schneidern von Grund auf. Im Jahr 1907 wurde sie Designerin bei Jacques Doucet,[124][125] der auch schon Paul Poiret beschäftigt hatte. Vionnet nahm besondere Rücksicht auf die räumliche Wirkung eines Kleides und fertigte deshalb bereits die erste „Skizze“ als körperhaftes Gebilde im Raum an, nie als zweidimensionale Zeichnung auf dem Papier.

Bereits im Jahr 1868 organisierte sich die französische Haute Couture in Paris zur weltweiten Vertretung der Interessen des Schneiderhandwerks in einem Verband, der Chambre Syndicale de la Couture Française, aus welchem 1911 die Chambre Syndicale de la Couture Parisienne wurde.

Herrenmode

Johann Strauß Sohn im Gehrock (1890er Jahre)

Im Gegensatz zur farbenfrohen Kleidung der Damen herrschte bei den Herren fast ausnahmslos Einheitsgrau bzw. Schwarz/Weiß vor, wodurch die Kleidung entsprechend unauffällig und unpersönlich erschien. Es galt jedoch für dem modebewussten Herren als standesgemäß, mehr als einen Anzug zu besitzen, wobei es ab den 1860er Jahren modern wurde, den Anzug einfarbig herzustellen. Im Sommer oder bei Freizeitaktivitäten wurden auch Anzüge aus hellem Stoff getragen. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte es zur besonderen Zierde des Mannes, Bart zu tragen und diesen entsprechend sprießen zu lassen. Bei den Männern wurde der Zylinder zum modischen Symbol. Im Sommer bzw. im Urlaub und bei Freizeitaktivitäten wurde der Zylinder häufig durch die Melone oder den flachen Strohhut, wegen seiner Form auch „Kreissäge“ oder „Butterblume“ genannt, ersetzt.

Fredy Budzinski, deutscher Journalist und Radsportler (links) und John Stol, niederländischer Radrennfahrer mit Strohhut (rechts), im Berliner Grunewald (um 1908)

Weitere Accessoires des Mannes von Welt waren Weste, steifer Kragen und Gehrock sowie ein Flanierstock bzw. ein Stockschirm für schlechtes Wetter und Handschuhe. Ab etwa 1870 war der dunkle Gehrock die offizielle Kleidung von Ministern, Kommerzienräten, Ärzten und Geschäftsleuten. Dazu trug man ein Plastron anstelle einer

Krawatte. Krawattennadeln, Hemd- und Manschettenknöpfe, die oft mit Perlen oder Edelsteinen geschmückt waren, waren en vogue. Die Armbanduhr kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf und löste die schwere goldene Taschenuhr mit Uhrkette ab. Diese Innovation kam aus dem militärischen bzw. sportlichen Bereich.

Seit Ende der 1880er Jahren änderte sich die Herrenmode nur noch in Details. Veränderungen gab es bei den Mustern der Stoffe, der Reversbreite und dem Schnitt der Hosen.[126]

Im Deutschen Kaiserreich galt die Uniform für den Herrn als attraktiv und kleidsam und machte ihn erst zum Mann. Diese Vorstellung entsprach dem gesellschaftlichen Klima des wilhelminischen Zeitalters, das für Militär und Untertanengeist äußerst empfänglich war. Carl Zuckmayer mit seinem Schauspiel „Der Hauptmann von Köpenick“ und Heinrich Mann mit seinem Roman „Der Untertan“ haben diesen Zeitgeist literarisch persifliert.

Kleidung der Arbeiter und Bediensteten

Im auffallenden Gegensatz zur Garderobe des wohlhabenden Bürgertums stand hingegen die Kleidung der Arbeiter und Bediensteten. Diese wurde solange angezogen und weitergereicht, bis sie so beschädigt war, dass sie nicht mehr getragen oder ausgebessert werden konnte.[127] Der Stoff wurde jedoch auch dann nicht weggeworfen, sondern an Lumpensammler weiterverkauft.

Tourismus und Faszination des Fremden

Der Kolonialismus der europäischen Länder verstärkte mit Völkerschauen und Völkerkundemuseen die Neugier der Menschen auf fremde Völker und exotische Länder.

Die Dampfmaschine revolutionierte das Reisen. Mit Eisenbahnen und Dampfschiffen konnten nun im Unterschied zu Kutschen viele Menschen gleichzeitig und vor allem viel schneller als zuvor befördert werden. Gut ausgebaute Verkehrsnetze, sinkende Tarife, vermehrte Freizeit und gestiegene Einkommen machten Vergnügungsreisen und Fernreisen zumindest für die gehobenen Schichten der Gesellschaft zunehmend attraktiver. Beliebte Reiseziele waren unter anderem die Weltausstellungen und mondäne Kur- und Badeorte. Es war die große Zeit der Schifffahrts- und Eisenbahngesellschaften. Das Wort „tourist“ gelangte im 19. Jahrhundert über das Französische und Englische als Bezeichnung für eine Person, die zum Vergnügen reiste, in den deutschen Sprachgebrauch.[128] Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein bildeten Frauen eine Minderheit unter den Touristen. Ab den 1860er Jahren entdeckten Reiseveranstalter zunehmend auch die Frauen als interessante Kundengruppe.[129]

Vergnügungsreisen und Kurorte

Kartenständer, Teplitz-Schönau (1909)

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verband die Eisenbahn alle großen europäischen Städte mit Kurorten wie Biarritz, Deauville, Vichy, Arcachon und der Côte d’Azur. Im Zuge der Erschließung solcher Regionen durch die Eisenbahn wurde eine Reihe von Grand Hotels als Eisenbahnhotel von den damaligen meist privaten Eisenbahngesellschaften errichtet.

Für Touristen wurde das Mittelmeer zunehmend attraktiver, zunächst waren es vor allem Engländer, welche die milden Winter an der Côte d´Azur verbrachten, so avancierte Cannes ab 1834 zur „Winterhauptstadt Europas“.[130] 1891 startete der deutsche Geschäftsmann Albert Ballin von Hamburg aus ins Mittelmeer mit dem Schiff Augusta Victoria. Das erste Kreuzfahrtschiff weltweit war die 1901 gebaute Prinzessin Victoria Luise. Dies war der Beginn der Kreuzfahrtschiffsreisen.[131]

In der Schweiz wurde während der Belle Époque der Tourismus ein immer wichtigerer Wirtschaftszweig (→ Tourismus in der Schweiz). Die Zahl der Hotels, insbesondere auch der Grandhotels, stieg stark an. Besonders in den Voralpen und Alpen wurden zahlreiche Schmalspurbahnen und Bergbahnen gebaut, so z. B. Strecken der Rhätischen Bahn und der Matterhorn-Gotthard-Bahn, die Pilatusbahn, die Gornergratbahn und die Jungfraubahn (→ Liste von Bergbahnen in der Schweiz), (→ Liste der Schmalspurbahnen in der Schweiz).

Der Kurort Baden-Baden stieg Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem der renommiertesten Bäder in Europa auf. Um 1875 kam Bad Neuenahr als neues Heilbad hinzu.[132] Als Kurort hatte Bad Nauheim um 1900 Weltrang mit Tausenden von Gästen.[133] Die Kur diente nicht nur gesundheitlichen Zwecken, sondern auch der Geselligkeit mit internationaler Prominenz. Die gewandelten hygienischen und ästhetischen Vorstellungen machten um die Jahrhundertwende die Einrichtung neuer Badehäuser unumgänglich. Unter der Leitung des Großherzoglichen Regierungsbauinspektors Wilhelm Jost kam es zwischen 1901/1902 und 1912 zu einer einheitlichen Gestaltung der Bade-, Kur- und Wirtschaftsanlagen. Zunächst erbaute Jost 1902 inmitten des Kurparks ein Inhalatorium, heute Stadtbücherei. Hauptbauwerk der neuen Badeanlagen war der Sprudelhof, ein Jugendstilbauwerk hohen Ranges.

Ansichtskarte mit Raddampfer «Winkelried» im Hafen von Genf. Postkarte Nr. 5228 von Charnaux Frères & Cie, Genève. Originaltitel: Port de Genève «Le Winkelried» (1911)

1875 wurde von Compagnie générale de navigation sur le Lac Léman (CGN) mit der Mont Blanc der erste Salonraddampfer auf dem Genfersee in Betrieb genommen. Zahlreiche Gemeinden in der Schweiz und in Frankreich rund um den See – wie Bellevue, Coppet, Évian-les-Bains, Genf, Hermance, Lausanne, Le Bouveret, Montreux, Nyon, Thonon-les-Bainsund Vevey – waren durch ein dichtes mit Schaufelradschiffen betriebenes Verkehrsnetz verbunden.

Das Dreikaisereck zwischen den Kaiserreichen Russland, Österreich-Ungarn und Deutschland wurde ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem touristischen Anziehungspunkt und damit zum Ansichtskartenmotiv.[134] Auf deutscher Seite entstanden in einem parkartig gestalteten Gelände mehrere Ausflugsgaststätten an Wanderwegen sowie 1907 ein 22 Meter hoher Bismarckturm in der Form des ersten Preises von 1899 von Wilhelm Kreis Götterdämmerung als Aussichtsturm.

Wer um 1900 allein oder mit seiner ganzen Familie verreisen wollte, brauchte vor allem eines; viele Koffer.[135] Mit der Zunahme des Tourismus wurden ab 1896 auch die Ansichtskarten, nicht zuletzt durch die Verwendung mehrfarbiger Druckverfahren, zunehmend populärer.

Hotels und Spielbanken

Hôtel Ritz, Paris (1900)

Im 19. Jahrhundert entstanden auch die Hotels in der heute bekannten Form. Vor allem in mondänen Badeorten entwickelten sich Luxushotels, in denen der Adel residierte. Das Wort Hotel geht auf die französische Bezeichnung für das Stadthaus des Adels („hôtel“) zurück. In seiner damaligen repräsentativen Architektur knüpften die Hotels an die Architektur dieser Adelspalais an.[136]

Pierre-Georges Jeanniot (1848–1934): Das Dinner im Hotel Ritz (1904)

Am 5. Juni 1898 fand die feierliche Eröffnung des Hôtel Ritz an der Place Vendôme in Paris statt. César Ritz hatte das Anwesen im März 1897 erworben und ließ es durch den Architekten Charles Mewès auf den neuesten bautechnischen Stand bringen. Die vom Erbauer der Place Vendôme, Jules Hardouin-Mansart, errichtete Fassade blieb dabei erhalten. Einrichtung, Service und Ambiente im Stile des Art Nouveau boten seitdem der haute société höchste Qualität, für die später im Englischen das Wort ritzy als Synonym verwendet wurde. Ritz beschäftigte den ihm bereits bekannten besten französischen Koch Auguste Escoffier als Chefkoch.

Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden zahlreiche Grand Hotels – nicht nur in den europäischen Metropolen, sondern auch an anderen Treffpunkten der zahlungskräftigen Gesellschaft. Dies waren vor allem Kurorte (Seebäder, Luftkurorte), meist an landschaftlich besonders reizvollen Stellen wie Alpenpässen, Seeufern, Meeresküsten usw.

Die französische Riviera, bekannt als Côte d'Azur, wurde während der Belle Époque zu einem beliebten Urlaubsziel für die europäische Elite. Zahlreiche luxuriöse Hotels wurden in dieser Zeit gegründet oder ausgebaut:

Monte Carlo Casino, Monaco (in den 1890er Jahren)
  • 1912 wurde das Hotel Negresco in Nizza eröffnet.
  • 1911 wurde das Hôtel Carlton in Cannes eröffnet. Es hat eine beeindruckende Fassade und ist bekannt für seine Prominenz während des jährlichen Filmfestivals von Cannes.
  • Während das Hôtel de Paris in Monte-Carlo, Monaco, bereits in den 1860er Jahren gegründet wurde, erlebte es während der Belle Époque einen großen Aufschwung. Es beeindruckt mit seiner Architektur und liegt neben dem berühmten Casino von Monte-Carlo.
  • Hôtel du Cap-Eden-Roc in Antibes. Die „Villa Soleil“, so der ursprüngliche Name des Hauses, wurde 1863 als private Residenz und Refugium für Schriftsteller unter der Federführung von Auguste de Villemessant, dem Gründer der Tageszeitung Le Figaro, fertiggestellt. Im Februar 1870 öffnete das Haus seine Pforten als Hotel. Es ist bekannt für seinen legendären Pool, der in den Fels gemeißelt ist, und seine atemberaubende Lage mit Blick auf das Mittelmeer.

Das Suvretta House ist ein 5-Sterne-Hotel in St. Moritz im Oberengadin im schweizerischen Kanton Graubünden. Das Hotel wurde 1912 als Belle-Époque-Hotel im Stil des späten Historismus erbaut. Es gehört zu den Leading Hotels of the World und ist in der 6. Generation im Familienbesitz. Am 16. Dezember 1912 fand mit 200 geladenen Gästen die Einweihung statt. Den Hotelgästen standen 250 Zimmer, 370 Betten, 110 Badezimmer, Räume für Bridge, Billard, Raucher und Teetrinker, eine Bibliothek, ein Musikzimmer und ein prächtiger Speisesaal zur Verfügung.

Um das Jahr 1900 hatte die damalige Weltkurstadt Wiesbaden die höchste Dichte an Grand-Hotels weltweit (ca. 30 bei ca. 100.000 Einwohnern).

Der erste Orient-Express (1883)
Werbeplakat des Orient-Express (1888)
Schnelldampfer Deutschland 1900.

Orient-Express

Seit 1883 verkehrte der Orientexpress vom Pariser Gare de l'Est nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Für die Fahrt mit der Eisenbahn wurden rund 80 Stunden benötigt.[137]

Fahrgäste waren vor allem Adlige, Politiker, Diplomaten, Industrielle, Bankiers und Künstler.

Den Fahrgästen des Eröffnungszugs 1883 war von der CIWL geraten worden, aus Sicherheitsgründen eine Waffe mit sich zu führen.[138] Entgegen den verbreiteten Befürchtungen über die Unsicherheit von Balkan und Orient gab es mit Ausnahme einer bereits zwischen Ulm und München heißgelaufenen Achse des Speisewagens keine besonderen Vorkommnisse. Die fahrplanmäßigen Züge waren anders als der Eröffnungszug wiederholt durch Störungen des Zuglaufs, kriegerische Ereignisse und kriminelle Aktivitäten betroffen. Bereits 1883 hatten Banditen auf der Strecke von Russe nach Warna, die der Anschlusszug des Orient-Express bis 1888 benutzte, einen Bahnhof überfallen. 1891 brachte der griechische Räuber Athanasios den Zug 100 km westlich von Konstantinopel zum Entgleisen, entführte vier Männer und ließ diese erst frei, nachdem 8000 Pfund Sterling in Gold Lösegeld gezahlt worden war. Da die Entführten deutsche Geschäftsleute waren, schaltete sich in die Bemühungen um ihre Freilassung sogar Kaiser Wilhelm II. ein. Die verschiedenen Balkankriege führten mehrfach zu wochen- und monatelangen Unterbrechungen des Zuglaufs. Eine Cholera-Epidemie 1892 in der Türkei verursachte ebenfalls Unterbrechungen und vor allem eine rapide sinkende Nachfrage.[139]

Mehrfach wurden Orient-Expresse auch durch Naturereignisse aufgehalten. Vor allem auf den von Simplon-Orient- und Arlberg-Orient-Express benutzten alpinen Strecken führten Murenabgänge und Erdrutsche zur Einstellung und teilweise monatelangen Umleitungen. Schneeverwehungen brachten ihn wiederholt zum Stillstand. 1907 wurde ein Zug zwischen Konstantinopel und Edirne elf Tage vom Schnee blockiert.

Schiffsreisen

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam es zu einem Boom bei Schiffsreisen. Während das betuchte Bürgertum luxuriöse Kreuzfahrten unternahm, machten sich Millionen von Auswanderern unterschiedlichsten Gründen auf den Weg nach Amerika, um dort ihr Glück zu finden. Es waren daher vor allem die Passagiere der Dritten Klasse, die zur Rentabilität der Schiffe beitrugen. Für die Schifffahrt und den Handel insgesamt wirkte sich die Eröffnung Suezkanals 1869 äußerst positiv aus, da die Schifffahrtsrouten zwischen Europa und Asien nun deutlich verkürzt wurden. Bis 1880 entstand ein Netz von Dampfschiffen, das Häfen auf allen Kontinenten verlässlich erreichbar machte. Die neuen Ozeandampfer waren sicherer als die bis dahin verkehrenden Segelschiffe und konnten, da sie sie vom Wind unabhängig waren, regelmäßig verkehren, so dass es nun erstmals auch im Fernverkehr zu Wasser Fahrpläne gab. Das Dampfschiff verband die Kontinente zuverlässig und wurde zur wichtigsten Globalisierungstechnologie der Epoche.[140]

James Tissot: Schiffsball (um 1874)

Der orientalische Stil erfreute sich großer Beliebtheit und hielt Einzug in das Ambiente großbürgerlichen Wohnens. Die damalige Orientbegeisterung durchdrang zahlreiche Bereiche des ästhetischen wie kulturellen Lebens der großbürgerlichen Gesellschaft und betraf sowohl den Wohnstil, als auch die Kleidung. Badeanstalten und Thermalbäder der damaligen Zeit wurden im türkischen Stil ausgestattet.

Exotische Kostümfeste im Stil der legendären Ballett Russes waren in der großbürgerlichen Gesellschaft äußerst beliebt. Das damals aufkommende Orientfieber belebte die Mode und den Ausstattungsstil insgesamt. Die bunten Farben für die Stoffe der Gewänder und die federngeschmückten Turbane waren größtenteils den neuentwickelten industriell hergestellten Teerfarben der BASF in Ludwigshafen zu verdanken, ohne die eine solche Farbenvielfalt nicht möglich gewesen wäre.[141] Die Farbentwicklung bei der BASF reicht von Teerfarben bis zur Herstellung von „Indigo rein BASF“ ab 1897. Noch heute findet dieser blaue Farbstoff für die Fertigung von Blue Jeans Verwendung.

Für all diejenigen, die sich keine Reisen in fremde Länder leisten konnten, vermittelten zumindest in Deutschland die Romane und Reisebeschreibungen des Schriftstellers Karl May eine bildreiche Vorstellungen von der exotischen Welt. Zwischen 1881 und 1888 verfasste Karl May lediglich anhand von Zeitungsartikeln und Reiseführern einen sechsbändigen Orientzyklus, ohne den Orient selbst bereist zu haben. Bis 1900 wuchsen seine Reiseerzählungen auf 27 Bände an.

Es waren vor allem Fotografien, die Eindrücke von fernen exotischen Ländern vermittelten. Für betuchte Reisegesellschaften standen bereits damals in den entlegensten Winkeln der Erde Fotografen bereit. Diese Fotos dienten nicht nur der Erinnerung, sondern weckten, vor allem bei den Daheimgebliebenen, die Sehnsucht nach fremden Ländern.

Vergnügungen in Paris und anderswo

Jean Béraud: Le Boulevard St. Denis, Paris (1899)

Die „Belle Époque“ war städtisch und Pariserisch.[142] Paris hatte sich trotz der industriellen Entwicklung einen ländlichen Charme bewahrt: In den Dörfern von Montmartre oder Belleville, an den Ufern der Marne oder in den Vororten mit ihren Gärtnereien, die jenseits der alten Stadtbefestigung lagen, war das Land nicht weit entfernt. Es war auch ein Paris, das ohne seine verschiedenen „Annexe“ - die Badeorte Aix-les-Bains, Deauville, La Baule, Vichy, Biarritz, Monte Carlo und Cannes, „die mondäne Stadt“ - nicht existieren konnte. In den 1880er Jahren wurde Dinard zum ersten Seebad Frankreichs.

Die französische Phrase „Belle Époque“ erinnert an die unbekümmerte und frivole Welt der High Society, an das fröhliche Leben in den Salons, an Weltläufigkeit und Savoir-vivre. Das Publikum ging ins Theater, in die Oper, tanzte Cancan im Moulin Rouge und speiste mit Champagner im Maxim's; die Männer trugen Zylinder und Nelken im Knopfloch, die Frauen weite Röcke und opulente Hüte.

Gustave Caillebotte: Jour de pluie à Paris, (1877)

Für viele Menschen gab es allerdings bei 3 bis 6 Urlaubstagen im Jahr sowie 10 Stunden Arbeit pro Tag und beengten Wohnverhältnissen kaum Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Die Zeit reichte meist nur, sich am Abend in das Vergnügen der Großstadt mit ihren Kinos und Varietés zu stürzen. Auch andere Freizeitvergnügen gewannen zunehmend an Attraktivität: das Schaufensterbummeln entlang der neuentstehenden Kaufhauspaläste, der Besuch von Cafés, Cabarets, Varietés und Bordellen.[143]

Flanieren

Der Flaneur bezeichnet eine literarische Figur, die durch Straßen und Passagen der Großstädte mit ihrer anonymen Menschenmasse streift (flaniert). Hier bietet sich ihm Stoff zur Reflexion und Erzählung. Der Flaneur lässt sich durch die Menge treiben, schwimmt mit dem Strom, hält nicht inne, grüßt andere Flaneure obenhin. Der Flaneur ist intellektuell und gewinnt seine Reflexionen aus kleinen Beobachtungen. Er lässt sich sehen, aber sieht auch, wenngleich mit leichter Gleichgültigkeit (von Georg Simmel in seinem Aufsatz Die Großstädte und das Geistesleben treffend als Blasiertheit identifiziert). Der Flaneur in all seiner Dandyhaftigkeit stellt ein wichtiges Thema der – vor allem weltstädtischen – individualisierten Kunst dar, auch der Lebenskunst.

Cafés

Jules Cheret: Plakat zu einem Studentenball im Januar 1895 in der Closerie des Lilas.

Im Paris der Belle Époque erlebten Cafés eine Blütezeit:

  • Das Café de la Paix (Café des Friedens) ist das älteste erhaltene und renommierteste Café von Paris. Es befindet sich im 9. Arrondissement und wurde 1862 eingeweiht. Die mondäne Eröffnung des Cafés durch die Kaiserin Eugénie (Gattin Napoleon III.) mit Musik und Jacques Offenbach als Dirigent fand statt, noch bevor die nahegelegene Oper ihre Kuppel erhalten hatte. Zur Zeit der Eröffnung ging die radikale Stadterneuerung von Baron Haussmann gerade zu Ende.
  • Das Café de Flore wurde 1887 im Quartier Saint-Germain-des-Prés des 6. Arrondissements in Paris eröffnet. Es wurde später ein beliebter Treffpunkt von Literaten und Intellektuellen und verdankt seinen Namen einer Skulptur der Göttin Flora, die auf der anderen Straßenseite stand.
    Albert Weisgerber: Die Maler des Café du Dome (1906)
  • Das Café Les Deux Magots, dessen „zwei Händler“ als hölzerne, fast lebensgroße und aufwendig gestaltete chinesische Sitzfiguren den Gastraum des Cafés schmücken, war 1812 ursprünglich eine Handelsniederlassung für fernöstliche, vorwiegend chinesische Kunstgewerbeartikel. Sie zog 1873 aus Platzgründen von der Rue de Buci 23 an den Saint-Germain-des-Prés-Platz 6. Aus dieser Zeit stammen auch die beiden erwähnten Sitzfiguren. Um 1885 wurde das Lager unter Beibehaltung des Firmenemblems in ein Café und Likörlokal mit dem Namen Aux Deux Magots umgewandelt. Dichter und Schriftsteller dieser Zeit wie Paul Verlaine, Arthur Rimbaud, Stéphane Mallarmé, Oscar Wilde und andere trafen sich dort und gaben dem Lokal seine erste Berühmtheit.
  • La Closerie des Lilas war nach der Eröffnung 1883, ähnlich wie das Café de la Rotonde und Café du Dôme sowie das Kabarett Le Lapin Agile ein bekannter Treffpunkt von Künstlern und Schriftstellern.

Die Bohème

Edouard Manet: Gare Saint-Lazare (1873)

Das Viertel rund um den Place de l’Europe entwickelte sich ab den 1870er Jahren zu einem beliebten Künstlerviertel. Édouard Manet, der in der Rue de Saint-Pétersbourg lebte, malte 1872/73 das Bild Die Eisenbahn, ein Blick auf die Bahngleise an der Rue de Rome. 1878 schuf er zudem mehrere Ansichten der Rue Mosnier (heute Rue de Berne). Der Place de l’Europe wurde von Gustave Caillebotte in verschiedenen Gemälden festgehalten. Auch sein Gemälde Straße in Paris an einem regnerischen Tag fand in der Rue de Turin sein Vorbild im Quartier de l’Europe. Von Claude Monet stammte eine Reihe von Ansichten des Bahnhofs Saint-Lazare. Darüber hinaus hat er mehrere Ansichten des Parc Monceau gemalt.

Die Bohème als Subkultur großstädtischer junger Künstler und Intellektueller – insbesondere solcher des Pariser Quartier Latin – in einem Kontext von Armut, Hunger, Wertschätzung der Freundschaft, Idealisierung der Kunst und Geringschätzung des Geldes ist ebenfalls eng mit der heutigen Vorstellung der Belle Époque verbunden.

Edouard Manet: Un bar aux Folies Bergère (1883)
Henri de Toulouse-Lautrec: Ambassadeurs. Aristide Bruant dans son cabaret (Plakat 1892)

Viele bekannte Künstler debütierten in den Folies Bergère während der Belle Époque: Liane de Pougy (1884), Loïe Fuller (1892), La Belle Otéro (1894), Paul Lincke (1897), Saharet (1897), Cléo de Mérode (1901), Charles Chaplin (1907), Maurice Chevalier (1909), Mistinguett (1911), Stan Laurel (1911), W. C. Fields (1911?) und Grock (1912).

Das Ölgemälde Un bar aux Folies Bergère von Édouard Manet entstand einige Monate vor seinem Tod im Frühjahr 1883. Es zeigt eine Szene in dem Pariser Nachtclub Folies Bergère. Im Bildmittelpunkt steht die Bardame Suzon bei der Arbeit. Ihr melancholischer, geistesabwesender Gesichtsausdruck passt jedoch nicht zu dem ausgelassenen Treiben um sie herum. Sie steht allein in einem Raum voller Menschen, die sich amüsieren. Sie erwidert nicht den Blick des Betrachters. Alle übrigen Personen sind nur im Spiegel als Hintergrund dargestellt. Die Personen sind vornehm gekleidet, Männer mit Zylindern und Frauen mit großen Hüten. Auf dem Spiegelbild erscheint Suzon leicht vorgeneigt und ihrem Beruf entsprechend dem Gast im Spiegel aufmerksam zugetan. Spiegelbild und Realität stimmen jedoch nicht überein. So zeigt Manet die Frau von zwei Seiten und gegenüber dem Betrachter auf zwei verschiedenen Wirklichkeitsebenen, als Barfräulein und als einsamer Mensch. So thematisiert er die Kluft zwischen Schein und Sein, was durch die ausgiebige Nutzung eines Spiegels als wesentliches Bildelement noch verstärkt wird. „Bar in den Folies Bergère“ kann auch als ein gesellschaftskritisches Bild gewertet werden. Von einzelnen Autoren wird das Bild als ein Mikrokosmos der bürgerlichen Gesellschaft interpretiert. Die arbeitende Klasse, die ohne Lebensfreude ihren Lebensunterhalt verdienen muss und das gehobene Bürgertum, das sich ungehemmt vergnügt.

In Montmartre trat der französische Kabarettsänger Aristide Bruant in Café-Konzerten unter anderem im berühmten Klub Le Chat Noir auf.

Die US-amerikanische Schriftstellerin Natalie Clifford Barney kam 1898 als finanziell unabhängige Millionenerbin von Washington nach Paris und begründete in der Rue Jacob ihren Literarischen Salon. Sie verstand sich darauf, die Gesellschaftswelt von Marcel Proust und die der Lost Generation zu vermitteln. Viele Besucher kamen sowohl in ihren Salon als auch in den von Gertrude Stein, die 1903 ebenso aus den Vereinigten Staaten kommend, in Paris einen Salon eröffnet hatte.

In Paris wurde 1894 im Varietétheater Divan Fayounau der erste Striptease professionell getanzt. Die Künstlerin erhielt wegen ihrer Vorführung eine Geldstrafe.

Absinth als Getränk der Künstler und Literaten

Viktor Oliva: Der Absinthtrinker (1901)

Der Genuss von Absinth wird bis heute mit der französischen Kunstszene der Belle Époque verbunden. So schreiben Hannes Bertschi und Marcus Reckewitz: „Es scheint, als sei die gesamte europäische Elite der Literatur und der bildenden Künste im Absinthrausch durch das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert getorkelt.“[144]

Neben Camille Pissarro und Alfred Sisley gehörte auch Henri Toulouse-Lautrec zu den bekannten Absinthtrinkern, der seinen Malerkollegen Vincent van Gogh 1887 in einem Café mit einem Glas Absinth porträtierte. Im selben Jahr entstand dessen Stillleben mit Absinth. Ein Beleg für die Verbreitung des Getränkes außerhalb von Paris ist sein in Arles entstandenes Gemälde Nachtcafé an der Place Lamartine, das ebenso wie Paul Gauguins Dans un café à Arles Barbesucher beim Absinthkonsum zeigt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wählte Pablo Picasso wiederholt Absinthtrinker als Motiv.

Die Belle Époque als Blütezeit von Kunst und Kultur

Die Belle Époque war eine Zeit kultureller Blüte und künstlerischer Vielfalt in Europa. Es entwickelten sich eine Vielzahl neuer Stile und übergreifender Strömungen, welche Tanz und Musik, Literatur und Theater und die Bildende Kunst in dieser Periode tiefgreifend veränderten und bereicherten: Naturalismus (Literatur, Theater), Impressionismus (Musik, Literatur), Postimpressionismus, Symbolismus (Literatur), Fauvismus und Expressionismus (Musik, Literatur, Architektur).

Verschiedene Faktoren führten zur Entstehung zahlreicher unterschiedlicher künstlerischer und kultureller Entwicklungen in dieser Epoche:

  • Mit dem Wachsen der Städte kam es zu neuen soziale Dynamiken und Herausforderungen.
  • Die Erfindung und Popularisierung der Fotografie veränderte die bildende Kunst grundlegend und führte in der Malerei zu einer Abwendung von realistischen Darstellungen und zur Suche nach neuen Ausdrucksformen.
  • Mit der Erfindung von Film und Kino entstand ein neues Medium und eine neue Kunstgattung.
  • Die fortschreitende Industrialisierung führte zu sozialen Umwälzungen, es kam verstärkt zu politische Bewegungen, die sich für die Rechte der Arbeiter einsetzten. Soziale Spannungen spiegelten sich oft auch in der Kunst wider. Eisenbahnunfälle wurden in Literatur und Film thematisiert.
  • Entwicklungen in der Psychologie, insbesondere die Arbeiten von Sigmund Freud, beeinflussten die Literatur und Kunst und führten zu einem verstärkten Interesse an der menschlichen Psyche und Emotionen.
  • Die europäischen Mächte besaßen weltweit Kolonien. Der Kontakt mit anderen Kulturen und künstlerischen Traditionen beeinflusste und veränderte die europäische Kunst.
  • Neue Bewegungen waren oft eine Reaktion und Ausdruck auf oder eine Ablehnung einer vorherigen Bewegung: der Impressionismus war eine Abkehr vom Akademismus, der Post-Impressionismus entwickelte sich wiederum teilweise als Reaktion auf die Grenzen des Impressionismus.

Die Belle Époque war eine Zeit des Experimentierens und der Suche nach neuen Ausdrucksformen in den Künsten, angetrieben von tiefgreifenden Veränderungen und Umwälzungen in Gesellschaft, Technologie und Wissenschaft.

Lebensphilosophie

Lebensphilosophen: Bergson, Dilthey, Nietzsche, Schopenhauer

Anfang der 1880er Jahre publizierte der deutsche Philosoph und klassische Philologe Friedrich Nietzsche das dichterisch-philosophische Werk Also sprach Zarathustra. Aus Sicht Zarathustras waren vor Gott alle Menschen gleich. Mit dem Tod Gottes aber sind nur noch vor „dem Pöbel“ alle Menschen gleich. Darum ist der Tod Gottes eine Chance für den Übermenschen.

Der deutsche Philosoph und Kulturhistoriker Wilhelm Dilthey sah sich 1887 vor den „Trümmern der Philosophie“: Die „Systeme der Metaphysik sind gefallen“, sagte er in seiner Antrittsrede in der Akademie der Wissenschaften. Der deutsche Idealismus habe mit Fichte, Schelling und Hegel den „letzten großartigen Versuch des menschlichen Geistes“ dargestellt, sich jedoch als nicht haltbar erwiesen.

In diesem Zusammenhang bestimmte Dilthey programmatisch drei Aufgaben für eine neue Philosophie:

  • Auch die positiven Wissenschaften haben ungeklärte Voraussetzungen, die es zu untersuchen und zu sichern gilt.
  • Der Philosophie kommt die Aufgabe zu, den Zusammenhang der Einzelwissenschaften zu klären. Dies kann nicht durch diese selber geschehen, denn dann ergäbe sich höchstens eine hierarchische Konzeption, welche Dilthey ablehnte.
  • Die Philosophie muss Lebensphilosophie werden, wenn sie die gescheiterte Metaphysik zurückweist. Ansätze hierfür sah Dilthey im Werk Nietzsches, Richard Wagners, Tolstois und Schopenhauers. So „wie der scholastische Denker die Fähigkeit entwickelt, lange Reihen von Schlüssen zu überblicken, […] so bildet sich in ihnen das Vermögen, die geheimen Gänge, in denen die Seele dem Glück nachgeht […] zur Darstellung zu bringen.“ Jedoch haben die genannten Autoren immer nur einzelne Momente und Einsichten herausgegriffen und verabsolutiert, womit sie sich wieder zu „Genossen der Metaphysik“ machten. Ihre Lebensphilosophie mag in ihren Grenzen richtig sein, wird jedoch ganz falsch, sobald sie „ihren Winkel für die Welt hält“. Dilthey verstand seine Form von Lebensphilosophie daher nicht als eine, welche konkrete Aussagen trifft, sondern durch Vergleichung und geschichtliche Betrachtung der mannigfaltigen Entwürfe aus dem Relativen das Allgemeingültige extrahiert.

Der französische Philosoph Henri Bergson publizierte 1896 das Buch Matière et mémoire, in dem er auch die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung berücksichtigte. Er entwickelte wie Nietzsche und Dilthey die Lebensphilosophie[145] als Gegenentwurf zum Positivismus und zum Neukantianismus.

Loïe Fuller auf einem Gemälde von Toulouse-Lautrec (1893)
Isadora Duncan (um 1909)

Tanz

Dem Tanz galt in der Belle Époque eine besondere Aufmerksamkeit, sowohl in der Gesellschaft als auch auf der Bühne und in der Kunst. Die Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit ihrem rasanten Tempo voller technischer Entwicklungen, sich verändernden Lebensformen und sozialer Gegensätze wird oft mit einem „Tanz auf dem Vulkan“ verglichen[146]. Viele Künstler dieser Zeit litten an der Modekrankheit Neurasthenie und strebten nach künstlerischer Erneuerung. Neue Entwicklungen zeichneten sich dabei im modernen Ausdruckstanz der Amerikanerinnen Loïe Fuller (1862–1928) sowie Isadora Duncan (1877–1927) ab. Die US-amerikanische Tänzerin und Choreografin Duncan war die Wegbereiterin des modernen sinfonischen Ausdruckstanzes und entwickelte ein neues Körper- und Bewegungsempfinden, das sich am griechischen Schönheitsideal orientierte. Sie setzte als Erste klassische Konzertmusik tänzerisch um. Als Gegnerin des klassischen Balletts versuchte sie, den Tanz der Antike wiederzubeleben.

Die Ballets Russes von Sergej Diaghilew machten den Balletttänzer Vaslaw Nijinsky (1888–1950) berühmt und etablierten die moderne Balletttechnik. Die Ballets Russes brachten mehrere Meisterwerke des Balletts auf die Bühne, darunter Der Feuervogel und Das Frühlingsopfer.

Tänzerinnen und Tänzer revolutionierten die Tanzkunst nachhaltig und animierten gleichzeitig Künstler wie Toulouse-Lautrec zu künstlerischen Darstellungen aus der Welt des Tanzes. In der geschwungenen und verspielten Formensprache des Jugendstils fanden die ausdrucksstarken Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer ihren Niederschlag und dienten dabei teilweise als Vorlage. Die Bronzelampe von François-Raoul Larche in Gestalt der Tänzerin Loïe Fuller, die mit ihren eindrucksvollen Schleiertänzen damals ganz Paris begeisterte, gilt als eine der Ikonen des Jugendstils.

Vaslav Nijinsky choreographierte das Ballett L'Après-midi d'un faune, das auf Stéphane Mallarmés Gedicht L’Après-midi d’un faune basierte und am 29. Mai 1912 im Pariser Théâtre du Châtelet uraufgeführt wurde. Das Stück nutzte die symphonische Dichtung Prélude à l’après-midi d’un faune von Claude Debussy aus dem Jahr 1894 als musikalische Begleitung. Wie andere Werke Nijinskys hatte es heftige ästhetische Auseinandersetzungen zur Folge. Mallarmés Dichtung und Debussys Vertonung sowie Nijinskys Ballett nehmen eine zentrale Stellung in ihrer jeweiligen Kunstgattung und in der Entwicklung der künstlerischen Moderne ein.

Auguste Perret errichtete von 1911 bis 1913 das ursprünglich von Henry van de Velde konzipierte Théâtre des Champs-Élysées in Paris. Die Premieren des Ballets Russes unter dem Choreografen Vaslav Nijinsky (Jeux von Claude Debussy am 15. Mai 1913 und in größerem Maße Le sacre du printemps von Igor Stravinsky zwei Wochen später) gelten als Beginn der Ballettmoderne.

Von 1895 bis 1905 wurde der Cakewalk auf der Grundlage von Ragtime-Musik zum bekannten Modetanz.

Musik, Oper und Operette

Die Belle Époque war eine Zeit intensiver musikalischer Innovation und Experimente, die von den traditionellen spätromantischen Stilen bis zu den avantgardistischen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts reichte. Jedes Land hatte eigene charakteristischen Beiträge und Stilrichtungen, die zu einer lebhaften und vielfältigen musikalischen Landschaft beitrugen. Die Belle Époque war von der Salonmusik geprägt, vor allem von kurzen Stücken, die für ein allgemeines Publikum gedacht waren. Der Walzer erlebte ebenso wie die Operette eine Blütezeit und Komponisten wie Johann Strauß III, Emmerich Kálmán und Franz Lehár einen Höhepunkt ihrer Popularität.

Der Geiger Daniel Hope versuchte 2020, mit dem Album Belle Époque die Stimmung der Belle Époque musikalisch einzufangen. So habe es, laut Daniel Hope, Komponisten gegeben, die sich weigerten, nach vorne zu schauen und solche wie Alban Berg und Anton Webern, die den Aufbruch zelebriert hätten. Auch in der Musik seien die Spannungen der Epoche zum Ausdruck gekommen und er, Daniel Hope, bilde sich ein, dass man das in jedem Takt höre.[147]

Frankreich

In Frankreich sind es Komponisten wie Claude Debussy mit Prélude à l'après-midi d'un Faune (1894) und La mer (1905) sowie Maurice Ravel mit Pavane pour und infante défunte (1899) und Gaspard de la nuit (1908), die den Impressionismus in der Musik etablieren. Der Komponist Erik Satie gilt als Vorläufer der Minimal Music. In den 1880er Jahren galt Camille Saint-Saëns als größter Musiker Frankreichs.

Österreich und Deutschland

In Österreich und Deutschland sind Gustav Mahler (2. Sinfonie (1895), Symphonie der Tausend (1906)) Richard Strauss (Also sprach Zarathustra, Salome) und Arnold Schoenberg (Verklärte Nacht (1899), Pierrot Lunaire (1912)) führend in der Romantik, Spätromantik sowie der Zweiten Wiener Schule und der Zwölftontechnik.Die lustige Witwe von Franz Lehár, eine Operette in drei Akten mit dem Libretto von Victor Léon und Leo Stein nach Henri Meilhacs Lustspiel L'attaché d'ambassade, wird 1905 mit Mizzi Günther und Louis Treumann in den Hauptrollen am Theater an der Wien in Wien uraufgeführt. Das Stück, das als Hauptvertreter der sogenannten „Silbernen Operettenära“ gilt, wird Lehárs erfolgreichste und bekannteste Operette. In der Operette Die lustige Witwe ist das Maxim's ein Handlungsort. Bekannt wurde das Lied Da geh' ich zu Maxim.

August Macke: Russisches Ballett (1912)

Russland

Russische Komponisten suchten Inspiration in der russischen Volksmusik, Geschichte und Literatur, um eine eigenständige nationale Identität in der Musik zu schaffen. Viele russische Komponisten wurden auch von der europäischen Romantik beeinflusst, die sich durch Emotionalität, Individualität und ein Streben nach dem Unendlichen auszeichnete. Komponisten wie Pjotr Iljitsch Tschaikowski (Der Nussknacker,1892; Schwanensee, 1877), Sergei Rachmaninoff (Die Toteninsel, 1909), Modest Mussorgski (Bilder einer Ausstellung,1874) und Nikolai Rimski-Korsakov (Das Märchen vom Zaren Sultan, 1900) prägten die russische Musik in der Belle Époque.

Die Oper Boris Godunow von Modest Mussorgsky nach Motiven des gleichnamigen Dramas von Alexander Sergejewitsch Puschkin wurde 1874 im Mariinski-Theater in Sankt Petersburg uraufgeführt. Diese Oper wurde als "musikalisches Volksdrama" (Mussorgsky) zu einem Symbol für den russischen musikalischen Nationalismus.[148]

England

In England war es Edward Elgar der mit den Enigma Variations (1899) und mit den Pomp and Circumstance Marches (1901) die Musikszene für sich einnahm. Vor allem der Mittelteil seines bekanntestes Werkes, der Pomp and Circumstance March No. 1, der auch als Hymne Land of Hope and Glory weltbekannt ist, gilt bis zum heutigen Tag als die wichtigste inoffizielle Hymne des Vereinigten Königreichs. Das Stück bildet zusammen mit dem patriotischen Lied Rule, Britannia! den Höhepunkt der alljährlich stattfindenden Last Night of the Proms. Das erste Konzert der Proms fand am 10. August 1895 in der Queen’s Hall am Londoner Langham Place statt. Die alljährlich stattfindende Konzertreihe mit täglichen klassischen Konzerten zwischen Juli und September, wurde von Robert Newman initiiert, um Menschen anzusprechen, die sich normalerweise nicht für klassische Konzerte interessierten. Sowohl günstige Kartenpreise als auch eine zwanglose Atmosphäre bei den Konzerten, so waren Essen, Trinken und Rauchen ausdrücklich erlaubt, sollten die Menschen von einem Konzertbesuch überzeugen.

Italien

Plakat von Adolfo Hohenstein: Madama Butterfly (1914)

In Italien etablierte sich Giacomo Puccini als einer der wichtigsten Opernkomponisten des Verismo, der mit den Werken La Bohème (1896), Tosca (1900) und Madama Butterfly (1904) die Musik der Belle Époque prägte. Neben Puccini waren Ruggero Leoncavallo und Pietro Mascagni wichtige Vertreter des Verismo. Die stilistische Bandbreite der Verismo-Opern ist groß. Eine Gemeinsamkeit sind die realistischen Handlungen im niederen sozialen Milieu mit einem gewaltsamen Höhepunkt. Die Schauplätze sind ländlich, exotisch und später auch großstädtisch. Außerdem gibt es eine Tendenz zur knappen, lakonischen Form. Frühe Verismo-Opern sind oft Einakter. Die Katastrophe wird durch ein instrumentales Intermezzo von der vorhergehenden Handlung abgetrennt.

Militärmusik

Die Militärmusik erlebte während der Belle Époque in vielen europäischen Ländern eine Blütezeit. Neben der oft ausschließlich damit assoziierten Marschmusik umfasst Militärmusik auch feierliche Musik mit religiösem Charakter (Choräle), Marschgesänge sowie Unterhaltungs- und Tanzmusik. Die Besetzungen der Militärorchester, die Professionalisierung der Musiker und die Ausweitung des Repertoires wurden vorangetrieben. Viele Militärkapellen konnten im Ballsaal oder in kleineren Räumen auch als Streichorchester auftreten. Es wurde üblich, dass Violinisten auch Saxophon spielten. Die Militärkapellen machten den Tanzkapellen zunehmend Konkurrenz. Es fanden Musikwettbewerbe und Festivals statt, bei denen Militärorchester aus verschiedenen Ländern teilnahmen und ihre Fähigkeiten zeigten. Diese Ereignisse trugen zur Popularität der Militärmusik bei und förderten nationale Gefühle und Patriotismus.

Literatur und Theater

Nana, Édouard Manet (1877)

In der Belle Époque wandelte sich die europäische Literatur grundlegend. Der literarische Realismus und der literarische Naturalismus erreichten ihren Höhepunkt. Zu dessen bekanntesten französischen Vertreter gehört Émile Zola mit Nana (1880), Germinal (1885) und La Bête humaine (1890). Die Literatur der Periode erstreckte sich vom Naturalismus über den Impressionismus und Symbolismus zum Expressionismus (Émile Zola, Guy de Maupassant, Marcel Proust, Anton Tschechow, Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, Rainer Maria Rilke).

Dekadenzdichtung (französisch décadence „Verfall“) ist die vage und umstrittene Bezeichnung für eine Vielzahl an literarischen Strömungen und Einzelwerken um die Jahrhundertwende (1900), deren Gemeinsamkeit in ihrer entschiedenen Ablehnung des Naturalismus liegt. Allgemeines Kennzeichen ist eine subjektivistisch-ästhetizistische Kunst- und Weltanschauung, die zu einer bewusst anti-bürgerlichen, anti-moralischen, anti-realistischen und anti-vitalen Selbstbestimmung führt und als Überfeinerung wahrgenommen wird. Diese Überfeinerung wurde als Symptom einer Zeit kulturellen Verfalls (vgl. Dekadenz) gedeutet und spätestens seit Friedrich Nietzsche zum Gegenstand einer polemischen Zeitkritik. Die Bezeichnung Décadence wurde eingeführt von dem französischen Dichter Paul Verlaine. Dieser sagte von sich selbst: „Je suis l’Empire à la fin de la Décadence.“ Dies heißt: „Ich bin das Reich am Ende der Dekadenz.“ Mit Reich ist die Epoche vom ersten französischen Kaiserreich unter Napoléon Bonaparte bis zum Ende des zweiten Kaiserreichs unter Napoléon III. gemeint, das 1870 im Krieg gegen Deutschland unterlag. Während vor allem in der französischen Literaturszene die Sensibilität von Dichtern wie Charles Baudelaire gegenüber dem Sublimen, Rauschhaften, Stimmungsvollen und Morbiden zeitweise gefeiert wurde, veranschaulicht Nietzsche in Der Fall Wagner (1888) sein Negativurteil über eine moderne „Nervenkunst“ als Erschöpfung und Auflösung.

Frankreich

Stéphane Mallarmé: Fotografie von Nadar, um 1890

Seit 1877 veranstaltete der französische Schriftsteller Stéphane Mallarmé seine Mardis (Dienstagstreffen), bei denen er jüber Jahre hinweg junge Dichter wie Émile Verhaeren, Maurice Maeterlinck, Oscar Wilde, Joris-Karl Huysmans, Paul Valéry, André Gide, W. B. Yeats, Rainer Maria Rilke und Stefan George in seiner Privatwohnung in der Rue de Rome empfing. 1878 lernte er Victor Hugo kennen. Sein Schüler Paul Valéry sagte: „Mallarmé lebte für einen ganz bestimmten Gedanken: Er war besessen von der Vorstellung eines absoluten Werkes, das für ihn das höchste Ziel, die Rechtfertigung seines Daseins, den einzigen Zweck und den einzigen Sinn des Weltalls bedeutete.“[149] Seine Zweifel an der herkömmlichen Funktion von Sprache ließen Mallarmé zum Wegbereiter der modernen Lyrik werden. Viele seiner Ideen wurden später von Vertretern des Dadaismus, Surrealismus, Futurismus und Dekonstruktivismus (etwa Jacques Derrida) wieder aufgegriffen.

Guy de Maupassant (um 1880)

Guy de Maupassant war ein Meister der kurzen Erzählform. Geschichten wie Der Schmuck (1884) und Bel-Ami (1885) bieten scharfsinnige Beobachtungen über die menschliche Natur und die Gesellschaft. Maupassant schrieb den Großteil seines Werks in einer Epoche mit eingeborenem Pessimismus, der an den Schwierigkeiten des Daseins wuchs.[150][151] Pessimismus und Resignation wurden vertieft durch den verlorenen deutsch-französischen Krieg 1870/71[152] und durch den Einfluss des Werks von Arthur Schopenhauer mit dessen Verdammtheit zum Leiden. „Der Mensch ist nach Maupassant kein moralisch handelndes, sondern ein biologisch unzulängliches, triebhaft fixiertes Wesen animalischen Zuschnitts, kurz –– ein unfertiger Entwurf“. […] Die die Menschen verbindenden Gefühle wie Freundschaft und Liebe sind brüchig und wenig dauerhaft, […] der Mensch ist isoliert und auf sich selbst zurückgeworfen. Die Gesellschaft bildet nach Maupassants Worten das Bild einer „ewigen, allumfassenden, unzerstörbaren und allmächtigen Dummheit“.[153] Die Qual der Kreatur ist der Grundakkord vom Maupassant und sein Hauptanliegen.[154]

Edmond Rostand (1903)

Die Uraufführung des romantisch-komödiantischen Dramas Cyrano de Bergerac von Edmond Rostand fand 1897 am Pariser Théâtre de la Porte Sainte-Martin statt. In Paris wurde erstmals 1881 das Theatrophon zur stereofonen Übertragung von Opern- und Theateraufführungen über ein Telefon vorgestellt.

Das 1896 uraufgeführte Theaterstück König Ubu (französischer Titel: Ubu roi) des französischen Schriftstellers Alfred Jarry wurde später von Surrealisten und Dadaisten gefeiert und in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Der französische Kunstkritiker und Romanautor Octave Mirbeau zählt mit zu den schillerndsten Persönlichkeiten der französischen Belle Époque.[155] Zu seinen bekanntesten literarischen Werken gehört der Roman Tagebuch einer Kammerzofe (1900), der mehrmals verfilmt wurde, unter anderem von Jean Renoir und Luis Buñuel. Ein Jahr zuvor provozierte Mirbeau bereits mit seinem Werk Der Garten der Qualen (1899): In einem paradiesischen Garten in China, lässt eine europamüde Engländerin Menschen auf furchtbarste Weise foltern. Sein bekanntestes und auch auf deutschen Bühnen sehr erfolgreiches Drama Geschäft ist Geschäft (1903) verspottet die eingebildete Allmacht von Geldaristokraten und Emporkömmlingen.

Jacques Humbert: Colette (1896)

Die französische Schriftstellerin, Variétekünstlerin und Journalistin Colette verfasste ab 1896 eine Reihe von zunehmend erfolgreichen Romanen, die in der Ich-Form mit vielen autobiografischen Elementen die Geschichte einer jungen Frau erzählen: Claudine à l’École, Claudine à Paris, Claudine en Ménage und Claudine s’en va.

Der französische Schriftsteller und Dichter des Symbolismus Jean Lorrain war für sein Dandytum bekannt und galt als Skandalreporter der Belle Époque.

Ein Klassiker der literarischen Moderne und das Hauptwerk der französischen Romanliteratur des frühen 20. Jahrhunderts ist der von Marcel Proust zwischen 1913 und 1927 erschienene siebenteilige Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (französischer Originaltitel: À la recherche du temps perdu), in dem Proust die Geschichte seines eigenem Leben als allegorische Suche nach der Wahrheit erzählt.

Die französische Schriftstellerin Anna de Noailles veröffentlichte 1901 den ersten einer langen Reihe von Gedichtbänden. Die Dichterkollegen, allen voran Marcel Proust, aber auch der Komponist Reynaldo Hahn und die Schauspielerin Sarah Bernhardt waren hingerissen von der Bildersprache und der Ausdruckskraft der Gedichte, die für heutige Leser womöglicht zu sehr dem blumigen Stil der damaligen Zeit entsprechen. Im Literarischen Salon der schönen Comtesse verkehrte bald die geistige Elite ihrer Zeit, unter anderem Francis Jammes, Paul Claudel, Colette, André Gide, Frédéric Mistral, Robert de Montesquiou, Paul Valéry, Jean Cocteau, Alphonse Daudet, Pierre Loti und Max Jacob. 1910 erhielt sie den Literaturpreis der Académie Française.

Der erste Nobelpreis für Literatur wurde 1901 an den französischen Lyriker Sully Prudhomme verliehen.

Die Belle Époque ist auch die Zeit der Entstehung der ersten Literaturpreise, so wurde erstmals 1903 zu Ehren der Schriftstellerbrüder Edmond und Jules Goncourt der Goncourt-Preis verliehen. Er gilt als prestigeträchtigster Literaturpreis Frankreichs.

Paula Modersohn-Becker: Porträt Rainer Maria Rilke (1906)

Deutschland

Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ist der Titel eines 1910 veröffentlichten Romans von Rainer Maria Rilke in Tagebuchform. Der 1904 in Rom begonnene Roman reflektiert unter anderem die ersten Eindrücke eines Paris-Aufenthaltes des Autors 1902/03. Der Roman beginnt im Paris des Fin de siècle mit den Aufzeichnungen des jungen Malte, der die zu dieser Zeit drittgrößte Stadt der Erde vorfindet, wie er auch London und New York hätte vorfinden können – inmitten eines Prozesses der Industrialisierung. Die Stadt birgt sowohl Glanz als auch Elend, die beide dicht beieinander liegen. Der Fortschritt beruht auf der Technisierung, die in der damaligen Zeit oft mit Anonymität und einer größer werdenden Disparität zwischen Arm und Reich assoziiert wurde.

Der Schriftsteller Thomas Mann begann seine Karriere mit dem 1901 erschienenen Roman Buddenbrooks und dem Roman Der Tod in Venedig (1912).

Hermann Hesses erster Roman Peter Camenzind erschien 1904 in Berlin.

Oscar Wilde (1882)

Die von Siegfried Jacobsohn gegründete Theaterzeitschrift Die Schaubühne (später Die Weltbühne) erschien erstmals 1905.

Großbritannien und Irland

Die spätviktorianische Prosa reichte von den eher einfachen Erzählungen Robert Louis Stevensons und H. Rider Haggards bis zu den unkonventionellen Werken von Oscar Wilde. In den 1870er Jahren kam auch eine naturalistische Bewegung auf. Thomas Hardy wurde bekannt durch seine Darstellung des ländlichen Lebens und der sozialen Veränderungen: Tess von den D'Urbervilles (1891). Der Einfluss des französischen Naturalismus ist auch in den Werken George Moores, George Robert Gissings und Joseph Conrads, die sich vom früheren Fortschrittsglauben und Optimismus distanzierten, erkennbar.

1898 wurde der Science-Fiction-Roman The War of the Worlds (Der Krieg der Welten) von H. G. Wells veröffentlicht.

In Großbritannien und Irland war Oscar Wilde berüchtigt für seine scharfsinnigen Werke (Das Bildnis des Dorian Gray (1890)) und sein tragisches Leben. Die Hauptfigur, der reiche und schöne Dorian Gray, besitzt ein Porträt, das statt seiner altert und in das sich die Spuren seiner Sünden einschreiben. Während Gray immer maßloser und grausamer wird, bleibt sein Äußeres hingegen jung und makellos schön. Der Roman gilt als Oscar Wildes Prosa-Hauptwerk. Themen sind die Moralität von Sinnlichkeit und Hedonismus im Viktorianismus und die Dekadenz der englischen Oberschicht. Außerdem lassen sich die Handlung und die eingearbeiteten Kunstbemerkungen sowohl als Proklamation wie auch als Kritik des Ästhetizismus lesen, einer literarischen Strömung des Fin de Siècle.

Der Erzählband Dubliner von James Joyce wurde 1914 erstmals veröffentlicht. Joyce hatte im Frühherbst 1904 in Paris den Plan für das Buch entwickelt. Laut dem Literaturwissenschaftler Richard Ellmann wollte Joyce vier Lebensphasen der Stadt darstellen, die er als eine Person ansah. Die erste sollte durch ihre Kinder, die letzte durch ihre Erwachsenen beschrieben werden. Wie oft bei Joyce sind die Texte arm an äußerer Handlung. Es geht dem Autor vor allem um eine differenzierte psychologische Darstellung der einzelnen Charaktere. Daher arbeitet er größtenteils mit dem Stilmittel der erlebten Rede, einem Vorläufer des inneren Monologs, wobei er – dies wiederum eine spezifisch Joycesche Ausformung – die (Erzähl-)Sprache den Figuren anpasst. Ein Porträt des Künstlers als junger Mann (engl. A Portrait of the Artist as a Young Man) ist der Titel seines autobiografisch geprägten Bildungsromans über das Leben eines jungen Künstlers von der Kindheit bis zur Studienzeit. Hauptthema ist seine Auseinandersetzung mit der katholischen Sozialisation - mit dem Ergebnis, Irland zu verlassen.

Der irische Dichter William Butler Yeats war Förderer der irischen Renaissance und schloss sich zeitweise einer revolutionären Bewegung an. 1899 gründete er gemeinsam mit Lady Gregory und Edward Martyn das Irish Literary Theatre.

Russland

Anton Tschechow wurde bekannt durch seine Kurzgeschichten und Dramen. Zu seinen wichtigsten Werken gehören: Die Möwe (1895), Onkel Wanja (1896), Drei Schwestern (1901) und Der Kirschgarten (1903). Fjodor Dostojewski veröffentlichte seinen letzten Roman, Die Brüder Karamasow, im Jahr 1880. Zu den wichtigsten Werken von Lew Tolstoi gehören Krieg und Frieden (1869), Anna Karenina (1878) und Auferstehung (1899). Dostojewski und Tolstoi waren beide Psychologen, die mit literarischen Mitteln ausgelotet haben, welche Konflikte dem Menschen am Anbruch der Moderne widerfuhren: Dostojewski als Patriot und wie kein anderer an den zeitbedingten Verwerfungen der Seele des Individuums interessiert, Tolstoi als großer Moralist und realistischer Porträtist gesellschaftlicher Verhältnisse und zwischenmenschlicher Beziehungen

Bildende Kunst

Die Pariser Salons

Atelier des Fotografen Nadar, 35 Boulevard des Capucines, um 1860

Im 19. Jahrhundert war der Salon de Paris Mittelpunkt und Bühne des französischen Kunstbetriebs und das kulturelle Aushängeschild der jeweiligen französischen Regierung. Die Pariser Ausstellungen waren nicht nur ein international bekannter Treffpunkt von Sammlern und Händlern, bei dem alljährlich Millionenbeträge umgesetzt wurden, sondern auch ein zentrales gesellschaftliches Ereignis. Bis zum Jahr 1880 wurden diese Ausstellungen vom französischen Staat geregelt. Seit 1804 wurden einzelne Teilnehmer ausgezeichnet. Eine Jury entschied von diesem Zeitpunkt an regelmäßig über Zulassung, Ablehnung und Prämierung der zum Salon eingereichten Werke.

Durch den Einfluss des Salon de Paris entwickelte sich der Beruf des Kunstmalers in Frankreich zu einer attraktiven Profession mit einem staatlich geregelten Ausbildungsweg und überdurchschnittlichen Einkommenschancen. Bei der Auswahl der für den Salon ausgewählten Bilder kam es regelmäßig zu Intrigen und Unregelmäßigkeiten. In der Folge kam es ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Reihe von Gegenausstellungen, bei denen Galeristen wie Louis Martinet abgelehnten Künstlern Ausstellungsmöglichkeiten in ihren Verkaufsräumen gewährten.

Die kunsthistorisch bedeutsamste Gegenausstellung ist der Salon des Refusés des Jahres 1863, der von vielen Kunsthistorikern als Geburtsstunde der Moderne eingestuft wird. Nachdem die strenge Auswahl der Jury für Aufsehen gesorgt hatte, ließ der französische Kaiser Napoleon III parallel zum Pariser Salon den Salon des Refusés („Salon der Zurückgewiesenen“) ausrichten, um diejenigen zu besänftigen, die über die begrenzte Werksauswahl des offiziellen Salons verärgert waren. Zwei von der Jury des Pariser Salons abgelehnte Gemälde erregten damals besondere Aufmerksamkeit: James McNeill Whistlers „Mädchen in Weiß“ und Édouard ManetsFrühstück im Grünen“. In den Folgejahren kam es zu weiteren Parallelausstellungen.

Von 1874 bis 1886 organisierte die Société Anonyme Coopérative des Artistes-Peintres, Sculpteurs, Graveurs Gruppenausstellungen. Die erste Ausstellung fand am 15. April 1874 im Atelier des Pariser Fotografen Nadar statt. Nach dieser Ausstellung setzte sich die Bezeichnung „Impressionismus“ durch, was anfangs abwertend gemeint war. Auch bei dieser Ausstellung blieb es weitgehend bei negativen öffentlichen Meinungen, obwohl sich auch die positiven Rezensionen häuften.

1884 wurde in Paris die Société des Artistes Indépendants (dt. Vereinigung unabhängiger Künstler) gegründet, zu deren Gründern Albert Dubois-Pillet, Odilon Redon, Georges Seurat und Paul Signac gehörten.

Salon d'Automne, 1904, Ambroise Vollard, Salle Cézanne

1903 gründete der französisch-belgische Architekt Frantz Jourdain unter Mitwirkung von Georges Rouault, Albert Marquet und Édouard Vuillard, neben den älteren Odilon Redon, Paul Cézanne, Eugène Carrière und Auguste Renoir, die Société du Salon d'Automne als Reaktion auf die konservative Politik des offiziellen Salon de Paris. Berühmt wurde der Pariser Herbstsalon vor allem durch die Ausstellung des Jahres 1905, in der Werke von Henri Matisse und seinen Freunden ausgestellt wurden und der Begriff Fauvismus entstand. Die erste Ausstellung des Salons fand im Jahr 1903 im Petit Palais statt. Ab 1904 wurde die Kunstausstellung jährlich im Oktober oder im November im Pariser Grand Palais ausgerichtet, mit dem Ziel, alle Facetten der modernen Malerei zu zeigen.

Biennale di Venezia

Im Winter 1894–1895 wurde der Palazzo dell’Esposizione für die Biennale di Venezia errichtet, die am 30. April 1895 als I Esposizione Internazionale d’Arte della Città di Venezia (1. Internationale Kunstausstellung der Stadt Venedig) in Anwesenheit des italienischen Königspaares Umberto I. und Margherita di Savoia eröffnet wurde. Mit 224.000 Besuchern war sie ein großer Publikumserfolg. Für die von Jahr zu Jahr wachsende Ausstellung nahm man sich das Konzept der Weltausstellung zum Vorbild. Sehr schnell etablierte sich die Ausstellung und wurde alle zwei Jahre durchgeführt.

Für die Auswahl der Werke wurden nationale Komitees berufen, eines je für Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich-Ungarn, Russland, Schweden und Norwegen sowie Spanien. Das deutsche Komitee bildeten Anton von Werner, Gustav Schönleber, Fritz von Uhde und der damals junge Max Liebermann.

Die ersten international bedeutenden Künstler waren 1910 zu sehen: Ein Raum war Gustav Klimt gewidmet, Renoir wurde ausgestellt und Courbet eine Retrospektive gewidmet. Im Jahr 1905 ließ Antonio Fradeletto, der erste Generalsekretär der Biennale, eine Arbeit von Pablo Picasso aus dem spanischen Salon entfernen (vermutlich das große Gemälde Les Saltimbanques), da er befürchtete, dass dessen Neuartigkeit die Öffentlichkeit schockieren könne.

Impressionismus

Claude Monet: Gare Saint-Lazare, Ankunft eines Zuges (1877)

Die Belle Époque war eine Ära, in welcher der Impressionismus und der Post-Impressionismus in Frankreich dominierten. Künstler wie Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Paul Gauguin, Jean Béraud und Henri Matisse begannen völlig neue Wege einzuschlagen, wodurch die Weichen für zahlreiche Kunstrichtungen gestellt wurden, die das 20. Jahrhundert prägen sollten. Die Impressionisten machten den Einfluss des Lichts zu ihrem Thema, der Gegenstand wurde nebensächlich und diente nur als Mittel zum Zweck, um je nach Lichtverhältnis unterschiedliche Farben und Farbbeziehungen darstellen zu können.[156] Claude Monet begann 1876 mit einer Reihe von Bildserien, in denen nicht mehr wie zuvor der Gegenstand dominierte, sondern die Veränderung des Lichts zum eigentlichen Thema des Bildes wurde: Von 1876 bis 1878 malte er im Bahnhof Paris-Saint-Lazare zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten. Der Mensch büßte in der Malerei des Impressionismus seine Individualität ein, wurde zum Bestandteil der Menge und ging in der Großstadtlandschaft auf.[157]

Louise Abbéma: Aprilmorgen, Place de la concorde, Paris. (1894)

Louise Abbéma war eine französische Malerin des Impressionismus, die auch als Grafikerin, Bildhauerin und Literatin wirkte. Schon früh zeigte Abbéma ein besonderes Talent für die Malerei. Sie ging 1873 nach Paris und wurde dort Schülerin von Charles Josuah Chaplin, im folgenden Jahr von Emile Auguste Carolus-Duran und studierte später bei Jean Jacques Henner. Auf Anregung von Carolus-Duran stellte sie zwischen 1874 und 1926 regelmäßig ihre Werke im Pariser Salon aus, wo sie 1881 eine „ehrenvolle Erwähnung“ erhielt. Ihr 1876 entstandenes lebensgroßes Porträtbild von Sarah Bernhardt (heute in einer Pariser Privatsammlung) brachte der erst 23-jährigen Abbéma erste öffentliche Anerkennung. 1878 stellte sie eine drei Jahre zuvor verfertigte Bronzemedaille mit der Profildarstellung ihrer Freundin – ihre einzige bekannte Skulptur – im Pariser Salon aus, wofür sich die manchmal auch als Bildhauerin tätige Bernhardt 1879 mit einer Marmorbüste Abbémas revanchierte. Abbéma spezialisierte sich seit 1881 auf Öl- und Aquarellmalerei und viele ihrer Arbeiten zeigen den Einfluss der chinesischen und japanischen Malerei (Chinoiserie, Japonismus) sowie zeitgenössischer impressionistischer Meister wie Édouard Manet.

Max Liebermann: Martha Liebermann, die Gattin des Künstlers (1898)

Max Liebermann, Lovis Corinth, Ernst Oppler und Max Slevogt zählen zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des deutschen Impressionismus und der Berliner Secession. Die Malerei des deutschen Impressionismus entstand als Reaktion zur staatlich geförderten akademischen Malerei gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Es handelt sich um die erste moderne Kunstströmung in Deutschland, sie hatte ihre Blüte von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg und wurde dann vom Expressionismus abgelöst.

Postimpressionismus und Symbolismus

Post-Impressionismus ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Stile der Malerei, die zwischen 1880 und 1905 auf den Impressionismus folgten.

Paul Signac: Le Petit Déjeuner (Das Frühstück), (1886–1887)

Zum Post-Impressionismus werden die Richtungen Pointillismus (auch als Divisionismus bzw. Neoimpressionismus bezeichnet), Cloisonismus, Synthetismus, die Künstlergruppe der Nabis, die Schule von Pont-Aven, sowie die Werke van Goghs, Gauguins, Toulouse-Lautrecs und Cézannes gezählt.

Die Künstlergruppe Nabis wurde in den Jahren 1888/1889 von einer Gruppe junger Kunststudenten der Académie Julian in Paris gegründet und bestand bis 1905. Ihr Vorsteher, Paul Sérusier, gehörte dem Kreis um Paul Gauguin an und entstammte der Schule von Pont-Aven.

Franz von Stuck - Die Sünde (1893)

Ähnlich wie im zeitgenössischen Art nouveau legten einige der Nabis die Betonung auf das Design. Beide Gruppierungen waren durch einige ihrer Vertreter auch mit dem Symbolismus verbunden. Ihre künstlerischen Ziele publizierte die Künstlergruppe vor allem in der Zeitschrift La Revue blanche. Wichtige Mitglieder der Nabis waren Pierre Bonnard, Aristide Maillol, Félix Vallotton und Édouard Vuillard.

Der Symbolismus bezeichnet eine Kunstströmung der Malerei und Bildhauerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in der sehr unterschiedliche Stilrichtungen vertreten sind. Seine Hochphase fällt in die Zeit zwischen ca. 1880 und 1910. Als Spielwiese des Symbolismus wird oft die Décadence gesehen, die versuchte, Verfall und Untergang einer Epoche künstlerisch zu begleiten und ihr Heil in überspitzter Sinneslust zu finden. Andere Symbolisten betonten dagegen gerade das Unverbraucht-Natürliche (so die frühen primitivistischen Werke von Paul Gauguin) oder die Tatsache, dass die Welt der von Menschen geschaffenen Objekte über deren individuelles Leben hinausweist. Allgemein dominiert die subjektive Vorstellung bzw. der abstrakte Gedanke im Bild gegenüber der sinnlichen Wahrnehmung des Augenblicks oder der genauen Naturbeobachtung. Einen entscheidenden Impuls lieferte das „Symbolistische Manifest“ des französischen Dichters Jean Moréas im Jahre 1886. Ein Kernsatz lautete: „Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen“. Von Frankreich ausgehend breitete sich der Symbolismus über ganz Europa aus, nachdem er erstmals 1889 bei der Weltausstellung in Paris einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden war.

Fauvismus

Albert Marquet: Le Pont Saint-Michel et Notre Dame (1905)

Der Post-Impressionismus wurde innerhalb Frankreichs vom Fauvismus abgelöst. Der Begriff „Fauvismus“ leitet sich her von dem französischen Wort fauves „wilde Bestien“. Als eine kleine Gruppe von Malern 1905 im Saal VII des Salon d’Automne ihre Bilder zeigte, sah der Kunstkritiker Louis Vauxcelles zwischen den Malereien eine weibliche Büste in florentinischer Art stehen, geschaffen vom französischen Bildhauer Albert Marque. Er rief: „Tiens, Donatello au milieu des fauves.“ („Sieh da, Donatello umgeben von wilden Bestien.“)[158] Neben Henri Matisse und André Derain zeigten Albert Marquet, Henri Manguin, Othon Friesz, Jean Puy, Louis Valtat, Maurice de Vlaminck, Charles Camoin und Kees van Dongen ihre Werke.[159][158] Was die Fauvisten vor allem verband, war das leidenschaftliche Bekenntnis zur Farbe und zur Verwendung bestimmter Mittel, um sie zur Geltung zu bringen. Ab 1907 löste sich die Einheit der Bewegung unter dem Vorstoß des von Picasso und Braque eingeleiteten Kubismus auf, an dessen Entstehung Matisse und Derain nicht unbeteiligt waren.[160]

Gustav Klimt: Der Kuss (1907–1908)
Egon Schiele: Selbstporträt (1912)

Expressionismus und Wiener Jugendstil

Franz Marc: Die kleinen gelben Pferde (1912)

In Deutschland und Österreich entwickelten sich der Expressionismus und der Wiener Jugendstil. Wichtige Künstler dieser Zeit waren Gustav Klimt, Egon Schiele und Emil Nolde. Die Künstlergruppe Brücke, die heute als wichtiger Vertreter des Expressionismus und als Wegbereiter der klassischen Moderne gilt, versuchte die Formsprache des Impressionismus zu überwinden.

Als Geburtsstunde der österreichischen Moderne in der bildenden Kunst gilt die Gründung der Wiener Secession im Jahr 1897.

Die Brücke wurde am 7. Juni 1905 in Dresden von den vier Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff gegründet und im Mai 1913 in Berlin aufgelöst. Der Blaue Reiter ist eine Bezeichnung von Wassily Kandinsky und Franz Marc für ihre Ausstellungs- und Publikationstätigkeit, bei der beide Künstler in dem erstmals Mitte Mai 1912 herausgegebenen gleichnamigen Almanach als alleinige Herausgeber fungierten. Seinen Namen verdankt der Blaue Reiter, zu der auch Künstler wie August Macke, Alfred Kubin und Gabriele Münter gehören, einem bereits 1903 entstandenen Gemälde Kandinskys. Auch den Umschlag der von Kandinsky und Marc herausgegebenen Programmzeitschrift schmückt ein blaues Reiterbild, das den heiligen Georg zeigt, der hoch zu Ross einen Drachen ersticht, Die Figur hat somit symbolische Bedeutung und verkörperte gleichsam den Schutzheiligen der Künstlergruppe.[161]

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges fand diese Künstlervereinigung ein frühzeitiges und jähes Ende.

Auch das Bild der bürgerlichen Frau bestimmte die Kunst der Belle Époque. Die Frau sollte Schmuck des Mannes sein, sittsam als Ehefrau und Mutter und zugleich attraktiv und gesellschaftsfähig, was sich in zahlreichen Porträts dieser Epoche widerspiegelt. Malerfürsten wie Franz von Lenbach und Franz von Stuck feierten ihr weibliches Publikum in anmutigen Posen. Im Vordergrund ihrer Malerei standen zum einen künstlerische Perfektion, zum anderen die psychologische Erfassung ihres Gegenübers.

Die russische Malerin Marianne von Werefkin und der deutsch-russische Maler Alexej von Jawlensky haben bedeutende Beiträge zum deutschen Expressionismus geleistet. Im Jahr 1907 entstanden Werefkins erste expressionistischen Gemälde. Stilistisch folgte sie den Theorien von Vincent van Gogh, der Flächenmalerei von Paul Gauguin, der Ton-in-Ton-Malerei von Louis Anquetin, der karikativen und plakativen Malerei von Henri de Toulouse-Lautrec und den Ideen der Nabis. Im Freundeskreis in München erhielt sie den Beinamen „Die Französin“. Ikonologisch und motivisch lehnte sich Werefkin oftmals auch

Marianne von Werefkin, Der Tänzer Sacharoff (1909)

an Arbeiten von Edvard Munch an, und sie brachte die erwähnten Künstler neu ins Bild, ehe ihre Kollegen, beispielsweise Wassily Kandinsky und Gabriele Münter, den ersten Schritt in den Expressionismus machten.[162][163] Neben den Vorbildern van Gogh, Gauguin und den Nabis spielte die japanische Kunst für Werefkin bis ins hohe Alter eine bedeutende Rolle. Ihr Interesse dafür wurde offensichtlich bereits in Russland durch eines ihrer großen Vorbilder, nämlich James Abbott McNeill Whistler, „den ersten Japonisten“,[164] geweckt. 1913 beteiligten sich Werefkin und Jawlensky an der Ausstellung der Redaktion „Der Blaue Reiter“ in der Berliner Galerie „Der Sturm“ von Herwarth Walden sowie an seiner Kunstausstellung Erster Deutscher Herbstsalon. Wie schon mehrmals stand es in der Beziehung zwischen Werefkin und Jawlensky nicht zum Besten. So fuhr sie wieder in ihre litauische Heimat zu ihrem Bruder Peter, der 1912 Gouverneur von Vilnius geworden war. Jawlenskys Malerei verlor ihre bisherige feurige Farbigkeit, z. B. Frau mit Stirnlocke oder Bildnis Sacharoff.

Plakatkunst

Henri de Toulouse-Lautrec: La Troupe de Mademoiselle Églantine (1896)

Das Textplakat wurde im 19. Jahrhundert vom Bildplakat abgelöst und entwickelte sich zu einem Massenmedium und einem Kunstmedium gleichermaßen. Die Weiterentwicklung der Farblithographie, vor allem durch Jules Chéret und Henri de Toulouse-Lautrec in Paris, ermöglichte den preiswerten Druck attraktiver Plakate. Als „Kunst der Straße“, der man ästhetisch und sogar moralisch veredelnde Massenwirkung zutraute, riefen sie enthusiastisches Interesse hervor; in Frankreich vorübergehend auch eine weit verbreitete Sammelleidenschaft. Henri de Toulouse-Lautrec erhob das Plakat in den Rang eines eigenständigen Kunstwerkes. Seine Plakate thematisieren, was bis dahin als nicht darstellungswürdig galt: Menschen in Kabaretts, Bars, im Theater und im Zirkus.[165] Die Plakate zeichneten sich durch die Verbindung von Schrift und Bild aus und waren durch ihre Farbigkeit und durch ihre auf das Wesentliche reduzierte Darstellung werbewirksamer als damalige Fotografien.

Die Karikatur fand im 19. Jahrhundert Eingang in die Tagespresse. Voraussetzung dafür war die Lithografie, von deren Erfindung auch das Plakat profitieren konnte.

Plastik und Skulptur

Auguste Rodin: Der Denker (1880), vor dem Musée Rodin in Paris

Mit dem französischen Bildhauer und Zeichner Auguste Rodin begann in der Belle Époque das Zeitalter der modernen Plastik und Skulptur. Im Gegensatz zu anderen großen Bildhauern seiner Zeit (zum Beispiel Albert-Ernest Carrier-Belleuse) widersetzte er sich dem vorherrschenden idealisierenden Akademismus und versuchte sich in neuen Darstellungsformen, ohne dabei jedoch die Tradition aus den Augen zu verlieren. Er verstand sich und seine Kunst als „Brücke zwischen Gestern und Morgen“. Speziell das Non-finito gilt als bedeutendes Stilmerkmal vieler seiner Werke und wurde prägend für viele kommende Künstler. Seine Werke Der Denker (1880), Die Bürger von Calais (1885-89) und Der Kuss (1886) sind herausragende Beispiele für Rodins innovative Kunstauffassung.

Die Skulptur der französischen Bildhauerin Camille Claudel, Das reife Alter (1893-98) zeigt eine kniende, flehende junge Camille Claudel, die versucht, ihren vierundzwanzig Jahre älteren Geliebten Auguste Rodin zurückzuhalten. Die Figurengruppe ist ein höchst symbolträchtiges Werk, das den Betrachter zum Nachdenken über die menschliche Beziehung in Erotik, Liebe, Alter und Verfall anregt. In der knienden Figur wird die ganze Tragik des Schicksals von Camille Claudel deutlich.

Der französische Bildhauer Antoine Bourdelle arbeitete ab 1893 als Rodins Assistent. Sein von Pathos und monumentalem Anspruch erfülltes Werk ist charakterisiert von rhythmisierter Bewegung.

Kubismus

Roger de La Fresnaye: Sitzender Mann, 1914, Öl auf Leinwand, Musée des Beaux-Arts, Rouen

Das von Pablo Picasso 1907 fertiggestellte Ölgemälde Les Demoiselles d’Avignon gilt als eines der wichtigsten Werke des frühen 20. Jahrhunderts und hat bis heute viele unterschiedliche Deutungen erfahren.[166] Grund hierfür ist die „handlungslose Schaustellung einer unzusammenhängenden Figurensammlung.“[167] Zum einen verzichtete Picasso auf eine Bilderzählung, zum anderen nutzte er im Sommer 1907 eine eckige Formgebung, wodurch die „Demoiselles d‘Avignon“ zu Wegbereiterinnen des Kubismus wurden. Sowohl die Verzerrung der Proportionen als auch die maskenhaften Gesichter, in denen Picasso afrikanische, ozeanische und iberische Einflüsse verarbeitete, können als proto-kubistisch, expressiv und „primitivistisch“ bezeichnet werden. Der Künstler erarbeitete sich das Werk über mehrere Monate zwischen Herbst/Winter 1906 bis zum Frühsommer 1907, indem er knapp 600 Arbeiten auf Papier und etwa vier Ölskizzen anfertigte.

Mit den kubistischen Bildern konfrontiert, fühlten sich einige Künstler ästhetisch berührt. Sie ersannen schon sehr bald Theorien, was der Kubismus sei und was er sein solle.[168]

La Section d'Or, numero special, 9 Octobre 1912

Zu ihnen zählen die Maler Fernand Léger, Robert Delaunay, Marcel Duchamp, Jacques Villon, Francis Picabia, Roger de La Fresnaye, Henri Le Fauconnier, Albert Gleizes, Jean Metzinger, eine Zeitlang Raoul Dufy und Othon Friesz, André Lhote, Moise Kisling, Auguste Herbin, Léopold Survage, Louis Marcoussis, Diego Rivera, Piet Mondrian und die Bildhauer Alexander Archipenko, Constantin Brâncuși, Jacques Lipchitz und Raymond Duchamp-Villon.[168] Mehrere dieser Künstler schlossen sich 1910 mit Apollinaire zur Groupe de Puteaux zusammen, in der sich auch der Amerikaner Walter Pach bewegte. Ihr Treffpunkt bildete das Haus von Jacques Villon in Puteaux. Sie nannten sich nun Kubisten und erlebten im Frühjahr 1911 im Salon des Indépendants ihren öffentlichen Durchbruch.[169] Die ausgestellten Bilder sind an der geometrisierenden Abstraktion der Form orientiert, wie sie die vom Kubus abgeleitete Begriffsbildung suggeriert. Fast alle Gemälde lassen sich als „gefällige“ Varianten von Picassos und Braques früher Phase um 1908 begreifen.[170]

La Section d’Or (französisch für ‚Goldener Schnitt‘) war eine kubistische Ausstellungsgemeinschaft, die von Mitgliedern der Puteaux-Gruppe gegründet wurde. Sie begann mit einer Ausstellung in der Galerie La Boétie, Paris, im Jahr 1912, die begleitet wurde von der Publikation Du Cubisme von Jean Metzinger und Albert Gleizes.[171] Unter anderem wurde dort Marcel Duchamps Gemälde Akt, eine Treppe herabsteigend Nr. 2 ausgestellt.

Marcel Duchamp malt 1912 Nu descendant un escalier no. 2, ein Schlüsselwerk der klassischen Moderne. Das Gemälde vereint Elemente des Kubismus und des Futurismus und ist vom noch jungen Medium Film, von fotografischen Bewegungsstudien und von der Chronofotografie, mit der unter anderem Thomas Eakins, Étienne-Jules Marey und Eadweard Muybridge experimentierten, beeinflusst.

Futurismus

Umberto Boccioni: Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum, 1913

Am 20. Februar 1909 publizierte der junge italienische Schriftsteller Filippo Tommaso Marinetti in der französischen Zeitung Le Figaro sein „futuristisches Manifest“ und begründete damit die futuristische Bewegung. Geprägt wurde Marinetti dabei von seinem literarischen Freundeskreis, zu dem vor allem Symbolisten wie Guillaume Apollinaire, Joris-Karl Huysmans und Stéphane Mallarmé gehörten, die sich, zur Gewalt bekennend, gegen die herrschende bürgerliche Ordnung auflehnten. Mit ihnen stand Marinetti auch manchen Anarchisten wie Pierre-Joseph Proudhon, Michail Bakunin und vor allem Georges Sorel nicht fern und begrüßte die Attentate ihrer Aktivisten. Im Manifest findet man auch Gedankengut von Friedrich Nietzsche. Wie Nietzsches Zarathustra streben Marinettis Helden ihre Ziele allein gegen eine feindliche Welt und ohne Rücksicht auf ihr Umfeld gewalttätig an.

Die Malerei wurde neben der Bildhauerei zur führenden Kunstrichtung im Futurismus. Das Manifest der futuristischen Malerei präsentierte Umberto Boccioni als der unbestrittene Doyen der Gruppe am 11. Februar 1910 in Turin. Unterzeichner waren neben Boccioni Giacomo Balla, Luigi Russolo, Gino Severini und Carlo Carrà.[172] Das Manifest wandte sich mit einem Schrei der Auflehnung gegen den „fanatischen, unverantwortlichen und snobistischen Kult der Vergangenheit“ an die jungen Künstler des Landes. Gepriesen wurde jede Form von Originalität, eingefordert wurde der Mut zur Verrücktheit sowie die Wiedergabe des täglichen Lebens.

James Ensor

James Ensor: Selbstporträt mit Masken (1899)

Als Ausnahmekünstler und „Randfigur der europäischen Kunstgeschichte“[173] gilt der belgische Maler, Grafiker und Zeichner James Ensor. Sein Werk ist stilistisch und thematisch ausgesprochen vielseitig. Teile lassen sich dem Expressionismus, Surrealismus oder Symbolismus zurechnen. Über seine Karriere hinweg schuf er Landschaftsmalerei, Interieurmalerei, Stillleben und Selbstbildnisse. Religiöse Motive und Karikaturen verband er mit autobiografischen Bezügen. Bekannt wurde er insbesondere durch den Einsatz von phantastischen Elementen wie Masken und Skeletten, die ihm auch den Beinamen „Maler der Masken“ einbrachten. Mit seiner Originalität blieb er weitgehend isoliert von den künstlerischen Strömungen seiner Zeit. In seinem Hauptwerk, dem großformatigen Gemälde Der Einzug Christi in Brüssel (1888/1889), versetzte er den Einzug Jesu Christi in Jerusalem in die Gegenwart des Malers und verknüpfte eine religiöse Prozession mit Elementen eines Karnevalsumzugs, einer Militärparade und einer politischen Demonstration. Der von Ensor sehr geschätzte Edgar Allan Poe hat in seiner Erzählung Der Mann der Menge sowohl Faszination als auch Bedrohung beschrieben, die von der Menschenmasse auf den Beobachter ausgehen.[174]

Edvard Munch

Edvard Munch: Selbstbildnis (1882)

Edvard Munch wird – oft in Verbindung mit van Gogh, Gauguin, Ensor oder Hodler – zu den „Frühexpressionisten“ gerechnet, den Vorläufern des Fauvismus und des Expressionismus. Gemeinsam ist ihnen eine „Ausdruckskunst“ und die große Farbigkeit ihrer Werke, aber auch ihr Einzelgängertum. Ohne oder mit geringer akademischer Ausbildung und ebenso ohne nachfolgende Schüler kündet ihr Werk vor allem von einer starken Subjektivität und dem Bezug auf die eigene Biografie. Laut Arne Eggum stellte Munch den Menschen und sein Lebensgefühl in den Mittelpunkt seiner Kunst. Dabei griff er auf eigene Erlebnisse und traumatische Erfahrungen zurück und verwandelte diese zu archetypischen Bildern, die sich aus seiner privaten Symbolik zusammensetzten. Der Expressionismus, wie Munch ihn verstand, sei somit „eine extrem subjektive Kunst unter Beibehaltung von etwas Ursprünglichem und Primitiven“. Wo etwa Gauguin in Tahiti das Primitive in der menschlichen Natur erforschte, fand Munch „sein eigenes Tahiti in sich“.

Nicht nur in seiner Malerei und seinen grafischen Arbeiten war das Experiment mit unsicherem Ausgang ein künstlerisches Konzept Munchs. Er übertrat laut Dieter Buchhart auch regelmäßig die konventionellen Grenzen zwischen den künstlerischen Techniken Malerei, Grafik, Zeichnung, Fotografie oder Film.[175]

Fotografie

In den 1870er Jahren wurde das Albuminverfahren durch das stabilere und langlebigere Gelatinesilberverfahren ersetzt. Das Trockenverfahren wiederum wurde selbst ab etwa 1880 durch den fotografischen Film – zunächst Papier-, dann Zelluloid-, sowie später Sicherheitsfilm – abgelöst. Die Plattenphotographie, ob nass oder trocken, blieb jedoch besonders in der professionellen Photographie noch bis in die 1950er Jahre verbreitet. Vorteile gegenüber Formaten mit flexiblen Emulsionsträgern in dieser Zeit waren eine größere Lichtempfindlichkeit, eine höhere Durchzeichnungsqualität und ein höheres Auflösungsvermögen, da die Glasnegative zumeist auch größer als die meisten Filmnegative waren.

Mit dem Fortschritt der Technologie wurden Kameras handlicher. Der Aufstieg der Handkamera Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichte die Straßenfotografie und den Fotojournalismus. Die Kodak Nr. 1 von 1888, mit ihrem Slogan „You press the button, we do the rest“ (deutsch: „Sie drücken den Knopf, wir tun das Übrige!“), revolutionierte die Amateurfotografie, indem sie es jedermann ermöglichte, Fotos zu machen, ohne technische Kenntnisse der Fotografie zu benötigen. Die Kamera musste weder auseinandergeklappt, noch mussten Einstellungen vorgenommen werden. Das galt in noch stärkerem Maß für den Nachfolger Kodak Nr. 2 von 1901. Die Boxkamera ist eine besonders einfache Kamera für Rollfilme. Kodak verwendete anfänglich das Wort „Box“ nicht, sondern gab den Modellen Namen wie Brownie. Man vermied sogar jeden Anschein, es könnte sich um ein Billigprodukt handeln, was beispielsweise im Slogan „Not a toy, but a camera!“ (Kein Spielzeug! sondern eine Kamera!) zum Ausdruck kam. Der Volksmund sprach aber bald von einer „Box-Camera“, so dass sich dieser Begriff im Weiteren durchsetzte.

Das Autochrome-Verfahren, das 1903 von den Gebrüdern Auguste und Louis Lumière in Lyon entwickelt und 1907 eingeführt wurde, war das erste kommerziell erfolgreiche Farbfotografieverfahren. Mit dem auf Farbrasterung basierenden Verfahren war es erstmals möglich, ein Farbbild mit einer einzigen Aufnahme zu erzeugen. Voraussetzung für die sehr realistische Farbwiedergabe durch die Autochromes war die vorausgegangene Entwicklung panchromatischer Emulsionen, also lichtempfindlicher Substanzen, die alle Farben des Farbspektrums gleichmäßig wiedergeben. Allerdings war die Belichtungszeit für eine Aufnahme sehr lang.

Mit zunehmender Popularität der Fotografie wuchs auch die Anzahl an Fotostudios, in denen Porträtfotografien angefertigt werden konnten. Diese Studios entwickelten auch Techniken zur Retusche und Verschönerung von Porträtfotografien.

Kunstfotografie

Eugène Atget: Pariser Straßenmusikanten (1898–99)

Die Fotografen Eugène Atget, Jacques Henri Lartique, Heinrich Kühn, Alfred Stieglitz, Gertrude Käsebier und Edward Steichen halfen, die Fotografie als Kunstform zu etablieren und ihre Techniken und Ästhetik zu entwickeln. Die Fotografie erschloss der Malerei neue Möglichkeiten. Es fand ein intensiver Austausch zwischen Fotografie und Malerei statt.[176]

Eugène Atget dokumentierte um die Jahrhundertwende mit seiner sperrigen Großformatkamera das alte Paris, um so systematisch die kleinsten Details der Stadt zu katalogisieren. Seine Fotos zeigen Parks, Gebäude, Straßen, Schaufenster, Prostituierte, Arbeiter und sogar Türklinken in Paris. Nachfrage für diese Aufnahmen gab es nicht nur bei Touristen und Sammlern, sondern auch bei zahlreichen Malern und Bühnenbildnern, welche die Fotos als Vorlagen für ihre eigene Arbeit nutzten. Später verkaufte Eugène Atget auch Fotoserien an Museen und Bibliotheken. Obwohl er sich auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdiente, gelang ihm weder künstlerisch noch finanziell der Durchbruch.

Gertrude Käsebier: Blessed Art Thou among Women (um 1899)

Gegen Ende der 1880er Jahre absolvierte die US-amerikanische Fotografin Gertrude Käsebier eine künstlerische Ausbildung am Pratt Institute in New York. Als Ehefrau und Mutter dreier Kindern begann sie in den 1890er Jahren, gelegentlich ihre Familie zu fotografieren. Erst später, nach einer weiteren Ausbildung bei einem Porträtfotografen, eröffnete sie 1897 ihr eigenes Fotostudio in New York. Mit ihren Porträtfotografien hatte sie rasch auch wirtschaftlichen Erfolg; bereits 1898 wurde ihr eine Ausstellung im New Yorker Camera Club gewidmet. 1903 veröffentlichte Alfred Stieglitz in der Erstausgabe seines Magazins für Fotografie, der Camera Work, sechs ihrer Fotografien, unter anderem das nebenstehende Bild Blessed Art Thou among Women. Neben den Porträtfotografien – etwa von Sioux-Indiandern, die sie durch Buffalo Bills Wild-West-Show kennengelernt hatte – und in späterer Zeit auch Landschaftsaufnahmen ist Gertrude Käsebier bekannt für ihre romantischen Mutter-Kind-Motive, bei denen sie der Ausgestaltung der Tonwerte Vorrang vor kompositorischen Fragen gab. Obwohl das Werk von Gertrude Käsebier nicht für Aktaufnahmen bekannt ist, hat sie mindestens zwei Aufnahmen entkleideter Frauen gemacht, auf der einen, „The Bat“ betitelten Fotografie aus den Jahren 1902 bis 1904, stand Jane White, Ehefrau des Fotografen Clarence Hudson White, Modell. Ihr Bild The Manger (Die Krippe) erzielte 1899 mit 100 Dollar den höchsten Verkaufspreis, der bis dato für eine Kunstfotografie bezahlt worden war. Käsebier wurde als erste Frau in die Brotherhood of the Linked Ring aufgenommen, sie war 1902 Gründungsmitglied der Photo-Secession. Wegen differierender Ansichten trennte sie sich aber von der maßgeblich von Stieglitz beeinflussten Secession und gründete 1910 als rivalisierende Vereinigung die Picturial Photographers of America.

Film und Kino

Die Geschichte der Bewegtbildmedien mit Bildsequenzen, welche die Illusion einer Bewegung hervorrufen, begann mit der Filmtechnik, d. h. mit der Aneinanderreihung fotografischer Bilder. Ursprünglich verstand man unter Film (engl.: film ‚Häutchen‘) dünne Schichten (wie bei Ölfilm). Mit der Erfindung der Fotografie und dem Übergang von der Fotoplatte zu dem flexiblen Träger aus Cellulosenitrat für die Fotoemulsion wurde der Begriff Film für dieses elastische Fotomaterial verwendet. Übertragen wurde der Begriff zunächst auf Szenen bewegter Bilder auf derartigem Material, bis schließlich das ganze Verfahren als Film bezeichnet wurde. Besonders in der Frühzeit des Films war es strittig, ob der Film als simples Unterhaltungsmedium oder als neue Kunstform anzusehen sei.

Frankreich war zunächst führend in der frühen Kinotechnologie. Der Cinématographe wurde von Léon Bouly erfunden und von den Brüdern Auguste und Louis Lumière in Betrieb genommen. Die weltweit erste öffentliche Kinovorführung fand am 28. Dezember 1895 in Paris durch die Gebrüder Lumière statt, die später weitere Innovationen in der Kinematographie hervorbrachten. Gezeigt wurde der Film Arbeiter verlassen die Lumière-Werke.

Neben dem Kinematographen waren damals auch Vorführungen mit der Laterna Magica, der magischen Laterne, sehr beliebt. Diese kann als Vorgänger des Diaprojektors angesehen werden. Die Bildmotive waren zu Anfang auf Glasstreifen aufgemalt, die durch den Projektor geschoben wurden, später wurde dafür die Technik der Lithografie eingesetzt.

Aufnahme in Kinemacolor (1911)

Der britische Fotograf George Albert Smith entwickelte 1906 mit Kinemacolor eines der ersten Verfahren, um in Farbe zu filmen. Zuvor waren Filmbilder noch einzeln nachkoloriert worden. Das Verfahren arbeitete mit 32 Einzelbildern pro Sekunde, von denen abwechselnd je eines durch einen Rotfilter und einen Grünfilter belichtet wurde. Ausgewertet wurde das Verfahren von dem Amerikaner Charles Urban, der 1909 die Natural Color Kinematograph Company gründete und eine große Anzahl von Kurz- und Aktualitätenfilmen produzierte. Höhepunkt des Kinemacolor-Schaffens war der epische Bericht von der Krönungsfeierlichkeit des britischen Königs Georg V. im Dezember 1911 in Indien: „The Delhi Durbar“ / „With Our King and Queen through India“.

Als Schule von Brighton (engl.: Brighton School; frz.: L'école de Brighton) wird eine Gruppe britischer Filmpioniere bezeichnet, die sich nahe dem Seebad Brighton niedergelassen hatte. Die zwischen 1896 und 1910 hergestellten Kurzfilme dieser Filmemacher zählen zu den bedeutendsten der frühen Filmgeschichte und trugen maßgeblich zur Entwicklung der Filmmontage bei.

Stereoskopie und Chronofotografie

Eadwaerd Muybridge: Galoppierendes Pferd (1887)

Um die Jahrhundertwende erlebte die Technik der Stereoskopie einen Boom. Über ein Stereoskop konnten Bildpaare betrachtet werden, die sich im Gehirn zu einem Bild mit räumlichen Eindruck vereinen. Vor allem Stereoskope für zuhause waren äußerst beliebt. Verlage boten sogenannte Stereoskopkarten aus aller Welt an, die einen Blick in ferne Länder ermöglichten. Ab 1910 wurde die Stereoskopie vom neuen Medium Film verdrängt. Mit weiter verbesserter Technik und mobilen Kameras konnten sich Fotografen neue Motive erschließen: Landschaften, Architektur, Straßenszenen oder auch Kriegsschauplätze und die exotischen Bewohner ferner Länder. Am Ende des 19. Jahrhunderts war es durch verbesserte Drucktechniken auch möglich, Fotografien in Zeitungen abzudrucken.[177]

Étienne-Jules Marey: Chronophotographie eines Pelikanflugs, um 1882

In den 1870er und 1880er Jahren wurden durch empfindliche Photomaterialien und schnelle Kameraverschlüsse sogenannte „Augenblicks- oder Momentfotografien“ möglich, also Aufnahmen bewegter Objekte. Die Pioniere der Chronofotografie (Ottomar Anschütz, Albert Londe, Étienne-Jules Marey, Eadweard Muybridge) entwickelten verschiedene Techniken, um durch eine schnelle Folge von Aufnahmen (Serienfotografie) Bewegungsabläufe sichtbar zu machen. 1878 hielt Eadweard Muybridge in einer Fotoserie die Bewegungen eines galoppierenden Pferdes fest. Sein 1887 veröffentlichtes Werk Animal Locomotion beeinflusste mit seinen Bewegungsstudien Künstler wie Marcel Duchamp oder Francis Bacon.

Stummfilm

Am 1. November 1895 zeigten die Brüder Skladanowsky mit ihrem Projektor Bioskop im Rahmen eines Varieté-Programms im Berliner Wintergarten neun kurze Filme. Die etwa zehn Minuten lange Veranstaltung war in Europa die erste, bei der Filme vor einem zahlenden Publikum auf eine Leinwand projiziert wurden.

Filme, die in der Frühzeit des Stummfilms vorgeführt wurden, waren meistens nur einige Sekunden lang und zeigten unspektakuläre Szenen aus dem alltäglichen Leben, manchmal aber auch gespielte Witz-Szenen. Sie faszinierten anfangs durch ihre schiere technische Machbarkeit. Das Interesse an weitergehender Inszenierung wuchs erst Jahre später. In den ersten Jahren des Films wurden die kurzen Streifen als Teil von Revuen in Varieté-Theatern vorgeführt und waren in erster Linie der Mittelschicht vorbehalten.

Georges Méliès: Le Voyage dans la Lune (1902)

Der französische Illusionist und Theaterbesitzer Georges Méliès war der erste, der das erzählerische Potenzial des jungen Mediums erkannte und ausschließlich inszenierte Filme drehte. Für die Umsetzung seiner weitgehend phantastischen Stoffe und Szenen fand Méliès Filmtricks, z. B. den Stoptrick, der noch heute angewandt wird. Mit Die Reise zum Mond gelang Méliès 1902 ein frühes Meisterwerk, das vollständig mit Trickeffekten hergestellt wurde. Dieser Film wird häufig als erstes bedeutendes Exemplar des Genres Science-Fiction-Film bezeichnet.

Kinostars und Filmstudios

Charlie Chaplin (um 1910)

Mit dem Kino wurden auch Schauspieler und Schauspielerinnen einem breiten Publikum bekannt. Der britische Schauspieler Charlie Chaplin gilt als erster Weltstar des Kinos und zählt zu den einflussreichsten Komikern der Filmgeschichte. Die französische Theaterschauspielerin Sarah Bernhardt übernahm 1900 in Le Duel d'Hamlet ihre erste Rolle in einem Kinofilm (Stummfilm). Sie erklärte danach aber ihre heftige Abneigung gegen das neue Medium. Trotzdem trat sie später in weiteren Filmen auf, z. B. in La Tosca (1909), La Dame aux camélias (1911) und Königin Elisabeth von England (1912). All ihre Filmauftritte in den 1910er Jahren standen unter der Regie von Louis Mercanton. Sie gilt als die berühmteste Darstellerin ihrer Zeit und war einer der ersten Weltstars.

Im Kurzfilm The Kiss kam es 1896 zum ersten Kuss der Filmgeschichte zwischen den beiden Bühnenschauspielern May Irwin und John C. Rice.

Dreharbeiten in den New Yorker Edison-Studios (um 1908)

Thomas Alva Edison eröffnete 1893 in West Orange, im Bundesstaat New Jersey, die Black Maria, das erste kommerzielle Filmstudio der Welt. Dort führte er hergestellte Filme der Öffentlichkeit vor, die zuvor von seinem Assistenten William Dickson bei der Library of Congress eingereicht worden waren, um sie urheberrechtlich zu schützen. Unter anderem Blacksmith Scene, der als erster für kommerzielle Vorführungen produzierte Film gilt.

Die führenden Filmproduktionsgesellschaften der damaligen Zeit waren die französischen Pathé Frères und Gaumont, die bereits vor der Jahrhundertwende die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Films entdeckten und die ganze Welt beständig mit neuen Kurzfilmen versorgten.

Von 1910 an ließen sich in Hollywood verschiedene Filmschaffende nieder, unter ihnen Carl Laemmle, William Fox, Samuel Goldwyn und Adolph Zukor. Sie legten damit den Grundstein für die spätere „Traumfabrik“ Hollywood. In Großbritannien gilt William Friese-Greene als einer der Väter des britischen Films.

Siegeszug des Kinos

Das Kino entwickelte sich nach und nach zu einer Vergnügungsstätte der Massen und zum größten Konkurrenten des Varietétheaters. Von dem Publizist Victor Noack wurde das neue Medium Film noch 1909 als „geistige Volksvergiftung großen Stils“ und „Orgie der Geschmacklosigkeit“ verunglimpft.[178] Dies konnte dem Erfolg des Films jedoch keinen Abbruch tun. Von einer Attraktion in Jahrmarktbuden startete der Film Ende des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug durch die Welt. 1910 gab es bereits 1500 Kinos im Deutschen Reich.[179][180]

1907/1908 kam es erstmals zu einer Krise im Filmgeschäft. Die Besucherzahlen gingen zurück, da die häufig wenig phantasievollen und kurzen Filmproduktionen zunehmend an Attraktivität verloren. Erstmals kam es zu einer Auseinandersetzung mit Filmtheorie und Filmsprache. In Frankreich reagierte man auf die Krise mit der Orientierung an zeitgenössischen literarischen Vorlagen. Die Produktionen wurden daraufhin länger und behandelten nun komplexere Geschichten als zuvor. Diese aus Frankreich stammende Innovation nannte sich „Film d’Art“ und fand Nachahmer in vielen Ländern der Welt. Im deutschsprachigen Raum orientierte man sich an deutschsprachiger Literatur – vor allem Volksstücke. Formal orientierte man sich am Theater, so dass die spezifischen Stärken des Mediums Film nicht zum Tragen kamen. Bis 1914 verboten große Theaterbühnen im deutschsprachigen Raum ihren Schauspielern, auch in Filmen mitzuwirken, da das Kino eine Konkurrenz für das Theater darstellte. Zu den ersten Theaterpersönlichkeiten, die diesen Bann mit künstlerisch ambitionierten Filmproduktionen durchbrachen, gehörten 1912/1913 die Schauspieler Paul Wegener (Der Student von Prag) und Albert Bassermann (Der Andere) sowie der Regisseur Max Reinhardt (Die Insel der Seligen).

Architektur und Design

Peter Behrens: Montagehalle, Berlin (1912)

Die Architektur der Belle Époque war vor allem durch zwei Baustile geprägt: den Historismus, der sich an der Vergangenheit orientierte und ältere Stile wie Barock, Gotik und Renaissance kopierte und den Jugendstil, mit dem man neue Wege in der Architektur und im Design gehen wollte.

Peter Behrens, Bruno Taut, Otto Wagner, Hermann Muthesius, Adolf Loos, Frank Lloyd Wright, Louis Sullivan und Joseph Maria Olbrich waren bedeutende Architekten, die maßgeblich zur Entwicklung der modernen Architektur beitrugen. Sie strebten danach, Form und Funktion in Einklang zu bringen und reagierten mit ihren Werken auf die technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen der Industrialisierung. Sie wandten sich bewusst von der traditionellen, oft überladenen historistischen Architektur ihrer Vorgänger ab und strebten nach einer einfacheren, funktionaleren Formensprache.

Adolf Loos Ornament und Verbrechen Plakat

Deutschland und Österreich

Adolf Loos, ein österreichischer und tschechischer Architekt sowie Architekturtheoretiker vertrat den radikalen Standpunkt, dass Ornament Verbrechen sei, was er in seinem 1910 veröffentlichten Essay „Ornament und Verbrechen“ darlegte. Das 1912 fertiggestellte Looshaus ist eines der zentralen Bauwerke der Wiener Moderne in Wien und das Hauptwerk des Architekten Adolf Loos. Es markiert die Abkehr vom Historismus, aber auch von dem floralen Dekor des Secessionismus. Loos' schlichter und ornamentloser Architekturstil führte 1910 zu einem großen Skandal, weshalb ein Baustopp verhängt wurde. Es war die Rede von einer „unanständigen Nacktheit“ der oberen Fassade. Erst als Loos einwilligte, dieser Nacktheit mittels Blumenkästen entgegenzuwirken, wurde der Bau fortgesetzt und schließlich 1912 vollendet.

Otto Wagner und Joseph Maria Olbrich prägten Architektur und Design der Wiener Secession. Joseph Maria Olbrich gestaltete den 1908 fertiggestellten Hochzeitsturm im Auftrag der Stadt Darmstadt als Geschenk zur Erinnerung an die Hochzeit des Großherzogs Ernst Ludwig mit Prinzessin Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich am 2. Februar 1905.

In Deutschland gilt der Architekt, Designer und Mitbegründer des Deutschen Werkbundes Peter Behrens als Vorreiter der sachlichen Architektur und des Industriedesigns. Mit dem Entwurf des „Monuments des Eisens“ für den Stahlwerksverband und den Verein deutscher Brücken- und Eisenbaufabriken auf der Internationalen Baufach-Ausstellung Leipzig 1913 sowie dem Entwurf des „Glashauses“ für einen Pavillon der Deutschen Glasindustrie in der Kölner Werkbundausstellung erlangten die deutschen Architekten Bruno Taut, Max Taut und Frank Hoffmann erstmals internationale Anerkennung. Beeinflusst wurde Bruno Taut durch die phantasievollen Aufsätze über Glasarchitektur des deutschen Schriftstellers Paul Scheerbart.[181]

Großbritannien

Edward Burne-Jones and William Morris (1890)

Bereits in den 1860er Jahren und damit früher als anderswo hatte in England eine Reformbewegung für das Kunsthandwerk begonnen, die später auf dem Kontinent aufgenommen wurde. Ihr Ziel bestand darin, Möbel und Wohnräume vom überladenen Dekor historischer Zitate zu befreien und einen neuen Stil zu finden. Auf Repräsentation sollte weniger Wert gelegt werden als auf die sachlichen Erfordernisse des Wohnens. Der deutsche Kunstpädagoge Alfred Lichtwark formulierte 1896: „Alle Kunstpflege muss im Hause beginnen“ und „Habe nichts in deinem Haus, das du nicht zweckmäßig findest oder für schön hältst.“

Architektur und Design in Großbritannien waren geprägt von der Arts and Crafts-Bewegung, vertreten durch Architekten wie Charles Rennie Mackintosh und Künstler wie William Morris. Ziel der Arts and Craft-Bewegung war die Aufhebung der strikten Trennung zwischen den hohen Künsten (fine arts), wie Malerei, Bildhauerei und Architektur sowie den angewandten Künsten, wie Innenarchitektur, Design, Stoffdruck, Schmuck und Buch-Illustration, also allen Erscheinungsformen des Kunsthandwerks Künstler wie William Morris gründeten bereits 1861 eine Firma, um in gemeinsamer Arbeit Einrichtungsgegenstände zu entwerfen und zu produzieren, mit dem Ziel, die Grenze zwischen Kunst und Handwerk sowie zwischen kostspieliger Einzelanfertigung und maschinell produzierter Serienware aufzuheben. Anhand ihrer Entwürfe konnten sorgfältig durchgestaltete, solide ausgeführte Einrichtungsgegenstände in Serienproduktion hergestellt werden.

1896 wurde in England die Royal College of Art gegründet, in der erstmals Kunst und Kunsthandwerk in gleicher Weise im Lehrplan berücksichtigt wurden.[182]

Das Victoria and Albert Museum nahm als eine Sammlung von Gipsabgüssen, Gravuren und ein paar Exponaten der Weltausstellung 1851 seinen Anfang. Zusammen mit dem Kunstmäzen Henry Cole schuf Prinz Albert, der Gemahl Queen Victorias, dann ein Konzept für ein Museum, das die „Anwendung der Kunst im Handwerk“ zeigen sollte – als Vorbild für die britische Bevölkerung. Cole, dem ersten Direktor, schwebte ein Museum zu Design und Kunsthandwerk in einem kommerziellen Kontext vor, nicht Kunsthandwerk um des Kunsthandwerks willen.

Victor Horta: Treppenhaus im Hôtel Tassel, Brüssel, Belgien

Jugendstil

Auf den Jugendstil übte die Arts and Crafts-Bewegung einen entscheidenden Einfluss aus. Die Kunstrichtung des Jugendstils, die um 1890 aufkam, trat gegen den vorherrschenden Geschmack des Historismus an. Obwohl es in Europa zu unterschiedlichen nationalen Ausprägungen kam, ist der Jugendstil im Allgemeinen durch eine stark bewegte pflanzliche oder geometrische Ornamentik gekennzeichnet. Eine Erneuerung der Kunst sollte anders als im Historismus nicht aus der Geschichte, sondern aus der Natur und ihrer Formenwelt erfolgen. Viele Künstler des Jugendstil verfolgten daher die Idee, alle Gegenstände des Alltags, aber auch die Architektur nach einheitlichen Formvorstellungen zu gestalten. In Frankreich und Belgien entwickelte sich der Jugendstil oder Art Nouveau mit Hector Guimard und Victor Horta. In Katalonien der Modernisme mit dessen Hauptvertreter Antoni Gaudí.

Hallen und Bahnhöfe

Maschinenhalle, Weltausstellung Paris 1889

Die stützfreie Überspannung weiter Räume wie großer Bahnhofs- und Markthallen sowie Passagen und Kaufhäusern gehörte zu den größten baulichen Herausforderungen des 19. Jahrhunderts im öffentlichen Raum. Die größte Schwierigkeit lag vor allem im Bau weiträumige Bahnhofs- und Ausstellungshallen. Die rasche Entwicklung der Baustatik und die Verwendung von Stahl anstelle des bisher verwendeten Gusseisens ermöglichten vollkommen neuartige Entwürfe. So errichteten Charles Louis Ferdinand Dutert und Victor Contamin anlässlich der Weltausstellung 1889 in Paris die Galerie des Machines, die vor allem durch die ungeheure Weite des stützlosen Raumes von 115 m und einer Höhe von 43 m beeindruckte.[183] Im Vergleich dazu betrug die maximale frei überspannte Weite des Crystal Palace, einem vom britischen Architekten Joseph Paxton eigens für die erste Weltausstellung 1851 in London (Great Exhibition) im viktorianischen Baustil entworfenen und von Charles Fox gebauten Ausstellungsgebäudes, lediglich 22 m. Die Galerie des Machines in Paris war zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung der größte stützenfreie Raum der Welt.[184]

Darmstadt Hauptbahnhof 1912

Empfangsgebäude von Bahnhöfen zählten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu den imposantesten und repräsentativsten Orten im öffentlichen Raum. In der zweiten Phase des Bahnhofsbaus von 1850 bis 1880 wurden hoch repräsentative Empfangsgebäude geschaffen, zum Teil mit gesonderten Wartebereichen für Höchste und Allerhöchste Herrschaften (Fürstenbahnhof). Auch die Empfangsgebäude von Provinzbahnhöfen wurden aufwändig gestaltet. Der zunehmende Bahnverkehr sprengte die Dimensionen der in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Bahnanlagen bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Hinzu kam, dass in dieser Zeit die städtischen Zentren enorm expandierten und die alten Bahnanlagen in den Zentren sich zu einem städtebaulichen Hindernis entwickelten. Daher wurden entweder nur die Empfangsgebäude ersetzt (beispielsweise in Nürnberg 1906 beim dritten Nürnberger Bahnhof) oder aber der ganze Bahnhof an den (damaligen) Stadtrand verlegt: Frankfurt (Main) Hauptbahnhof, Wiesbaden Hauptbahnhof, Bahnhof Hamburg-Altona oder Karlsruhe Hauptbahnhof. Eine weitere Möglichkeit bestand darin, die Bahnhöfe von einst unterschiedlichen Bahngesellschaften in einem neuen größeren Bahnhofgebäude zusammenzufassen (Düsseldorf Hauptbahnhof, Leipzig Hauptbahnhof, Darmstadt Hauptbahnhof). Dies galt auch für Halle (Saale), wo zudem der erste deutsche Personentunnel errichtet wurde.

Wissenschaftsgeschichte

In den 40 Jahren vor dem Ersten Weltkrieg fanden große wissenschaftliche und technologische Umbrüche und Fortschritte in Europa statt. Das Zusammenrücken von Wissenschaft, Technik und Industrie begann nach 1850 und sollte sich in den folgenden Jahrzehnten weiter fortsetzten. Die im 19. Jahrhundert aufkommende chemische Industrie war dabei von großer Bedeutung und betrieb schon früh eigene Forschungslaboratorien, die unabhängig von den Universitäten agierten. Von ebenso großer Bedeutung und praktischem Nutzen für die Gesellschaft waren die Errungenschaften in der medizinischen und mikrobiologischen Forschung. Durch die Forschungen in diesem Sektor konnten Seuchen eingedämmt und bis dahin als unheilbar geltende Krankheiten behandelt werden. So waren es einige wenige Naturforscher wie der Franzose Louis Pasteur (1822–1895) oder der Deutsche Robert Koch (1843–1910), die mit ihrer Forschung das Leben von Millionen Menschen beeinflussten.[185] Viele Menschen dieser Epoche begrüßten die Neuerungen, die Wissenschaft und Technik zur Entwicklung der Gesellschaft leisteten. Der technische Fortschritt, insbesondere die Elektrifizierung, wurde auf Reklamepostkarten, Plakaten und Wertpapieren mit idealisierten Göttinnen des Fortschritts („Stromfeen“) entsprechend gefeiert.[186] Zahlreiche Fachzeitschriften und Magazine wurden publiziert, die zur Verbreitung und Popularisierung der entstehenden wissenschaftlich-technischen Kultur beitrugen.[187]

Choleradesinfektion in Hamburg 1892

Biologie

Während des gesamten 19. Jahrhunderts war das Betätigungsfeld der neu entstehenden biologischen Wissenschaft einerseits durch die Medizin begrenzt, die sich mit den Problemen der Physiologie beschäftigte, andererseits besetzte die Naturgeschichte das Feld der Erforschung der Vielfalt des Lebendigen und die Interaktionen von Lebewesen untereinander und zwischen Lebewesen und der unbelebten Natur. Um 1900 überschnitten sich diese beiden Forschungsgebiete und aus der Naturgeschichte und ihrem Gegenspieler, der Naturphilosophie, entstanden spezialisierte biologische Disziplinen: Zellbiologie, Bakteriologie, Morphologie (Biologie), Embryologie, Geographie und Geologie.

Angestoßen durch die 1859 publizierte Evolutionstheorie Charles Darwins, machte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine „Biologisierung“ der Ethnologie geltend, wodurch der Begriff der Rasse wieder verstärkt als biologische Kategorie wahrgenommen wurde. Als neue Quelle für Kenntnisse fremder „Rassen“ kamen im 19. Jahrhundert Berichte von Forschungsreisen hinzu, an denen Zoologen, Anthropologen und Völkerkundler teilnahmen.[188]

Genetik und Evolutionstheorie

Der deutsche Biologe und Evolutionstheoretiker August Weisman entwickelte in den 1880er Jahren die Keimplasmatheorie, nach der nur das in den Keim- oder Samenzellen befindliche Erbgut weitergegeben wird. Dies widersprach der bis dahin populären Vorstellung der Vererbung erworbener Eigenschaften. Ernst Mayr stuft Weisman als den bedeutendsten Evolutionstheoretiker des 19. Jahrhunderts nach Charles Darwin ein. Er gilt als Begründer des Neodarwinismus.

Hugo de Vries

Im Jahr 1900 wurden die von Gregor Mendel beschriebenen Vererbungsregeln wiederentdeckt: Hugo de Vries, Carl Correns und Erich Tschermak-Seysenegg entdeckten unabhängig voneinander die mendelschen Regeln, die sich allerdings so nicht in Mendels Werk finden.[189] Bald danach erklärten die Zellforscher Walter Sutton und Theodor Boveri, dass die Chromosomen das Erbmaterial enthielten. Zwischen 1910 und 1915 wurden von Thomas Hunt Morgan und seinen Schülern in ihrem „Fliegen-Labor“ die kontroversen Ideen zur „mendelschen Chromosomentheorie der Vererbung“ miteinander verbunden.[190] Sie stellten die Verbindung zwischen verschiedenen Genen fest. Durch den von ihnen postulierten (und später experimentell bestätigten) Vorgang des Crossing-over konnten sie die unterschiedliche Stärke dieser Verbindung erklären und nannten sie Genkopplung. Sie schlossen daraus, dass die Gene auf den Chromosomen aufgereiht sein müssen wie „Perlen auf einer Schnur“. Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster, ihr bevorzugtes Versuchsobjekt, wurde so ein weithin benutzter Modellorganismus.[191]

Der deutsche Anatom und Zellbiologe Walther Flemming gilt als der Begründer der Zytogenetik. Von ihm wurden 1879 die Begriffe Chromatin und Mitose geprägt. Flemming war einer der Pioniere der mikroskopischen Zytologie. Unter Verwendung der neu verfügbaren industriell hergestellten Anilinfarben fand er eine Zellstruktur, die sich stark mit basophilen Farbstoffen anfärben ließ und die er deswegen Chromatin (von altgriechisch χρῶμα, chroma = Farbe) benannte. Er entdeckte, dass das Chromatin mit fadenähnlichen Strukturen, den Chromosomen (d. h. „Farbkörperchen“) assoziiert war (dieser Name wurde 1888 von Heinrich Wilhelm Waldeyer geprägt). Etwa zur selben Zeit und unabhängig von Flemming machte der belgische Wissenschaftler Édouard van Beneden ähnliche Beobachtungen. Im Jahr 1879 wurde Flemming zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[192]

Verhaltensforschung und Neurowissenschaften

Iwan Pawlow

Als Vorläufer der modernen Biologie des Verhaltens gelten die Tierbeobachtungen der Physikotheologen sowie die Vertreter der Tierpsychologie des ausgehenden 19. Jahrhunderts, „die die Vielfalt artspezifischer Verhaltensweisen bei Partnersuche, Nestbau und Brutpflege, ihre differenzierten Triebe (Naturtriebe, Kunsttriebe) und ihr unterschiedliches Lernvermögen beschrieben.“[193] Neben der beschreibenden und vergleichend-empirischen Tierpsychologie entstand zudem eine experimentelle Richtung, genannt Psychophysiologie, die sich an die Reiz- und Sinnesphysiologie anschloss und zu denen u. a. Max Verworns Psychophysiologische Protistenstudien von 1889 und die Studien von Iwan Petrowitsch Pawlow, des Entdeckers des Prinzips der Klassischen Konditionierung, zählen.

Die Etablierung der Verhaltensforschung als eine Spezialdisziplin der Zoologie erfolgte jedoch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, nachdem sich um 1900 die „Forderung nach Objektivität der Forschungsmethoden, die sich in einer zunehmenden Quantifizierbarkeit, d. h. letztlich Mathematisierung der Tatsachen ausdrückte“, durchsetzte.[194]

Der spanische Histologe Santiago Ramón y Cajal erhielt 1906 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin gemeinsam mit dem italienischen Mediziner und Physiologen Camillo Golgi in Würdigung der Gesamtheit ihrer Studien und ihrer zahlreichen Veröffentlichungen. Santiago Ramón y Cajal arbeitete vor allem über die Feinstrukturen des Nervensystems, insbesondere des Gehirns und des Rückenmarks. Mit Hilfe der Golgi-Färbung konnte er die feine Struktur des Nervensystems sichtbar machen und die Neuronentheorie aufstellen, welche besagt, dass das Nervensystem aus individuellen Zellen (Neuronen) besteht.

Ökologie

Henry Chandler Cowles

Im frühen 20. Jahrhundert sahen sich Naturforscher zunehmend der Erwartung ausgesetzt, häufiger experimentelle Methoden einzusetzen. So entstand die Ökologie als eine Kombination von Biogeographie einerseits und dem Konzept des von Chemikern begründeten biogeochemischen Zyklus. Die im Feld arbeitenden Biologen entwickelten ebenfalls quantitative Methoden und lernten Laborinstrumente und Kameras zu benutzen, um so ihre Arbeit stärker von der traditionellen Naturgeschichte abzugrenzen. Zoologen und Botaniker taten alles, was sie konnten, um die unvorhersehbaren Aspekte der lebenden Welt zu mildern, indem sie Laborexperimente durchführten und halb kontrollierte Naturumgebungen wie etwa Gärten studierten. Neue Institutionen wie das Carnegie Station for Experimental Evolution und das Marine Biological Laboratory ermöglichten es den Wissenschaftlern, stärker kontrollierte Umgebungen für das Studium von Organismen und ihres gesamten Lebenszyklus zu nutzen.[195]

Das Konzept der ökologischen Sukzession wurde in der Zeit von 1900 bis 1910 von Henry Chandler Cowles und Frederic Edward Clements erfunden und war für die frühe Pflanzenökologie bedeutsam. Die von Alfred J. Lotka entwickelten Lotka-Volterra-Regeln und die von ihm zuerst mathematisch beschriebene Räuber-Beute-Beziehung sowie die Arbeiten George Evelyn Hutchinsons zur Biogeographie und biogeochemischen Struktur von Seen und Flüssen (Limnologie) und Charles Sutherland Eltons Arbeiten zur Nahrungskette von Tieren waren im Bereich der ökologischen Subdisziplinen Vorreiter bei der Einführung von quantitativen Methoden.

Eugenik

Ernst Haeckel (um 1900)

Ein weiteres Motiv der „Rassenkunde“, welches gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und bald sehr populär wurde, war die Eugenik als Idee, die Entwicklung von Rassen künstlich zu steuern. Zu deren einflussreichsten Verfechtern gehörten Francis Galton und Houston Stewart Chamberlain. Ähnliche Ansichten vertrat auch der deutsche Mediziner, Zoologe und Freidenker Ernst Haeckel. Er baute ab den 1860er Jahren die Ideen von Charles Darwin zu einer speziellen Abstammungslehre aus und trug durch seine populären Schriften und Vorträge zur Verbreitung des Darwinismus in Deutschland bei, den er im Gegensatz zu seinem Lehrer Rudolf Virchow wie seinem Gegner Emil Heinrich Du Bois-Reymond im Schulunterricht eingegliedert sehen wollte. Darüber hinaus erarbeitete er eine ausführliche embryologische Argumentation für die Evolutionstheorie und formulierte in diesem Zusammenhang das Biogenetische Grundgesetz. Haeckel prägte einige heute geläufige Begriffe der Biologie wie Stamm oder Ökologie. Auch bezeichnete er die Politik als angewandte Biologie.[196] Er propagierte den Entwicklungs-Monismus, mit dem Anspruch einer naturphilosophischen Weltanschauung auf naturwissenschaftlicher Grundlage und war Kopf und Identifikationsfigur (zeitgenössisch Monistenpapst) der zugehörigen Bewegung, die ab 1906 im Deutschen Monistenbund in Jena organisiert wurde.

Im Rahmen seiner Auseinandersetzungen mit der Übertragbarkeit rassischer Kategorien auf die gesellschaftliche Entwicklung des Menschen zählt Haeckel – hier klarer Gegner seines Lehrers Virchow – zu den schließlich entschiedenen Vertretern einer „eugenischen“ Sozialpolitik.[197] Aufgrund seiner Überlegungen zur „künstlichen Züchtung“ des Menschen in modernen Gesellschaften[198] gilt Haeckel als Wegbereiter der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. Nationalsozialistische Ideologen zogen Ausschnitte seiner Aussagen später als Begründung für ihren Rassismus und Sozialdarwinismus heran, erklärten gleichzeitig aber wesentliche Teile von Haeckels Weltbild als unvereinbar mit der völkisch-biologistischen Sichtweise des Nationalsozialismus.[199]

Biochemie, Mikrobiologie und Molekularbiologie

Zum Ende des 19. Jahrhunderts waren alle wichtigen Mechanismen des Arzneistoff-Metabolismus erforscht und die Grundzüge der Proteinsynthese, des Fettsäuremetabolismus und der Harnstoffsynthese bekannt.[200] In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden Vitamine isoliert und synthetisiert. Verbesserte Labormethoden wie Chromatographie und Elektrophorese führten zu schnellen Fortschritten in der physiologischen Chemie, einer Disziplin, die sich als Biochemie von ihren medizinischen Ursprüngen emanzipierte.

Physik und Chemie

Pierre und Marie Curie in ihrem Labor in der Rue Cuvier in Paris (um 1904)

Der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen entdeckte 1895 die nach ihm benannte Röntgenstrahlen. Das Ehepaar Marie und Pierre Curie isolierte 1898 erfolgreich das Radium, indem beide auf der Grundlage der Arbeit von Henri Becquerel arbeiteten, der 1896 die Radioaktivität von Uran nachgewiesen hatte. Mit Becquerel teilten sich das Ehepaar Curie 1903 den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung der Radioaktivität.

Es folgten die Quantentheorie (1900) von Max Planck und Albert Einsteins Relativitätstheorie (1905). 1911 leitete Ernest Rutherford aus Streuversuchen das Rutherford'sche Atommodell ab. Bereits zwei Jahre später – gestützt auf Rutherfords Erkenntnisse – stellte Niels Bohr sein Atommodell auf. Diese neuen Erkenntnisse widersprachen dabei in mehreren Punkten der klassischen Physik, die von Isaac Newton (1643–1727) ausging.

Albert Einstein als Jugendlicher (1893)

1886 wurde unabhängig voneinander durch Charles Martin Hall und Paul Héroult das nach ihnen benannte Elektrolyseverfahren zur Herstellung von Aluminium entwickelt: der Hall-Héroult-Prozess. 1889 entwickelte Carl Josef Bayer das nach ihm benannte Bayer-Verfahren zur Isolierung von reinem Aluminiumoxid aus Bauxiten. Aluminium wird noch nach diesem Prinzip großtechnisch hergestellt. Am Ende des 19. Jahrhunderts stand das Metall in solchem Ansehen, dass man daraus gefertigte Metallschiffe auf den Namen Aluminia taufte.

Unter dem Namen Bakelit wurde der erste vollsynthetische, industriell produzierte Kunststoff hergestellt und vermarktet. Er wurde 1905 vom belgischen Chemiker Leo Hendrik Baekeland entwickelt und nach ihm benannt.

Albert Einstein formulierte 1905 mit der speziellen Relativitätstheorie die Äquivalenz von Masse und Energie: E = m · c².

Mit dem 1910 von der BASF zum Patent angemeldeten Haber-Bosch-Verfahren gelang die künstliche Herstellung von Ammoniak als Ausgangsstoff für die Herstellung von Düngemittel, was die Landwirtschaft revolutionierte. Im Zusammenhang mit dem Haber-Bosch-Verfahren wurde der Nobelpreis für Chemie 1918 an Fritz Haber, 1931 an Carl Bosch sowie 2007 an Gerhard Ertl, der die vollständige theoretische Erklärung des Mechanismus der Ammoniakbildung fand, vergeben.

Mathematik und Logik

Georg Cantor begründete in den Jahren 1874 bis 1897 die Mengenlehre, die er anfangs (1877) noch Mannigfaltigkeitslehre nannte.

David Hilbert (1912)

Nachdem die durch Aristoteles begründete Syllogistik seit der Antike als die exakteste Form logischen Schließens gegolten hatte, begann mit Gottlob Freges revolutionärer „Begriffsschrift“ von 1879 eine neue Ära in der Geschichte der Logik. In dieser Publikation entwickelte er eine neue Logik in axiomatischer Form, die bereits den Kernbestand der modernen formalen Logik umfasste, nämlich eine Prädikatenlogik zweiter Stufe mit Identitätsbegriff.

David Hilberts Bestreben war es, die bislang sehr der Anschaulichkeit verhaftete, noch im Wesentlichen auf Euklid zurückgehende Geometrie möglichst vollständig von Begriffen aus der Anschauungswelt abzulösen und rein axiomatisch zu begründen. Eine solche axiomatische Begründung erschien Hilbert und vielen mathematischen Zeitgenossen unbedingt notwendig, da die zuvor verwendeten Begriffe aus der Anschauungswelt nicht die notwendige mathematische Exaktheit hatten und das darauf erbaute mathematische Gebäude der Geometrie somit auf „wackeligen Füßen“ zu stehen schien. In seinem fundamentalen, 1899 zur Feier der Enthüllung des Gauß-Weber-Denkmals in Göttingen veröffentlichten Werk Grundlagen der Geometrie entwarf er für die euklidische Geometrie ein vollständiges Axiomensystem und entwickelte darauf aufbauend eine streng axiomatisch begründete Geometrie. Am 8. August 1900 stellte David Hilbert eine Liste von 23 zum damaligen Zeitpunkt ungelösten mathematischen Probleme auf dem Internationalen Mathematiker-Kongress in Paris vor.

Die Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wirkte auf viele französische Mathematiker als Ansporn – wie auf anderen Gebieten auch – um einen vermeintlichen Rückstand zum aufstrebenden deutschen Reich aufzuholen, der zu einer neuen Blüte der französischen Mathematik führte.

Henri Poincaré (1887)

Der französische Mathematiker, theoretische Physiker und Philosoph Henri Poincaré galt ab 1880 als einer der bedeutendsten Mathematiker, worin ihm zu seiner Zeit nur in Deutschland David Hilbert Konkurrenz machte. Er leistete wichtige Beiträge zur reinen und angewandten Mathematik und veröffentlichte Bücher für eine breite Öffentlichkeit zu mathematischen und wissenschaftlichen Themen. Poincaré stellt die vollständige Induktion, den „rekurrierenden Schluss“ vor. „Die Mathematiker studieren nicht Objekte, sondern Beziehungen zwischen den Objekten…“. 1886 und 1900 war Poincaré Präsident der Société Mathématique de France. Er wandte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend der mathematischen Physik zu. Er hat im Rahmen der Elektrodynamik bewegter Körper die spezielle Relativitätstheorie (1900–1905) in vielen Punkten vorweggenommen. 1904 formulierte er die Poincaré-Vermutung.

Der französische Mathematiker Henri Léon Lebesgue erweiterte um 1900 den Integralbegriff und begründete damit die Maßtheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, das sich mit der Konstruktion und der Untersuchung von Maßen beschäftigt.

Zusammen mit Alfred North Whitehead schrieb Bertrand Russell mit Principia Mathematica zwischen 1902 und 1913 eines der wichtigsten Werke mathematischer Grundlagenforschung nach den Erschütterungen der Mathematik Anfang des 20. Jahrhunderts. Ziel war es, alle mathematischen Wahrheiten aus einem Satz von Axiomen und Schlussregeln zu konstruieren.

Sozialwissenschaften

Henry Adams (um 1885)

Der US-amerikanische Historiker und Schriftsteller Henry Adams versuchte in seiner 1907 veröffentlichten Autobiographie Die Erziehung des Henry Adams mit spekulativen Bildern und Metaphern das Tempo des technologisch-naturwissenschaftlichen Fortschritts um die Jahrhundertwende zu erfassen. Er meinte, in Technik, Ökonomie und internationaler Politik ein „Gesetz der Beschleunigung“ entdeckt zu haben.[201]

Der deutsche Historiker Heinrich von Treitschke löste 1879 mit einem von ihm veröffentlichten Aufsatz den Berliner Antisemitismusstreit aus. Der Aufsatz enthält den Satz „Die Juden sind unser Unglück“, der später zum Schlagwort des nationalsozialistischen Hetzblattes Der Stürmer werden sollte. Die Notabeln-Erklärung war eine Erklärung, die am 12. November 1880 in der Berliner Presse veröffentlicht wurde und in der 75 bedeutende Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker ihre Verurteilung der antisemitischen Bewegung ausdrückten.

Der englische Publizist und Ökonom John Atkinson Hobson veröffentlichte 1902 sein berühmtestes Werk Imperialismus – A study. In seiner Unterkonsumtionstheorie vertrat er dabei die Auffassung, dass in den Industriestaaten der westlichen Welt die Produktion schneller wachse als die Massenkaufkraft. Die koloniale Expansion stelle daher einen Versuch dar, Absatzmärkte für die Überproduktion sowie Rohstoffquellen und günstige Produktionsstandorte zu erschließen bzw. erst zu schaffen. Die Studie wurde von Lenin für seine Schrift Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus aufgegriffen.

Wirtschaftswissenschaft

Adam Smith gilt allgemein als Begründer der Mikroökonomie (bzw. der klassischen Nationalökonomie).[202] In seinem Werk Der Wohlstand der Nationen (1776) untersuchte er u. a. Vor- und Nachteile des Marktmechanismus. Vor allem entdeckte er, wie aus individuellem Eigennutz volkswirtschaftlicher Nutzen entstehen kann.

Neoklassische Theorie

Carl Menger

Ende des 19. Jahrhunderts setzte mit der Grenznutzenschule die Mathematisierung der ökonomischen Analyse ein, in deren Folge sich die Ökonomen auf quantifizierbare Phänomene (Mengen und Preise) konzentrierten und das Verhalten von Anbietern und Nachfragern auf Märkten im den Mittelpunkt ihrer Analysen stellten.

Die neoklassische Theorie, die sich zwischen 1870 und 1910 entwickelte, löste in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die klassische Nationalökonomie ab. Ausgangspunkt der Neoklassik waren die Grenznutzenschule und das von ihr begründete Marginalprinzip. Der Grenznutzen ist als der Nutzen der letzten bedarfsdeckenden und verfügbaren Einheit eines Gutes zu verstehen. Der Wert eines Gutes wird also durch die subjektive Wertschätzung seiner jeweils letzten Einheit („Grenzeinheit“) bestimmt. Diese Lehren wurden ungefähr gleichzeitig und unabhängig voneinander um 1870 von William Stanley Jevons in England, Carl Menger in Österreich und Léon Walras in der Schweiz entwickelt. Damit wurde die klassische Wert- und Preistheorie, die Werte und Preise hauptsächlich durch Produktionskosten erklärte, um eine subjektive Komponente ergänzt.

Die neoklassische Ökonomie untersucht das Verhalten von rational handelnden Wirtschaftssubjekten (Haushalte und Unternehmen), die knappe Ressourcen mit alternativen Verwendungen einsetzen, um gewünschte Ziele zu erreichen. David Ricardos klassische Kostenwertlehre, welche die Preisbildung über die Herstellungskosten der Güter herleitet, wird von Mengers Marginalprinzip abgelöst. Damit wurde der Übergang von der Klassik zur Neoklassik vollzogen.[203]

Léon Walras

Die wesentliche Leistung von Léon Walras bestand in der Entwicklung eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells der Volkswirtschaft. Hierbei agieren beliebig viele Haushalte und Unternehmen auf beliebig vielen Märkten. Walras vermutete die Existenz eines Preissystems mit der Eigenschaft, dass Angebot und Nachfrage auf allen Märkten zugleich übereinstimmen. Formal bewiesen wurde diese Vermutung erst später durch Abraham Wald und im Rahmen des Arrow-Debreu-Gleichgewichtsmodells. Das Walras-Gesetz, welches Walras im Jahr 1898 entwickelte, ist der volkswirtschaftliche Lehrsatz, dass in einem allgemeinen Gleichgewichtsmodell die Summe der bewerteten Nachfrageüberhänge stets gleich Null ist.

Knut Wicksell

Knut Wicksell (um 1900)

Der schwedische Ökonom Knut Wicksell untersuchte in seinem Hauptwerk Geldzins und Güterpreise (1898) systematisch den Zusammenhang zwischen Geldmenge, Zins und Preisniveau. Nach Wicksells Auffassung sind Inflation und Deflation gleichermaßen schädlich, weshalb er die Frage aufwarf, wie Preisniveaustabilität erreicht werden kann. Hierzu unterschied er erstmals zwischen Marktzins und natürlichem Zins und definierte letzteren als „jene Rate des Darlehenszinses, bei welcher dieser sich gegenüber den Güterpreisen durchaus neutral verhält, sie weder zu erhöhen noch zu senken die Tendenz hat“. Anders ausgedrückt besteht Preisstabilität, wenn der Marktzins mit dem natürlichen Zins übereinstimmt. Unterschreitet der Marktzins den natürlichen Zins, kommt es tendenziell zu Inflation, im umgekehrten Fall zu Deflation (Wicksellscher Prozess). Wicksell betrachtete es als Aufgabe der (Zentralbank), das richtige Verhältnis zwischen diesen beiden Zinssätzen herzustellen. Mit seinen konjunkturtheoretischen Überlegungen wurde Wicksell zum Vater der Überinvestitionstheorie[204].

Alfred Marshall

In seinem 1890 veröffentlichten Buch Principles of Economics, stellte der britische Nationalökonom Alfred Marshall die Theorien seiner Zeit erstmals in kohärenter Form dar und entwickelte viele analytische Instrumente der Volkswirtschaftslehre. So popularisierte er die von Karl Heinrich Rau entwickelte Darstellung der Theorie von Nachfrage und Angebot in Form von Angebots- und Nachfragekurven, in denen er ebenfalls erstmals das Prinzip des fallenden Grenznutzens umsetzte. Der Gleichgewichts-Preis in Marshalls Standard-Diagramm bedeutet dasjenige Preis-Mengen-Gleichgewicht, das den aktuellen Bedürfnissen von Anbieter(n) und Nachfragern(n) optimal entspricht. Alle Ungleichgewichts-Situationen oberhalb und unterhalb des Gleichgewichts-Preises bedeuten divergierende Präferenzen.

Vilfredo Pareto

Vilfredo Pareto (1870er Jahre)

Der italienische Ökonom und Soziologe Vilfredo Pareto gilt als Vertreter der Lausanner Schule der volkswirtschaftlichen Neoklassik und als Begründer der Wohlfahrtsökonomik. Die Pareto-Verteilung, das Paretodiagramm, das Pareto-Optimum und das Paretoprinzip (80-zu-20-Regel) sind nach ihm benannt.

Rudolf Hilferding

Rudolf Hilferding wies in seinem bekanntesten Werk Das Finanzkapital (1910) darauf hin, dass Kartellbildung, Konzentration in Form von Konzernbildung und Organisierung der Finanzmärkte, zu einer zunehmenden Monopolisierung des Kapitals führen, bei dem kleinere Betriebe aber auch Banken permanent geschluckt werden. Das Finanzkapital und damit die Großbanken, welche die Großbetriebe finanzieren, bekommen eine zentrale Rolle im Prozess der Kapitalkonzentration. Sie können über das Aktienkapital das Geschäftsverhalten steuern. Es kommt zu einer Art von geplantem Kapitalismus. Das bedeutet, die anarchisch-kapitalistische Wirtschaftsentwicklung der freien Konkurrenz wird aufgehoben und entwickelt sich im Laufe der Zeit zur Wirtschaftsordnung des organisierten Kapitalismus, eine These, die erst nach dem Finanzkapital Hilferdings volle Aufmerksamkeit bekommt.

Adolph Wagner

Adolph Wagner 1899

Der deutsche Wirtschafts- und Finanzwissenschaftler Adolph Wagner gehört neben Gustav Schmoller zu den bedeutendsten Ökonomen der Bismarck-Ära. Er war Mitglied im Verein für Socialpolitik und Rektor der Friedrich-Wilhelms- (heutigen Humboldt-) Universität in Berlin und gilt als Vertreter des Staatssozialismus. Seine Arbeiten haben die Entwicklung des Geld- und Kreditwesens in Deutschland vorbereitet und die Notenbankpolitik und Finanzpraxis vor dem Ersten Weltkrieg wesentlich beeinflusst.

Wagner formulierte das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben. Dieses von ihm im Jahr 1892 entwickelte „Gesetz der wachsenden Ausdehnung der öffentlichen und speziell der Staatstätigkeit“ geht davon aus, dass das Wachstum der Staatsausgaben und Staatsquoten nicht bloß proportional, sondern überproportional zum Bruttosozialprodukt erfolge.[205] Als Ursache sah er die Staatsgewalt mit ihrer inneren und äußeren Sicherheit (Justiz, Militär, Polizei, Verwaltung oder auswärtiger Dienst) und die Kulturhoheit und Wohlfahrtsfunktion (Schulen, Gesundheitsvorsorge, Sozialhilfe), was im Übergang vom Ordnungsstaat zum Wohlfahrtsstaat zu erkennen sei.[206] Weitere Ursachen wie Kriegsfinanzierungen in der Peacock-Wiseman-Hypothese[207] oder die Gesetze zum Bürokratiewachstum haben die Tendenz wachsender Staatsausgaben verstärkt. Der Peacock-Wiseman-Hypothese zufolge kann der Staat in Krisenzeiten, insbesondere in Kriegszeiten, höhere Steuern und Ausgaben durchsetzen. Nachdem sich die Bürger hieran gewöhnt haben, sinken die Steuern und Ausgaben nach Beendigung der Krise nicht erneut auf das Ausgangsniveau zurück, ähnlich dem Sperrklinkeneffekt.

Soziologie

Ferdinand Tönnies (1915)

In der Zeit um 1900 erfolgte die Konsolidierung der Soziologie, die als wissenschaftliche Disziplin von Émile Durkheim, Ferdinand Tönnies, Georg Simmel und Max Weber vorangetrieben wurde. Émile Durkheim publizierte 1893 seine bahnbrechende Studie Der Selbstmord. Während Durkheim Fragen nach dem Zusammenhalt einer Gesellschaft aufstellte, interessierte sich Weber universalhistorisch für den Zusammenhang zwischen Weltbildern, Institutionen und Formen menschlichen Handelns. Simmel wiederum galt als Diagnostiker des menschlichen Zusammenlebens in den großen Städten der Gegenwart.

Als erster Deutscher veröffentlichte Ferdinand Tönnies 1887 eine theoretische Grundlegung der Soziologie: Gemeinschaft und Gesellschaft. Tönnies unterschied auf theoretischer Ebene zwischen zwei Arten kollektiver Gruppierungen kraft gegenseitiger „Bejahung“ der sozial Handelnden: „Gemeinschaft“ einerseits, „Gesellschaft“ andererseits. Diese Unterscheidung basierte auf seiner Annahme, dass es für den Einzelnen nur zwei Grundformen willentlicher Bejahung der Anderen geben kann. Diese „Bejahung“ war für Tönnies das Grundproblem und das Thema (der Erkenntnisgegenstand) der Soziologie.

1899 erschien das Buch The Theory Of The Leisure Class. An Economic Study of the Evolution of Institutions (Theorie der feinen Leute) des amerikanischen Soziologen Thorstein Veblen. Das Buch enthält eine Analyse der prestigeerzeugenden Funktion des Konsums sowie eine bissig formulierte Kritik der amerikanischen Oberschichten zur Jahrhundertwende.

Psychologie

Gustave Le Bon

1895 veröffentlichte der französische Sozialpsychologe Gustave Le Bon das einflussreiche Buch Psychologie der Massen. Darin postuliert er, die Epoche sei einer jenen kritischen Momente, in dem sich der Menschengeist im Prozess der Transformation befinde. Vor allem zwei Faktoren seien dafür ursächlich: die Zerstörung der Glaubensüberzeugungen (religiöse, politische, gesellschaftliche) und die Entwicklung völlig neuer Denkweisen, Resultate von modernen Entdeckungen im Bereich der Wissenschaften und der Technik. Da alte und neue Ideen miteinander ringen, sei die Gegenwart „eine Phase des Übergangs und der Anarchie“.[208]

Der österreichischer Arzt, Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker Sigmund Freud begründete um 1890 die psychotherapeutische Behandlungsform der Psychoanalyse.

Der österreichischer Arzt und Psychotherapeut Alfred Adler begründete 1907 die Denkschule der Individualpsychologie in Wien.

Georg Jellinek

Rechtswissenschaft

Der österreichische Staatsrechtler Georg Jellinek veröffentlichte 1900 sein Hauptwerk Allgemeine Staatslehre, das heute als Meilenstein der deutschen Staatslehre gilt. Das Werk beinhaltet seine Drei-Elemente-Lehre, nach der zur Anerkennung eines Staates als Völkerrechtssubjekt die drei Merkmale „Staatsgebiet“, „Staatsvolk“ und „Staatsgewalt“ erforderlich sind. Jellineks Werk Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1895 gilt als wichtige Schrift zur Geschichte der Menschenrechte.

Meilensteine des (positiven) Völkerrechts sind:

Im Jahr 1886 wurde die Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst in Bern angenommen. Sie begründete zum ersten Mal die Anerkennung des Urheberrechts zwischen souveränen Nationen. Sie war auf Veranlassung von Victor Hugo erarbeitet worden. Vor ihrer Ratifizierung lehnten es Staaten häufig ab, Werke anderer Nationen als geschützt zu behandeln.

Im Deutschen Reich trat 1900 das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft. Der Jurist Bernhard Windscheid hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Zivilrechtswissenschaft. Auf Vorschlag Badens wurde Windscheid im Sommer 1874 zum Mitglied der Ersten Kommission für die Abfassung eines Entwurfs zu einem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gewählt, der er bis zum 30. September 1883 angehörte. Wenn auch Windscheid der Ansicht war, das römische Recht sollte als Ganzes für das Deutsche Reich übernommen werden, so hat sein Hauptwerk, das ab 1862 erschienene dreibändige Lehrbuch des Pandektenrechts, den ersten Entwurf des BGB entscheidend beeinflusst. Er stellte darin das römische Recht seiner Zeit so anschaulich dar, dass dieses Lehrbuch bis 1900 das fehlende Bürgerliche Gesetzbuch weitestgehend ersetzte. Windscheid kam in seiner streng systematisch geprägten Darstellung der Pandekten den Bedürfnissen der Praxis weit entgegen, da er anders als die konservativen Anhänger der historischen Rechtsschule ganz auf die historische Behandlung der Quellen verzichtete und nur nach der für die Gegenwart praktikablen Einordnung suchte, so dass sein Buch einen Stellenwert für die juristische Arbeit hatte, der höher war als heutzutage der des Grüneberg. Es wurde nach 1900 von Theodor Kipp noch zweimal neu aufgelegt.

Rudolf von Jhering: Der Kampf ums Recht, 1874

Auch der deutsche Rechtswissenschaftler Rudolf von Jhering hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Privatrechts. In Wien hielt er 1868 seinen berühmten Vortrag „Der Kampf ums Recht“,[209] der in zwei Jahren zwölf Auflagen erlebte und in 26 Sprachen übersetzt wurde. Über das Recht heißt es dort:

„Das Leben des Rechts ist ein Kampf – ein Kampf der Völker, der Staatsmacht, der Klassen und Individuen. In der Tat hat das Recht eine Bedeutung nur als Ausdruck von Konflikten und es stellt die Anstrengungen der Menschheit dar, sich selbst zu zähmen. Aber leider hat das Recht versucht, der Gewalt und dem Unrecht mit Mitteln zu begegnen, die in einer vernünftigen Welt dereinst als ebenso befremdlich wie schändlich gelten werden. Denn das Recht hat niemals wirklich versucht, die Konflikte der Gesellschaft zu lösen, sondern nur sie zu lindern, indem es Regeln niederlegte, nach welchen sie ausgefochten werden sollen.“

Die ungerechtfertigte Verurteilung von Alfred Dreyfus wegen angeblichen Verrats war ein Schlüsselereignis, das die Rechtsstaatlichkeit in Frankreich herausforderte und in der Gesellschaft zu einer tiefgreifenden Debatte über Antisemitismus und Gerechtigkeit führte.

Norwegen führte 1913 als erster souveräner Staat Europas das Frauenwahlrecht ein. Im Deutschen Reich wurde das Wahlrecht für Frauen mit der Gründung der Weimarer Republik 1919 eingeführt. In Frankreich hingegen wurde das Frauenwahlrecht im Vergleich zu anderen europäischen Staaten erst relativ spät am 21. April 1944 eingeführt.

Geschichtswissenschaft

Karl Lamprecht (1909)

Die Geschichtsschreibung als „sprachliche Vermittlung historischer Erkenntnis“[210] war bis ins 19. Jahrhundert primär eine Personen- und Staatengeschichte. „Männer machen die Geschichte“, wie Heinrich von Treitschke es ausdrückte. In den 1890er Jahren kam es zu einem Methodenstreit zwischen führenden deutschen Historikern. Der Leipziger Historiker Karl Lamprecht hielt Personen und Staaten für das Sekundäre, kultur- und sozialgeschichtliche Prozesse hingegen für das Primäre in der Geschichte. Gegenüber den Anhängern Leopold von Rankes, den sogenannten „Rankeanern“ (Georg von Below, Max Lenz, Felix Rachfahl), die zu jener Zeit das akademische Leben in Deutschland beherrschten, betonte Lamprecht die Bedeutung von Kulturgeschichte, sowie von materiellen Faktoren und von Gruppen (Assoziationen) in der Geschichte. Der Satz, es komme nicht darauf an, zu zeigen, „wie es eigentlich gewesen ist“ (Leopold von Ranke), sondern wie es geworden sei, fasste Lamprechts dabei Einstellung treffend zusammen.

Der Methodenstreit entzündete sich ab den 1890er Jahren im Zusammenhang mit Lamprechts Deutscher Geschichte, allerdings nicht so sehr an der Tatsache, dass sein Werk primär eine Abhandlung der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte war. Wesentlich bedeutsamer war die Frage, welche Art von Geschichtsschreibung den neuen Anforderungen sowohl aus der Gesellschaft, als auch aus der Naturwissenschaft gerecht werden konnte. Im Grunde stellten die erkenntnistheoretischen Ansätze der Naturwissenschaften, die deskriptive Methode, wie sie in der Geschichtswissenschaft angewandt wurde, infrage. Luise Schorn-Schütte spricht in diesem Zusammenhang von der „Krise der Geschichtswissenschaft“. Die bisherige Methode der Geschichtsschreibung konnte den neuen sozialen Anforderungen der Industrialisierung nicht entsprechend Rechnung tragen.

Lamprecht suchte nach methodischen Alternativen. Er wollte, unter dem Einfluss des Psychologen Wilhelm Wundt und dessen Völkerpsychologie, die Kulturzeitalter von der psychischen Beschaffenheit des Volkes abhängig machen.

Die Geschichtswissenschaft fand in weiten Kreisen Anerkennung. Im Jahr 1902 erhielt der deutscher Historiker und Altertumswissenschaftler Theodor Mommsen für seine Römische Geschichte, eine mehrbändige Darstellung der Geschichte des Römischen Reichs, den Nobelpreis für Literatur.

Der erste Lehrstuhl für Religionsgeschichte wurde 1912 für den schwedischen Religionsphänomenologen Nathan Söderblom in Leipzig eingerichtet, obwohl die Kirchen eher an einer konfessionell gebundenen Theologie als an der damals wenig beliebten Religionsgeschichte interessiert waren. Dies bedeutete eine grundlegend neue Entwicklung hinsichtlich der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen.

Wissensorganisation

Zettelkastenschrank, Mundaneum, Mons (Belgien)

Die Belle Époque war eine Zeit der schnellen Industrialisierung und Modernisierung in vielen Bereichen. Mit dem exponentiellen Wachstum des wissenschaftlichen und technischen Wissens wurden daher auch effektive und effiziente Methoden zur Organisation und Kategorisierung von Wissen immer dringlicher.

Bibliotheken und Dokumentation

Die Dokumentationswissenschaft beschäftigte sich mit der Dokumentation als „Sammlung, Ordnung und Nutzbarmachung von Dokumenten aller Art“. Diese Definition stammt wie auch der Begriff „Dokumentation“ von Paul Otlet. Die Dokumentationswissenschaft ist eng verwandt mit der Bibliothekswissenschaft, aus der sie hervorgegangen ist, und der Informationswissenschaft, die unter anderem von dem Informationswissenschaftler Rainer Kuhlen als ihr Nachfolger angesehen wird. Eine anerkannte Definition der Dokumentationswissenschaft, die über Otlets allgemeine Definition hinausgeht, existiert nicht.

Melvil Dewey (1891)

Der Ende des 19. Jahrhunderts sprunghaft ansteigende Informationsbedarf in Naturwissenschaft und Technik konnte von herkömmlichen Bibliotheken immer weniger bewältigt werden. Es bildeten sich deshalb Spezialbibliotheken und andere Einrichtungen wie beispielsweise das Concilium Bibliographicum in Zürich, deren Ziel die gezielte Beschaffung von Informationen war. Der theoretische Überbau der Dokumentationswissenschaft entstand Anfang des 20. Jahrhunderts mit Henri La Fontaine und Paul Otlet. Ihre weitreichenden Ideen einer Universellen Bibliothek stießen jedoch bald auch auf Ablehnung. Zwischen Bibliothekswesen und Dokumentationsbewegung kam es zu Spannungen, die vor allem in Deutschland bis Ende des 20. Jahrhunderts fortbestanden. Mit Aufkommen kommerzieller Datenbanken und Methoden des Informationsmanagements verlor die Dokumentationswissenschaft an Bedeutung und ging weitgehend in anderen Fächern auf. Paul Otlet und Henri La Fontaine, beide aus Belgien, spielten eine entscheidende Rolle bei der Modernisierung des Bibliotheks- und Dokumentationswesens.[211][212] Sie führten die Universelle Dezimalklassifikation (UDK) ein, eine erweiterte Version der Dewey-Dezimalklassifikation. Das Ziel der UDK war es, alle menschlichen Kenntnisse in einem koordinierten System zu organisieren.

Die Library of Congress Subject Headings (LCSH), ein kontrolliertes Vokabular von Schlagwörtern zur Verwendung in bibliographischen Einträgen, wurde erstmals 1898 von der Library of Congress in den Vereinigten Staaten veröffentlicht. Ein Jahr vorher war bereits die Library of Congress Classification veröffentlicht worden.

Die bereits im 16. Jahrhundert gegründete Universitätsbibliothek Leipzig wurde während der Belle Époque modernisiert und erweitert, um der zunehmenden Menge an veröffentlichtem Wissen Rechnung tragen zu können.

In Großbritannien war die Einführung des Public Libraries Act 1850, der die Gründung von öffentlichen Bibliotheken ermöglichte, von zentraler Bedeutung. In der Belle Époque waren öffentliche Bibliotheken im ganzen Land etabliert und ermöglichten einer breiten Bevölkerungsschicht den Zugang zu Wissen und Literatur. 1884 erschien unter der Leitung von James Murray die erste Ausgabe des Oxford English Dictionary, des umfangreichsten Wörterbuchs in englischer Sprache.

Wilhelm Ostwald

Wilhelm Ostwald (1903)

1911 gründeten Wilhelm Ostwald als Vorsitzender und Karl Wilhelm Bührer und Adolf Saager die Vereinigung Die Brücke – Internationales Institut zur Organisation der geistigen Arbeit mit dem Ziel, das gesamte bekannte Wissen der Welt zu katalogisieren und zu organisieren. Für eine Weltregistratur als Generalbibliographie allen bestehenden menschlichen Wissens benutzte man die von Melvil Dewey in den USA entwickelte Decimal Classification. Die Brücke propagierte außerdem das Weltformat für Druckerzeugnisse. Es bildete später die Grundlage für das in der DIN 476 festgelegte Papierformat. Die Brücke trat außerdem für die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten, die Einführung eines Weltgeldes auf der Basis von Gold, eine Kalenderreform und die Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung ein.

Seit seiner Studienzeit in Dorpat befasste sich Wilhelm Ostwald mit der rationellen Gestaltung der geistigen Arbeit nach wissenschaftlichen und effektiven Kriterien. Die zunehmende Differenzierung in den Wissenschaftsdisziplinen und die Funktionsteilung der Wissenschaften erfordern aus der Sicht Wilhelm Ostwalds den Wissenschaftsorganisator, um Energievergeudung zu vermeiden.

Ostwald befasste sich zunehmend mit der Wissenschaft von der Wissenschaft und mit Wissenschaftsgeschichte, die er z. B. mit der Reihe „Ostwalds Klassiker der exakten Naturwissenschaften“ bekanntmachte und in einigen Schriften analysierte. Er befasste sich eingehend mit den Beziehungen zwischen den Wissenschaftsdisziplinen und präsentierte dazu seine „Pyramide der Wissenschaften“, deren Basis die Mathetik (Logik, Mengenlehre, Mathematik) bildete, auf der nach oben erst Physik, dann Chemie, Biologie, Medizin, Psychologie, Soziologie, Technik und ganz oben die Ethik mit dem „energetischen Imperativ“ aufbauen. Die Philosophie steht bei ihm über allem und stellt die Einheit her.[213] Dieses System ist Gegenstand auch neuerer Betrachtungen.[214]

Das Ende der Belle Époque

Die Zeit eines weithin sorglosen Lebensgefühls endete spätestens 1914 mit Beginn des Ersten Weltkriegs.[215][216] Der Schlusspunkt der Belle Époque kann nach Meinung einiger Historiker aber bereits 1912 gesetzt werden: Der Untergang der Titanic, eine Art „schwimmende Belle Époque in Miniatur“[217], so Dominique Kalifa, gab dieser Gesellschaft eine tragische Vorahnung der Katastrophe. Symbolisch ging mit dem Untergang der Titanic auch der naive Glaube an die Allmacht der Technik mit unter. Die erkennbaren Vorzeichen eines neuen, großen Krieges trugen dazu bei, dass aus dem Vertrauen in die Zukunft Unsicherheit und Angst wurden. Vereinzelte kritische Stimmen, etwa seitens der Lebensreform und in der Kunst[218] hatte es jedoch auch schon vorher gegeben.

Viele Historiker betrachten nicht nur einzelne, unmittelbare Anlässe wie das Attentat von Sarajevo am 18. Juni 1914 als Kriegsursache, sondern verweisen auf eine Vielzahl tieferer, struktureller Faktoren, die zum Ausbruch des Krieges beitrugen:

  • Nationalismus: Dies war eine dominierende Ideologie in vielen europäischen Ländern. Der intensive Nationalstolz führte oft zu einem Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen Nationen und trug zur Bildung von Spannungen bei. Dies galt nicht nur für die Großmächte, sondern auch für Nationalitäten innerhalb von Großreichen, die nach Unabhängigkeit strebten, wie die Slawen im österreichisch-ungarischen Reich.
  • Imperialismus und Kolonialismus: Die Großmächte Europas waren im Wettlauf um Kolonien in Afrika und Asien. Dies führte zu Rivalitäten und Konflikten um Territorien und Einflusssphären.
  • Militarismus: Es gab einen Rüstungswettlauf zwischen den Großmächten, insbesondere zwischen Deutschland und Großbritannien. Große Armeen und Flotten wurden aufgebaut, und der Glaube an die Macht des Militärs prägte die politische Kultur vieler Länder.
  • Allianzsysteme: Die europäischen Mächte schlossen eine Reihe von Verteidigungsallianzen, die darauf abzielten, das Gleichgewicht der Macht zu erhalten, aber auch dazu führten, dass kleine Konflikte sich zu einem größeren Krieg ausweiten konnten. Zwei Hauptblöcke bildeten sich: die Triple Entente und die Mittelmächte.
  • Krisen vor 1914: Es gab mehrere internationale Krisen in den Jahren vor dem Krieg, wie die Marokkokrisen (Erste Marokkokrise, Zweite Marokkokrise) oder die Balkankriege. Diese Krisen verschärften die Spannungen zwischen den Großmächten und förderten ein Klima des Misstrauens.

Die komplexe Interaktion dieser Faktoren führte dazu, dass, als der Konflikt schließlich ausbrach, er sich schnell zu einem weltweiten Krieg ausweitete.

Der Erste Weltkrieg wurde anfangs von vielen Intellektuellen und Künstlern in Europa als Befreiungsschlag angesehen.[219] Mit dem einsetzenden Krieg verband sich die Illusion eines reinigenden Fegefeuers, welches die Basis für eine neue Welt und eine neue Kunst sein sollte[220] oder wie es Max Liebermann ausdrückte:[221]

„Kriege scheinen nötig zu sein, um den im Frieden wuchernden Materialismus einzudämmen.“

Max Liebermann

Der Maler Franz Marc war wie so viele Andere seiner Generation von der reinigenden Wirkung des Krieges überzeugt. 1915 schrieb er an seinen Künstlerkollegen Helmuth Macke:[222]

„La Bête humaine, – nun weiß man, was das ist. Ich gehöre aber durchaus nicht zu den Menschen, die den Krieg verurteilen.“

Franz Marc an Helmuth Macke, 26. Juni 1915.

Bei einem Aufklärungs- und Erkundungsritt wurde Franz Marc am 4. März 1916 gegen 16 Uhr im Wald bei Herméville-en-Woëvre bei Braquis durch zwei Granatsplitter im Kopf tödlich verwundet.[223][224][225]

„Mythos Belle Époque“

Der französische Ausdruck „Belle Époque“ – und das damit assoziierte Lebensgefühl von Luxus, Eleganz, Romantik, Glamour und Bohème – hat bis in die Gegenwart nichts von seiner Anziehungskraft und Faszination eingebüßt. Museen, zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungskataloge, sowie historische Romane, Filme und reich bebilderte „Coffee Table Books“ haben die schönen Seiten sowie Glanz und „joie de vivre“ der Belle Époque in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder thematisiert.[226] Das 2012 erschienene Buch 1913: Der Sommer des Jahrhunderts des deutschen Autors Florian Illies war 18 Wochen lang in den Jahren 2012 und 2013 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste.[227]

Im Kino der 1920er Jahre wurde der Stil der Belle Époque von den Wiener Regisseuren Erich von Stroheim und Joseph von Sternberg bevorzugt, die nach dem Ersten Weltkrieg in Hollywood arbeiteten. Die Filme von Jean Renoir in Frankreich und später von Luchino Visconti in Italien bedienten sich ebenfalls der Bilder eines verlorenen Paradieses.

In verschiedenen europäischen Ländern fanden bereits Ende der 1920er Jahre und in den 1930er Jahren erste „Nostalgie-Bahnreisen“[228] mit dem Pullman-Express statt, die an die Tradition des Orient-Express aus der Zeit der Belle Époque anknüpften. Seit 2005 betreibt die schweizerische Montreux-Berner Oberland-Bahn zwischen Montreux und Zweisimmen den GoldenPass Belle-Époque.[229][230]

Einige Dampfschiffe aus der Zeit der Belle Époque werden heute auf dem Genfersee aus touristischen Gründen weiter betrieben und unterhalten (Italie, Vevey, Montreux, La Suisse, Savoie).

Der „Mythos Belle Époque“ wird im Tourismusmarketing gezielt von Orten und Regionen eingesetzt, die durch Architektur, Ereignisse, Traditionen oder Personen der Belle Époque geprägt wurden.[231] Die Côte Fleurie ("Blumenküste") in der französischen Region Normandie mit den Orten Honfleur, Deauville, Trouville und Cabourg entstand im Zusammenhang mit der touristischen Vermarktung dieser Küstenregion. Um sich gegenüber anderen touristisch attraktiven Küsten wie der Côte d’Azur, der Alabasterküste und der Côte d’Émeraude abzuheben wurde ein eigenes, von der Belle Époque geprägtes, touristisches Profil entwickelt.

Unter den Luxushotels der Welt sind nicht wenige, die in der Belle Époque gegründet wurden.

Siehe auch

Literatur

Einführungen

  • Dominique Kalifa: The Belle Époque. A Cultural History, Paris and Beyond. Columbia University Press 2021, ISBN 978-0-231-55438-1.
  • Shearer West: Fin de Siècle, Gilded Age, or Belle Époque: Different Endings to the Same Century, in: Jane Desmarais, David Weir (Hrsg.): The Oxford Handbook of Decadence, Oxford University Press 2020, ISBN 978-0-19-006695-6.
  • Dominique Kalifa: «Belle Époque»: invention et usages d’un chrononyme. In: Revue d’histoire du XIXe siècle. 52, 2016, S. 119–132.
  • Dominique Kalifa: La véritable histoire de la Belle Époque. Fayard, Paris 2017, ISBN 978-2-213-65529-1.
  • Dominique Lejeune: La France de la Belle Époque: 1896–1914. 6., revidierte Auflage. Armand Collin, Paris 2011, ISBN 978-2-200-24892-5.
  • Michel Winock: La Belle époque: la France de 1900 à 1914. Pour l’histoire, Paris 2002, ISBN 2-262-01667-4.
  • Hermann Schreiber: Die Belle Époque. Paris 1871–1900, München 1990. ISBN 978-3-471-78747-2.
  • Philippe Jullian, Diana Vreeland: La Belle Époque, The Metropolitan Museum of Art 1982. ISBN 0-87099-329-1.[232][233]
  • Willy Haas: Die Belle Epoque (= Große Kulturepochen in Texten, Bildern und Zeugnissen. Band 8). Hueber, München 1977, ISBN 3-19-001306-3.
  • Roger Shattuck, René Char (Fotos): Die Belle Epoque. Kultur und Gesellschaft in Frankreich 1885–1918. Originaltitel: The Banquet Years; übersetzt von Erich Krois. Piper, München 1963, DNB 454677294.
  • Karl Epting: Frankreichs goldene Jahre. La Belle Époque. Stuttgart, Steingrüben Verlag 1962.

Ausstellungskataloge

  • Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen - Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023. ISBN 978-3-96176-235-4.
  • Andreas Krock: Mannheims Belle Époque. Tanz und Taumel einer Epoche, hrsg.: Hermann Wiegand, Alfried Wieczorek, Christoph Lind, Morio Verlag 2019, ISBN 978-3-945424-80-3.
  • Michael Buhrs: Jules Chéret. Künstler der Belle Époque und Pionier der Plakatkunst; Ausstellung „Jules Chéret (1836–1932). Künstler der Belle Époque und Pionier der Plakatkunst“ im Museum Villa Stuck, Arnold, Stuttgart 2011. ISBN 978-3-89790-356-2.
  • Jutta Zander-Seidel: Kleiderwechsel. Frauen-, Männer- und Kinderkleidung des 18. bis 20. Jahrhunderts.– Die Schausammlungen des Germanischen Nationalmuseums, Bd. 1, Germanisches Nationalmuseum Abt. Verlag 2002.
  • Jürgen Schultze, Ursula Bode (Hrsg.): Paris – Belle Époque. Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München, 16. Dezember 1994 bis 26. Februar 1995. Hirmer Verlag 1994, ISBN 978-3-7774-6570-8.
  • Catherine Join-Diéterle: Die Pariser Mode der Belle Époque, in: Paris - Belle Époque, Ausstellungskatalog Kulturstiftung Ruhr, Villa Hügel Essen, Recklinghausen 1994, S. 55–70.
  • Michael Koch und Bayerisches Nationalmuseum (Hrsg.): Pariser Schmuck. Vom 2. Kaiserreich zur Belle Époque. Katalog zur Ausstellung des Bayerischen Nationalmuseums vom 1. Dezember 1989 bis zum 4. März 1990. Hirmer Verlag, München 1989. ISBN 978-3-7774-5220-3.

Historischer Kontext

  • Wm. Roger Louis (Hrsg.): The Oxford History of the British Empire. Oxford University Press, Oxford und New York 1998–1999. 5 Bände: davon Band III: Andrew Porter (Hrsg.): The Nineteenth Century. 1998, ISBN 0-19-924678-5.
  • James Olson: Historical Dictionary of the British Empire. Greenwood Publishing Group, Santa Barbara 1996, ISBN 0-313-29366-X.

Kolonialismus

  • Eva-Maria Schnurr und Frank Patalong (Hrsg.): Deutschland, deine Kolonien. Geschichte und Gegenwart einer verdrängten Zeit. DVA, München 2022, ISBN 978-3-421-07002-9.
  • Wolfgang Reinhard: Die Unterwerfung der Welt. Eine Globalgeschichte der europäischen Expansion 1450–2015. 4. Auflage. München 2016, ISBN 978-3-406-68718-1.
  • Reinhard Wendt: Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, 2., aktual. Aufl., Paderborn 2016. ISBN 978-3-8252-4236-7.

Wirtschaft

  • Joachim Mohr, Eva-Maria Schnurr (Hrsg.): Die Gründerzeit. Wie die Industrialisierung Deutschland veränderte. DVA, München 2019, ISBN 978-3-421-04843-1.
  • Leon Fink: The Long Gilded Age: American Capitalism and the Lessons of a New World Order. University of Pennsylvania Press, Philadelphia 2018, ISBN 978-0-8122-2413-9.
  • Zephyr Teachout: Corruption in America: From Benjamin Franklin’s Snuff Box to Citizens United. Harvard University Press, Cambridge 2014, ISBN 978-0-674-05040-2, S. 174–182 (= 8. The Gilded Age).
  • Charles W. Calhoun (Hrsg.): The Gilded Age: Perspectives on the Origins of Modern America. 2. Auflage. Rowman & Littlefield, Lanham 2006, ISBN 978-0-7425-5038-4.
  • Rudolf Rübberdt: Geschichte der Industrialisierung. Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg in unsere Zeit, München 1972.

Weltausstellungen

Technischer Fortschritt

  • Hollis Clayson: Illuminated Paris. Essays on Art and Lighting in the Belle Époque. The University of Chicago Press 2019. ISBN 978-0-226-59386-9.
  • Iris Kronauer: Zur Faszination von Technik. Elektrizität auf der Pariser Weltausstellung von 1900 und das Urteil deutscher Kommentatoren. MA, TU Berlin, 1993.
  • Christophe Prochasson: Les années électriques (1880–1910). Suivi d'une chronologie culturelle détaillée de 1879 à 1911 établie par Véronique Julia. éditions La Découverte 1991. ISBN 978-2-7071-2006-9.
  • Robert Wall: Die goldene Zeit der Ozeanriesen. Bertelsmann 1977. ISBN 978-3-570-06430-6.
  • Ludwig Croon: Das Fahrrad und seine Entwicklung. Deutsches Museum, Abhandlungen und Berichte. VDI-Verlag, Berlin 1939.

Gesellschaft und Alltagskultur

  • Amelie Soyka: Tanzen und tanzen und nichts als tanzen. Tänzerinnen der Moderne von Josephine Baker bis Mary Wigman. Berlin 2004. ISBN 978-3-932338-54-0.
  • Günter Erbe: Dandys – Virtuosen der Lebenskunst. Eine Geschichte des mondänen Lebens. Böhlau 2002. ISBN 978-3-412-05602-5.
  • Martin P. Johnson: The Dreyfus Affair. Honor and Politics in the Belle Époque. Macmillan Education 1999. ISBN 978-0-333-68267-8.
  • Werner Ross: Bohemiens und Belle Époque. Als München leuchtete. Siedler Verlag 1997. ISBN 978-3-88680-611-9.
  • Ute Frevert (Hrsg.): Bürgerinnen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert, Göttingen 1988.
  • Jeffrey D. Needell: A Tropical Belle Époque. The Elite Culture of Turn-of-the-Century Rio de Janeiro. Cambridge University Press 1987.
  • Walter Baumann (Hrsg.): Zürich, la belle époque: Attraktionen, Sensationen und Illusionen aus der Zeit, als Zürich eine Grossstadt werden wollte. Orell Füssli 1984.
  • Leopold Reutlinger: Die Schönen von Paris. Fotografien aus der Belle Époque. Hrsg. von Robert Lebeck. Nachwort von Nicolaus Neumann. Hardenberg 1981. ISBN 978-3-88379-227-9.
  • Georg Ramseger, Michel Melot: Die Belle Époque und ihre Kritik. Die Karikatur schreibt Geschichte. Edition Andre Sauret 1980. ISBN 978-3-295-00251-5.
  • Albert Robida: Luftschlösser der Belle Époque. Die besten utopischen Bilder aus „Le Vingtième siècle (1883)“. Hrsg. von Winfried Petri. Harenberg Verlag 1979. ISBN 978-3-88379-097-8.
  • Gabriel Marcel Thomas: La Bretagne a la Belle Époque. s.p.r.l., Brüssel 1975.
  • Jost Hermand: Der Schein des schönen Lebens. Studien zur Jahrhundertwende (Athenäum Paperbacks Germanistik; 12). Frankfurt am Main 1972.

Kaufhäuser

  • Geoffrey Crossick, Serge Jaumain (Hrsg.): Cathedrals of Consumption. European Department Stores, 1850–1939. Routledge Revivals 2019 (Reprint from 1999). ISBN 978-0-367-13393-1.
  • Jan Whitaker: Wunderwelt Warenhaus. Eine internationale Geschichte. Gerstenberg, Hildesheim 2013. ISBN 3-8369-2745-4.
  • Jan Whitaker: The World of Department Stores. Vendome Press 2011. ISBN 978-0-86565-264-4.
  • Michael B. Miller: The Bon Marché. Bourgeois Culture and the Department Store, 1869–1920. Princeton University Press 1994. ISBN 978-0-691-03494-2.
  • William R. Leach: Land of Desire. Merchants, Power, and the Rise of a New American Culture. Vintage 1994. ISBN 978-0-679-75411-4.

Tourismus

  • Bertram M. Gordon: The Emergence of France as a Tourist Icon in the Belle Époque, in: Bertram M. Gordon: War Tourism. Second World War France from Defeat and Occupation to the Creation of Heritage, Cornell University Press 2018, ISBN 978-1-5017-1589-1.
  • Andreas Z'Graggen: Suvretta House St. Moritz. Geschichte des Hotels. NZZ Libro, Zürich 2012, ISBN 978-3-03823-819-5.
  • Gabriele M. Knoll: Kulturgeschichte des Reisens. Von der Pilgerfahrt zum Badeurlaub, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2006. ISBN 978-3-534-17676-2.
  • Andreas Mai: Touristische Räume im 19. Jahrhundert. Zur Entstehung und Ausbreitung von Sommerfrischen.– Werkstattgeschichte Bd. 36, Essen 2004.
  • Arthur Schärli: Höhepunkt des schweizerischen Tourismus in der Zeit der „Belle Epoque“ unter besonderer Berücksichtigung des Berner Oberlandes. Kulturgeschichtliche Regionalstudie. Peter Lang 1984. ISBN 978-3-261-03424-3.

Frauen

  • Sonja Duska: Modegeschichten. Die Damenwelt des 19. Jahrhunderts, Morio Verlag 2019, ISBN 978-3-945424-73-5.
  • Ingo Rose, Barbara Sichtermann: Kurtisanen, Konkubinen & Mätressen, ebersbach & simon, Berlin 2016. ISBN 978-3-86915-133-5.
  • Willi Wottreng: Lydia Welti-Escher. Eine Frau in der Belle Époque. Elster-Verlag 2014. ISBN 978-3-906065-22-9.
  • Rachel Mesch: Having It All in the Belle Epoque. How French Women's Magazines Invented the Modern Woman, Stanford University Press 2013, ISBN 978-0-8047-8713-0.
  • Paul Fryer (Hrsg.): Women in the Arts of the Belle Epoque. Essays on Influential Artists, Writers and Performers. McFarland & Co 2012. ISBN 978-0-7864-6075-5.
  • Diana Holmes, Carrie Tarr (Hrsg.): A Belle Epoque? Women and Feminism in French Society and Culture 1890–1914. Berghahn Books 2006, ISBN 978-0-231-55438-1.
  • Sabine Welsch: Ausstieg aus dem Korsett. Reformkleidung um 1900. 2. Auflage. Häußer, Darmstadt 2003, ISBN 3-89552-082-9.
  • Marie Louise Roberts: Disruptive Acts. The New Woman in Fin-de-Siecle France. The University of Chicago Press 2002. ISBN 978-0-226-72124-8.
  • Anita Ulrich: Bordelle, Strassendirnen und bürgerliche Sittlichkeit in der Belle Epoque. Eine sozialgeschichtliche Studie der Prostitution am Beispiel der Stadt Zürich. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft der Stadt Zürich, Band 52, Heft 3, 1985. ISBN 3-906399-00-1.[238]

Sport

  • Philippe Gaboriou: The Tour de France and cycling's Belle Époque. in: The International Journal of the History of Sport, Volume 20, Issue 2, 2003.
  • Jean-Michel Barrault: Die Belle Époque des Segelsports. BLV Verlagsgesellschaft. München 2004. ISBN 978-3-405-16639-7.
  • Renate Schuster, Ralf Michael Schupsky: Fußball und die Belle Époque. Entstehung der Fußballclubs und die Zeit des Jugendstils, Edo-Verlag Saarbrücken 2015. ISBN 978-3-639-54952-2.

Kunst und Kultur

  • Hans-Martin Sigrist: Auf der Brücke zur Moderne. Basels erster Film als Panorama der Belle Époque. Christoph Merian Verlag 2019. ISBN 978-3-85616-901-5.
  • Thomas Bauer-Friedrich, Robert Fajen, Ralph Ludwig (Hrsg.): Die schöne Zeit. Zur kulturellen Produktivität von Frankreichs Belle Époque, transcript Verlag 2018, ISBN 978-3-8376-3901-8.
  • Mary Mcauliffe: Twilight of the Belle Époque. The Paris of Picasso, Stravinsky, Proust, Renault, Marie Curie, Gertrude Stein and their Friends through the Great War. Rowman & Littlefield 2017. ISBN 978-1-4422-7613-0.
  • Mary Mcauliffe: Dawn of the Belle Époque. The Paris of Monet, Zola, Bernhardt, Eiffel, Debussy, Clemenceau and their Friends. Rowman & Littlefield 2014. ISBN 978-1-4422-0928-2.
  • Jacques Le Rider, Christian Winterhalter (Übersetzer): Arthur Schnitzler oder die Wiener Belle Époque. Passagen Verlag 2013. ISBN 978-3-7092-0094-0.
  • Marjan Sterckx, Leen Engelen: Between Studio and Snapshot. Belle Époque Picture Postcards of Urban Statues. In: History of Photography, Volume 37, 2013, Issue 4. https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/03087298.2013.839532
  • Davinia Caddy: The Ballets Russes and Beyond. Music and Dance in Belle-Époque Paris. Cambridge University Press 2012. ISBN 978-1-139-02818-9.
  • Werner Brunner: Wandbilder der Belle Époque in europäischen Wohn- und Geschäftshäusern, Deutscher Kunstverlag, Berlin München 2011. ISBN 978-3-422-07001-1.
  • Roy Johnston: Parisian Architecture of the Belle Époque. John Wiley 2007. ISBN 978-0-470-01555-1.
  • Jürgen Döring: Toulouse-Lautrec und die Belle Époque. Prestel 2002. ISBN 978-3-7913-2805-8.
  • Thomas Hunkeler; Lucius Keller (Hrsg.): Marcel Proust und die Belle Époque: Beiträge des Symposions Proust und die Belle Époque der Marcel-Proust-Gesellschaft in Hamburg 1999, Insel-Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 2002. ISBN 978-3-458-17119-5.
  • Renate Ulmer; Lee Traynor (Übersetzung); Annie Doehner (Übersetzung): Jugendstil in Darmstadt, Roether Verlag Darmstadt 1997.
  • Ursula E. Koch, Markus Behmer: Grobe Wahrheiten – Wahre Grobheiten, Feine Striche – scharfe Stiche. Jugend, Simplicissimus und andere Karikaturen-Journale der Münchner Belle Époque als Spiegel und Zerrspiegel der kleinen wie der großen Welt. Verlag Reinhard Fischer 1996. ISBN 978-3-88927-198-3. Katalog zur Ausstellung des Instituts für Kommunikationswissenschaft (Zeitungswissenschaft) der LMU München.
  • Andreas Lepik: Die Zurückführung der Kunst ins Leben: Karl Ernst Osthaus und das Museum Folkwang. In: Manet bis van Gogh, Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne. Ausstellungskatalog. Prestel, Berlin/ München 1996, ISBN 3-7913-1748-2.
  • Jean-Louis Ferrier: Fauvismus – Die Wilden in Paris. (Aus dem Französischen übersetzt von Diethard H. Klein), Editions Pierre Terrail, Paris 1992, ISBN 2-87939-053-2.
  • Wolfgang Asholt: Gesellschaftskritisches Theater im Frankreich der Belle Époque (1887–1914). Carl Winter Verlag 1984. ISBN 3-533-03547-6.[239]
  • Stephen Kern: The Culture of Time and Space 1880–1918. Harvard University Press 1983, ISBN 0-674-02169-X.
  • Joachim Schultz: Literarische Manifeste der „Belle Epoque“ Frankreich 1886–1909. Versuch einer Gattungsbestimmung. Bayreuther Beiträge zur Literaturwissenschaft. Peter Lang 1980. ISBN 978-3-8204-5950-0.
  • Hans Jürgen Hansen (Hrsg.): Das pompöse Zeitalter. Zwischen Biedermeier und Jugendstil, Oldenburg/ Hamburg 1970.
  • Jean Leymarie: Fauvismus. (Aus dem Französischen übersetzt von Karl Georg Hemmerich), Editions d’Art, Albert Skira Verlag, Genève 1959.

Wissenschaftsgeschichte

  • W. Boyd Rayward (Hrsg.): Information Beyond Borders. International Cultural and Intellectual Exchange in the Belle Époque. Ashgate 2014. ISBN 978-1-4094-4225-7.
  • Olivier Jouanjan: Die Belle Époque des Verwaltungsrechts. Zur Entstehung der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft in Europa (1880–1920) in: Armin von Bogdandy, Peter Michael Huber: Handbuch IuS Publicum Europaeum, Band IV, C.F. Müller 2011, S. 425–459. ISBN 978-3-8114-4114-9.
Commons: Belle Époque – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Belle Époque – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Rundfunk:

Museen:

Wechselausstellungen:

  • La Bohème. Toulouse-Lautrec und die Meister von Montmartre[246], Ausstellung im Kurpfälzischen Museum Heidelberg vom 5. März 2023 bis 11. Juni 2023. La Bohème wurde in Zusammenarbeit mit dem Musée d’Ixelles, Brüssel, und dem Institut für Kulturaustausch in Tübingen organisiert. Exponate aus der Sammlung des Kurpfälzischen Museums und einer bedeutenden Heidelberger Privatsammlung ergänzten die Schau.

Einzelnachweise

  1. Vanessa R. Schwartz: What's in a 'Chrononyme'?, About: Dominique Kalifa, La véritable histoire de la Belle Époque, Fayard. In: booksandideas.net. 22. Januar 2018, abgerufen am 1. August 2023.
  2. Damaris Nübling: Zeitnamen. (PDF) In: Namenarten und ihre Erforschung. Ein Lehrbuch für das Studium der Onomastik. Andrea Brendler und Silvio Brendler, 2004, abgerufen am 1. August 2023.
  3. Was the Belle Époque in France really that „belle“? In: offbeatfrance.com. Abgerufen am 25. Juli 2023.
  4. Ambivalenz und Verschmelzung im „Jugendstil“. Publikationsorgan des Monats „Jugend“ (1896–1940). Arbeitsstelle für Geschichte der Publizistik - Historisches Institut, Universität zu Köln, 2. Juni 2022, abgerufen am 28. Juli 2023.
  5. Belle Epoque oder wie schön ist es wirklich? zeitklicks.de, abgerufen am 18. Juli 2023.
  6. Albert Tanner: Belle Époque. Historisches Lexikon der Schweiz, 23. Mai 2002, abgerufen am 18. Juli 2023.
  7. Die Zeit um 1900 oder Was ist Belle Époque? In: badnauheim.tour-de-kultur.de. Abgerufen am 18. Juli 2023.
  8. Dominique Kalifa: « Belle Époque »: invention et usages d'un chromonyme. In: https://doi.org/10.4000/rh19.4997. 2016, abgerufen am 29. August 2023.
  9. Dominique Kalifa: The Belle Époque.A Cultural history, Paris and Beyond. Columbia University Press, 2021, S. 3.
  10. Marie-Claire Bancquart: Paris „Belle Époque“ par ses écrivains. AdamBiro/Paris Musées, 1997, S. 10.
  11. Charles Péguy: L'Argent. Cahiers de la quinzaine, 1913.
  12. Matthias Schulz: Das 19. Jahrhundert (1789–1914). Hrsg.: Michael Erbe (= Grundkurs Geschichte). Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-17-018974-4, S. 198,201–202,210,227–230,239,258,267.
  13. Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen -Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 45.
  14. Die Neuerfindung der Schweiz in 51 Tagen: Die Verfassung, die keiner wollte In: Neue Zürcher Zeitung vom 10. April 2023
  15. Andreas Kley: Bundesverfassung (BV). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  16. Bourbakipanorama: Die Internierung der Bourbaki-Armee 1871.
  17. Robin Schwarzenbach: Bundesrat gegen General: Mitten im Deutsch-Französischen Krieg kommt es in der Schweiz zu einem gefährlichen Machtkampf. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. Januar 2020.
  18. Robin Schwarzenbach: Der Deutsch-Französische Krieg und seine Folgen – und wie das Bourbaki-Panorama nach Luzern kam. In: Neue Zürcher Zeitung. 30. Januar 2021.
  19. Robin Schwarzenbach: Die Bourbakis kommen! In: Neue Zürcher Zeitung. 30. Januar 2021.
  20. Johann Langhard: Die anarchistische Bewegung in der Schweiz: von ihren Anfängen bis zur Gegenwart und die internationalen Führer. O. Häring Verlag, Berlin 1903 (Digitalisat online).
  21. Olson: Historical Dictionary of the British Empire. S. 285.
  22. Porter: The Nineteenth Century. S. 8.
  23. Jürgen Osterhammel: Die Welt 1880 bis 1914. Der Aufstieg der USA zur Weltmacht, In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 315, Das 19. Jahrhundert. Bundeszentrale für politische Bildung, S. 80.
  24. Gerd Schneider, Christiane Toyka-Seid: Imperialismus, in: Das junge Politik-Lexikon, Bundeszentrale für politische Bildung, 2023.
  25. Lucien Sève: Freidenker und Barbaren. Le Monde diplomatique, 12. Juli 2013, abgerufen am 5. November 2013.
  26. Angelo Maiolino: Liberalismus: Die Freiheit des Geldes. In: woz.ch. 9. September 2010, abgerufen am 5. November 2023.
  27. Die Geschichte des Museums. In: africamuseum.be. Abgerufen am 25. August 2023.
  28. Anne Dreesbach: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung exotischer Menschen in Deutschland 1840–1940. 1. Auflage Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005, ISBN 3-593-37732-2, S. 249, 250
  29. Bernhard von Bülow, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes in einer Rede im Reichstag am 6. Dez.1897, zit. bei Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht 1871–1918, Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs, Frankfurt/Main 2013, S. 193; s. auch: M. Epkenhans, Wilhelminische Flottenrüstung, S. 15ff., 36.
  30. Lewis M. Chere: The Diplomacy of the Sino-French War (1883–1885): Global Complications of an Undeclared War. 1988, S. 188–190.
  31. Loyd E. Eastman: Throne and Mandarins: China`s Search for a Policy during the Sino-French Controversy. 1967, S. 200–205.
  32. Lung Chang: 越南與中法戰爭. 1993, S. 6.
  33. Wie schön war die Belle Époque? Felsenweg. Lernpfad mit Aussicht. (PDF) Pädagogische Hochschule Luzern, Bürgenstock Kunst- und Kulturstiftung, abgerufen am 13. August 2023.
  34. Georg Erdmann, Peter Zweifel: Energieökonomik: Theorie und Anwendungen. Gabler Wissenschaftsverlag, 2008, ISBN 978-3-540-70773-8, S. 258 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  35. Michael North: Kleine Geschichte des Geldes. C.H. Beck, München 2009, S. 150/151.
  36. Ralph Dietl: USA und Mittelamerika. Die Außenpolitik von William J. Bryan, 1913–1915, Franz Steiner Verlag Stuttgart, ISBN 3-515-06914-3, S. 231 (Google books)
  37. Kolonialwaren. In: kolonialgeschichtema.com. Abgerufen am 19. August 2023.
  38. Barbara Ritter: Vortragsreihe Kolonialismus: Feinkost aus „Übersee“. EDEKA und die Kolonialwarenhändler. Mannheimer Abendakademie, 13. Juli 2021, abgerufen am 19. August 2023.
  39. Für was steht eigentlich der Name Edeka? Eine Geschichte der Kolonialwarenläden und Einkaufsgenossenschaften am Beispiel von Deutschlands größtem Lebensmittelhändler. In: historischer-augenblick.de. 28. September 2021, abgerufen am 20. August 2023.
  40. Uwe Spiekermann: Die Edeka. Entstehung und Wandel eines Handelsriesen. In: Peter Lummel, Alexandra Deak (Hrsg.): Einkaufen! Eine Geschichte des täglichen Bedarfs. Freunde der Domäne Dahlem, Berlin 2005, ISBN 3-9802192-5-9.
  41. Der Beginn der Lebensmittelindustrie. Jagdmuseum und Landwirtschaftsmuseum Schloss Stainz, abgerufen am 19. August 2023.
  42. Frank-Lothar Kroll: Geburt der Moderne, Politik, Gesellschaft und Kultur vor dem Ersten Weltkrieg, Bonn 2013 (Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1340), S. 92.
  43. Lena Christolova: Das Mundaneum oder das papierne Internet von Paul Otlet und Henri La Fontaine. In: Stefan Böhme, Rolf F. Nohr, Serjoscha Wiemer (Hrsg.): Sortieren, Sammeln, Suchen, Spielen. Die Datenbank als mediale Praxis. LIT, Münster 2012, S. 31 - 54.
  44. Jürgen Osterhammel: Die Welt 1850 bis 1880. Kommunikationsrevolution und Standardisierung, In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 315, Das 19. Jahrhundert. Bundeszentrale für politische Bildung, S. 54.
  45. History: The Beginning. paris.icao.int, abgerufen am 26. August 2023.
  46. Franziska Koller: Entwicklungszusammenarbeit und Ethik. (= St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik. 40). Haupt, Bern u. a. 2007, ISBN 978-3-258-07149-7, S. 38 f.
  47. Alexander C.T. Geppert: Fleeting Cities. Imperial Expositions in Fin-de-Siècle Europe. Palgrave Macmillan 2010. ISBN 978-1-137-35832-5.
  48. Stichtag 6. Mai 1889: Weltausstellung in Paris eröffnet. Westdeutscher Rundfunk, 6. Mai 2014, abgerufen am 5. September 2023.
  49. Irene Meichsner: Weltausstellung vor 125 Jahren. Sensationelle Technik und ein neues Wahrzeichen. Deutschlandfunk, 6. Mai 2014, abgerufen am 5. September 2023.
  50. Pascal Blanchard, Sandrine Lemaire u.a: Menschenzoos als Instrument der Kolonialpropaganda. In: Le Monde diplomatique, 11. August 2000, S. 16.
  51. Pariser Weltausstellung 1889: Dolmetschermangel führt zu „mißlichen linguistischen Zuständen“ – UEPO.de. Abgerufen am 6. September 2023.
  52. Die Weltausstellung 1893 in Chicago: Vorgeschichte (Memento vom 9. Oktober 2007 im Internet Archive), expo2000.de, abgerufen am 5. März 2011
  53. Bird's-Eye View of the World's Columbian Exposition, Chicago, 1893. In: World Digital Library. 1893, abgerufen am 17. Juli 2013.
  54. Andreas Krock: Mannheims Belle Époque. Tanz und Taumel einer Epoche, S. 95.
  55. Arnd Krüger: Neo-Olympismus zwischen Nationalismus und Internationalismus, in: Horst Ueberhorst (Hrsg.): Geschichte der Leibesübungen, Bd. 3/1, Berlin: Bartels & Wernitz 1980, 522 – 568.
  56. Arbeitsausschuss der Deutschen Kolonial-Ausstellung (Hrsg.): Deutschland und seine Kolonien im Jahre 1896; amtlicher Bericht über die erste Deutsche Kolonial-Ausstellung (online bei Archive.org)
  57. Anne Dreesbach: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer Menschen“ in Deutschland 1870–1940. 1. Aufl. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005, ISBN 3-593-37732-2, S. 249/250
  58. Anne Dreesbach: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer“ Menschen in Deutschland 1870–1940. 1. Aufl. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005, ISBN 3-593-37732-2. S. 285
  59. Hans-Werner Hahn: Die industrielle Revolution in Deutschland. München, 2005: S. 42
  60. Christian Kleinschmidt: Technik und Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen, 2007 S. 94
  61. Dick van Lente, Bert Altena: Gesellschaftsgeschichte der Neuzeit 1750–1989 Göttingen, 2009 S. 169
  62. Andreas Bähr: Ein „Schauspiel“, „schrecklich“ und „wundervoll“ anzusehen: Überlebensgeschichten vom Untergang der Titanic 1912, Historische Zeitschrift/ Sonderheft 298/1, Berlin 2014, S. 63.
  63. Eberhard Mertens: Die HAPAG-Riesen der Imperator-Klasse. Die Geschichte der Luxusschiffe Imperator - Vaterland - Bismarck in Bildern und Zeitdokumenten, Hildesheim-New York 1974, S. 4.
  64. Eberhard Mertens: Die HAPAG-Riesen der Imperator-Klasse. Die Geschichte der Luxusschiffe Imperator - Vaterland - Bismarck in Bildern und Zeitdokumenten, Hildesheim-New York 1974, S. 4, 80.
  65. Barbara Driessen: Tragödie der Technik, Triumph der Medien. Die Berichterstattung über den Untergang der Titanic in der zeitgenössischen deutschen und britischen Presse, Münster 1999, S. 94.
  66. Theodor Fontane: Die Brück am Tay. In: Ders.: Gedichte. (= Große Brandenburger Ausgabe). Teil I. 2. Auflage. 1995, ISBN 3-351-03103-3, S. 153–155.
  67. Ulrich Herbert: Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert München 2014, S. 30.
  68. Rudolf Rübberdt: Geschichte der Industrialisierung. Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg in unsere Zeit, München 1972, S. 93 f.f.
  69. Thomas Rietig: 100 Jahre Führerschein; stern.de, 23. November 2004, abgerufen am 5. April 2021.
  70. Ludwig Croon: Das Fahrrad und seine Entwicklung. Deutsches Museum, Abhandlungen und Berichte. VDI-Verlag, Berlin 1939., S. 182.
  71. Lee Maxwell: Who Invented the Electric Washing Machine? An Example of how Patents are Misused by Historians. 2009; oldewash.com (PDF; 373 kB).
  72. Andreas Krock: Mannheims Belle Époque. Tanz und Taumel einer Epoche, S. 30.
  73. Craig Brandon: The Electric Chair. An Unnatural American History. McFarland and Company Publishers, Jefferson / London 1999, S. 7.
  74. Édouard Estaunié: Traité pratique de Télécommunication électronique, 1904.
  75. Erik Born: Entkabelung in der Belle Époque. In: medium.com. 2016, abgerufen am 13. August 2023.
  76. Erik Born: Going Wireless in the Belle Époque. In: continentcontinent.cc. 2018, abgerufen am 13. August 2023.
  77. Jürgen Osterhammel: Die Welt 1850 bis 1880. Kommunikationsrevolution und Standardisierung, In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 315, Das 19. Jahrhundert. Bundeszentrale für politische Bildung, S. 54.
  78. R. W. Simons: Guglielmo Marconi and Early Systems of Wireless Communication. (PDF) 1996, abgerufen am 31. März 2016.
  79. Kommunikation in der Belle Époque. Deutsches Kunststoffmuseum, abgerufen am 13. August 2023.
  80. Patent US889823A: Carpet Sweeper and Cleaner. Angemeldet am 14. September 1907, veröffentlicht am 2. Juni 1908, Erfinder: James M. Spangler.
  81. Jürgen Wilke: Auf dem Weg zur „Großmacht“: Die Presse im 19. Jahrhundert. In: Rainer Wimmer (Hrsg.): Das 19. Jahrhundert: Sprachgeschichtliche Wurzeln des heutigen Deutsch. de Gruyter, 1991, S. 73–94.
  82. Volker Barth: Wa(h)re Fakten. Wissensproduktionen globaler Nachrichtenagenturen 1835–1939. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2020, ISBN 978-3-525-37085-8.
  83. Ruth Harris: The Man on Devil’s Island. Alfred Dreyfus and the Affair that divided France. London 2011, S. 5.
  84. Jürgen Kocka: Bürger und Bürgerlichkeit im Wandel. Bundeszentrale für politische Bildung, APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte, 14. Februar 2008, abgerufen am 1. August 2023.
  85. Erika Thiel; Mechthild Frick: Kunstfibel, Herschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1989, S. 210.
  86. Andreas Lepik: Die Zurückführung der Kunst ins Leben: Karl Ernst Osthaus und das Museum Folkwang. S. 302.
  87. Vgl., Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen -Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 48.
  88. Sabine Reinelt: Puppenküche und Puppenherd in drei Jahrhunderten. Weingarten, 2002, S. 96.
  89. Vgl., Wilfried Rosendahl, Christoph Lind, Eva-Maria Günther: Katalog zur Sonderausstellung Kinderträume. Spielen - Lernen -Leben um 1900 in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Nünnerich-Asmus 2023, S. 64.
  90. Hugh Dauncey: The Belle Époque and the First World War: Industry, Sport, Utility and Leisure, 1903 - 1918. In: French Cycling: A Social and Cultural History. Liverpool University Press, 2012, S. 75–101.
  91. Jürgen Brundert: Der Sportclub „Frankfurt 1880“ e. V. Eine Frankfurter Jahrhundertgeschichte. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-7829-0534-2, S. 140.
  92. Frankfurter Nachrichten, 22. Oktober 1910
  93. Frankfurter Nachrichten, 17. März 1905.
  94. Melanie Lenk: Camillo Sitte und die Garden City. Studienarbeit. GRIN Verlag, München 2007, ISBN 978-3-640-17150-7, S. 20.
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  104. Leo Colze: Berliner Warenhäuser. Fannei & Walz, Berlin 1989, Nachdruck der Erstausgabe von Verlag Hermann Seemann Nachf., Berlin & Leipzig 1908, S. 23.
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  113. Eric J. Hobsbawm: Das imperiale Zeitalter 1875–1914, Frankfurt/Main-New York 1989, S, 252f.
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  115. Eric J. Hobsbawm: Das imperiale Zeitalter 1875–1914, Frankfurt/Main-New York 1989, S. 236.
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  117. Eric J. Hobsbawm: Das imperiale Zeitalter 1875–1914, Frankfurt/Main-New York 1989, S. 267. Zur Frauenbewegung in Deutschland ausführlich auch: Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 3. Bd.: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849–1914, München 1995, S. 1090ff.
  118. Michaela Karl: Die Geschichte der Frauenbewegung, Stuttgart 2011 S. 32ff.
  119. Eric J. Hobsbawm: Das imperiale Zeitalter 1875–1914, Frankfurt/Main-New York 1989, S. 256.
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  244. Hidden Belgium: Belle Epoque Museum. The Brussels Times, 30. Juni 2022, abgerufen am 23. Juli 2023.
  245. Belle-Époque-Museum. Waldhaus Flims, abgerufen am 23. Juli 2023.
  246. La Bohème. Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre. Kurpfälzisches Museum Heidelberg, abgerufen am 23. Juli 2023.
  247. Ausstellung: 1914 – Das Ende der Belle Époque. Bröhan-Museum, abgerufen am 23. Juli 2023.
  248. BELLE ÉPOQUE. Toulouse-Lautrec, Chéret, Steinlen und weitere Meister französischer Plakatkunst. In: Buchheim Museum. Abgerufen am 23. Juli 2023.