„Naumann-Kreis“ – Versionsunterschied
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Der '''Naumann-Kreis''' war eine Gruppe ehemaliger [[Nationalsozialisten]] um [[Werner Naumann]], den letzten [[Staatssekretär]] des [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Reichspropagandaministers]] [[Joseph Goebbels]]. Der Naumann-Kreis war anfangs ein „loses Netzwerk“, das sich immer mehr zu einem „neo-nationalsozialistischen [[Geheimbund]] entwickelte und in seinem Charakter die anti-republikanischen Bünde, Freundeskreise und Clubs der [[Weimarer Republik]] imitierte“.<ref>Max Bonacker: ''Goebbels’ Mann beim Radio. Der NS-Propagandist Hans Fritzsche (1900–1953).'' Dissertation, Universität Hamburg 2006, Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58193-5 |
Der '''Naumann-Kreis''' oder '''Gauleiter-Kreis''' war eine Gruppe ehemaliger [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] um [[Werner Naumann]], den letzten [[Staatssekretär]] des [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Reichspropagandaministers]] [[Joseph Goebbels]]. Der Naumann-Kreis war anfangs ein „loses Netzwerk“, das sich immer mehr zu einem „neo-nationalsozialistischen [[Geheimbund]] entwickelte und in seinem Charakter die anti-republikanischen Bünde, Freundeskreise und Clubs der [[Weimarer Republik]] imitierte“.<ref>Max Bonacker: ''Goebbels’ Mann beim Radio. Der NS-Propagandist Hans Fritzsche (1900–1953).'' Dissertation, Universität Hamburg 2006, Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58193-5.</ref> Der Naumann-Kreis versuchte unter anderem 1952/53 mit dem Schwerpunkt [[FDP Nordrhein-Westfalen|Landesverband Nordrhein-Westfalen]] die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu unterwandern. Die britischen Besatzungsbehörden verhafteten Anfang 1953 einige Mitglieder der Gruppe. |
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== Geschichte == |
== Geschichte == |
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|Text=Ob man eine liberale Partei am Ende in eine NS-Kampfgruppe umwandeln […] kann, möchte ich bezweifeln, wir müssen es aber auf einen Versuch ankommen lassen. […] Gäbe es keine FDP, müßte sie noch heute gegründet werden. |
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|ref=<ref>Akten der [[Control Commission for Germany/British Element]], detachment 1014, S. 610. Siehe auch: Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 154.</ref>}} |
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|Text=Die Hauptsache ist, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren und die Parteien bloß als ein Mittel zum Zweck anzusehen. Es wäre am besten, wenn wir unsere Leute in allen Parteien hätten, was teilweise sowieso der Fall ist. |
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⚫ | |ref=<ref>Mit „Kontakt“ und „unseren Leuten“ ist das Netzwerk von Nationalsozialisten nach 1945 gemeint. Quelle: {{Literatur |Autor=Kurt P. Tauber |Titel=[[:en:Beyond Eagle and Swastika|''Beyond Eagle and Swastika. German Nationalism since 1945'']] |Band=1 |Ort=Middletown |Datum=1967 |Seiten=140}}</ref>}} |
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Diese Aussagen Naumanns bei einem Treffen des „Gauleiter-Kreises“ in Hamburg am 18. November 1952 zeigen<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 154.</ref> |
Diese Aussagen Naumanns bei einem Treffen des „Gauleiter-Kreises“ in Hamburg am 18. November 1952 zeigen,<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 154.</ref> warum Mitglieder seines Kreises u. a. in die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] eintraten. Führende Mitglieder des Kreises neben dem Namensgeber waren [[Heinrich Haselmayer]], [[Karl Kaufmann (Gauleiter)|Karl Kaufmann]], [[Karl Scharping]], [[Gustav Adolf Scheel]], Heinz Siepen, [[Franz Six|Franz Alfred Six]] und der ehemalige [[SS- und Polizeiführer]] [[Paul Zimmermann (SS-Mitglied)|Paul Zimmermann]]. |
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Nach [[Lutz Hachmeister]] hieß die Initiative zunächst |
Nach [[Lutz Hachmeister]] hieß die Initiative zunächst '''Hundertmann-Gruppe'''.<ref>Lutz Hachmeister: ''Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six''. Beck, München 1998, S. 294 ff.</ref> [[Paul Carell|Paul Karl Schmidt]] engagierte sich bei deren Gründung. Er war schon 1943 als Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes ein Kollege von Six, der damals Leiter der „Kulturpolitischen Abteilung“ war. Hitler-Mythos und Antisemitismus wurden jetzt als nicht mehr zeitgemäß abgelehnt. Die Debatte um die Teilhabe ehemaliger „Eliten“, wie sich diese Leute verstanden, an Kriegsverbrechen sollte durch eine „Generalamnestie“ ein für alle Mal beendet werden.<ref>Lutz Hachmeister: ''Der Gegnerforscher, Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six'', S. 294 ff.; [[Wigbert Benz]]: [http://www.historisches-centrum.de/forum/benz04-2.html ''Die Kontinuität des Journalisten. Paul Karl Schmidt alias Paul Carell'']. In: [[Historisches Centrum Hagen]] (Hrsg.): ''Forum „Barbarossa“ online'', Beitrag 6/2004; zur „Hundertmann-Gruppe“ auch viele Details in: [http://www.zeit.de/2002/23/Deutsches_Programm ''Deutsches Programm''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 23/2002</ref> |
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Der Kreis versuchte, durch gezielte Unterwanderung u.a. der FDP ehemaligen Nationalsozialisten aus der mittleren Führungsebene politischen Einfluss zu verschaffen. Das Problem für die Bundespartei FDP war dabei, dass der ohnehin schon sehr nationalistisch eingestellte Landesverband Nordrhein-Westfalen (in [[Hessen]] und [[Niedersachsen]] sah es Anfang der 1950er-Jahre ähnlich aus) die neuen Mitglieder mit offenen Armen aufnahm, um seine Wählerbasis nach rechts zu erweitern und, so der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende [[Friedrich Middelhauve]], ehemalige Nationalsozialisten in die parlamentarische Demokratie zu integrieren. |
Der Kreis versuchte, durch gezielte Unterwanderung u. a. der FDP, ehemaligen Nationalsozialisten aus der mittleren Führungsebene politischen Einfluss zu verschaffen. Das Problem für die Bundespartei FDP war dabei, dass der ohnehin schon sehr nationalistisch eingestellte Landesverband Nordrhein-Westfalen (in [[Hessen]] und [[Niedersachsen]] sah es Anfang der 1950er-Jahre ähnlich aus) die neuen Mitglieder mit offenen Armen aufnahm, um seine Wählerbasis nach rechts zu erweitern und, so der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende [[Friedrich Middelhauve]], ehemalige Nationalsozialisten in die parlamentarische Demokratie zu integrieren. |
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|Text=Gesammelt werden soll das Landvolk auf einer Standesebene, die Soldatenbünde in einer Dachorganisation, der Einzelhandel oder die Flüchtlinge oder die Steuerzahler, wir sollten uns in den Gemeinden zu Wort melden, dort um die Bürger- und Oberbürgermeisterpositionen ringen […]. Vielleicht auch [um] den einen oder anderen Landesverband dieser oder jener Partei, – kurz – durchdringen wir das Gemeinwesen in allen seinen Verästelungen und wenn diese alle oder auch nur ein Teil von ihnen bereit sind, dann ist die Stunde gekommen zu erklären, es gibt außer den Lizenzparteien auch ein unabhängiges Deutschland. Hier ist es und so sieht es aus. |
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|Autor=Naumann |
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|Quelle=1. November 1952, Rede vor dem Gauleiter-Kreis |
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|ref=<ref>„Lizenzparteien“ = die ersten Parteien in den 3 westlichen Zonen, durch die jeweilige Besatzungsmacht zugelassen; als Schimpfwort etwa zu vgl. mit heute: „[[Systempartei]]en“. Sein Verweis auf Soldatenbünde zielte darauf, [[Freikorps]] zu gründen.</ref>}} |
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[[Werner Naumann]], [[ |
[[Werner Naumann]], [[Werner Best]], [[Franz Six|Franz Alfred Six]] und [[Hans Fritzsche]] entwarfen für Middelhauve ein ''Deutsches Programm'', einen rechtsnationalistischen Entwurf, der sich aber auf dem [[FDP-Bundesparteitag 1952|FDP-Bundesparteitag Ende November 1952 in Bad Ems]] nicht gegen das ''Liberale Manifest'' der Landesverbände [[Hamburg]], [[Bremen]] und [[Baden-Württemberg]] durchsetzen konnte. |
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Gleichzeitig verfolgte Naumann noch ein weiteres Ziel: angesichts des abzusehenden Verbotes der [[Sozialistische Reichspartei|Sozialistischen Reichspartei]]<ref>Die SRP |
Gleichzeitig verfolgte Naumann noch ein weiteres Ziel: angesichts des abzusehenden Verbotes der [[Sozialistische Reichspartei|Sozialistischen Reichspartei]],<ref>Die SRP galt aufgrund ihres relativ offenen Neonazismus aus Sicht der Naumann-Gruppe als kontraproduktiv; die Gruppe soll gemäß Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 178 sogar das Verbot der SRP forciert haben.</ref> die bei Wahlen z. T. recht erfolgreich gewesen war, nutzte der dem Naumann-Kreis zugehörige Rechtsanwalt [[Rudolf Aschenauer]] seine Position als Anwalt des SRP-Vorsitzenden [[Fritz Dorls]]. Dorls hatte Aschenauer sogar als seinen offiziellen Nachfolger für eine nationale Nachfolgepartei der SRP vorgesehen, was bundesweit bekannt war<ref>{{Der Spiegel |ID=21977412 |Titel=Wenn das Verbot kommt |Jahr=1952 |Nr=33 |Seiten=7}}</ref> – und in der Folge scheiterten alle Versuche der SRP-Führung, eine Nachfolgeorganisation aufzubauen, in die Aschenauer eingeweiht war.<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 176, Anmerkung 1075.</ref> Auch der Versuch der SRP, die sich mittlerweile sehr national gebende, ehemalige Flüchtlingspartei, [[Deutsche Gemeinschaft (Deutschland)|Deutsche Gemeinschaft]] (DG), als „Mantel“ für die im November 1952 bevorstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu benutzen, führte durch eine Pressekonferenz von Aschenauer zusammen mit dem bayrischen DG-Vorsitzenden, in der beide die bisherigen Wähler der SRP aufriefen, nunmehr die Deutsche Gemeinschaft zu wählen<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 181.</ref> zum Verbot sämtlicher DG-Wahllisten in NRW als SRP-Nachfolgeorganisationen. Damit hatte Aschenauer, der ab Frühjahr 1952 außerdem Mitglied des Verfassungsschutzes und des katholischen Nachrichtendienstes war – mit Kontakten bis hin zu Konrad Adenauer<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 176, Anmerkung 1075. Oder: Der Spiegel Nr. 44/1954; „Wenn niemand davon spricht.“ Im Internet abrufbar.</ref> sowohl die Bemühungen der SRP-Spitze, eine Nachfolgeorganisation zu bilden behindert als auch die Deutsche Gemeinschaft politisch beschädigt.<ref>Die von der Naumann-Gruppe geplante Nationale Sammlungspartei „stand in Opposition zur SRP“. Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 188.</ref> Denn Ziel der Naumann-Gruppe war es, die geplante „Nationale Sammlungspartei“ um die organisatorisch noch schwache [[Deutsche Reichspartei (1950)|Deutsche Reichspartei]] durch Einbeziehung ehemaliger SRP-Mitglieder und von regionalen nationalen Parteien (wie der Deutschen Gemeinschaft, die in Süddeutschland stärker verbreitet war) zu bilden. Diese Versuche scheiterten; dazu trug u. a. folgendes bei: |
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⚫ | Zum einen verfolgten alle Beteiligten eigene Interessen.<ref>Die Deutsche Reichspartei hielt sich relativ zurück, verlangte doch die Naumann-Gruppe aus „außenpolitischen Erwägungen“ eine Umbenennung; die SRP-Führung schaffte es dann endlich doch als „Deutsche Aufbauvereinigung“ |
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⚫ | Zum einen verfolgten alle Beteiligten eigene Interessen.<ref>Die Deutsche Reichspartei hielt sich relativ zurück, verlangte doch die Naumann-Gruppe aus „außenpolitischen Erwägungen“ eine Umbenennung; die SRP-Führung schaffte es dann endlich doch als „Deutsche Aufbauvereinigung“ am Bundestagswahlkampf teilzunehmen und die Deutsche Gemeinschaft gründete, entgegen den Intentionen Aschenauers, einen niedersächsischen Landesverband, der allerdings im März 1953 als SRP-Nachfolgeorganisation verboten wurde.</ref> Zum zweiten gründete sich die [[Gesamtdeutsche Volkspartei]] unter [[Gustav Heinemann]] (zu dieser hatte die Naumann-Gruppe ebenfalls Kontakte<ref>Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre''. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 192.</ref>). Zum dritten wurde im Januar 1953 die Naumann-Gruppe durch den britischen Geheimdienst enttarnt. |
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⚫ | In der Nacht zum 15. Januar 1953 nahmen die Briten selbst Verhaftungen vor, da deutsche Behörden dies nicht wollten. Die führenden Mitglieder des Kreises wurden auf der Grundlage von [[Alliiertes Vorbehaltsrecht|Alliierten Vorbehaltsrechten]] in Düsseldorf, Solingen und Hamburg verhaftet. In der Wohnung von [[Karl Friedrich Bornemann]] wurde das Archiv des Kreises konfisziert. In der Öffentlichkeit sprach man von der ''Naumann-Affäre'' oder der ''Gauleiter-FDP''. Der Vorwurf lautete, den Sturz der Bonner Regierung betrieben und dadurch die Sicherheit der alliierten Truppen gefährdet zu haben. Der britische Hochkommissar Sir [[Ivone Kirkpatrick]] hatte die Bundes-FDP-Politiker [[Theodor Heuss]] (Bundespräsident), [[Franz Blücher]] (Parteivorsitzender) und [[Thomas Dehler]] (Bundesjustizminister) über die Ermittlungen des britischen Geheimdienstes informiert. |
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⚫ | {{Anker|Naumann-Affäre}}In der Nacht zum 15. Januar 1953 nahmen die Briten selbst Verhaftungen vor, da deutsche Behörden dies nicht wollten. Die führenden Mitglieder des Kreises wurden auf der Grundlage von [[Alliiertes Vorbehaltsrecht|Alliierten Vorbehaltsrechten]] in Düsseldorf, Solingen und Hamburg verhaftet. In der Wohnung von [[Karl Friedrich Bornemann]] wurde das Archiv des Kreises konfisziert. In der Öffentlichkeit sprach man von der '''Naumann-Affäre''' oder der '''Gauleiter-FDP'''. Der Vorwurf lautete, den Sturz der Bonner Regierung betrieben und dadurch die Sicherheit der alliierten Truppen gefährdet zu haben. Der britische Hochkommissar Sir [[Ivone Kirkpatrick]] hatte die Bundes-FDP-Politiker [[Theodor Heuss]] (Bundespräsident), [[Franz Blücher]] (Parteivorsitzender) und [[Thomas Dehler]] (Bundesjustizminister) über die Ermittlungen des britischen Geheimdienstes informiert. |
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Deutsche Behörden waren exekutiv nicht beteiligt, obwohl die Briten sie vorweg informiert und gefragt hatten. Der britische Außenminister [[Anthony Eden]] sah sich daher am 20. Januar 1953 sogar zu einer [[Ehrenerklärung]] für Adenauer vor dem [[House of Commons|Unterhaus]] veranlasst, dass auch die [[Kabinett Adenauer I|deutsche Regierung]] gegen den Nazismus sei.<ref>Hans-Peter Schwarz, Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): ''Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland''. Band 2. Oldenbourg, München 2001, S. 31, Anmerkungen 7 und 8.</ref> |
Deutsche Behörden waren exekutiv nicht beteiligt, obwohl die Briten sie vorweg informiert und gefragt hatten. Der britische Außenminister [[Anthony Eden]] sah sich daher am 20. Januar 1953 sogar zu einer [[Ehrenerklärung]] für Adenauer vor dem [[House of Commons|Unterhaus]] veranlasst, dass auch die [[Kabinett Adenauer I|deutsche Regierung]] gegen den Nazismus sei.<ref>Hans-Peter Schwarz, Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): ''Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland''. Band 2. Oldenbourg, München 2001, S. 31, Anmerkungen 7 und 8.</ref> |
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Im Sommer 1953 stellte der 2. [[Gerichtsferien|Ferienstrafsenat]] des [[Bundesgerichtshof]]es das Verfahren gegen die Beschuldigten zwar ein, jedoch war der Versuch, eine im Bundestag vertretene Partei durch ehemalige Nationalsozialisten planmäßig zu unterwandern, gescheitert. |
Im Sommer 1953 stellte der 2. [[Gerichtsferien#Deutschland|Ferienstrafsenat]] des [[Bundesgerichtshof]]es das Verfahren gegen die Beschuldigten zwar ein, jedoch war der Versuch, eine im Bundestag vertretene Partei durch ehemalige Nationalsozialisten planmäßig zu unterwandern, gescheitert. |
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Die FDP bildete zur Aufklärung der Affäre eine aus [[Alfred Onnen]], [[Thomas Dehler]] und [[Fritz Neumayer]] bestehende parteiinterne Untersuchungskommission, die schwere Vorwürfe gegen Teile des NRW-Landesverbandes erhob. |
Die FDP bildete zur Aufklärung der Affäre eine aus [[Alfred Onnen]], [[Thomas Dehler]] und [[Fritz Neumayer]] bestehende parteiinterne Untersuchungskommission, die schwere Vorwürfe gegen Teile des NRW-Landesverbandes erhob. |
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Naumann selbst kandidierte bei der [[Bundestagswahl 1953|Bundestagswahl am 6. September 1953]] auf der Liste der Deutschen Reichspartei (DRP). Die DRP erhielt 1,1 Prozent der Zweitstimmen. |
Naumann selbst kandidierte bei der [[Bundestagswahl 1953|Bundestagswahl am 6. September 1953]] auf der Liste der Deutschen Reichspartei (DRP). Die DRP erhielt 1,1 Prozent der Zweitstimmen. |
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Der belgische Autor [[Stan Lauryssens]] verarbeitete den Stoff zu einem Roman, der 1975 mit dem Titel ''Opmars naar het Vierde Rijk'' erschien.<ref>Verlag: Wetenschappelijke Uitgeverij. Keine deutsche Übersetzung. Titel sinngemäß „Der Aufmarsch in das [[Viertes Reich|Vierte Reich]]“.</ref> |
Der belgische Autor [[Stan Lauryssens]] verarbeitete den Stoff zu einem Roman, der 1975 mit dem Titel ''Opmars naar het Vierde Rijk'' erschien.<ref>Verlag: Wetenschappelijke Uitgeverij. Keine deutsche Übersetzung. Titel sinngemäß „Der Aufmarsch in das [[Viertes Reich|Vierte Reich]]“.</ref> |
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== Ernst Achenbach == |
== Ernst Achenbach == |
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Die Frage, wieweit der spätere FDP-[[Mitglied des Deutschen Bundestages|Bundestagsabgeordnete]] [[Ernst Achenbach]], den seine Partei 1974 zum Kommissar der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft|Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft]] machen wollte,<ref>{{Literatur | |
Die Frage, wieweit der spätere FDP-[[Mitglied des Deutschen Bundestages|Bundestagsabgeordnete]] [[Ernst Achenbach]], den seine Partei 1974 zum Kommissar der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft|Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft]] machen wollte,<ref>{{Literatur |Hrsg=Torben Fischer, Matthias N. Lorenz |Titel=Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland |Ort=Bielefeld |Datum=2007 |Seiten=103}}</ref> in den Kreis einbezogen war, nämlich als ihr Verbindungsmann zu Middelhauve, ist in der Forschung bislang nicht geklärt. Dehler war der Ansicht, dass Achenbach der eigentliche Kopf der Gruppe war. Seine Auffassung wird gestützt durch Naumanns Tagebuch, eine subjektive Quelle, in dem er über ein Gespräch mit Achenbach ''als dessen Aussage'' notiert: |
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|Text=Um den NS [= Nationalsozialisten] unter diesen Umständen trotzdem einen Einfluß auf das politische Geschehen zu ermöglichen, sollen sie in die FDP eintreten, sie unterwandern und ihre Führung in die Hand nehmen. An Einzelbeispielen erläutert er, wie leicht das zu machen wäre. Mit nur 200 Mitgliedern können wir den ganzen Landesvorstand [in Nordrhein-Westfalen] erben. Mich [= Naumann] will er als Generalsekretär o. ä. engagieren!!}} |
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== Angehörige des Naumann-Kreises == |
== Angehörige des Naumann-Kreises == |
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Außer Naumann und möglicherweise Achenbach gehörten dem Kreis u. |
Außer Naumann und möglicherweise Achenbach gehörten dem Kreis u. a. folgende Personen an, die bereits während der [[Zeit des Nationalsozialismus]] eine wichtige Funktion ausgeübt hatten: |
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#[[Gunter d’Alquen]], Journalist, Schriftleiter des [[Das Schwarze Korps|„Schwarzen Korps“]], SS-Standartenführer |
# [[Gunter d’Alquen]], Journalist, Schriftleiter des [[Das Schwarze Korps|„Schwarzen Korps“]], SS-Standartenführer |
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#[[ |
# [[Werner Best]], Stellvertreter von [[Reinhard Heydrich]], SS-Obergruppenführer, Chef des Amtes Verwaltung bei der Besatzungsbehörde in Frankreich, ab November 1942 Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark (Leiter der Besatzungsbehörde), nach dem Krieg tätig im Anwaltsbüro Achenbach |
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#[[Karl Friedrich Bornemann]], geb. 1908, [[Hitlerjugend|HJ]]-Gebietsführer Düsseldorf<ref> |
# [[Karl Friedrich Bornemann]], geb. 1908, [[Hitlerjugend|HJ]]-Gebietsführer Düsseldorf,<ref>Diese Namensfolge gemäß Unterlagen der Staatskanzlei NRW, Archiv, Reg. Nr. 718 „Nationalsozialismus“ 1949–1973. Ebenso Stadtarchiv Düsseldorf, Sign. 0-1-22: Familien …, Buchstabe B. Beachtenswerterweise hier als [[Zeitzeuge]] geführt. Die Veränderung von Namen, bisweilen nur durch Änderung eines einzigen Buchstabens (hier: durch Umstellung der beiden Teile des [[Doppelname (Vorname)|Doppelvornamens]]) war eine beliebte Methode, um später die eigene Identität zu verschleiern. In der Nachkriegszeit verwendete Bornemann „Friedrich Karl B.“, so also auch die wissenschaftliche Literatur über die Naumann-Gruppe. Ebenso die britischen Behörden: jetzt lesbar in [[The National Archives]], [[London Borough of Richmond upon Thames|Kew]], ''Arrest of Dr Naumann and his associates: documents impounded at residence of F K Bornemann on 14 January 1953.'' Sign. FO 371/103911. Ganzer diesbezüglicher Archivbestand: siehe Weblinks.</ref> danach Herausgeber eines „KBI-Informationsdienstes“. |
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#[[Wolfgang Diewerge]], hoher NS-Propagandist aus dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Intendant des Reichssenders [[Danzig]] |
# [[Wolfgang Diewerge]], hoher NS-Propagandist aus dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Intendant des Reichssenders [[Danzig]] |
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#[[Friedrich Karl Florian]], Gauleiter von [[Düsseldorf]] |
# [[Friedrich Karl Florian]], Gauleiter von [[Düsseldorf]] |
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#[[Hans Fritzsche]], zuletzt Leiter der Rundfunkabteilung im [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda]] und im [[Großdeutscher Rundfunk|Großdeutschen Rundfunk]] der „Beauftragte für die politische Gestaltung“, in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher angeklagt, aber freigesprochen |
# [[Hans Fritzsche]], zuletzt Leiter der Rundfunkabteilung im [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda]] und im [[Großdeutscher Rundfunk|Großdeutschen Rundfunk]] der „Beauftragte für die politische Gestaltung“, in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher angeklagt, aber freigesprochen |
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#[[Lydia Gottschewski]] NS-Frauenschaftsfunktionärin ( |
# [[Lydia Gottschewski]], NS-Frauenschaftsfunktionärin (zum Zeitpunkt der Naumann-Affäre wohnhaft in Düsseldorf) |
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#[[Josef Grohé]], zuletzt [[Reichskommissar#Reichskommissare im Zweiten Weltkrieg|Reichskommissar für die besetzten Gebiete in Belgien und Nordfrankreich]] |
# [[Josef Grohé]], zuletzt [[Reichskommissar#Reichskommissare im Zweiten Weltkrieg|Reichskommissar für die besetzten Gebiete in Belgien und Nordfrankreich]] |
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#[[Hans-Bernhard von Grünberg]], Professor für [[ |
# [[Hans-Bernhard von Grünberg]], Professor für [[Staatswissenschaften]] und letzter Rektor der [[Albertus-Universität Königsberg|Universität Königsberg]] |
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#[[Heinrich Haselmayer]], Alter Kämpfer seit 1927, SA-Mann, [[Kampfbund für deutsche Kultur]] in Hamburg, Führer des [[Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund|NS-Studentenbundes]] ebenda, beteiligt an der Sterilisierung von nationalsozialistisch definierten „Erbkranken“<ref>Häufig Falschschreibung „Haselmeyer“ u. ä., was Recherchen erschwert. Wirkliche Namensform nach Norbert Frei.</ref> |
# [[Heinrich Haselmayer]], Alter Kämpfer seit 1927, SA-Mann, [[Kampfbund für deutsche Kultur]] in Hamburg, Führer des [[Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund|NS-Studentenbundes]] ebenda, beteiligt an der Sterilisierung von nationalsozialistisch definierten „Erbkranken“<ref>Häufig Falschschreibung „Haselmeyer“ u. ä., was Recherchen erschwert. Wirkliche Namensform nach Norbert Frei.</ref> |
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#[[Paul Hausser]], SS-Oberstgruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS, der erste Vorsitzende der [[Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS|Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS]] |
# [[Paul Hausser]], SS-Oberstgruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS, der erste Vorsitzende der [[Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS|Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS]] |
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#[[Horst Huisgen]], HJ-Gebietsführer in Schlesien; Landesgeschäftsführer der [[FDP Niedersachsen|FDP in Niedersachsen]] |
# [[Horst Huisgen]], HJ-Gebietsführer in Schlesien; Landesgeschäftsführer der [[FDP Niedersachsen|FDP in Niedersachsen]] |
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#[[Heinrich Hunke]], Arisierer, Funktionär der Deutschen Bank, nationalsozialistischer Raumplaner und [[Nationalsozialistische Europapläne|Großraumstratege]], später Ministerialdirigent des Landes [[Niedersachsen]] |
# [[Heinrich Hunke (Politiker)|Heinrich Hunke]], Arisierer, Funktionär der Deutschen Bank, nationalsozialistischer Raumplaner und [[Nationalsozialistische Europapläne|Großraumstratege]], später [[Ministerialdirigent]] des Landes [[Niedersachsen]] |
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#[[Karl Kaufmann (Gauleiter)|Karl Kaufmann]], Gauleiter und [[Reichsstatthalter]] von Hamburg |
# [[Karl Kaufmann (Gauleiter)|Karl Kaufmann]], Gauleiter und [[Reichsstatthalter]] von Hamburg |
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#[[Herbert Lucht]], Leiter der Außenstelle Wehrmachtpropaganda in Paris. Seine Frau Lea Lucht, genannt Slissy, war Belgierin, eine Nichte von [[Léon Degrelle]], Achenbach war Luchts Firmenanwalt in Düsseldorf, in der Firma arbeiteten [[Fritz Dorls]] und [[Otto Skorzeny]] |
# [[Herbert Lucht]], Leiter der Außenstelle Wehrmachtpropaganda in Paris. Seine Frau Lea Lucht, genannt Slissy, war Belgierin, eine Nichte von [[Léon Degrelle]], Achenbach war Luchts Firmenanwalt in Düsseldorf, in der Firma arbeiteten [[Fritz Dorls]] und [[Otto Skorzeny]] |
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#[[Wilhelm Meinberg]], Aufsichtsrat bei der [[Dresdner Bank]] und Wehrwirtschaftsführer |
# [[Wilhelm Meinberg]], Aufsichtsrat bei der [[Dresdner Bank]] und Wehrwirtschaftsführer |
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#[[Karl Ott (Politiker)|Karl Ott]] Staatssekretär und Landtagsmitglied in Niedersachsen |
# [[Karl Ott (Politiker)|Karl Ott]], Staatssekretär und Landtagsmitglied in Niedersachsen |
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#[[Karl Scharping]], Beamter in der Rundfunkabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda |
# [[Karl Scharping]], Beamter in der Rundfunkabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda |
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#[[Gustav Adolf Scheel]], ehemaliger [[Reichsstudentenführer]] und [[Struktur der NSDAP#Die 43 Gaue (1941) inkl. Gauleiter|Gauleiter]] von [[Land Salzburg|Salzburg]] |
# [[Gustav Adolf Scheel]], ehemaliger [[Reichsstudentenführer]] und [[Struktur der NSDAP#Die 43 Gaue (1941) inkl. Gauleiter|Gauleiter]] von [[Land Salzburg|Salzburg]] |
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# [[Paul Karl Schmidt]], ehemaliger NS-Pressechef in Auswärtigen Amt |
# [[Paul Carell|Paul Karl Schmidt]], ehemaliger NS-Pressechef in Auswärtigen Amt |
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#[[Heinz Siepen]], NSDAP-Ortsgruppenleiter und Landrat, Mit-Besitzer der Punktal-Stahlwerke in [[Solingen]] |
# [[Heinz Siepen]], NSDAP-Ortsgruppenleiter und Landrat, Mit-Besitzer der Punktal-Stahlwerke in [[Solingen]] |
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#[[Franz Six|Franz Alfred Six]], SS-Brigadeführer, wegen Massenmordes zu 20 Jahren Haft verurteilt, im Oktober 1952 freigelassen, Mitarbeiter im Anwaltsbüro von Achenbach |
# [[Franz Six|Franz Alfred Six]], SS-Brigadeführer, wegen Massenmordes zu 20 Jahren Haft verurteilt, im Oktober 1952 freigelassen, Mitarbeiter im Anwaltsbüro von Achenbach |
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#[[Eberhard Taubert]], Leiter eines „[[ |
# [[Eberhard Taubert]], Leiter eines „[[Antikomintern|Referats Antikomintern]]“, Richter am [[Volksgerichtshof]] |
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#[[Albert Urmes]], Gaupropagandaleiter Moselland und im besetzten Luxemburg |
# [[Albert Urmes]], Gaupropagandaleiter Moselland und im besetzten Luxemburg |
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#[[Paul Wegener (Gauleiter)|Paul Wegener]], Gauleiter Weser-Ems, SS-Obergruppenführer |
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#[[Paul |
# [[Paul Wegener (Politiker)|Paul Wegener]], Gauleiter Weser-Ems, SS-Obergruppenführer |
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# [[Paul Zimmermann (SS-Mitglied)|Paul Zimmermann]], SS-Brigadeführer |
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#[[Siegfried Zoglmann]], Führer der HJ und der SS, Chef der Befehlsstelle Böhmen und Mähren, Leiter der Verbindungsstelle zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda<ref>{{Literatur|Autor=[[Bernt Engelmann]] |Titel=Das ABC des großen Geldes |Verlag=[[Verlag der Nation]] |Ort=Berlin | |
# [[Siegfried Zoglmann]], Führer der HJ und der SS, Chef der Befehlsstelle Böhmen und Mähren, Leiter der Verbindungsstelle zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda<ref>{{Literatur |Autor=[[Bernt Engelmann]] |Titel=Das ABC des großen Geldes |Verlag=[[Verlag der Nation]] |Ort=Berlin |Datum=1986 |ISBN=3-373-00162-5 |Seiten=100}}</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre.'' Diss. phil. FU Berlin, Berlin 2012 S. 313 ff. |
* Beate Baldow: ''Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre.'' Diss. phil. FU Berlin, Berlin 2012, S. 313 ff., [http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000013881/Dissertation_Baldow.pdf fu-berlin.de] (PDF). |
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* Heiko Buschke: ''Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalsozialistische Vergangenheit in der Ära Adenauer''. Campus, Frankfurt 2003, ISBN 3-593-37344-0 ({{Google Buch |BuchID=qx8dr2L7ErMC |Seite=242 |
* Heiko Buschke: ''Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalsozialistische Vergangenheit in der Ära Adenauer''. Campus, Frankfurt 2003, ISBN 3-593-37344-0 ({{Google Buch |BuchID=qx8dr2L7ErMC |Seite=242}}). |
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* [[Manfred Jenke]]: ''Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945''. Colloquium, Berlin 1961, Zur FDP-Unterwanderung: S. 155–199. |
* [[Manfred Jenke]]: ''Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945''. Colloquium, Berlin 1961, Zur FDP-Unterwanderung: S. 155–199. |
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* [[Norbert Frei]]: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit''. 2. überarbeitete Auflage. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41310-2; als TB: dtv, München 1999 ISBN 3-423-30720-X insbes. über Achenbach. In google books lesbar. Kap. 3: ''Die Naumann-Affäre und die Alliierten 1953.'' S. 361ff. sowie passim. Engl. Ausgabe: Columbia University Press, New York 2002, ISBN 0-231-11882-1. |
* [[Norbert Frei]]: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit''. 2. überarbeitete Auflage. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41310-2; als TB: dtv, München 1999, ISBN 3-423-30720-X insbes. über Achenbach. In google books lesbar. Kap. 3: ''Die Naumann-Affäre und die Alliierten 1953.'' S. 361ff. sowie passim. Engl. Ausgabe: Columbia University Press, New York 2002, ISBN 0-231-11882-1. |
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* [[Hélène Miard-Delacroix]]: ''Question nationale allemande et nationalisme. Perceptions françaises |
* [[Hélène Miard-Delacroix]]: ''Question nationale allemande et nationalisme. Perceptions françaises d’une problématique allemande au début des années 50.'' Presses Universitaires du Septentrion, Villeneuve d’Ascq 2004, ISBN 2-85939-862-7 (franz.) Kap. 2,3: ''De la possible réalité d’un danger d’extrême droite: L’affaire Naumann 1953.'' S. 238–246. |
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* [[Hans-Peter Schwarz (Historiker)|Hans-Peter Schwarz]], Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): ''Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland''. Band 2. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-56560-5, Dok. Nr. 117 v. 10. April 1953, Aufzeichnungen Blankenhorn (er trifft Dehler und Kirkpatrick zu diesem Thema), S. 336. |
* [[Hans-Peter Schwarz (Historiker)|Hans-Peter Schwarz]], Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): ''Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland''. Band 2. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-56560-5, Dok. Nr. 117 v. 10. April 1953, Aufzeichnungen Blankenhorn (er trifft Dehler und Kirkpatrick zu diesem Thema), S. 336. |
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* Kristian Buchna: ''Nationale Sammlung an Rhein und Ruhr: Friedrich Middelhauve und die nordrhein-westfälische FDP 1945–1953'' (= |
* Kristian Buchna: ''Nationale Sammlung an Rhein und Ruhr: Friedrich Middelhauve und die nordrhein-westfälische FDP 1945–1953'' (= [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]], 101). Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59802-5 |
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* Günter J. Trittel: ''„Man kann ein Ideal nicht verraten |
* Günter J. Trittel: ''„Man kann ein Ideal nicht verraten …“. Werner Naumann – NS-Ideologie und politische Praxis in der frühen Bundesrepublik''. Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1300-2 |
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* Rita Martens: ''Deutsches Programm der FDP''. In: Torben Fischer, [[Matthias N. Lorenz]] (Hrsg.): ''Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945''. Bielefeld : Transcript, 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 80ff. |
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== Weblinks == |
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⚫ | * [http://www.nationalarchives.gov.uk/catalogue/displaycataloguedetails.asp?CATLN=7&CATID=-730257 Bestand der National Archives, Kew bei London.] Die Akten zu Bornemann, Naumann usw. sind seit 2008 frei.<ref>FO 371/103896: ''Instructions for arrest of Dr Bornemann and Karl Kaufmann as soon as they can be located in UK zone.'' FO 371/103911: Übergabe der Häftlinge an die Deutschen zum 1. April 1953; FO 371/103912: Überstellung an den Bundesgerichtshof, Presse; FO 371/103900 Kontakte zwischen den Auswärtigen Ämter beider Länder: die Deutschen meinen, es gäbe nicht genügend Haftgründe für Bornemann; FO 371/103901 Bornemann zog ein Netzwerk mit Agenten in der [[Sowjetische Besatzungszone|sowjetischen Besatzungszone]] auf, diese genannt „East Zone“.</ref> |
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Aktuelle Version vom 30. Mai 2024, 18:55 Uhr
Der Naumann-Kreis oder Gauleiter-Kreis war eine Gruppe ehemaliger Nationalsozialisten um Werner Naumann, den letzten Staatssekretär des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels. Der Naumann-Kreis war anfangs ein „loses Netzwerk“, das sich immer mehr zu einem „neo-nationalsozialistischen Geheimbund entwickelte und in seinem Charakter die anti-republikanischen Bünde, Freundeskreise und Clubs der Weimarer Republik imitierte“.[1] Der Naumann-Kreis versuchte unter anderem 1952/53 mit dem Schwerpunkt Landesverband Nordrhein-Westfalen die FDP zu unterwandern. Die britischen Besatzungsbehörden verhafteten Anfang 1953 einige Mitglieder der Gruppe.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Ob man eine liberale Partei am Ende in eine NS-Kampfgruppe umwandeln […] kann, möchte ich bezweifeln, wir müssen es aber auf einen Versuch ankommen lassen. […] Gäbe es keine FDP, müßte sie noch heute gegründet werden.“[2]
„Die Hauptsache ist, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren und die Parteien bloß als ein Mittel zum Zweck anzusehen. Es wäre am besten, wenn wir unsere Leute in allen Parteien hätten, was teilweise sowieso der Fall ist.“[3]
Diese Aussagen Naumanns bei einem Treffen des „Gauleiter-Kreises“ in Hamburg am 18. November 1952 zeigen,[4] warum Mitglieder seines Kreises u. a. in die FDP eintraten. Führende Mitglieder des Kreises neben dem Namensgeber waren Heinrich Haselmayer, Karl Kaufmann, Karl Scharping, Gustav Adolf Scheel, Heinz Siepen, Franz Alfred Six und der ehemalige SS- und Polizeiführer Paul Zimmermann.
Nach Lutz Hachmeister hieß die Initiative zunächst Hundertmann-Gruppe.[5] Paul Karl Schmidt engagierte sich bei deren Gründung. Er war schon 1943 als Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes ein Kollege von Six, der damals Leiter der „Kulturpolitischen Abteilung“ war. Hitler-Mythos und Antisemitismus wurden jetzt als nicht mehr zeitgemäß abgelehnt. Die Debatte um die Teilhabe ehemaliger „Eliten“, wie sich diese Leute verstanden, an Kriegsverbrechen sollte durch eine „Generalamnestie“ ein für alle Mal beendet werden.[6]
Der Kreis versuchte, durch gezielte Unterwanderung u. a. der FDP, ehemaligen Nationalsozialisten aus der mittleren Führungsebene politischen Einfluss zu verschaffen. Das Problem für die Bundespartei FDP war dabei, dass der ohnehin schon sehr nationalistisch eingestellte Landesverband Nordrhein-Westfalen (in Hessen und Niedersachsen sah es Anfang der 1950er-Jahre ähnlich aus) die neuen Mitglieder mit offenen Armen aufnahm, um seine Wählerbasis nach rechts zu erweitern und, so der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Friedrich Middelhauve, ehemalige Nationalsozialisten in die parlamentarische Demokratie zu integrieren.
„Gesammelt werden soll das Landvolk auf einer Standesebene, die Soldatenbünde in einer Dachorganisation, der Einzelhandel oder die Flüchtlinge oder die Steuerzahler, wir sollten uns in den Gemeinden zu Wort melden, dort um die Bürger- und Oberbürgermeisterpositionen ringen […]. Vielleicht auch [um] den einen oder anderen Landesverband dieser oder jener Partei, – kurz – durchdringen wir das Gemeinwesen in allen seinen Verästelungen und wenn diese alle oder auch nur ein Teil von ihnen bereit sind, dann ist die Stunde gekommen zu erklären, es gibt außer den Lizenzparteien auch ein unabhängiges Deutschland. Hier ist es und so sieht es aus.“
Werner Naumann, Werner Best, Franz Alfred Six und Hans Fritzsche entwarfen für Middelhauve ein Deutsches Programm, einen rechtsnationalistischen Entwurf, der sich aber auf dem FDP-Bundesparteitag Ende November 1952 in Bad Ems nicht gegen das Liberale Manifest der Landesverbände Hamburg, Bremen und Baden-Württemberg durchsetzen konnte.
Gleichzeitig verfolgte Naumann noch ein weiteres Ziel: angesichts des abzusehenden Verbotes der Sozialistischen Reichspartei,[8] die bei Wahlen z. T. recht erfolgreich gewesen war, nutzte der dem Naumann-Kreis zugehörige Rechtsanwalt Rudolf Aschenauer seine Position als Anwalt des SRP-Vorsitzenden Fritz Dorls. Dorls hatte Aschenauer sogar als seinen offiziellen Nachfolger für eine nationale Nachfolgepartei der SRP vorgesehen, was bundesweit bekannt war[9] – und in der Folge scheiterten alle Versuche der SRP-Führung, eine Nachfolgeorganisation aufzubauen, in die Aschenauer eingeweiht war.[10] Auch der Versuch der SRP, die sich mittlerweile sehr national gebende, ehemalige Flüchtlingspartei, Deutsche Gemeinschaft (DG), als „Mantel“ für die im November 1952 bevorstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu benutzen, führte durch eine Pressekonferenz von Aschenauer zusammen mit dem bayrischen DG-Vorsitzenden, in der beide die bisherigen Wähler der SRP aufriefen, nunmehr die Deutsche Gemeinschaft zu wählen[11] zum Verbot sämtlicher DG-Wahllisten in NRW als SRP-Nachfolgeorganisationen. Damit hatte Aschenauer, der ab Frühjahr 1952 außerdem Mitglied des Verfassungsschutzes und des katholischen Nachrichtendienstes war – mit Kontakten bis hin zu Konrad Adenauer[12] sowohl die Bemühungen der SRP-Spitze, eine Nachfolgeorganisation zu bilden behindert als auch die Deutsche Gemeinschaft politisch beschädigt.[13] Denn Ziel der Naumann-Gruppe war es, die geplante „Nationale Sammlungspartei“ um die organisatorisch noch schwache Deutsche Reichspartei durch Einbeziehung ehemaliger SRP-Mitglieder und von regionalen nationalen Parteien (wie der Deutschen Gemeinschaft, die in Süddeutschland stärker verbreitet war) zu bilden. Diese Versuche scheiterten; dazu trug u. a. folgendes bei:
Zum einen verfolgten alle Beteiligten eigene Interessen.[14] Zum zweiten gründete sich die Gesamtdeutsche Volkspartei unter Gustav Heinemann (zu dieser hatte die Naumann-Gruppe ebenfalls Kontakte[15]). Zum dritten wurde im Januar 1953 die Naumann-Gruppe durch den britischen Geheimdienst enttarnt.
In der Nacht zum 15. Januar 1953 nahmen die Briten selbst Verhaftungen vor, da deutsche Behörden dies nicht wollten. Die führenden Mitglieder des Kreises wurden auf der Grundlage von Alliierten Vorbehaltsrechten in Düsseldorf, Solingen und Hamburg verhaftet. In der Wohnung von Karl Friedrich Bornemann wurde das Archiv des Kreises konfisziert. In der Öffentlichkeit sprach man von der Naumann-Affäre oder der Gauleiter-FDP. Der Vorwurf lautete, den Sturz der Bonner Regierung betrieben und dadurch die Sicherheit der alliierten Truppen gefährdet zu haben. Der britische Hochkommissar Sir Ivone Kirkpatrick hatte die Bundes-FDP-Politiker Theodor Heuss (Bundespräsident), Franz Blücher (Parteivorsitzender) und Thomas Dehler (Bundesjustizminister) über die Ermittlungen des britischen Geheimdienstes informiert.
Deutsche Behörden waren exekutiv nicht beteiligt, obwohl die Briten sie vorweg informiert und gefragt hatten. Der britische Außenminister Anthony Eden sah sich daher am 20. Januar 1953 sogar zu einer Ehrenerklärung für Adenauer vor dem Unterhaus veranlasst, dass auch die deutsche Regierung gegen den Nazismus sei.[16]
Im Sommer 1953 stellte der 2. Ferienstrafsenat des Bundesgerichtshofes das Verfahren gegen die Beschuldigten zwar ein, jedoch war der Versuch, eine im Bundestag vertretene Partei durch ehemalige Nationalsozialisten planmäßig zu unterwandern, gescheitert.
Die FDP bildete zur Aufklärung der Affäre eine aus Alfred Onnen, Thomas Dehler und Fritz Neumayer bestehende parteiinterne Untersuchungskommission, die schwere Vorwürfe gegen Teile des NRW-Landesverbandes erhob.
Naumann selbst kandidierte bei der Bundestagswahl am 6. September 1953 auf der Liste der Deutschen Reichspartei (DRP). Die DRP erhielt 1,1 Prozent der Zweitstimmen.
Der belgische Autor Stan Lauryssens verarbeitete den Stoff zu einem Roman, der 1975 mit dem Titel Opmars naar het Vierde Rijk erschien.[17]
Ernst Achenbach
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Frage, wieweit der spätere FDP-Bundestagsabgeordnete Ernst Achenbach, den seine Partei 1974 zum Kommissar der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft machen wollte,[18] in den Kreis einbezogen war, nämlich als ihr Verbindungsmann zu Middelhauve, ist in der Forschung bislang nicht geklärt. Dehler war der Ansicht, dass Achenbach der eigentliche Kopf der Gruppe war. Seine Auffassung wird gestützt durch Naumanns Tagebuch, eine subjektive Quelle, in dem er über ein Gespräch mit Achenbach als dessen Aussage notiert:
„Um den NS [= Nationalsozialisten] unter diesen Umständen trotzdem einen Einfluß auf das politische Geschehen zu ermöglichen, sollen sie in die FDP eintreten, sie unterwandern und ihre Führung in die Hand nehmen. An Einzelbeispielen erläutert er, wie leicht das zu machen wäre. Mit nur 200 Mitgliedern können wir den ganzen Landesvorstand [in Nordrhein-Westfalen] erben. Mich [= Naumann] will er als Generalsekretär o. ä. engagieren!!“
Angehörige des Naumann-Kreises
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Außer Naumann und möglicherweise Achenbach gehörten dem Kreis u. a. folgende Personen an, die bereits während der Zeit des Nationalsozialismus eine wichtige Funktion ausgeübt hatten:
- Gunter d’Alquen, Journalist, Schriftleiter des „Schwarzen Korps“, SS-Standartenführer
- Werner Best, Stellvertreter von Reinhard Heydrich, SS-Obergruppenführer, Chef des Amtes Verwaltung bei der Besatzungsbehörde in Frankreich, ab November 1942 Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark (Leiter der Besatzungsbehörde), nach dem Krieg tätig im Anwaltsbüro Achenbach
- Karl Friedrich Bornemann, geb. 1908, HJ-Gebietsführer Düsseldorf,[19] danach Herausgeber eines „KBI-Informationsdienstes“.
- Wolfgang Diewerge, hoher NS-Propagandist aus dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Intendant des Reichssenders Danzig
- Friedrich Karl Florian, Gauleiter von Düsseldorf
- Hans Fritzsche, zuletzt Leiter der Rundfunkabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und im Großdeutschen Rundfunk der „Beauftragte für die politische Gestaltung“, in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher angeklagt, aber freigesprochen
- Lydia Gottschewski, NS-Frauenschaftsfunktionärin (zum Zeitpunkt der Naumann-Affäre wohnhaft in Düsseldorf)
- Josef Grohé, zuletzt Reichskommissar für die besetzten Gebiete in Belgien und Nordfrankreich
- Hans-Bernhard von Grünberg, Professor für Staatswissenschaften und letzter Rektor der Universität Königsberg
- Heinrich Haselmayer, Alter Kämpfer seit 1927, SA-Mann, Kampfbund für deutsche Kultur in Hamburg, Führer des NS-Studentenbundes ebenda, beteiligt an der Sterilisierung von nationalsozialistisch definierten „Erbkranken“[20]
- Paul Hausser, SS-Oberstgruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS, der erste Vorsitzende der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS
- Horst Huisgen, HJ-Gebietsführer in Schlesien; Landesgeschäftsführer der FDP in Niedersachsen
- Heinrich Hunke, Arisierer, Funktionär der Deutschen Bank, nationalsozialistischer Raumplaner und Großraumstratege, später Ministerialdirigent des Landes Niedersachsen
- Karl Kaufmann, Gauleiter und Reichsstatthalter von Hamburg
- Herbert Lucht, Leiter der Außenstelle Wehrmachtpropaganda in Paris. Seine Frau Lea Lucht, genannt Slissy, war Belgierin, eine Nichte von Léon Degrelle, Achenbach war Luchts Firmenanwalt in Düsseldorf, in der Firma arbeiteten Fritz Dorls und Otto Skorzeny
- Wilhelm Meinberg, Aufsichtsrat bei der Dresdner Bank und Wehrwirtschaftsführer
- Karl Ott, Staatssekretär und Landtagsmitglied in Niedersachsen
- Karl Scharping, Beamter in der Rundfunkabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda
- Gustav Adolf Scheel, ehemaliger Reichsstudentenführer und Gauleiter von Salzburg
- Paul Karl Schmidt, ehemaliger NS-Pressechef in Auswärtigen Amt
- Heinz Siepen, NSDAP-Ortsgruppenleiter und Landrat, Mit-Besitzer der Punktal-Stahlwerke in Solingen
- Franz Alfred Six, SS-Brigadeführer, wegen Massenmordes zu 20 Jahren Haft verurteilt, im Oktober 1952 freigelassen, Mitarbeiter im Anwaltsbüro von Achenbach
- Eberhard Taubert, Leiter eines „Referats Antikomintern“, Richter am Volksgerichtshof
- Albert Urmes, Gaupropagandaleiter Moselland und im besetzten Luxemburg
- Edmund Veesenmayer, Generalbevollmächtigter in Ungarn, SS-Brigadeführer
- Paul Wegener, Gauleiter Weser-Ems, SS-Obergruppenführer
- Paul Zimmermann, SS-Brigadeführer
- Siegfried Zoglmann, Führer der HJ und der SS, Chef der Befehlsstelle Böhmen und Mähren, Leiter der Verbindungsstelle zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda[21]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin, Berlin 2012, S. 313 ff., fu-berlin.de (PDF).
- Heiko Buschke: Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalsozialistische Vergangenheit in der Ära Adenauer. Campus, Frankfurt 2003, ISBN 3-593-37344-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Manfred Jenke: Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945. Colloquium, Berlin 1961, Zur FDP-Unterwanderung: S. 155–199.
- Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. 2. überarbeitete Auflage. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41310-2; als TB: dtv, München 1999, ISBN 3-423-30720-X insbes. über Achenbach. In google books lesbar. Kap. 3: Die Naumann-Affäre und die Alliierten 1953. S. 361ff. sowie passim. Engl. Ausgabe: Columbia University Press, New York 2002, ISBN 0-231-11882-1.
- Hélène Miard-Delacroix: Question nationale allemande et nationalisme. Perceptions françaises d’une problématique allemande au début des années 50. Presses Universitaires du Septentrion, Villeneuve d’Ascq 2004, ISBN 2-85939-862-7 (franz.) Kap. 2,3: De la possible réalité d’un danger d’extrême droite: L’affaire Naumann 1953. S. 238–246.
- Hans-Peter Schwarz, Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. Band 2. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-56560-5, Dok. Nr. 117 v. 10. April 1953, Aufzeichnungen Blankenhorn (er trifft Dehler und Kirkpatrick zu diesem Thema), S. 336.
- Kristian Buchna: Nationale Sammlung an Rhein und Ruhr: Friedrich Middelhauve und die nordrhein-westfälische FDP 1945–1953 (= Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 101). Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59802-5
- Günter J. Trittel: „Man kann ein Ideal nicht verraten …“. Werner Naumann – NS-Ideologie und politische Praxis in der frühen Bundesrepublik. Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1300-2
- Norbert Frei: Deutsches Programm. Wie Nordrhein-Westfalens FDP Anfang der fünfziger Jahre bewährte Nazis zur Unterwanderung der Partei einlud. In: Die Zeit, Nr. 23/2002
- Rita Martens: Deutsches Programm der FDP. In: Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Bielefeld : Transcript, 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 80ff.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bestand der National Archives, Kew bei London. Die Akten zu Bornemann, Naumann usw. sind seit 2008 frei.[22]
- Nazis und „Nationale Sammlung“: „Pflicht nacht rechts“. Die FDP in den fünfziger Jahren. In: Antifa Infoblatt, 59 / 3.2003; S. 44–46
- Florian Osuch: Braunes Erbe im Landtag NRW. In: TERZ StattZeitung für Düsseldorf, 12/2011
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Max Bonacker: Goebbels’ Mann beim Radio. Der NS-Propagandist Hans Fritzsche (1900–1953). Dissertation, Universität Hamburg 2006, Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58193-5.
- ↑ Akten der Control Commission for Germany/British Element, detachment 1014, S. 610. Siehe auch: Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 154.
- ↑ Mit „Kontakt“ und „unseren Leuten“ ist das Netzwerk von Nationalsozialisten nach 1945 gemeint. Quelle: Kurt P. Tauber: Beyond Eagle and Swastika. German Nationalism since 1945. Band 1. Middletown 1967, S. 140.
- ↑ Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 154.
- ↑ Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six. Beck, München 1998, S. 294 ff.
- ↑ Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher, Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six, S. 294 ff.; Wigbert Benz: Die Kontinuität des Journalisten. Paul Karl Schmidt alias Paul Carell. In: Historisches Centrum Hagen (Hrsg.): Forum „Barbarossa“ online, Beitrag 6/2004; zur „Hundertmann-Gruppe“ auch viele Details in: Deutsches Programm. In: Die Zeit, Nr. 23/2002
- ↑ „Lizenzparteien“ = die ersten Parteien in den 3 westlichen Zonen, durch die jeweilige Besatzungsmacht zugelassen; als Schimpfwort etwa zu vgl. mit heute: „Systemparteien“. Sein Verweis auf Soldatenbünde zielte darauf, Freikorps zu gründen.
- ↑ Die SRP galt aufgrund ihres relativ offenen Neonazismus aus Sicht der Naumann-Gruppe als kontraproduktiv; die Gruppe soll gemäß Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 178 sogar das Verbot der SRP forciert haben.
- ↑ Wenn das Verbot kommt. In: Der Spiegel. Nr. 33, 1952, S. 7 (online).
- ↑ Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 176, Anmerkung 1075.
- ↑ Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 181.
- ↑ Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 176, Anmerkung 1075. Oder: Der Spiegel Nr. 44/1954; „Wenn niemand davon spricht.“ Im Internet abrufbar.
- ↑ Die von der Naumann-Gruppe geplante Nationale Sammlungspartei „stand in Opposition zur SRP“. Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 188.
- ↑ Die Deutsche Reichspartei hielt sich relativ zurück, verlangte doch die Naumann-Gruppe aus „außenpolitischen Erwägungen“ eine Umbenennung; die SRP-Führung schaffte es dann endlich doch als „Deutsche Aufbauvereinigung“ am Bundestagswahlkampf teilzunehmen und die Deutsche Gemeinschaft gründete, entgegen den Intentionen Aschenauers, einen niedersächsischen Landesverband, der allerdings im März 1953 als SRP-Nachfolgeorganisation verboten wurde.
- ↑ Beate Baldow: Episode oder Gefahr? Die Naumann-Affäre. Diss. phil. FU Berlin 2012, S. 192.
- ↑ Hans-Peter Schwarz, Ilse Dorothee Pautsch, Matthias Jaroch (Hrsg.): Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. Band 2. Oldenbourg, München 2001, S. 31, Anmerkungen 7 und 8.
- ↑ Verlag: Wetenschappelijke Uitgeverij. Keine deutsche Übersetzung. Titel sinngemäß „Der Aufmarsch in das Vierte Reich“.
- ↑ Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Bielefeld 2007, S. 103.
- ↑ Diese Namensfolge gemäß Unterlagen der Staatskanzlei NRW, Archiv, Reg. Nr. 718 „Nationalsozialismus“ 1949–1973. Ebenso Stadtarchiv Düsseldorf, Sign. 0-1-22: Familien …, Buchstabe B. Beachtenswerterweise hier als Zeitzeuge geführt. Die Veränderung von Namen, bisweilen nur durch Änderung eines einzigen Buchstabens (hier: durch Umstellung der beiden Teile des Doppelvornamens) war eine beliebte Methode, um später die eigene Identität zu verschleiern. In der Nachkriegszeit verwendete Bornemann „Friedrich Karl B.“, so also auch die wissenschaftliche Literatur über die Naumann-Gruppe. Ebenso die britischen Behörden: jetzt lesbar in The National Archives, Kew, Arrest of Dr Naumann and his associates: documents impounded at residence of F K Bornemann on 14 January 1953. Sign. FO 371/103911. Ganzer diesbezüglicher Archivbestand: siehe Weblinks.
- ↑ Häufig Falschschreibung „Haselmeyer“ u. ä., was Recherchen erschwert. Wirkliche Namensform nach Norbert Frei.
- ↑ Bernt Engelmann: Das ABC des großen Geldes. Verlag der Nation, Berlin 1986, ISBN 3-373-00162-5, S. 100.
- ↑ FO 371/103896: Instructions for arrest of Dr Bornemann and Karl Kaufmann as soon as they can be located in UK zone. FO 371/103911: Übergabe der Häftlinge an die Deutschen zum 1. April 1953; FO 371/103912: Überstellung an den Bundesgerichtshof, Presse; FO 371/103900 Kontakte zwischen den Auswärtigen Ämter beider Länder: die Deutschen meinen, es gäbe nicht genügend Haftgründe für Bornemann; FO 371/103901 Bornemann zog ein Netzwerk mit Agenten in der sowjetischen Besatzungszone auf, diese genannt „East Zone“.