„Strohgäu“ – Versionsunterschied

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== Wirtschaft und Siedlungswachstum ==
Aufgrund seiner fruchtbaren Böden ([[Parabraunerde]]n aus [[Löss]]) und dem milden Klima ist das Strohgäu bekannt für seine ertragreiche [[Landwirtschaft]], insbesondere für [[Getreide]]- und [[Zuckerrübe]]nanbau. Dennoch ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten fünfzig Jahren drastisch zurückgegangen. Zum einen bedingt durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel, zum anderen durch die zunehmende Flächenkonkurrenz im [[Verdichtungsraum]] Stuttgart. Wegen der unmittelbaren Nähe eines großen Absatzmarktes haben sich auf dem Langen Feld viele Landwirte auf [[Sonderkultur]]en bzw. Gemüse- und Obstbau spezialisiert und sich zahlreiche Gärtnereien und Baumschulen niedergelassen.<ref>Vgl. [http://www.mlr.baden-wuerttemberg.de/content.pl?ARTIKEL_ID=488 Baden-Württemberg – Land der Sonderkulturen]</ref> Auffällig ist auch die starke Zunahme von [[Mais]], der nicht nur zur Viehfütterung, sondern zunehmend auch für [[Biogasanlagen]] genutzt wird. Auf dem [[Grüner Heiner|Grünen Heiner]] bei [[Korntal-Münchingen]] und bei [[Ingersheim (Neckar)|Ingersheim]] wurden weithin sichtbare [[Windkraftanlage]]n installiert.


=== Wirtschaft und Besiedlung ===
Im Strohgäu haben sich seit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Industrialisierung viele Unternehmen angesiedelt. Anfangs war die Textilbranche stark vertreten. Inzwischen wurde diese fast restlos ersetzt – insbesondere von Maschinenbauern und Autozulieferern. Flächenknappheit und steigende Bodenpreise in Stuttgart haben viele Unternehmen zur Verlagerung von Pruduktionsstätten oder zur kompletten Umsiedlung ins Strohgäu bewogen. Bevorzugte Standorte waren vor allem die in der Nähe der Autobahnen [[Bundesautobahn 81|A81]] und [[Bundesautobahn 8|A8]] sowie der Bundesstraßen [[Bundesstraße 10|B10]], [[Bundesstraße 27|B27]] und [[Bundesstraße 295|B295]] gelegenen [[Gemeinde]]n. Die hohe Stauhäufigkeit machte außerdem die [[S-Bahn Stuttgart|Stuttgarter S-Bahn]] zu einem bedeutenden Standortfaktor, der auch maßgeblichen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung der angeschlossenen Kommunen hat. So verzeichneten einstige „[[Oberamt (Württemberg)|Amtsflecken]]“ wie [[Ditzingen]] oder [[Tamm]] ein stürmisches Wachstum, während die einstige „Strohgäu-Kapitale“ [[Markgröningen]] ohne Bahnanschluss eher stagniert.
Aufgrund seiner fruchtbaren Böden ([[Parabraunerde]]n aus [[Löss]]) und dem milden Klima ist das Strohgäu bekannt für seine ertragreiche [[Landwirtschaft]], insbesondere für [[Getreide]]- und [[Zuckerrübe]]nanbau. Dennoch ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten fünfzig Jahren drastisch zurückgegangen. Zum einen bedingt durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel, zum anderen durch die zunehmende Flächenkonkurrenz im Verdichtungsraum Stuttgart. Wegen der unmittelbaren Nähe eines großen Absatzmarktes haben sich auf dem Langen Feld viele Landwirte auf [[Sonderkultur]]en bzw. Gemüse- und Obstbau spezialisiert und sich zahlreiche Gärtnereien und Baumschulen niedergelassen.<ref>Vgl. [http://www.mlr.baden-wuerttemberg.de/content.pl?ARTIKEL_ID=488 Baden-Württemberg – Land der Sonderkulturen]</ref> Auffällig ist auch die starke Zunahme von [[Mais]], der nicht nur zur Viehfütterung, sondern zunehmend auch für [[Biogasanlagen]] genutzt wird. Auf dem [[Grüner Heiner|Grünen Heiner]] bei [[Korntal-Münchingen]] und bei [[Ingersheim (Neckar)|Ingersheim]] wurden weithin sichtbare [[Windkraftanlage]]n installiert.


Im Strohgäu haben sich seit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Industrialisierung viele Unternehmen angesiedelt. Anfangs war die Textilbranche stark vertreten. Inzwischen wurde diese fast restlos ersetzt – insbesondere von Maschinenbauern und Autozulieferern. Flächenknappheit und steigende Bodenpreise in Stuttgart haben viele Unternehmen zur Verlagerung von Pruduktionsstätten oder zur kompletten Umsiedlung ins Strohgäu bewogen. Bevorzugte Standorte waren vor allem die in der Nähe der Autobahnen [[Bundesautobahn 81|A81]] und [[Bundesautobahn 8|A8]] sowie der Bundesstraßen [[Bundesstraße 10|B10]], [[Bundesstraße 27|B27]] und [[Bundesstraße 295|B295]] gelegenen [[Gemeinde]]n. Neben der Industrie zog es auch viele [[Stadtflucht|Stadtflüchtige]] ins Strohgäu, die zu wachsenden [[Pendler]]strömen führten. Die hohe Stauhäufigkeit machte die [[S-Bahn Stuttgart|Stuttgarter S-Bahn]] zu einem bedeutenden Standortfaktor, der auch maßgeblichen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung der angeschlossenen Kommunen hat. So verzeichneten ehemalige „[[Oberamt (Württemberg)|Amtsflecken]]“ wie [[Ditzingen]] oder [[Tamm]] seit den siebziger Jahren ein stürmisches Wachstum, während die einstige „Strohgäu-Kapitale“ [[Markgröningen]] ohne Bahnanschluss eher stagniert.
Im ''Strohgäu'' haben viele Firmen, Parteien und andere Körperschaften die Bezeichnung „Strohgäu“ aus Verbundenheit zur Region in ihren Namen aufgenommen.

Etliche Firmen, Parteien und andere Körperschaften haben die Bezeichnung „Strohgäu“ aus Verbundenheit zur Gegend in ihren Namen aufgenommen.


== Sehenswürdigkeiten ==
== Sehenswürdigkeiten ==
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=== Burgen und Schlösser ===
=== Burgen und Schlösser ===
* Festung [[Hohenasperg]] auf dem Asperg
* Festung [[Hohenasperg]] auf dem Asperg
* Schloss Bietigheim
* Schloss Leonberg mit Pomeranzengarten
* Schloss Ditzingen
* Schloss Leonberg
* Hemminger Schloss (heute Rathaus)
* Hemminger Schloss (heute Rathaus)
* Altes und Neues Schloss in Münchingen
* Altes und Neues Schloss in Münchingen
* [[Residenzschloss Ludwigsburg]]
* [[Residenzschloss Ludwigsburg]] und [[Schloss Favorite (Ludwigsburg)|Schloss Favorite]] in [[Ludwigsburg]]
* [[Seeschloss Monrepos]] bei [[Eglosheim]]
* [[Schloss Favorite (Ludwigsburg)|Schloss Favorite]] in [[Ludwigsburg]]
* Schloss [[Nippenburg]] mit Burgruine (1160) bei [[Schwieberdingen]]
* [[Seeschloss Monrepos]] bei Ludwigsburg
* Schloss [[Nippenburg]] bei [[Schwieberdingen]]
* [[Schloss Unterriexingen|Burg und Schloss Unterriexingen]]
* [[Schloss Unterriexingen|Burg und Schloss Unterriexingen]]


=== Burgruinen und abgegangene Burgen ===
=== Burgruinen und abgegangene Burgen ===
* Abgegangene Reichsburg und Residenzschloss [[Geschichte Grüningens|Grüningen]], heute Helene-Lange-Gymnasium in Markgröningen
* Abgegangene Reichsburg und Residenzschloss [[Geschichte Grüningens|Grüningen]], heute Helene-Lange-Gymnasium in Markgröningen
* Burgstall [[Schlüsselburg (Markgröningen)|Schlüsselburg]] (auch: ''Äußere Burg von Grüningen'') bei Markgröningen (1380 bis 1535 erwähnt)
* Burgruine bei [[Hoheneck (Ludwigsburg)|Hoheneck]]
* Burgruine bei [[Hoheneck (Ludwigsburg)|Hoheneck]]
* Burgstall [[Burg Dauseck|Dauseck]] südwestlich von [[Oberriexingen]]
* Burgstall [[Remminger Schlössle]] oberhalb der [[Wüstung]] [[Remmigheim]] im [[Rotenackerwald]]
* Burgstall [[Remminger Schlössle]] oberhalb der [[Wüstung]] [[Remmigheim]] im [[Rotenackerwald]]
* Burgruine [[Nippenburg]] bei Schwieberdingen (1160)
* Burgruine [[Altsachsenheim]] oberhalb [[Untermberg (Bietigheim-Bissingen)|Untermbergs]]
* Burgruine [[Altsachsenheim]] oberhalb [[Untermberg (Bietigheim-Bissingen)|Untermbergs]]
* Burgruine Dischingen und abgegangene [[Burg Altdischingen]] bei [[Weilimdorf]]
* Burgruine Dischingen und abgegangene [[Burg Altdischingen]] bei [[Weilimdorf]]
* Burgstall einer keltischen [[Fliehburg]] auf dem ''Horn'' bei Weilimdorf


[[Datei:Markgröningen Evang. Bartholomäuskirche 2.JPG|miniatur|hochkant|Der [[Bartholomäuskirche (Markgröningen)|„Strohgäu-Dom“]] war einst Mittelpunkt des sakralen [[Landkapitel]]s]]
[[Datei:Markgröningen Evang. Bartholomäuskirche 2.JPG|miniatur|hochkant|Der [[Bartholomäuskirche (Markgröningen)|„Strohgäu-Dom“]] war einst Mittelpunkt des sakralen [[Landkapitel]]s]]
[[Datei:Ansicht composit1068x1024blau.jpg|miniatur|hochkant|Hemminger Laurentiuskirche]]
[[Datei:Ansicht composit1068x1024blau.jpg|miniatur|hochkant|Hemminger Laurentiuskirche]]
[[Datei:Speyrer Kirche Ditzingen (3).jpg|miniatur|hochkant|Speyrer Kirche in Ditzingen]]
=== Kirchen und Klöster ===
=== Kirchen und Klöster ===
Das ''Strohgäu'' wurde im 16. Jahrhundert protestantisch; die mittelalterlichen Kirchen wurden der neuen Konfession angepasst. Sie gehören heute alle zur [[Evangelische Landeskirche in Württemberg|Evangelischen Landeskirche Württemberg]]. Der Großteil der hier ansässigen [[Römisch-katholische Kirche|Katholik]]en kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Strohgäu. Vielfältig sind auch die zahlreichen anderen Religionsgemeinden, unter anderem die [[evangelisch-methodistisch]]e, die [[Neuapostolische Kirche]] und die [[Freikirche]]n.
Das ''Strohgäu'' wurde im 16. Jahrhundert protestantisch; die mittelalterlichen Kirchen wurden der neuen Konfession angepasst. Sie gehören heute alle zur [[Evangelische Landeskirche in Württemberg|Evangelischen Landeskirche Württemberg]]. Der Großteil der hier ansässigen [[Römisch-katholische Kirche|Katholik]]en kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Strohgäu. Vielfältig sind auch die zahlreichen anderen Religionsgemeinden, unter anderem die [[evangelisch-methodistisch]]e, die [[Neuapostolische Kirche]] und die [[Freikirche]]n.


* Michaelskirche in [[Asperg]]
* Michaelskirche in [[Asperg]]
* Peterskirche in [[Bietigheim-Bissingen|Bietigheim]]
* Peterskirche und Stadtkirche in [[Bietigheim-Bissingen|Bietigheim]]
* [[Kilianskirche (Bissingen)|Kilianskirche]] in Bissingen
* [[Kilianskirche (Bissingen)|Kilianskirche]] in [[Bietigheim-Bissingen|Bissingen]]
* [[Konstanzer Kirche (Ditzingen)|Konstanzer]] (um 1470) und Speyrer Kirche (1347) in [[Ditzingen]]
* [[Konstanzer Kirche (Ditzingen)|Konstanzer]] (um 1470) und Speyrer Kirche (1347) in [[Ditzingen]]
* Katharinenkirche in [[Eglosheim]]
* Katharinenkirche in [[Eglosheim]]
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* Johanneskirche in [[Stammheim (Stuttgart)|Stammheim]]
* Johanneskirche in [[Stammheim (Stuttgart)|Stammheim]]
* Bartholomäuskirche in [[Tamm]]
* Bartholomäuskirche in [[Tamm]]
* Pfarrkirche in [[Unterriexingen]]
* [[Frauenkirche (Unterriexingen)|Frauenkirche]] und Pfarrkirche in [[Unterriexingen]]
* [[Frauenkirche (Unterriexingen)|Frauenkirche]] in Unterriexingen
* [[Pfarrkirche St. Oswald (Weilimdorf)|Oswaldkirche]] in Weilimdorf (1472)
* [[Pfarrkirche St. Oswald (Weilimdorf)|Oswaldkirche]] in Weilimdorf (1472)


[[Datei:Ditzingen Schlossmühle.jpg|mini|hochkant|[[Schlossmühle (Ditzingen)|Schlossmühle]] in Ditzingen]]
[[Datei:Ditzingen Schlossmühle.jpg|mini|hochkant|[[Schlossmühle (Ditzingen)|Schlossmühle]] in Ditzingen]]
=== Glemsmühlen ===
=== Glemsmühlen ===
Die Glems war gesäumt von zahlreichen [[Glemsmühlen|Mühlen]]. Neben Getreidemühlen wurden zeitweise [[Lohmühle]]n, [[Walkmühle]]n, [[Ölmühle]]n, [[Hanfreibe]]n, [[Sägewerk|Sägmühlen]], eine [[Hammerschmiede]], eine [[Papiermühle]] und eine [[Pulvermühle]] mit Wasserkraft betrieben. Der ausgeschilderte [[Glemsmühlenweg|Glemsmühlen-Radwanderweg]] führt 40 Kilometer lang durchs Tal. An 19 berührten Mühlen informieren Tafeln über Geschichtliches und das ehedem sehr bedeutsame Müllerhandwerk.
Die Glems war gesäumt von zahlreichen [[Glemsmühlen|Mühlen]]. Neben Getreidemühlen wurden zeitweise [[Lohmühle]]n, [[Walkmühle]]n, [[Ölmühle]]n, Hanfreiben, [[Sägewerk|Sägmühlen]], eine [[Hammerschmiede]], eine [[Papiermühle]] und eine [[Pulvermühle]] mit Wasserkraft betrieben. Der ausgeschilderte [[Glemsmühlenweg|Glemsmühlen-Radwanderweg]] führt 40 Kilometer lang durchs Tal. An 19 berührten Mühlen informieren Tafeln über Geschichtliches und das ehedem sehr bedeutsame Müllerhandwerk.


''Siehe auch: Liste der '''[[Glemsmühlen]]'''''
''Siehe auch: Liste der '''[[Glemsmühlen]]'''''

Version vom 22. Juni 2014, 20:04 Uhr

Typisches Strohgäu-Panorama bei Schöckingen
Überlieferte Kernzone des Strohgäus und aus geographischer Sicht einzubeziehende Randbereiche. Diese bilden mit der Kernzone einen homogenen Naturraum im Südwesten des Neckarbeckens. Die grünen Linen markieren die Grenzen der Naturraumeinheiten 123.13 bis 123.17
Gäuflächen und Neckarbecken in der Schichtstufenlandschaft

Das Strohgäu (von Gäu – abgeleitet vom römischen pagus als Herrschaftsbezirk bzw. vom mittelhochdeutschen gou für eine Gegend – und Stroh für Getreideanbau) ist eine zum Neckarbecken zählende Gäulandschaft in Baden-Württemberg, die auch Unteres Gäu genannt wird und deren Kernzone in etwa dem ehemaligen Glemsgau entspricht.

Geographie

Lage und Abgrenzung

Das Strohgäu gehört zur naturräumlichen Haupteinheit der Neckar- und Tauber-Gäuplatten und ist Teil des Neckarbeckens,[1] einer lössbedeckten und durch Flusstäler eingeschnittenen Hochfläche im Zentrum des württembergischen Unterlands.[2] Es liegt großteils im Landkreis Ludwigsburg und tangiert den Stadtkreis Stuttgart bei Mühlhausen, Zazenhausen, Zuffenhausen, Stammheim und Weilimdorf sowie den Landkreis Böblingen bei Leonberg (Höfingen, Gebersheim und Eltingen) und Rutesheim. Gemäß der Überlieferung wird das Strohgäu im Osten in etwa vom Neckartal, im Süden von den Keuperhöhen um Stuttgart und Leonberg begrenzt. Im Westen grenzt es an das ab dem Strudelbachtal beginnende Heckengäu und im Norden an das Enztal.[3] Von den Strudelbachgemeinden Eberdingen und Enzweihingen zählen insofern nur die ehemaligen Markungen von Hochdorf an der Enz und Pulverdingen bzw. dem Leinfelder Hof im Osten dazu.

Im Nordosten und Südwesten sind die Grenzen des überlieferten „Kulturraums“ Strohgäu nicht klar umrissen. Obwohl es zu den rechts der Enz gelegenen Flächen von Bietigheim und zu den Markungen von Freiberg am Neckar, Ingersheim und Benningen keine naturräumliche Grenze gibt, werden diese Lössebenen meist nicht und von Ludwigsburg oft nur die ehemaligen Markungen von Eglosheim und Pflugfelden einbezogen – unter Ausschluss der Markungen von Hoheneck und Oßweil sowie von Neckargröningen und Aldingen. Im Südwesten werden Höfingen und Gebersheim unbestritten hinzugezählt, bei der Leonberger Kernstadt, Eltingen und insbesondere bei Rutesheim scheiden sich wiederum die Geister (siehe Karte).

Aus physisch-geographischer Sicht zählen diese und weitere Orte im Norden hingegen allesamt zum Strohgäu. Folgende naturräumlichen Einheiten des Neckarbeckens (Nr. 123) bilden dessen Kernzone:[4]

  • 123.13 Glems-Strudelbach-Platte
  • 123.14 Langes Feld
  • 123.15 Südlicher Strohgäurand

Zur nördlichen Randzone zählen:

  • 123.16 Unteres Enztal
  • 123.17 Metterplatte[5]
  • 123.18 Südliches Strombergvorland (umstritten, wird meist zum Stromberg gezählt)

Geologie und Klima

Nach geologischen, klimatischen und geomorphologischen Gesichtspunkten sind die in der Karte heller ausgewiesenen Randbereiche ebenso hinzuzuzählen wie die Lössflächen auf Lettenkeuper und Muschelkalk zwischen Enztal und Stromberg, die nördlich bei Erligheim ins Zabergäu übergehen. Zu diesem Randbereich zählen aus naturräumlicher Sicht die Nussdorfer Lössplatte, die südlichen Teile der Vaihinger und der Sersheimer Markung, von Sachsenheim nur die ehemaligen Markungen von Groß- und Kleinsachsenheim sowie Metterzimmern, Löchgau und Teile Besigheims.

Das Plateau des Strohgäus liegt auf einer mittleren Höhe von rund 300 m und ist großteils von Löss bedeckt, der zur Bildung von ertragsstarken Schwarz- und Parabraunerden führte. Die Lössschichten sind besonders auf dem Langen Feld mächtig und nehmen in Richtung der Randzonen ab. Wo darunter Lettenkeuper ansteht, bilden die kleineren Fließgewässer wie der Leudelsbach Talmulden aus; wo der Muschelkalk ansteht, haben Strudelbach, Glems, Enz und Neckar steile und windungsreiche Täler geformt. Als Störer wirkt der 356 Meter hohe Hohenasperg, ein durch Reliefumkehr entstandener Zeugenberg des umliegenden Keuperberglands.

Das Strohgäu zeichnet sich klimatisch durch eine hohe Sonnenscheindauer, hohe Durchschnittstemperaturen und geringe Niederschlagsmengen aus. Die Entwässerung erfolgt über Strudelbach, Glems, Leudelsbach, Metter, Enz und Neckar. Die Glems durchzieht das Strohgäu von Süden nach Norden und teilt es in einen westlichen und östlichen Bereich. Die nicht von Tälern zerschnittene Ebene zwischen Glems- und Neckartal wird auch Langes Feld genannt.

Acker mit Parabraunerde aus Löss
Weinberge im Glemstal

Altsiedelland

Wegen seiner sehr fruchtbaren Lössböden und seiner Klimagunst wurde das Lange Feld bereits in der Jungsteinzeit ackerbaulich genutzt, fast komplett gerodet und im Mittelalter als Paradies auf Erden bezeichnet.[6] Die sonnexponierten steilen Talhänge von Glems, Leudelsbach, Enz, Metter und Neckar wurden wie der Südhang des Aspergs schon früh für den Weinbau kultiviert.

Bis nach der alemannischen Landnahme herrschte Streusiedlung für ortsnahe Bewirtschaftung vor. Bedingt durch politische Faktoren und Seuchen unterlag die Besiedlung ab dem Hochmittelalter einem fortschreitenden Konzentrationsprozess, der zahlreiche Wüstungen zur Folge hatte.

Zentraler Ort war vom frühen Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert die ehemalige Reichsstadt und württembergische Amtsstadt Grüningen (heute Markgröningen), deren Amtsbezirk und sakrales Landkapitel[7] zeitweise mit der Kernzone des Strohgäus und dem historischen Herrschaftsbezirk des Glemsgaus weitgehend übereinstimmte. Deshalb wurde die doppeltürmige Bartholomäuskirche in Grüningen als geistliches Zentrum des Speyrer Archidiakonats Trinitatis auch als „Strohgäu-Dom“ bezeichnet.

Siehe auch: Liste der Orte im Strohgäu mit Ortsteilen und abgegangenen Siedlungen

Verkehr

Glemstalviadukt der B 10 bei Schwieberdingen

Fernstraßen

Das Strohgäu hatte von Alters her gute Verkehrsverbindungen. Hier kreuzten sich drei wichtige Fernstraßen, die über weite Strecken bereits seit römischer Zeit bestanden:

  • Die heutige Bundesstraße 10 führte von Flandern bis ans Schwarze Meer und zweigte bei Augsburg nach Italien ab, erlangte im Spätmittelalter große Bedeutung als Handelsweg und zählte im 16. Jahrhundert zu den ersten Postrouten.
  • Die heutige Bundesstraße 27 führte als Süd-Nordverbindung von der Schweiz nach Heilbronn und darüber hinaus.
  • Die dritte historische Fernstraße verlief im Remstal entlang des Limes und führte dann von Waiblingen über Markgröningen weiter nach Straßburg.

In jüngerer Zeit kamen die heutige Bundesstraße 295 von Calw über Leonberg nach Stuttgart und im Dritten Reich schließlich die beiden Autobahnen A 8 und A 81 hinzu.

Bahnstrecken

Bahnstrecken im Strohgäu (ohne SSB-Linien)

Als eine der ersten württembergischen Bahnstrecken wurde im 19. Jahrhundert die Verbindung Stuttgart-Ludwigsburg hergestellt. Später erfolgte der Bau der Westbahn von Bietigheim nach Mühlacker, der Schwarzwaldbahn von Stuttgart über Ditzingen und Leonberg nach Calw und der Schusterbahn von Kornwestheim nach Cannstatt. In Kornwestheim entstand ein bedeutender Güter- und Rangierbahnhof mit Container-Terminal und mittlerweile stillgelegter Verladestation für den Autoreisezugverkehr.

Seit 1906 fährt die Strohgäubahn, eine eingleisige normalspurige private Stichbahn, von Korntal nach Weissach. Sie hat eine Länge von 22,3 km. Im Kursbuch ist sie die Strecke 790.7, im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) die Regionalbahn R61. Die Frankenbahn (Stuttgart-Würzburg) und die S-Bahn S5 (Stuttgart-Bietigheim) verlaufen teilweise auf derselben Strecke. Im Süden fährt die Schwarzwaldbahn (Württemberg).

Die Bahnstrecke Ludwigsburg–Markgröningen erschloss seit 1916 den ehemaligen Hauptort des Strohgäus und wurde 1975 im Personenverkehr stillgelegt. Bis 2003 gab es noch Güterverkehr und zum Schäferlauf einmal im Jahr Sonderfahrten auf dieser Strecke. Ursprünglich sollte sie mit der von Kleinglattbach über Vaihingen/Stadt nach Enzweihingen führenden „Vaihinger Stadtbahn“ verknüpft werden. Diese von der WEG betriebene Stichbahn wurde 2002 ebenfalls stillgelegt.

Die 9,3 km lange Städtische Straßenbahn Feuerbach (SSF) war eine Überlandstraßenbahn in Württemberg, die in den Jahren 1926 bis 1933 von Feuerbach über Weilimdorf nach Gerlingen verkehrte. Nach der Übernahme durch die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) am 1. Januar 1934 wurde die Strecke in deren Netz integriert. Heute folgen die Stadtbahnlinien U6 und U13 im oberirdischen Bereich größtenteils dem ehemaligen SSF-Linienverlauf.

Heute durchschneidet die Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart das Strohgäu bzw. das Lange Feld. Einige Züge halten an dem 1991 fertiggestellten Bahnhof Vaihingen (Enz). Die Orte zwischen Vaihingen und Bietigheim-Bissingen sind an das Stadtbahnnetz des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) angeschlossen.

Im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist das Strohgäu in den Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) ein- und an den Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis (VPE) angebunden:

Windkraftanlage auf dem Grünen Heiner
Rathaus Markgröningen
Festung Hohenasperg
Altes und Neues Schloss in Münchingen
Ruine Nippenburg bei Schwieberdingen

Wirtschaft und Besiedlung

Aufgrund seiner fruchtbaren Böden (Parabraunerden aus Löss) und dem milden Klima ist das Strohgäu bekannt für seine ertragreiche Landwirtschaft, insbesondere für Getreide- und Zuckerrübenanbau. Dennoch ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten fünfzig Jahren drastisch zurückgegangen. Zum einen bedingt durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel, zum anderen durch die zunehmende Flächenkonkurrenz im Verdichtungsraum Stuttgart. Wegen der unmittelbaren Nähe eines großen Absatzmarktes haben sich auf dem Langen Feld viele Landwirte auf Sonderkulturen bzw. Gemüse- und Obstbau spezialisiert und sich zahlreiche Gärtnereien und Baumschulen niedergelassen.[8] Auffällig ist auch die starke Zunahme von Mais, der nicht nur zur Viehfütterung, sondern zunehmend auch für Biogasanlagen genutzt wird. Auf dem Grünen Heiner bei Korntal-Münchingen und bei Ingersheim wurden weithin sichtbare Windkraftanlagen installiert.

Im Strohgäu haben sich seit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Industrialisierung viele Unternehmen angesiedelt. Anfangs war die Textilbranche stark vertreten. Inzwischen wurde diese fast restlos ersetzt – insbesondere von Maschinenbauern und Autozulieferern. Flächenknappheit und steigende Bodenpreise in Stuttgart haben viele Unternehmen zur Verlagerung von Pruduktionsstätten oder zur kompletten Umsiedlung ins Strohgäu bewogen. Bevorzugte Standorte waren vor allem die in der Nähe der Autobahnen A81 und A8 sowie der Bundesstraßen B10, B27 und B295 gelegenen Gemeinden. Neben der Industrie zog es auch viele Stadtflüchtige ins Strohgäu, die zu wachsenden Pendlerströmen führten. Die hohe Stauhäufigkeit machte die Stuttgarter S-Bahn zu einem bedeutenden Standortfaktor, der auch maßgeblichen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung der angeschlossenen Kommunen hat. So verzeichneten ehemalige „Amtsflecken“ wie Ditzingen oder Tamm seit den siebziger Jahren ein stürmisches Wachstum, während die einstige „Strohgäu-Kapitale“ Markgröningen ohne Bahnanschluss eher stagniert.

Etliche Firmen, Parteien und andere Körperschaften haben die Bezeichnung „Strohgäu“ aus Verbundenheit zur Gegend in ihren Namen aufgenommen.

Sehenswürdigkeiten

Siehe auch: Liste der Orte im Strohgäu mit abgegangenen Siedlungen und Sehenswertem

Burgen und Schlösser

Burgruinen und abgegangene Burgen

Der „Strohgäu-Dom“ war einst Mittelpunkt des sakralen Landkapitels
Hemminger Laurentiuskirche

Kirchen und Klöster

Das Strohgäu wurde im 16. Jahrhundert protestantisch; die mittelalterlichen Kirchen wurden der neuen Konfession angepasst. Sie gehören heute alle zur Evangelischen Landeskirche Württemberg. Der Großteil der hier ansässigen Katholiken kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Strohgäu. Vielfältig sind auch die zahlreichen anderen Religionsgemeinden, unter anderem die evangelisch-methodistische, die Neuapostolische Kirche und die Freikirchen.

Schlossmühle in Ditzingen

Glemsmühlen

Die Glems war gesäumt von zahlreichen Mühlen. Neben Getreidemühlen wurden zeitweise Lohmühlen, Walkmühlen, Ölmühlen, Hanfreiben, Sägmühlen, eine Hammerschmiede, eine Papiermühle und eine Pulvermühle mit Wasserkraft betrieben. Der ausgeschilderte Glemsmühlen-Radwanderweg führt 40 Kilometer lang durchs Tal. An 19 berührten Mühlen informieren Tafeln über Geschichtliches und das ehedem sehr bedeutsame Müllerhandwerk.

Siehe auch: Liste der Glemsmühlen

Keltenmuseum Hochdorf

Museen

Darüber hinaus gibt es in vielen Städten und Gemeinden ein Orts-, Natur- oder Heimatmuseum.

NSG Favoritepark
NSG Leudelsbachtal

Naturschutzgebiete

Literatur

  • Horst Brunner: Erläuterungen zu Blatt 7120 Stuttgart-NW der Geologischen Karte 1:25.000 von Baden-Württemberg. Hrsg. v. Geologischen Landesamt Baden-Württemberg. 3. neubearb. Aufl., Stuttgart 1992.
  • Christoph Borcherdt und Klaus Kulinat: Der Mittlere Neckarraum. In: Geographische Landeskunde von Baden-Württemberg (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs Band 8), 1. Aufl., S. 256ff, Stuttgart 1983
  • Herbert Fauser, Theo Müller: Heckengäu, Strohgäu, Glemswald. Theiss, Stuttgart 1999, ISBN 3-8062-0871-9 (Wanderführer)
  • Stefan Kriz: Das Strohgäu – eine landeskundliche Skizze. In: Band 2 der Reihe Durch die Stadtbrille, hrsg. v. Arbeitskreis Geschichtsforschung und Denkmalpflege Markgröningen, S. 13–22, Markgröningen 1986
  • Oscar Paret: Ludwigsburg und das Land um den Asperg: Ein Heimatbuch für den Bezirk Ludwigsburg. Ludwigsburg 1934.
  • Karl Eduard Paulus u.a.: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Hrsg.: Königlich Statistisch-Topographisches Bureau. Stuttgart 1859. Reprint: Bissinger, Magstadt, ISBN 3-7644-0038-2.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands
  2. Im geographischen Standardwerk Süddeutschland von Robert Gradmann (Stuttgart 1931) heißt es im Abschnitt über das Neckarland: „Innerhalb Württembergs [...] wendet der wissenschaftliche Sprachgebrauch den im Volksmund ziemlich unbestimmten und verschieden angewendeten Ausdruck Unterland seit langem auf das Neckarland in unserem Sinne an und stellt ihn dem Schwarzwald, der Alb und Oberschwaben gegenüber.“
  3. Stefan Kriz: Das Strohgäu – eine landeskundliche Skizze, in: Band 2 der Reihe Durch die Stadtbrille, hrsg. v. Arbeitskreis Geschichtsforschung und Denkmalpflege Markgröningen, S. 13–22, Markgröningen 1986
  4. Karte Nr. 170 zur naturräumlichen Gliederung bearbeitet von Friedrich Huttenlocher und Hansjörg Dongus, Institut für Landeskunde, Stuttgart 1966
  5. Blatt Stuttgart: „123.17 Metter-Platte“, Blatt Karlsruhe: „123.9 Metterplatte“
  6. Laut Hermann Römer, Markgröningen im Rahmen der Landesgeschichte I., Urgeschichte und Mittelalter, Markgröningen 1933, S. 30, wurde das Lange Feld in der Überlieferung als „Paradies“ bezeichnet.
  7. Archidiakonat Trinitatis des Bistums Speyer; nach der Reformation Sitz eines Superintendenten für das Sprengel im Strohgäu.
  8. Vgl. Baden-Württemberg – Land der Sonderkulturen
Commons: Strohgäu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 52′ 35″ N, 9° 1′ 46″ O