„Idiosynkrasie“ – Versionsunterschied

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'''Idiosynkrasie''' ([[Griechische Sprache|griechisch]] {{polytonisch|ἰδιοσυνκρασία}}, „Selbst-Eigenheit/-[[Persönlichkeit|Charakter]]“; ''idios'' „eigen, selbst“ und ''syn-krasis'' „Mischung, Zusammenmengung“) lässt sich am besten mit dem Wort „Eigentümlichkeit“ übersetzen. Je nach Kontext bezeichnet man mit Idiosynkrasie:
Als '''Idiosynkrasie''' wird die „Gesamtheit persönlicher Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen“ bezeichnet. Im Besonderen werden darunter medizinisch eine Überempfindlichkeit und psychologisch ein ungewöhnlicher Widerwillen verstanden.<ref name="q1">[https://www.duden.de/rechtschreibung/Idiosynkrasie ''Idiosynkrasie.''] In: ''[[Duden]].'' abgerufen am 30. Juni 2017.</ref>

* im Allgemeinen ein (strukturelles, anatomisch-physiologisches oder Verhaltens-) Merkmal, welches besonders oder spezifisch für ein Individuum oder eine Gruppe ist,
* in der [[Medizin]] angeborene oder erworbene, z. T. schwer verlaufende Überempfindlichkeiten schon beim ersten Kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte Stoffe, die nicht durch eine Reaktion des [[Immunsystem]]s hervorgerufen werden (da keine [[Immunisierung]] vorausgegangen), sondern durch [[Enzymdefekt|Fehlfunktion/Nichtfunktion defekter]] oder Fehlen intakter [[Enzym]]e, z.&nbsp;B. der [[Favismus]] (die Bohnenkrankheit); vergleiche auch [[Allergie]], [[Pseudoallergie]],
* in der [[Psychiatrie]] und [[Psychosomatik]] eine in diesem Sinne individuelle [[Erlebnisreaktion|Erlebnis-]] und [[Verhaltensreaktion]] auf akustische (z.&nbsp;B. Quietschgeräusch von Kreide auf einer Schiefertafel) oder visuelle Reize (die z.&nbsp;B. Ekel hervorrufen), auch auf Personen oder Gegenstände,
* in der [[Psychologie]] besonders starke Abneigung und Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Personen, Lebewesen, Gegenständen, Reizen, Anschauungen u. Ä.<ref>Duden Das Fremdwörterbuch 9., aktualisierte Auflage</ref> Als ''idiosynkratische Sprache'' wird hier ein Sprechverhalten und Sprachverständnis bezeichnet, bei dem Wörtern und Wendungen mehr oder weniger fernliegende Bedeutungen oder eigensinnige Interpretationen (z. B. sehr wörtlich oder anders eingeengt) zugeordnet werden. Sie ist ein häufiges Symptom bei [[Autismus]]. Von der [[Schizophasie]] („Wortsalat“) bei [[Schizophren]]en unterscheidet sie sich dadurch, dass die Sprache nur in der Bedeutung abweicht, aber formal (im Sinne von [[Syntax]] und [[Grammatik]]) noch korrekt und ihre kommunikative Beeinträchtigung meist auch von deutlich geringerem Ausmaß ist, d.h. sie ist geordnet, wohlgeformt und zumindest grob verständlich.
* in der [[Sozialpsychologie]] ein von der Gruppe abweichendes individuelles [[Sozialverhalten|Verhalten]] (durch [[Kompetenz (Psychologie)|Kompetenz]] und [[Konformität]] erwirbt das Individuum einen sogenannten [[Idiosynkrasiekredit]]),
* in der [[Informatik]], bzw. bei der interfacebasierten Programmierung, klassifiziert man allgemeine Interfaces in [[Familieninterface]]s und [[idiosynkratisches Interface|idiosynkratische Interfaces]]. Ein idiosynkratisches Interface wird dabei nur von einer einzigen Klasse im ganzen Projekt implementiert, wohingegen Familieninterfaces von mehreren implementiert werden.
* In der [[Sprachwissenschaft]] zeichnet sich ein idiosynkratischer Begriff dadurch aus, dass er in der bezeichneten Bedeutung nur von einer einzelnen Person oder Gruppe verwendet wird und üblicherweise einer anderen Bedeutung zugeordnet ist. In einem anderen Verständnis ist ein Begriff (ein Wort oder eine Phrase) dann idiosynkratisch, wenn er über Eigenschaften verfügt, die sich nicht aus allgemeineren Regeln ableiten lassen und die man deshalb im Lexikon explizit vermerken muss. Beispielhaft ist die Drogensprache dafür: ''Schokolade essen, ins Gras beißen, ein Pfeifchen rauchen, Pappe fressen''.
* Im [[Risikomanagement]] wird unterschieden zwischen idiosynkratischen Risiken, die von einem einzelnen Unternehmen bzw. [[Emittent (Finanzmarkt)|Emittenten]] ausgelöst werden, und systematischen Risiken, die aus Bewegungen des breiten Marktes resultieren (z.&nbsp;B. [[Baisse]]).


== Wortherkunft ==
== Wortherkunft ==
Das Wort ''Idiosynkrasie'' ist im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert aus dem Griechischen [[Entlehnung|entlehnt]] worden: ''{{polytonisch|ἰδιοσυνκρασία}}''<ref name="Kluge">Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage</ref> (''idiosynkrāsía''). Es ist bereits im [[Altgriechisch]]en nachweisbar und setzt sich zusammen aus ''{{polytonisch|ἰδιο-}}'' („eigen-“), ''{{polytonisch|συν-}}'' („zusammen-“) und ''{{polytonisch|κράσις}}'' („die Mischung“). Ursprünglich bedeutete es „eigentümliche Mischung der Säfte im Körper u. die daraus hervorgehende Beschaffenheit des Leibes“<ref name="Duden">Duden Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage, 2001</ref> und ist in diesem Sinne eine so erzeugte „spezifische Beschaffenheit eines einzelnen Körpers“.
Das Wort ''Idiosynkrasie'' ist im deutschsprachigen Raum im 18.&nbsp;Jahrhundert aus dem Griechischen [[Entlehnung|entlehnt]] worden:<ref name="Kluge">Friedrich Kluge: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 24. Auflage, Berlin/Boston 2002.</ref> Es stammt von {{grcS|ἰδιοσυγκρᾱσία|idiosynkrāsía|de=Selbst-Eigenheit/-[[Persönlichkeit|Charakter]]}}. Der Ausdruck ist bereits im [[Altgriechisch]]en nachweisbar und setzt sich zusammen aus {{lang|grc|ἰδιο-|de=eigen-}}, {{lang|grc|συν-|de=zusammen-}} und {{lang|grc|κρᾶσις|de=die Mischung}}. Ursprünglich bedeutete es „eigentümliche Mischung der Säfte im Körper und die daraus hervorgehende Beschaffenheit des Leibes“<ref name="Duden">Duden: ''Deutsches Universalwörterbuch.'' 4. Auflage, Mannheim 2001.</ref> und ist in diesem Sinne eine so erzeugte „spezifische Beschaffenheit eines einzelnen Körpers“.


== Einzelnachweise ==
== Fachgebiete ==
Je nach Kontext kann ''Idiosynkrasie'' Folgendes bedeuten:


Medizin
<references/>
* in der [[Medizin]] angeborene oder erworbene, z.&nbsp;T. schwer verlaufende Überempfindlichkeiten schon beim ersten Kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte Stoffe, die nicht durch eine Reaktion des [[Immunsystem]]s hervorgerufen werden, sondern durch [[Enzymdefekt|Fehlfunktion/Nichtfunktion defekter]] oder Fehlen intakter [[Enzym]]e, z.&nbsp;B. der [[Favismus]] (die Bohnenkrankheit); vergleiche auch [[Allergie]], [[Pseudoallergie]],
Psychiatrie und Psychologie
* in der [[Psychiatrie]] und [[Psychosomatik]] eine in diesem Sinne individuelle Erlebnis- und Verhaltensreaktion auf akustische (z.&nbsp;B. Quietschgeräusch von Kreide auf einer Schiefertafel) oder visuelle Reize (die z.&nbsp;B. [[Ekel]] hervorrufen), auch auf Personen oder Gegenstände,
{{Anker|Idiosynkratische Sprache}}
* in der [[Psychologie]] besonders starke Abneigung und Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Personen, Lebewesen, Gegenständen, Reizen, Anschauungen u.&nbsp;Ä.<ref>Duden: ''Das Fremdwörterbuch.'' 9. aktualisierte Auflage, Mannheim 2006.</ref> Als ''idiosynkratische Sprache'' wird hier ein Sprechverhalten und Sprachverständnis bezeichnet, bei dem Wörtern und Wendungen mehr oder weniger fernliegende Bedeutungen oder eigensinnige Interpretationen (z.&nbsp;B. sehr wörtliche oder anders eingeengte) zugeordnet werden. Sie ist ein häufiges Symptom bei [[Autismus]]. Von der [[Schizophasie]] („Wortsalat“) bei [[Schizophren]]en unterscheidet sie sich dadurch, dass die Sprache nur in der Bedeutung abweicht, aber formal (im Sinne von [[Syntax]] und [[Grammatik]]) noch korrekt und ihre kommunikative Beeinträchtigung meist auch von deutlich geringerem Ausmaß ist, d.&nbsp;h., sie ist geordnet, wohlgeformt und zumindest grob verständlich.
* in der [[Sozialpsychologie]] ein von der Gruppe abweichendes individuelles [[Sozialverhalten|Verhalten]] (durch [[Kompetenz (Psychologie)|Kompetenz]] und [[Konformität]] erwirbt das Individuum einen sogenannten [[Idiosynkrasiekredit]]),
Informatik
* in der [[Informatik]] bei der interfacebasierten Programmierung klassifiziert man allgemeine Interfaces in Familieninterfaces und idiosynkratische Interfaces. Ein idiosynkratisches Interface wird dabei nur von einer einzigen Klasse im ganzen Projekt implementiert, wohingegen Familieninterfaces von mehreren implementiert werden.
Sprachwissenschaft
* In der [[Sprachwissenschaft]] zeichnet sich ein idiosynkratischer Begriff dadurch aus, dass er in der bezeichneten Bedeutung nur von einer einzelnen Person oder Gruppe verwendet wird und üblicherweise einer anderen Bedeutung zugeordnet ist. In einem anderen Verständnis ist ein Begriff (ein Wort oder eine Phrase) dann idiosynkratisch, wenn er über Eigenschaften verfügt, die sich nicht aus allgemeineren Regeln ableiten lassen und die man deshalb im Lexikon explizit vermerken muss. Beispielhaft ist die Drogensprache dafür: „[[Heroin#Inhalation|den Drachen jagen]]“, „ein Ketamin-Loch“ („[[K-Hole]]“), „ein [[Cannabis als Rauschmittel#Konsum|Tütchen rauchen]]“, „[[Blotter (Drogenkonsum)|Pappen]] fressen“.
Wirtschaftswissenschaft
* In den [[Wirtschaftswissenschaft]]en wird unterschieden zwischen idiosynkratischen Risiken (oder [[unsystematisches Risiko|unsystematischen Risiken]]), die von einem einzelnen [[Unternehmen]] bzw. [[Emittent (Finanzmarkt)|Emittenten]] ausgelöst werden, und [[Systematisches Risiko|systematischen Risiken]], die aus Bewegungen des breiten [[Markt (Wirtschaftswissenschaft)|Marktes]] resultieren (z.&nbsp;B. [[Bullen- und Bärenmarkt|Baisse]]) und sich auf alle [[Marktteilnehmer]] auswirken.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Idiosynkrasie}}
* [https://www.textlog.de/cgi-bin/search/search.cgi?q=Idiosynkrasie Definitionen und Belege in verschiedenen Wörterbüchern]


== Einzelnachweise ==
{{Wiktionary|Idiosynkrasie}}
<references />
* [http://www.textlog.de/cgi-bin/search/search.cgi?q=Idiosynkrasie Definitionen und Belege in verschiedenen Wörterbüchern]


[[Kategorie:Sozialpsychologie]]
[[Kategorie:Sozialpsychologie]]

Aktuelle Version vom 26. August 2024, 21:07 Uhr

Als Idiosynkrasie wird die „Gesamtheit persönlicher Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen“ bezeichnet. Im Besonderen werden darunter medizinisch eine Überempfindlichkeit und psychologisch ein ungewöhnlicher Widerwillen verstanden.[1]

Das Wort Idiosynkrasie ist im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert aus dem Griechischen entlehnt worden:[2] Es stammt von altgriechisch ἰδιοσυγκρᾱσία idiosynkrāsía, deutsch ‚Selbst-Eigenheit/-Charakter. Der Ausdruck ist bereits im Altgriechischen nachweisbar und setzt sich zusammen aus ἰδιο- ‚eigen-‘, συν- ‚zusammen-‘ und κρᾶσις ‚die Mischung‘. Ursprünglich bedeutete es „eigentümliche Mischung der Säfte im Körper und die daraus hervorgehende Beschaffenheit des Leibes“[3] und ist in diesem Sinne eine so erzeugte „spezifische Beschaffenheit eines einzelnen Körpers“.

Je nach Kontext kann Idiosynkrasie Folgendes bedeuten:

Medizin

Psychiatrie und Psychologie

  • in der Psychiatrie und Psychosomatik eine in diesem Sinne individuelle Erlebnis- und Verhaltensreaktion auf akustische (z. B. Quietschgeräusch von Kreide auf einer Schiefertafel) oder visuelle Reize (die z. B. Ekel hervorrufen), auch auf Personen oder Gegenstände,

  • in der Psychologie besonders starke Abneigung und Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Personen, Lebewesen, Gegenständen, Reizen, Anschauungen u. Ä.[4] Als idiosynkratische Sprache wird hier ein Sprechverhalten und Sprachverständnis bezeichnet, bei dem Wörtern und Wendungen mehr oder weniger fernliegende Bedeutungen oder eigensinnige Interpretationen (z. B. sehr wörtliche oder anders eingeengte) zugeordnet werden. Sie ist ein häufiges Symptom bei Autismus. Von der Schizophasie („Wortsalat“) bei Schizophrenen unterscheidet sie sich dadurch, dass die Sprache nur in der Bedeutung abweicht, aber formal (im Sinne von Syntax und Grammatik) noch korrekt und ihre kommunikative Beeinträchtigung meist auch von deutlich geringerem Ausmaß ist, d. h., sie ist geordnet, wohlgeformt und zumindest grob verständlich.
  • in der Sozialpsychologie ein von der Gruppe abweichendes individuelles Verhalten (durch Kompetenz und Konformität erwirbt das Individuum einen sogenannten Idiosynkrasiekredit),

Informatik

  • in der Informatik bei der interfacebasierten Programmierung klassifiziert man allgemeine Interfaces in Familieninterfaces und idiosynkratische Interfaces. Ein idiosynkratisches Interface wird dabei nur von einer einzigen Klasse im ganzen Projekt implementiert, wohingegen Familieninterfaces von mehreren implementiert werden.

Sprachwissenschaft

  • In der Sprachwissenschaft zeichnet sich ein idiosynkratischer Begriff dadurch aus, dass er in der bezeichneten Bedeutung nur von einer einzelnen Person oder Gruppe verwendet wird und üblicherweise einer anderen Bedeutung zugeordnet ist. In einem anderen Verständnis ist ein Begriff (ein Wort oder eine Phrase) dann idiosynkratisch, wenn er über Eigenschaften verfügt, die sich nicht aus allgemeineren Regeln ableiten lassen und die man deshalb im Lexikon explizit vermerken muss. Beispielhaft ist die Drogensprache dafür: „den Drachen jagen“, „ein Ketamin-Loch“ („K-Hole“), „ein Tütchen rauchen“, „Pappen fressen“.

Wirtschaftswissenschaft

Wiktionary: Idiosynkrasie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Idiosynkrasie. In: Duden. abgerufen am 30. Juni 2017.
  2. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage, Berlin/Boston 2002.
  3. Duden: Deutsches Universalwörterbuch. 4. Auflage, Mannheim 2001.
  4. Duden: Das Fremdwörterbuch. 9. aktualisierte Auflage, Mannheim 2006.