„Peter Debye“ – Versionsunterschied

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'''Petrus Josephus Wilhelmus Debye''' (*[[24. März]] [[1884]] in [[Maastricht]]/[[Niederlande]], †[[2. November]] [[1966]] in [[Ithaca]], [[New York (Bundesstaat)|N.Y.]]) war ein niederländischer [[Physiker]].


'''Peter Debye''' (Taufname Petrus Josephus Wilhelmus, * [[24. März]] [[1884]] in [[Maastricht]], [[Niederlande]]; † [[2. November]] [[1966]] in [[Ithaca (New York)|Ithaca]], [[New York (Bundesstaat)|New York]]) war ein niederländischer [[Physiker]] und theoretischer [[Chemiker]] und erhielt 1936 den [[Nobelpreis für Chemie]].
Debye erhielt seine Ausbildung in [[Deutschland]], wo er sich [[1910]] in [[München]] habilitierte. Im Jahr darauf wurde er Professor in [[Zürich]], dann in [[Utrecht]], in [[Göttingen]], [[1920]] wieder in Zürich und [[1927]] in [[Leipzig]]. Seit [[1935]] war Debye Direktor am [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik]] in Berlin-Dahlem. Seit [[1939]] schließlich lehrte er an der [[Cornell Universität]] in Ithaca, New York.


== Leben ==
Debye arbeitete insbesondere in der [[Molekül|Molekularforschung]]. [[1936]] erhielt er den [[Nobelpreis für Chemie]] "für seine Beiträge zu unserer Kenntnis der Molekularstrukturen durch seine Forschungen über [[Dipolmoment]]e, über [[Röntgenstrahlbeugung|Beugung der Röntgenstrahlen]] und [[Elektron]]en in [[Gas]]en."
Sein Vater, Johannes Wilhelmus Debije (1859–1937), war Werkmeister in der Metallwarenfabrik ''J. G. Lambriex'' und seine Mutter, Maria Anna Barbara Ruemkens (1859–1940), Kassiererin am Theater. Er hatte eine vier Jahre jüngere Schwester. In seiner Jugend besuchte er häufig die Oper.<ref>Mansel Davies: [http://www.jstor.org/stable/769588 Peter Joseph Wilhelm Debye. 1884–1966]. Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society, Band 16, 1970, S. 175–232 </ref>


Debye erhielt seine Ausbildung in [[Deutschland]]. Er studierte an der [[RWTH Aachen]] [[Elektrotechnik]] und arbeitete nach der Beendigung seines Studiums 1905 als Assistent für Technische Mechanik an der Hochschule. Er war in Aachen Student von [[Arnold Sommerfeld]], der ihn nach seinem Wechsel 1906 an die [[Ludwig-Maximilians-Universität München]] mitnahm. Debye arbeitete dort im Bereich der theoretischen Physik und wurde 1908 promoviert mit einer Arbeit über Strahlungsdruck: ''Der Lichtdruck auf Kugeln von beliebigem Material''.<ref>{{MathGenealogyProject|id=25025}}</ref> 1910 folgte die [[Habilitation]]. Im Jahr darauf wurde er Professor für [[Theoretische Physik]] an der [[Universität Zürich]] als Nachfolger von [[Albert Einstein]], wo er zwei Jahre blieb. Es folgten Professuren an der [[Universität Utrecht]] ab 1912, ab 1913 an der [[Universität Göttingen]], ab 1920 an der [[ETH Zürich]], ab 1927 an der [[Universität Leipzig]] und ab 1934 an die [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin]].
Entscheidende Beiträge leistete er zur Methodik der [[Röntgenkristallographie]] ([[Debye-Scherrer-Verfahren]]) und zur Theorie der [[Elektrische Polarisation|polarisierenden]] Wirkung [[Elektrisches Feld|elektrischer Felder]] auf Moleküle ([[Debye-Hückel-Theorie]]).

Seit 1935 war Debye Direktor des [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik|Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik]] in [[Berlin-Dahlem]]. Zwischen 1936 und 1939 war er auch Mitglied des Senats der [[Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft]]. Als Vorsitzender der [[Deutsche Physikalische Gesellschaft|Deutschen Physikalischen Gesellschaft]] (DPG), der er 1937 bis 1939 war, sah sich Debye 1938 genötigt, in einem Rundschreiben die verbliebenen jüdischen Mitglieder zum Austritt aufzufordern. Als das nationalsozialistische Regime von Debye die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft verlangte, lehnte er dies ab; er ließ sich beurlauben, ging mit Frau und Sohn 1940 in die USA und lehrte ab 1940 an der [[Cornell University]] in [[Ithaca (New York)|Ithaca]], New York. Gleichzeitig teilte er den deutschen Behörden mit, seine Direktorenschaft am Kaiser-Wilhelm-Institut nur vorübergehend ruhen lassen zu wollen. Ein Grund war, dass er seine in Berlin verbliebene Tochter unterstützen wollte. Er fungierte noch bis zur Einstellung der Zeitschrift 1945 als Herausgeber der unter Mitwirkung der [[Physikalisch-Technische Reichsanstalt|Physikalisch-Technischen Reichsanstalt]] veröffentlichten ''[[Physikalische Zeitschrift|Physikalischen Zeitschrift]]''.<ref>Titelblatt der ''Physikalischen Zeitschrift'', Verlag S. Hirzel, Leipzig, 1945</ref> 1941 wurde er US-Staatsbürger, so dass er danach an kriegswichtiger Forschung über Kunststoffe beteiligt sein konnte. Auch nach dem Krieg setzte er die Polymerforschung fort. 1952 ging er an der Cornell University offiziell in den Ruhestand, forschte dort aber weiter bis zu seinem Tod. Peter Debye starb am 2. November 1966 in Ithaca, New York, an den Folgen einer Herzerkrankung.

Zu seinen Doktoranden zählten [[Lars Onsager]] und [[Paul Scherrer]] sowie [[Hertha Sponer]] und zu seinen Habilitanden sein Assistent in Zürich [[Erich Hückel]].

== Ehrungen und Mitgliedschaften ==

Er war Mitglied der [[Sächsische Akademie der Wissenschaften|Sächsischen Akademie der Wissenschaften]] in Leipzig, der [[Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften|Preußischen Akademie der Wissenschaften]], der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]<ref>{{BAdW|581|Name=Peter Debye|Kommentar=mit Link zu einem Nachruf von [[Walther Gerlach]]|Datum=23. Januar 2017}}</ref>, der [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Göttinger Akademie der Wissenschaften]] (1916),<ref>Holger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, Bd. 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 65.</ref> der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Russischen Akademie der Wissenschaften]] (1924), der [[American Academy of Arts and Sciences]] (1927), der [[American Philosophical Society]] (1936) sowie der [[Heidelberger Akademie der Wissenschaften]] und ab 1932 der [[Leopoldina]], ab 1947 der [[National Academy of Sciences]].

Neben dem Nobelpreis (1936) erhielt er 1963 die [[Priestley-Medaille]], 1930 die [[Rumford-Medaille]], 1937 die [[Benjamin Franklin Medal (Franklin Institute)|Franklin-Medaille]] und 1965 die [[National Medal of Science]]. 1950 wurde ihm die [[Max-Planck-Medaille]] verliehen.

1970 wurde der [[Mondkrater]] [[Debye (Mondkrater)|Debye]]<ref>{{PlanetaryNames|1455|Debye (Mondkrater)}}</ref> und 2002 der [[Asteroid]] [[(30852) Debye]] nach ihm benannt. Ihm zu Ehren vergibt die [[American Chemical Society]] den [[Peter Debye Award]] in Physikalischer Chemie. In Gewerbeparks an den Stadträndern von Leipzig und von Aachen wurden Straßen nach Peter Debye benannt.

Nach Peter Debye war die [[CGS-Einheitensystem|cgs]]-Einheit (''1 [[Debye]]'') des elektrischen Dipolmomentes benannt.

== Privates ==

Debye war seit 1913 mit Mathilde Alberer verheiratet, mit der er einen Sohn Peter P. Debye (geboren 1916) hatte, der ebenfalls Physiker war und mit ihm auch zusammenarbeitete, und eine Tochter Mathilde Maria (geboren 1921). Zu seinen Hobbys zählten Forellenfischen und Blumenzucht.

== Wissenschaftliche Leistungen ==
[[Datei:Peter Debye.jpg|mini|hochkant|Debye im Foyer der [[Universität Leipzig]]]]
Debye leistete herausragende Beiträge in mindestens fünf Gebieten:
# im Bereich [[Quantenphysik]]: [[Debye-Modell|Debye-Theorie]] der spezifischen Wärmekapazität von Materie bei tiefen Temperaturen (siehe [[Debye-Temperatur]]). Die Debye-Theorie stellte eine der ersten theoretischen Bestätigungen der bereits rund 10 Jahre davor erstmals vorgestellten Quantenthese dar.<ref>[http://www.uni-leipzig.de/~agintern/uni600/ug211.htm Peter Debye (1884–1966): Nobelpreisträger für Chemie]</ref>
# in der [[Elektrochemie]]: (Ionenaktivitäten, [[Debye-Radius]]),
# in der [[Röntgenstrukturanalyse]]: ([[Debye-Scherrer-Verfahren]], [[Debye-Waller-Faktor]])
# in der Chemie elektrolytischer Lösungen: ([[Debye-Hückel-Theorie]])
# in der [[Mikrowellenspektroskopie]] von Flüssigkeiten: ([[Debye-Funktion]]).
In seinen späten Forscherjahren beschäftigte er sich mit dem Verständnis von Polymermolekülen. 1936 erhielt er den [[Nobelpreis für Chemie]] „für seine Beiträge zu unserer Kenntnis der [[Molekülstruktur|Molekularstrukturen]] durch seine Forschungen über [[Elektrisches Dipolmoment|Dipolmomente]] ([[Debye-Gleichung]]), über [[Röntgenstrahlbeugung|Beugung der Röntgenstrahlen]] und [[Elektron]]en in [[Gas]]en.“

Von ihm stammen die nach ihm benannten [[Debyesche Funktionen|Debyeschen Funktionen]], die er in der Debye-Theorie (siehe oben) verwendete.

== Geschichtsdebatte 2006–2011 ==

Im Januar 2006 erschien ein niederländisches Buch von Sybe Rispens (''Einstein in Nederland'') über die Beziehung von Einstein zu den [[Niederlande]]n; der Nobelpreisträger [[Martinus Veltman]] steuerte ein Vorwort bei. Rispens stellte Debyes DPG-Rundschreiben von 1938 heraus und behauptete, Einstein habe 1940 die Berufung von Debye nach Cornell zu verhindern versucht, da er von dessen enger Verbindung zu den nationalsozialistischen Machthabern gehört habe. Daraufhin beschloss die [[Universität Utrecht]], ihr Debye-Institut umzubenennen, und die [[Universität Maastricht]], den Debye-Preis nicht weiter zu verleihen. Den Wissenschaftlern, die gegen diese Entscheidungen protestierten, schloss sich auch Veltman an, der im Mai 2006 sein Vorwort zu Rispens' Buch zurückzog.

In der Folge befassten sich zwei Kommissionen mit Debyes Haltung zum [[Nationalsozialismus|NS-Regime]]. Sie kamen zum Ergebnis, dass Debye kein Parteimitglied und kein Anhänger des NS-Regimes war, nicht an deutschen Kriegsvorbereitungen mitwirkte und kein Antisemit war. Den Ausschluss jüdischer Mitglieder aus der DPG habe Debye unter den gegebenen Umständen für unausweichlich gehalten; es wurde darauf hingewiesen, dass sich auch die [[Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften|Königlich Niederländische Akademie]] dem NS-Regime gebeugt und Einstein die Ehrenmitgliedschaft entzogen hat. Rispens' Behauptung, Einstein habe Debyes Berufung in die [[Vereinigte Staaten|USA]] verhindern wollen, erwies sich als haltlos.

Im Januar 2008 sprach die von den Universitäten Utrecht und Maastricht eingesetzte Kommission unter Leitung von [[Jan Terlouw]] die Empfehlung aus, die Entscheidungen von 2006 zurückzunehmen. Die Universität Utrecht folgte der Empfehlung und stellte den Namen Debye-Institut wieder her. Die Universität Maastricht hingegen blieb dabei, an der Verleihung des Debye-Preises nicht mehr mitzuwirken; der Hauptsponsor des Preises kündigte jedoch an, diesen fortzusetzen. Debyes Geburtsstadt Maastricht erklärte, keinen Grund zu sehen, ''Debyelaan'' und ''Debyeplein'' (Straße und Platz) umzubenennen.

== Literatur ==
* [[Dieter Hoffmann (Historiker)|Dieter Hoffmann]]/[[Mark Walker (Wissenschaftshistoriker)|Mark Walker]] (Hrsg.): ''„Fremde“ Wissenschaftler im Dritten Reich: Die Debye-Affäre im Kontext'', [[Wallstein-Verlag]], Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0625-7<ref>''Keine Begeisterung beim Hitlergruß'', in: [[Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung]] vom 31. Juli 2011, S. 52</ref>
* Vorlesung: Wilhelm Wien: ''Peter Debye: 1936 Nobelpreis. Quanten- und Molekularphysik; Theorie des spezifischen Wärme von Debye''. Literatur-Agentur Danowski, Zürich 2009
* Christian Bremen/Stichting Edmond Hustinx (Hrsg.): ''Pie Debije – Peter Debye: 1884–1966'', Gardez!-Verlag, St. Augustin 2000. ISBN 3-89796-048-6
* Lothar Beyer (Hrsg.): ''Wege zum Nobelpreis: Nobelpreisträger für Chemie an der Universität Leipzig'', Universität Leipzig, Leipzig 1999, ISBN 3-934178-04-9
* [http://edoc.mpg.de/289732 Dossier zu Debye von Dieter Hoffmann]
* {{Literatur
|Autor=Gijs van Ginkel
|Titel=Prof. Peter J.W. Debye (1884–1966) in 1935–1945: brilliant scientist – gifted teacher
|Verlag=RIPCN
|Ort=[S.l.]
|Datum=2006
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|Online=[http://www.theochem.ru.nl/~pwormer/Historical%20sources%20Debye%201935-1945.pdf PDF]}}
* Martijn Eickhoff: ''In naam der wetenschap? P. J.W. Debye en zijn carrière in nazi-Duitsland.'' Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam 2007, {{OCLC|435423464}} ([https://www.niod.nl/sites/niod.nl/files/In%20naam%20der%20wetenschap.pdf PDF]).
* Erich Hückel: ''Erinnerungen an Peter Debye und an meine Lehrjahre.'' In: ''Physik Journal.'' 28, 1972, S.&nbsp;53–57, [[doi:10.1002/phbl.19720280202]].
*E. J. W. Verwey: Levensbericht P. J. W. Debye, Jahrbuch Königl. Niederl. Akad. Wiss., 1966/67, Amsterdam, S. 341–348, [http://www.dwc.knaw.nl/biografie/pmknaw/?pagetype=authorDetail&aId=PE00004770 Online bei der KNAW]
*J. W. Williams: Peter Joseph Wilhelm Debye, Biographical Memoirs National Academy of Sciences, Band 46, 1975, [https://www.nap.edu/read/569/chapter/3 Online]
* Stefan L. Wolff: ''Das Vorgehen von Debye bei dem Ausschluss der jüdischen Mitglieder aus der DPG'', in: M. Walker und D. Hoffmann: ''Fremde Wissenschaftler im Dritten Reich'', Göttingen 2011, S. 106–130.

== Weblinks ==
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{{Wikiquote|lang=en}}
* {{Nobel-ch|1936|Peter Debye}}
* {{DNB-Portal|116042621}}
* {{Pressemappe|FID=pe/003783}}
* [http://nobelprize.org/chemistry/laureates/1936/debye.gif Bild von Peter Debye]
* [http://www.hu-berlin.de/ueberblick/geschichte/nobelpr_html Nobelpreisträger der Berliner Universität]
* {{CPL|Debye_28}}
* [http://www.genealogy-theochem.de/view.php?id=104 Peter Debye] im [[Theoretical Chemistry Genealogy Project]]
* {{Academictree|chemistry|20839}}
* [https://dwc.knaw.nl/en/biografie/pmknaw/?pagetype=authorDetail&aId=PE00004770 Peter Joseph Wilhelm Debije] Eintrag bei der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenwschaften

== Einzelnachweise ==
<references />

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{{SORTIERUNG:Debye, Peter}}
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[[Kategorie:Nobelpreisträger für Chemie]]
[[Kategorie:Träger der National Medal of Science]]
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[[Kategorie:Wissenschaftliches Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft]]
[[Kategorie:Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]]
[[Kategorie:Mitglied der American Philosophical Society]]
[[Kategorie:Mitglied der Leopoldina (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]]
[[Kategorie:Mitglied der National Academy of Sciences]]
[[Kategorie:Fellow der American Physical Society]]
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Mondkrater]]
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Asteroiden]]
[[Kategorie:Niederländischer Emigrant in den Vereinigten Staaten]]
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Aktuelle Version vom 5. August 2024, 18:24 Uhr

Peter Debye (ca. 1950)

Peter Debye (Taufname Petrus Josephus Wilhelmus, * 24. März 1884 in Maastricht, Niederlande; † 2. November 1966 in Ithaca, New York) war ein niederländischer Physiker und theoretischer Chemiker und erhielt 1936 den Nobelpreis für Chemie.

Sein Vater, Johannes Wilhelmus Debije (1859–1937), war Werkmeister in der Metallwarenfabrik J. G. Lambriex und seine Mutter, Maria Anna Barbara Ruemkens (1859–1940), Kassiererin am Theater. Er hatte eine vier Jahre jüngere Schwester. In seiner Jugend besuchte er häufig die Oper.[1]

Debye erhielt seine Ausbildung in Deutschland. Er studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und arbeitete nach der Beendigung seines Studiums 1905 als Assistent für Technische Mechanik an der Hochschule. Er war in Aachen Student von Arnold Sommerfeld, der ihn nach seinem Wechsel 1906 an die Ludwig-Maximilians-Universität München mitnahm. Debye arbeitete dort im Bereich der theoretischen Physik und wurde 1908 promoviert mit einer Arbeit über Strahlungsdruck: Der Lichtdruck auf Kugeln von beliebigem Material.[2] 1910 folgte die Habilitation. Im Jahr darauf wurde er Professor für Theoretische Physik an der Universität Zürich als Nachfolger von Albert Einstein, wo er zwei Jahre blieb. Es folgten Professuren an der Universität Utrecht ab 1912, ab 1913 an der Universität Göttingen, ab 1920 an der ETH Zürich, ab 1927 an der Universität Leipzig und ab 1934 an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin.

Seit 1935 war Debye Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin-Dahlem. Zwischen 1936 und 1939 war er auch Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Als Vorsitzender der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), der er 1937 bis 1939 war, sah sich Debye 1938 genötigt, in einem Rundschreiben die verbliebenen jüdischen Mitglieder zum Austritt aufzufordern. Als das nationalsozialistische Regime von Debye die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft verlangte, lehnte er dies ab; er ließ sich beurlauben, ging mit Frau und Sohn 1940 in die USA und lehrte ab 1940 an der Cornell University in Ithaca, New York. Gleichzeitig teilte er den deutschen Behörden mit, seine Direktorenschaft am Kaiser-Wilhelm-Institut nur vorübergehend ruhen lassen zu wollen. Ein Grund war, dass er seine in Berlin verbliebene Tochter unterstützen wollte. Er fungierte noch bis zur Einstellung der Zeitschrift 1945 als Herausgeber der unter Mitwirkung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt veröffentlichten Physikalischen Zeitschrift.[3] 1941 wurde er US-Staatsbürger, so dass er danach an kriegswichtiger Forschung über Kunststoffe beteiligt sein konnte. Auch nach dem Krieg setzte er die Polymerforschung fort. 1952 ging er an der Cornell University offiziell in den Ruhestand, forschte dort aber weiter bis zu seinem Tod. Peter Debye starb am 2. November 1966 in Ithaca, New York, an den Folgen einer Herzerkrankung.

Zu seinen Doktoranden zählten Lars Onsager und Paul Scherrer sowie Hertha Sponer und zu seinen Habilitanden sein Assistent in Zürich Erich Hückel.

Ehrungen und Mitgliedschaften

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Er war Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig, der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften[4], der Göttinger Akademie der Wissenschaften (1916),[5] der Russischen Akademie der Wissenschaften (1924), der American Academy of Arts and Sciences (1927), der American Philosophical Society (1936) sowie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und ab 1932 der Leopoldina, ab 1947 der National Academy of Sciences.

Neben dem Nobelpreis (1936) erhielt er 1963 die Priestley-Medaille, 1930 die Rumford-Medaille, 1937 die Franklin-Medaille und 1965 die National Medal of Science. 1950 wurde ihm die Max-Planck-Medaille verliehen.

1970 wurde der Mondkrater Debye[6] und 2002 der Asteroid (30852) Debye nach ihm benannt. Ihm zu Ehren vergibt die American Chemical Society den Peter Debye Award in Physikalischer Chemie. In Gewerbeparks an den Stadträndern von Leipzig und von Aachen wurden Straßen nach Peter Debye benannt.

Nach Peter Debye war die cgs-Einheit (1 Debye) des elektrischen Dipolmomentes benannt.

Debye war seit 1913 mit Mathilde Alberer verheiratet, mit der er einen Sohn Peter P. Debye (geboren 1916) hatte, der ebenfalls Physiker war und mit ihm auch zusammenarbeitete, und eine Tochter Mathilde Maria (geboren 1921). Zu seinen Hobbys zählten Forellenfischen und Blumenzucht.

Wissenschaftliche Leistungen

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Debye im Foyer der Universität Leipzig

Debye leistete herausragende Beiträge in mindestens fünf Gebieten:

  1. im Bereich Quantenphysik: Debye-Theorie der spezifischen Wärmekapazität von Materie bei tiefen Temperaturen (siehe Debye-Temperatur). Die Debye-Theorie stellte eine der ersten theoretischen Bestätigungen der bereits rund 10 Jahre davor erstmals vorgestellten Quantenthese dar.[7]
  2. in der Elektrochemie: (Ionenaktivitäten, Debye-Radius),
  3. in der Röntgenstrukturanalyse: (Debye-Scherrer-Verfahren, Debye-Waller-Faktor)
  4. in der Chemie elektrolytischer Lösungen: (Debye-Hückel-Theorie)
  5. in der Mikrowellenspektroskopie von Flüssigkeiten: (Debye-Funktion).

In seinen späten Forscherjahren beschäftigte er sich mit dem Verständnis von Polymermolekülen. 1936 erhielt er den Nobelpreis für Chemie „für seine Beiträge zu unserer Kenntnis der Molekularstrukturen durch seine Forschungen über Dipolmomente (Debye-Gleichung), über Beugung der Röntgenstrahlen und Elektronen in Gasen.“

Von ihm stammen die nach ihm benannten Debyeschen Funktionen, die er in der Debye-Theorie (siehe oben) verwendete.

Geschichtsdebatte 2006–2011

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Im Januar 2006 erschien ein niederländisches Buch von Sybe Rispens (Einstein in Nederland) über die Beziehung von Einstein zu den Niederlanden; der Nobelpreisträger Martinus Veltman steuerte ein Vorwort bei. Rispens stellte Debyes DPG-Rundschreiben von 1938 heraus und behauptete, Einstein habe 1940 die Berufung von Debye nach Cornell zu verhindern versucht, da er von dessen enger Verbindung zu den nationalsozialistischen Machthabern gehört habe. Daraufhin beschloss die Universität Utrecht, ihr Debye-Institut umzubenennen, und die Universität Maastricht, den Debye-Preis nicht weiter zu verleihen. Den Wissenschaftlern, die gegen diese Entscheidungen protestierten, schloss sich auch Veltman an, der im Mai 2006 sein Vorwort zu Rispens' Buch zurückzog.

In der Folge befassten sich zwei Kommissionen mit Debyes Haltung zum NS-Regime. Sie kamen zum Ergebnis, dass Debye kein Parteimitglied und kein Anhänger des NS-Regimes war, nicht an deutschen Kriegsvorbereitungen mitwirkte und kein Antisemit war. Den Ausschluss jüdischer Mitglieder aus der DPG habe Debye unter den gegebenen Umständen für unausweichlich gehalten; es wurde darauf hingewiesen, dass sich auch die Königlich Niederländische Akademie dem NS-Regime gebeugt und Einstein die Ehrenmitgliedschaft entzogen hat. Rispens' Behauptung, Einstein habe Debyes Berufung in die USA verhindern wollen, erwies sich als haltlos.

Im Januar 2008 sprach die von den Universitäten Utrecht und Maastricht eingesetzte Kommission unter Leitung von Jan Terlouw die Empfehlung aus, die Entscheidungen von 2006 zurückzunehmen. Die Universität Utrecht folgte der Empfehlung und stellte den Namen Debye-Institut wieder her. Die Universität Maastricht hingegen blieb dabei, an der Verleihung des Debye-Preises nicht mehr mitzuwirken; der Hauptsponsor des Preises kündigte jedoch an, diesen fortzusetzen. Debyes Geburtsstadt Maastricht erklärte, keinen Grund zu sehen, Debyelaan und Debyeplein (Straße und Platz) umzubenennen.

  • Dieter Hoffmann/Mark Walker (Hrsg.): „Fremde“ Wissenschaftler im Dritten Reich: Die Debye-Affäre im Kontext, Wallstein-Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0625-7[8]
  • Vorlesung: Wilhelm Wien: Peter Debye: 1936 Nobelpreis. Quanten- und Molekularphysik; Theorie des spezifischen Wärme von Debye. Literatur-Agentur Danowski, Zürich 2009
  • Christian Bremen/Stichting Edmond Hustinx (Hrsg.): Pie Debije – Peter Debye: 1884–1966, Gardez!-Verlag, St. Augustin 2000. ISBN 3-89796-048-6
  • Lothar Beyer (Hrsg.): Wege zum Nobelpreis: Nobelpreisträger für Chemie an der Universität Leipzig, Universität Leipzig, Leipzig 1999, ISBN 3-934178-04-9
  • Dossier zu Debye von Dieter Hoffmann
  • Gijs van Ginkel: Prof. Peter J.W. Debye (1884–1966) in 1935–1945: brilliant scientist – gifted teacher. RIPCN, [S.l.] 2006, ISBN 90-393-4284-9 (PDF).
  • Martijn Eickhoff: In naam der wetenschap? P. J.W. Debye en zijn carrière in nazi-Duitsland. Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam 2007, OCLC 435423464 (PDF).
  • Erich Hückel: Erinnerungen an Peter Debye und an meine Lehrjahre. In: Physik Journal. 28, 1972, S. 53–57, doi:10.1002/phbl.19720280202.
  • E. J. W. Verwey: Levensbericht P. J. W. Debye, Jahrbuch Königl. Niederl. Akad. Wiss., 1966/67, Amsterdam, S. 341–348, Online bei der KNAW
  • J. W. Williams: Peter Joseph Wilhelm Debye, Biographical Memoirs National Academy of Sciences, Band 46, 1975, Online
  • Stefan L. Wolff: Das Vorgehen von Debye bei dem Ausschluss der jüdischen Mitglieder aus der DPG, in: M. Walker und D. Hoffmann: Fremde Wissenschaftler im Dritten Reich, Göttingen 2011, S. 106–130.
Commons: Peter Debye – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Peter Debye – Zitate (englisch)

Einzelnachweise

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  1. Mansel Davies: Peter Joseph Wilhelm Debye. 1884–1966. Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society, Band 16, 1970, S. 175–232
  2. Peter Debye im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/id verwendet
  3. Titelblatt der Physikalischen Zeitschrift, Verlag S. Hirzel, Leipzig, 1945
  4. Mitgliedseintrag von Peter Debye (mit Link zu einem Nachruf von Walther Gerlach) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Januar 2017.
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 65.
  6. Debye (Mondkrater) im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
  7. Peter Debye (1884–1966): Nobelpreisträger für Chemie
  8. Keine Begeisterung beim Hitlergruß, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 31. Juli 2011, S. 52