„Carl Wentzel (Agrarunternehmer)“ – Versionsunterschied

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* Lore Pfeiffer-Wentzel: ''Ein recht mutiges Herz. Mein Leben zwischen Willkür und Glück.'' Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) / Leipzig 2011, ISBN 3-89812-737-0.
* Lore Pfeiffer-Wentzel: ''Ein recht mutiges Herz. Mein Leben zwischen Willkür und Glück.'' Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) / Leipzig 2011, ISBN 3-89812-737-0.
* Eva Scherf: ''Aufstieg und Fall. Carl Wentzel und sein Agrarunternehmen.'' Hasenverlag, Halle (Saale) 2018, ISBN 978-3-945377-32-1.
* Eva Scherf: ''Aufstieg und Fall. Carl Wentzel und sein Agrarunternehmen.'' Hasenverlag, Halle (Saale) 2018, ISBN 978-3-945377-32-1.
*Andreas von Mettenheim: ''Carl Wentzel-Teutschenthal 1876–1944. Ein Agrarunternehmer im Widerstand''. Lukas Verlag (Berlin) 2019, ISBN 978-3-86732-327-7
*Andreas von Mettenheim: ''Carl Wentzel-Teutschenthal 1876–1944. Ein Agrarunternehmer im Widerstand''. Lukas Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-86732-327-7


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 8. Mai 2019, 10:28 Uhr

Carl Wentzel vor Freisler (1944)
Grab von Carl Wentzel auf dem halleschen Stadtgottesacker

Carl Wentzel (* 9. Dezember 1876 in Brachwitz bei Halle; † 20. Dezember 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Landwirt und Agrarunternehmer, dem eine Mitwisserschaft am Attentat vom 20. Juli 1944 vorgeworfen wurde, weshalb er zum Tode verurteilt wurde.

Leben

Familie

Die Familie Wentzel war Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Raum Magdeburg in die Hallesche Gegend eingewandert. Der Großvater Carl Wentzels – Carl E. Wentzel – gründete und erbaute im Jahre 1848 die Zuckerfabrik Langenbogen. Ab 1858 erwarb er Landbesitz in Stedten, Amsdorf, Eisdorf und Teutschenthal. Weiterhin kaufte er drei Braunkohlegruben, darunter die Grube Henriette bei Eisdorf mit einer Jahresförderung von etwa 150.000 Tonnen Braunkohle. Der Vater Wentzels erweiterte noch den landwirtschaftlichen Besitz des Großvaters.

Nach einem Studium der Landwirtschaft übernahm Carl Wentzel das väterliche Rittergut Teutschenthal bei Halle (Saale), das er bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges zu einem Wirtschaftsgroßbetrieb mit etwa 9000 Hektar ausbaute. Unter anderem kaufte er 3000 Morgen bei Eisdorf, Schraplau, Stedten und Höhnstedt.

Zur Vergrößerung der Betriebe Wentzels führte auch die Heirat mit Ella von Zimmermann[1], der Erbin des Agrarunternehmens von Johann Gottfried Boltze in Salzmünde. Dazu gehörten u. a. ein Stapelplatz des Getreidehandels des Mansfelder Kreises und reiche Tonlager der umliegenden Gegend. Seit 1847 war das Unternehmen vorwiegend landwirtschaftlich tätig.

Wirken

Wentzel engagierte sich besonders im Wohnungsbau für seine Angestellten. Nach dem Ersten Weltkrieg war er Vertreter Deutschlands auf internationalen Zuckerkonferenzen. Er erreichte diese Stellung durch seine herausragende Bedeutung bei der Entwicklung und Förderung der Zuckerrüben-Kultur und der Saatzuchtwirtschaft.

Wentzel entwickelte in seinen Betrieben ein horizontal und vertikal gegliedertes Wirtschaftssystem mit zahlreichen Veredelungszweigen. Seine Zucker-Produktion erreichte jährlich bis zu 10.000 Tonnen. Ende der 1920er Jahre hielt er etwa 48 Bullen, 1.150 Kühe, 190 Färsen, 170 Kälber, 9.500 Schafe, Böcke und Lämmer sowie 1.550 Schweine. Seit 1921 betrieb er eine Saatzuchtanstalt zur Züchtung von Weizen.

Wentzel war einer der größten Arbeitgeber seiner Region. In seinen landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigte er ca. 18.000 Mitarbeiter und in den Verarbeitungsbetrieben ca. 22.000.

Folgen des NS-Regimes

Carl Wentzel vor dem Volksgerichtshof

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war er 1933 an der Erstellung des Vierjahresplans zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion beteiligt. Dort lernte er Carl Friedrich Goerdeler kennen und auch den Generaldirektor der Oberhausener Gutehoffnungshütte, Paul Reusch. Reusch rief im Jahr 1935 einen Gesprächskreis ins Leben, zu dem Großindustrielle, Großlandwirte (wie Wentzel) und weitere einflussreiche Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik gehörten. In diesem Gesprächskreis wurden vor allem Probleme der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung diskutiert. Wentzel stellte sein Gut mehrfach als Tagungsort zur Verfügung. Eines dieser Treffen im November 1943 besuchte auch Goerdeler und sprach vor den Anwesenden über wirtschaftspolitische Pläne für den Fall eines Regimewechsels. Diese – von einem Unbekannten bei der Gestapo angezeigten – Gespräche waren der unmittelbare Anlass für die Verurteilung Wentzels im Zusammenhang mit dem Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944. An den Attentatsplänen war Wentzel zwar nicht unmittelbar beteiligt, doch man warf ihm vor, in die Umsturzpläne verwickelt gewesen zu sein.

Zehn Tage nach dem Attentat wurde Wentzel verhaftet. Später wurde auch seine Frau Ella in Haft genommen. Hinter der Verhaftung Wentzels stand sehr wahrscheinlich der SS-Gruppenführer und Generalmajor der Polizei Ludolf-Hermann von Alvensleben, dessen Familiengut Schochwitz seit langem an Wentzel verpachtet war. Der notorisch hoch verschuldete Alvensleben nutzte die Gelegenheit der Beschuldigung Wentzels, um das Pachtverhältnis aufzulösen und sich dauerhaft in Schochwitz niederzulassen.

Der Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler verurteilte Carl Wentzel am 13. November 1944 zum Tode. Das Urteil wurde am 20. Dezember im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee durch Hängen vollstreckt. Eine Gedenktafel für Carl Wentzel befindet sich auf dem Stadtgottesacker in Halle (Saale), da seine Asche in Plötzensee verstreut wurde. Seine Frau Ella wurde in das KZ Ravensbrück deportiert. Die Familie wurde vollständig enteignet.

Enteignung des Vermögens und Verbleib des Inventars

Schloss Teutschenthal

Nachdem die US-Besatzungsmacht das Urteil gegen Wentzel und die Enteignung aufgehoben hatte, wurde die Familie im Zuge der Bodenreform nach 1945 erneut enteignet. Zunächst wurde das Schloss an die Sach- und Lebensversicherung Sachsen-Anhalt verpachtet. Das neu entstandene Land Sachsen-Anhalt erklärte den Pachtvertrag jedoch für ungültig und übernahm das Schloss Teutschenthal selbst. Der Wert des Schloss-Inventars war im Jahre 1941 durch eine Inventarliste, die 82 Gemälde, 23 Grafiken und 60 Möbel umfasste, auf 170.000 Reichsmark geschätzt worden. Nach dem Kriege konnten im Jahr 1946 im Schloss noch 20 Gemälde, vier Skulpturen, diverse Stiche und etwa 30 Möbelstücke in einer zweiten Inventarliste festgehalten werden. Der Wert dieser restlichen Stücke wurde auf 97.985 Mark geschätzt.

Das Land Sachsen-Anhalt übergab das Inventar des Schlosses weitgehend als Leihgabe an Museen und staatliche Einrichtungen, einige Stücke wurden als Leihgaben bei der Sach- und Lebensversicherung belassen. Die Versicherungsgesellschaft ging im Jahre 1952 in die Deutsche Versicherungsanstalt (DVA) der DDR auf. Die DVA wurde nach der deutschen Wiedervereinigung von der Allianz AG übernommen. Alle Objekte der ersten Inventarliste von 1941 findet man in der Internetdatenbank für verschollene und gesuchte Kunstwerke LostArt. Heute wohnen die Enkel wieder auf dem Familienbesitz Schloss Teutschenthal, der ihnen aufgrund der Enteignung durch das NS-Regime nach 1990 zurückerstattet wurde.

Funktionen in der Wirtschaft

  • Vorsitzender der Vereinigung Mitteldeutscher Rohzuckerfabriken im Konzern Halle-Rositz-Holland
  • Vorsitzender des Aufsichtsrats der Rositzer Zuckerraffinerie (Zuckerfabrik Rositz)
  • Vorsitzender des Aufsichtsrats der Zucker-Raffinerie Halle
  • Vorsitzender des Aufsichtsrats der Zucker-Vertriebsgesellschaft Halle-Rositz-Holland AG
  • Vorsitzender des Aufsichtsrats der Zuckerkreditbank AG
  • Vorsitzender des Grubenvorstands der Gewerkschaft des Bruckhof-Nietlebener Bergbau-Vereins (Halle an der Saale)
  • Mitglied des Aufsichtsrats der Braunkohlen- und Brikettwerke Roddergrube AG
  • Mitglied des Aufsichtsrats der Darmstädter und Nationalbank AG, Berlin
  • Mitglied des Aufsichtsrats der Hallescher Bankverein Kulisch, Kämpf & Co. KGaA, Halle an der Saale
  • Vorsitzender des Verwaltungsrats der Saatgutverkaufsgesellschaft mbH, Berlin
  • Vorsitzender des Verwaltungsrats der Lochow-Petkus GmbH, Berlin

Literatur

  • Georg Wenzel: Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Ein Nachschlagebuch über 13000 Wirtschaftspersönlichkeiten unserer Zeit. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg/Berlin/Leipzig 1929, DNB 948663294.
  • Hermann Etzrodt: Das Geschlecht Wentzel. Eisleben 1937.
  • Hubert Olbrich: Carl Wentzel-Teutschenthal (1876–1944). Zum Schicksal eines großen Lebenswerkes im Wandel der spezifisch deutschen Geschichte. Berlin 1981, ISBN 3-7983-0244-8.
  • Erich Neuß: Lebensbild eines deutschen Landwirts. Typoskript, 1955. (im Bestand des Stadtarchivs Halle)
  • Swantje Karich: Recht suchen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. Januar 2007.
  • Lore Pfeiffer-Wentzel: Ein recht mutiges Herz. Mein Leben zwischen Willkür und Glück. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) / Leipzig 2011, ISBN 3-89812-737-0.
  • Eva Scherf: Aufstieg und Fall. Carl Wentzel und sein Agrarunternehmen. Hasenverlag, Halle (Saale) 2018, ISBN 978-3-945377-32-1.
  • Andreas von Mettenheim: Carl Wentzel-Teutschenthal 1876–1944. Ein Agrarunternehmer im Widerstand. Lukas Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-86732-327-7

Einzelnachweise

  1. Stammbaum der Familie von Zimmermann (Memento des Originals vom 27. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/buro-klieken.de
Commons: Carl Wentzel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien